Es war ein sonniger Tag in Magnolia, die Sonne stand an diesem Mittag hoch am Himmel und strahlte unbarmherzig auf die Bewohner der Stadt herunter. Dies war Katsus erstes Mal in dieser Stadt, da er einen wichtigen Brief von Meister Gale an Meisterin Fiona bringen sollte… oder eher war das seine Strafe für sein Fehlverhalten in der letzten Mission, weswegen er zu Fuß von einer Stadt in die andere reisen sollte und währenddessen über das nachdenken sollte, was genau er getan hatte.
Mit diesem Zeichen der Reue hatte sich der arme Junge auf den Weg gemacht, kaum war er in der Stadt angekommen, hat er sich erst umgehört, wo die Leiterin der Gilde Fairy Tail denn sein mag und sich sofort auf den Weg gemacht… Nein, er hat sogar im Voraus gedacht, an den Fall falls sie nicht im Gildenhaus ist, sondern Zuhause…
Und wo könnte sie Zuhause sein? Natürlich ist die Fiona, wie Katsu sie sich vorstellt, eine Person die ihr Herz in die Gilde steckt, also wird sie bestimmt dort wohnen, wo auch die anderen Gildenmädchen wohnen. Das Wohnheim der Mädchen ist das Fairy Hills, weswegen er gerade… die Außenfassade hochklettert…
Wieso er das macht? Er hatte einen absolut perfekten Grund: Er ist ein Mann und wenn man ihn als Mann durch die Haustür eines Mädchenwohnheims gehen sieht, dann würden ja die Mädchen alle denken, er sei ein Perverser und ihn ohne zu fragen einfach verprügeln, also würde er nicht dazu kommen, den wichtigen Brief abzugeben. So wichtig war der Auftrag, so dringend die Aufgabe und so durchdacht der Plan, dass - „Wo ist hier das Bad?!“ … Ach, vergesst es.
Während der perverse Katsu sich schon im Voraus alle möglichen und unmöglichen Ausreden ausgedacht hat, suchte er in blinder Gier nach dem Bad, auch wenn zu dieser Uhrzeit es kaum belegt sein sollte… er klettert gerade an einem Gebäude voll mit Frauen, die über genug Magie verfügen, um damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen, hoch, auch wenn das nur ins Auge gehen kann!

Es war sonnig, es war Mittag, es war ein wundervoller Tag, an dem man nichts lieber tat, als... Keine Ahnung. Was taten andere Leute an solchen Tagen? Kabuto wusste es nicht – für ihn war das nichts anderes als sonst auch. Er war so früh wie üblich aufgestanden, sein Onkel war schon weg gewesen, er hatte die Wohnung geputzt und das Frühstück für seine Tante und seine Cousine vorbereitet, um dann mit einem einzelnen belegten Brot zu verschwinden und sich in der Gilde – mal wieder erfolglos – nach einer zu ihm passenden Quest umzusehen, die er sich anzunehmen traute. Er hatte auch niemanden getroffen, den er kannte, also hatte er sich nach ein paar Stunden wieder auf den Weg gemacht, auch wenn er nicht wusste, wo er hin sollte. Nach Hause konnte er ja nicht, sonst würde seine Cousine ihm die Hölle heißmachen und er würde sich wieder den ganzen Tag um ihre Kinder kümmern müssen... Seufzend sah er sich ein wenig in der Stadt um, blieb auch kurz vor einem Süßigkeitenladen stehen, obwohl er genau wusste, dass er sich nichts von alledem kaufen durfte. Ob Kureiji sich wohl heute zeigen würde? Wahrscheinlich nicht, es waren mehr als zwanzig Grad, da traf Kabuto nie auf ihn. Unzufrieden kickte er einen Stein weg, der auf dem Boden vor ihm lag, folgte ihm dann und kickte ihn nochmal. Langsam wurde er nachdenklich; er hatte inzwischen vier Freunde, oder zumindest Bekannte, in der Gilde gefunden, wusste aber von keinem von ihnen, wo sie lebten. Zwei davon waren Jungen, da hatte er gar keine Ahnung, aber... War es nicht möglich, dass Lia oder Melanie in Fairy Hills residierten? Einen Versuch war es auf jeden Fall wert! Wieder mit etwas mehr Elan machte der Junge sich auf den Weg zum Mädchenwohnheim seiner Gilde. Er war noch nicht einmal darin gewesen, hatte es allerdings schon mehrfach gesehen, wusste also, wie er dort hinkam. Trotz des Gegenwindes kam er relativ schnell dort an, was wahrscheinlich daran lag, dass dieser Gegenwind nichts weiter war als eine sanfte, kühle Brise, oder daran, dass er nicht weit entfernt gewesen war. Er war enthusiastisch, sicher, dass das eine gute Idee war, marschierte auf den Eingang zu und... erstarrte. Was dachte er sich denn? Das war der Eingang zum Mädchenwohnheim! Er konnte da doch nicht einfach reinspazieren... Die Bewohnerinnen wären sicher total wütend, wenn ein Junge käme, um sie zu stören! Nein, nein, das war eine ganz miese Idee, wie hatte er bloß anders denken können! Zitternd drehte er sich um und war gerade auf dem Weg zurück, als er wieder stehen blieb. Einen Moment mal, er war doch nur hier, um jemanden zu besuchen! Er hatte alles Recht, hier zu sein! Er tat das richtige, und jeder würde das verstehen!
