Fairy Tail RPG » Große Städe Fiores » Oshibana Town » Blue Pegasus Gildenhaus

Nein, schlecht sollte unserem knuffigen Blauhaarigen wahrlich nicht werden, denn am Ende würde er noch kotzen. Das wiederum stank schrecklich und gefiel seiner Nase nun einmal nicht wirklich, zudem er dann sicherlich einiges an Attraktivität einbüßen würde. Und auch wenn Seraphim ohne Oberbekleidung nicht unbedingt abstoßend aussah, hatte er nicht vorgehabt, diese als erste Aktion der Quest in die Wäsche stecken zu müssen, weil ein zu bemitleidendes Würmchen diese mit einer Mischung aus Eisen und Magensäure verunreinigt hatte. Daher war er auch gewillt, den Kleinen wieder in Richtung Erde zu eskortieren, weswegen er sie langsam an Höhe verlieren ließ, während er auf den Bahnhof zusteuerte. Den Weg dorthin würde er selbstverständlich nicht gehen, wofür konnte er denn auch fliegen, um nicht Zeit und Kraft zu sparen. Er war nun zwar auch nicht dermaßen wenig fit, dass er dieses kleine Stückchen nicht hätte bewältigen können, aber wie viele Menschen konnte er ganz schön bequem sein. Der größte Vorteil eines Kühlschranks war zum Beispiel, dass man nicht jedes Mal frisches Essen besorgen musste, der Vorteil von Landwirtschaft, dass man sein Essen nicht jagen musste und der Vorteil von Häusern ganz klar, dass man mehr Privatsphäre besaß und nicht vor Raubtieren auf der Hut sein musste... Zivilisation war schon etwas feines, hatte Seraphim bemerkt. Zuerst war er den Menschen ja doch recht argwöhnisch gegenüber getreten, aber das hatte sich in dem Moment gelegt, in dem er die Vorteile dieser einfach zu überlistenden und schwachen Wesen kennen gelernt hatte. Zum Beispiel taugten sie zwar für wenig, aber es ganz einige Exemplare, die nicht nur hübsch waren, sondern eine urtümliche Anziehungskraft auf ihn ausübten. Hätte er die Menschen nicht getroffen, wer weiß, wie das noch alles geendet hätte... darüber wollte man gar nicht nachdenken. "Ich kann so einiges, Ciel~", hauchte Seraphim leise in das beringte Ohr, bevor sie auf festem Boden landeten, direkt auf dem Platz vor dem Bahnhof der Stadt.
Züge waren ein zweischneidiges Schwert, wenn man den Himmelsmagier fragte. Zum einen waren sie, wie so viel menschengemachtes, herrlich bequem, da man nicht laufen oder gar fliegen musste, um einen bestimmten Punkt zu erreichen. Hatte man es zudem geschafft, ein Abteil für sich zu ergattern, konnte so eine Fahrt sehr unterhaltsam werden, vor allem natürlich, wenn man dank offenem Fenster immer genügend Wind abbekam. Zum anderen tendierten diese Fortbewegungsmittel dazu, oftmals rappelvoll zu sein. Das resultierte in stickiger Luft und anderen Dingen, auf die er wirklich gut verzichten konnte. An sich war Seraphim ja jemand, der Körperkontakt schätzte, aber selbst er fand es nicht besonders geil, vom Hintern einer fetten Frau gegen die Wand gedrückt zu werden, am besten noch gegen ein Werbeplakat der Bahnlinie, welches mehr Platz bewarb*. Waren Züge leer, waren sie toll, waren sie dagegen voll, konnte man praktisch einpacken. Mal sehen also, was sie heute erwarten würde. Der Dragonslayer besorgte die nötigen Reiseunterlagen und stieg schließlich in den zweiten Waggon ein, wo er so lange durch die Gänge tingelte, bis er einen freien Viererplatz gefunden hatte und sich schließlich gegen die Fahrtrichtung hinsetzte. Wahrscheinlich würde der blauhaarige Dragonslayer nicht damit klarkommen, rückwärts zu fahren, wenn er schon ansonsten so empfindlich schien. Nicht, dass das schlecht war. Diese stahlhäutigen Steinmenschen waren nämlich langweilig, immerhin konnte Seraphim sie berühren wie sie wollten und sie zuckten kaum. Bei Ciel würde das wohl etwas anders sein, wie er hoffentlich bald feststellen würde. Er sollte sich Mühe geben, dass sie eine Nacht in Hargeon verbringen mussten, dann konnte er das mit ein wenig Glück bereits heute noch feststellen, denn wie wahrscheinlich war es schon, dass der Blauhaarige eine Massage ablehnte... wenn er unter solchen Verspannungen litt, seien sie nun psychischer oder physischer Natur. "Also, Ciel...", begann er, nachdem er die Beine ausgestreckt und seinen Questpartner erneut ausführlich gemustert hatte, "Erzähl mir doch ein wenig über dich. Was machst du so, wenn du nicht gerade Besteck futterst oder Katzen ausweichst? Was magst du gerne, was gar nicht... ich bin neugierig..." Man konnte schließlich alles gegen ihn verwenden - oder für ihn? Die Bewertung dessen, was er wollte, hing immerhin vom Betrachter ab.
*True Story.

