Fairy Tail RPG » Archiv » Event: S-Rang Examen » Examensbereich » 1. Stock: Das Foyer (S)

Schon beim Eintreten steigt den Magiern ein angenehmer Duft in die Nase, und auf den ersten Blick kann man sehen, dass der Raum sehr gepflegt ist. Alles blitzt und strahlt, an der Decke hängt ein Kronleuchter, der Boden ist mit rotem Teppich ausgelegt und an der linken und rechten Wand steht je eine kleine Rüstung, die vor Politur geradezu schimmert. Am Ende der relativ kleinen Halle erhebt sich der Teppich, um den mittleren Teil von breiten, strahlend weißen Marmorstufen zu bedecken. Diese führen nach oben ins nächste Stockwerk; es sieht fast schon so aus, als hätte man einen Freibrief gewonnen, dafür, dass man den schwierigsten Weg gewählt hat.
Das einzige, was dagegen spricht, ist der Text, der schon beim Eintreten nicht weit von den Gesichtern der Magier entfernt sein sollte: „Sollen die Starken die Schwachen schützen? Oder sind die Schwachen Futter für die Starken? Um ein Ziel zu erreichen, muss sich etwas opfern...“ Ansonsten ist der Raum allerdings völlig ruhig.

Seraphim hatte nicht lange gezögert, nachdem die Stimme verklungen war. Mit einem kleinen Manaschub und einem sehr praktischen winzigen Zauber, war er aus dem Stand einige Meter weiter gesprungen, direkt auf die Treppe mit dem großen Buchstaben S zu. Dort angekommen hatte er auf seine Partnerin gewartet und dabei in Richtung Souta gewunken, auch wenn man sich wohl fragen musste, an welchen der nebeneinander stehenden Magier dieser Gruß wohl gerichtet worden war. Die Türen waren mit den Buchstaben C, B, A und S versehen gewesen, was sicherlich seinen Grund haben würde. Wäre es eine rein alphabetische Aufzählung, wäre der letzte Buchstabe unpassend gewesen, also handelte es sich wohl um eine Bezeichnung bezüglich des Rangsystems der Quests, die die Magier erledigten. Dementsprechend war die C-Rang Tür diejenige, die die leichtesten Aufgaben in petto hatte, während die mit dem S scheinbar den härtesten Weg bereit hielt. Seraphim hielt allerdings nicht besonders viel von derlei Beschreibungen, von Labels, kurzen Einblicken in eine größere Wahrheit, von der man nicht sagen konnte, ob sie zutreffen würde. Wer wusste schon, ob es stimmte, das hinter dem gebogenen Buchstaben eine Herkulesaufgabe steckte? Vielleicht war das alles nur ein Test und diese Route war am Ende die einfachste... wer wusste das schon? Er hatte mit den Schultern gezuckt und sich für seinen Anfangsbuchstaben entschieden, weil er sich der Herausforderung gewachsen fühlte - und weil er sich gut vorstellen konnte, dass es vielleicht auch gar keine war. Wie sich Sylvana dabei schlagen würde, konnte ihm doch egal sein...
Naomi hatte, als sie den Magic Power Finder nutzte, einen wahrhaft erstaunlichen Zauber sehen lassen, der sie wahrscheinlich in die Lüfte erheben konnte, wenn ihn nicht alles täuschte. Allerdings wirkte er nicht zu der Magie gehörig, die sie eigentlich seines Wissens nach nutzte, Schattenmagie... sie wirkte eher wie eine Art Take Over, auch wenn er diese Art noch nie gesehen hatte. Er selbst kannte nur eine Magierin, die sich einer ähnlichen Magie bediente, aber deren Level war weit unter dem Naomis geblieben, da sie nur ihre Zähne verwandelt hatte. Dafür war sie grausam stark gewesen und hatte ihm beinahe die Hand gebrochen, was etwas war, was er der kleinen Blonden nicht ganz zutraute, weil diese doch recht zierlich war. Etwas dünner schien sie auch geworden zu sein oder bildete er sich das ein? Ein "Ganz offensichtlich, Engelchen~", hatte sie dennoch von ihm bekommen, dem eine Spur Verblüffen untergemengt war - und vielleicht sogar ein ganz gleich wenig Respekt. Für so ein süßes Mädchen war es seiner Meinung nach eine durchaus brauchbare Entwicklung, dass sie einen solchen Zauber hinlegen konnte. Er würde sie mal wieder besuchen müssen, wenn er als frisch gebackener Sephiroth nach Hause kam und dann würden sie zusammen fliegen... auch wenn er sich die Flügel des Kindes etwas anders vorgestellt hätte. Diese hier waren ledrig und ähnelten mehr denen einer Fledermaus, ganz anders als die rein weißen, fedrigen Äquivalente, die man bei einem Mädchen mit dem Spitznamen Engelchen erwarten würde! Vielleicht hatte sie den Dämon in sich gefunden und würde irgendwann des Nachts an seinem Bett auftauchen, um ihm Körperflüssigkeiten auszusaugen - aber halt, Vampire gehörten seines Wissens in Kabanes Take Over, wie er auf schmerzhafte Weise hatte feststellen müssen.
Die Stimme in dem Anfangsraum hatte sehr enttäuscht geklungen, als sie verkündet hatte, dass nur einer von ihnen Potenzial zeigte - er hatte stumm weiter gelächelt - und das, nachdem sie in Paare aufgeteilt wurden. Zu seiner Überraschung bekam er das Mädchen mit der dunklen Haut und den großen... Augen zugeteilt, die einen schrecklich langen, ungemein melodischen und recht femininen Namen trug, der zum Großteil sofort in den Abgründen des Vergessens verschwand. Sylvana hieß sie, Sylvana Rose... wenigstens hatte das Ding den Anstand gehabt, mit seinem Zweitnamen hinter'm Zaun zu halten. Wahrscheinlich war er den Organisatoren nicht einmal bekannt, denn bis auf Souta hatte er wohl niemandem erzählt, dass er neben seinem sowieso nicht oft benutzten Vornamen noch einen davon besaß. Dieser war jedoch praktisch für seine Ziehmutter reserviert und durfte deswegen von niemand anderem benutzt werden, wenn er nicht großen Ärger mit dem Dragonslayer bekommen wollte. Ob sich dies so sehr anbot, war die Frage, wo er doch einen so deutlich höheren Wert vom Magic Power Finder zugeteilt bekommen hatte, als viele andere - wie unter anderem Sylvana. Hübsch war sie ja schon, aber ob sie auch ansonsten etwas drauf haben würde? Man würde es sehen, nicht wahr?
