Fairy Tail RPG » Große Städe Fiores » Oshibana Town » Naomis Heim

Es ist eine von vielen Wohnungen in dem von außen recht simpel gehaltenen Haus. Die Tür dazu befindet sich im Erdgeschoss gegenüber der Eingangstür. Eine Fußmatte liegt nicht davor aber daneben an der Wand lehnt immer ein zusammengeklappter Rollstuhl. Entweder es ist der mit den dreckigen Reifen, dann ist Rio zu Hause, oder der mit den sauberen, dann ist er zur Abwechslung mal unterwegs. Am Klingelschild steht in feinsäuberlichen und bunten Buchstaben: Rio & Naomi. Beim Eintreten gelangt man in einen Flur, dieser ist recht viereckig und bietet Platz für die Garderobe, einen Esstisch, vier Stühle und einen kleinen Schrank in, welchem sich einiges an Geschirr befindet. Auf der linken Seite ist die Wand offen und man kann in das kleine Wohnzimmer sehen. Die Wände, bis auf die Fenster sind voller Regale. In denen Türmen sich Bücher, Fundsachen, Erinnerungsstücke und sonstige Dinge, von denen man sich nur schwerlich trennen kann. Außerdem steht an der Wand ein gemütliches, eingesessenes Sofa und davor ein kleiner Holztisch mit einer der Jahreszeit angepassten Tischdecke.
Wenn man sich rechts hält, kommt man durch eine Tür in die viel zu enge Küche. Es ist gerade mal Platz für die Küchenzeile auf der einen Seite des Raumes, ein Fenster an der Wand und ein paar Hängeschränke. Ansonsten ist sehr deutlich, dass die Küche nur so viel Platz lässt, dass der Rollstuhlfahrer vorwärts hinein und rückwärts hinaus rollen konnte. Auch das Bad glänzt nicht durch Größe, es ist zwar größer als die Küche, aber die Notwendigkeit einer Badewanne schränkt den zu nutzenden Platz wieder sehr ein. Naomis Vater ist es nämlich nicht vergönnt auf eigenen Beinen zu stehen, weshalb eine simple Dusche keine Option gewesen war. Nebst Toilette und Waschbecken hatte unter einem Regal der Wäschetrockner Platz gefunden, die Waschmaschine allerdings stand unten im Keller.
Die anderen zwei Türen am gegenüberliegenden Ende führten in die Zimmer der Beiden. Rios Zimmer ist wenig beeindruckend. Ein großes, niedriges Bett, auf das er leicht selbst klettern kann. Ein Schrank mit seinen Kleidungsstücken und ansonsten viel Freiraum, um mit dem Rollstuhl rangieren zu können. Naomis Zimmer hingegen ist wie ein kleines Labyrinth. Viele Regale durchschneiden den Raum und teilen ihn so in etwa drei Bereiche. Dein eine ist ein kleiner Eingangsbereich, in dem man sich gerade einmal um sich selbst drehen kann. In einer noch recht regalfreien Ecke befindet sich eine Leseecke, welche eigentlich mehr aus zwei Sitzsäcken und einer alten Stehlampe besteht. Schräg gegenüber in eine Regalwand eingelassen steht ein Schreibtisch und ganz hinten im Zimmer von einem weiteren Regal verdeckt steht das Bett. In den Regalen stehen zu größten Teil Bücher über Bücher, aber die meisten sind recht alt und abgegriffen.
Das Herzstück des Ganzen ist wahrscheinlich Naomis kleiner Garten in dem sie Gemüse und Gewürze stehen hat, diese variieren ebenfalls mit der Jahreszeit.

Es war später Vormittag, halb zwölf, als ein weißhaariger Magier hoffnungsvoll an der Tür eines süßen, jungen Mädchens klingelte, dessen Nachname ein wenig von dem in seiner Erinnerung abwich. Von den letzten vier Buchstaben hatte er gerade mal einen richtig, es war fast schon peinlich, doch glücklicherweise würde sie das ja sicherlich nie erfahren. Das Mädchen der Schatten war dem jungen Herrn der Finsternis immer schon sympathisch gewesen, vom ersten Moment an, und tatsächlich hatte sie es geschafft, ihn, der ohne ein Zeichen von Anspannung mit den hübschesten Frauen sprechen konnte und das auch gerne tat, in Verlegenheit zu bringen. Dieses Mädchen hatte eindeutig etwas besonderes an sich.
