Endlich angekommen...

Auch wenn die Reise nach Marokkasu Town schneller vergangen war, als Miu sich vorgestellt hatte, so war sie ihr doch wie eine kleine Ewigkeit vorgekommen. Das hatte viele Gründe, am schwersten gewichtete jedoch die Tatsache, dass es sich hierbei um die erste Reise im Leben der jungen Kamui gehandelt hatte, zumindest die erste an die sie sich bewusst erinnern konnte. Und dann auch noch in die Hauptstadt Fiores! Es war Miu sehr schwer gefallen sich ihre Überraschung und ihr Wohlgefallen an der Reise hierher nicht anmerken zu lassen und sie wusste nicht, wie gut sie dabei abgeschnitten hatte. Ihr war natürlich aufgefallen, dass ihr Begleiter - ein männlicher Magier namens Kori - sie das ein ums andere Mal beobachtet hatte und versuchte, sie in Gespräche zu verwickeln. Ob es letztendlich an ihrer Unsicherheit lag, welche sie die ganze Zeit über an den Tag gelegt hatte, oder daran, dass sie die wenigen Fragen die er ihr gestellt hatte eher ausweichend beantwortete, konnte das Mädchen nicht sagen, allerdings hatte der Junge irgendwann damit aufgehört sie zu einer Unterhaltung zu zwingen, an der sie offenbar kein Interesse hatte. Zwar tat es ihr leid, dass sie so abweisend rüberkam, aber jede Sekunde dieses Ausfluges war für sie aufregend und völlig neu gewesen und sie wollte jeden Augenblick in sich aufnehmen. Ihre erste Zugfahrt. Die unzähligen und unbekannten Landschaften, die dabei vor ihrem Fenster vorbeisausten. Das erste Mal, dass sie eine andere Stadt neben Hosenka Town besuchte. Viel zu viele Dinge, die die Aufmerksamkeit der Kamui benötigten, als dass sie sich guten Gewissens auf eine Konversation hätte einlassen können. Sie hoffte allerdings, dass sie nach ihrer Ankunft und dem Gespräch mit der Auftraggeberin mehr Zeit haben würde, um Kori etwas besser kennenzulernen. Das wenige, das sie von ihm wusste, war dass auch er neu zu Lamia Scale hinzugestoßen war. Man konnte also sagen, dass sie beide irgendwie im selben Boot saßen. Und das sogar wortwörtlich. Kurz nachdem die beiden am Bahnhof in Marokkasu Town angekommen waren, wurden sie auch schon von einem wichtigtuerischem Kutscher in Empfang genommen, der sie nach einer halsbrecherischen Fahrt quer durch die Straßen der Stadt an einen kleinen Steg führte, von dem aus sie in ein nicht allzu stabil wirkendes Boot steigen mussten. Der alte Fährmann versicherte ihnen jedoch, dass seine Nussschale sie sicher an ihren Bestimmungsort bringen würde, an dem sie bereits von einer gewissen Mary Richy erwartet wurden. Bei der Nennung dieses Namens entschloss sich Miu dazu, noch einmal den Steckbrief durchzulesen, der am schwarzen Brett ihrer Gilde offenbar sehnsüchtig Kori und sie erwartet hatte. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass Miu nicht seekrank wurde, weswegen sie problemlos ihre Augen über die wenigen Zeilen huschen lassen konnte, die eine Erklärung ihrer Mission darstellen sollte. Nur schwer verkniff sich das Mädchen ein Seufzen. Sie ahnte, dass diese Aufgabe nicht einmal ansatzweise etwas für sie war, allerdings hatte es sonst keine Quest gegeben, zu der sie sich hätte eintragen können. Vielleicht war es gut, dass sie mit etwas leichtem, etwas sicherem begann... immerhin hatte sie keine Ahnung, wie das alles überhaupt ablaufen sollte und der Gedanke vielleicht bei etwas wirklich wichtigem zu versagen, behagte ihr nicht. Aber da es hier und heute nur um die Organisation einer Party ging, würde ein Fehler schon nicht allzu schwer wiegen... zumindest in ihren Augen.

