Fairy Tail RPG » Große Städe Fiores » Oshibana Town » Naomis Heim

Cyrus Ikaros Seraphim hasste Unpünktlichkeit. Er konnte sie von den vielen menschlichen und somit minderwertigen Schwächen mit am wenigsten leiden, weil sie von anderen angewandt seine Zeit stahl und ihn dazu verdammte, zu warten. Für jemanden, der sich am liebsten immer gleich das nahm, was er haben wollte, war das wahrhaftig nicht das Gelbe vom Ei - und es führte dazu, dass er selbst im Allgemeinen pünktlich war. Solange ihm der Himmel nicht auf den Kopf fiel oder er das Ziel der Verabredung gerade niedriger als eine andere Möglichkeit einschätzte, hielt er sich an eine einmal ausgemachte Zeit. Man konnte vielleicht sogar sagen, dass das eine seiner eher positiven Eigenschaften war, denn ansonsten fand man wohl eher viel negatives an ihm. Woher der Dragonslayer aufgetaucht war, konnte man niemals mit Sicherheit sagen, da er, selbst wenn er eine komfortable Wohnung besaß, nicht immer dort nächtigte, aber jedenfalls wirkte er ausgeruht und seine Haare standen auch nicht mehr ab als sonst, weswegen es keine Anzeichen für sein Schlafverhalten gab. Jedenfalls lag ein schelmisches Lächeln auf seinen Lippen, als er durch diesen Teil der Stadt schlenderte und nach dem Häuschen aushielt, in das er eingeladen worden war - zu einer Zeit, zu der er normalerweise selten eingeladen wurde, von einem Mädchen der Art, die er normalerweise nicht einmal mit einem müden Blick bedachte. Kinder oder alles, was aufgrund ihrer körperlichen und geistigen Beschaffenheit nicht für sein eigenes Amüsement geeignet war, waren einfach nicht so sein Ding, er konnte nichts mit ihnen anfangen und um sich altruistisch um sie zu kümmern, war er der falsche Typ Mensch. So gesehen war die junge Dame, die er besuchen ging, aber kein Kind mehr, zumindest nicht geistig, das hatte er doch recht früh bemerkt. Sie war einfach lieb. Es mochte einfallslos klingen, einen Menschen mit einer so abgedroschenen Phrase zu beschreiben, aber sie traf in diesem Falle doch erstaunlich gut zu - und irgendwie kamen die beiden recht gut miteinander aus, wenn man bedachte, dass Cyrus dazu neigte, diejenigen, von denen er nichts wollte, wegzuekeln, damit er seine Ruhe hatte. Oder sie mobbte, was im Endeffekt auch nicht viel besser war.
Um fast genau zwölf Uhr drückte sich die Spitze des langen, hellhäutigen Zeigefingers sachte auf den Klingelknopf, hellviolette Augen musterten das so kunterbunte Klingelschild, das glatt von der Tür eines Kindergartens hätte stammen können. Rio musste also der Name ihres Vaters sein, ihres Ziehvaters, der laut ihrer Aussagen im Rollstuhl saß. Tatsächlich stand auch ein zusammengeklapptes Gefährt neben der Tür, die Reifen dreckig, als sei er vor allem für Draußen. Die meisten Menschen würden nun sicherlich ein schlechtes Gewissen oder Mitleid haben, aber leider gab es so etwas für Cyrus nicht. Er war eher jemand, der sich über Behinderte lustig machte, ihnen zeigte, dass sie schlechter als er waren... wenn auch auf eher subtile Art und Weise. Allein die Tatsache, dass man unglaublich klein wirken musste, wenn man in einem solchen Ding saß, brachte ihn zum Lächeln. Außerdem wirkte das Haus, in dem die Wohnung lag, nicht besonders groß, sodass man vielleicht auf die Wohnfläche schließen konnte, die scheinbar etwas winzig war. Es konnte angehen, dass sie kleiner als seine war, allerdings wohnte er bekanntlich allein und das kleine Mädchen nicht... na ja, man würde sehen. Sie hatte ihn zum Essen eingeladen, aber wer wäre er, wenn er nicht seine ganz eigenen Pläne hätte, die zugegebenerweise beinahe so untypisch waren, wie der Rest der Situation...

