Cf: Blue Pegasus Gildenhaus

Seraphim gefiel Ciels Grinsen nicht. An sich wirkte diese Mimik zwar recht vorteilhaft im hübschen, von blauen Haaren umrahmten Gesicht, aber er hatte so das Gefühl, dass der Jüngere sich gerade auf seine Kosten amüsierte. Diese Vorstellung gefiel ihm leider eher weniger, da er es nicht leiden konnte, wenn man Spaß auf seine Kosten hatte. Lediglich der Status des Anderen als Dragonslayer und sein hübsches Gesicht sorgten dafür, dass Seraphim auf eine weitere Bemerkung verzichtete und schließlich wortlos mit Ciel zusammen aus dem Zug ausstieg, bereits wieder das übliche Lächeln auf den schmalen Lippen. Man ließ sich doch nicht den Tag von einem unwichtigen kleinen Kind und einem dummen Witz verderben, wenn dieser noch so unendlich viel gutes zu bieten haben würde. Immerhin konnten sie ihren Auftrag erledigen und danach konnte er sich darum kümmern, herauszufinden, ob Ciel Ahnung von Innenarchitektur hatte. Farbliche Gestaltung war doch ein wichtiger Faktor, um etwas besonders ästhetisch zu gestalten - auch wenn er selbst es da einfach hatte. Seine Haarpracht hatte einfach keinerlei Pigmente, was bei der hellen Haut den Vorteil hatte, dass Körperbehaarung weniger auffiel, selbst wenn sie vorhanden war. In diesem Punkt beneidete er schwarzhaarige Menschen weiß Gott nicht, auch wenn diese einen höheren Lichtschutzfaktor besaßen.
Natürlich kannte sich Seraphim gut genug in Hargeon Town aus, um den Weg zur Spielbank zu finden. Er hatte schon mehrere Quests in und um diese Stadt erledigt und verband allein schon deswegen überwiegend positive Erfahrungen damit, weil dieser Ort einen gewissen Rothaarigen hervorgebracht hatte. Die Bevölkerung der Stadt konnte er dagegen eher nicht leiden, zumal er der festen Überzeugung war, dass ihn auch ein Teil davon wahrscheinlich nicht würde ausstehen können. Er hatte zwar die ganze Stadt vor dem Absaufen gerettet, aber in einem anderen Zusammenhang immerhin einen Karren an einer Hauswand zerschellen lassen, ehe er einen Mann dagegen gedonnert hatte. Mehrmals und vollkommen absichtlich. Er persönlich war allerdings der Meinung, dass er das verdient hatte und ebenso, dass man sich nicht so anstellen sollte, wo er doch sein Leben riskiert hatte, um die Stadt zu retten. Na ja, eigentlich wäre es ihm um die Stadt recht egal gewesen, aber man wollte es ja mal nicht so genau nehmen. So wies der Dragonslayer also nach Austritt aus dem Zug auf den Weg zu ihrer Linken und machte eine Geste, die man ansonsten eher veranstaltete, um Damen den Vortritt zu lassen. "Hier entlang, Cielll~" Die Straßen der Stadt hatten sich nicht sehr verändert, seitdem er hier gewesen war, sodass er keine Probleme damit hatte, an denen sich ihnen darbietenden Kreuzungen richtig abzubiegen. Hargeon war eigentlich nicht für seine Vergnügungsviertel bekannt, sondern dafür, dass es die größte Hafenstadt des Landes war. Hier starteten alle Schiffe, die Touristen über die Meere brachten, ebenso wie große Ladungen fremdländischer Waren ankamen und auf den Basaren verkauft wurden. Es lohnte sich wirklich, ab und an hier aufzutauchen, wenn man interessante Ware erstehen wollte. Auf einem dieser Märkte hatte eines der bisher größten Abenteuer des Weißhaarigen stattgefunden, da sie damals wie durch ein Wunder in eine dystopische Zukunft geschickt worden waren. Diese Leute hatten Dragonslayer gejagt, was, auch wenn er das Ciel nicht erzählen würde, sicherlich auch ein Grund dafür war, seine Kräfte zu trainieren. Damals war er ihnen nämlich haushoch unterlegen gewesen. Doch auch vor kurzem hatte er gegen die Feuer Godslayerin wenig ausrichten können, auch wenn er seiner Meinung nach schon deutlich zugelegt hatte. Vielleicht wurde es demnächst mal Zeit für eine ausgedehnte Trainingssession, wer wusste denn, was auf ihn zukommen würde? Er musste nämlich unbedingt dafür sorgen, dass er auch körperlich ein wenig besser auf den Damm kam, weil er doch in dieser Sparte noch ziemlich zurück hing. Außerdem fehlte es seinen Zaubern noch ein wenig an Kraft, wenn man ihn fragte... "Der Krux an dem Beruf eines Magiers ist, dass die Leute oftmals nicht einmal bemerken, dass man ihnen hilft…", meinte er nach kurzer Zeit und deutete auf den Leuchtturm in der Ferne, "Ich habe auf einer Quest in dieser Stadt mit dazu beigetragen, dass eine Welle, die ungelogen so hoch wie dieses Ding war, nicht unkontrolliert in Hargeon eingefallen ist… aber dennoch wissen die meisten das nicht einmal." Er verzog seinen Mund zu einem leicht unzufriedenen Schmollen, bevor er wieder zu lächeln begann. "Du hast mir noch gar nicht verraten, wie du mit Nachnamen heißt, Cielll~"

Seraphim enttäuschte die Erwartungen des Valentines nicht, denn er schien tatsächlich ganz genau zu wissen, wo sie denn nun hin mussten. Er bewegte sich mit einer solchen Bestimmheit über den gepflasterten Boden, dass Ciel sich auf der sicheren Seite sah, als er dem Weißhaarigen brav und artig hinterher trottete und sich nebenbei neugierig nach links und rechts umsah. Hargeons Bahhof war vollkommen überfüllt und überall wimmelte es von Menschen, so das der Blauhaarige acht geben musste, nicht den Anschluss zu Seraphim zu verlieren. Denn wenn er ehrlich war, dann war er sich nicht sicher, was genau er machen würde, falls er in dem dichten Gedränge der Menschen verloren ging. Wie sollte er seinen Partner denn in dieser Ansammlung von Menschen jemals wiederfinden? Andererseits würde der Weißhaarige das in diesem Fall vielleicht auch selber übernehmen und sich einfach noch einmal spontan in die