Kaum waren die beiden Magier durch die erste Tür getreten, rasselte ein Gitter hinter ihnen herunter und versperrte möglichen Nachzüglern den Weg. Seraphim störte es nicht besonders, auch wenn er sich schnell umgedreht hatte, um die Quelle des Lärms zu identifizieren, denn das vor ihnen Liegende erschien ihm doch recht angenehm. Sie schienen in einer Art Foyer gelandet zu sein, einer schmucken Eingangshalle, die einem Schloss entliehen sein konnte. Oder dem Regierungsturm in Marokkasu... er grinste, als er sich daran erinnerte, was genau er in diesem Gebäude schon alles getan hatte, angenehmes sowie anstrengendes. Ganz davon abgesehen, dass er wohl auch irgendwie Mitschuld daran trug, dass er eingestürzt war und gerade erst wieder aufgebaut wurde. Ein angenehmer Geruch nach frisch gebohnertem Parkett und leichter, antiker Muffigkeit lag im Raum und lud geradezu dazu ein, eine kleine Besichtigungstour zu unternehmen... wäre da nicht die Schrift gewesen, die einige Meter von ihnen entfernt in der Luft zu schweben schien und einen Spruch formte, der Seraphims Lippen zu einem sehr breiten Grinsen verzog. Ob die Starken die Schwachen schützen sollten? Ja, eigentlich wohl schon, wenn man die ganzen hohlköpfigen Helden da draußen fragte, so wie diesen Maenor zum Beispiel. Der Weißhaarige war allerdings nicht so sehr der Heldentyp, er war eher derjenige, der wartete, bis sich die Helden großmütig geopfert hatten, um danach den geschwächten Feind in die Tonne zu kloppen. Der armen Mädchen etwas vorspielte und sie in den frühen Morgenstunden verließ... es gab vielleicht zwei Menschen, für die er ein Held sein würde, aber die waren nicht hier... Futter für die Starken? Er schnalzte mit der Zunge und blickte mit schelmisch funkelnden, violetten Augen zu seiner Begleiterin, ein undurchsichtiges Lächeln auf den Lippen. "Du siehst wirklich zum Anbeißen aus, Sylvana-chan~"

Aufmerksam hatte Sylvana all die Magier, die nach ihr angetreten waren, beobachtet. Man musste ja ungefähr wissen, wo man die Konkurrenz, wenn man sie so bezeichnen mochte, einordnen konnte. Minatos Blitzmagie schien inzwischen von der Stärke her auf einem ähnlichen Niveau wie ihre Dragonslayermagie zu sein. Den Vorteil im direkten Kampf ihrer Magien hatte zwar immer noch Sylvana, aber ernstnehmen sollte sie den Magier dennoch. Wer konnte schon sagen, was er für ein Ass im Ärmel hatte? Kazuyas Magie erhielt einen höheren Wert als den, der ihr angezeigt hatte. Wundervoll, jetzt konnte sich diese verdammte Qualle darauf etwas einbilden. Solange sie dieser Wert nicht dazu führte, dass sie in ein Team eingeteilt werden… Es folgten Akay mit einem recht hohen Wert, sowie die Riesenfrau und Souta mit zwei… doch recht bescheidenen Werten. Dennoch, Sylvana erinnerte sich noch an die Stärken des rothaarigen Magiers, die ja eher körperlich, als magisch waren. Ob es bei der Riesenfrau auch so war? Ganz zum Schluss kamen dann noch der weißhaarige Magier und Naomi. Sylvana blieb die Spucke weg, als die Ergebnisse für die beiden Magier aus ihrer Gilde erschienen. 4200 und gewaltige 5950 Punkte… Da existierte wohl wirklich ein ziemlicher Klassenunterschied zwischen ihr und diesen beiden Magiern. Fragte sich nur noch, welchem Magier sie zugeteilt wurde…
Und wieder kam es, dass Sylvana der Atem wegblieb, als sie die Rangliste und die Teamaufteilung begutachtete. Dort, ganz an der Spitze, stand ein Name, den sie schon einmal gehört hatte. Einige Wochen war es schon her, kurz bevor sie den Entschluss gefasst hatte, Fairy Tail zu verlassen. Dragonslayer des Windes, Seraphim. Damals hatte sie noch gedacht, dass sie bei weitem nicht so beeindruckt sein würde, wenn sie auf ihn treffen würde. Jetzt aber stand sie in selben Raum wie er und wurde auch noch in die selbe Gruppe eingeordnet.
Sylvana schluckte trocken. Wenn er schon nur durch eine solch einfache Berührung solch eine hohe Punktzahl erreichen konnte, wie mächtig waren dann erst die offensiveren Zauber, die er in seinem Repertoire hatte? So recht konnte sie es sich nicht vorstellen, das überschritt ihre Vorstellungskraft. Einige Sekunden nahm sie ganz für sich, um wieder Herr ihrer Selbst zu werden, ihren Herzschlag zu beruhigen und die Situation zu verarbeiten. Sie war in einer Gruppe mit dem mächtigsten Magier dieser Gruppe. Ob das ein Vor- oder Nachteil für sie war konnte sie jetzt nicht wirklich sagen. Das würde sich mit der Zeit zeigen…
Schließlich hatte die Dragonslayerin zu Seraphim aufgeschlossen, war hinter ihm durch die Tür geschritten, auf welchem das große S stand. Ob das so eine gute Idee war? Immerhin konnten die Buchstaben ja wirklich für die Schwierigkeit des Testes stehen, der auf sie warten würde. Vielleicht mochte Seraphim mit seiner magischen Kraft diesem gewachsen sein, Sylvana konnte da jedoch nur ihr Köpfchen benutzen, um größeren Gefahren aus dem Weg gehen zu können. Wenn sie Pech hatte, würde ihr das jedoch nichts bringen. Wer konnte ihr denn schon sagen, was dort aus sie warten würde?
Entgegen ihrer Erwartung fanden sie einen recht friedlichen Ort vor. Ihr Rückweg war ihnen zwar versperrt worden, aber sie wollten ja nach oben und nicht wieder zurück. An sich wirkte die Einrichtung nicht danach, dass sich gleich im nächsten Moment irgendein Monster ihnen in den Weg stellen würde. Das einzig Gefährliche, was ihre Augen entdecken konnten, waren die beiden schimmernden Rüstungen und deren Schwerter. Und die würden schon nicht so einfach zum Leben erwachsen und sie attackieren. Das wäre ja schon fast zu lächerlich, um wahr zu sein. Eigentlich sah alles danach aus, dass ihnen hier kein Kampf bevorstand – wäre da nicht diese verhängnisvolle Schrift, die in der Luft schwebte und Sylvana schon fast hämisch angrinste.
//’Sollen die Starken die Schwachen schützen? Oder sind die Schwachen Futter für die Starken? Um ein Ziel zu erreichen, muss sich etwas opfern...’ Na wundervoll…// Ihr gefielen diese Worte nicht. Nein, sie gefielen ihr überhaupt nicht. Immerhin waren die Rollen in ihrem Team klar definiert: Seraphim war der Starke, Sylvana war die Schwache, so ungern sie das auch zugeben musste. Natürlich stellte sich nun die Frage, was diese Worte zu bedeuten hatten. Waren sie eine Warnung? Ein Rätsel? Oder einfach nur belanglose Sätze, die dazu dar waren, um den Charakter der Magier zu testen? Die Dragonslayerin bezweifelte, dass sie ohne Grund hier standen. Das war ein Examen, eine Prüfung, wer das Zeug zum Sephirot hatte. Hier würde also ihr Charakter getestet werden – oder um genauer zu sein: der vom Dragonslayer des Windes. Ob ihr Weiterkommen wohl davon abhing?