Etwa so ging es noch ein paar Mal weiter, und auch, wenn er jedes Mal der Tür ein bisschen näher kam, schaffte er es einfach nicht, hinein zu gehen. Seufzend wollte er gerade resignieren, als er erkannte, dass da irgendetwas die Wand hochkletterte. Was war das? Ein großer Käfer? Ein Einbrecher? Ängstlich wollte er sich gerade zurückziehen, als er erkannte... dass das ja nur ein kleiner Junge war. Was wollte der denn hier? Also kein Käfer, und wahrscheinlich kein Einbrecher... entweder ein Dummkopf oder ein Spanner also. Oder beides. Hey, was machst du denn da?, rief der Kyofu dem Kletterer zu. Es war sicher nicht besonders klug, bei Magierinnen zu spannen...

Der heutige Tag hätte für Sylvana nicht besser anfangen können. Gut eine Stunde vor der Mittagszeit von einigen vereinzelten Sonnenstrahlen wachgekitzelt zu werden war schon mal sicherlich ein wundervoller Weg aufgeweckt zu werden. Sylvana hatte nach der langen, gestrigen Feier am Badesee in der Nähe allen Grund gehabt, ausgiebig zu schlafen. Vermutlich war sie diejenige, die am längsten geschlafen hatte. Nun, ein wirkliches Problem hatte sie damit nicht wirklich. Immerhin konnte sie somit sichergehen, dass sie das Gemeinschaftsbad für sich hatte. Und gerade heute hatte sie ein großes Bedürfnis auf ein heißes Bad gehabt.
Natürlich hatten alle Bewohnerinnen des Mädchenwohnheim Fairy Hills ein eigenes Badezimmer samt geräumiger Dusche, doch unter der Dusche war es einfach nicht so schön wie in einer großen Badewanne. Einfach nur im heißen Wasser liegen und sich entspannen. Ein Glück, dass Kazuya ein Junge war – ansonsten wäre das heiße Badewasser wohl ständig alle. Levias Sohn hatte aber auch einen verdammt großen Durst…
Nach einer gefühlten Ewigkeit, es war sicherlich eine gute dreiviertel Stunde, hatte Sylvana sich lange genug entspannt. Die Strapazen der letzten Tage waren wie weggewaschen und die Dragonslayerin fühlte sich wieder so wohl wie seit Jahren nicht mehr. Wozu so ein heißes Bad doch alles gut sein konnte…
Es war schon ein großer Vorteil, dass Sylvanas Zimmer beinahe direkt neben dem Gemeinschaftsbad lag. Insgesamt waren es drei Türen, die zwischen hier und ihrem Zimmer lagen. Da auf dem Flur auch keine Fenster waren und im Wohnheim sowieso nur Mädchen unterwegs waren, sah sie es nicht nötig gleich ihre Klamotten mit ins Bad zu nehmen. Auf den Fluren traf man zum einen selten auf jemand anderen, zum anderen ist es doch immer sehr angenehm, wenn man nach einem heißen Bad noch ein wenig an der Luft abkühlen konnte.
Seufzend streckte sich die Dragonslayerin einmal kräftig, ehe sie zu dem großen Schrank ging, der direkt gegenüber der großen Badefläche an der Wand stand. Etliche Handtücher in mehreren verschiedenen Größen waren dort verstaut. Ohne lange zu suchen griff Sylvana nach zwei von den weißen Handtüchern – ein großes und ein kleineres für ihre Haare. Ihren Körper wickelte sie auch sogleich in das weiche Objekt aus Baumwolle ein, während ihre langen, nassen Haare unter dem kleineren Handtuch verschwanden. Ein paar Sekunden blieb sie noch stehen, genoss den warmen Wasserdampf, der den Raum etwas nebelig macht, ehe sie die Tür öffnete und zu ihrem Raum ging.