Nach wenigen Minuten hatte der Fährmann die beiden Gildenmagier übergesetzt und nach einer kurzen Verabschiedung machten sich die beiden weiter in Richtung ihres eigentlichen Bestimmungsortes. Und der war schon aus der Ferne zu erblicken. Einen kurzen Augenblick lang öffnete sich der Mund der jungen Kamui, doch nach kurzer Besinnung schloss sie diesen wieder und verkniff sich ihren Kommentar. Nicht mehr allzu weit vor ihnen lag ein riesiges Schloss, welches wohl am ehesten mit den Bauten zu vergleichen war, die man aus Märchenerzählungen her kannte. Hohe und verschnörkelte Zinnentürme rahmten die "Richy Mansion" von beiden Seiten her ein und gaben dem Schloss etwas leicht majestätisches. Das hohe und massiv wirkende Eingangstor machte zudem klar, dass hier ausschließlich geladener Besuch erwünscht war. Die weitreichenden Gartenanlagen, welche um den ganzen Palast herum verstreut lagen und die Szenerie prägten ließen in Miu die Frage aufkommen, wie viele Gärtner wohl benötigt wurden, um sich die Natur derart Untertan zu machen. Büsche, Sträucher und Bäume waren in alle möglichen und unmöglichen Formen geschnitten worden und die vielen, akribisch zusammengestellten Blumenwiesen, rundeten diesen übertriebenen Kitsch passend ab. Miu, die selber eher ein Fan der freien, unbeschnittenen Natur war, konnte sich an diesem Anblick nicht sonderlich erfreuen, aber es lag nicht an ihr so etwas zu beurteilen. "Na endlich! Schon den ganzen Tag warte ich auf euch, ich hatte schon gedacht ihr habt mich versetzt! Das wäre eine Katastrophe, eine wahre Katastrophe!", ertönte eine hohe Stimme nur wenige Meter vor den beiden Magiern und Miu konnte zum ersten Mal einen Blick auf ihre Auftraggeberin werfen. Und ihr Anblick war... extravagant. Elegant gelocktes blondes Haar fiel zu beiden Seiten an den Schultern der hübschen Frau hinab, ohne dabei den Blick vom Wesentlichen abzulenken. Ein Kleid, das dermaßen aufreizend geschnitten war, dass sich Mius Mutter wohl im Grab umdrehen würde, sollte ihre Tochter jemals auch nur mit dem Gedanken spielen, in so etwas reinzuschlüpfen, war der wahre Blickfang und wurde von dazu passenden Accessoires noch untermalt. Mary Richys Name war offensichtlich Programm, denn man fand abnorm viele goldene Arm- und Fußkettchen, ein Paar diamantener Ohrringe und sogar ein kostspielig wirkendes Diadem, das irgendwie fehl am Platz wirkte. Am auffälligsten war jedoch der knallrote Federschal, der dem jungen Model um den Hals hing und stellenweise mit glitzernden Strasssteinen verseht war. Von diesem Anblick vollkommen überwältigt, hätte Miu fast den nächsten Satz ihrer Klientin verpasst. "Aber jetzt wo ihr endlich hier seid, kann es ja mit den Planungen los gehen. Was habt ihr beide denn für Referenzen? Für wen habt ihr schon gearbeitet?", erkundigte sich Mary und blickte die beiden jungen Magier fordernd an. Leicht verunsichert warf die junge Kamui ihrem Begleiter einen kurzen Blick zu, ehe sie den Mund öffnete und eine Antwort gab, die Mary mit Sicherheit nicht gefallen würde. "A-also... wenn ich ehrlich bin...", begann Miu und bemerkte, dass ihre Stimme nicht so fest klang, wie sie eigentlich geplant hatte. Sie war jetzt ein Mitglied von Lamia Scale, sie musste sicherer auftreten! "Ich habe noch nie eine Party organisiert...", schloss sie und war froh verschwiegen zu haben, dass sie bisher noch nicht einmal zu irgendeiner Party eingeladen war. Denn die Reaktion von Mary auf ihr Geständnis hin war bereits erschreckend genug.

