Fairy Tail RPG » Große Städe Fiores » Oshibana Town » Naomis Heim

"Sie hat scharfe Zähne, weißliche, federartige Schuppen und ist so groß, dass diese schrecklichen Deine-Mutter-Witze sogar teilweise zutreffen könnten.", meinte der Dragonslayer mit nebensächlicher Stimme, auch wenn er nicht verstand, warum Naomi sich nicht denken konnte, um was es sich bei seiner Mutter handelte. Immerhin gehörte es doch schon zur Allgemeinbildung, dass Magier seines Schlages von einem solchen Wesen aufgezogen worden waren, oder? Vielleicht hatte sie natürlich auch erwartet, dass er nun von einer genetischen Verwandtschaft reden würde, von der Frau, die ihn geboren hatte und ihn die ersten sechs Jahre seines Lebens liebte, ehe sie dem eigenen Leben entrissen wurde, aber das tat er dann doch eher selten. Er hatte ihr, meinte er sich zu erinnern, erzählt, dass seine Erzeugerin Nonne gewesen war, einfach um sie davon abzulenken, dass sie ihre eigenen Eltern nicht kannte, aber mehr ließ er meistens nicht an Informationen heraus. Der Grund dafür war nicht nur, dass er alleinig die Drachin als seine rechtmäßige Mutter ansah, sondern auch, dass er nur Fakten über seine Eltern wusste, die er von anderen kannte. Er selbst konnte nicht von sich aus bestätigen, dass seine Mutter ein liebenswürdiges, sanftes Gemüt gehabt hatte, dass er seine Augen von ihr hatte und dass sein Vater einer der aufrichtigsten Magier der ganzen Gilde gewesen war. Er hatte alle Erinnerungen an die Zeit vor dem Feuer verloren, also sprach er nicht gerne darüber, damit er nicht unnötig daran erinnert wurde. Während er neben Naomi herging, konnte er seine Augen kaum davon abhalten, jeden Winkel des Ganges zu erkunden, über jedes Detail zu streichen und unterbewusst zu schätzen, wie viel dieses ganze Zeug wohl wert war. Seraphim hatte nämlich, trotz oder vielleicht eben weil er nicht gerade im Luxus aufgewachsen war, eine Schwäche für wertvolle Gegenstände, allerdings nur dann, wenn sie gleichzeitig ästhetisch und nützlich waren, sodass Firlefanz nun nicht gerade seinen Geschmack traf.
Als Naomi anmerkte, sie sollten doch in ihr Zimmer gehen, stutzte er kurz und fragte dann: "Wenn du nun einen lebenden Schatten hast, denke ich wirklich darüber nach, dich zu entführen." Ein bisschen Aufrührigkeit und Missmut war aus seiner Stimme herauszuhören, aber er meinte es nur zum Teil ernst: Was sollte er mit einem Mädchen machen, das er verschleppte? Dass er das können würde, war gar keine Frage, er musste nur ein Fenster öffnen und dieser Masaru konnte nur noch den Kiefer nach unten verlieren, aber das Danach war ein Problem. Allerdings vergaß er schon wieder, was er vorgehabt hatte, als der nächste Satz folgte. Sie waren durch eine Tür in ein schön eingerichtetes, großzügiges Zimmer gelangt, das scheinbar Naomis Resort geworden war, auch wenn er das Gefühl hatte, ihr wäre es lieber, wieder in den engen Verhältnissen ihres alten Zimmers zu wohnen. Nun aber huschten violette Augen zu ihr herunter. Ihr Vater lag also im Koma... ja, das erklärte natürlich, warum sie nun hier lebte. Viel interessanter war allerdings im Moment die Erwähnung eines Namens in Verbindung mit einer Aussage, die die Identifikation der Person sehr einfach machte. "Lia Valencia? Feuer Dragonslayer? Habt ihr irgendein Kämpfchen zwischen Fairy Tail und Blue Pegasus veranstaltet?", fragte er neugierig. Eigentlich interessierte ihn diese Tatsache an sich recht wenig, war es doch eher das Mädchen mit den rosa Haaren, die sein Interesse gefangen hatte. Auch wenn sie einen noch so unausstehlichen Charakter hatte, so sah sie immerhin sehr gut aus und war zu allem Überfluss auch noch jemand, den Seraphim mit sich auf einer Stufe sah. Trotzdem wollte er sie mal wieder sehen, sie besuchen, immerhin hatte es damals wichtigeres gegeben, als dem Weißhaar noch etwas mehr auf den Leim zu gehen. "Du kannst hier wohl nicht weg, hm?"