Ja Naomi hatte wieder einmal einen jungen Mann nach Hause eingeladen und auch ihren Vater schon informiert. Allerdings hatte sie verschwiegen, wer genau kam, nun gut der Rollstuhlfahrer hatte auch nicht gefragt. Er war davon ausgegangen, dass der Junge, welcher zuletzt zu Gast gewesen war. Allerdings war dem nicht so. Nun stand das Mädchen schon eine Weile in der Küche und arbeitete an dem Essen. Ein Hähnchencurry mit Reis und Gemüse und zum Nachtisch Erdbeeren aus dem kleinen Garten. Während sie also vor sich hin rührte und schnippelte, summte sie in freudiger Erwartung des Gastes. Ihr Vater hatte bis dahin schon einmal den Tisch gedeckt und sich an dem Glück seiner Tochter erfreut. Natürlich war Naomi kein Kind von Traurigkeit, eher spielte sie immer das Gegenteil. Er wusste, dass sie sich und allen anderen oft etwas vormachte. Freilich kannte er auch den Grund dafür. Immerhin lebte sie hier mehr wie eine Erwachsene und nicht wie das Kind was sie eigentlich war. Sicher hatte er sich deswegen oft Vorwürfe gemacht, denn immerhin sorgte sie manchmal für ihn als wäre sie seine Mutter und nicht er ihr Vater. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass der Gast bald eintreffen müsste, weswegen er schon einmal neben der Tür Stellung bezog. Ab und an warf Naomi neugierige Blicke aus dem Küchenfenster, um vielleicht einen Blick darauf zu erhaschen, wie Seraphim zur Tür trat, doch genau in dem Moment, in dem er das Haus erreichte war, ihre Konzentration zur Gänze auf dem Essen, welches sie in dem Moment zu dem Tisch trug. Als die Klingel ertönte, bat sie ihren Vater die Tür zu öffnen, da sich dieser schon praktischerweise vor der Tür postiert hatte, um eben dies zu tun. Während sie in die Küche ging, um den Nachtisch noch dazu zu holen, nahm der Rollstuhlfahrer die Klinke in die Hand und zog die Tür auf. Doch anstatt des eigentlich doch recht netten Jungen vom letzten Mal stand da wahrscheinlich der Albtraum eines jeden Vaters. Laut Aussagen der alten Klatschtanten, vor denen er sich als allein lebender gelegentlich nicht retten konnte, Blue Pegasus' Playboy schlecht hin. Was wollte der von seinem kleinen Mädchen? Sie war doch noch sie jung und unschuldig. An ihr war doch nix dran, nichts zu holen, außer vielleicht. Ohhh nur über seine Leiche, dieser Mann würde das Zimmer seiner Tochter nicht mit ihr alleine betreten, oder? Dann kam ihm wieder in den Kopf, dass er Naomi nichts abschlagen konnte, wenn sie nur wollte. Diese kam gerade dazu und strahlte richtig, als sie diesen Hallodri erblickte. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit. "Seraphim-sama", sie eilte zu ihm hinüber und umarmte ihn. Das war nicht besonders gut, wieso warf sie sich ihm gleich so an den Hals? Keine guten Sachen, sie sich in seinem Kopf abspielten und vor seinem inneren Augen abliefen. Nein sein kleines Baby durfte doch nicht diesem Kerl in die Arme fallen. Gut, dass Papis nie alles wussten, sonst wäre er wohl vom Fleck weg aus dem Rollstuhl gefallen. "Das Essen ist auch gerade fertig, ich hoffe du hast Hunger mitgebracht", meinte Naomi, während sie ihren großen Freund herzte.