Schon an dem Abend, an dem er sie kennengelernt hatte, hatte sich Emaru entschlossen, das Mädchen namens Nanao Kagemane – die Version ihres Namens, an die er sich erinnerte – zu besuchen, und zu diesem Anlass hatte er schon damals ein paar Bücher herausgesucht. Er wusste nicht, was sie mochte, deswegen hatte er sich für vier vollkommen verschiedene Bücher entschieden: Einmal die wissenschaftliche Abhandlung darüber, wieso die Zellen von Zauberern Mana enthielten und wieso man es mit ein wenig Training so gut kontrollieren konnte, dann eine nette Geschichte mit nur etwa 600 Seiten, die sich um einen jungen Gärtner drehte, der die große Liebe fand. Weil das etwas kitschig für ihn war, nahm er noch eine weitere Geschichte hinein, fast doppelt so lang, eine Abenteuergeschichte, die von einem jungen Finsternismagier mit Visionen handelte – sehr spannend, und der heldenhafte Protagonist erinnerte ihn sehr an sich selbst. Zu guter Letzt hatte er noch einen kleinen Mythos, der von zwei Drachen handelte, die beide dasselbe Kind aufgezogen und gelehrt haben sollten – den stärksten Dragonslayer aller Zeiten. Mit Sicherheit auch nicht viel mehr als ein Mythos, und für Emaru, der nicht wirklich ein Fan von Dragonslayern war, und Shi, der diese richtiggehend verabscheute, auch nicht wirklich lesenswert, aber vielleicht gefiel es ja Nanao. Bald war er schon auf seiner nächsten Quest, doch einen Tag nach seiner Rückkehr stand er mit diesen Büchern und den „Legenden aus dem Norden Fiores“, welche er während seiner Arbeit… gefunden hatte, im Gepäck vor dem Haus, dessen Adresse mit der der jungen Magierin übereinstimmte. Sicherheitshalber sah er noch einmal auf dem Zettel nach, den sie ihm gegeben hatte, „Nanao-chan“ stand darauf und auch diese Adresse, er war richtig. Langsam öffnete er die Eingangstür und durchschritt sie, glücklicherweise stand auch die Nummer der Wohnung auf dem Zettel, sonst hätte er lange suchen können. Obwohl, eigentlich war es ihm schon auf den ersten Blick klar, kaum dass er in das große Haus getreten war. Direkt am Ende des Flurs, in dem er gerade stand, befand sich eine offen sichtbare Tür, neben der sich ein offen sichtbarer Rollstuhl befand, auch wenn dieser zusammengeklappt war. Langsam ging er dorthin, an die Tür, spürte, wie er wieder etwas unsicher wurde. Es war für ihn nicht üblich, dass ihm eine andere Person wichtig war, normalerweise waren andere Menschen entweder egal, ein Mittel zum Zweck, verabscheuungswürdig oder eben auch das, was man als einen „Freund“ bezeichnen konnte – letztere waren aber sehr rar. Und keiner von ihnen hatte ihn bisher unsicher machen können. An der Türklingel standen die Namen Naomi und Ryo, das bestätigte ihn nochmal. Es war bereits etwa halb zwölf, als er hoffnungsvoll an der Tür seiner hübschen Gildenkollegin klingelte, sein Herz ging etwas schneller als sonst, seine Augen waren starr nach vorne auf die Tür gerichtet, und sah man sehr genau hin, dann konnte man ein leichtes Zittern seiner rechten Hand feststellen. Wenn sie derzeit auf einer Quest war, dann wäre das ziemliches Pech für ihn, wenn nicht, dann würde er sicherlich wieder ein wenig über die eigene Zunge stolpern. Kaum öffnete sich die Tür, verbeugte er sich auch schon höflich und sagte etwas zu schnell: „G-guten Tag, ich… ich bin hier, um Nanao-chan zu besuchen und ihr ein paar Bücher zu geben.“ Er wusste noch gar nicht, wer ihm die Tür geöffnet hatte, ob sie es gewesen war oder ihr Vater, oder möglicherweise war ja auch gerade jemand anderes da. Erst jetzt kam ihm die Möglichkeit in den Sinn, dass sie vielleicht einen Freund hatte und der hier sein könnte, dann würde er gerade vielleicht in einen für sie wichtigen Moment platzen und sie würde wütend sein auf ihn. In geringer Menge trat ihm etwas Schweiß auf die Stirn, und langsam, fast zögerlich richtete er sich wieder auf, um die Person zu betrachten, die ihm geöffnet hatte.

Die Uhr ging gegen halb zwölf. Naomi hatte gerade angefangen ein paar gebratene Nudeln zu machen, die sie und ihr Vater wohl heute essen würden. Sie ahnte nichts von dem Besuch, der ihr bevorstand, aber dennoch war sie guter Dinge. Die Sonne hatte sie am Morgen geweckt und dies war eine wirklich schöne Art, geweckt zu werden. Die Pflanzen im Garten hatten sich über das warme Sonnenlicht ebenso gefreut. Nun stand sie am Herd und achtete darauf, dass die Nudeln nicht anbrannten. Doch währenddessen klingelte es an der Tür. Da ihr Vater gerade in seinem Zimmer war, rief sie: "Ich gehe schon!" Dann lief sie zur Tür, um diese zu öffnen. Davor stand ein bekanntes Gesicht und meinte, er sei hier um sie zu sehen und ihr ein paar Bücher zu bringen. Wie wundervoll. "Es ist schön dich zu sehen, kommt doch rein Maru-chan", lange hatte sie hin und her überlegt und war zu dem Ergebnis gekommen, dass es ihr zu stand ihm ebenfalls einen Spitznamen zu geben. Dann kam der schwierige Teil. Was für einen Spitznamen? Lange hatte sie darüber wach gelegen und einige Variationen ausprobiert, bis diese Version herausgekommen war. Naomi mochte sie sehr gut leiden, blieb zu warten, wie der Dargin seinen neuen Namen hinnehmen würde. "Komm doch rein, ich koche gerade, ich hoffe du hast auch etwas Hunger mitgebracht." Es war doch mehr als selbstverständlich, dass er mitessen würde, immerhin konnten sie und ihr Vater ihm ja nichts vorkauen. Sie trat zu Seite und ließ ihn eintreten: "Ich mache gerade Nudeln. Fühl dich wie zu Hause." Mit diesen Worten ging sie vor und wieder in die Küche, um nachzusehen, wie weit das Essen war. Die Nudeln hatten einen schönen goldbraunen Ton angenommen, die Sojasprossen und Karotten waren ebenfalls gut. Mit etwas erhobener Stimme rief sie ihren Vater aus seinem Zimmer zum Essen. Dann begann sie, den Tisch zu decken. Es war deutlich etwas Neues für drei, statt für zwei zu decken. Besuch hatten sie eigentlich nur selten und besonders selten zur Essenszeit. Summend deckte sie den Tisch, sie war eigentlich immer bester Laune, aber heute gab es einen besonderen Anlass dazu. Zu Emaru blickend meinte sie: "Setz dich doch, es ist gleich so weit." Ihr Vater rollte gerade aus seinem Zimmer und lächelte freundlich, als er Emaru erblickte. "Guten Tag, wir haben also einen Gast." Er rollte zum Tisch und zog an seinem Platz die Bremsen seines Rollstuhls an. Gemütlich lehnte er sich über den Tisch und blickte Emaru prüfend an. Er schien wieder so nervös zu sein, irgendwie amüsierte es den Rollstuhlfahrer, was sein kleines Mädchen in diesem scheinbar eigentlich gefassten jungen Mann anrichtete. Wenn sie älter wurde, musste er sich wahrscheinlich eine Schrotflinte zulegen, um ihr die Verehrer vom Hals zu halten. Es war sehr schwer eine so kleine goldige Tochter zu haben und nicht immer hinter ihr her sein zu wollen, um sie zu beschützen. Allerdings konnte er das nicht, er war in seine Bewegungsfreiheit extrem eingeschränkt und das wurde ihm gelegentlich zu Verhängnis. So auch wenn es um sein kleines Mädchen ging. Dem Mann war klar, dass sie auf vieles verzichten musste, nur weil er nicht so konnte, wie ein Vater eigentlich sollte. Naomi hatte inzwischen die Pfanne mit den Nudeln auf den Tisch gestellt und sich ebenfalls gesetzt. Im selben Moment bat sie den weißhaarigen Jungen darum, sich doch als Erster zu nehmen.