Innerhalb von Sekunden konnte man sehen, wie die glückliche Fassade der jungen Frau in sich zusammenbrach und sich sogar ein paar Tränen in den Augenwinkeln der Blondine sammelten. "Was? Oh Nein! Und was soll ich jetzt machen? Mein persönlicher Partyplaner hat mir unerwartet abgesagt und jetzt habe ich gerade einmal 24 Stunden Zeit um eine Party auf die Beine zu stellen und wenn ich das nicht hinbekomme ist mein Ruf ruiniert und wer wird mich dann noch als Model buchen? Und es weiß doch schon jeder und ich kann nicht mehr absagen und, und...", sprudelte es ohne Punkt und Komma aus dem Mund von Mary, sodass Miu tatsächlich Schwierigkeiten hatte ihr zur Gänze folgen zu können. Die Quintessenz hatte sie jedoch heraushören können und das war die Angst des Models in einem schlechten Licht dazustehen. Auch wenn die Kamui nach wie vor keine Ahnung hatte, was genau sie und Kori bei der Planung erwarten würde, machte sie den Versuch Mary wieder ein wenig aufzuheitern. "Mach dir keine Sorgen! Wir sind immerhin zwei Magier, wir werden schon etwas auf die Beine stellen, dass dich und deine Gäste vom Hocker haut!", versicherte Miu selbstbewusst und von einer Sekunde auf die andere hellten sich die Gesichtszüge der Blondine vor ihr auf und ein breites Lächeln lag auf ihrem Gesicht. "Genau das wollte ich hören! Also dann, ich führe euch schnell herum und dann muss ich auch schon los mein Kleid und meinen Schmuck für heute Abend von meinem Modedesigner abholen...", erklärte Mary glücklich, machte auf dem Absatz kehrt und unternahm mit den beiden Magiern im Schlepptau eine Hausführung, die dem Anwesen nicht einmal ansatzweise gerecht werden konnte. Nichtsdestotrotz zeigte sie ihnen dabei die wichtigsten Räume innerhalb des Schlosses, allen voran das Arbeitszimmers ihres heute verplanten Partyplaners. Insbesondere sein Notiz- und Adressbuch schien von äußerster Wichtigkeit zu sein, da darin alle wichtigen Informationen für das Organisieren einer erfolgreichen Party verzeichnet waren, zusammen mit den Nummern der besten Künstler und Restaurants der gesamten Stadt. Als Miu das hörte, war sie schon wieder einigermaßen beruhigt und sich sicher, dass sie zusammen mit Kori eine Party auf die Beine stellen würde, die auch den Ansprüchen des Richy-Sprösslings gerecht werden konnte. "Und, noch irgendwelche Fragen?", erkundigte sich Mary am Ende ihrer kleinen Rundreise durch das Anwesen und sah die beiden Gildenmitglieder mit großen und hoffnungsvollen Augen an. "Ja, eine hätte ich da noch... für wie viele Leute soll diese Feier eigentlich ausgelegt sein?", hakte Miu nach, da bisher von keiner genauen Anzahl die Rede gewesen war. "Hm, lass' mich mal kurz nachzählen...", fing Mary an und ihr Blick wanderte etwas in die Höhe, ganz so als ob sie sich darauf konzentrierte hohe Zahlen in ihrem Kopf zu überschlagen. "Da wären ich - Mary -, meine Freundinnen Saly, Mandy, Cindy, mein Freund Harry... dann noch ein paar Model-Kollegen von mir... zusammen mit einigen Herausgebern der wichtigsten nationalen Magazine... oh, und die Fotografen natürlich nicht vergessen!", zählte das Model munter auf und so weit Miu schätzen konnte, würden es wohl doch etwas mehr als ihre anfänglich geschätzten zwanzig oder dreißig Leute werden. Wie viel mehr, würde sie gleich erfahren. "Ja, also summa summarum... ich glaube so knapp 500 Leute sollten wir werden!", beendete Mary ihre Ausführung und klatschte dabei freudig erregt in die Hände. Miu fiel der Kiefer hinab. Fünfhundert? Wie um Himmels Willen sollten sie in so kurzer Zeit eine Party für fünfhundert Leute zusammenstellen? "Sonst noch etwas? Ich hab' es nämlich eilig...", fragte Mary noch einmal nach, doch war die junge Kamui schlichtweg sprachlos. Sie war viel zu perplex um noch irgendeine Frage stellen zu können... wenn überhaupt noch jemand jetzt irgendwelche zusätzlichen Informationen in Erfahrung bringen konnte, dann war es Kori. Hatte der junge Mann noch irgendetwas zu sagen, oder würde das Model die beiden hoffnungslos überforderten Magier nun zurücklassen, um sie ihre aberwitzige Party alleine weiter planen zu lassen ?