"Du siehst wirklich zum Anbeißen aus, Sylvana-chan~"
Da war er wieder, dieser eiskalte Schauer, der ihr den Rücken runterjagte. Langsam drehte sich Sylvana zu Seraphim, hob leicht ihre Augenbraue, als sie sein Lächeln entdeckte. Irgendwie gefiel ihr das nicht. Denn egal, wie freundlich es auch wirkte, ihr war das leise Schnalzen seiner Zunge nicht entgangen. Dennoch erwiderte sie das Lächeln und versuchte die Gänsehaut in ihrem Nacken, soweit es möglich war, zu ignorieren. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war, dass sie er sie als charakterschwach einschätzte. Der viel niedrigere magische Wert im Vergleich zu Seraphim reichte ihr da voll und ganz aus. „Ich nehme das einfach mal als Kompliment. Dennoch muss ich dich leider enttäuschen, da ich nicht als Zwischenmahlzeit zur Verfügung stehe.“ Sie zwinkerte ihm einmal zu. „Das bereitet dir hoffentlich doch keine Probleme. Oder, Seraphim~?“

Einer der größten Fehler, die man Seraphim bezüglich machen konnte, war, ihm ein moralisches Gewissen zu unterstellen. Es gab sicherlich Momente, in denen er freundlich, zuvorkommend und hilfreich war; Szenen, in denen er mit Hasenohrenjacke bekleidet Leute bekochte, ohne dafür etwas zu erwarten - aber das war nicht die Normalität. Die Wahrheit war wohl, dass Cyrus jemand war, der niemals diese kleine Stimme im Hinterkopf gehabt hatte, die einen darauf hinwies, was man besser nicht tat oder was ganz und gar unfair wäre. Anstand war ein Wort, das er sich erst in älteren Jahren hatte antrainieren müssen und das sich deswegen nicht in seinem Wesen festgesetzt hatte, sodass er es mehr als eine Art Maske trug, zusammen mit gutem Benehmen, das jedoch immer durch einen kleinen Störfaktor durchbrochen wurde. Nicht selten geschah es, dass Spott aus seiner Stimme troff, eine kleine Spitze ein Kompliment mit einem unangenehmen Beigeschmack versetzte oder man sich nicht ganz ernst genommen fühlte. Vor allem aber störte er sich nicht an negativen Gefühlen anderer Menschen, sondern genoss sie eher noch.
Sein Lächeln wurde eine Nuance breiter, als Sylvana antwortete. Sie stand also nicht zur Verfügung... oder war das der klägliche Versuch, sich aus einer Situation zu retten, derer sie vielleicht nicht gewachsen war? Ihm selbst war das vollkommen gleichgültig, weil sie da seiner Meinung nach eh nichts mitzureden hatte. Ob sie ihrer Meinung nach für einen Snack taugte oder nicht, war irrelevant, denn wenn er sich dazu entschließen sollte, sie zu einem solchen zu erklären, würde es wohl schwer werden, dagegen zu argumentieren. "Wie schade...", säuselte er in einem relativ unbewegtem Tonfall, der klar machen sollte, dass ihn das nicht interessierte und strich sich gedankenverloren mit der Hand durch die in alle Himmelsrichtungen abstehenden Haare. Auch zwischenmenschlich kümmerte ihn es übrigens nicht, wenn sich eine Person in einer festen Beziehung oder ähnlichem befand, denn das machte sie in seinen Augen nicht unpässlich. Er selbst war leider vollständig beziehungsuntauglich, also hatte er auch nichts dagegen, wenn Andere es ihm nachtaten und von einem Bett zum nächsten hopsten. Einige seiner schon etwas länger andauernden Affairen waren eigentlich in Beziehungen untergebracht, aber dennoch trafen sie sich immer wieder... Zum Glück war er als Mann geboren worden, denn eine Frau mit seiner Sexualmoral wäre sicherlich gesellschaftlich geächtet. Solange er seinen Teil bekam, war ihm ziemlich egal, wer dies ebenso erhielt. "Dabei habe ich eigentlich einen sehr... unabhängigen Geschmackssinn." Gut, dass kaum jemand zum Gedankenlesen befähigt war. *Mit anderen Worten: Deine Meinung zählt hier nicht, Süße~*
Seraphim war sich durchaus bewusst, dass das hier ein Examen war und dass dieses Zitat sicherlich nicht umsonst dort stand, aber er war jemand, der sich nur bis zu einem bestimmten Grad verbog, um anderen zu gefallen oder den Vorgaben zu entsprechen. Zum Luftikus, für den ihn viele hielten, fehlte ihm die gewisse Freiheit eines formbaren Charakters, denn diesbezüglich war er sogar recht bodenständig. Auch teilte er nicht die Meinung vieler bezüglich der Elite der Gilden, denn statt in ihnen ein charakterliches Ideal zu sehen, empfand er sie her als mehrschichtiges Vorbild. Die Menschheit war grau und langweilig, nur manche stießen in schillernden Farben hervor und wenn diese auch noch stark genug waren, so war es eine gute Idee, sich nach ihnen zu richten. Egal, was für Charakterschwächen sie hatten, wer seinen eigenen Willen hatte, durchsetzen konnte und ihn verkörperte, war ernst zu nehmen. Die wenigsten S-Rang Magier waren ein Musterbeispiel der Tugend und so würde er sich sicherlich nicht dazu herablassen, zum guten Samariter zu werden, nur weil das hier ein Examen war! Er würde die Dinge auf seine Art regeln, damit war er bisher immer gut gefahren und würde es auch weiterhin tun. Was es mit diesem Foyer auf sich hatte, war ihm jedoch immer noch nicht klar, doch er würde es bald in Erfahrung bringen müssen, immerhin hatte die körperlose Stimme verkündet, dass denjenigen, der als erstes ankam, eine Überraschung erwarten würde... was sehr nach einem direkten Titel klang. "Von kulinarischen Vorlieben abgesehen, sollten wir uns beeilen, Sylvana-chan... immerhin wollen wir doch diese Spitze vor den anderen erreichen." *Und es wäre sehr bedauerlich, wenn du mich dabei ausbremsen würdest, mein Ziel zu erreichen.* Um nicht zu sagen, dass er etwas dagegen unternehmen müsste, denn besonders tolerant war er Klötzen an Beinen gegenüber nicht - deswegen konnte er ja auch keine Kinder leiden. Darum und aufgrund dezenten Neides.

Relativ schnell musste Sylvana feststellen, dass sie mit Seraphim eine Person vor sich stehen hatte, die sie nicht auf Anhieb durchschauen konnte. Eigentlich war sie ja immer der Meinung gewesen, dass sie relativ gute Menschenkentnisse besaß. Aber seit der Sache mit Owen war vieles anders. Anscheinend war es sogar so, dass man ihr noch mit Leichtigkeit Dinge vorspielen konnte, ohne, dass sie dahinter kam. Bei Seraphim war es nicht das Problem, dass er ihr etwas vorspielte, mehr aber, dass sie in seinen Worten nicht zu hundert Prozent seine Intentionen rauslesen konnte. Sein Tonfall, seine Ausdrucksart und Bewegungen ließen zwar gewisse Schlussfolgerungen zu, jedoch kam Sylvana einfach auf keinen gemeinsamen Nenner hinter ihnen. Immerhin schwirrte ihr da eine ganz wichtige Frage im Kopf herum, welche vermutlich ihren Erfolg in dieser Prüfung sichern würde: War Seraphim eher ein Jäger, der in ihr nur die Beute sah, die er erlegen und für sich behaupten konnte oder doch eher jemand, der einfach nur eine Schwäche für das andere Geschlecht hatte? Sogesehen half eine eindeutige Antwort hier auch weniger weiter, immerhin musste sie genau wissen, wie stark sie Seraphim trauen konnte. Vermutlich eher weniger, wenn man seine Intention aus dem Tonfall rauslas. Vielleicht überinterpretierte sie gerade auch nur die Situation. Vorsichtig wäre sie alle Male gewesen. Letztendlich waren sie, gleich ob ein Team oder nicht, Rivalen im Kampf um den Rang des Sephirot. Verwunderlich wäre es also nicht, wenn er die bestmögliche Gelegenheit nutzen würde, um sie aus dem Weg zu räumen. Ein Rivale weniger bedeutete immerhin höhere Siegchancen für sich selbst. Auf der anderen Seite war da aber so eine kleine Sicherheit, in der sie sich wog. Der ersten Person, die die Spitze erreichen würde, würde eine Überraschung erhalten. Und auch wenn Sylvana in ihren magischen Fähigkeiten Seraphim nicht das Wasser reichen konnte, so müsste ihm doch auch der Gedanke gekommen sein, dass es auf den höheren Ebenen sicherlich noch schwierigere Herausforderungen geben würde, wo eine weitere Hand (oder eben ein Opfer) durchaus hilfreich sein konnten. Andererseits konnte sie nicht sicher davon ausgehen, weswegen dieser Gedankengang doch wirklich rein hypothetisch und völlig unsicher war.