Die Person, die ihm die Tür geöffnet hatte, war Nanao selbst, und das war wahrscheinlich auch besser so. Hätte ihm ihr Vater geöffnet und gemerkt, wie nervös er war, wenn es um seine Tochter ging, dann wäre er möglicherweise gar nicht erst am Türrahmen vorbeigekommen. Wer wusste schon, wie Rio auf Leute wie den weißhaarigen Gildenkollegen reagieren würde, besonders, da dieser etwa drei Jahre älter war als das Mädchen? Viele Väter neigten dazu, Misstrauen zu hegen gegenüber… eigentlich allen Jungen, wenn diese vorbeikamen, um ihre Töchter zu sehen. Emaru konnte nur hoffen, dass der Rothaarige nicht so war, und ja, die roten Haaren waren für ihn das auffälligste Merkmal dieser Person. Er war niemand, der jemanden anders behandelte, weil dieser in irgendeiner Form körperlich behindert war, immerhin waren das auch nur Menschen wie all die anderen, und übermäßige Fürsorge wäre für beide Seiten unangenehm. Natürlich, wenn er um Hilfe gebeten wurde, dann half er, aber das tat er bei wirklich jedem Menschen. Das einzige Merkmal an Rio, das ihm in irgendeiner Form misshagte, waren dessen rote Haare, doch für die junge Kagemane würde er diese einfach akzeptieren und sich nicht daran stören. Immerhin war die Haarfarbe einer Person nun wirklich nicht das Wichtigste, und für jemanden wie das Mädchen konnte man über solche Kleinigkeiten hinwegsehen.
Er lächelte sie freundlich an, während sie ihn begrüßte – sie schien erfreut zu sein über seinen Besuch, das war schön –, und errötete leicht, als er den Namen hörte, den sie ihm gab. „M-Maru-chan?“, fragte er etwas unsicher, lächelte dann aber wieder. „Das gefällt mir. Danke sehr, Nanao-chan.“ Auf ihre Bitte hin trat er ein, und zu erfahren, dass sie gerade Essen machte und ihn quasi einlud, mit zu essen, besserte seine Stimmung sogar noch etwas, sofern das möglich war, außerdem gab es ihm wieder etwas seiner gewohnten Sicherheit zurück. Der Duft der gebratenen Nudeln hatte sich bereits etwas in der Wohnung ausgebreitet, und selbst wenn er keinen gehabt hätte, so würde ihm spätestens dieser Geruch Hunger bescheren. Sie schien eine doch recht fähige Köchin zu sein, er selbst war zwar auch nicht schlecht darin, allerdings beschränkten sich seine Fähigkeiten in diesem Bereich auf ein paar grundlegende Regeln, einfache Rezepte schaffte er, doch bei den etwas fortgeschritteneren bekam er bereits Probleme… dafür konnte er andere Dinge gut. In der Küche setzte er sich, als sie ihn dazu aufforderte, mit einem kurzen: „Mmh, das riecht schonmal sehr gut.“ Als sie kurz darauf ihren Vater rief und dieser ins Zimmer gerollt kam, musste sich der Dargin sehr kontrollieren, um nicht aufzuspringen und sich leicht zu verbeugen, es war schon seltsam. Für gewöhnlich stand er einfach auf und hielt seine Hand vor, wenn eine ältere Person den Raum betrat, doch er hatte jetzt wirklich das Gefühl, sich so schnell wie möglich in eine höfliche Position begeben zu müssen. Was war nur los mit ihm? Allerdings schaffte er es, dem Rollstuhlfahrer einen freundlichen Blick zuzuwerfen und ihn anzusprechen: „Guten Tag, Herr… de Avillon, wenn ich mich recht erinnere.“ Dieses Mal hatte er sein Gehirn auf die Spitze seiner möglichen Leistung getrieben, um Erinnerungen wieder aufzurufen, die er nicht hatte. Es war schon eine Weile her gewesen, dass Nanao ihm diesen Mann vorgestellt hatte, und dieser Name war sowohl lang als auch außergewöhnlich… eigentlich dürfte sein Gedächtnis es ihm verbieten, die Erinnerung daran aufzurufen, immerhin konnte er sich schon die fünf Buchstaben in dem doch recht alltäglichen Namen „Naomi“ nicht merken. Dass die Nachnamen der beiden nicht übereinstimmten war ihm übrigens bisher noch nicht aufgefallen, aber in der Nähe der hübschen und sympathischen Gildenkollegin gab es ja wohl wesentlich wichtigere Dinge, an die man denken konnte, als Nachnamen. Außerdem stellte sie gerade die Pfanne mit dem leckeren Essen auf den Tisch, gedeckt hatte sie bereits für alle drei, und bat ihn sogar, sich als erstes etwas davon zu nehmen. Eine Bitte, der er natürlich sogleich nachkam, nur wenig zögerlich, und als sein Teller angefüllt war, blickte er kurz zu ihr, fragend, ob er auch den anderen beiden auftun sollte. Er würde das gern machen, sich etwas erkenntlich zeigen für das leckere Essen, an das er sich setzen würde, wenn alle etwas hatten, doch manch ein Gastgeber sah es als seine Pflicht an, den Besucher gut zu behandeln und ihm nicht eine Aufgabe zuzumuten. Wie Nanao das hielt, würde er ja sogleich sehen können…