Sanft schmiegte sie sich an den Körper des Dragonslayers und genoss diese Nähe, die sie lang vermisst hatte. Die Beschreibung seiner Mutter traf auf das zu, was sie in einem Buch gelesen hatte. Er betrachtete also den Drachen, der ihn aufgezogen hatte als Mutter und das war wirklich etwas, was typisch Seraphim war. Außerdem musste sie wirklich hübsch aussehen, wenn man mal von den tödlichen Accessoires absah. So eine Mutter hätte Naomi auch gerne, die würde sicher nicht zulassen, dass sie hier litt. Nicht ein Drache, der einen gefangen hielt, sondern einer der kam und half. Wobei, ihr Drache saß ja gerade neben ihr. Leicht musste sie kichern als er meinte er müsse sie vielleicht mal entführen: "Masaru würde dir dabei am Ende wohl noch helfen, aber es könnte sicher ganz spaßig sein." Wenn das Echo nur nicht wäre, immerhin würde der Onkel vor Zorn schäumen und wahrscheinlich so rot anlaufen, wie seine Haare waren. Der Gedanke allerdings war dennoch komisch. Irgendwie hätte sie allerdings ahnen müssen, dass seine Ohren beim Namen von Lia aufgingen. Scheinbar kannte der Dragonslayer wirklich alle hübschen Mädchen. "Nun es war kein wirkliches Kämpfchen zwischen den Gilden, eigentlich nur ein Turnier. Allerdings auf Leben und Tod ausgelegt und meine erste Kampfpartnerin wäre sie gewesen. Es ist schon fast gut, dass mein Vater verunglückt ist, denn sonst wär ich am Ende noch gegen Lia angetreten, um sie nicht zu beleidigen und dann wäre ich diejenige gewesen, die das Krankenhausbett hüten müsste", meinte sie, während ihre Augen zu ihm hinauf blickten. Über seine Frage schüttelte sie den Kopf: "Nicht wirklich, aber Masaru meinte er setzt sich dafür ein, dass ich wieder an den Quests der Gilde teilnehmen kann, er versucht Akira mit einzuspannen, er meint er hätte da seine Tricks." Was dies für Tricks sein sollte, wusste sie nicht so genau, aber wenn es dazu führte, dass sie wieder mit den anderen durch die Gegend ziehen konnte, dann sollte sie das nicht stören. In ihrem Kopf war gerade kein Platz dafür, denn seit einer Ewigkeit, so schien es zumindest für sie, konnte sie endlich wieder jemanden in ihrer Nähe haben, den sie wirklich gern hatte. Vertraute Wärme wickelte sie ein, der Duft des Windes im Garten, wenn die ersten Blumen ihre Knospen öffnen und ihren zarten Geruch zu dem des Windes hinzugeben. Das war wirklich ein Himmelsdragonslayer, er brachte immer einen Himmel mit, wenn sie sich sahen und ihr Himmel war etwas, was sie nur in seiner Nähe fühlen konnte. "Mein Himmel", murmelte sie und grinste leicht was in ein zartes, strahlendes Lächeln überging und just in diesem Moment fühlte sie sich wieder leicht und glücklich, wie an jenem Morgen, an dem sie mit drei Jahren auf Rios Schoß gesessen hatte. Vor ihnen tanzte das Gras im Wind, eine Sonne hell und leuchtend, kletterte über den Horizont hinaus und tauchte die Wiese in goldenes Licht. Diese Sonne hatte Naomi sich immer ins Gedächtnis gerufen, wenn sie ein wenig Kraft benötigt hatte.