Lüfte schwingen, denn das man von dort oben eine weitaus bessere Aussicht hatte, war Ciel bei ihrem kleinen Abenteuer von zuvor zur Genüge bewiesen worden. Auf der anderen Seite würde es sich als schwer genug erweisen, Seraphim überhaupt zu verlieren, denn mit seinen weißen Haaren und seiner ganzen Erscheinung strahlte der Himmels Dragonslayer beinahe aus der Masse heraus und hob sich von dem Rest der Menschen deutlich ab. Und interessante Dinge hatte er auch noch zu erzählen, dass hatte der Valentine schon während ihrer Quest bemerken müssen. Insgesamt war Seraphim überhaupt eine sehr interessante und faszinierende Person und weckte in Ciel das Verlangen, ihn wie ein gutes Rätsel zu erforschen und schließlich zu lösen. Andererseits hatte er das unterschwellige Gefühl, dass der Weißhaarige für sein Umfeld nur zu gerne ein Mysterium darstellte und es ihm daher vermutlich nicht wirklich leichter machen würde, ihn zu verstehen. Generelle war sich Ciel auch gar nicht einmal sicher, was genau er über Seraphim wissen wollte. Es war tatsächlich eher so, dass er mit seinem ganzen Verhalten eine entsetzliche Neugier und Anspannung in dem Valentine heraufbeschwor und sich dieser unwillkürlich fragte, warum das so war. Was machte den Weißhaarigen so besonders, dass er sämtliche seiner Nerven auf Hochspannung legte und Ciel wünschen ließ, er hätte einen ganzen Speicher an Zigaretten zur Hand. Und wieso zum Donnerwetter noch mal ließ er sich von ihm auch noch soweit kontrollieren, dass er dann ausgerechnet versprach, für diese Quest nicht zu rauchen? Ciel wusste wirklich nicht, welcher Teufel ihn da geritten hatte. Andererseits schafft es Seraphim jedoch auch ausgezeichnet, sein Interesse schlagartig von Zigaretten auf ein anderes Thema zu lenken und ihn somit davon abzuhalten, sich auch nur in irgendeiner Weise zu beschweren. Der Blauhaarige war sich nicht einmal sicher, ob er das bewusst oder vollkommen ohne jede tiefere Absicht tat, aber es funktionierte ausgezeichnet. "Du bist mit deiner Magie in der Lage, ganze Wellen aufzuhalten?" Im Grunde war es relativ schwer, Ciel zu beeindrucken und dennoch schaffte es Seraphim mit einer beinahe verstörenden Leichtigkeit, die dem Valentine ganz und gar nicht gefiel. Andererseits...wie konnte man auch nicht vollkommen fasziniert sein, wenn man eine Person traf, die erstens fliegen konnte und zudem noch ganze Massen an Wasser mit ihrer Magie stoppte. Gegen ihn kam sich Ciel irgendwie seltsam klein und unbedeutend vor, hatte er doch wenig beeindruckendes auf seiner Liste zu vermerken. Vielleicht war auch das ein weiterer Grund, sich wirklich noch einmal genauer mit seiner Magie auseinanderzusetzen. Was wäre zum Beispiel, wenn er einmal in eine ähnliche Situation wie Seraphim geraten würde? Ciel war sich ziemlich sicher, dass es ihm nicht gelingen würde, eine Welle davon abzuhalten eine ganze Stadt zu zerstören. Und auf seltsame Art und Weise weckte diese Erkenntnis in ihm die bohrende Frage, warum der Weißhaarige sich überhaupt auf eine Quest mit ihm begeben hatte, konnte er sich doch mit Sicherheit weitaus spannenderen und anspruchsvolleren Aufträgen zu wenden. Und aus irgendeinem Grund schien Seraphim sich auch noch seltsam für ihn zu interessieren, so viele Fragen wie er ihm stellte. "Valentine, mein Nachname ist Valentine. Ciel Valentine also. Wie ist dein voller Name, Seraphim?" Vielleicht war es ihm ja so möglich, etwas mehr über den mysteriösen Himmels Dragonslayer herauszufinden.

Nein... nein, Seraphim konnte keine Tsunamis mit seiner Magie aufhalten, aber dennoch hatte er dazu beigetagen, dass die Welle auf eher harmlose Art und Weise auf Hargeon niederging. Souta und er hatten einfach genau das getan, was man normalerweise tat, um allzu große Wellen an Stränden zu verursachen - nur in deutlich größerem Maßstab. Sie hatten einen Wellenbrecher gebaut und ihn auf eine kleine Klippe montiert, während der Sturm schon gewütet hatte. Wobei man der Fairness halber sagen musste, dass Seraphim ihn alleine montiert hatte, denn Souta konnte bekanntlich nicht halb so gut vom Boden abheben wie der Dragonslayer selbst. Dass er sich dabei eine ganz und gar nicht heldenhafte Erkältung eingefangen hatte, ging Ciel ja nichts an, das war ja auch eher weniger essentiell für die Beschreibung des Ganzen. Er hatte nun also die Wahl zwischen einer Lüge, dass er nämlich so mächtig war, dass das funktioniert hatte oder der schlichten Wahrheit - und er entschied sich, Potzblitz, für letzteres. Natürlich nicht auf eine bescheidene, gar demütige Art und Weise, sondern eben typisch Seraphim: "Nicht ganz, Ciel~ Aber oft kann man durch gute Einfälle vieles an Kraft kompensieren." Wenn er schon seine magischen Fähigkeiten nicht komplimentieren konnte, dann immerhin seine Intelligenz, denn dumm war er wirklich nicht. Im Gegenteil war er sogar ziemlich findig und vor allem bereit, jeden Vorteil für sich auszunutzen. Dieses Problem hatten bekanntlich viele Menschen: Ihre Moral. Er hatte nie verstanden, warum er denn unbedingt einer Stimme gehorchen sollte, die sowieso keinen positiven Einfluss auf den Lauf der Dinge hatte... zumal sie auch keinen negativen auf seine Laune hatte. Gewissensbisse waren ihm fern, solange er zufrieden mit sich war, was meistens dann der Fall war, wenn er körperlich ausgelastet war. Wenn das bedeutete, dass er die Psyche oder den Körper eines anderen Menschen opferte, dann sollte das so sein, damit konnte er weiß Gott leben. Er war wichtiger als diese Menschen, das war eine unumstößliche Maxime seiner selbst.