Ertappt! Jemand hatte ihn gerade angesprochen! Man sah kurz, wie Katsus gesamter Körper kurz steif wurde und dann aber sich entspannte… er hatte einen guten Grund hier zu sein! Er drehte sich um und schaute auf den Sprecher… ein Junge der gerade mal begreifen müsste, warum Frauen das wohl Beste auf der gesamten Welt waren, die genauen Aussehenszüge verzerrten sich, ähnlich wie ein Mosaikfilter, da Katsu sein Gehirn nicht mit unwichtigen Details über Männer belasten möchte.
Stattdessen legte er den Zeigefinger über seine Lippen und machte ein: „Psst…“ Er schaute sich kurz um… keine weiteren da, dann begann er leise zu reden: „Stör mich nicht, Junge. Ich bin auf einer wichtigen Mission, wichtiger als ein einzelnes Menschenleben!“ Katsu würde sein Leben dafür opfern, um in ein Frauenbad zu kommen! „Um den Erfolg der Mission zu garantieren, ist absolute Verschwiegenheit wichtig.“ Immerhin möchte er nicht von einer der Frauen hier erwischt werden. „Wenn die falsche Person von meiner Anwesenheit hier erfährt, dann wird es zu irreparablen Schäden führen und es könnten Menschen verletzt werden oder gar sterben!“ Wie er selbst, auch wenn er sein Leben dafür riskiert, ins Frauenbad zu gelangen, würde er es vorziehen auch am Leben zu bleiben: „Also bitte ich dich: Dreh dich um und tue so, als hättest du mich nie gesehen, absolutes Stillschweigen, ansonsten wirst du auch mit hineingezogen und das möchte ich nicht!“ Echte Sorge war in der Stimme zu erkennen… denn Katsu wollte den Anblick für sich alleine haben und ihn nicht mit jemand Wildfremden teilen!
Nachdem er sich versichert hatte, dass seine Worte Wirkung zeigten, wandte er sich dem Zimmer zu… wer wie er zehn Jahre lang damit verbracht hatte, Frauenbäder zu infiltrieren, der entwickelte einen gewissen Sinn dafür, nachdem er an den Wänden zugange war… Oder erkannte die Badefenster mit den milchigen Glas und die deutlich höher waren und nur auf Klapp zu öffnen waren. Das bedeutete, er musste von innen infiltrieren, weswegen er sich ein Fenster direkt neben dem Bad aussuchte…
Da hatte jemand sein Fenster offen! Mit einer Bewegung schwang sich Katsu rein und stand nun inmitten eines Zimmers, in dem ein Mädchen wohnte. Sie war gerade auch nicht da, dafür aber… Halt, jetzt war das Bad als erstes dran!
…Die Tür öffnete sich! Panikartig schwang sich Katsu wieder aus dem Fenster und hing am Rahmen, sodass man ihn nicht sehen konnte… Hoffentlich machte sie nicht das Fenster zu!