"Hört sich unerfreulich nach einem Käfig an, wenn auch einem goldenen.", murmelte Seraphim und blickte zu dem Fenster hinüber. Er war nicht die Person, die sich für andere Menschen ereiferte, der jeder Ungerechtigkeit nachjagte, um sie zu beseitigen, dafür schaffte er selbst viel zu viel davon, aber dieser Zustand hier schien tatsächlich nicht optimal zu sein. Obwohl er eigentlich nichts gegen Luxus einzuwenden hatte, mochte er dieses Zimmer irgendwie nicht. Es lag nicht daran, dass es irgendwie hässlich wäre, schlecht gelüftet oder sonst etwas, aber für jemanden, der seine Distanz und Freiheit brauchte, wirkte es mit einem Mal eher wie eine Gruft. Egal, ob die Farben hell waren, die Fenster nicht verbarrikadiert, es gefiel ihm nicht und er hatte auch keine rechte Lust mehr, hier zu sitzen, auch wenn Naomi da auf seinem Schoß ganz besonders gut lag. Sie hatte auch früher immer dort gesessen, wenn sie Zug gefahren waren, es war sozusagen beinahe ihr Stammplatz geworden, aber in Zwischenzeit hatte sich einiges verändert. Nicht dass Seraphim auf einmal so alt und klapprig geworden wäre, dass er sie nicht mehr aushalten konnte, aber Naomis Körper hatte auf einmal Formen angenommen, sie war älter geworden, aus dem flachen Kleinmädchenkörper herausgewachsen und zu etwas mutiert, das ebenso dort hingehörte, wo sie es sich momentan bequem machte, aber auf eine ganz andere Art und Weise. So etwas fiel manchmal erst auf, wenn man nichts anderes hatte, auf das man sich konzentrieren konnte, war mitunter sogar überraschend. Als noch ihr Cousin Hauptaugenmerk seiner Aufmerksamkeit gewesen war, hatte er zwar darüber gestaunt, wie sie sich verändert hatte, aber im Grunde genommen hatte er sich nicht mit den weiterreichenden Folgen beschäftigt. Nun waren sie alleine in einem Raum, dem er keine Aufmerksamkeit schenken wollte, weil er keine schönen Assoziationen bei ihm auslöste und sie hatte sich beinahe demonstrativ so hingelegt, dass er perfekt durch ihre Haare fahren konnte, mit den Fingern blonde Strähnen zur Seite kämmte. Mit sanften, aber für ihn routinierten Bewegungen zeichnete er kleine Kreise auf ihre Kopfhaut, strich ihre Ohrmuschel entlang, wieder an ihrem Haaransatz hinauf, um mit dem Daumen die feineren Haare gleich an der Stirn aus ihrem Gesicht zu streicheln. Fakt war, dass sie ziemlich gut aussah, das mochte von ihrer Kleidung noch unterstützt werden, die ihr wahrscheinlich nicht gefiel, aber wirklich vorteilhaft war. Cyrus mochte schöne Menschen, nicht aufgrund ihres Charakters, sondern aufgrund ihrer allgemeinen Tauglichkeit für sein Amüsement. Fakt war allerdings auch, dass Naomi immer noch einige Züge des kleinen Mädchens besaß, das er mit auf eine Quest hatte nehmen müssen und mit dem er vieles getan hätte, aber nicht das, was er mit schönen Menschen zu tun pflegte. Es war schon lange ein Seilziehen zwischen zwei Hälften in seinem Kopf in Gang gesetzt worden, was immerhin etwas war, das ihn davon abhielt, gleich zu flüchten. "Du bist ganz schön hübsch geworden, Naomi-chan...", meinte er lächelnd und lehnte sich etwas zurück, während seine Hand seine vorherige Tätigkeit wieder aufgenommen hatte und rastlos durch ihre langen Haare strich. Ob nun falsch oder nicht, gut gemacht waren sie. Wenn man ihn gut kannte, würde man vielleicht sogar die unentschlossene, überlegende Komponente seines Blickes erkennen, ansonsten blickte er wohl ziemlich unverbindlich bei der Feststellung, die er gemacht hatte - oder war es ein Kompliment gewesen?

Er hatte es erfasst, was war auch anderes zu erwarten gewesen, immerhin war er nicht blöd. Sie war ein Vogel, ein sehr hübscher inzwischen und man hatte über Nacht um sie einen Käfig errichtet. Er war zwar aus Gold und bot alles, was man so brauchte, aber die Regeln engten sie ein und die verschlossene Tür nahm ihr die Möglichkeit zu gehen und zu kommen, wann sie es wollte. "Ich mag diesen Ort nicht", meinte sie darauf hin und blickte ihn kurz von unten her an. Dann allerdings begann er ihr Haar zu streicheln, im Nacken den Ansatz zu kraulen, mit sanften strichen über die Stirn um diese von Haaren zu befreien. Leicht seufzte sie und schloss die Augen. Das fehlte an diesem Ort besonders. Zu Hause, denn diesen Ort wollte sie nicht Heim nennen, war alles mit Liebe, Zuwendung und Zuspruch eingedeckt. Hier erntete sie missbilligende Blicke, wenn sie gegen die strenge Etikette verstieß oder versuchte Ideen zu äußern. Alles in diesem Haus richtete sich nach Gideon de Avillon und was er nicht wollte, würde nicht geschehen. Finster wie eine Wolke angereichert mit dicken Regentropfen zog es in ihr auf. Was war, wenn Jonathan von Seraphims Besuch erzählen würde, konnte sie dann jemals wieder seine Nähe genießen oder würde er ihm vielleicht noch etwas antun? Es war nicht so, als dass ihn seine Drachenmutter beschützen konnte, immerhin müsste diese weiß Gott wo herumfliegen oder laufen, in der Stadt würde so was auffallen.
