Endlich... nach all der Zeit... Nachdem alle Hoffnung erloschen war...

Es ist inzwischen Jahre her, dass die Godslayer dieses Land, diese Welt unterworfen haben. Gewöhnliche Menschen? Ein Relikt der Vergangenheit, doch eines ohne Wert. Wird einer gefunden, kommt er nicht etwa in ein Museum, nein, er wird versklavt und zu nichts weiter reduziert als Vieh. Wir leben nur noch, um zu dienen und uns zu vermehren, damit den Königen dieser Lande nicht irgendwann die Untertanen ausgehen. Es gibt noch immer viel mehr Menschen als Godslayer, doch regiert wird von dieser kleinen Minderheit... es ist Wahnsinn, doch er ist unumgänglich. Nach vielen Aufständen wurden Menschen mit magischem Talent bei Geburt umgebracht und gelernte Magier gejagt, damit es niemanden mehr geben würde, der sich gegen sie stellen könnte, der eine Chance hätte. Noch sind nicht alle Rebellen tot, ich selbst bin der lebende Beweis, doch wir wurden in den Untergrund gedrängt und die meisten von uns haben über Jahre kein Tageslicht erblickt. So viele haben bereits die Hoffnung aufgegeben, ich selbst stand oft kurz davor... Bis heute! Bis zu diesem gnädigen Tage!
Vor einigen Stunden erst habe ich ihn entdeckt, den Jungen, der uns Prophezeit wurde. Eine junge Frau mit einem Zauber, der die Zukunft zu zeigen vermochte, zeigte uns den, der uns retten sollte, schon vor langer Zeit, und als ich ihn fand, wurde schnell klar, dass seine Talente wirklich sind. Noch ist sie nicht erwacht, doch die Macht, jeden Zauber, jede Magie, jede Fähigkeit vollständig zu kopieren in einem kurzen Augenblick, sie ruht in ihm und sie wird es sein, die uns rettet. Doch die Freude war nicht von Dauer... die Anhänger der Slayer sind zahlreich und schwer zu umgehen, und kaum hatte ich ihn gefunden, musste ich mir wieder bewusst werden, dass unsere Rettung hier nicht sicher ist. Ich weiß nicht, wie lang es dauert, doch ich weiß, dass sie kommen. Die Entscheidung derer unser, die noch übrig sind, war schnell getroffen, doch die Vorbereitung dauert länger: Unsere besten Magier nutzen all ihre Kraft, um ein Tor in die Vergangenheit zu öffnen. Ich geleite ihn zurück und auf den Pfad, auf welchem seine Kräfte erwachen sollen. Er wird die Godslayer besiegen, noch bevor ihr Aufstieg wahrlich begonnen hat, und so dieser Welt Erlösung bringen, noch ehe sie ihr Leid kennen lernen kann...

Ein Licht in der Mitte des Zirkels, gebildet aus Magiern in weißen Roben, begann langsam damit, sich auszuweiten; das Tor, das durch die Zeit zu dringen gedachte, stand kurz davor, sich vollständig zu öffnen. Der Junge, der doch eigentlich das Wichtigste war in diesem Raum, saß unbeteiligt und wortlos an der Seite, sah die funkelnden Lichter an. Sein Gesichtsausdruck sagte einem nichts, doch die bernsteinfarbenen Augen, die beinahe von seinem braunen Haar überdeckt wurden, waren groß, wie die eines Kindes es oft waren. Für einen Jungen von beinahe neun Jahren war er noch immer etwas klein, und seinem Körper sah man an, wie fragil er war. Dass in diesem Kind die Macht steckte, die diese Welt retten würde, war kaum zu glauben, wenn man ihn so sah, doch in diesem Raum glaubte jeder daran. Ein Glaube, der stark genug sein sollte, die Erlösung hervorzubringen.
Vielleicht wäre er stark genug gewesen...