„Vielleicht findet man irgendwann in der Zukunft einmal ein wenig Zeit, um ein wenig mehr über deinen Geschmackssinn zu erfahren. Ein wenig interessiert bin ich da ja~“ Sie grinste leicht. Zugegeben, seine Undurchsichtigkeit und Redegewandtheit imponierte der Dragonslayerin. Gepaart mit der Tatsache, dass er ein Dragonslayer war, machte es ihn sogar recht interessant für die Fernandez. Zumal er ja der erste Dragonslayer war, der ein viel höheres Level erreicht hatte, als sie es zurzeit besaß. Zwar plagten sie ein paar Zweifel, dass er ihr irgendwelche Geheimnisse verriet, über die sie im Zusammenhang auf ihre Magie noch im Unklaren war, aber ein klein wenig hoffen durfte man ja immer.
Ein leichtes Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Man konnte sagen, was man wollte, aber seine Einstellung, die er nach außen hin preisgab, gefiel der Dragonslayerin mit der Zeit immer mehr. „Du sprichst mir aus der Seele, Seraphim. Die Treppe ist ja zum Greifen nah.“
Kaum hatte sie ausgesprochen und einen einzigen Schritt nach vorne gesetzt, erschütterte eine Welle purer Magie den Raum. Die Wände begannen sich zu bewegen und die Treppe, welche noch vor einigen Sekunden wirklich nur wenige Schritte von ihnen entfernt war, entfernte sich mit jedem kleinen Atemzug immer weiter von ihnen. Mehrere hundert Meter nach nur vielleicht fünf Sekunden, bis ihre Augen nur noch erahnen konnten, wo sie sich befand. Aber das war noch nicht alles. Die beiden Wänden zu ihren Seiten schienen auch in der Ferne zu verschwinden und dort, wo noch vor wenigen Momenten die zwei unscheinbaren Rüstungen standen, erschienen mit einem Mal Unmengen an Kopien von ihnen, die aufeinander zustürmten. Ein weiterer Atemzug und der Zauber war vollendet, der Raum war verschwunden und einem offenen Feld gewichen. Der Himmel über ihnen war von vereinzelten, dunklen Wolken bedeckt und ein blutroter Mond schien auf sie herab.
//Das wird ja immer besser…// Instinktiv ließ Sylvana ihre Hand an das Heft ihres Katana gleiten, schaffte sich einen kurzen Überblick auf die Umgebung. Anscheinend hatte sie irgendein Zauber an diesen Ort gebracht, der einem Kriegsschauplatz ähnelte. Nur, dass sich hier niemand bekämpfte. Die Rüstungen schienen nur dicht beieinander über den Boden gehen. Die große Masse dieser Blechbüchsen war zwar recht beeindruckend, aber nicht beängstigend. Dennoch gab es da ein kleines Detail, welches diesen Eindruck schnell umkehrte. Einige hundert Meter von ihnen entfernt, in der Mitte des großen Feldes, stand eine Gestalt, die sich von all den relativ kleinen Rüstungen stark unterschied. Sie schien im Vergleich zu den Rüstungen wie ein Riese, ihre Hände lagen auf dem Schwertknauf eines massigen Zweihänders und sein Körper war, abgesehen vom Kopf, eingehüllt in eine massive Rüstung auf schwarzem Stahl. So einzigartig wie diese Gestalt war, musste sie besondere Aufmerksamkeit auf sie richten. Zumal sie garantiert nicht einen Schwerthieb dieses Zweihänders mit ihrem Katana blocken konnte.
„Spontan eine Idee, wie wir auf die andere Seite gelangen, ohne von diesen wandelnden Blechbüchsen oder diesem Giganten abgefangen zu werden?“ Sie ließ ihren Blick über die weite Ebene schweifen und schaute schließlich in Richtung des Himmels. Jetzt die Flügel eines Drachen zu haben wäre die Lösung, da sie bezweifelte, dass irgendeine dieser Blechbüchsen in der Lage war, zu fliegen. Leider war das nur eine reine Utopie für den Moment. Sie brauchte einen anderen Weg. Nur welchen?

Das Schöne an diesem Examen war, dass Seraphim aller Wahrscheinlichkeit viel Futter oder viele Opfer finden würde, wenn er es darauf anlegte, immerhin nahmen außer dem beiden Magiern in diesem Raum noch sechs weitere Personen teil. Zwei davon zog er dafür eher nicht in Betracht, aber der Rest interessierte ihn nicht besonders. Insofern war Sylvanas Strategie, sich interessanter für ihn zu machen, sicherlich nicht schlecht... aber der Weißhaarige war vor allem ein elender Opportunist, wie sich wahrscheinlich noch zeigen würde.