Allerdings war es gänzlich unmöglich, bei so vielen Streicheleinheiten, an etwas so Negatives zu denken. Inzwischen hatte sich Naomis Körper von ganz allein entspannt und sie hatte die Augen geschlossen. Von dem inneren Zwiespalt hatte sie noch nichts mitbekommen. Immerhin hatte sie gerade selbst in ihrem Inneren etwas herum geschoben, was ihr Sorgen bereitete. Erst als er plötzlich sagte sie wäre schön hübsch geworden, sah sie überrascht zu ihm auf. Normalerweise warf er nicht so mit Komplimenten um sich und schon gar nicht in ihre Richtung und die paar Male, wo es vielleicht der Fall hätte sein können, hatte er dieses süßliche Lächeln auf den Lippen gehabt. Auch die Tonlage war anders, normal würde er dazu wieder seine höchsten Flötentöne anschlagen, aber er schien recht neutral bei der Aussage. Dem blonden Mädchen schien es fast so, als wüsste ihr Gegenüber selbst nicht, wie er diesen Satz gemeint hatte, es fehlte einfach der übliche Nachstich und dass sie nur wegen ein bisschen mehr Rundung plötzlich in sein Beuteschema viel, wollte, sie kaum glauben, noch zumindest hielt sie sich an diesem Strohhalm fest. "Ich danke dir, Seraphim-sama, sie haben sich große Mühe gegeben ein Mädchen aus mir zu machen, ich habe jetzt einen Kleiderschrank, der so groß ist wie ein ganzes Zimmer, mit allem möglichen Schnick Schnack drin, aussuchen darf ich aber nicht selbst", sie versuchte, dass Ganze etwas begeisterter herüberzubringen, als sie eigentlich war, aber es misslang ihr doch ein wenig. Allerdings hatte der weißhaarige Magier das sicher schon geahnt, immerhin kannte er sie doch recht gut und sie hielt nicht viel vor ihm geheim.

Hätte Naomi ihre besorgten Überlegungen ausgesprochen, hätte sie von dem undankbaren Dragonslayer nur ein schallendes Lachen geerntet, denn für ihn stellte sich die Sache ein wenig anders dar, als für sie. Wer würde hier wem etwas antun? Seraphim hatte genug Selbstvertrauen um sich sicher zu sein, dass er einen Konflikt mit jedem Menschen überstehen konnte, wenn auch bei manchen nur unter Einbeziehung schmutziger Tricks. Was einen reichen Schnösel anging, der wahrscheinlich in seinem Leben nichts anderes als Geld gefütterte Kissen gesehen hatte, war er sogar absolut zuversichtlich, dass dieser sich besser nicht mit ihm anlegen sollte. Vor allem aber würde ihn nichts auf der Welt - vielleicht mit Ausnahme seiner Mutter - davon abbringen, die Leute zu besuchen, die er sehen wollte, keine Gitter, keine Türen und keine muskelbepackten Wächter. "Wenn Rio wieder aufwachen sollte, was passiert dann?", fragte er ruhig, streichelte weiter durch ihre Haare, auch wenn sein Blick ab und zu von ihrem Gesicht an andere Körperstellen huschte, suchte, einschätzte, einordnete. Sie war noch immer recht schmal, auch wenn sie gewachsen war, doch es war wohl eindeutig, dass ihr plötzlich weiblicheres Auftreten zu großen Teilen ihren Haaren geschuldet war. Ganz so geradlinig wie zuvor war sie zwar nicht mehr, aber von wirklichen Kurven konnte man leider noch nicht reden. Vielleicht wäre das auch eher ein glücklicher Zufall, wenn da nicht die Tatsache drohend im Hintergrund geschwebt hätte, dass fraglich war, inwiefern solche Körperformen für jemanden wie ihn überhaupt notwendig waren... aber um ehrlich zu sein, war Naomi zwar hübsch, aber noch immer nicht komplett sein Fall. Vielleicht in einem halben Jahr, wenn sie sich weiter so rasant entwickelte... Höchste Zeit für einen Themenwechsel in seinem Hirn! "Uhhh... du hast nun endlich mal was Vernünftiges zum Anziehen?", fragte er also und blickte sich um. Wenn er nun noch wüsste, wo es zu ihrem Kleiderschrank ging, dann könnten sie sich wenigstens die nächsten paar Stunden damit vertreiben, das Mädchen zum Model zu ernennen und es alles mögliche einfach nur anzuziehen, damit er sah, wie sie darin wirkte. Den