Mit einem lauten Krachen zersprang eine der Wände des unterirdischen Saales, und von einem Moment auf den nächsten schwärmten Menschen herein. Sie waren nicht bewaffnet; es war Menschen nicht gestattet, Waffen zu tragen. Doch die schiere Menge genügte, um die Rebellen, die als Wachen bereit standen, lange genug aufzuhalten, damit zwei breite Wasserstrahlen die Körper durchdringen konnten und die betroffenen Anhänger der Godslayer, ebenso wie die Männer, die sie hatten stoppen wollen, zu Eis erstarrten. Wenig später zerbarsten sie allesamt. „Das waren viele Sklaven für ein paar Wachen...“, meinte eine männliche Stimme, während zwei Gestalten in der Schneise erschienen, die soeben geschlagen worden war. Die Person zur Linken schien dieses Vorgehen fast zu bedauern. Bei der rechten sah es anders aus. „Wie kann man einem Menschen nachtrauern? Sei froh, dass dieser Müll von Nutzen sein konnte...“ Ein Seufzen von der anderen Seite. „Du hast wohl Recht. Es wäre Verschwendung von Mana gewesen, nur ein paar Wachen mit einem Flächenangriff auszuschalten... Nun ja, ich sehe den Jungen. Kannst du ihn einfrieren, damit wir ihn sicher mitnehmen können?“ Mit einem Nicken trat der Godslayer des Eises vor, und nur Momente später kühlte die Luft um das Kind herum stark ab. Die Magier reagierten schnell: Zwei Feuernutzer gleichzeitig zogen eine schützende Flammenwand um ihn herum auf, heiß genug, die Eiskristalle zu schmelzen, ehe sie sich verbinden konnten. Ein lauter Aufschrei ertönte, als dabei ein Ärmel des Jungen Feuer fing, doch schnell war er zur Stelle. Er, der Mann, der das Kind aufgelesen und hierher gebracht hatte. Er, der ihm versprochen hatte, seine Familie zu ersetzen und seine Zukunft zu verbessern. Er, der gemeint hatte, dass dieses unschuldige Kind die Chance hatte, aus der Sklaverei erlöst zu werden, eine Chance, von der allgemein nur geträumt wurde... Innerhalb von Momenten legte er seine Hand auf, und der Ärmel hörte zu brennen auf. Der Junge konnte die Tränen nicht zurückhalten, die Tränen, die sein höllisch schmerzender Arm hervorbrachte, aber er glaubte noch immer fest daran, dass dieser Mann die Hoffnung für ihn darstellte. Die Männer, die nicht Teil des Zirkels waren, standen innerhalb von Momenten zwischen ihnen beiden und den Godslayern; der Mann mochte seine Hoffnung sein, doch er selbst war die Hoffnung von allen. Sie waren bereit, ihre Leben für ihn wegzuwerfen... „Meister Sukui!“, rief einer von ihnen, während er eine Salve magischer Geschosse auf die beiden Feinde losließ, die ohne Probleme abgewehrt wurden. „Beeilung! Das Tor ist offen! Bringen sie den Jungen in Sicherheit!“ Sukui – so hieß er also. Das Kind hatte den Namen seines Retters gerade zum ersten Mal gehört. Es sollte das letzte Mal sein.
Ein paar Eiszapfen, ein paar Wassersäulen prasselten auf die Beschützer ein, die sich überraschend standhaft hielten. Sie hatten nicht ohne Grund bis hierhin überlebt. Dennoch war klar, dass diese zwei Godslayer allein ihnen allen haushoch überlegen waren... Sukui schnappte sich das Kind und lief in den Zirkel hinein, auf das Licht hinzu. „Das sieht schlechter aus als erwartet...“, meinte der Wasserslayer und sprach ein paar kurze, schnelle Worte in fremder Zunge. Mit einem Mal bebte der Boden unter ihm, und ein Geysir brach um ihn herum hervor, der sich in acht verschiedene Strahlen aufteilte und durch die Menge fegte. Nicht tödlich, genügte dieser Zauber doch völlig, um Platz zu schaffen; nicht nur die Wachen und Anhänger, auch die Magier des Zirkels waren vollkommen weggefegt worden. Doch es war zu spät; Sukui stand mit dem Jungen bereits in dem Licht und begann langsam damit, sich aufzulösen. „Nicht so schnell...“, murmelte der Godslayer, und der tödliche Teil seiner Technik erhob sich; der neunte Kopf der Hydra schoss vor und lief vorne spitz zu, drehte sich wie ein Bohrer. Sukui hielt die Hand vor seinen Körper, kurz bevor der Angriff einschlug: „Extinguish!