Es überraschte ihn nicht, dass der Raum sich zu verändern begann, als sie an der schwebenden Schrift vorbeischritten, weil es zu einfach gewesen wäre, wenn sie einfach hätten die Treppe nehmen können. Es sollte bei so einem Examen immerhin darum gehen, ihre Fähigkeiten zu prüfen und Treppensteigen gehörte nicht unbedingt ins Standardrepertoire eines Magiers, zumindest nicht das berufsrelevante. Neugierig beobachtete er, wie sich das Foyer um sie herum zu verändern begann: Die getünchten Wände wurden rissig und brachen schließlich lautlos ein, doch anstatt das Parkett mit Trümmern zu beschmutzen, lösten sie sich langsam auf, ließen dahinter liegende Weiten erkennbar werden. Der glänzende Holzboden zog sich zurück, als habe man ihn in der Mitte gepackt und durch ein Loch am Boden gezogen, wurde ebenfalls durchsichtig, bis an seiner Stelle Gras zu wachsen begann, dunkle, fast schwarze Büschel, die aussahen, als wäre bereits eine ganze Armee auf ihnen herumgetrampelt. Nun fühlte er sandige Erde unter den Sohlen seiner Stiefel, als er mit der Seite des Fußes leicht darüber scharrte; er hob den Kopf und bemerkte, dass sie beinahe umzingelt waren von Rüstungen, wie zwei von ihnen an der Wand des Raumes gestanden hatten, den sie gerade unwillentlich verlassen hatten. Im Gegensatz zu ihren stillen Pendants sahen diese Rüstungen zwar ebenso hohl, aber weitaus lebendiger aus, denn sie bewegten sich leicht knarzend und knackend, als seien ihre Gelenke ein wenig eingerostet vom zu langen Stillstehen. Bewaffnet waren sie ebenfalls, die einen mit Schwertern, die anderen mit Streitkolben, aber immerhin hatte keiner von ihnen einen Bogen dabei - das hätte auch schwerlich zu Ritterrüstungen gepasst. Ein leichtes Schimmern drang aus den geschlossenen Visieren ihrer Helme, das wahrscheinlich von der Magie stammte, die sie reanimiert hatte, doch ansonsten war kein Anzeichen von echtem Leben in ihnen zu erkennen. Man hätte sie vielleicht gespenstisch nennen können... wenn sie ihm nicht ungefähr bis zur Brust gegangen wären, ein Detail, was sie beinahe etwas albern wirken ließ. Er ließ den Blick schweifen und fasste schließlich etwas ins Auge, was deutlich respekteinflößender war, als alle diese Miniritter zusammen: Weiter draußen, inmitten von Trümmern, die vielleicht einmal Karren oder Streitwagen gewesen waren, zwischen gebrochenen Lanzen und kläglich in der leichten Brise wehenden, blutbefleckten Wimpeln, stand ein wahrer Hüne von einem Mann. Müsste Seraphim schätzen, so käme er wohl auf knapp drei Meter, die durch die massige Rüstung aus geschwärztem Stahl allerdings noch deutlich eindrucksvoller wirkten. Reglos stand er da, beide Hände auf dem Knauf eines Schwertes, das wahrscheinlich so groß wie der Dragonslayer selbst war, hinter dem kreuzgeschlitzten Spalt seines Visiers nichts als leere Schwärze. Dieser Mann - oder dieses Wesen - strahlte ganz eindeutig eine Aura aus, die Seraphim jeden Gedanken, ihn zu attackieren, sofort aus dem Kopf trieb. Es war keine Angst, es war Vorsicht. Angst brauchte er vor diesem Ding nicht zu haben, denn wenn er davon ausging, dass sich der Raum tatschlich ausgedehnt hatte, dann konnte er zur Not all diese Ritter in ihren schweren Rüstungen zurücklassen und sich ganz darauf konzentrieren, fliegend die Treppe zu erreichen, die in mehreren hundert Meter Entfernung scheinbar nach oben ins Nichts führte. Er war also praktisch in Sicherheit... im Gegensatz zu Sylvana. Diese hatte die Hand auf das Katana an ihrer Seite gelegt, das Seraphim gerade zum ersten Mal auffiel und brachte ihn damit zum Kichern. Sie wirkte ja, als wolle sie es ernsthaft gegen diese Armee kämpfen... so unglaublich optimistisch war sie ihm gar nicht vorgekommen.
"Natürlich~", antwortete Seraphim - und beließ es dabei. Er selbst befand sich praktisch schon auf der anderen Seite dieses Raumes, weil es nichts geben würde, was ihn davon abhielt, wenn der Riese nicht im nächsten Moment Schwingen auspacken würde - das hätte ihn aber sehr überrascht. Sylvana hatte ja auch gar nicht gefragt, was genau seine Idee denn war, sondern nur, ob er eine hatte, nicht wahr? Der Weißhaarige streckte sich einmal katzenartig, als habe er länger gelegen und müsse seine Gliedmaßen wieder wach bekommen (im Angesicht der Umgebung eine beinahe unangemessen sorglose Geste) und machte ein paar Schritte auf die Treppe zu. Sofort setzten sich die kleinen Ritterrüstungen in Bewegung, die ersten Schritte langsam, als müssten sie sich erst daran gewöhnen, die nächsten schon schneller. Ihre Geschwindigkeit war nicht gerade schockierend, immerhin kannte Seraphim Souta, sodass ihm viel deutlich auffiel, dass auch der große Krieger im Hintergrund auf seine Bewegung reagiert hatte: Im Dunkel seines Helmes waren zwei blutrote Augen entflammt, die starr zu den beiden Magiern herüber blickten. Probehalber machte Seraphim noch ein paar Schritte, ehe ihm einige der Ritter zu nahe kamen und er die Arme in einer vorwärts weisenden Bewegung nach vorne riss, beidseitig den Zauber >Sky Dragon's Wind Blade< anwendend. Scharfe Windklingen fetzten die ersten paar Ritter weg, sodass ihm Zeit blieb, die Bewegungen des Riesen zu beobachten: Überrascht bemerkte er, dass es keine gab. Noch immer ragte er wie ein drohender Fels gegen den Himmel auf, die roten Augen weiterhin starr dorthin gerichtet, wo er gerade noch gestanden hatte... wo Sylvana noch immer stand. Was das wohl zu bedeuten hatte?

Wenn es eine Sache auf der Welt gab, die Sylvana mehr als nur überaus lästig empfand, dann war es die, wenn jemand meinte, sie die ganze Zeit anstarren zu müssen. Egal, ob es nun auf ihre Oberweite, ihr Hinterteil oder ihren ganzen Körper ging, sie konnte es einfach nicht ab. Da war es ihre ganz natürliche Reaktion, dass sie sich auf diese Person zubewegte und ihr ein paar deutliche Worte entgegenbrachte. Sollte sie anschließend noch frech werden oder sie direkt noch blöd anmachen, konnte es durchaus schon einmal passieren, dass sie als eigene Antwort zwischen saftiger Ohrfeige und Tritt in die Weichteile variierte. Je nachdem, wie nervig diese Person sein mochte. Dabei gab es jetzt nur ein einziges Problem: Dies hier war weder der Alltag, noch eine Person, die sie anstarrte. Eher dieser verfluchte Koloss einer wandelnden Rüstung mit zwei glühenden Augen, die sich einfach nicht von ihr lösen wollten. Langsam setzte sie einen Schritt zur Seite, die Augen folgten ihr. Ein weiterer Schritt, weiterhin klebten sie auf ihr. Warum zur Hölle fixierte sich dieser wandelnde Schrotthaufen nur auf sie? Immerhin war sie nicht die Einzige und weitaus nicht die stärkste Person in diesem Raum. Und genau mit dieser Überlegung ging Sylvana ein Licht auf. ‚Sollen die Starken die Schwachen schützen? Oder sind die Schwachen Futter für die Starken? Um ein Ziel zu erreichen, muss sich etwas opfern...’ Die Worte, die sie am Anfang gelesen hatten, echoten in ihrem Kopf wieder. Wenn man sie und den Umstand, dass dieser Riese nur sie fixierte, zusammennahm, war die Lösung doch wirklich sehr einfach zu finden – und umso bitterer für die Dragonslayerin. Diese schwarze Blechbüchse würde sich auf sie fixieren, wenn Seraphim nichts machen würde. Oder anders gesagt: Wenn Seraphim ihr nicht helfen würde, war sie vermutlich geliefert. Denn so, wie dieses Teil aussah, würde es Sylvana mit seinem Claymore mit Leichtigkeit in den Boden stampfen. Die kleinen Blechbüchsen würde sie für einige Zeit sicherlich bekämpfen können, aber nicht diese eindrucksvolle, von überdimensionaler Größe geprägte, Rüstung. Und genau diese Büchse würde sie irgendwie austricksen müssen, wenn Seraphim sie opfern würde.
„Seraphim? Du bist nicht zufällig in der Lage, uns beide mit einem Wimpernschlag auf die andere Seite zu teleportieren? Oder uns in Luft zu verwandeln, damit wir unbeschadet dorthin kommen?“ Hoffnungsvoll schaute die Dragonslayerin zu ihm, ging langsam einen Schritt auf ihn zu. Er selbst hatte ja eben selbst zugegeben, dass er eine Idee hatte. Vielleicht hatte sie ja in ihrer misslichen Situation doch noch etwas Glück. Fragte sich nur, was Seraphim machen würde. Ein gewaltiger Angriff, der die Blechbüchse in tausend Einzelteile zerstören würde? So ein kleiner Tornado oder gleich ein gewaltiger Hurrikane, der diese ganzen kleineren Rüstungen gleich mit aus dem Weg wehen würde. Ganz gleich, was es war, ihre Hoffnungen lagen für den Anfang auf dem Dragonslayer des Windes – auch, wenn Sylvana im Hinterkopf bereits überlegte, wie sie einen Ausweg aus eigener Kraft finden könnte. Sie brauchte einfach einen Plan B, ein Ass im Ärmel, eine Möglichkeit, dieses Teil auszutricksen, seinem auf ihr klebenden Blick zu entkommen. Nur wie sollte sie das nur anstellen?