Satz, dass sie sich nicht aussuchen durfte, was sie trug, hatte er absichtlich überhört, denn das störte ihn genauso wenig, wie die Tatsache, dass er als erste Aktion hier den Sohn des Hauses zusammen geschlagen hatte. Er hatte es verdient und sie beiden würden nichts kaputt machen, wenn sie ein paar Sachen durchgingen, oder? Mit einem breiten Lächeln zog Cyrus Naomi in eine sitzende Position, sodass sich ihr Gesicht genau vor seinem befand und hauchte dann, leichten Schalk in der Stimme: "Zeigst du sie mir?" Hoffentlich waren die beiden noch für eine ganze Weile ungestört, mindestens aber diesen Moment, denn ohne Kontext sähe diese Szene sicherlich nach etwas ganz anderem aus, als sie tatsächlich war. Seraphim wusste das, er kannte solche Szenen zur Genüge und da waren sie meist auch so zu verstehen, wie man sie zu Anfang interpretiert hätte. Wenn normalerweise weibliche Wesen in so einer Position auf seinem Schoß saßen, war es noch eine Frage der Zeit, bis sie um ein paar Gramm leichter wurden (oder wie viel Kleidung eben so wog), dabei wollte er sie gerade doch nur ärgern. Naomi verstand seine Scherze sicherlich meistens, das war auch gar nicht so schwer, wenn man erst einmal daran gewöhnt war.

Leicht runzelte sie die Stirn und dachte nach: "Wenn er wieder aufwacht und kein Pflegefall wird, also schlimmer als vorher, können wir sicher wieder nach Hause, glaube ich. Wobei es Gideon natürlich auch zu zutrauen ist, dass er seinen Bruder einfach mit unterjocht und in seinem Keller vor der Welt wegsperrt. Ich will's lieber nicht wissen." Allerdings das Thema mit den Kleidern schien ihn sehr zu interessieren. Wieso ahnte sie, dass dies in einer größeren Eskapade endete. Leicht schmunzelte, als er sich suchend umblickte. Das Beste war aber, als er fragte, ob sie ihm diese zeigen würde. Es war nicht die Frage an sich, sondern wie sie gestellt wurde. Sie konnte quasi schon seine nächste Idee heraushören und sie ahnte, dass sie bald eher zu seinem Püppchen werden würde. Besonders als sie sich wieder so nah waren. Sanft rieb sie ihre Nase gegen seine und lächelte dabei herzlich: "Sicher doch Seraphim-sama, wem denn, wenn nicht dir, meinen alten Kleiderschrank, kanntest du ja auch auswendig." Mit einem Kuss auf die Wange erhob sie sich von seinem Schoß. Dann schwebte sie auf leisen Sohlen durchs Zimmer zu der Tür, hinter der sich der Kleiderschrank auftat. Ein wie ein T geformter Gang. Gleich am Anfang verschiedenste Schubladen mit Unterwäsche, Accessoires, Hüten, Schuhen, Schals und ähnlichen Kleinigkeiten. Rechts fanden sich einige Kleider und Röcke sowie Hosen. Links die passenden Oberteile und Jacken dazu. "Dies ist das neue Kleideruniversum, bitte sieh dich nur um." Naomi nahm auf einem Hocker Platz, der neben einem großen Spiegel stand, der Gegenüber der Tür an der Wand hing. Knie zusammen, Füße leicht zur Seite, Rücken gerade, Hände in den Schoß, ja es war so unbequem, wie es aussah, aber wenn sie sich irgendwo anders im Haus hängen ließ, dann korrigierte Akira ihre Haltung und manchmal war er dabei etwas mürrisch, hielt einen chirurgischen Vortrag über Haltungsschäden im Kindeshalter hielt. Neugierig sah sie Seraphim an, der sich wahrscheinlich gleich durch alle Schubladen und Türen suchen würde, wie er es beim Ersten auch getan hatte. Während er nun wahrscheinlich stöberte, öffnete das kleine Mädchen die Zöpfe in ihren Haaren. Diese ergossen sich lang und goldig über ihre Schultern. Prüfend fuhr sie mit den Fingern hindurch und musste erneut zugeben, dass es sich wirklich anfühlte, als wäre es wirklich ihr eigenes langes Haar. So wundervoll es eigentlich war, wenn sie nun in den Spiegel blickte und merkte, wie herrlich es aussah. Leicht schmunzelte sie, als sie sich im Spiegel sah, immer noch ihr Gesicht, aber dennoch so anders mit dem vielen Haar drum herum.