“ Das Wasser vor ihm zerspritzte, färbte sich gleichzeitig rot. Sukui konnte sich ein Lächeln einfach nicht verkneifen; „Endlich ist es soweit. Ihr hattet euren Tag der Herrschaft... die Nacht wird schon bald über euch hereinbrechen!“ Momente später waren die beiden Zeitreisenden verschwunden. Die beiden Godslayer traten vor. „Immerhin... du scheinst seinen Arm zerfetzt zu haben...“, meinte der des Eises, während sein Begleiter nur den Kopf schüttelte. „Eine komplette Niederlage“, meinte er reumütig und wandte der Szene den Rücken zu. „Selbst die meisten Rebellen sind verschwunden... ihre Magien mögen kaum noch zum Widerstand reichen, doch flüchten, das haben sie gelernt. Nun ja... machst du schnell die kaputt, die noch übrig sind? Danach gehen wir am Besten zu ihm...“ „Zu... ihm?“ „Jawohl...“ Der Godslayer des Wassers seufzte leise. „Denk von ihm, was du willst, aber das ist definitiv eine Aufgabe, die wir am besten Lord Lucidus überlassen...“


~ ca. 100 Jahre früher ~

„Kaum zu glauben, dass das Mittel gegen die Godslayer einfach aus der Zukunft zu uns gekommen ist... Noch schlimmer ist aber, dass es jetzt wieder weg ist. Kaum suchen sie Schutz bei der Regierung, taucht ein Godslayer auf, assassiniert diesen Sukui-Typen und schnappt sich das Kind, und wir konnten nichts tun! Das wirft überhaupt kein gutes Licht auf die Armee des Reiches...“ Er seufzte. Er war doch nur ein einfacher Soldat, was konnte er dafür? Trotzdem musste er sich jetzt mit einem einzelnen Partner und diesem seltsamen Kerl als Vorhut mitten ins Feindgebiet begeben. Besagtes Feindgebiet war übrigens überraschend leicht zu erkennen: Dort, wo vor kurzer Weile noch nichts gewesen war, stand seit dem gestrigen Tag ein überraschend großes Schloss, bestehend aus nichts anderem als in der Sonne erstrahlenden Kristallen. „Oh... herrje... Meine Herren? Ich fürchte, wir haben ein Problem...“ Oh, da meldete er sich ja, der seltsame Kerl. Besagter war ein recht bekannter Forscher, der hier war, um die Mysterien um das Kristallschloss zu lüften. Innen befand sich nämlich, wie man wusste, der Godslayer, der den Jungen entführt hatte, und vermutlich noch ein oder zwei weitere Exemplare, die sich bisher zurückgehalten hatten. Daher war Lovelam der Zehnte hier, um die Magieströme um das Gebäude herum zu messen und zu überprüfen, wie viel Zeit ihnen blieb. Jaden Kore, der berühmte General, der die Heilige Garde anführte, war gerade dabei, sich mit der Regierung zu beraten, um zu sehen, wie sie vorgehen wollten. Bald würde ein Trupp aufgestellt worden sein, und dann mussten sie die Umstände kennen, unter denen sie agierten. Schlechte Nachrichten waren daher wirklich schlechte Nachrichten. „So, wie es aussieht, hat jemand eine Barriere um das Gebäude gelegt... In nächster Zeit wird niemand hineinkommen.“ Er schüttelte niedergeschlagen den Kopf, was irgendwie lustig aussah bei seiner geringen Körpergröße und seinem pinken Haar. Aber das hier war eine ernste Angelegenheit, das war allen Anwesenden bewusst. „Und als wäre das nicht genug, wurde auch wieder eine Magie gewirkt, die die Zeit beeinflusst... Dem Magiefluss nach müssten diese Godslayer in nur 46 Stunden wieder dazu fähig sein, in die Zukunft zurückzukehren, und der Junge ist für immer verloren. Es sieht wirklich nicht-...“ Mit einem Mal stoppte er. Alles stoppte. Die drei trauten sich kaum zu atmen. Aus den Schatten war ein junger Mann erschienen, der zum jetzigen Zeitpunkt doch sehr bekannt war: Der Assassine unter den Godslayern, der Mann, der dem Heiligen der Zukunft, dessen Magie so überlegen war, in Momenten das Leben genommen hatte. Für einen Moment schien die Zeit stehen zu bleiben, doch so schnell er erschienen war, war er auch wieder weg. Ebenso wie Lovelam X....