Naomis Vater konnte einem wirklich Leid tun, denn wenn man sich etwas über den Dragonslayer erzählte, dann sicherlich nichts, was den besorgten Vater eines kleinen Mädchens besonders beruhigen würde. Immerhin kam es selten genug vor, dass Cyrus mit Menschen interagierte, denen er weder nachstellte, noch schadete, stattdessen glänzte er ja eher mit diversen Bettgeschichten. Davon abgesehen war Naomis Vater nicht gerade mobil und Seraphim nicht gerade der Typ, der sich rührend um einen Behinderten kümmerte, was man vielleicht schon an dem Blick sah, den Rio zugeworfen bekam. Natürlich blickte jeder auf ihn herunter, einfach aufgrund des Größenunterschieds eines Rollstuhlfahrers und eines Stehenden, aber der Weißhaarige konnte sogar einen Größeren von oben herab anblicken, ein wenig spöttisch, das Lächeln auf seinen Lippen wirkte nur noch unterstützend. Allein mit dem Hochziehen seiner Mundwinkel schien er sich über den Rothaarigen lustig zu machen, schon bevor er den Mund öffnete, weiße Zähne entblößte und säuselte: "Sie müssen wohl Rio sein, hm?~" War ja auch nicht gerade schwer zu erraten, das einzige, was ihn wirklich überrascht hatte, war die Tatsache gewesen, dass er es gewesen war, der die Tür öffnete. Irgendwie sah der Raum, in den die violetten Augen des Mannes nach wenigen Sekunden blickten, wirklich so winzig aus, wie er gedacht hatte. Herrjee... aber dafür duftete es so herrlich, dass sich seine Lider gleich wieder schlossen und er einen Moment versucht war, den Rollstuhlfahrer aus dem Weg zu schießen, damit er schneller rein kam. Hatte Naomi gewusst, dass er ein bisschen auf Hähnchen abfuhr oder hatte sie einfach verdammt gut geraten? Die Köchin des Essens kam jedenfalls auch schon angewuselt und umarmte ihn, was für ihn nichts besonderes mehr war. Nicht nur Umarmungen im Allgemeinen, sondern auch von dem Mädchen, das bekanntlich sehr verschmust war. Was er allerdings aus dem Augenwinkel registrierte, war der Gesichtsausdruck des Rollstuhlfahrers, der erst einmal etwas einbrach, ehe er sich wieder zusammen riss. Och, es gefiel ihm also nicht, wenn Naomi das tat? Entweder er war ein generell sehr misstrauischer Mann, sehr protektiv oder er wusste etwas von ihm, was über den ersten Eindruck hinausging. Sollte das der Fall sein, konnte er sich ziemlich gut vorstellen, was das sein würde. Hatte er etwa Angst, Cyrus könne Naomi anfallen oder sonst etwas böses mit ihr tun, was man mit Kindern eher nicht tat? Hielt er ihn für pädophil oder so? Mal ganz davon abgesehen, dass er tatsächlich etwas in der Art im Hinterkopf hatte, was allerdings erst in ein paar Jahren zum tragen kommen würde... vielleicht konnte man ihn damit aber gut ärgern! Also legte sich die Hand des Dragonslayers auf den Kopf des Mädchens, wie von selbst zauberte er ein freundliches und überhaupt nicht mehr spöttisches Lächeln auf seine Lippen. "Engelchen~ Wie schön dich zu sehen...", hauchte er mit allerweichster Stimme und blinzelte einmal zu Rio hinüber. "Es riecht zumindest schon köstlich..."
Er lächelte, ließ Naomi los und blickte sich um. Aufgrund der mangelnden Größe des Raumes hatte er die Kleiderhaken recht schnell entdeckt, drückte sich am Rollstuhl von Naomis Ziehvater vorbei und streifte sich währenddessen die Jacke ab, deren Reißverschlüsse, welche teilweise einfach nur darauf genäht waren, weil sie toll aussahen, leicht gegen das Metall des Gefährts ratschten. Schließlich hängte er sie auf, bevor er sich umdrehte und auf den Rothaarigen herunter blickte, der nun irgendwie etwas im Weg stand. Himmel, war das nervig, in einem so engen Wohnraum mit jemandem zu sein, der sich nicht mal eben zur Seite lehnen konnte. Wobei… Cyrus legte den Kopf ein wenig schief und musterte ihn noch einmal genauer, bevor er sich – nun in langärmligem, hellgrauem Shirt- wieder an ihm vorbei quetschte, um wieder an der Tür stehen zu bleiben. Eigentlich sah Naomis Vater gar nicht so schlecht aus, aber leider konnte er nichts mit Kerlen anfangen, die wahrscheinlich ab einer bestimmten Stelle nichts mehr spürten… war ja mehr als lahm. "Wie geht es dir denn überhaupt so, Engelchen?~" Ob ihn wohl störte, dass er sie so nannte? Allein der Gedanke daran ließ sein Lächeln noch ein wenig breiter werden.