Es war ja nun auch nicht gerade schwer gewesen, ihren früheren Kleiderschrank auswendig zu kennen, immerhin hatte der gefühlte drei Stücke umfasst und hatte in einem Zimmer gestanden, indem man spontan durch Buchschlag krepieren konnte. In diesem Zimmer schienen sich bei näherem Hinsehen diese Verhältnisse umgedreht zu haben, während sich der Büchervorrat doch arg in Grenzen hielt, war der Kleiderschrank, den Naomi ihm zeigte, ja wohl eher ein Kleiderzimmer. Nicht, dass Seraphim so wahnsinnig scharf darauf war, die Kleider eines kleinen Mädchens zu durchforsten, aber er hatte hier gerade wenig anderes zu tun... dachte er zumindest, bis sich Naomi so schrecklich gehorsam auf eine Stuhl setzte und das Bild des niedlichen kleinen Püppchens sogar noch verstärkte. Die violetten Augen drehten einmal eine entnervte Runde, ehe er sich nicht eine Sekunde mit en Schränken beschäftigte, sondern auf Naomi zuging, sich schnell herunter beugte und sie um die Knie zu fassen bekam. Ohne auf Protest zu achten, streckte er sich wieder und warf sie sich einfach über die Schulter, langte mit einer Hand nach ihrer Fußsohle und strich prüfend darüber. Ob sie da wohl kitzelig war? Immerhin war das bei vielen Menschen so, sollte es zutreffen, würde er sie erst einmal gehörig zum Lachen bringen. Sie wirkte viel zu ernst für die Naomi, die er zu kennen geglaubt hatte, eine Entwicklung, die ihm bei ihr nicht gefallen wollte. Zwar hatte er nichts für Kinder übrig, aber er fand, dass diese Umgebung nicht gut für die war.
Offenbar hatte das Mädchen auch keine Lunte gerochen, als er die Frage gestellt hatte, was wohl passieren würde, wenn Rio wieder aufwachte, dabei fragte er solche Sachen nicht ohne Hintergedanken. Die Ärzte hatten erklärt, es sei unwahrscheinlich, dass er das tat, aber sie konnten auch nur bis zu einem beschränkten Horizont denken. Auch würde kein Onkel der Welt einen Rio einsperren können, der zum Beispiel wieder laufen konnte... aber so etwas brauchte verdammte Expertise, die Seraphim nun einmal noch nicht besaß. Er war immer etwas rückständig gewesen, was seine Fähigkeit zum Heilen anging, aber das würde auch noch werden. Und ein Rio im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte... würde zumindest Seraphim sicherlich mit einem Schlag in die Ecke schmettern, wenn er es könnte. Er hatte sich ja einen kleinen Eindruck von dessen Charakter bilden können und nicht das Gefühl bekommen, dass er sich schnell unterbuttern ließ. Inzwischen war er regelrecht gespannt auf Naomis Onkel, der musste ja ein echter Tyrann sein - aber ehrlich gesagt hatte er keinerlei Angst vor ihm. Menschen waren schwach, sie ließen sich besiegen und zur Not... konnte er auch einfach wegfliegen. "Darfst du eigentlich einfach so außer Haus gehen oder rennt dir dann wer nach?", fragte er, weil er darüber nachdachte, ob es Naomi nicht gut tun würde, mal wieder hier rauszukommen. Aber zuerst müssten sie ihr ein paar Sachen rauskramen, die nicht die Hälfte ihres Körpers freiließen...