Ciels Nachname sorgte für große Erheiterung, als er ihn schließlich nannte, weil er auf eine sehr offensichtliche Weise etwas schrecklich romantisches hatte. Er erinnerte sofort an den nach einem Gleichgenannten benannten Tag, den Valentinstag und würde sicherlich die Vorlage für einige sehr typische Kommentare liefern, die er aber des Themas wegen wohl erst dann bringen würde, wenn sie ein wenig mehr... zur Sache kamen. Momentan kommentierte er diese Enthüllung deswegen nur mit einem verschmitzten "Welch ein hübscher Name~", ehe er die Augen zurück auf ihren Weg heftete. Die Erwähnung dieses Tages hatte nämlich auch andere Erinnerungen heraufbeschworen, die ihn melancholisch machten, weil er sie gerne ein wenig anders gehabt hätte. Eigentlich hatte der Valentinstag bisher nämlich immer dieselbe Routine für ihn bedeutet, die eine Verabredung, ein gutes Essen und eine nette Abendbeschäftigung beinhielt, doch dieses Jahr hatte es einen kleinen Unterschied gegeben, der eigentlich nur eine kleine Schachtel Pralinen gewesen war, die Seraphim dennoch viel bedeutet hatte. Das war, objektiv gesehen sehr albern, da er sich mit einer Person vergnügen und gedanklich einer ganz anderen nachtrauern konnte, aber so war er nun einmal - für ihn hatten diese Dinge einfach einen anderen Stellenwert. "Mein Name ist Cyrus Seraphim~", verkündete er als nächstes, was wieder einmal eine Halbwahrheit war. Er selbst ließ sich im Allgemeinen mit seinem Familiennamen anreden und sagte diesen auch allen, doch wenn jemand explizit fragte, bekam er oder sie auch den Vornamen des Dragonslayers zu hören. Den ersten zumindest, denn der zweite war für seine Mutter reserviert, die schon sehr früh damit angefangen hatte, ihn Ikaros zu nennen. Das lag daran, dass es irgendwas an diesem Namen zu geben schien, das sie an ihn erinnerte... auch wenn er nicht recht wusste, was es war. Etwas schmeichelhaftes bestimmt nicht. "Woher kommst du eigentlich, Ciel Valentine?" Wo der junge Mann mit den auffallend blauen Haaren nämlich recht hatte, war ganz eindeutig, dass Seraphim neugierig war, was ihn betraf. Wie oft traf man allerdings auch einen Dragonslayer, der so perfekt in sein Beuteschema passte?

Namen waren eine interessante Sache. Zum einen, weil sie die Identität einer Person wiedergaben, zum anderen aber auch, weil sie das Aushängeschild eines Menschen darstellte. Allein der Name sorgte für einen ersten Eindruck und oft auch für das erste Bild, welches man von einer Person hatte. Gerade deshalb konnte es Ciel nicht verstehen, wenn Eltern ihren Kindern Namen mit seltsamen Bedeutungen oder grauenhafter Aussprachen gaben. Sie mussten doch wissen, wie sich das auf die Zukunft ihrer Sprösslinge auswirkte. Er selber war im Grunde recht froh mit dem Namen, den seine Mutter für ihn ausgesucht hatte. Ciel, der Himmel. Eine schöne Bedeutung, wie er fand. Und auch Seraphim hatte es mit seinem Namen nicht allzu schlecht getroffen. Cyrus schien auf eine seltsame Art und Weise ganz ausgezeichnet für den Himmels Dragonslayer zu passen. Es schien geschaffen für den Herrn der Lüfte und hatte einen durchaus erhabenen Klang an sich. Etwas Stolzes. Andererseits rief es in dem Valentine jedoch auch augenblicklich die Frage auf, weshalb sich Seraphim mit seinen Nachnamen vorstellte. Nicht, dass dieser weniger schön oder passend war und dennoch hatte er doch keinerlei Grund, nicht von seinem Vornamen Gebrauch zu machen. Es war einfach unüblich und erschien dem Blauhaarigen näheres Nachfragen wert. "Cyrus ist ein schöner Name...warum lässt du dich mit deinem Nachnamen ansprechen?", fragte er verwirrt und kippte neugierig den Kopf zur Seite, während er Seraphim einen forschenden Blick zuwarf. Ob ihm sein eigener Name wohl nicht gefiel? Es war schließlich keinerlei Besonderheit, dass manche Menschen nicht wirklich von ihren Vornamen angetan waren und sich deshalb Spitznamen zulegten. Nur das jemand seinen Nachnamen verwendete, dass hatte Ciel noch nicht erlebt. Allerdings kam der Valentine auch gar nicht dazu, sich noch weiter Gedanken über das Thema zu machen, denn seine Aufmerksamkeit wurde schlagartig von einem anderen Sachverhalt eingeholt. Seraphim sagte, dass ihm sein Name gefiel. An sich eine wirklich schöne Neuigkeiten, nur erwischte es den Blauhaarigen irgendwie unvorbereitet, als seine Begleitung ihn tatsächlich mit vollem Namen ansprach. Die meisten Menschen redeten ihn entweder förmlich und mit gewissem Respekt oder aber mit einem zutraulichen Anhängsel an, doch niemals hatte er seinen vollen Namen aus dem Mund einer anderen Person gehört. Valentine-sama, Ciel-san ja, aber Ciel Valentine? Es hatte beinahe etwas seltsam vertrauliches an sich, was den Dragonslayer für einen Augenblick irritiert innehalten ließ. Ob Seraphim sich wohl speziell etwas dabei gedachte hatte, oder hatte er wohl möglich einfach einmal den Klang seines vollen Namens auskosten wollen? Wie auch immer die Wahrheit aussehen mochte, allein die Tatsache, dass er es tat, verschlug dem Achtzehnjährigen für eine kurze Zeit die Sprache. Vermutlich war es auf gewisse Weise sogar seltsam, gegenüber einer solch simplen Geste so stark zu reagieren und dennoch konnte er gar nicht anders. Es glich einer Art Premiere. Dementsprechend dauerte es jedoch auch, bis der Blauhaarige sich beruhigt hatte und wieder in der Lage war, möglichst sachlich und gelassen auf Seraphims Frage zu antworten. "Ursprünglich? Aus Morakkasu Town. Ich bin da, wie gesagt, in einem Casino aufgewachsen. Warst du schon einmal da?" So gut wie er sich schließlich auskannte, konnte man nämlich davon ausgehen, dass er wohl schon an so manchen Orten gewesen war. Andererseits war es vielleicht auch einfach eine naturgegebene Gabe von ihm, dass er über einen ausgezeichneten Orientierungssinn verfügte. In etwa so, wie andere Menschen ein besonders gutes Gedächtnis besaßen. Er selbst zum Beispiel konnte von sich behaupten, dass er ein wirklich gutes Erinnerungsvermögen vorzuzeigen hatte. Andererseits musste dafür jedoch erst einmal Wissen vorhanden sein und dies war in diesem Fall ganz klar nicht der Fall. Deshalb war er in Sachen Wegfindung auch deutlich auf Seraphim angewiesen. Allerdings schien man sich auf den Weißhaarigen in solchen Sachen tatsächlich verlassen zu können, denn es dauerte gar nicht einmal so lange, da konnte Ciel auch schon bunte Lichter auf sich zukommen sehen. Bunte Licht bedeuteten Aufmerksamkeit erregen, dies setzte eine Große Masse an Menschen voraus, was wiederum für ein Casino sprach, welches sich wohl in der Nähe befand. Es sollte also nicht mehr lange dauern, bis sie ihr Ziel erreicht hatten.