Naomi wusste nichts von Seraphims Vorliebe für Hühnchen, die kleine wusste, dass er sich gerne mit dummen Hühnern beschäftigte. Was für eine glückliche Fügung des Schicksals, dass sie genau heute ein Essen bereitete, was er scheinbar gerne aß. Doch dann zuckten ihre kleinen Öhrchen, als er mit samtig weicher Stimme meinte, es wäre schön sie zu sehen. Diese Stimme nutzte er doch nur, wenn er etwas sagte, was sich schön anhören sollte, aber eigentlich einen anderen Zweck hatte. Nun ja, vielleicht kam er ja wegen des Essens, immerhin wegen des Essens. Doch ein kurzer Blick nach oben und sie merkte, dass er ihren Vater anblickte. Dass dieser gerade innerlich etwas schäumte, konnte sie ebenfalls erkennen, seine Ohren wurden langsam rot. Was war zwischen den Beiden nur los? War das dieses typische Männergehabe? "Ich freu mich, dass es gut riecht, wenn's nun auch noch schmeckt, hab ich Glück", meinte sie und begab sich zum Tisch, "ich bin dann so weit." Rio war leicht verwirrt, nein, es war eine offene Beleidigung. Dieser Blick, von diesem arroganten Jungspund, während das Gesicht seiner Tochter, an seinem Körper gewesen war und sie nicht hatte sehen können, was sein Gesicht für Bände sprach. Hatte die Kleine überhaupt eine Ahnung, was für ein Monster sie in die Wohnung geholt hatte? Natürlich wusste Naomi, was für ein Teufel Seraphim sein konnte, aber das war ihr herzlich egal. Während Rio so vor sich hin litt, hatte sich der junge Mann schon zwei Mal an ihm vorbei gedrückt und richtete nun wieder das Wort an sein kleines Mädchen. Engelchen nannte er sie, das war recht passend, aber irgendwie hatte er das Bedürfnis ihm dafür über den Mund zu fahren, was bildete er sich eigentlich ein, so vertraut mit seinem Kind zu reden? "Mir geht es gut, ich bin überglücklich, dass du da bist", seine Augen wanderten zu Naomi, welche gerade geantwortet hatte, sie sah wirklich glücklich aus. War es normal, dass ihre Augen so strahlten, wenn sie jemanden ansah? Nun setzte er sich in Bewegung, rollte zurück und dann an seinen Platz am Tisch, an welchem nie ein Stuhl stand, der Junge würde wohl entweder ihm oder seiner Tochter gegenübersitzen. Naomi, die nicht ahnte, dass sie damit wahrscheinlich ein übles Duell der Giftblicke heraufbeschwören würde, zog den Stuhl gegenüber ihrem Vater vor. "Setz dich doch bitte Seraphim-sama", dann ließ sie sich auf ihren eignen nieder und schien zu warten. Sama, den anderen Jungen hatte sie bei einem Kosenamen genannt und diesem hier hängte sie ein Suffix an, was ihn deutlich über das Mädchen erhob. Blickte sie nur zu ihm herauf, oder er auch auf sie herab, wie sehr vergötterte sie ihn eigentlich? Wie nah standen sich die Zwei? Das Suffix Sama bedeutete ja eigentlich, dass sie nicht wirklich auf einer Ebene standen und dennoch, die Begrüßung hatte zumindest von ihrer Seite so liebevoll ausgesehen, als wären sie schon lange Freunde. Alles Dinge, die dem Rollstuhlfahrer im Kopf kreisten. Was wenn er wüsste, dass die Zwei sich schon zwei Mal ein Bett geteilt hatten, das ein Gute-Nacht-Kuss, von Naomi gerne entgegen genommen wurde und das Zugfahrten ebenfalls gerne dazu missbraucht wurden, die Nähe des anderen zu genießen, zumindest von Naomis Seite aus gesehen. Diese lächelte zwischen den Beiden hin und her und begann dann einfach das Essen zu verteilen, was Rio schon fast wieder vergessen hätte. "Papa guck nicht so ernst, Seraphim wird dir schon nichts tun", meinte sie und dachte dabei, "Immerhin sitzt du im Rollstuhl, das dürfte dich in der Beuteskala deutlich nach unten befördern."