Ciels Erleichterung war beinahe greifbar, als Seraphim endlich den Erdboden ansteuerte und er kurz darauf wieder sich auf seinen eigenen Füßen stand. Diese neue Erfahrung des Fliegens war etwas, dass er in nächster Zeit nicht unbedingt wiederholen musste. Nicht, dass die Aussicht nicht absolut atemberaubend gewesen war, aber die schwindelerregenden Höhen waren einfach nichts für ihn. Allerdings hatte dieser unangenehme Ausflug auch seine Vorteile mit sich gebracht, denn durch den kurzen Flug hatten sie sich ganz offensichtlich die Strecke zum Bahnhof gespart. Seraphim hatte genau vor dem großen Gebäude gehalten und ihnen somit weiteren Fußweg und Zeit erspart. Somit zweifelte Ciel auch gar nicht großartig an seiner Aussage, denn er konnte sich gut vorstellen, dass dies nicht die einzige besondere Fähigkeit war, die sich hinter Seraphims feinen Gesichtszügen verbarg. Lediglich sein Talent ihm zu helfen stellte er weiterhin vehement in Frage. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es eine Person gab, die dazu in der Lage war. Das würde die Sache zu einfach machen und ihr irgendwie an Bedeutung nehmen. Was für ein ernst zunehmendes Problem war seine Nervosität schon, wenn Seraphim sie mit Leichtigkeit würde unterbinden können? Es war einfach unmöglich, dass die Lösung so einfach sein sollte. Nicht, nach all dem was er durch seine Ticks und seine Hibbeligkeit durchgemacht hatte. Er würde es ganz einfach nicht akzeptieren. Was dagegen viel einfacher zu bewilligen war, war die Tatsache, dass sie jeden Augenblick in einen Zug einsteigen würden. Ciel liebte diese ratternden und dampfenden Maschinen einfach, boten sie doch eine unglaublich praktische Möglichkeit um sich schnell und bequem von einem Ort zum nächsten fortzubewegen und dabei auch noch recht schnell zu sein. Außerdem mochte er es einfach sich in seinem Sitz zurück zu lehnen und die Landschaften an seinem Fenster vorbeiziehen zu sehen, wobei der allgegenwärtige Metallgeruch natürlich auch noch seine Teil dazu beitrug. Da der Valentine sich jedoch noch immer nicht wirklich in Oshibana und dem örtlichen Bahnhof auskannte, wusste er, dass es klüger war Seraphim erst einmal zu folgen und darauf zu achten in den Menschenmassen nicht verloren zu gehen. Dieser schien auch diesmal ziemlich genau zu wissen was er tat, denn kurz darauf saßen die beiden in einem noch freien Vierer und konnten sich entspannt zurücklehnen um die Abfahrt ihres Gefährts abzuwarten. Seraphim schien diese Chance für ein wenig Smalltalk nutzen zu wollen, einer Sache die Ciel nicht gänzlich abgeneigt war. Vielleicht würde sich hier die Gelegenheit bieten etwas mehr über seinen Begleiter zu erfahren, auch wenn er dafür zuerst etwas über sich selbst Preis geben musste. "Was ich gerne mache, mh? In meiner Freizeiht?" Der Blauhaarige legte den Kopf in den Nacken und blinzelte leicht aus dem Fenster zu seiner rechten Seite. "Wie eben bereits erwähnt Poker ich gerne. Und zwar wirklich gerne. Es entspannt mich irgendwie und ist außerdem noch eine ausgezeichnete Möglichkeit um ein wenig Geld zu verdienen. Vorausgesetzt man ist gut, natürlich." Bei seinen Worten fingerte er in seiner Hosentasche nach etwas und wurde kurz darauf fündig. Die beringten Finger zauberten eine feste, goldene Karte hervor, welche er Seraphim entgegenstreckte. "Und ich bin gut, wie du siehst.", die Worte kamen ohne Stolz, als würde er einen simplen Fakt vorstellen. Vermutlich war es auch genauso. Seine Kenntnisse im Glücksspiel waren nichts, worauf der Valentine besonders stolz war. "Das ist ein Mitgliederausweiß für die exklusiveren Bereiche in den meisten Casinos. Mit Foto, wie du sehen kannst. Damit kommt man an die größeren Tische, soweit man das nötige Kleingeld hat, natürlich." Und das hatte er eben meistens nicht, weshalb man ihn selten an den höheren Einsätzen fand. "Ansonsten...mhhh...ich gehe gerne einkaufen. Vor allem Klamotten. Ich habe einen entsetzlichen Klamottenverschleiß, weshalb dafür auch der Großteil meines Geldes draufgeht..." Allein wenn er an seinen leeren Kleiderschrank dachte zog sich in ihm alles zusammen. Er hoffte wirklich, dass sie in Hargeon nicht würden übernachten müssen, denn er wusste nicht wie er da so kurzfristig an neue Klamotten kommen sollte. Der arme Ciel konnte aber auch nicht wissen, dass die Pläne seiner Begleitung völlig anders aussahen.