Das Lächeln, das auf Seraphims Lippen zu kleben schien, wurde nicht gerade schmaler, als er bemerkte, dass dieses Monster von einem Krieger nicht einmal vorzuhaben schien, ihn anzugreifen. Er vertraute sich zwar genug, als dass er dies wirklich fürchten würde, aber es war auch mehr als die gewisse Erleichterung, die sich durch diese Tatsache bei ihm einstellte. Viel mehr amüsierte er sich gerade über Sylvanas Schicksal, wenn die junge Donnermagierin schien wirklich Pech zu haben. Da nahm sie frohen Mutes an einem Examen teil und landete in einem Raum mit dem laut MPF stärksten Teilnehmer, der momentan nicht besonders erpicht darauf schien, ihr zu helfen und der Gegner des Feldes hatte es offenbar auch noch auf sie abgesehen. "Weder das eine, noch das andere steht in meiner Macht~", flötete er deutlich zu gut gelaunt für eine solche Absage, aber das waren auch utopische Vorstellungen der jungen Dame. Sie schien sich ja wirklich alle Mühe zu geben, einen Ausweg zu finden, baute damit eine gewiss Spannung auf und der Weißhaarige hatte keine Lust, ihr diese jetzt schon zu nehmen... denn dabei sprang nichts für ihn heraus. Natürlich: Die Möglichkeit bestand, dass er einfach Sylvana unter den Achseln oder um die Taille packte, sie hochhob und über die feindliche Armee hinwegtrug; wollte man ganz besonders auf die kitschige Tour abfahren, so ging das auch im vollendeten Brautstil. Das wäre die schnellste, einfachste und manaschonendste Möglichkeit, diesen Raum zu durchqueren... aber sie entsprach nicht Seraphims Natur. Was hatte er denn davon, wenn er einer vollkommen Fremden durch einen Teil des Examen half, damit sie am Ende noch weiter mit ihm konkurrierte? Zugegeben, sie sah gut genug aus, als dass sich etwas Einschleimen lohnen würde, aber dafür war jetzt eigentlich nicht der Zeitpunkt. Nur um freundlich zu sein, würde er etwas taktisch wahrscheinlich Unkluges nicht tun, dafür war er einfach nicht geschaffen.
Seraphim fasste die Treppenstufen ins Auge und konzentrierte sich, als ein weiterer Ritter auf ihn zustürmte, gefolgt von mehreren anderen, die allerdings ein bisschen weiter von ihm entfernt waren als der erste. Mithilfe eines gut getimten >Sky Dragon's Jump< stieß er sich vom Boden ab und übersprang die nächsten drei Gegner, die gar nicht erst Halt machten und in Richtung Sylvana weiterrannten, um einem vierten auf dem Helm zu landen und die Rüstung scheppernd auseinander krachen zu lassen. Ein paar Schritte weiter kam er ohne Probleme, bevor er die flache Hand nach vorne streckte und die nächsten Rüstungen, die ihm im Weg standen, mit einem Dauerfeuer aus Windkugeln eindeckte, die sie verbeult auseinander stieben ließen. Es war eine gute Entscheidung gewesen, sich verstärkt um seinen Körper zu kümmern, denn er war schneller geworden und merkte, dass die Rüstungen nicht mit seinem Tempo mithalten konnten. Praktischerweise konnte er so einigen Schwerthieben ausweichen, ehe er mit einigen weiteren Klingen seinen Weg leerte und schließlich wenige Meter von den Treppen entfernt zum Stehen kam. Wie erwartet hatte sich der Krieger ihm nicht in den Weg geschmissen oder ihn auf sonst eine Weise versucht, am Fortschreiten zu hindern. Er war somit auf der sicheren Seite des Gebiets, auch wenn er alle Nase lang ein paar Rüstungen mit Totalschaden in die Ferne schießen musste. Das wiederum belastete weder ihn, noch seinen Manavorrat besonders, weil er sich mit niederklassigen Zaubern über Wasser halten konnte und inzwischen über ausreichend magische Energie verfügte. Wie es der Donnermagierin hingegen ging, war eine ganz andere Frage. "Ich bin gespannt, wie du dich schlägst, Sylvana-chan~", rief er zu ihr herüber und lächelte, den Körper entspannt und einen Ausdruck auf dem Gesicht, als würde er einer besonders spannenden Zirkusvorstellung zugucken. Mit etwas Glück würde der Krieger ihr ja nichts tun - oder aber nur versuchen, sie von der Treppe fernzuhalten. Dann würde sie das sicherlich überleben... und dann würde der Spaß erst richtig beginnen. Sie wollte immerhin auch zu der Treppe und wenn sie erst einmal die Aussichtslosigkeit ihrer Lage begriffen hatte, würde sie sicherlich sehr kooperativ werden. Das wurden die meisten. Er freute sich schon darauf.

Wie zur Hölle war sie auch nur auf diese naive Idee gekommen, dass Seraphim ihr auch nur helfen würde. Allem Anschein nach war entweder sie viel zu weich oder er einfach nur ein eiskalt kalkulierender Mensch, der nicht einmal davor zurückschreckte, andere für seinen eigenen Vorteil zurückzulassen. Ob es nun nur daran lag, dass er auf diesem Weg einen Rivalen, den sie nun einmal darstellte, aus dem Spiel nehmen konnte oder nicht konnte Sylvana nicht sagen. Wichtig war jetzt sowieso, wie sie es auf die andere Seite dieses Schlachtfeldes schaffen könnte. Diese kleinen Blechbüchsen schienen ja nicht wirklich ein großes Problem zu sein, so einfach wie Seraphim sie aus dem Weg pusten konnte. Und diese Zauber sahen wirklich nicht nach den Wirbelstürmen aus, die sie als mächtig bezeichnen würde. Vor ihnen müsste sie also keine allzugroßen Sorgen haben. Natürlich war es eher unvorteilhaft, wenn sie einen solchen Streitkolben ins Gesicht bekommen würde, aber… diese ganzen Rüstungen waren so weit auf das Schlachtfeld verteilt, dass sie mit eher geringer Wahrscheinlichkeit von ihnen umzingelt werden würde. Stellte sich jetzt nur noch die Frage für sie, wie sie an diesem Riesen vorbeikommen würde. Ein Treffer mit seinem Schwert und man konnte sie wieder in mehreren Einzelteilen vom Boden aufkratzen. Sterben wollte sie hier nicht, dass stand außer Frage. Umkehren war zum einen nicht möglich, zum anderen wollte Sylvana das auch nicht. Wie sah es denn bitte auf, wenn sei direkt im ersten Raum den Schwanz einziehen würde? Das wäre eine Schande für ihren Namen und für die Gilde! Seraphim war inzwischen für sie auch keine Option mehr. Dieser eingebildete, hinterhältige Luftikus… Dem würde sie noch zeigen, dass hinter ihr mehr als nur die hübsche junge Frau steckte, die er vielleicht irgendwann vernaschen konnte. Nein, sie war eine stolze Dragonslayerin, Tochter Raidens und Magierin von Blue Pegasus! Aufgeben? Garantiert nicht!