Als das Lächeln auf seinen Lippen nicht mehr breiter werden konnte, ohne seinen Kopf zu spalten, wurde es zu einem eindeutigen Schmunzeln, während er sich auf dem Stuhl niederließ, den Naomi ihm übrig gelassen hatte. Sicherlich konnte er ihren Vater so nicht mehr anstarren, aber dafür saß er ihm deutlich näher, was bedeutete, dass er nur die Hand auszustrecken bräuchte, um ihn zu berühren... und die Frage war, was ihn wohl mehr aufregen würde. Tatsächlich schien ihm etwas ziemlich gegen den Strich zu gehen, dass der Dragonslayer überhaupt hier war, was Cyrus nicht etwa verunsicherte oder gar traurig machte, sondern ihn nur auf immer gemeinere Ideen brachte. Wenn er nun schon ärgerlich war, wann würde er dann wohl den Mund aufmachen, hm? Was musste er noch alles tun, damit er explodierte? Oder quälte er ihn lieber noch ein wenig weiter? Beides hatte so seine Reize, weswegen er es wohl spontan darauf ankommen lassen würde, indem er sich mit einem Lächeln bei Naomi bedankte und kurz den Blick über das schweifen ließ, was er schon an der Tür gerochen hatte. Es war schwer, ihn mit etwas zu überraschen, wenn man ihn zuvor den Geruch hatte schnuppern lassen und auch in diesem Falle hatte er sich kaum vertan, sodass sein Blick eine Sekunde zu Naomi huschte, als sie ihrem Vater sagte, er solle nicht so grimmig gucken, und dann auf den Angesprochenen fiel. Kurz funkelten die violetten Augen höhnisch auf, ehe er nach der Andeutung eines Kicherns bestätigte: "Keine Sorge~ Ihnen fehlt ein bisschen was, um Sie für mich interessant zu machen." *Wie zum Beispiel die Fähigkeit, Ihren Hintern zu spüren...* Er blickte zum Rollstuhl hinunter und deutete dann mit abgewinkeltem Handgelenk auf eben jenen, ließ die Fingerspitze seines Zeigefingers leichte Kreise ziehen und wandte sich dann mit sichtlichem Appetit seinem Essen zu. Auf halbem Wege schien er es sich allerdings anders zu überlegen und er murmelte, ohne den Kopf zu einem der beiden zu drehen "Aber das ist es nicht, was ihn stört~" in einem so eindeutig provokant unschuldigen Ton, dass man doch eigentlich gar nicht anders konnte, als darauf einzugehen. Aber würde Naomis Vater das tun? Immerhin hatte er sich bisher doch noch zurückgehalten. Natürlich war der Dragonslayer auch noch nicht besonders lange im Haus, aber Rio hatte doch schon geschäumt, als er ihn gesehen hatte, nicht wahr? Er hätte ihm doch am liebsten gleich wieder die Tür vor der Nase zugeschlagen. "Nicht wahr?~" Er wartete nur noch auf die Antwort, hatte das Grinsen schon auf den Lippen. Es war etwa das Gefühl, was man hatte, wenn man etwas gewagt hatte, nun auf die Folgen gespannt war und jede Faser des eigenen Körpers darauf hoffte, dass nur irgendetwas geschehen möge. Cyrus provozierte gerne Menschen, einfach nur, damit er sie tanzen sah, zu der Musik, die er ihnen vorgab, eine aus Disharmonien und Misstönen bestehende Symphonie, mit einer engelsgleichen Stimme vorgetragen.

Wenn Naomi gewusst hätte, was in den Köpfen der Männer vor sich ging, oh sie hätte die zwei sofort voneinander getrennt. Ganz weit auseinandergehalten und dafür gesorgt, dass keiner der Beiden, den anderen weiterhin angiftete. Doch leider oder auch glücklicherweise hatte sie keine Ahnung, was in den Männern vor sich ging. Statt sich darüber zu sorgen, machte sie sich zufrieden über ihre Portion her. Nach einigen Bissen stellte sie für sich fest, dass es wirklich gut war, was sie da fabriziert hatte. Allerdings würde sie sich dafür nicht loben. Nur gut, dass sie nicht wusste, was in den Köpfen der Männer vorging, während Seraphim eine leicht stichelnde Unterhaltung begann. Ihr war das bereits bekannt und so langsam konnte sie damit umgehen, doch wie würde ihr Vater auf den recht arroganten jungen Magier reagieren. "So ist es, ich mache mir bei Weitem keine Sorgen darüber, es ist auch deutlich nicht in meinem Sinne einem Jungspund wie dir gefallen zu wollen", meinte er, als der Junge verlauten ließ, dass er nicht glaubte, dass dies sein Problem war. Was ihn wirklich quälte, war die Vorstellung, dass dieser Kerl seine Hände an die kleine Magierin legen würde, die mit ihnen am Tisch saß. Naomi, die scheinbar doch ein bisschen Empathie besaß schien so langsam zu verstehen, was hier vor sich ging und seufzte. "Papa nun mach dich nicht lächerlich", sie nahm noch einen Löffel des Currys und schluckte diesen herunter, "Ich bin ihm schon so oft so nah gewesen, das war absolut okay, ich bin doch noch ein Kind." Rio der gerade etwas hatte trinken wollen, verschluckte sich heftig und hustete, schien etwas sagen zu wollen, doch es blieb ihm im Halse stecken: "Du hast was?!" Seine Tochter seufzte leicht angestrengt: "Ich habe schon zwei Mal mit ihm in einem Bett gelegen und er hat sich als Gentleman präsentiert." Man konnte ihrer Stimme anhören, dass sie es gerne für sich behalten hätte. Diese Dinge teilte sie eigentlich ungern mit anderen, aber wenn es half, das Ganze etwas aufzulockern und ihrem Vater zu zeigen, dass der Dragonslayer ihr rein gar nichts antun wollte. Doch der Rollstuhlfahrer schien nun leicht steif und starrte seine Tochter fassungslos an, als hätte sie gerade irgendeine Horrorgeschichte erzählt. Diese ließ nun ihren Löffel ins Essen fallen und stützte den Kopf mit einer Hand auf.