Er stotterte immer noch leicht, als er den Namen wiederholte, den sie ihm gegeben hatte. Dann allerdings meinte er, dass es ihm gefiel und das war doch alles, was eigentlich zählte. Zufrieden lächelte Naomi und fuhr mit ihrem Werk fort. Es war natürlich herrlich, als er sagte, dass es gut roch, das war der erste Schritt dazu, dass es schmeckte. Niemand aß gern etwas, was stank wie gestorben. Wobei sie zugeben musste, einige Käsesorten, die ihr Vater gelegentlich zu essen pflegte, die rochen, wie als wären sie schon am Verwesen, aber sie schmeckten im, das war die Hauptsache. Erleichtert hörte sie wie ihr Vater ihren Gast freundlich begrüßte, nicht so misstrauisch, wie sie erwartet hatte, immerhin war er der erste Männerbesuch, oder eher, generell der erste Besuch, den Naomi zu verbuchen hatte. Auch Emaru schien sich viel Mühe zu geben einen guten Eindruck zu machen. Er erinnerte sich an den Nachnamen des rothaarigen Mannes. Das würde ihn sicher mehr als milde stimmen, gegenüber dem weißhaarigen Jungen, der gekommen war, um seine Tochter zu sehen. Zumindest brachte dessen Name ihn nicht gar so sehr zum Erschaudern, wie der des anderen Magiers, welche Naomi zu ihren Freunden zählte. Summend stand in der Küche und wartet, bis auch die letzten Nudeln gar waren. Diese brachte sie nun zum Tisch und das Essen konnte beginnen. Es brauchte keine zweite Aufforderung ihrerseits um Maru-chan dazu zu bringen sich am Essen zu bedienen. Er schien Hunger mitgebracht zu haben, das war doch sehr erfreulich. Dann bot er freundlicherweise an, auch ihnen die Teller zu füllen, was Rio dankend annahm. Er reichte dem Jungen den Teller und gab an, wann es ihm genug war. Danach reichte auch Naomi ihren Teller an Emaru und ließ sich von ihm ihre Nudeln auf den Teller schaufeln. „Naomi, jetzt wo du einen Gast hast, finde ich du solltest den Haushalt einfach mal ruhen lassen, ich mache all das was ich schaffe und du nimmst dir einfach mal Zeit für etwas Spaß“, meinte Rio, während er sich eine Gabel Nudeln in den Mund schob. Das hörte sich an, als würde sie sonst keinen Spaß haben. Es machte ihr Spaß sich um den Haushalt zu kümmern, immerhin tat sie das schon einige Zeit und war es gewohnt, aber ihr Vater hatte wohl recht. Es konnte nicht schaden, wenn sie mal mit jemandem in ihrem Alter, obwohl sie sich sicher war, dass der Dargin etwas älter war als sie, Zeit zu verbringen und sich dabei zu erholen. Vielleicht sogar etwas Spaß haben und eine Freundschaft festigen. Das war es wohl, was der Herr dieser Wohnung sich für seine Tochter wünschte. Wer würde sich das nicht wünschen? Immerhin trug es doch dazu bei, dass sie sich wohlfühlte, oder? Lächelnd sa sie auf und nickte: „Danke Papa.“ Dann wandte sie sich an Emaru: „Wie geht es dir eigentlich Maru-chan?“ Es war komisch, bisher hatte sie weder bei Natascha, den anderen vom Kirschblütenfest und schon gar nicht bei dem Dragonslayer, der sie auf ihrer ersten Quest begleitet hatte, das Bedürfnis verspürt diese Nachsilbe zu verwenden, aber für ihn schien es einfach genau die Richtige sein. Das blonde Mädchen hatte es einfach im Gefühl, sie war generell ein sehr gefühlsbetonter Mensch und entschied oft eher aus Bauch oder Herz heraus, wenn es nicht gerade um Entscheidungen ging, die jemanden in Gefahr bringen konnten. Freundlich lächelte sie ihm entgegen und wartet gespannt auf die Antwort, während sie sich erneut einige Nudeln in den Mund schob und kaute. Eigentlich lobte man sich nicht selbst, aber die Blondine fand, dass sie heute besonders gut schmeckten, oder lag es einfach nur daran, dass sie sich so sehr darüber freute, dass der Besuch hier mit ihnen saß und alles trotzdem so lief wie immer?