Aw, das konnte ja noch interessant werden, denn wenn jemand wie Ciel in einer Hinsicht von sich selbst überzeugt schien, musste er wohl wirklich etwas drauf haben. Der Blauhaarige war dem Dragonslayer bisher nämlich wie die Unsicherheit in Person vorgekommen, stottrig, fiepend gar, sodass er wahrscheinlich in die Kiste der Leute gehörte, die sich prinzipiell eher weniger zutrauten, als sie am Ende wirklich konnten. Wenn er nun also verkündete, dass er gut im Pokern war, war Seraphim geneigt, ihm das zu glauben, auch wenn er dabei versagte, Eindruck bei dem Weißhaarigen zu schinden, indem er ihm die goldene Karte unter die Nase hielt. Knuffig, wirklich... "Welches du nicht hast... nehme ich an? Das wird uns schon nicht aufhalten...", gab er auf Ciels Beschreibung der Vorzüge der Karte zurück, nachdem dieser von seiner Leidenschaft fürs Einkaufen erzählt hatte. Wirklich, wenn er es nicht besser wüsste, würde er aufgrund seines Aussehens und dieser Vorliebe Rückschlüsse auf seine sexuelle Orientierung ziehen... aber wusste er es denn besser? War es nicht genau das, auf das er spekulierte, weswegen er den Kleineren mit seinen Macken so tolerierte? War es wirklich nur die Tatsache, dass auch er von einem Drachen aufgezogen worden war oder hatte Seraphim mal wieder Hintergedanken? Schwer zu sagen, denn sogar er selbst war sich dessen in diesem Moment nicht mehr so sicher. Es hatte etwas niedliches, wenn Ciel so von sich selbst überzeugt schien, auch wenn er ihm schon bald einen Strich durch die Rechnung würde machen müssen, da er das Fundament seiner Annahmen leider auf Ehrlichkeit und gutem Willen gebaut hatte. Die Welt basierte allerdings zum Glück nicht auf derlei Dingen, weil Seraphim sie dann nämlich gar nicht ausgehalten hätte, sondern auf solchen, die er verstand: Betrug und Täuschung, List und Scharade. Und das bedeutete, dass diese hübsche Karte wahrscheinlich nichts nützen würde. "Sehr hübsch, Ciel... nur wird diese Quest wahrscheinlich etwas anders laufen." Es sich in dem leider nicht allzu weichen Sitz gemütlich machend, streckte er die Beine ein wenig aus und faltete die Hände auf dem Bauch zusammen, ehe er den Blauhaarigen anlächelte. Oh ja, sie mussten unbedingt eine Nacht dort verbringen, allein, weil er ihm dann eine wohltuende und garantiert entspannende Massage verpassen konnte - was ihm immerhin die Möglichkeit geben würde, die Haut des jungen Mannes zu berühren, die bestimmt samtig weich war... ein Traum... Seraphim riss sich am Riemen und legte den Kopf schief. "So gut du auch spielst, es ist eine andere Sache gegen jemanden zu gewinnen, der fair spielt, als jemanden zu schlagen, der dich betrügt. Und deswegen werden wir zusammen arbeiten." Leicht trommelte er auf seinem Bauch herum, was dank einigem Training nicht dazu führte, dass er irgendwelche nicht vorhandenen Speckreserven ins Schwingen brachte. "Ich selbst habe mir schon manches Mal ein wenig Geld erspielt und ich muss sagen, dass meine Erfolgsquote... sagenhaft ist." Wie sollte das auch anders sein, wenn er wie ein Weltmeister schummelte? Er grinste leicht, ehe er seine Position nach vorne verlagerte, den Oberkörper in Richtung Ciel beugte und mit einer Hand durch die blauen Strähnen fuhr. "Allerdings wirst du derjenige sein, der ihm gegenüber tritt - das heißt, wenn du dich dem gewachsen fühlst. Tust du das?~" Seine Stimme war weich geworden, sanft, zärtlich beinahe, sodass sie ungefähr den Ton imitierte, den sie annahm, wenn er die schönsten Lügen in kleine Ohren hübscher Frauen säuselte. Wäre er nicht sicher gewesen, dass der Metall Dragonslayer das etwas schlechter als diese Damen aufgenommen hätte, hätte er den geringen Abstand zwischen ihnen nun geschlossen, um diese sicherlich wunderbar weichen Lippen zu bedecken... sie sahen so einsam aus!

Seraphim war ganz offensichtlich von der schnellen Sorte, hatte er doch Ciels finanzielle Situation in wenigen Sekunden korrekt eingeschätzt. Nicht zum ersten Mal fragte sich der Valentine, ob man es ihm wohl ansah, dass er momentan nicht einen einzigen Jewel in der Tasche mit sich trug. Andererseits hatte der Weißhaarige wohl ganz einfach seine gesamte Situation kombiniert und war daher zu diesem Schluss gekommen. Überhaupt fragte sich der Metall Dragonslayer, wie genau diese Quest ablaufen würde. Durch die Tatsache, dass er überhaupt kein Geld bei sich hatte, würde es eventuell schwierig werden voran zu kommen. Vor allem, wenn es bei dieser Quest darum ging einen Verbrecher zu fangen würden sie mit Sicherheit Startkapital brauchen. Nun, Seraphim sah nicht so aus, als hätte er sonderlich große Geldprobleme, weshalb er vielleicht würde aushelfen können. Oder aber der Betreiber der Spielhalle würde sich erkenntlich zeigen müssen und ihnen in diesem Fall ein wenig unter die Arme greifen. Ciel kannte sich in der Szene aus, weshalb er sich sicher war, dass diese Quest ziemlich spannend werden würde. Leider befürchtete der Valentine, dass sich das Ganze in eine Richtung drehen würde, die ihm nicht gefiel. Er war ein ehrlicher Spieler und außerdem auch ziemlich gut in dem was er tat. Vermutlich war das der Grund, weshalb ihm Seraphims Einschätzung der Situation und dessen Fähigkeiten nicht wirklich gefiel. So wie dieser sich nämlich ausdrückte klang es, als würde er wirklich alles andere als fair spielen, was etwas war, dass Ciel nicht ausstehen konnte. Betrügen war falsch und außerdem auch eine ziemlich feige Methode um zu gewinnen. Andererseits hatten sie es in diesem Fall ja ebenfalls mit einem Schummler zu tun, weshalb Seraphims Erfahrung eventuell wertvoll sein würde. "Zusammen arbeiten? Wir genau stellst du dir das vor?" Eine interessante Frage, denn der Achtzehnjährige konnte sich beim besten willen keine Teamarbeit zwischen ihnen vorstellen, die für den Betrüger und die anderen Gäste nicht suspekt wirken würde. Pokern war ein Einzelsport, wenn man es denn so nennen wollte und das galt flächendeckend eigentlich für so ziemlich alle Glücksspiele. Allerdings hatte Ciel das seltsame Gefühl, dass Seraphim schon eine ungefähre Vorstellung davon hatte, wie diese Quest ablaufen würde. Zu mindestens machte er genau diesen Anschein, als er die Frage nach Ciels Bereitschaft stellte. Dieser löste bei den Worten seine Konzentration von der Landschaft hinter dem Fenster und fasste seinen Gegenüber wieder genauer ins Auge. "Was das angeht brauchst du dir wirklich keine Sorgen machen." Das stimmte, in einer Spielhalle fühlte er sich meist so pudelwohl, dass ihn dort nur wenig aus der Ruhe bringen konnte. Es war sein Fach, seine Bestimmung und nichts und niemand würde das ändern können. Weder ein rätselhafter und nervenaufreibender Seraphim, noch irgendein dahergelaufener Betrüger der meinte in dieser heiligen Einrichtung sein Unwesen treiben zu können. "Wenn ich ihm allerdings gegenübertrete, was genau ist dann dein Part?" Denn das war etwas, auf das der Valentine wirklich gespannt war. Wie genau plante Seraphim den Betrüger zu überführen und zu fassen? Denn wenn es jemandem gelang in einem Casino zu schummeln, dann musste dieser Jemand mit Sicherheit eine Menge Erfahrung und Wissen haben, stand man doch in so einem Lokal die meiste Zeit unter scharfer Beobachtung.