Ich muss schon sagen. Die Dame hat eindeutig Sinn für Stil., dachte sich Kori als er das Anwesen seiner Klientin erblickte. Er blickte zu seiner Begleiterin herüber. Ihr Name war Kamui Miu und war ebenso wie er selbst neu in der Gilde. Während der Fahrt hatte sich herausgestellt, dass sie 16 Jahre alt war und dass sie sich für Schwerter und Mode interessiert. Als Kori sie jedoch in ein Gespräch über Mode verwickeln wollte, wendete sie sich ab und gab nur noch knappe Antworten von sich. Irgendwann gab Kori es auf sie weiter zu durchlöchern und wartete ab, bis sie ihr Ziel erreichten. Am Bahnhof wurden sie von einem Mann mit einer Kutsche abgeholt. Dieser bat sie in die Kutsche zu steigen und er gab Kori außerdem noch einen Briefumschlag, von Gin, der Freundin seines Vaters. Kori hatte sie gebeten ihm einige Informationen über das Model Mary Richy zu schicken.
Kori nahm nochmal kurz den Brief heraus um ihn noch einmal kurz zu überfliegen. Mary Richy ist ein absoluter Star. Sie ist bekannt als Miss Fiore, sie wird zu allen möglichen Shootings eingeladen, bei Gala-Vorstellungen ist sie sehr oft zugegen und es wird ihr nachgesagt, dass sie heimlich etwas mit einem Fairy Tail Magier haben soll, was allerdings sicherlich nicht stimmt, da das von Fiores berühmtesten Klatschblatt herausgebracht wurde. Ansonsten halt noch wurden noch persönliche Daten, Abneigungen und Vorlieben, sowie Hobbys, Phobien und Lieblingstierart genannt. Somit hatte Kori ein grobes Bild von seiner Klientin. Nach der Überfahrt via Nussschale, standen Kori und Kamui auf der kleinen Insel vor dem Tor von Miss Richys Anwesen. Die Insel und generell die Umgebung war einfach nur malerisch traumhaft. Man konnte den See, über den sie gefahren worden waren, in seiner ganzen Schönheit betrachten. Das Festland war durchweg grün und hügelig. Die Insel war im Prinzip auch nichts weiter, als ein Hügel in Mitten dieses Sees, dessen Spitze das Hauptgebäude des Anwesens ziert. Der untergehenden Sonne nach zu urteilen, war es schon recht spät und da sie Miss Richy sie sicher schon lange erwartete, machten sich Kori und Kamui auf und passierten das Tor und traten in den riesigen Garten des Anwesens. Überall waren wunderbar angelegte Blumenbeete und Kori erkannte sogar einige höchst seltene Pflanzen wieder. Der mit weißen Kieselsteinen bestreute Hauptweg hinauf zum Hauptgebäude war an beiden Seiten mit kunstvoll bearbeiteten Büschen versehen. Hier und da bemerkte Kori einen Pfau oder einen Fasan zwischen den vielen Pflanzen. Um sich so einen Garten anlegen und pflegen zu können bräuchte man mindestens zwei dutzend Gärtner und einen großen Haufen Geld ... einen seeehr großen Haufen Geld. Oben vor dem großen "Schlösschen" stand ein großer Springbrunnen aus weißem Marmor, der sogar von Innen beleuchtet war. Der Kiesweg führte an beiden Seiten an diesem Brunnen vorbei und endete vor der großen weißen Treppe, auf der eine blondgelockte, junge Dame stand. Bei Kleidung kann man zwar schwerlich sagen, dass es sowas wie Gegensätze gibt, aber die Kleidung dieser Frau war in jeder Hinsicht so komplett anders als die Koris. Kori trug