Sie hatte gerade angefangen sich auf ihrem Stuhl zu langweilen, als plötzlich wieder Seraphim vor ihr stand. Gerade wollte sie ihn fragen, was denn los wäre, als er sie an den Knien packte und sich über die Schulter warf. "Sera ...-sama!", quietschte sie, und als er dann noch über ihre Fußsohlen strich, begann sie zu lachen, "Bitte! Nein!" Ihr kleiner Körper wand sich über seiner Schulter und ihre Füße versuchten der zarten Folter durch die Finger ihres Freundes. "Cyrus i-ich kann nicht mehr bitte", inzwischen ging ihr ganz schön die Düse und schnappend atmete sie, als er sie wieder daraus entließ. Nachdem ihr Körper wieder auf Normalbetrieb gegangen war, hatte sie sich entspannt und wieder einen Worten gelauscht. Natürlich hatte sie nie darüber nachgedacht, dass er heilende Magie besaß, immerhin stand ihm das nicht auf der Stirn geschrieben und gesehen hatte sie es auch noch nicht. Allerdings eine heilende Wirkung hatte er, er heilte hier Herz, wann immer sie das Gefühl hatte, es würde zerbrechen. Eng drückte sie sich an den Körper des Magiers und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. "Ich denke sie würden Masaru mitschicken, aber den kann ich überreden uns alleine zu lassen, zumindest denke ich er wäre so fair." Immerhin ließ er auch jetzt ihnen ihre Ruhe und genau das war Naomi immer schon wichtig gewesen. Ruhige Momente mit Menschen, die ihr am Herzen lagen, er ließ sie auch immer mit ihrem Vater allein, wenn sie es wünschte. Wahrscheinlich versuchte er etwas die Waage zu halten im Gegensatz zu allen Anderen. "Danke, dass du mich immer rettest, es tut gut, so einen Engel zu haben, auch wenn er manchmal kleine Hörnchen hat", leicht musste sie kichern, als sie sich Seraphim mit kleinen Teufelshörnchen vorstellte. Einen teuflischen Engel hatte sie sich da eingefangen und sie genoss es in vollen Zügen, besonders, wenn sie sich ins Gedächtnis rief, wie er vor Kurzem noch ihren ungeliebten Cousin behandelt hatte, das hatte ihr wirklich gut getan. Nun strahlte sie wieder glücklich dem jungen Mann entgegen, den sie in ihrem Herzen als den besten Freund verbuchte, den sie nur haben könnte. Auch war sie gespannt, was der Dragonslayer nun wieder ausheckte und fast ahnte die Blondine, dass sie daran wieder ihre Freude haben würde.

Ja, was mochte Seraphim wohl so aushecken, hm? Zusammengefasst musste man sich zuerst überlegen, was ihn an der jetzigen Situation so alles störte. Da war zum Beispiel die Tatsache, dass man sich hier ohne Frage wie in einem Käfig fühlte und er es nicht leiden konnte, wenn man ihm die Flügel stutzte. Metaphorisch gesprochen, denn im Grunde genommen besaß er ja keine mit Ausnahme von zwei senkrechten Narben auf seinem Rücken, die beinahe so aussahen, als wären es welche gewesen. Er wurde jedoch nur ungerne fremdbestimmt, doch diese Leute hier gaben ja offenbar ihr bestes, um genau das zu erreichen. Zwar konzentrierte sich ihre Wachsamkeit wohl vor allem auf Naomi, aber weil er versuchte, sich mit ihr zu unterhalten, etwas mit ihr zu tun, schränkte diese Einstellung auch ihn ein. Davon abgesehen konnte er einige Mitglieder des Hausstandes nicht wirklich leiden. Gut, dieser Masaru Tao, der war okay, auch wenn es ihn ärgerte, dass er so viel größer und stärker als er selbst war. Der Privatlehrer der beiden Kinder wiederum wirkte so, als brauche er dringend einen Freund oder eine Freundin, so schrecklich unentspannt, wie er war. Natürlich konnte auch Seraphim pedantisch werden, vor allem wenn es sich um das Gelingen einer Quest drehte, aber er wusste dann wenigstens über seine Fehler Bescheid und konnte versuchen, eben jene zu beheben. Akira wirkte... um es nett zu formulieren, etwas versnobt. Konnte er sich das leisten, nur weil er Privatlehrer bei irgendeinem reichen Kauz war und wahrscheinlich so viel Gehalt bekam, dass er davon locker leben konnte? Da hatte er selbst wohl mehr Grund dazu, immerhin war er ein Dragonslayer. Hätte er ihm das vielleicht sagen sollen, um seine Einstellung ihm gegenüber schlagartig zu verändern? Aber auch das musste nicht sofort etwas bringen, denn er hatte festgestellt, das traurig wenige Mitglieder der Gilde oder generell Einwohner dieser Stadt überhaupt noch so viel Hochachtung vor den Drachen hatten, wie sie haben sollten. Irgendwann würde er ihnen schon noch einbläuen, dass das nicht die richtige Einstellung war... "Hast du hier irgendwelche Schuhe, Engelchen?", fragte er nachdenklich und sah sich um, "Außerdem würde ich dir raten, dir was praktischeres anzuziehen, am besten außerdem keinen Rock, so gut er dir steht." Er lächelte und stellte sie wieder auf den Boden. Danach begann er wahllos, ein paar der Schränke aufzuziehen und nach etwas zu suchen, was dem wohl angemessen war, etwas freizeitliches, etwas mehr bedeckendes, was vielleicht nicht herumfliegen würde, wenn der Wind etwas heftiger wäre. "Wir machen nun nämlich einen kleinen Ausflug ohne deinen Schatten. Er mag ja nett und alles sein, aber er stört.", erklärte er, während er noch beschäftigt war. Was er natürlich nicht sagte, war, wie er an dem Hauspersonal vorbei kommen wollte, wohin es ging oder dass er das Wort in diesem Falle nicht herkömmlich meinte, sondern wortwörtlich... überall wo es Fenster gab, kam er heraus. Und wenn es keine gab... machte er sich eben welche, allzu schwer war das nicht. Man sollte niemals einen Dragonslayer unterschätzen, wenn sich dieser etwas in den Kopf gesetzt hatte. Erst recht nicht, wenn es sich bei ihm um Cyrus handelte.