Natürlich hatte Seraphim eine gewisse Vorstellung, wie das alles ablaufen würde, aber es war fraglich, ob es auch dermaßen geschehen würde, immerhin involvierte sein Plan einige Dinge, mit denen Ciel ganz bestimmt nicht einverstanden war - noch. Er plante oft Dinge, die in diesem Moment noch unwahrscheinlich waren, aber dafür gelangen sie am Ende doch erstaunlich oft. Man musste die Leute nur weich kochen, dann wurde es einfacher, solche Sachen mit ihnen anzustellen, sodass sie am Ende gar nicht mehr der Meinung waren, man hätte ihnen etwas aufgedrückt. Warum auch... im Grunde genommen gefiel es ihnen doch allen wenigstens einen Moment lang. Doch auch die Quest betreffend hatte Seraphim tatsächlich schon einiges geplant, weil ihm klar war, dass es in dieser Konstellation einen perfekten Weg gab, einem Betrüger auf ganz natürliche Art den Garaus zu machen. Sie würden ihn verlieren lassen, erst einmal und dann immer weiter, bis er abzuhauen versuchte. Danach konnte man ihn immer noch zur Rede stellen, was sicherlich nicht in einem schüchternen Versuch enden würde, da Seraphim sehr eindringlich werden konnte, wenn er es denn wollte. Danach hatte Ciel aber gar nicht gefragt, denn er wollte stattdessen ja wissen, wie er sich eine Zusammenarbeit bei einem Pokerspiel vorstellte. Guter Einwand, denn in diesem Spiel saßen sich Rivalen, Einzelkämpfer gegenüber, denn das war immerhin kein Bridge. Bei diesem Spiel konnte man legal zusammen arbeiten, nicht aber bei dem, was sie planten. "Hmm... ich werde dafür sorgen, dass du unter einigermaßen fairen Bedingungen gegen ihn spielst, Cielll~", hauchte der Weißhaarige und lächelte ihn katzenartig an, während er den Kopf schief legte und eine blaue Strähne anstupste, "Ich werde mir eine dieser schicken Uniformen schnappen und euch die Karten geben... ich schummel' sozusagen gegen den Schummler. Sollte am Ende also praktisch wie normal laufen - alles klar?"
Er öffnete die Augen, die sich zu wohligen Schlitzen verengt hatten, wieder etwas weiter und blickte in klare blaue Seelenspiegel. Der Junge war wirklich hübsch, ob das wohl auch eine Gabe der meisten Dragonslayer war. Man erinnerte sich an die gefärbte Blondine, die bis auf die kariesverursachende Haarfarbe ja auch nicht gerade hässlich gewesen war. Mehr Dragonslayer kannte er ja noch nicht, aber wenn sich dieser Trend fortsetzte, musste man sich bald schon Gedanken darüber machen, ob die Drachen ihre Zöglinge vielleicht nach dem Aussehen erwählten. Das würde sicherlich noch mehr Grund zu Gerüchten geben, als alles andere schon... "Du hast sehr schöne Augen, Cielll~", meinte er beinahe beiläufig und stützte die Wange in eine Hand, während er sich nach hinten lehnte und es sich gemütlich machte, "So ein reines Blau sieht man selten... aber das bekommst du bestimmt öfter zu hören, hmm?~" Tja, so schnell konnte man das Thema wechseln. Er hatte nun einmal nicht besonders viel Lust, sich nun den ganzen Weg über die bevorstehende Quest zu unterhalten. Es war doch viel unterhaltsamer, gewisse Dinge auszutesten. Der Dragonslayer würde langsam damit beginnen, die Fühler auszustrecken und den Blauhaarigen damit zu betasten, es war doch immerhin alles nur zu Ciels Bestem... oder so. So schnell konnten sich gute Vorsätze in Wohlgefallen auflösen, aber man machte es ihm ja auch nicht gerade leicht, indem man ihm jemanden von Ciels Kaliber vorsetzte und erwartete, dass er die Finger bei sich behalten könnte. Wäre das hier jemand wie Maenor gewesen, okay, aber der Metall Dragonslayer war nun einmal... niedlich. Und Seraphim hatte irgendwo doch eine Schwäche für niedliche Menschen, solange es keine kleinen Inder waren. Deren Niedlichkeit brachte ihm nichts und konnte ihm daher egal sein.