Naomis fantastischer Hähnchencurry erstickte das Prusten des Dragonslayers fast vollkommen, brachte ihn aber gleichzeitig dazu, die Hand vor den Mund zu schlagen, damit er das Essen nicht über den halben Tisch aushustete. Das hier war einfach nur himmlisches Entertainment, er sollte öfters vorbei kommen, nur um Naomis Vater zu ärgern, der nämlich mit einem Gesicht auf die Tatsache reagiert hatte, dass Naomi ihm öfter näher war, als er das wohl gerne sehen würde, das wirklich Gold wert war. Als er sich gerade wieder gefangen hatte - was nicht besonders lange dauerte, immerhin war er ganz gut darin, seine Mimik unter Kontrolle zu halten - brach Naomi durch ihre Formulierung erneut den Damm und ließ ihn ohne Nachzudenken zum Trinken greifen, damit er sich nicht verschluckte. Niedlich... wo genau hatte er sich wie ein Gentleman präsentiert, hm? Als er sich im Unwissen, wer das eigentlich war, über sie gerollt hatte oder vielleicht doch, als er sich ohne zu fragen einfach dazu gelegt hatte, weil er müde und erschöpft gewesen war, da er sich vorher durch einige andere Betten gearbeitet hatte? Ja doch... Er setzte den Becher ab und lachte, als er den Gesichtsausdruck des Rothaars sah, stützte den Ellbogen auf den Tisch und bettete das Kinn in seine Hand, um Rio mit einem Lächeln anzublinzeln, das sicherlich alles hätte bedeuten können. Es war ein wenig süffisanter, als dass es spöttisch hätte sein können und er zog die so verbrachten Sekunden noch absichtlich in die Länge, in der Hoffnung, dass er sich in der Zwischenzeit allerlei Horrorszenarien vorstellen konnte. "Das hätte ich ihm lieber nicht erzählt, Engelchen~", hauchte er schließlich, vom Wortlaut her zwar zu Naomi, den Kopf allerdings immer noch zu Rio gewandt, scheinbar so zufrieden, dass man sich fragen musste, ob er eigentlich noch an Dingen Spaß hatte, die anderen nicht schadeten. "Immerhin denkt er nun sicher, ich hätte mich auf dich gestürzt und dir sonst was angetan... dabei war es doch genau anders herum~" Er kicherte leise, bevor er die Hand ausstreckte und eine rote Strähne Rios aus seinem ähnlich gefärbten Gesicht strich, um daraufhin zu säuseln: "Ich würde eher Sie als Naomi flachlegen, obwohl Sie es nicht einmal spüren könnten..." Ein kurzes Grinsen wallte über seine Lippen, er drehte sich zurück und blickte Naomi an, die scheinbar bemerkt hatte, dass sie selbst das ganze mit der Erwähnung dieser Sache in eine Richtung bugsiert hatte, die ihr nicht gefiel. Er seufzte und meinte: "Nun mal ehrlich, sehe ich aus, als hätte ich Interesse an Kindern?" *Ich hasse Kinder…* Er schüttelte den Kopf, nahm noch einen Bissen Curry und genoss ihn sichtlich. Die Kleine konnte wirklich gut kochen, das musste man einfach so sagen.

Das wars, diese zwei Männer konnten einen wirklich schaffen. Natürlich hätte sie vorhersehen müssen, dass alles falsch verstanden, oder von Seraphim ins falsche Licht gerückt wurde, aber eigentlich hatte sie gehofft, dass dem nicht so war. Leicht massierte sie sich mit den Fingern die Schläfen, bevor sie wortlos aufstand und in die Küche wanderte. Dort ließ sie Wasser in die Spüle und begann die Dinge abzuwaschen, welche sie genutzt hatte, um das Essen zu zubereiten. Besser, wenn sie nicht mehr dabei saß, ihr Appetit war verflogen wie eine aufgeschreckte Taube und sie hoffte, dass der weitere Verlauf des Tages, etwas entspannter wurde. Das nächste Mal würde sie wohl den Dragonslayer besuchen, oder ihren Vater für den Tag zu irgendeinem Freund abschieben. Natürlich klang das jetzt etwas gemein, aber irgendwie konnte das Mädchen diesen Stress nicht ab. Manchmal vergaß ihr Vater wohl wie jung sie wahr und die Dinge, welche der junge Mann aussprach, entsprachen der Wahrheit. Sie war ein kleines Mädchen, ein Kind und für Menschen seiner Natur gänzlich uninteressant. Der Einzige, welcher das wohl nicht zu sehen schien, war ihr Vater, und selbst wenn es anders war, was ging ihn das an? Wenn dann war es doch ihr Körper und über diesen verfügte sie für sich allein, rechtliche Grenzen mal ganz außer Acht gelassen.