Wofür hielt dieser Junge Kabuto eigentlich? Zuerst einmal hatte er natürlich keine Fledermausohren, was es nicht ganz leicht machte, zu verstehen, was der Fassadenkletterer mit seiner gedämpften Stimme sagte; er könnte ruhig ein wenig lauter sprechen, wenn es so wichtig war. Abgesehen davon war die Geschichte, die er ihm aufzutischen versuchte, ziemlich... ja, was eigentlich? Am ehesten würden es wohl die Worte lächerlich und kindisch treffen. Unglaubwürdig war es nicht einmal, immerhin konnte er ja wirklich irgendeine Art Auftrag haben, und wenn ihn eine der Magierinnen beim Spannen erwischte, ging es vielleicht wirklich um Leben und Tod – natürlich nur um sein Leben, denn der Kyofu konnte sich nicht vorstellen, dass Mädchen es mochten, wenn jemand in ihre Fenster gaffte. Aber naja, wahrscheinlich ging ihn das nichts an, also wendete er sich einfach ab, wie der Fremde es wollte, und schüttelte irritiert den Kopf. Er wollte seinen Blick also für sich allein, das war kein Problem, konnte er gern haben. Kabuto hatte nicht wirklich daran Interesse, irgendwelche wildfremden Mädchen auszuspannen... Doch was, wenn er Lia-sama sah? Der Grünschopf erstarrte, begann zu Zittern. Nicht nur würde die Dragonslayerin diesen Jungen einfach verbrennen, bis von ihm nichts als Asche übrig war, sie würde sich auch noch total entblößt fühlen und es wäre ihr sicherlich furchtbar unangenehm, das konnte man ihr doch nicht antun! Aber wenn Kabuto jetzt zu dem Fremden ging, und sei es auch nur, um ihn aufzuhalten, bestand die Gefahr, für einen Komplizen gehalten zu werden, was natürlich eindeutig nicht stimmte! Kabuto würde niemals auch nur daran denken, Lia-sama zu begaffen... ihren schönen, ausgewachsenen Körper, bedeckt von nichts als ein paar Strähnen ihres pinken Haares... wie sie vor dem Fenster stand und vielleicht gerade trainierte, vielleicht sogar als feurig glühender, unbekleideter Engel... Nein! Kräftig biss der Junge die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf. Einfach nein! Er konnte sich nicht auf das Level dieses niveaulosen Perverslings niederlassen, schon gar nicht vor Lia-sama! Und er konnte erst recht nicht zulassen, dass der sie in so einem Zustand sah! Es wurde Zeit, dass er eingriff und die Unschuld seiner... Kollegin beschützte. Also drehte er sich erneut herum, trat einige Schritte näher an das Wohnheim und versuchte, den Kletterer an der Fassade zu entdecken – und scheiterte. Wo war er denn jetzt schon wieder hin? Verwirrt suchte er die Wand ab, auch die Fenster, und kurz darauf bemerkte er, wie sich jemand aus einem heraushängen ließ – kein Zweifel, das war er. Warum sollte er erst durch ein Fenster hinein, und dann durch dasselbe wieder verschwinden? Na klar, es gab nur eine Erklärung: Die Person, der das Zimmer gehörte, hätte ihn fast erwischt. Einen kurzen Moment lang formte sich der Mund des Kyofu zu einem diabolischen Grinsen, ehe er zu seinem Ursprung zurückkehrte und Worte formte, die laut und deutlich ausgerufen wurden: Hey, du! Komm da gefälligst runter, sowas macht man nicht! Hoffentlich war es nicht Lia-sama hinter diesem Fenster, aber jemand mit ähnlicher Zerstörungskraft... das wäre doch einmal witzig, nicht wahr?

Frische, warme Luft strömte ihr entgegen, als Sylvana die Tür zu ihrem Zimmer öffnete und in selbiges trat. Wie immer hatte es sich als gute Idee bezeugt, vor dem Gang ins Bad das Fenster zu öffnen. Zumindest, solange es draußen warm war. Im Winter würde sie garantiert das Fenster geschlossen lassen. Sie wollte sich ja keine Erkältung einfangen. Aber gut, jetzt war es unnötig an Erkältungen zu denken. Es war gutes Wetter, die Sonne schien und die Luft fühlte sich gut in ihrer Nase an. Stellte sich nur dieselbe Frage wie an jedem Morgen: Was sollte man heute anziehen? Die übliche Qual der Wahl. Warum hatte sie ihren Plan, am vorherigen Abend die Klamotten für den nächsten Tag auszusuchen, inzwischen wieder verworfen? Genau konnte es die Dragonslayerin nicht sagen, aber vermutlich war sie einfach ein wenig zu faul gewesen, jeden Abend schon die Kleidung für Morgen auszusuchen, obwohl sie vorher nie wusste, wie das Wetter werden würde. Konnte jetzt eigentlich auch egal sein, immerhin musste sie jetzt ein passendes Outfit für den heutigen Tag finden.