Glücklicherweise ließen ihn die beiden helfen, es würde sich irgendwie unangenehm anfühlen, einfach etwas zu bekommen, ohne dafür selbst etwas tun zu können. Er revanchierte sich gern, jedenfalls bei Leuten, die er mochte, und auch, wenn er Nanao und ihrem Vater jederzeit etwas Gutes tun oder etwas schenken würde, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, so konnte er einfach nicht anders, als ihnen seinen Dank auszudrücken, indem er ihnen etwas unter die Arme griff. Das war Teil seines Stiles, und diesem würde er stets folgen. Übrigens hatte er sich inzwischen ein Bild von dem Stil seiner jungen Gildenkollegin gemacht: Optisch wirklich beeindruckend, besonders wenn man ihr Alter bedachte, und von grün dominiert, was kein Manko war. Im Gegenteil, es passte gut zu ihr, zeigte also, dass sie Stilbewusstsein besaß. Auch von ihrer Persönlichkeit hatte er sich bereits ein gewisses Bild gemacht, auch wenn er es beim zweiten Treffen natürlich noch nicht für sicher nehmen konnte. In seinen Augen war sie sehr freundlich und offenherzig und konnte gut mit anderen Menschen umgehen, es gab nichts an ihr, das dagegen sprach, sie als stilvoll einzuordnen. Ja, er mochte das Mädchen gern leiden, Nanao war ihm sehr sympathisch. Und wie er so ausgegeben hatte und sich ans Essen machte, bemerkte er, dass sie auch kochen konnte. Diese Nudeln schmeckten wirklich gut, und das wollte er ihr gerade mitteilen, als Rio mit ihr zu sprechen begann. Sie sollte sich etwas Zeit für Emaru nehmen und sich auch mal etwas Spaß gönnen, anscheinend kam nicht oft Besuch hierher. Außerdem klang das so, als würde die junge Gildenmagierin sich hier um den Haushalt kümmern, allerdings war das nicht weiter verwunderlich. Immerhin saß der Mann im Rollstuhl und das war keine besonders rollstuhlfreundliche Wohnung, und auch das wunderte ihn nicht. Für so etwas musste man eine ganze Menge bezahlen, und wenn man ihre jetzige Wohnsituation betrachtete, würde das wohl mit Abstand ihr Budget sprengen. Als Mitglied einer Gilde verdiente man nicht unbedingt viel, auf jeden Fall nicht in der Anfangsphase, in der sich sowohl Emaru, als auch Nanao noch befanden. Woher er wusste, dass es auch bei ihr so war? Bei ihrer ersten Begegnung hatte sie erwähnt, dass sie neu in der Gilde war, und das war noch nicht lang her – auch wenn es ihn trotzdem erstaunte, dass er sich solche Details hatte merken können. Normalerweise fiel ihm so etwas gar nicht erst auf, und jetzt erinnerte er sich sogar noch daran, ohne sich irgendwie anzustrengen, die Schattenmagierin war wohl wirklich etwas Besonderes. Deshalb fiel es ihm auch ziemlich leicht, auf die Frage nach seinem Befinden zu antworten: „Naja… ich habe wundervolle Gesellschaft und wirklich gutes Essen. Mir könnte es kaum besser gehen.“ Das alles sagte er mit einem nicht nur freundlichen, sondern sogar glücklichen Lächeln, das irgendwo zwischen scherzhaft und ernst lag. Er fühlte sich wirklich gut, genoss die Gesellschaft und die schmackhaften Nudeln, aber natürlich sagte man das nicht alles, ohne dass es ein wenig nach Scherz klang. Es sollte allerdings auffallen, dass er sich wirklich gut fühlte, und um das gute Essen hervorzuheben, nahm der Dargin gleich darauf noch eine Gabel des delikaten Gerichtes in den Mund. Wie sie das so gut hinbekommen hatte, wusste er nicht, aber es wäre sicher schön, bei Gelegenheit nochmal mit ihr zu essen. Aber derzeit hatte er ja glücklicherweise noch fast einen halben Teller der Köstlichkeit – er war noch nie ein besonders schneller Esser gewesen – vor sich, und es gab noch das Tischgespräch, das am Laufen gehalten werden wollte: „Und wie geht es euch beiden? Ich hoffe doch, ich störe nicht irgendwelche Pläne…“ Noch immer lächelte er und aß auch schon weiter, er konnte einfach nicht aufhören damit, so lecker war es. Er schenkte Rio noch einen freundlichen Blick und wandte sich dann vollständig seiner Kollegin zu. Nanao… nein, Nanao-chan war einfach faszinierend.

Ja ihr Auftritt war wirklich von Grün dominiert. Grün war, wenn man es nicht zu grell wählte, eine ruhige Farbe und auch beruhigend. Je Satter die Farbe desto größer der Effekt, außerdem passte Grün sehr gut zu dem goldgelb ihrer Haare. Blond Mädchen trugen vorzugsweise Rosa, weil es ebenfalls sehr gut passte, aber Naomi war irgendwie kein rosa Typ und so war Grün eine wundervolle Alternative. Man konnte es mit wachsenden Pflanzen assoziieren und genau das war sie, eine Blüte, die noch zur Knospe gefaltet war und auf ihrem Grünen Stängel emporragte. Außerdem sagte man, dass Grün die Hoffnung repräsentierte, eine grüne Hoffnung auf ein wundervolles Erblühen so konnte man es vielleicht nennen. Es war etwas Besonderes, dass sie heute zu dritt am Tisch saßen, denn