Einigermaßen faire Bedingungen? Das klang wenigstens nicht nach etwas, dass völlig den Moralvorstellungen des Valentines widersprach. Nur schien Seraphim da ein wenig andere Vorstellungen zu haben. Zugegeben, sein Plan klang nicht schlecht und auf gewisse Weise beeindruckte es Ciel sogar, dass er ganz offensichtlich in der Lage war, die Karten so zu mischen und verteilen, dass er damit maßgeblich das Spiel beeinflusste. Schließlich musste dafür schon ein gewisses Maß an Intelligenz vorhanden sein. Allerdings schätzte er Seraphim ohnehin als eine sehr gerissene und clevere Person ein, weshalb er vermutlich nicht einmal überrascht sein sollte. Auf der anderen Seite widerstrebte es ihm jedoch bewusst zu betrügen und einen anderen Spieler zu hintergehen, selbst wenn dieser in seinen Eigenschaften nicht wirklich besser war. Irgendwie hatte er dann das Gefühl selbst zu einem Verbrecher zu werden und das war etwas, dass er nach Möglichkeit vermeiden wollte. Denn auch wenn Seraphim objektiv betrachtet den Part des Betrügens übernahm, so nahm er dennoch einen bedeutenden Teil im Geschehen ein und machte sich damit mitschuldig. Nun, in diesem Fall schien es ganz offensichtlich keine andere Möglichkeit zu geben, weshalb er sich nicht weiter beschwerte und lediglich zustimmend nickte. Seine nächsten Worte dagegen erwischten den Jungen vollkommen überraschend und überrascht hielt er den Atem an, als er bemerkte, wie stechend Seraphim ihn musterte. Es war ihm unangenehm von diesen forschenden, stechenden Augen betrachtet zu werden und nach diesem überraschenden Kompliment konnte er gar nicht anders, als sich peinlich berührt die wieder feuchten Hände zu kneten. "I-ich...eigentlich nicht...", murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und warf zögerlich einen Blick auf Seraphims Gesicht. Nicht zum ersten Mal wanderten seine Augen zu dem seltsamen Tattoo, welches die glatte Haut des Wind Dragonslayers direkt unter seinem rechten Auge zierte. Irgendetwas an diesem gezackten Muster faszinierte den Blauhaarigen ganz ungemein. War es die direkte Ähnlichkeit zu einem der vielen Schutzsymbole, die er in den letzten Jahren erforscht hatte oder aber wie es die Tiefe seiner Augen auf seltsame Art betonte? Langsam beugte sich der Valentine vor, um einen besseren Blick auf die Hautmalerei zu haben. "Wirklich schön, dieses Tattoo...", murmelte er gedankenverloren und hob zögerlich die beringte Hand. "Was für eine Bedeutung hat es?" Der Weißhaarige schien nicht wie der Typ, der sich so etwas aus reiner Schönheit stechen ließ. Erst als seine Hand sich schließlich kurz vor Seraphims Wangenknochen befand verharrte er erschrocken und riss die Augen auf. Wie zum Donnerwetter noch mal kam er auf die irrsinnige Idee seinem Gegenüber einfach ins Gesicht zu fassen? Wie sollte er diese spontane Reaktion nun erklären? Scharf zog der Valentine die Luft ein und biss sich nervös auf die Unterlippe. Er wagte es nicht, seine Hand auch nur zu bewegen. Irgendwie war er sich nämlich mehr als sicher, dass Seraphim das Ganze nicht einfach so und ohne Kommentar vergessen würde. Und er wusste auch nicht, wie er nun aus dieser unangenehmen Situation wieder herauskommen sollte. "Sag mal Seraphim, bevorzugst du Männer oder Frauen?" Was für eine gelungene Frage um die Situation weniger unangenehm und peinlich zu machen. Für einen kurzen Augenblick verspürte Ciel das unbändige Verlangen seinen Kopf mit aller Kraft gegen die Wand ihrer Kabine zu donnern und dann einfach ganz tief im Erdboden zu seinen Füßen zu versinken. Allerdings war die Frage doch wirklich berechtigt, bei den ganze Andeutungen die der Weißhaarige nun schon gemacht hatte. Es war aber auch zu verwirrend, das alles. Und dabei fiel es ihm sonst angenehm leicht Personen und Situationen im Laufe der Zeit einzuschätzen.

Ja, das war nun wirklich nicht unbedingt produktiv gewesen, wenn man mal objektiv an die Sache heranging. Andererseits gefiel die Entwicklung dieser Situation dem Dragonslayer ganz besonders gut, was man wahrscheinlich an dem stetig breiter werdenden Lächeln feststellen konnte. Er hatte keinerlei Anstalten gemacht, Ciels Hand aufzuhalten, als sie sich seinem Gesicht näherte, weil er nichts gegen Berührungen von hübschen Menschen hatte und weil es den Anschein machte, als würde der Kleinere von sich aus langsam das Eis brechen wollen. Leider kam es nicht dazu, denn die Fingerkuppen des Metall Dragonslayers verharrten Zentimeter vor seiner Haut, als er zu realisieren schien, was er hier gerade vorhatte. Schade, dass dieser Gedanke so früh kam, denn es gab durchaus solche, deren Intelligenz erst dann wieder einsetzte, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen war. Ganze Stunden konnten sie verleben, ohne über die Konsequenzen ihres Handelns nachzudenken, bevor sie bemerkten, dass ihre Taten nicht unbedingt klug gewesen waren. Ciel jedoch gehörte nicht zu dieser Sorte Mensch... er versetzte dem Kind lieber einen heftigen Tritt und beförderte es kopfüber in schlammiges Wasser, indem er nach etwas fragte, was man sich bei Seraphim wohl durchaus fragen konnte. Das unterhaltsame an der ganzen Sache war eigentlich, dass der Fragenstellende selbst nicht unbedingt die Definition von männlich abdeckte. Er war schmal, schmuckbehängt und hatte blau lackierte Nägel, von scheinbar nicht vorhandenem Bartwuchs einmal abgesehen. Dagegen wirkte Cyrus ja geradezu über die Maßen sicher in seinem Geschlecht verankert - wäre da nicht sein Verhalten, welches der Blauhaarige doch besser interpretieren konnte, als er selbst ahnte. Bei den meisten Menschen geschah so etwas sowieso unterbewusst, sie hörten eine bestimmte Tonlage und assoziierten etwas damit, was ihnen ihr Gehirn anschließend