Mit einer Welle neuem Selbstbewusstseins zog sie ihr Katana schließlich ganz aus der Scheide, schickte sogleich ihr Mana in die Klinge und setzte sie unter Strom. Drei Rüstungen? Pah! Sie waren zu langsam, dass sie auch nur Ansatzweise reagieren konnten. Ein schneller Satz nach vorne, gefolgt von einem Tritt gegen den Brustkorb des ersten Blechhaufens, gefolgt von einem schnellen Ausweichschritt zur Seite, nur um im nächsten Moment die zweite Rüstung mit einem kräftigen Tritt auf die Bretter zu schicken und das letzte Exemplar mit einem gezielten Stich in die Schnittstelle zwischen Helm und Harnisch außer Gefecht zu setzen. Auch wenn sie keinen Körper besaßen, sie fielen zusammen, wenn man ihr Innerstes verletzte. Ihr Blick fiel nach vorne, auf eine Schneise voller Rüstungen, die auf dem Boden verteilt waren. Da hatte Seraphim ihr doch ungewollte Schützenhilfe geleistet und ihren Weg freigeräumt. Nur der gigantische Krieger in der schwarzen Rüstung stand zwischen ihr und der Treppe, die in einiger Entfernung ihr verführerisch zuwinkte. Das rettende Ufer, der Zugang zur nächsten Ebene. Na hoffentlich würde es nicht noch schlimmer werden. Sie wollte immerhin auch die Spitze erreichen – und wenn nur als Zweiter hinter Seraphim. Nur musste sie erst einmal überhaupt diese Treppe erreichen.
Seufzend steckte sie ihr Katana wieder zurück in die Scheide. Einen Plan, sie brauchte einen Plan. Ein direkter Zweikampf war Selbstmord, einen Umweg nehmen würde garantiert auch nicht ans Ziel führen, so sehr, wie dieses Teil auf sie fixiert war. Noch stand es ja ruhig in der Mitte, auf der Hälfte der Strecke zwischen Treppe und ihr. Gut geschätzt waren es vielleicht hundert bis zweihundert Meter, die den Krieger und die Dragonslayerin voneinander trennten. Hieß also, gute zweihundert bis vierhundert Meter von ihr bis zur Treppe. Für einen kurzen Moment überlegte sie. Ihr Körper war sicherlich in der Lage, diese Strecke am ganzen Stück auf ihrer maximalen Geschwindigkeit laufen zu können. Es stand jedoch fest, dass dieser Krieger sie garantiert nicht Weiteres passieren lassen und vermutlich auch verfolgen würde. Ein direktes Rennen würde sie garantiert verlieren. Sie würde einen Vorsprung brauchen. Einen guten Vorsprung…
Ein leichtes Grinsen schoss ihr über die Lippen. Ihr war eine Idee gekommen, die so verrückt klang, dass sie schon wieder klappen musste. Zugegeben, sie war gewagt – sehr gewagt sogar und wenn sie sich verkalkuliert hatte, würde man sie trotzdem wieder zusammenflicken müssen. Aber das Risiko würde sie eingehen müssen. Besser, als zu scheitern, ohne es überhaupt versucht zu haben!
„Schau nur zu, Seraphim!“, rief die Dragonslayerin ihm selbstbewusst entgegen. Ihr blieb nur eine Chance. Eine Chance, an der alles hing. Sylvana schloss ihre Augen, atmete einmal tief durch. //Konzentration...// Langsam begann sie sich in Bewegung zu setzen, ging direkt auf den Koloss zu, öffnete dabei langsam wieder ihre Augen. Mit jedem Schritt wurde sie schneller, während sie spürte, wie ihr Herz vor Aufregung mit jedem Augenblick schneller zu schlagen begann.
//Konzentration…!// Ihre Reflexe waren gespannt wie ein Bogen, bereit, im ersten Moment die entscheidende Sekunde schneller reagieren zu können, die zwischen Erfolg und Misserfolg entscheiden konnte. Der große Blechhaufen starrte sie weiter an, begann sich langsam zu bewegen, je näher Sylvana ihm kam. Seine Hände umgriffen das Heft des Schwertes, hoben es langsam bedrohlich in die Höhe. Mit jedem Schritt wurde Sylvana auch bewusst, wie viel größer das Teil doch in Wirklichkeit war. Das Schwert alleine machte schon ihre Körpergröße aus, dementsprechend musste es ja auch wiegen. Wenn das Teil sie treffen würde… Nein, besser nicht vorstellen.
//Fokussier dich!// Fast nur noch fünfzig Meter, die zwischen ihr und dem Krieger lagen. Dieser hatte bereits das Schwert über seinen Kopf erhoben, jederzeit bereit, es auf das kleine Wesen mit dem Namen Sylvana herabgleiten zu lassen und ihren Körper in zwei zu Teilen. Sylvana beschleunigte ihren Gang, joggte auf ihn zu. Wenn man ihr so zusah, konnte man fast schon meinen, dass sie mit offenen Armen in ihren Tod lief. Dass sie keine Intention besaß, dem Angriff auszuweichen und darauf baute, dass diese Prüfung vielleicht auch nur ihren Mut testete. So töricht war Sylvana aber Weitem nicht, sie verfolgte einen Plan. Ein Plan, der genau diese Tatsache vorsah.
//Nur noch ein kleines Stück…// Ihre Augen waren auf das gewaltige Claymore gerichtet, während der Krieger mit seinen zwei rotglühenden Augen schon fast in ihre Seele zu starren schien. Wenige Meter fehlten noch, bis Sylvana die Reichtweite des Schwertes erreicht hatte. Ein kurzer Augenblick, in welchem sie die letzten Zentimeter zwischen Sicherheit und Todeszone überwand, erschien Sylvana wie eine unendlich lange Zeitspanne, in welchen sich das Claymore ganz langsam in Bewegung setzte. Millimeter um Millimeter schwang es durch die Luft, bewegte sich mit bedrohlicher Langsamkeit über seinen Kopf hinweg. Dann ging alles ganz schnell. Sylvana rollte sich zur Seite, spürte die Erde, die durch den heftigen Aufschlag des Claymore durch die Luft geschleudert wurde. Ihre Augen waren geschlossen, bereit den Zauber zu sprechen, der ihr die einmalige Chance geben würde, während der Koloss versuchte, sein Schwert aus dem Boden zu reißen. „Lightning Dragon's Flash!!“ Ein grelles Licht erhellte die dunkle Umgebung des Schlachtfeldes, blendete alles, was sich in ihrer nahen Umgebung befand – wie zum Beispiel diese schwarze Blechbüchse. Es war keine Backpfeife oder ein Tritt zwischen die Beine, aber es reichte ihr, um sich für die ganze Zeit des Starrens zu revangieren. So hatte sie maximal zehn Sekunden Zeit, in denen die Augen des Riesen nichts anderes als Sterne sehen konnten. Ohne lange zu zögern richtete sich Sylvana auf und rannte los. Mit jedem Schritt beschleunigte sie ihre Geschwindigkeit, innerlich bereits die Sekunden zählend. Gut zweihundertfünfzig Meter lagen vor ihr, die sie in kürzester Zeit überwinden musste. Sie wusste, dass sie mit einem Pferd im Galopp mithalten konnte. Und diese Geschwindigkeit würde sie innerhalb von drei bis fünf Sekunden erreicht haben. Danach musste sie einfach durchziehen, die Geschwindigkeit halten und das sichere Ufer erreichen. Ihr Herz pumpte, ihre Lungen zogen den Sauerstoff in tiefen Zügen ein. Sie rannte, wie sie noch nie zuvor in ihrem Leben gerannt war. Immer schneller und schneller, das Ziel vor Augen, sich schnell nähernd. Die Hälfte der Strecke war geschafft, als sie hinter sich das Geräusch des schweren Metalles hörte, welches fallengelassen worden war. Sie wollte nicht zurückschauen, immerhin konnte sie sich schon denken, was das bedeuten würde. Schon sehr bald würde die Erde beben…
//Neun… Zehn… Elf… Zwölf…// Das Ziel war zum greifen nahe, vielleicht nur noch fünfzig Meter lagen zwischen ihr und den Treppen, an denen Seraphim schon stand und scheinbar amüsiert zuschaute. Laute Schritte ertönten hinter ihr, jeder einzelne ließ, wie erwartet, die Erde erbeben. Ein lautloser Fluch verließ ihre Lippen. So schnell, wie der Takt der Schritte ertönte, würde der Blechhaufen mit etwas Pech noch zu ihr aufschließen! Nein, das würde sie nicht zulassen! Sie konnte nicht schneller, als sie sich jetzt bewegte und musste daher hoffen, dass es reichen würde. Fünfundzwanzig Meter… Zwanzig Meter… Die Erde vibrierte immer stärker unter ihren Füßen. Fünfzehn Meter… Zehn Meter… Alle Gedanken waren aus ihrem Gedächtnis verbannt, ihre Lungen schrien nach Luft und ihr Herz fühlte sich an, als würde es dreifach so schnell pumpen, als es normalerweise würde.