das bedeutete, dass sie, also Naomi endlich jemanden hatte, der sich mit ihr beschäftigen wollte, auch seine Freizeit für sie opferte ohne das eine Belohnung dafür in Aussicht gestellt wurde. Das stimmte sie mehr als glücklich und es war noch wundervoller, dass es einer der zwei Jungen war, die sie bereits kennengelernt hatte heute hier war. Dass es ihr so leicht viel, ihn bei einem Kosenamen zu nennen und auch sich von ihm einen geben zu lassen, zeugte von der engen Verbindung, die sie zu ihm fühlte oder aufgebaut hatte. Auf die Frage nach seinem Befinden hin lobte er ihr Essen und die Gesellschaft, in der er sich befand. Wie jeder andere wurde die Blonde verlegen, wenn man ihr essen lobte, noch mehr allerdings, weil sie deutlich wusste, dass er nicht ihren Vater meinte, als er von wundervoller Gesellschaft sprach. Wieso sie das wusste? Es war weibliche Intuition, einfach so ein Gefühl, vielleicht wollte sie es auch einfach nur so haben. Aber sprach nicht allein die Tatsache dafür, dass er gekommen war, um sie zu besuchen, nicht ihren Vater? Rio betrachtete das Ganze eigentlich mehr amüsiert, denn er konnte ahnen was sein kleines Mädchen gerade bewegte und das war wahrscheinlich eine ganz neue Empfindungswelt, in welche sie gerade eintauchte und mit der sie erst lernen musste umzugehen, dachte er. Wenn er wüsste, dass sie darin ihren Lehrmeister bereits gefunden hatte, wäre er wohl eher besorgt, statt amüsiert gewesen. Nun gut Väter müssen auch nicht immer alles wissen, denn immerhin konnten kleine Geheimnisse nicht schade, Überraschungen, die aufgedeckt werden können, um im rechten Moment den richtigen Effekt zu erzielen. Noch war es jedoch nicht so weit, denn immerhin, wusste Naomi noch nicht wohin sie dieser Wirrwarr aus verschiedensten Empfindungen führen würde, doch eines war klar, es würde immer ein Drahtseilakt werden, aber das machte ihr nichts. Nun fragte der Dragin nach ihrem Befinden und das brachte eine nette Ablenkung in ihre Gedanken, freundlich lächelnd antwortete sie also: „Mir geht es gerade wirklich sehr gut und nein ich hatte nichts Besonderes vor.“ Rio nickte: „Mir geht es eben so, ich habe eigentlich nie viel vor.“ Das war auch irgendwie verständlich, denn immerhin konnte er nicht viel alleine machen. Der Rothaarige bemerkte noch den freundlichen Blick des Jungmagiers, bevor sich dieser wieder seiner Ziehtochter zuwandte. Diese war inzwischen fertig mit essen und schien nur noch auf ihren Gast zu warten, der sprichwörtlich jeden Bissen genoss. Er wusste also gutes Essen wirklich zu schätzen und wollte dieses so deutlich wie möglich zeigen, wahrscheinlich um Naomi eine Freude zu machen, da sie gekocht hatte und dies, als ein Lob verstanden werden konnte. Nachdem Emaru seine letzten Bissen heruntergeschluckt hatte erhob sich das Mädchen vom Tisch: „Dann werde ich dir wohl mal mein Zimmer zeigen.“ Es war wohl doch von Vorteil gewesen es gestern aufzuräumen, sie hatte so ein Gefühl gehabt, das ihr gesagt hatte, das es vielleicht nötig sein würde und tadaa, nun stand da ein Grund, weswegen das Zimmer heute ordentlich sein musste. Noch einmal drückte sie ihren Vater zum Dank für die übernommene Hausarbeit und dann setzte sie sich in Bewegung zu ihrem Zimmer.

Sehr gut, er störte nicht, im Gegenteil, beide schienen erfreut über seinen Besuch. Nanao scheinbar sogar sehr, sein Kommentar zu Essen und Gesellschaft schien sie etwas verlegen gemacht zu haben. Er unterdrückte ein unterdrücktes Lachen und lächelte bloß weiter, immer noch mit den Nudeln beschäftigt. Dieser Geschmack war wirklich interessant, er hatte häufig gebratene Nudeln in irgendwelchen kleineren Restaurants gegessen – die großen waren nie ihr Geld wert –, und nichts davon hatte so geschmeckt wie das hier. Das war nichts schlechtes, im Gegenteil, das würzige Gericht schmeckte hier wesentlich besser als jede Variante zuvor, er war beeindruckt, dass sie in ihrem Alter bereits so gut kochen konnte. Mal abgesehen von der wundervollen Atmosphäre und der Gelegenheit, die niedliche Kollegin wieder zu sehen, würden häufigere Besuche hier sicher auch einiges an Essensgeld sparen, welches ansonsten einen schlechteren Geschmack eingebracht hätte. Ausbeuten wollte er sie allerdings nicht, sicherlich würde es bei den derzeitigen Restaurantpreisen auch noch günstiger ausfallen, wenn er ihr die Zutaten für das Essen bezahlte, außerdem würden sie und ihr Vater dann insgesamt mehr Ressourcen übrig haben. Dieses Mal allerdings noch nicht, das war immerhin sein erster Besuch hier, da wäre es ja fast schon unhöflich, ihr Geld fürs Kochen zu bieten. Später konnte er sie ja vielleicht darauf ansprechen, mal sehen, wie der Tag mit ihr noch verlief… er hatte jedenfalls einiges an Zeit mitgebracht.