Seufzend rubbelte sie noch eilig ihre Haare und ihren Körper trocken, ehe sie die Handtücher zu Boden fallen ließ und ihren begehbaren Kleiderschrank betrat. //Hmmm… Das Top? Oder lieber doch dieses? Das wäre aber auch nicht schlecht…// Man kann sich sicherlich vorstellen, dass eine solche Prozedur des Öfteren morgens bei der Dragonslayerin stattfand. Sie war halt ein wenig wählerisch und brauchte etwas Zeit, bis sie sich zufrieden entscheiden konnte. So war es auch…
„Das sieht doch gut aus!“ Alles auf Anfang, so schien es heute nicht zu sein. In ihren Händen hielt Sylvana ein azurblaues, schulterfreies Top, hielt es sich kurz an den Körper. „Perfekt!“ Schnell blickte sie in die hintere Ecke ihres Schrankes, wo einige Hosen und Röcke hangen. Auch hier fiel ihr sofort etwas ins Auge: Eine kurze Jeans. Optimal für das warme Wetter heute. Schnell noch die passende Unterwäsche geschnappt und… „Hey, du! Komm da gefälligst runter, sowas macht man nicht!“
Was war dass für ein Lärm da draußen? Sylvana hob die Nase und schnupperte zweimal. Da lagen zwei fremde Gerüche in der Luft. Den einen hatte sie schon einmal gerochen, vermutlich unterbewusst, der andere war ihr vollkommen fremd. Seufzend machte sie sich daran sich schnell anzuziehen. Neugierde hatte sie gepackt, wollte sie doch wissen, was draußen los war. Ihre Haare könnte sie ja noch später machen. Erstmal konnten sie auch offen getragen werden. War ja nicht so, als ob ihr offene Haare nicht stehen würden.
Schnell warf Sylvana noch mal einen letzten prüfenden Blick auf sich, als sie angezogen vor ihrem Spiegel stand. Ja, so konnte man sich blicken lassen. Also trat sie aus ihrem Kleiderschrank raus und ging in Richtung ihres offenen Fensters. Ihr Blick traf auf einen grünhaarigen Jungen, bei dem man meinen könnte, er träge einen Baum auf seinem Kopf. Eine wirklich interessante Haarfarbe. Erneut schnupperte Sylvana. Ja, von ihm ging eindeutig der ihr bekannte Geruch aus. Wo kam aber dann der andere her?
„Sag mal, was ist denn hier los?“ Warum starrte der Junge überhaupt zu ihrem Fenster? Schon bevor sie rausgeschaut hatte, war sein Blick hierher gerichtet. Fragend schnupperte Sylvana noch einmal und bemerkte erst jetzt, wie intensiv der andere Geruch doch geworden war. So als ob…
Ihre Augen senkten sich langsam, bemerkten die Finger, die sich am Fensterrahmen festhielten. Wer zur Hölle hang dort an ihrem Fenster? Könnten die Finger zu der Person gehören, zu dem der Junge gerufen hatte? Was auch immer nun los war, Sylvana hatte mit einem Mal einen merkwürdigen Verdacht in ihrem Magen. Da wollte sich jemand unbefugten Eintritt in das Wohnheim verschaffen. Ein dunkles Grinsen zeigte sich auf ihren Lippen.
„Ich glaube, dass du hier am falschen Fenster hängst…“ Ihre Hand griff nach dem Handgelenk, natürlich nicht ohne einen Nebengedanken zu haben. Ihre ganze Hand war mit elektrischer Energie aufgeladen, welche langsam dazu führen sollte, dass die angefasste Hand einschlafen sollte. Gut, normalerweise nutzte sie ihre Lightning Dragon's Volt Fist für den Zweck des Kampfes, indem sie neben dem Schmerz eines Faustschlages noch einen Betäubungseffekt hinzufügt, aber auf diesem Weg war die Technik ja auch einsetzbar.
„Was hängst du überhaupt hier rum? Wir haben auch so was wie eine Haustür, bei der angeklopft werden kann.“ Langsam beugte sich Sylvana nach vorne, um in das Gesicht des Jungens schauen zu können. Das Grinsen war aus ihrem Gesicht verschwunden, stattdessen lag dort ein freundliches Lächeln. Mal schauen, ob er auf dieses Lächeln reinfallen würde.

„Sag mal, was ist denn hier los?“ Dieser Idiot, nur weil er so rumschrie, hatte das die Aufmerksamkeit der Bewohnerin geweckt. So etwas machte man nicht, man verpetzte nicht einfach jemanden, der ein wenig spa… der eine wichtige Mission zu erledigen hatte! Dabei hatte er extra betont, wie wichtig Heimlichkeit sei! „Ich glaube, dass du hier am falschen Fenster hängst…“ Nach einem kurzen Blick war sich Katsu sicher, dass dies das absolut richtige Fenster war!