Wie gut er Akira doch getroffen hatte, der doch eigentlich noch recht junge Lehrer war wirklich steif wie ein Brett und hatte selten etwas Gutes dafür übrig die Regeln zu biegen, Spontanität war ihm gänzlich fremd und man glaubte, wenn er morgens sein Frühstücksritual nicht durchführte, wäre sein Tag gänzlich im Eimer. Naomi allerdings mochte ihn dennoch, auch wenn er sie im Unterricht immer wieder belehrte und dafür Sorge trug, dass sie regelmäßig mit dem Jungen des Hauses zusammenkam. Sie wusste, er machte es nicht aus Gehässigkeit, sondern eben aus seiner Einstellung zu seiner Arbeit hier heraus. Wie konnte sie ihm das übel nehmen? Gar nicht, das blonde Mädchen konnte kaum jemandem irgendwas übel nehmen. Auf Seraphims Frage ihn öffnete sie eine Klappe und dahinter taten sich einige Fächer mit diversen Schuhen auf. Als er dann auch noch meinte, sie müsste sich etwas anderes anziehen bekam sie eine tolle Idee. Irgendwo zwischen diesen vielen Sachen gab es etwas, was sie wirklich gerne anzog: "Ich glaube ich weiß was." Mit diesen Worten verschwand sie zwischen den Kleidungsstücken. Naomi wusste weit nach hinten gehen, denn nur selten kam sie dazu, dieses Kleid zu tragen. Es war cremefarben und ging ihr bis zu den Knien, außerdem hatte es eine Kapuze und lange Ärmel. Als sie es gefunden hatte, griff sie es sich und lief gleich zur anderen Seite hinüber. Dort zog sie aus einer Schublade schwarze Socken und eine passende Leggins dazu heraus. "Im Schrank müssten schwarze Halbschuhe sein, diese passen hierzu wundervoll", hatte sie das wirklich gesagt? Ja, inzwischen hatte sie so viel Zeit mit diesen Kleidungsstücken verbracht, dass sie in etwa sagen konnte, was passte und was nicht. Nun verschwand sie wieder zwischen den Kleidungsstücken, wie sie sich umzog, es war nicht nötig sich vor dem Freund zu verbarrikadieren, aber natürlich wollte sie ihm auch nicht zumuten, ihr zusehen zu müssen, immerhin war er schönere Anblicke gewohnt, auch wenn er ihr heute schon ein Kompliment gemacht hatte. Überrascht errötet sie, als sie daran dachte und es wurde schlimmer, als sie merkte, dass ihr Gesicht deswegen heiß wurde. Ein kurzes gegen die Wange Patschen half da weiter und sie kehrte zu ihrer normalen Form zurück. Schnell zog sie sich weiter an und zupfte sie zurecht. Dann ging sie hinaus und band sich erneut Zöpfe zu jeder Seite ihres Kopfes einen. "Glaubst du das geht so Seraphim-sama? Ich trage es am liebsten", sie drehte sich einmal im Kreis, sodass ihre Haare um sie herum wehten. Ihre Beine waren nun schwarz und das Kleidchen oben drüber noch hell. Fast wie kletternde Schatten, die sich langsam aber sicher die Kontrolle über sie sicherten und vielleicht war es genau das, was gerade geschah. Doch noch hatte sie das Licht, es stand gerade in Menschenform vor ihr, auch wenn einige es wahrscheinlich nicht so sehen würden, aber sie wusste, dass er für sie immer ein Lichtblick sein würde. Der Engel ohne Flügel, der dem man scheinbar die Flügel auf grobe weise vom Rücken herunter gerissen hatte.