Kaum hatte er auch den letzten Bissen dieser… ja, es war fast schon eine Delikatesse. Kaum hatte er den letzten Bissen dieser Delikatesse verschlungen, legte er die Gabel auf seinem Teller ab und bedankte sich kurz für das leckere Essen. Sogleich stand Nanao, die schon wesentlich länger fertig war, auf und bot ihm an, ihn in ihr Zimmer zu führen. Leicht erstaunt blickte er zu Rio, der, wie er peinlicherweise jetzt erst merkte, ebenfalls schon länger fertig zu sein schien, und sah keinerlei Widerspruch in dessen Ausdruck. Erstaunlich, scheinbar hatte Rio kein Problem damit, dass ein junger Mann allein mit seiner Tochter in deren Zimmer ging. Es war nicht so, dass Emaru Hintergedanken hätte, doch soweit er Väter kannte, sahen diese es nicht gern, wenn ihre Töchter allein mit irgendwelchen Jungen waren. Wenn er so zurückrechnete, hatte er in den letzten Jahren viel zu viele solcher Väter kennengelernt, etwa siebzig Prozent davon mit Shi als dominantem Teil der Persönlichkeit, es tat gut, auch einmal einen etwas freundlicheren Vertreter dieser Gruppe zu sehen. Also schnappte er sich den Rucksack, der neben ihm lag, stand auf und folgte der jungen Magierin durch die Wohnung, den kurzen Flur, wobei er einen kurzen Blick auf das Wohnzimmer erhaschte. Wow, das Mädchen schien Bücher wirklich sehr zu mögen, so wie sie sich dort in den Regalen türmten. Natürlich waren sie nicht das einzige darin, aber sie dominierten eindeutig. Das reichte ja fast schon an die Anzahl der Bücher in seiner Hälfte seines Zimmers. Die andere gehörte seinem Bruder und war entsprechend vollkommen frei von allem, das auch nur im Geringsten Intellekt besaß… dafür hatte er einen Minikühlschrank und trotz geringerer Körpergröße ein wesentlich größeres Bett, das gleichte es aus. Emaru schlief eh nur selten daheim, daher war die Sache mit dem Zimmer zu verkraften, und solange es noch Menschen wie Nanao gab, hatte er ja auch so etwas wie eine Familie, ohne seinen Zwilling oder seine Eltern. Leute, bei denen er glücklich war, deren Anwesenheit ihm ein warmes Gefühl gab, mit denen er zusammen essen und reden konnte. Allerdings kannte er nur zwei Mitglieder seiner Gilde, und nur bei diesem einen fühlte er sich so wohl… er musste dringend sein Umfeld erweitern. Jetzt verbrachte er aber erst einmal seine Zeit mit der Schattenmagierin, für die nächsten paar Stunden gehörte er ganz ihr, und er freute sich schon darauf, ihr Zimmer zu sehen. Das war dann doch eine ziemliche Überraschung, im ersten Moment fühlte er sich etwas erdrückt, alles stand voll mit Regalen und es wirkte auf den ersten Blick ziemlich klein. Beim genaueren Hinsehen ließ sich allerdings erkennen, dass man zwischen den Regalen hindurchgehen konnte, anscheinend war das noch nicht alles. Aber eines musste er jetzt auf jeden Fall zugeben: Er, Emaru Dargin, war nicht der Besitzer der meisten Bücher unter den Mitgliedern von Blue Pegasus. „Wow, du liest wirklich gern, nicht wahr? Das finde ich gut, Bücher sind etwas Tolles. Es ist fast schon schade, dass heutzutage so wenig Leute lesen…“ Damit blickte er sich noch ein letztes Mal um und wandte sich dann zu seiner Gastgeberin, den Rucksack hochhaltend: „Ich habe dir ein paar Bücher mitgebracht… ich wusste nicht, welche Art Bücher du magst, und ich lese eigentlich alles, deshalb habe ich einfach mal verschiedene Genres mitgebracht… ich hoffe, da ist etwas dabei, das dir gefällt.“ Fünf völlig verschiedene Bücher, da würde ja wohl etwas dabei sein. Und vielleicht erfuhr er so auch etwas darüber, was sie so mochte…

Rio übernahm also den Abwasch und Naomi war ihrem Vater dafür sehr dankbar, besonders weil er es ebenfalls unterließ, irgendwelche komisch anmutenden Bemerkungen zu machen. Immerhin hatte sie bewiesen, dass sie sehr gut mit Jungen oder jungen Männern umgehen konnte, ohne dass dabei die Welt zusammenbrach. Zwischen ihr und dem Rotschopf herrschte ein Vertrauen, welche tief und fest verankert war. Immerhin hatte Naomi bisher noch nie Anlass zur Sorge gegeben. Das kleine blonde Mädchen war eben bereits erwachsen geworden, zumindest zu erwachsen, um sich absichtlich mit kindlicher Leichtsinnigkeit irgendwo in die Bredouille zu reiten. So führte sie den Magier in ihr Zimmer und sah, dass er einen interessierten Blick in das Wohnzimmer warf. Diese Bücher gehörten eigentlich mehr Rio. Natürlich hatte sie einige von ihnen auch schon gelesen, aber die meisten waren eher uninteressant. Novellen aus alten Tagen, sehr kitschig und manchmal viel zu langatmig und vorhersehbar. Damit vertrieb sich der Rollstuhlfahrer die Zeit. Allerdings gab es auch einige sehr lustige oder auch spannende Bücher unter den Massen, diese würde sich das Mädchen nach und nach einverleiben, aber nun erst mal zu ihrem Gast. Mit diesem betrat sie nun ihr Zimmer, dessen Raum sie so optimal wie möglich genutzt hatte, um Platz für Bücher zu haben. Er schien etwas erstaunt zu sein, als er vermutete, dass sie gerne las. „Ja das tue ich wirklich, es ist ein herrlicher Zeitvertreib und gut zum Einschlafen“, sie lächelte leicht und begab sich zur Sitzecke, wo sie sich niedersinken ließ und zurechtrückte. „Setz dich doch bitte und mach es dir gemütlich.