Denn wenn sie so dastand, konnte man erkennen, wie bombastisch diese Hügellandschaft war, die sich in den Vordergrund spielte! Die Besitzerin ergriff sein Handgelenk und es kam ein Kribbeln… es war… Liebe! „Hey, Katsu! Sie setzt Donnermagie gegen dich ein!“[/size]
Dann beugte sie sich vor: „Was hängst du überhaupt hier rum? Wir haben auch so was wie eine Haustür, bei der angeklopft werden kann.“ Bei dem Vorbeugen bewegten sich die Früchte des Lebens und Katsus Hand wurde taub, er wollte so gerne hineingreifen, dass die Hand vor Verzückung in Ohnmacht getreten ist: „Das ist ein Betäubungseffekt, wach endlich auf!“
Das Kribbeln, das Taubwerden… er hatte sich soeben in diesen Busen verliebt! Nein, nicht nur verliebt, er war sich sicher: Mit diesen Busen würde er den Rest seines Lebens glücklich werden, neben all den anderen die er noch für sich haben wollte.
Die Besitzerin dieses Prachtexemplars versuchte ihn ins Gesicht zu schauen, doch er guckte mit hochrotem Kopf weg… nach der ersten Faszination war er sehr, sehr nervös und musste erst einmal wieder zu Sinnen kommen, denn er wusste auf einmal: Wenn er wieder schauen würde, würde er wieder vollkommen gefangen sein. „Frauen haben mehr als nur einen Busen, Katsu. Sie haben ein Gesicht, wunderschöne Augen, sie haben wohlgeformte Hintern, breite gebärfreudige Hüften und…“
Stimmt, zu dem Busen gehörte noch eine Frau! Er versuchte in ihr Gesicht zu schauen, aber das Gesicht war wegen dem Vorbeugen immer im Bereich ihres… zu sehen, weswegen er nur wieder rot wurde und das Gesicht mied: „Ähm… ich kann… ich kann alles erklären!“ Er schluckte schwer und versuchte ihr in die Augen zu schauen, aber traute sich nicht, da er dann Gefahr laufen würde, wieder dieses Geschenk vom Himmel zu sehen: „Junge-Menschenleben, Er… Verschwiegen! Irreparabel! Dreh dich um… hinein!“, stammelte er leicht beklommen seine Ausrede zusammen und schüttelte danach den Kopf… Was war hier los? Normalerweise würde er schon längst versucht haben, die Frau zu betatschen und mit ihr zu flirten (in der Reihenfolge), aber irgendwie wollte es nicht so ganz klappen, war das etwa…
[size=80]„Das passiert also, wenn du nur ein paar Tage keinen Kontakt zu Frauen hast? Du… du Junkie!“
Das würde alles erklären, er war entwöhnt wegen der Reise zu Fuß! Nachdem er in einer Stadt der Bäder angekommen war und dort lebte, war ein Leben ohne Frauen für ihn undenkbar geworden, weswegen nur kurze Abwesenheiten all sein Selbstvertrauen zerstörten! Wäre ich in diesen Zustand spannen gegangen… Undenkbar!
„Ahh… ah…“ Er versuchte die Worte zu finden: „Verzeihung, ich… ich bin Frauen nicht mehr gewöhnt!“ Es war nun viel zu viel Stimulus: „Ich… ich bin hier auf Mission und…“ Er konnte gar nicht richtig ausreden, weswegen er nur mit Worten herumbalancierte in der Hoffnung irgendwie damit zurechtzukommen.

In gespannter Erwartung stand Kabuto dort unten und sah zu, wie der Fremde entdeckt wurde. Lia war es zum Glück nicht, die am Fenster erschien, doch auch diese Magierin würde sich das sicher nicht einfach so gefallen lassen. Was sie wohl machen würde...? Vielleicht schlug sie ihm das Fenster vor der Nase zu, oder sie flambierte ihn oder schüttete Wasser über ihn... vielleicht wurde er von einer magischen Windböe weg geschleudert oder von Kristallnadeln akupunktiert. Oder es war eine Nutzerin von The Knight, die ihn mit ihren Schwertern malträtierte... das wäre auch nett. Und dann gab es natürlich noch Eis, diverse Beschwörungen, eine Magie, die mit purer Zerstörung arbeitete und oh, so viele grausame verlorene Magien... Man konnte gar nicht vorhersagen, was ihm passieren würde, es konnte einfach alles sein, aber eines war klar: Dieser Junge würde nicht ungeschoren davon kommen! Vor allem sah die junge Frau, die da aus dem Fenster sah, zwar zugegebenermaßen hübsch, aber nicht besonders gnädig aus... Äußerlich.