einen schwarzen Männerrock und ein schwarzes Hemd. Dazu trug er noch einen schwarzen Reisemantel und spitze Rockerboots aus schwarzem Leder. Des Weiteren hatte er seinen Stab dabei und eine Lederumhängetsche. Mary Richy hingegen, sah für Koris Geschmack, eher ein bisschen zu aufgetakelt aus. Sie trug ein mit roten und schwarzen Paietten verziertes Kleid, ihre Hand- und Fußgelenke zierten goldene Armbänder mit allerhand wertvollen Edelsteinen in den Fassungen. Ihren äußerst großzügigen Ausschnitt ziert ein teures, mit Onyx und Rubin bestücktes Goldcollier und auf ihrem Kopf thronte ein Rubindiadem, selbstverständlich mit goldener Fassung. Hinzu kam noch, dass sie einen rotenFederschal trug, der auf kuriose Weise an die Federn eines roten Aras erinnern. Als Miss Richy Kori und Kamui erspähte, kam sie freudestrahlend auf sie zu und empfing sie beide. Doch direkt im Anschluss fragte sie die beiden nach ihren Erfahrungen in Sachen Partyplanung. Stimmt, was hatte er eigentlich für Erfahrungen in diesem Bereich? Er hat höchstens seine Geburtstagspartys geplant, doch diese Party muss in einer ganz anderen Liga spielen. Während er noch überlegte, was er antworten sollte, hatte seine Partnerin bereits offenbart, dass sie beide keine Ahnung vom Partylanen haben. Ihr vor Sekunden noch fröhlicher Gesichtsausdruck viel nun in eine verzweifelte und traurige Mine zusammen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie fing an sich Vorwürfe zu machen und war total aufgelöst. Kamui machte das aber alles wieder wett und sie schaffte es Mary Richy wieder zu beruhigen und sie zum Lächeln zu bringen. Wieder runtergekommen führte Richy die beiden Magier durch ihr riesiges Haus, oder besser gesagt: ihr Schloss. In jedem Zimmer findet man weiße oder rote Wände mit Goldverzierungen vor. Alle Möbel scheinen sehr teuer gewesen zu sein, die Gästezimmer von Kamui und Kori waren mit großen Himmelbetten, einem großen Eichenschrank und einem Mahagonischreibtisch ausgestattet. Besonders beeindruckend sind allerdings die Eingangshalle und der große Festsaal dahinter. Die Eingangshalle hat weiße Wände und vor jeder dieser Wände hängen riesige, rote Wandteppiche, mit dem Familienwappen der Richys. Beleuchtet wird dieser Raum von Feuerschalen, die eine Gasse von dem Eingngstor hinüber zu einem roten Vorhang bilden. Die Decke ziert ein riesiges Mosaik, welches einen Drachen zeigt, der gegen einen Ritter kämpft. Hinter dem Vorhang befindet sich der absolut riesige Festsaal. Am Rand der des Saals befand sich eine hohe Empore, die sich einmal an der ganzen Wand entlang erstreckte und von der man in den Saal runterblicken kann. In den eigentlichen Bereich des Festsaals gelangt man über eine breite Marmortreppe. Der Boden ist mit großen, weißen und schwarzen Marmorfliesen belegt. An den Wänden hingen schöne Ölgemälde, tausende Kerzenhalter erhellten den Saal neben vier riesigen Lüstern, die mit Kristallen versehen waren. Dagegen waren selbst die Kronleuchter im Theater von Hosenka Town lächerliche Teelichter. Was auch noch sehr auffällig war, war die Theaterbphne am anderen Saalende. Sie war so groß, wie