Rio hatte nicht sehr lange Zeit, darauf zu reagieren, dass seine Tochter den Tisch verließ ohne ein weiteres Wort. Dies kannte er von ihr, das was gerade vor sich ging, schien ihr nicht zu gefallen. Naomi war keines der Kinder, die dann auf den Tisch schlugen und lauthals schimpften. Das Mädchen knallte auch keine Türen oder bot jemandem trotzig die Stirn. Meist verkroch sie sich in ihrem Zimmer und las oder stürzte sich in liegen gebliebene Arbeit. Doch ganz gleich, was sie machte, die eigentliche Maßnahme dagegen war Schweigen, allerdings konnte man nicht einfach alles totschweigen. Was hatte sich wohl schon alles in ihr angesammelt. Viel lieber wäre es ihm gewesen, wenn sie ihm einfach mal alles um die Ohren schlagen würde. Damit könnte man leben, man wusste, was das Mädchen bewegte und konnte, versuchen ihr zu helfen, doch dass ließ sie nicht zu. Beinahe hätte er vergessen, dass der junge Magier, welcher mit ihm am Tisch saß, ihn noch vor Kurzem zur Weißglut getrieben hatte, doch schon wurde er daran erinnert. Eine Strähne seines Haares wurde ihm aus dem Gesicht gestrichen und meinte, dass er eher mit ihm vorlieb nehmen würde. "Oh ich verzichte auf Almosen jeglicher Art, aber danke für das Angebot", auch er nahm noch einen Löffel des Essens und lauschte den Ausführungen des anderen: "Tja, wenn sie nur auf ewig ein Kind bleiben würde, hätte ich mit Ihnen auch keine Probleme." Oh ja, aber Naomi wuchs, von Jahr zu Jahr, manchmal sogar von Monat zu Monat. Unaufhaltsam wurde sie erwachsener, schon jetzt, obwohl sie eigentlich das Kind war, fühlte er sich manchmal, als wäre mehr er das Kind.

Cyrus verdrehte die violetten Augen, schnappte sich den Teller mit dem Essen, formte ein unhörbares "Weiber..." mit den Lippen und schwang sich am Rollstuhl von Naomis Vater vorbei, der doch relativ gut gekontert hatte. Ja, man hätte deutlich angepisster und aggressiver auf die Aufdringlichkeit des Dragonslayers reagieren können, da hatte sich Rio doch wirklich gut gehalten. Kaum war er an ihm vorbei, drehte er sich allerdings wieder um, beugte sich herunter und hauchte ganz leise "Sie haben Recht, noch ist sie klein und süß... und unschuldig~" in einem Ton das Ohr des Querschnittsgelähmten, den man kaum anders als gehässig beschreiben konnte. Er entfernte sich mit einem Kichern und schlenderte, den Teller auf der flachen Hand, den Löffel in der anderen, in die Küche, wo er sich neben Naomi an die Arbeitsfläche lehnte und noch einen Bissen von dem Essen nahm, das er für viel zu schade zum verkommen lassen hielt. "Mhh~ Engelchen, du kannst wahnsinnig gut kochen. Findest du nicht, dass du selbst etwas davon essen solltest und wir das mit dem Abwaschen lieber noch ein wenig verschieben?~" Er nahm noch einen Löffel voll und ließ ihn zwischen seine Lippen wandern, während er das kleine Mädchen weiterhin beobachtete. Er hatte eigentlich vorgehabt, ihr mit diesem Tag einen kleinen Gefallen zu tun, da war es weniger in seinem Sinne, wenn sie sich nun tot schuftete... er würde ihr sogar dabei helfen, wenn sie es nun lassen würde. Es war ihm ja prinzipiell egal, wie er sich benahm, aber er hatte damit in diesem Falle nicht vorgehabt, Naomi zu belasten, er selbst hatte bloß ihren Vater gehörig auf den Arm nehmen wollen... einfach weil er das im Normalfall doch immer tat. Allerdings sollte das nicht darin resultieren, dass sie flüchtete, oh nein. Immerhin hatte er noch vor, das Mädchen an einen anderen Ort zu entführen und unter Umständen würde das nur gehen, wenn ihr