Natürlich hatte Seraphim nichts gegen seinen Vornamen, weil er wirklich sowohl in Klang, als auch in Bedeutung schmeichelhaft war, aber er fand seinen Familiennamen nun einmal noch einen Ticken schöner. Zudem lebte niemand mehr aus seiner Familie, sodass es auch keine Verwirrungen geben konnte. Besuchte man den Friedhof Oshibanas, fand man einen großen Grabstein, auf dem der Name gleich zweimal vorkam - anfangs sogar dreimal, bis er persönlich dafür gesorgt hatte, dass er dort verschwand - aber ansonsten gab es wahrscheinlich nicht mehr allzu viele Seraphims in Fiore. Dieser Name hatte etwas übernatürliches, etwas engelhaftes und gerade deswegen war er perfekt für seine Belange, immerhin basierte ein Teil seiner Geschäfte darauf, dass er sich besonders gut verstellen konnte. Da schadete es nie, neben seinem Aussehen auch noch einen verbalen Faktor zu besitzen, der ihn über die meisten Zweifel erhaben machte. "Ich finde ihn hübscher.", konstatierte er daher mit amüsierter Stimme und blickte zu Ciel hinüber. Es gab tatsächlich noch eine weiteren Grund und das war einer, der den Blauhaarigen dazu berechtigte, seinen Vornamen zu kennen: Er enthielt ihm niemanden vor, wenn er fragte, aber das taten die wenigsten Leute. Irgendwie waren die meisten nur so weit an ihm interessiert, was seine Identität anging, dass sie es bei diesem einen Namen beließen, anstatt noch mehr Informationen einzuholen. Tat man das, bekam man immerhin noch seinen ersten Vornamen mit, das war doch auch etwas schönes. Ein weiterer unterhaltsamer Fakt war, dass die meisten Menschen, die von seinem Vornamen hörten, nicht dazu übergingen, ihn zu benutzen. Es gab momentan in seiner Gilde - außer dem Gildenmeister und ähnlichen Verwaltungspersonen - zwei Magier, nun drei, die ihn kannten, und beide nannten ihn weiterhin Seraphim. Sein Vorname war zu etwas geworden, was den meisten nur in großer Entrüstung entglitt, was bei ihm schneller passierte, als bei einigen anderen, immerhin zog er solche Situationen magisch an... behauptete er, andere erklärten, er fordere sie eher heraus. "Und doch noch etwas passender." Noch hübscher war natürlich die Kombination aller seiner Namen, aber er bekam durchaus leichte Panikattacken, wenn er sie alle hintereinander hörte, weil er dann meistens etwas ausgefressen hatte und eine drakonische Tracht Prügel auf ihn wartete.
Ob Seraphim schon einmal in Marokkasu Town gewesen war? Oh ja, mehrfach sogar. Zweimal auf Quest sogar, wobei er einmal den Regierungsturm Fiores, der sich in dieser Stadt befand, auf unterhaltsame Weise entehrt hatte. Dabei hatte ein Tisch und ein anderer Magier eine große Rolle gespielt, auf die man nun nicht weiter eingehen würde. Allerdings befand sich dort auch eine Person, der Seraphim nur ungerne eine weiteres Mal über den Weg laufen würde, weil er sich nicht ganz sicher war, ob er sie nicht einfach töten würde. Ein solches Vorgehen war allerdings gesellschaftlich nicht komplett anerkannt, also versuchte er es nach Möglichkeit zu umgehen. "Ich war schon mehrfach in Marokkasu Town, wenn auch nicht im Casino. Nur in einigen Gaststätten, dem Regierungsturm und mehreren Konzerthäusern. Ich hab der Regierung mal in einer Spionageangelegenheit geholfen..." Das schöne an derlei angedeuteten Taten war sogar, dass sie absolut der Wahrheit entsprachen. Er hatte als Magier nun einmal schon einiges an Erfahrung und das machte sich in solchen Momenten wirklich bezahlt. Dass er den Ausflug ins Herz der Regierung dafür genutzt hatte, die Standfestigkeit der Möbel auszutesten, tat ja nichts zur Sache.
Das Casino kam näher, was man an den Geräuschen und den Lichtern erkennen konnte, sodass es langsam an der Zeit war, sich wieder auf die Quest zu konzentrieren. Das Gebäude war groß und in die Fassade der umliegenden Geschäfte eingegliedert... oder zumindest hatte man es versucht, denn es sah so anders aus als die umgebenden Gebäude, dass man auch hätte versuchen können, einen Pfau in einen Taubenschwarm einzuschleusen. Die Fassade war pompös und mit bunten Ornamenten verziert, die eindeutig florale Muster bildeten. Direkt über dem Eingang befand sich ein weißer Lotus, der seine Blätter den Besuchern entgegen neigte und praktisch schon andeutete, dass man nicht mehr schnell aus seinem Einfluss herauskam, wenn man erst einmal gefangen war. Für Seraphims Geschmack war es ein wenig übertrieben, auch wenn er beispielsweise den Regierungsturm durchaus beeindruckend gefunden hatte. "Sieht so aus, als wären wir da, Cielll... Der epiphane Lotus, was für ein Name." Die beiden waren gerade angekommen, aber damit bei weitem nicht die ersten. Zwar war es noch relativ früh am Tag, aber das Casino war schon gut besucht, sodass Seraphim nicht der einzige war, der es betrat, als er durch die Tür ging. Ein hagerer, etwas ältlicher Kunde quetschte sich mit ihm zusammen herein, entschuldigte sich dafür, dass er ihn angerempelt hatte und bewegt sich zielstrebig auf die Tische in der Ecke zu. Seraphim beachtete ihn gar nicht weiter, sondern schlenderte auf die Ausgabe der Chips zu, wo er stehen blieb und sich zu der Dame hinter der kleinen Öffnung herunterbeugte. "Ihr Chef hatte die Gilde Blue Pegasus in einer Sache um Hilfe gebeten... würden Sie uns wohl zu ihm vorlassen?"

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Je mehr Seraphim von seinen Aufträgen und Abenteuern erzählte, desto stärker bekam Ciel den Eindruck, dass er eine wirklich wichtige Person vor sich hatte. Er schien so viel erlebt zu haben und dem Valentine in so vielen Bereichen voraus zu sein. Seine ganze Präsenz hatte beinahe etwas einnehmendes und schüchterte den Blauhaarigen ungemein ein. Vermutlich auch einer der Gründe, weshalb er in der Gegenwart des Himmels Dragonsaylers die ganze Zeit über so schrecklich nervös war. Seine Finger wollten einfach nicht still halten, sobald seine Begleitung auch nur ein einziges Wort an ihn richtete. Dabei bemühte sich Ciel wirklich nach Kräften, dass man ihm seine verzwickte Situation nicht ansah. Warum hatte er sich auch nur das Rauchen verbieten lassen? Das war nicht nur für ihn selbst eigentlich völlig untypisch, sondern erschwerte seine momentane Lage auch noch ungemein. Und nicht nur das, auch der dauerhafte Konsum von überaus interessanten und potenziell wichtige Informationen begann den Achtzehnjährigen langsam zu ermüden. So groß der Speicher seines Gehirns auch sein mochte, das dauerhafte konzentrieren und herausfiltern von eventuell versteckten Hinweisen zerrte an seinen Nerven und machte den Ausflug entspannungstechnisch nicht wirklich einfacher. Und dennoch, sobald Ciels Augen das leuchtend und blickende Antlitz des Casinos erspähten, schien ein Adrenalinrausch durch seine Körper zu schießen und ihm einen Energieschub zu verpassen. Es war auf irgendeine verquerte Art und Weise beinahe so, als wäre er nach einer sehr langen Zeit endlich zurück nach Hause gekommen. Ein schmales Lächeln umspielte die Gesichtszüge des Jungen, als er das Bild in sich Aufnahm und die Augen kurz über den Schriftzug an der äußeren Fassade huschen ließ. Auf der einen Seite musste er Seraphim zustimmen, etwas amüsantes hatte der Name des Casinos mit Sicherheit und dennoch hatte Ciel schon durchaus groteskere Kreationen mit ansehen müssen. "Ich finde, wir können uns noch relativ glücklich schätzen. Ich weiß nicht, ob ich einen zweiten Besuch in der Glücksgurke überstanden hätte.", meinte er amüsiert und folgte Seraphim anschließend in das Innere des belebten Gebäudes.