als Bauchgefühl präsentierte. Bei dem Himmelsmagier war zum Beispiel seine sanfte, weiche Stimmlage so eine Sache, die zusammen mit öfter als notwendig aufgebautem Körperkontakt eine Ahnung ergab, welche er nun ausgesprochen hatte. Er schien zu bereuen, was er da gesagt hatte, ebenso wie er seine Bewegung und inzwischen wahrscheinlich schon sein Aufstehen an diesem schönen Tag bereut hatte, aber Seraphim störten solche durchaus intimen Fragen nicht. Dennoch dachte er kurzdarüber nach, wie er seine Antwort formulieren sollte, ohne den Blauhaarigen am Ende noch abzuschrecken. Es war nämlich schwer zu sagen, ob er diese Frage stellte, weil er selbst Interesse an ihm hatte oder weil ihm dieser Verdacht kam und er ihn zerstreuen wollte. Um auf der sicheren Seite zu bleiben, würde er das zweite vermuten, allerdings auf das erste hoffen und einfach die Wahrheit sagen - schön ausgeschmückt, natürlich. "Sagen wir es so, Cielll...", schmunzelte er und hob nebenbei die Hand, um Ciels Fingern eine kleine Hilfestellung zur Überbrückung der letzten paar Zentimeter zu geben. Sie waren irgendwie auffallend zart, hatte er das Gefühl, ein wenig so, als könne er sie mit wenig Aufwand zerbrechen und fühlten sich schön kühl auf der Haut seiner Wange an. Leicht schabten seine Fingernägel über das Metall der daran befindlichen Ringe. "Das kommt auf den Mann oder die Frau an. Ich habe in der Hinsicht keine Vorurteile." Die Gegenfrage, wie es bei Ciel stand, blieb vollkommen absichtlich aus, weil Seraphim verhindern wollte, dass er vorschnell alles ablehnte, was in diese Richtung ging und ihm somit Wege erschwerte, die er ansonsten ganz simpel bewandern konnte. Er erwartete nicht, dass er den Jungen damit abgeschreckt hatte, denn wahrscheinlich hatte er so etwas sowieso schon geahnt oder aber gewusst, wenn man sich seinen Auftritt im Gildenhaus ins Gedächtnis rief. Vielleicht war er nun ein wenig vorsichtiger, aber daran war er gewöhnt, also würde ihn das sicherlich nicht allzu sehr aus der Bahn werfen, zumal er ja immer noch ein Mensch und keine schwarze Katze oder so etwas war... er hatte wahrscheinlich mehr Vorurteile gegenüber diesen Tieren, als er das gegenüber anders orientierten Menschen hatte, oder?
"Was das hier betrifft...", hauchte er und führte Ciels Fingerspitzen sanft über die leichte Erhebung auf seiner Wange, "Das ist ein Erinnerungsstück zu Ehren meiner Ziehmutter. Vor allem." Nebenbei war es ein wunderbarer Blickfang, auch wenn man natürlich darüber diskutieren konnte, ob er so etwas brauchte, um aufzufallen, aber er stand nun einmal gerne im Mittelpunkt, auch wenn er nicht viele Menschen um sich herum brauchte. Ab und zu war es nicht nur entspannend, alleine zu sein, auch traute Zweisamkeit war etwas wunderschönes - noch ein Grund, warum sich diese Quest unbedingt über mehr als einen Tag spannen musste. Der Dragonslayer lächelte leicht und zog die Fingerspitzen seines Gegenübers sanft zu seinem Mund, wo er ihnen einen leichten Kuss aufdrückte, kaum mehr als ein Wischen seiner Lippen, ehe er seine Hand losließ. "Ich hoffe, du hast damit kein Problem."

Tatsächlich hatte Ciel weder Vorurteile noch selber besondere Präferenzen, was das Geschlecht seiner Partner anging. Zum ersten hatte er einen großen Teil seiner Kindheit in der Obhut eines Drachen verbracht, welcher ihm vor allem eines eingebläut hatte: Toleranz. Unter Metallicanas Aufsicht hatte der Dragonslayer recht schnell feststellen müssen, dass er mit Vorurteilen nicht weit kommen würde und auch wenn er sich im Bereich seines Aberglauben immer noch recht schwer tat, so hatte er doch trotzdem in anderen Gebieten dazu gelernt. Eines davon war die Sexualität der Menschen. Im Grunde sah der Valentine auch gar keinen so großen Unterschied zwischen den Geschlechtern, weshalb er allen Dingen ziemlich offen gegenüber stand. So machte es für ihn beispielsweise keinerlei Unterschied, ob die Person nun weiblich oder männlich war, solange er sich nur in sie verliebte und an ihrer Seite wohlfühlte. Warum sollte es auch? Wo die Liebe eben hinfiel. Und dennoch machte ihn Seraphims Auskunft ein wenig nervös, schien dieser doch ein wenig anders an solche Dinge heranzugehen, als der Valentine es normalerweise gewohnt war. Unter normalen Umständen hielten die Leute nämlich lieber sowohl körperlichen als auch geistigen Abstand von ihm, da sie seine verquerte und abgedrehte Art unbehaglich machte. Nicht nur, dass er ständig nervös und unentspannt war, aus irgendeinem Grund schienen sich die Menschen auch von seiner ungewöhnlichen Liebe zu Schmuck und Fingerbemalung abschrecken zu lassen. Seraphim war ganz offensichtlich ein anderes Kaliber, dass musste Ciel ein weiteres Mal feststellen, als er einfach nach seiner Hand griff und sie zu seiner Wange führte. Ein rasantes Kribbeln schoss dem Valentine die Fingerspitzen bis in den Ellbogen hinauf und er zuckte erschrocken zusammen. Körperlichen Kontakt war er einfach nicht gewohnt, auch wenn er ihn normalerweise ziemlich genoss. Eigentlich hatte Ciel nämlich gar nichts gegen kleine Kuscheleinheiten ab und an einzuwenden. Nur hatte Seraphim eine Ausstrahlung, die selbst solche Angenehmen Dinge zu einer nervlichen Belastung für ihn machten. Trotzdem zog er seine Hand nicht zurück, vor allem, weil sein Gegenüber sie immer noch mit seinen Fingern an Ort und Stelle hielt. Als seine Fingerspitzen schließlich über die farbige Verzierung im Gesicht des Weißhaarigen strich konnte Ciel seinen Pulsschlag in den Ohren hämmern hören und spürte wie das Blut in seinen Adern rauschte. Diese Geste hatte etwas seltsam vertrautes, als würden sie sich beide schon ewig kennen und der Achtzehnjährige empfand es nicht als passend, solche Berührungen bereits nach