Vater sein Einverständnis erklärte, immerhin war sie noch nicht volljährig. Nicht, dass Rio ihn an irgendetwas hindern konnte, denn der konnte er kaum mehr, als ihn überfahren und die gewaltige Drohung war diese Handlung nun wahrhaftig nicht. "Ich helfe dir auch, aber nur, wenn du wieder zurückkommst - das leckere Essen wird noch ganz kalt...", meinte er und sah sich ein wenig in der Winzküche um. Ernsthaft, dieser Ort war durchaus ein wenig erbärmlich, anders ließ sich das schlecht ausdrücken. Er selbst lebte zwar nicht direkt im Luxus, aber verglichen mit dem hier, doch eindeutig besser. Dazu musste man aber auch sagen, dass er scheinbar mehr Wert darauf legte, als Naomi und Rio - und er bessere Einnahmequellen hatte. Wenn er in Geldnot geraten sollte (was nie passierte, so weit konnte er planen), zockte er eben ein paar reiche Säcke beim Kartenspiel ab, Problem erledigt.

Ja, er hatte gut gekontert, aber auch nur, weil er den Hohn und den Spott kannte, mit dem er überschüttet wurde, seit seinem Unfall. Da würde er sie jetzt nicht von diesem Jungen unterbuttern lassen. Doch die nächste, böswillig ausgesprochene Andeutung, die er an ihn richtete, war mehr als eine Beleidigung gegen ihn. Es war mehr als deutlich, was das Drachenbalg in seiner Tochter sah und dennoch, hatte sie ihn so gern. War sie etwa zu dumm, dies zu sehen, oder einfach nur blind, wenn es darum ging. Wahrscheinlich war seine Maskerade zu gut, als das Naomi durch sie hindurchsehen konnte. "Meine Tochter hat so eine Behandlung nicht verdient", seine Stimme war unterdrückt und gedämpft, in ihm bebte es. Ein Blick in die Augen des Jungen verrieten eigentlich schon, dass es ihm relativ egal war, was er dem kleinen Mädchen damit antun könnte. Wahrscheinlich fand er sogar Freude daran? Wie konnte es sein, dass ausgerechnet dieser sadistische Mensch auserwählt worden war, die Drachenmagie zu lernen. Wenn er gewusst hätte, dass auch Grandine, die Drachenmutter dieses Jungspunds ihre Probleme mit seinen sadistischen Veranlagungen hatte, wäre er wohl etwas zufriedener gewesen. Allerdings war sie keiner der Mütter, die man mal eben aufsuchen konnte, um mit ihr einen Plausch zu halten. Auch wenn es sicher recht amüsant gewesen wäre, sich mit einer Drachin über das merkwürdige Verhältnis der Kinder auszutauschen. Doch hatten Rio von alle dem keinen blassen Schimmer, auch Naomi wusste noch nichts von der Drachendame, welche allein die Kraft hatte, Cyrus zur Ordnung zu rufen und ihn in Angst zu versetzen.
Naomi blickte zu ihrem Gast auf, der sie scheinbar dazu bewegen, wollte weiter zu essen. Doch der Hunger war ihr vergangen. Später, am Abend vielleicht, würde sie es sich noch einmal war machen und dann auch das Obst essen, doch momentan fühlte sie sich, als müsste sie sich bei einem weiteren Löffel übergeben. "Nein danke, ich fühle mich gerade etwas unwohl, es wäre Verschwendung, wenn es meinen Magen so bald wieder verlassen würde", meinte sie und schenkte ihm ein kurzes Lächeln, "aber, wenn es dein Wunsch ist, setze ich mich wieder dazu." Das Essen schien ihm zu schmecken, denn er schaufelte es immer noch fleißig in sich hinein. Das war doch ein gutes Zeichen und bezeugte, dass das Lob ihrer Kochkünste keine Lüge gewesen war. Prinzipiell hatte sie die Wahrheit lieber, obgleich man diese von ihm nur selten zu hören bekam. Auch wenn die Grundaussage meist seiner Meinung entsprach, wurden sie meistens so verpackt, dass man sie auch falsch verstehen konnte, auch eine Möglichkeit zu lügen, oder?