Kabuto merkte schnell, dass nicht sofort ein gewisser Mensch die Hauswand herunter stürzte, und nach einigen Sekunden war noch immer nichts passiert. Von hier aus konnte er nicht verstehen, was die beiden sagten, doch es war deutlich, dass es diesem Jungen zurzeit noch ziemlich gut ging. Es folgte kein Schlag, weder durch Karten, Ketten, Schatten, Metall oder einfach mit der Hand oder notfalls dem Fenster... Gar nichts! Aber... das konnte einfach nicht sein! Der Typ war doch eindeutig ein Spanner, und sie musste doch eine Magierin sein! War sie etwa so weich, das einfach so durchgehen zu lassen? Oder verstand sie gar nicht erst, was los war? Es gab ja überall auf der Welt Menschen, die, nun ja, etwas schwerer von Begriff waren als andere... Außer diesen beiden Möglichkeiten fiel dem Grünschopf leider wirklich kein Grund ein, den Jungen einfach da hängen zu lassen, trotz seiner absolut offensichtlichen Absichten. Er ging etwas näher heran, wollte erkennen, was die beiden genau machten, bis er unter dem Fenster stand und direkt nach oben sah. Sie hielt ihn sogar am Handgelenk... sie wollte wohl wirklich verhindern, dass er herunterfiel. Jetzt gerade war das wahrscheinlich gar nicht mal schlecht, da er direkt auf Kabuto fallen würde, wenn ihn dort oben nichts mehr hielt, aber insgesamt war das einfach nur seltsam. Also, der Kyofu würde ihm an ihrer Stelle ganz sicher nicht helfen, außer vielleicht dabei, wieder von dieser Höhe herunter zu kommen – auf dem schnellsten Weg. Wenn der Kyofu sich daheim mal daneben benahm wurde er immer gleich gequält von seiner Tante und seiner Cousine und musste noch mehr Arbeiten erledigen als ohnehin schon.... und dieser Spanner kam einfach ungestraft davon? Die Hände des Grünschopfes ballten sich zu Fäusten, sein Kopf senkte sich und seine Zähne knirschten. Leise murmelte er: Oh nein, ganz sicher nicht... Die Fäuste entspannten sich wieder und er hob die Hände vor sein Gesicht, lächelte bitter, während sich Käfer darauf bildeten... Fünf Meter Reichweite würden mehr als genug sein, um den Jungen zu erwischen, bestimmt... Moment mal... was mache ich denn da? Geschockt schüttelte er den Kopf und ließ die Insekten sofort wieder verschwinden. Nein, das war doch überhaupt nicht seine Art... Er müsste sich freuen, dass dieser Fremde es unbeschadet überstanden hatte. Danach war ihm jetzt aber auch nicht unbedingt...

Ganz langsam bereute es die Dragonslayerin, dass sie diesen komischen Kerl nicht die Faust ins Gesicht gerammt und ihm somit zu einem kleinen Freiflug über das Gelände des Wohnheims verholfen hatte. Nicht nur, dass sie vermutlich einen Spezialisten in Sachen kryptischer Sprache benötigen würde, um den Sinn der gestammelten Wörter in einen ganzen, logischen Kontext zu befördern. Dieser fremde Junge hatte auch die Unverschämtheit ihr einfach auf die Brüste zu glotzen! Gut, er schaute schließlich dann auch wieder weg, aber es war Sylvana trotzdem nicht gerade angenehm, wenn man ihr einfach dorthin anstatt in ihr Gesicht schaute. Trotzdem blieb sie ruhig. Ihr war schon lange bewusst, was dieser Kerl vermutlich vorhatte. Damit war er nicht der Erste seiner Art. Wobei eigentlich nur dieser eine masochistische Junge es immer wieder versuchte durch ein geöffnetes Fenster in das Wohnheim einzudringen und jedes Mal, und damit ist auch wirklich jedes Mal gemeint, hochkant wieder rausflog. Vermutlich hatte er schon von jeder Magierin hier eine Kostprobe erhalten. Sylvana zumindest hatte ihm erst letzte Woche eine kleine Schocktherapie verpasst. Ähnlich, wie sie es gerade bei diesem Jungen machte…
Ein leichtes Grinsen schlich sich auf ihre Lippen, als sie sich nach vorne beugte. Ihre andere Hand griff sich nun auch das andere Handgelenk und setzte es ebenfalls unter Storm. „Du bist also hier auf Mission, hm?“ Ihre Augen wichen nicht seinem Gesicht, welches weiterhin gerötet zur Seite blickte. Dafür, dass er ein Spanner war, schien er aber wirklich verdammt schüchtern zu sein. Passte eigentlich nicht wirklich zusammen – vermutlich war es nur eine eintrainierte Masche, wer wusste das schon genau.