Kurz war Ciel versucht, einfach am Eingang stehen zu bleiben und erst einmal das Innere des Casinos ganz genau in sich aufzunehmen. Es war schon viel zu lange her, dass er das letzte Mal in einer der Glücksspielhallen sein Unwesen getrieben hatte und gerade jetzt war es eine willkommene Ablenkung zu all dem Stress, welchen er in den letzten Minuten durchlebt hatte. Sein ganzer Körper schien sich als Reaktion auf die vertraute Umgebung zu entspannen und selbst seine sonst so betrügerischen Hände konnte er beinahe vollkommen zur Ruhe zwingen. Natürlich hatte jedes Casino seine bestimmten Besonderheiten, doch im Grunde waren sie alle auf die selbe Art und nach der selben Verkaufsstrategie aufgebaut. Selbst der Geruch war ihm auf eine familiäre Art vertraut. Dennoch dauerte es nur wenige Sekunden, bis ihn die Realität wieder hatte und er Seraphim in eiligen Schritten zur Chipausgabe folgte. Er durfte sich nicht zu sehr in seiner Freude verlieren, auch wenn sich der Dragonslayer sicher war, dass man ihm seine plötzliche Begeisterung und Entspanntheit durchaus ansah. Das Ziel der Quest durfte schließlich nicht aus den Augen verloren werden. Auf Seraphims Frage hin schien die junge Frau die beiden Magier erst einmal genauer zu untersuchen, ehe sie leicht misstrauisch die Stirn runzelte. "Es tut mir leid, aber ich müsste einen Beweis zu dieser Aussage sehen, bevor ich Sie weitergehen lasse. Können Sie sich irgendwie ausweisen?", meinte sie schließlich und zupfte währenddessen ruhelos an einem Ärmel ihres dunklen Blazers. Irritiert hielt Ciel inne und zögerte, ob er Seraphim nicht lieber vollständig das Sprechen überlassen sollte. Dieser schien schließlich zu wissen, was er tat, wohingegen sich die Erfahrung des Valentines im Bereich Aufträge deutlich beschränkte. Auf der anderen Seite war der Blauhaarige über die Sicherheitsvorkehrungen in Casinos weitestgehend informiert, weshalb er schließlich gar nicht lange zögerte und kurzerhand seine linke Hand empor hielt, die seit wenigen Wochen vom Gildenzeichen geschmückt wurde. Das aschgraue Zeichen schien die Frau schließlich zu überzeugen, weshalb sie eilig nickte und anschließend für kurze Zeit im hinteren Bereich verschwand. "Ich bedanke mich für Ihre Geduld und kann Sie nun weiter vorlassen.", meinte sie dann, als sie schließlich zurück kam und öffnete den beiden Magiern kurzerhand eine Tür, welche sie weiter in das weniger offizielle Innere des Casinos vorließ. Als Ciel sie so von hinten musterte, konnte er bemerken, dass ihr Kopf sich öfter umdrehte und ihre Augen beinahe schmachtend auf Seraphim hängen blieben. Der Valentine kam nicht umhin festzustellen, dass der Weißhaarige diesen Effekt wohl auf andere Menschen hatte. Und dennoch schaffte es das offensichtliche Verhalten der Dame, das Grinsen auf seinem Gesicht noch ein wenig zu verbreitern. Ob Phimchen wohl bemerkte, wie angetan die junge Frau von ihm zu sein schien? Es musste schwierig sein, dass Ganze nicht zu bemerken, war die Blondine mit ihren Avancen doch nicht gerade dezent. Ihre Scharade wurde jedoch unterbrochen, als sie schließlich vor einer großen Bürotür ankamen und sie sich gezwungen sah, wieder auf die professionelle Schiene umzusteigen. Sie hob die Hand um zu klopfen und als von Innen ein "Herein" erklang, drehte sich die Blonde zu den beiden Magiern um und verbeugte sich einmal tief. "Sie können nun eintreten.", meinte sie noch, dann war sie auch schon mit einem letzten Blick auf die Beiden wieder in die Richtung verschwunden, aus welcher sie gekommen waren.

Die Frage, ob Seraphim eine wichtige Person war, ließ sich nicht eindeutig beantworten, weil man darauf Acht geben musste, wem man sie stellte. Für sich selbst war er nämlich zum Beispiel unglaublich wichtig, wichtiger noch als alle anderen Menschen, Politiker, Gildenführer oder sonstige Promis. Jeder ist sich selbst der nächste und bei dem Weißhaarigen war dieses Phänomen ganz besonders ausgeprägt, da er eine nicht zu unterschätzende Menge Narzissmus besaß, die ihm über die meisten Existenzkrisen sehr gut hinweghalf. Für seine Gilde war er natürlich auch etwas besonderes, da er als Sohn eines Drachen zu den Menschen gehörte, die dort beinahe den Status eines Halbgottes innehatten und sich auch gerne in diesem Ruhm sonnten. Das machte ihn allerdings noch nicht wichtig... was er geleistet hatte, sprach dagegen eine etwas andere Sprache. Tatsächlich hatte der Weißhaarige bereits einiges an Quests abgeschlossen, darunter auch manche, an denen andere sicherlich gescheitert wären, und auch solche, die ihn in Gefilde geführt hatten, die nicht unbedingt jeder zu sehen bekam. Zugegeben, die Sache mit der Regierung war wohl politisch gesehen das wichtigste, aber nebenbei hatte er auch dazu beigetragen, zwei der größten Städte Fiores vor dem Untergang zu bewahren... und er selbst war der festen Überzeugung, dass er inzwischen ohne Frage zu den stärksten Mitgliedern seiner Gilde zählte. Insofern mochte man sich die Aussage herausnehmen, dass der Dragonslayer sicherlich nicht zu dem Einheitsbrei der Gilde gehörte, sondern eine etwas avancierte Position besetzte.