Fünf Meter… Mit letzter Kraft schrie die Dragonslayerin mit einem markerschütternden Kampfschrei die Seele aus dem Leib, nur um im nächsten Moment mit voller Geschwindigkeit die erste Treppenstufe unter ihrem Fuß zu spüren. Sie bremste ihren Körper, nahm einige Zeit noch jeweils zwei Stufen, ehe sie nach den ersten vierzig Stufen schon den größten Teil ihrer Geschwindigkeit reduziert hatte und nach weiteren fünfzehn Stufen völlig zum Stillstand kam, nur um im nächsten Moment völlig außer Atem sich über das Geländer zu hängen, welches sich zu ihrer Rechten befand. Sie hatte es wirklich geschafft. Auf den letzten Drücker… Wie zur Hölle war sie nur auf diese wahnsinnige Idee gekommen?

Wie durch ein Wunder hatte Sylvana es mit einer gewagten Blendaktion tatsächlich auf die andere Seite geschafft. Seraphim hatte dem mit interessierter Miene zugesehen und lächelte sie an, als sie auf den Stufen innehielt. Sie sah so zufrieden mit sich und der Welt aus, als habe sie gerade eine unlösbare Aufgabe überwunden, als könne ihr nun sicherlich nichts mehr etwas anhaben... aber der Dragonslayer wusste es besser. Menschen, die sich in Sicherheit wogen und die gerade wahrscheinlich von Glückshormonen geradezu ertränkt wurden, waren nicht aufmerksam, das war einer der Grundpfeiler, auf denen der Weißhaarige seine Lieblingsbeschäftigung aufbaute. Man musste Frauen so weit bringen, dass sie nicht einmal in Betracht zogen, ihnen könne etwas passieren; man musste sie einlullen, in seidene Fäden einspinnen, ehe man sie fraß... auch wenn Seraphim das hier gar nicht übernehmen musste. Die Donnermagierin war nämlich einer kleinen Fehlkalkulation auf den Leim gegangen, von der er gar nicht wusste, wie sie darauf kam... das hier war kein Fangspiel, wie kleine Kinder es manchmal verfolgten, wenn sie ihm in Oshibana Town vor die Nase rannten, das hier war das S-Rang-Examen. Es gab keine Regeln, die es begrenzten außer den Teilnehmern und ihren Fähigkeiten, weswegen Sylvana sicherlich keine Freizone betreten hatte, als sie die ersten Treppenstufen erreichte. Wo stand in Stein gemeißelt, dass eine Ebene am Fuße der Treppen endete? Wer verbat dem grimmig dreinblickenden Krieger, der es scheinbar nicht gut aufgenommen hatte, so ausgetrickst zu werden, mit donnernden Schritten seinen Weg fortzusetzen? Was hielt ihn schon davon ab, die ersten zehn Stufen in einer einzigen Bewegung zu überspringen und sein Schwert gegen die ausgelaugt am Geländer lehnende Sylvana zu erheben? Niemand war da, der ihn in seine Schranken wies...
Immerhin gab es eine Person, die Sylvana davor bewahrte, zu Rosengulasch verarbeitet zu werden, denn kaum hatte der Krieger das Schwert erhoben, wurde die Donner Dragonslayerin von zwei Windbällen getroffen, die sie über das Geländer und hinaus in die Steppe katapultierten - Sekunden, bevor der Zweihänder sie in zwei Hälften spalten konnte. Seraphim hatte die Zauber gedrosselt, sodass sie nicht einmal die Hälfte der Stärke entwickelten, die sie ansonsten erreichen würden und ihre Kraft eher flächig ausübten, aber auf andere Weise hätte er sie nicht vor dem Riesen retten können. Man sollte eben den Tag nicht vor dem Abend loben, wie es so schön hieß. Der Himmels Dragonslayer hatte sich spontan dazu entschlossen, dass die junge Frau ihm tot keinen Spaß bereiten würde, also musste sie dieses Examen wohl oder übel überleben, aber ebenso wenig würde es ihm nützen, wenn sie es nun einfacher haben würde. Er hätte sie also nicht einmal gepackt und mit Karacho nach oben geschleift, wenn er es gekonnt hätte, doch dazu war er zu langsam gewesen. Das einzige, was grundsätzlich schneller als er war, war seine Magie... und die hatte Sylvana einige Meter nach unten geschleudert, wo sie sich in einer ganz ähnlichen Situation wie gerade eben befand - nur dass ihre vorherige Strategie dieses Mal wohl nicht aufgehen würde, immerhin wirkte der Riese nicht vollends tumb. Er würde sich sicherlich nicht noch einmal blenden lassen, ebenso wie er nach wie vor wütend wirkte, Seraphim nur kurz mit einem stierenden Blick streifte und danach die Stufen wieder herunter fegte, die Klinge im Anschlag. Mit etwas Glück würde er nun die Treppe bewachen, mit etwas Pech würde er der Donnermagierin nachhetzen... auch die Rüstungen waren noch da und klapperten den Magiern entgegen. Seraphim feuerte ein >Sky Dragon's Crossfire< in ihre Richtung und lehnte sich schließlich gemächlich über das Geländer, um Sylvana zu beobachten. Jetzt wäre vielleicht ein guter Zeitpunkt, immerhin sollte sie nun Motivation genug zum Zuhören haben. "Unser Riese hier scheint dich nicht besonders zu mögen, Sylvana-chan~", rief er mit verboten sorgloser Stimme, als rede er über das Wetter und nicht über einen Giganten, der bestimmt mit Bäumen jonglieren konnte - Bäumen, die brannten. "Woran das nur liegt? Vielleicht mag er keine Elementarmagier... Es wäre wirklich praktisch, wenn man dir helfen würde, nicht waaahr?~" Sicherlich wäre es das. Nur würde er das nicht tun, wenn er nichts dafür bekam. Die Frage war also, was man ihm bieten würde oder ob jemals jemand ihn über sein Missverständnis aufklären würde.