so kurzer Zeit auszutauschen. Vor allem wo sie sich doch derzeit in einem Zug befanden, wo jeden Augenblick die Abteiltür aufgehen und eine weitere Person hereinkommen konnte. Sie waren schließlich nicht die einzigen Menschen im Waggon. Und dennoch schaffte er es nicht, sich zu einer einzigen Berührungen zu überwinden. Viel zu sehr war er in Seraphims Worten und seinem hypnotisierenden Blick gefangen und als dieser die zitternden Finger des Valentines schließlich zu seinen Lippen führte, war Ciel sich sicher jeden Augenblick einen Herzinfakt zu erleiden. "E-ein Problem? Nein, nein. Keins.", murmelte er abwesend und knabberte, die Nerven auf Hochtouren laufend, angespannt auf seiner Unterlippe herum. Es dauerte eine Weile, ehe er sich endlich wieder soweit unter Kontrolle hatte, dass er Seraphim in einer eiligen Handbewegung seine Hand entriss. "Ä-ähm...ich habe schon wieder hunger." Das stimmte zwar nicht ganz, da der Löffel von zuvor seinen ohnehin nur geringen Appetit gesättigt hatte, aber es war eine halbwegs akzeptable Möglichkeit das Thema zu wechseln. Und außerdem vielleicht ein Weg seine Nerven wieder halbwegs zu beruhigen, denn auch der Nikotinenzug machte sich langsam bemerkbar. Kurz spielte Ciel mit dem Gedanken nach seiner Zigarettenschachtel zu greifen und seine Finger waren auch schon auf halber Strecke, ehe ihm einfiel, dass Seraphim das wohl nicht gefallen würde. Dabei war der Valentine es eigentlich nicht gewohnt auf die Bedürfnisse anderer Rücksicht zu nehmen. Es wunderte ihn selbst, warum er gerade jetzt damit anfing. Was für ein nerviger und anstrengender Tag.

Na, das war doch besser gelaufen, als er erwartet hatte. Sicherlich ging er nämlich mit solchen Handlungen jedes Mal aufs Neue ein Risiko ein, aber oftmals funktionierte es besser als das schlimmste Szenario vorgegeben hätte. Ciel hätte ja auch entrüstet aufspringen, seine Hand dem Griff des Anderen entreißen und das Abteil verlassen können, laut rufend, dass er nichts mit Schwulen zu tun haben wollte. Man konnte es kaum glauben, aber solche Leute gab es, zumal Seraphim das ja nicht einmal war. Zugegeben, diese Szene hatte gerade durchaus etwas latent homosexuell angehauchtes gehabt, aber ähnliche Dinge würde der Blauhaarige während dieser Quest wohl noch öfter zu erleiden haben. Irgendwann fühlten die Menschen den unangenehmen Teil solcher Annäherungen nämlich kaum noch, sondern begannen den positiven Teil davon zu sehen - Herzklopfen konnte in Ciels Fall ja auch andere Sachen als einen kommenden Herzinfarkt bedeuten, nicht wahr? Seraphim quittierte die Reaktion des Metallvertilgers jedenfalls mit einem Schmunzeln und lehnte sich in seinem Sitz zurück, was seinem Gegenüber wenigstens eine Spur Freiraum geben würde. Er erklärte, dass er hungrig sei, was der Wahrheit entsprechen konnte oder eben nicht, aber zumindest schnell ein Thema aufbrachte, das sie anschlagen konnten. Der Kleine schien schon wieder so nervös zu sein, dass er besser nicht auf der Schiene weitermachte, die er begonnen hatte, denn am Ende bekam er noch ein Tantrum und darauf hatte er nicht unbedingt Lust. Ihm dabei zuzusehen, wie er ganz offensichtlich verunsichert war, gefiel ihm dagegen wirklich gut, weil er in einer solchen Situation wirklich unwahrscheinlich niedlich war. "Hm... Metall essen zu können ist sicherlich praktisch. Da kann dich immerhin niemand mit Ketten fesseln, wenn du sie einfach durchnagen kannst...", meinte er und richtete den Blick der hellvioletten Augen aus dem Fenster. Statt Popcorn würde Ciel dann sicherlich einfach ein paar Muttern einwerfen, was auf längere Sicht vielleicht sogar billiger kommen konnte, da die Leute ja zurecht nicht damit rechneten, dass man diese Dinger aß. Daran dachte der Weißhaarige allerdings gerade nicht, weil er es irgendwie fertig gebracht hatte, sich mit seinen eigenen Worten ins Grübeln zu bringen. Ketten... ja. Er kannte jemanden, der mit metallenen Ketten herumschießen konnte, auch wenn er so wenig Mana im Körper hatte, dass es über drei Stück wohl kaum hinausgehen würde... und diese Person fehlte ihm. Es wäre falsch zu behaupten, dass Seraphim ein soziales Wesen wäre, denn im Grunde genommen war er am zufriedensten, wenn er seine Ruhe hatte. Menschen waren seiner Meinung nach am besten dazu geeignet, seine Bedürfnisse zu erfüllen und dann konnten sie ruhig sein, damit er die Stille zufrieden genießen konnte. Dennoch sehnte er sich nach einer bestimmten Person, nach seinem Lachen, seinen blöden Kommentaren und seiner Hektik, ja sogar nach den Dummheiten, die er manchmal veranstaltete, wenn ihm langweilig wurde. Auch Souta bekam immer wahnsinnig schnell Hunger - aber der konnte sich nicht einfach ein paar Löffel stibitzen. Manchmal hatte er sich sogar an seinen eigenen Vorräten vergriffen, aber seit einigen Wochen hatte er ihn irgendwie nicht mehr vernünftig zu Gesicht gekriegt. Nun, zumindest nicht in einer Art, bei der er den Kettenmagier hätte begrüßen können. Sicherlich hatte er ihn beobachtet... aber es kam sehr schlecht, jemanden auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen, wenn man diesen jemand gerade bei etwas intimeren Dingen bespannte. Die Frage, ob Seraphims Verhalten schon krankhaft oder noch irgendwie knuffig war, blieb bestehen und würde wohl auch nicht so schwer zu lösen sein, wahrscheinlich war die Antwort sowieso sehr subjektiv. Er sollte an etwas anderes denken, da er gerade ein Abteil mit einem attraktiven jungen Mann teilte, den er noch würde weiter bearbeiten müssen, damit dieses gute Aussehen nicht nur seinen Augen schmeichelte. Doch gut Ding wollte Weile haben, also langsam mit den jungen Pferden. "Nur zur Sicherheit... wie geübt bist du im Umgang mit deiner Magie, Ciel?"