Ganz davon abgesehen sah er gut aus und besaß einen ganz eigenen Charme. Das hatte nun eher weniger mit seiner Wichtigkeit zu tun, war aber doch ein wichtiger Faktor um die folgende Situation zu erklären, die die Empfangsdame auslöste, die die beiden Dragonslayer ins Herz des Casinos begleiten sollte. Ciel hatte zum Glück sein Gildenzeichen vorgezeigt, sonst hätte Seraphim das tun müssen... und jeder, der ihn kannte, wusste, dass er sich dazu fast ausziehen müsste. Das blaue Symbol prangte nämlich auf seiner Brust, schön dort, wo man nicht herankam, wenn man seine momentane Kleidung ansah. Ein solches Fallenlassen seiner Kleidung hätte der Dame ihre Aufgabe allerdings ziemlich erschwert, weil sie sowieso schon Probleme zu haben schien, sich zu konzentrieren... und das amüsierte Seraphim sehr. Er war sich seiner Wirkung auf die Menschheit durchaus bewusst und setzte dieses Talent gerne ein, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Zum Beispiel fand er die junge Frau doch einigermaßen attraktiv, weswegen er beschloss, sie im Hinterkopf zu behalten, sollten alle Stränge reißen. Der Dragonslayer neigte nämlich trotz allen Pflichtbewusstseins dazu, ein Nebenziel auf Quests anzustreben: Er hatte noch keine abgeschlossen, ohne nicht auch auf andere Weise auf seine Kosten gekommen zu sein. Sein Ziel für diesen Auftrag hatte er bereits ausgewählt und es war männlich, aber man wusste ja nie, was kommen würde. Besser man hatte Ausweichpläne. So kam es also, dass der Weißhaarige den Blick der Blonden erwiderte, auf eine schwer zu analysierende, irgendwie leicht spöttische, wissende Art und Weise... und sich dann seelenruhig zusammen mit Ciel von ihr leiten ließ. Das würde wahrscheinlich reichen, um sie ihn nicht innerhalb des einen Tages vergessen zu lassen, da er gerade wenig Zeit für anderes als die Erfüllung seiner Quest hatte. Wobei sich sicherlich ein Moment finden würde, falls der Blauhaarige ihm eine schöne Vorlage lieferte.
Nachdem den beiden Magiern Eintritt gewährt worden war, öffnete der Weißhaarige die Tür des Büros und trat ein, nachdem er den Raum kurz gemustert hatte. Die beiden Dragonslayer sahen sich einem großzügigen, in beinahe barockem Stil möbliertem Raum gegenüber. Zwei große Fenster, die bis an die Decke reichten und mit Querstreben versehen waren, ließen Licht auf einen Schreibtisch fallen, der Seraphim übergroß erschien. Dennoch schien der Platz gebraucht zu werden, denn er war mit Papier vollgestellt, in sauberen, ordentlichen Stapeln sortiert. Der Boden war mit Parkett ausgelegt, welches aber zum Großteil von Teppichen verdeckt war, die alle sehr alt und wahrscheinlich ebenso wertvoll waren. Die Wände verschwanden hinter geräumigen, dunklen Holzschränken, die geschätzt ebenso viel Wert waren, aber nicht ganz so danach aussahen. Seraphim erlaubte sich den Schluss, dass das Casino wohl recht guten Gewinn abwarf, was auch erklären würde, warum ein Betrüger, der es langsam aber sicher ausnahm, nicht besonders gerne gesehen war. Der Mann, der in einem Sessel mit ungesund steiler Lehne saß, war leicht untersetzt und machte, trotz nicht unbedingt schlechtem Aussehen, den bestimmten Eindruck einer Kröte auf den Weißhaarigen. Vielleicht war es seine Körperhaltung, vielleicht der Blick aus schwarzen, leicht eingesunkenen Augen, der sich auf sie richtete, als sie eintraten, jedenfalls hätte es ihn nicht allzu sehr gewundert, wenn auf einmal seine Zunge nach der Fliege geschnappt hätte, die leicht summend über ihre Köpfe flog. Seraphim beschloss jedoch, sich diesen Eindruck nicht anmerken zu lassen und begann stattdessen freundlich zu lächeln, ehe er auf ihn zuging. Ehe er jedoch ein Wort sagen konnte, eröffnete die Kröte die Konversation und begrüßte sie: "Guten Tag die Herren Magier, vielen Dank, dass Sie kommen konnten. Mein Name ist Bradley Dice, ich bin der Direktor dieses Casinos. Setzen Sie sich doch!" Mit diesen Worten deutete er auf zwei Stühle, die nicht ganz so pompös waren wie sein Sessel, allerdings dennoch bequemer wirkten.

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Schönheit lag zum größten Teil im Auge des Betrachters. Ciel wusste das und und dennoch konnte er sich ein unzufriedenes Stirnrunzeln nicht verkneifen, als er das Büro ihres Auftraggebers betrat. Für den Valentine bestand das Sinnbild jeder Schönheit ganz einfach aus der Form der reinen Symmetrie. Der Dragonslayer liebte eine gewisse Ordnung, Struktur und Modernität in Räumen und auch an Personen, was womöglich einer der Gründe war, weshalb ihm der Einrichtungsstil des Büros überhaupt nicht gefiel. Es wirkte alles so antik und wertvoll, dass man sich kaum traute, einen Schritt auf den offensichtlich sehr alten Teppich zu tun, geschweige denn sich auf einem der dargebotenen Stühle niederzulassen. Zudem fehlte im ganzen Zimmer der spezielle Funke der Symmetrie, welchen Ciel in seiner eigenen Wohnung nur zu gerne zum Ausdruck brachte. Dennoch riss er sich zusammen und schluckte die Anmerkung hinunter, welche für einen kurzen Augenblick auf seiner Zunge lag. Stattdessen nahm er lieber auf einem der Lehnstühle Platz und musterte ihren Auftraggeber, welcher im nächsten Moment auch schon zu sprechen begann. Kaum verließen die ersten Worte des Direktors seinen Mund, schaltete das Gehirn des Blauhaarigen automatisch auf Arbeitsmodus und jede weitere Information wurde augenblicklich aufgesaugt und gespeichert. Bradley Dice...leider sagte der Name ihm genauso wenig, wie es jeder andere beliebige Vor-und Nachname an dieser Stelle getan hätte und der Valentine verspürte automatisch das vertraute Stechen, welches ihn immer überfiel, wenn sein Wissenstand in einer wichtigen Situation wieder einmal nicht ausreichte. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, wenn sein Gedächtnis ihn auf Grund von mangelndem Informationsstand im Stich ließ. "Der Grund, warum ich Sie um ihre Hilfe gebeten habe, ist im Grunde sehr simpel. Wie schon in der Auftragsinformation erwähnt leidet unser Casino seit einigen Monaten unter...ja, einem recht unerwünschten Gast." Es blieb dem Valentine nicht verborgen, dass ihm die letzten Worte nur zögerlich und mit einigem Widerwillen über die Lippen kamen. Scheinbar gab er nicht gerne zu, dass es Sicherheitslücken in ihrem System gab, welche es einem Betrüger erlaubten ganze Monate sein Unwesen zu treiben, ohne das man dem Ganzen wirklich Einhalt gebieten konnte. Und wenn man dann auch noch Hilfe von Außerhalb anfordern musste, war das wohl ein ganz besonderer Schlag für das Geschäft. "Zu unserem größten Bedauern...", bei diesen Worten kräuselte sich die Unterlippe des Direktors in einer sehr komischen Bewegung, welche eine unbewusste Gänsehaut auf Ciels Arm legte. "Können wir der Person auf Grund ihres...Talentes...leider keine unerlaubten Aktivitäten nachweisen...wenn sie verstehen." Im Endeffekt war er also so talentiert, dass das Personal ganz eindeutig an ihm und seiner Überführung scheiterte. "Der Herr hat sich außerdem einen Titel zugelegt. Er nennt sich "Winny Winner" und seine bloße Anwesenheit schadet unserem gesamten Geschäft. Er macht uns praktisch lächerlich und motiviert außerdem andere Gäste, es ebenfalls mit dem Betrügen zu versuchen." Das dagegen konnte sich Ciel nur zu gut vorstellen. Andererseits erwachte in dem Junge unbewusst die Frage, ob der Kunde aus rein finanziellen Gründen beim Spielen schummelte, oder aber ob er sich einfach nur aus irgendeinem Grund am Casino rechen wollte. Das würde schließlich in jedem Fall den seltsamen Spitznamen erklären, welchen er sich zugelegt hatte. "Wie genau sollen wir Ihnen denn helfen?", erkundigte sich der Valentine schließlich nach einer kurzen Pause. Auch wenn Seraphim seine groben Plan ihm gegenüber im Zug erläutert hatte, so konnte es ja schließlich trotzdem sein, dass Herr Dice bereits Vorstellungen über ihre Vorgehensweise hatte und da wäre es nur höflich, wenn man sich vorher genauer erkundigte. Schließlich spielte die Zufriedenheit ihres Auftraggebers letztendlich ja doch eine relativ große Rolle, oder?

Seraphim hatte keinerlei Probleme, sich auf den Sesseln niederzulassen, denn selbst wenn sie antik gewesen wären und beinahe zu Staub zerfallen wären, hätte es ihn nicht interessiert. Für ihn hatten Gegenstände nur den Wert, die sie ihm persönlich boten - das bedeutete auch zum Beispiel, dass er kein Interesse an Marken oder ähnlich dummen menschlichen Erfindungen hatte und es sein Sofa für ihn genauso tat wie eine teure Couch... auch wenn er seine sicherlich irgendwann durch eine aus Leder ersetzen würde, weil er das einfach extrem schick fand. Diese Möbel hier hatten sicherlich sehr viel gekostet, ja, aber wirklich schöner oder heimeliger wurde das Büro dadurch wirklich nicht. Wofür er andererseits Geld auszugeben bereit war, waren beispielsweise gute Lebensmittel oder Wein, weil er wusste, dass billigere Varianten gerne einmal schlechter schmeckten. Natürlich konnte er rein der Theorie nach von Wind leben, aber dieser war, wie man sich auch als Nichtdragonslayer denken konnte, sehr fade. Wäre er geizig, müsste er keinen Jewel für Essen ausgeben, aber Seraphim lebte nicht nur gerne, er ließ es sich auch gerne gut gehen. Insofern wusste er durchaus, dass alles seinen Preis hatte und man diesen auch zahlen musste, wenn man nicht in der Lage war, ihn runter zu handeln. Doch das bedeutete noch lange nicht, dass er solchen Prunk unterstützte, keinesfalls. Lässig ließ er sich auf den linken der beiden Sessel nieder und beobachtete, wie ihr Auftraggeber sich ein wenig aufrichtete, ehe er zu sprechen begann. Die Informationen, die dabei heraussprangen, waren zwar dürftig, aber sie sagten das aus, was ihn interessiert hatte: Das Casino war ein wenig aufgeschmissen. Das hatte er schon vorher erwartet, aber nun stand es fest, immerhin schien es dem Direktor nicht gerade gut damit zu gehen, dass er am laufenden Bande dabei versagte, einen Betrüger loszuwerden. Er fühlte sich unwohl, weil diese eigentlich so einfache Aufgabe offenbar unlösbar für ihn war und wahrscheinlich hielt er auch die Ausgaben, die er ihretwegen haben würde, für übertrieben hoch. Magier waren eben nicht billig, aber dafür waren sie meist die effektivste Lösung für solche und andere Probleme.
"Sie sollen mir diesen Mann vom Halse schaffen!" Die Stimme des Mannes schwoll einem Quaken gleich an, als ob er kurz die Fassung verloren hätte und ebbte danach wieder ab, er räusperte sich und legte die Fingerspitzen zusammen. "Mein Herren, dieser Mann sorgt für regelmäßige Gewinneinbußen und schadet daher meinem Casino zutiefst. Ich wünsche mir, dass er seine betrügerischen Geschäfte nicht mehr fortsetzen kann. Wie Sie dieses Ziel erreichen, ist ganz Ihnen überlassen." War das da gerade carte blanche für ihre Quest? Geldmäßig sicherlich nicht, aber offenbar räumte er ihnen alle Methoden ein, die sie anwenden wollten. Wäre er hier nicht mit Ciel, den er bisher als freundlichen jungen Mann einschätzte, hätte er diesen Mann also auch einfach kidnappen und kaltmachen können, aber nicht nur bezweifelte er, dass Ciel damit etwas zu tun haben wollen würde, er selbst würde so auch weniger Möglichkeiten haben, den Metall Dragonslayer an sich zu ziehen und zu binden. So eine Mordaktion war schnell, blutig, aber nicht zeitaufwendig, doch genau das wollte er nicht erreichen. Er wollte Zeit mit Ciel verbringen, nicht ihn schnell wieder loswerden und das Geld brauchte er auch nicht so dringend. Also lächelte er nur ein wenig wehleidig, wenn er daran dachte, was ihm durch die Lappen ging und nickte. "Natürlich. Valentine-san und ich werden uns darum kümmern." Hübscher Nachname, hatte er das schon einmal erwähnt? "Ich hätte da allerdings noch ein paar Fragen, aber währenddessen könnte mein Partner sich sicherlich schon einmal in ihrem Etablissement umsehen~" Nein, er wollte Ciel nicht loswerden, aber ab diesem Punkt mussten sie sich erst einmal trennen, weil ihr Winny Winner sonst noch den Braten riechen würde. Deswegen wandte er sich zu dem Jüngeren um und meinte mit gesenkter Stimme: "Du machst dich schon einmal mit allem vertraut. Ab hier versuchen wir den Herren einzukesseln und ihn erst einmal gehörig in die Falle zu locken, alles klar?" Kurz wartete er auf Antworten, Fragen oder ähnliches, ehe er sich wieder zu ihrem Auftraggeber umdrehte und mit ihm leise zu reden begann.