“ Doch seine nächste Aussage ließ sie schon wieder hochschnellen. Er hatte ihr wie versprochen Bücher mitgebracht und scheinbar eine Auswahl von Büchern, da er nicht genau wusste, was sie bevorzugte. Wie herrlich er doch war, sie sollte ihn öfter einladen, vielleicht konnte man ihn ja mit Essen ködern? Eine sehr gute Idee, es schien ihm ja geschmeckt zu haben und genau das sollte ihr doch zum Vorteil gereichen oder nicht? Vorsichtig griff sie in den Rucksack und zog die Bücher heraus, welche er mitgebracht hatte, und betrachtete sie nacheinander. Eine wissenschaftliche Abhandlung über Zellen, die Mana enthielten? Nicht gerade ihr Favorit, das musste sie zugeben, aber es war annehmbar und sicher sehr informativ. Dann eine kleine, aber höchst kitschige Liebesgeschichte über einen Gärtner, diese ließ sie mit einem amüsierten Blick sofort wieder zurück in die Tiefen des Rucksacks gleiten. Nein dafür interessierte sie sich nun wirklich nicht. Es folgten noch zwei Geschichten, die eine von einem Finsternismagier, welcher Visionen empfing, Finsternismagier, welch ein Zufall, dass gerade einer vor ihr stand. Dieses Buch würde sie sicherlich lesen, er schien einen hohen persönlichen Bezug dazu zu haben, weil er eben jene Magie nutzte. Auch das Buch über den Dragonslayer würde sie sich wohl zu Gemüte ziehen, denn immerhin gehörte zu ihrem näheren Umfeld einer dieser Magier. Vielleicht würde ihr das Buch etwas Aufschluss über ihn geben. Was wohl in einem solchen Drachenkind vor sich ging, das konnte wohl keiner so genau sagen. Allerdings war das gerade auch wenig von Belang, denn der Finsternismagier war gerade bei ihr und das war wirklich eine wundervolle Tatsache: „Diese Drei würde ich mir gerne borgen Maru-chan, ich werde sie sicher bald gelesen haben.“ Ja sie las wirklich schnell, selten hielt sich ein Buch mehrere Tage hielt, weshalb sie sich sicher schon bald ein zweites Mal mit ihm treffen konnte, vielleicht durfte sie ihn das nächste Mal besuchen kommen, ein netter Gedanke. „Ich danke dir.“

Es war wirklich schön, Nanao glücklich zu sehen. Ihr Zimmer war so eingerichtet, dass der Platz optimal ausgenutzt wurde, ein System, welches den Magier für gewöhnlich sehr interessiert hätte, hier und jetzt allerdings war seine Gastgeberin weit wichtiger. Drei der Bücher interessierten sie, und seine beiden Favoriten waren dabei. Ihr Geschmack schien sich von seinem nicht allzu sehr zu unterscheiden, also würde es hier sicher interessanten Lesestoff geben. Auf ihr Angebot hin setzte er sich und lächelte über die Aussage seiner jungen Freundin, nicht aus Amüsement, sondern weil er erfreut war. "Schön, dass es dir gefällt, Nanao-chan", erwiederte er fröhlich. "Deine Freude ist mir schon Dank genug." Es war wirklich angenehm, seine Zeit mit dem Mädchen zu verbringen, diese Wohnung war zwar klein, aber er war jetzt schon viel lieber hier als daheim. Das Essen war wesentlich besser, die Bewohner waren ihm mit Abstand lieber als seine Familienmitglieder - jedenfalls lieber als die, die in Oshibana Town lebten - und außerdem wäre er hier nicht der Einzige, der las oder schwierige Hausarbeit verrichtete. Aber natürlich war hier zu leben keine Option, nicht nur weil es so klein war, er konnte ja nicht einfach seine Familie verlassen - leider - und Rio würde es sicherlich nicht zulassen, so nett er auch war. Wenn Emaru stärker wäre, schwierige, hochrangige Quests erledigen könnte und seine Ausgaben noch etwas mehr einschränkte, dann würde er sich sicher bald ein eigenes Haus leisten können, vielleicht sogar ein für Rollstuhlfahrer geeignetes, dann könnte er den beiden dort zu leben erlauben, mit ihm natürlich, und dann würde Rio gar nicht abschlagen können... Moment, was? Wieso dachte er denn jetzt auf einmal über so etwas nach? Natürlich, er würde Nanao und ihrem Vater sehr gern helfen, und von seiner Familie wollte er doch schon lange weg, da war es doch nur logisch, beides zu verbinden. Warum also versuchte er gerade, seine eigenen Gedanken zu rechtfertigen? Wenn du dir solche Gedanken machst, dann ist das aber gar nicht gut, Maru-chan~, spöttelte die altbekannte Stimme Shis in seinem Geiste, das wahrscheinlich Letzte, was der Magier jetzt gebrauchen konnte. Eine nervige Stimme in seinem Kopf, die ihm sagte, dass er alles falsch mache und wie unnütz er doch sei, als wäre er noch nicht verwirrt genug. Noch immer lächelte er, auch wenn es nun ein wenig gezwungen war, doch diese Nuance wurde er durch ein einfaches Kopfschütteln wieder los, um wieder seinen vorherigen Gefühlszustand aufzunehmen: Glücklich, zufrieden, Nanaos Nähe geniessend. "Was meinst du, gibt es hier irgendwelche Bücher, die ich mir mal ausleihen könnte?", fragte er höflich, darauf achtend, Augenkontakt zu der Blondine zu halten. Er würde ihr wohl von Shi erzählen müssen, immerhin wollte er in Zukunft mehr Zeit mit ihr verbringen und eine gute Freundschaft aufbauen, für welche Ehrlichkeit zwar nicht zwingend nötig, bei diesem einen Mädchen aber irgendwie wichtig für ihn war. Er würde es ihr bald sagen, ganz sicher, aber noch hatte er keine Ahnung, wie sie darauf reagieren würde. Verlieren wollte er sie keinesfalls. Aww, du machst dir Sorgen, ob sie dich noch mag, wenn sie von mir weiß... Wie niedlich, zog ihn sein Alter Ego auf. Emaru achtete darauf, mit seiner inneren Stimme zu antworten, und bemerkte dabei die Röte nicht, die sich in seinem Gesicht ausbreitete: Hör gefälligst auf mit dem Mist! Ich will eben unsere Freundschaft nicht gefährden, weil ich sie wirklich sympathisch finde! Natürlich~..., war die sarkastische Antwort. Langsam stand der Weißhaarige auf und blickte seine Gastgeberin an: "Entschuldige bitte, kannst du mir sagen, wo das Bad ist?" Manchmal war es schwierig, nicht laut zu antworten, wenn er mit Shi sprach, deshalb war es klüger, ein paar Minuten ohne das Mädchen zu verbringen. Wenn er das mit Shi klären konnte, dann würde der Rest der Zeit, die er heute mit Nanao verbringen würde, mehr als angenehm werden.