Es war wirklich keine Absicht. Tatsächlich war es eher eine Art Reflex, der automatisch mit Seraphims Worten einsetzte und die Kombinationsgabe des Valentines nahezu herausforderte. Ketten...fesseln...ja, eigentlich war der Weißhaarige sogar Schuld an dem Bild, welches einige Sekunden später durch den Kopf des Metall Dragonslayers huschte und sich hinter seiner Netzhaut festsetzte. Und so sehr der Blauhaarige es auch versuchte zu leugnen, er konnte nicht anders als zugeben, dass sein Gegenüber vermutlich selbst gefesselt noch gut aussah, wenn nicht sogar besser als ohnehin schon. Man übertrug das Grinsen, welches er ohnehin andauernd auf den Lippen trug auf das Bild in seinem Kopf und bekam ein Kunstwerk, welches den Achtzehnjährigen beinahe automatisch in einem hübschen, blühenden magenta Ton anlaufen ließ und eine nervöse Gänsehaut auf seine Arme und seinen Rücken zauberte. "F-fesseln?" Vergessen war die Idee, sich mit vorgetäuschtem Hunger aus der ersten prekären Situation zu retten und geweckt der unbewusste Wille, sich direkt in die Nächste zu stürzen. Ciel war sich ziemlich sicher, dass man ihm seine Gedanken förmlich von der Stirn ablesen konnte, denn er war beileibe nicht unauffällig, wie er Seraphim so musterte und das Gedankengerüst weitersponn und dennoch konnte er sich in diesem Moment nicht wirklich davon abhalten. Ketten auf der Haut des Weißhaarigen würden mit Sicherheit unwahrscheinlich gut aussehen, noch besser, wenn er so wenig Klamotten wie möglich trug. Ciel hatte einfach einen Sinn für Ästhetik, weshalb die passenden Einfälle nicht lange auf sich warten ließen und den roten Hautton nur noch verstärkten. Er musste sich ablenken, damit das Ganze nicht in eine Richtung lief, die vollkommen unangemessen und fehl am Platz war. "Mhh...meine Magie?" Es dauerte kurz, ehe sich der Blauhaarige wieder soweit koordiniert hatte, dass er einen vernünftigen Satz und Gedankengang hervorbrachte. Eigentlich war es nämlich eine ziemlich interessante Frage, die Seraphim ihm da stellte, hatte es Ciel doch die letzten Jahre eigentlich tunlichst vermieden Gebrauch von seiner Magie zu machen. Das lag einfach daran, dass er sie nach wie vor als ein böses Omen sah, vor allem, weil sie nun einmal von Drachen gelehrt wurde. Denn auch wenn Metallicana dem Jungen auf gewisse Weise doch ans Herz gewachsen war, so sah er in ihm dennoch vor allem eines: eine Bedrohung. Drachen waren monströse, furchteinflößende Kreaturen, die zuvor nicht einmal in den Gedankengängen des Valentines existiert hatten. Umso entsetzter war er auch gewesen, als er dem Metalldrachen schließlich wehrlos in die Arme gestolpert war. Außerdem hatte dieser durch seine strenge Erziehung und das harte Training weder dazu beigetragen, dass Ciel ihm sonderlich vertraute, noch dass er die ihm gelehrte Magie auf irgendeine Weise wertschätzte. Sie war im seinen Kopf nun einmal hauptsächlich mit Schmerz und eiserner Disziplin verbunden und gehörte damit einfach nicht zu seinen schönsten Erinnerungen. Trotzdem hatte er in den letzten Monaten begonnen sie sich zu Nutze zu machen, war es doch eine gefährliche Welt in der sie lebten, wo ein bisschen Selbstverteidigung nie schadete. So kam es, dass seine Antwort auch ziemlich zögerlich und unsicher ausfiel. "Nun, ich habe vermutlich nicht einmal halb so viel Erfahrung wie du." Die Tatsache, dass Seraphim fliegen konnte sagte schließlich schon einiges über den Kontrollfaktor aus, den er über seine Fähigkeiten hatte. "Ich kann mich zwar zur Wehr setzen, aber wirklich großen Schaden richte ich nicht an." Es war ihm keinesfalls unangenehm das zuzugeben, war es doch lediglich ein simpler Fakt, den er preisgab. Ciel war niemand, der im Bereich seiner magischen Fähigkeiten besonders streng mit sich selbst ins Gericht ging. Er hatte genug andere Fehler, die er an sich ausbügeln musste, so das wenig Zeit blieb, sich mit solchen sekundären Dingen aufzuhalten. Er hatte ja schließlich auch keinen wirklichen Grund stärker zu werden, forderten doch die wenigsten Situationen wirklich magisches Eingreifen. "Ist das ein Problem?", fragte er und kippte nachdenklich den Kopf. Denn wenn ja, dann würde er sich vielleicht doch noch einmal näher mit dem Thema auseinandersetzen müssen. Vor allem, wo er ja jetzt offiziell das Mitglied einer Magiergilde war.