Valentine-san - klang das etwa nur in seinen Ohren ganz unfassbar falsch und irgendwie gestelzt? Im ersten Augenblick fühlte sich Ciel nicht einmal angesprochen, als Seraphim ihn doch tatsächlich mit seinem Nachnamen anredete. Stattdessen fragte er sich unwillkürlich, ob das wohl eine Anspielung darauf wahr, dass er selbst den Weißhaarigen ebenfalls weiter mit seinem Nachnamen anredete, obwohl er dessen Vorname mittlerweile kannte. Andererseits konnte er sich das nicht wirklich vorstellen, hatte Seraphim doch selbst gesagt, dass ihm dieser Name besser gefiel. Wo er nun jedoch darüber nachdachte...warum sprach er ihn eigentlich nicht mit Cyrus an, wo er seinen Vornamen doch nun wusste? Irgendwie schien es ihm im Nachhinein selber ein wenig seltsam. Es lag wohl vermutlich daran, dass der Himmels Dragonslayer sich ihm ganz einfach als Seraphim vorgestellt hatte und er wohl unbewusst davon ausgegangen war, dass er deshalb auch so genannt werden wollte. Seinen Vornamen hatte er schließlich erst preisgegeben, als Ciel ihn spezifisch danach gefragt hatte. Gab ihm diese Information jedoch auch automatisch das Recht, ihn nun mit seinem Vornamen anzusprechen? Eine verzwickte Lage für jemanden, der sich so viele Gedanken macht wie der Valentine. Einerseits wollte er es sich nicht jetzt schon mit Seraphim verscherzen, andererseits konnte er sich nicht vorstellen, dass dieser sich irgendwie daran stören würde, wenn er ihn denn nun mit Cyrus ansprechen würde. Nun, er würde sich später näher dazu Gedanken machen müssen, denn seine weißhaarige Begleitung hatte ganz offensichtlich Pläne, die er nun in die Tat umsetzen wollte. Das gefiel Ciel, denn er mochte es, wenn es spezielle Vorgaben gab, an die er sich zu halten hatte. Seraphim wusste ganz offensichtlich was er tat und dementsprechend würden wohl die folgenden Schritte mit einer bestimmten Absicht und Vorgehensweise getätigt werden, etwas, dass dem Valentine gefiel. Wie sollte man schließlich erfolgreich sein, wenn es keinerlei Plan gab, an den man sich zu halten hatte?
Seraphims Anweisungen waren entsprechend präzise und durchdacht, weshalb Ciel ihm ein bestätigendes Nicken auf seine Frage hin schenkte und anschließend mit einem leichten Verbeugung in Richtung Direktor den Raum verließ. Kaum hatte er die schwere Tür hinter sich geschlossen empfing ihn auch schon die geschäftige Lautstärke des Casinos und mit einem freudigen Lächeln auf den Lippen machte sich der Valentine daran, dass Etablissement genauer unter die Lupe zu nehmen. Auf den ersten Blick war es wohl wie jedes andere Casino auch, ausgelegt mit dunkelrotem Teppichboden und bestückt mit den verschiedensten Gerätschaften, welche alle einladend blinkten, als Ciel an den ersten Spielautomaten vorbeispazierte. Sie interessierten ihn nicht wirklich, war der Valentine doch viel mehr an den Tischspielen interessiert, welche kurz darauf in Sicht kamen. Poker, Black Jack und Roulette, seine Augen vermochten sich kaum von den Tischen zu lösen. Der Valentine liebte das Glücksspiel einfach und auf gewisse Weise hatte er wohl auch eine Art Abhängigkeit ihm gegenüber entwickelt. Ein Leben ohne den Nervenkitzel und ohne das berauschende Gefühl des Sieges konnte sich der Metall Dragonslayer nicht einmal vorstellen, weshalb es umso schwerer für ihn war, seinen Blick von dem angeregten Spiel zu lösen. Er hatte Seraphim versichert, dass er sich erst einmal das Casino an sich ansehen würde und genau das würde er nun auch tun.
Der Rundgang dauerte nicht lange, waren die meisten Casinos doch vom Grundsatz her gleich aufgebaut. Bald schon wusste Ciel, dass es einige Etagen höher Hotelzimmer gab, in welchen die Gäste nächtigen konnten und auch ein Restaurant in mitten all des Glückspieles nicht fehlen durfte. Als der Junge sich schließlich einen ungefähren Überblick verschafft hatte und einige Minuten später wieder in der Nähe einer der Tische stand, beschloss er einen genaueren Blick auf die aktuellen Spiele zu werfen. Und tatsächlich, um einen Tisch, an welchem ganz offensichtlich Ciels Lieblingsspiel gespielt wurde, hatten sich gleich mehrere Menschen versammelt und schienen das Schauspiel aufgeregt zu beobachten. Der Valentine summte leise, als er sich ein Glas Whiskey von einem Tablett eines nahen Kellner griff und sich näher an das Geschehen wagte. Im Grunde sprach es gegen seine Prinzipien auf einem Auftrag zu trinken und dennoch wollte er seine Tarnung als Besucher aufrechterhalten, weshalb es sich anzupassen galt. Und ein bisschen Alkohol würde sie Sache mit Sicherheit nicht so sehr verkomplizieren.
An dem Pokertisch schien die Aufregung ganz offensichtlich groß zu sein und während Ciel das Spiel eine Weile verfolgte, kam er nicht darum herum zu bemerken, dass der ältere Herr auf der rechten Seite eine außerordentlich gute und langanhaltende Gewinnsträhne zu haben schien. Tatsächlich hatten sich die Chips vor seinen Fingern bereits um einiges verdoppelt und auch die verkniffenden Gesichtsausdrücke seiner Mitspieler deuteten ganz eindeutig darauf hin. Nachdenklich nippte der Valentine an seinem Getränk, während er weiterhin jede Bewegung des Herren beobachtete. Auf gewisse Weise frustrierte es ihn, dass ihm keinerlei Besonderheiten im Verhalten des Mannes auffielen. Es war beinahe so, als hätte er die ganze Zeit einfach nur Glück. Ganz ausgezeichnetes Glück.
Kurz spielte Ciel mit dem Gedanken, sich ganz einfach an den Tisch zu setzen und einfach eine Runde gegen ihn zu spielen, doch diese Idee wiederstrebte dem Magier. Er würde zuerst auf Seraphim warten, bevor er sich seinen nächsten Schritt überlegte. Dabei fiel ihm ein, dass er weder einen Treffpunkt, noch eine Uhrzeit mit dem Weißhaarigen ausgemacht hatte. Nun, er war sich beinahe sicher, dass die Nase des Himmels Dragonslayer gut genug war, ihn auch in einem Casino voller anderer Menschen ausfindig zu mache.