Sylvanas Grinsen wurde breiter, als sie den Griff um seine Handgelenke verstärkte. Sie spürte schon, wie der Griff der Hand, welche sie zuerst angefasst hatte, langsam schwächer wurde. Hoffentlich war er ein Fan von freien Fällen…
„Über solche Missionen redet man aber nicht, während man an einem Fenster hängt…“ Die Worte flüsterte sie in einem gespielten Ton in sein Ohr, nur um kurz danach ihre Griffe zu lockern und ihre Hände auf die seinen zu legen. Ihre Fingerspitzen strichen kurz über seine steifen Finger. „Darüber sollten wir unten sprechen.“
Dann, von seiner Sekunde zur anderen, packte sie erneut seine Handgelenke, zog sie seine Hände vom Fensterrahmen und stieß ihn leicht weg von ihm. Amüsiert schaute blickte sie in das überraschte Gesicht, als der Junge nach unten fiel. Sie wusste, dass ein Sturz aus dieser Höhe nur einen ordentlichen blauen Fleck hinterlassen würde, wenn er nicht dumm fallen würde. Und zudem stand da unten ja noch dieser andere Junge… Was?! Der Junge stand da unten?! Fluchend schloss sie das Fenster und rannte aus ihrem Zimmer. Ihr war in diesem Moment egal, dass sie nicht sehen könnte, wie der Fremde Bekanntschaft mit dem Boden machte. Der Gedanke, dass diesem Jungen, der ja ihrer Gilde angehörte, jetzt irgendwas zustößt, war ihr momentan wichtiger. Die Tür knallte hinter ihr zu, als sie schon fast die Treppen erreicht hatte. Zwei Stufen auf einmal nehmend raste sie selbige herab, um so schnell wie möglich in der Vorhalle anzukommen. Hoffentlich war dem anderen Jungen nichts passiert…

Der Aufprall war gar nicht mal so schlimm. Nun gut, bestimmt war gerade die Wirbelsäule etwas verbogen, die Haut wund, die Rippen haben leicht das Fleisch punktiert, der Hinterkopf war etwas weich geklopft und ein bisschen Blut lief aus dem Mundwinkel, da sich Katsu in die Wange gebissen hat. Aber aus irgendeinem Grund spürte er kaum Schmerz, genau genommen fühlte er gerade nur ein bisschen Kopfweh. Dazu war die untere Hälfte irgendwie merkwürdig, es war nicht wirklich kalt da, eher so als wäre die normale Wärme gerade nicht spürbar… ja, genauer betrachtet konnte er wirklich gerade nichts vom Hals abwärts spüren, aber das ersparte ihn gerade – und da war er plötzlich, der Schmerz. Au ja, das tat tierisch weh! Der leicht verblüffte Ausdruck aufs Katsus Gesicht wurde von Schmerzen geprägt und irgendetwas bohrte sich gerade in seinen Rücken. Etwas Größeres…
Hm… stöhnte gerade jemand unter ihm? Hm… scheinbar war das bohrende Etwas ein Ellenbogen. Er rollte sich runter und merkte, dass da jemand unter ihm lag… Hat er etwa versucht mich aufzufangen? Oder stand er da nur ganz unglücklich? Hm… Aber eines ist klar: Er hat keine Brüste! Wie gerne wäre er doch in ein Kissen aus Weiblichkeit gefallen, bestimmt wäre der Aufprall dann ganz sanft mit einem Boing geschehen. Alleine der Anblick beförderte weiteres Blut auf sein Gesicht, diesmal kam es aus der lädierten Nase.
Langsam rappelte sich Katsu auf und schüttelte sich erstmal, um den Schwindel loszuwerden, dann reicht er dem Jungen am Boden die rechte Hand, um ihm aufzuhelfen: „Hier, danke für’s Auffangen, ähm… du da!“ Er machte es halb aus Anstand, halb aus Verwirrung und halb aus der Überlegung heraus, dass der Junge für sein Einmischen schon genug bestraft war. In gewisser Weise verspürte Katsu viel Empathie mit Leuten, die körperliche Schmerzen bekommen, obwohl sie unverdient waren: So wie er jetzt. Hatte er es verdient herunterzufallen? Nein! Er war auf Mission und das bedeutete, dass er als Magier der ehrenwerte Gilde Lamia Scale sich auch mal wie ein Dieb aufführen musste.
Denn den Brief den er hatte, niemand durfte sonst von seiner Existenz wissen. Warum? Weil es Katsu eine Ausrede lieferte! Und das bedeutete, dass praktisch alles erlaubt war!