die Bühne im Stadttheater von Hosenka Town und sie verfügte sogar über einen Musikantenbereich vor der Bühne. Als letztes kamen die drei im Büro des Partyplaners von Mary Richy an. Sie gab uns sein Notizbuch in dem allerhand gute Kontake, was Essen, Musik und Unterhaltung anging. Als sie Kamui und Kori fragte, ob sie denn noch Fragen hätten, fragte Kamui wie viele Gäste sie denn erwarte. Nach einer langen Aufzählung von Personen sagte sie, dass sie etwa 500 Leute erwartete. Kamui und Kori waren beide äußerst entgeistert. "Fünfhundert Gäste?", dachte Kori. Das waren wirklich sehr, sehr viele Gäste. Doch wenn er es sich recht überlegte, erkannte Kori nun seine Chance sich künstlerisch zu beweisen. Doch dazu benötigte er noch ein paar Informationen. Er räusperte sich. "Miss Richy ich hätte noch ein paar Fragen, beziehungsweise Bitten an sie. Zum einen würde ich gerne wissen, in welchem finanziellen Rahmen wir uns bewegen sollen und ob sie uns ihr Geld zur Verfügung stellen könnten.", fragte Kori und setzte ein charmantes Lächeln auf. Mary lächelte und nickte: "Das mit dem Geld ist kein Problem. Sagen sie einfach, dass man mir die Rechnungen zuschicken solle.", "Gut. Nun die nächsten Fragen. Was gedenken sie morgen Abend zu tragen? Was essen sie besonders gerne? Haben sie besondere Musik- oder Programmwünsche?", fragte Kori und nahm sich sein Schreibzeug aus seiner Tasche. Richy überlegte. "Hmm... also morgen wollte ich eigentlich ein weißes, perlmuttfarbenes Cocktailkleid mit passenden Schuhen und eine Hochsteckfrisur tragen, wobei ich viel lieber ein Gothic-Lolitakleid anziehen würde.", Kori und Kamui sahen sie verblüfft an. Sie lächelte verlegen. "Nun ja, ich mag nun mal sehr gerne Metal und Gothic und ich hätte auch schon längst eine derartige Party gemacht, aber mein Partyplaner hat nicht die passenden Kontake dafür.", sagte sie. Kori war nun Feuer und Flamme. 'Endlich! Endlich kriege ich die Chance, eine Black Party zu machen. Und ich weiß auch schon wie ich das mache.', dachte Kori im Stillen. "Ziehen sie sich ihr Lolitakleid an Miss Richy. Ich werde das schon schauckeln.", sagte Kori Augen zwinkernd. Verblüfft und überglücklich zugleich rief Mary Richy: "Jaaa!!! Das wäre wundervoll wenn das klappen würde. Ach ja, ich würde übrigens ein kaltes und ein warmes Büffett bevorzugen. Getränke können sie ruhig von allem etwas nehmen. Als Special-Act hätte ich gerne eine bekannte Metal- oder Gothicband. Wolten sie sonst noch etwas wissen?", fragte sie. "Ja, und zwar wollte ich noch fragen, ob sie über einen Kommunikationslacrima verfügen, den wir benutzen könnten?", fragte Kori. "Ja sicher.", sagte sie. "Im großen Salon, wo wir vorhin vorbei kamen, dort steht einer in dem großen Mahagoni Wandschrank.", antwortete sie. Kori notierte alles was sie sagte. Er bedankte sich bei ihr und nach einer kurzen Verabschiedung, waren die Magier auf sich allein gestellt. "Nun, dann wollen wir mal. Sagte Kori und er und Kamui machten sich auf, Richtung Salon.

Dort angekommen öffnete Kori den Schrank und aktivierte den Lacrima und verband sich zuerst mit dem besten Restaurant von Marokkasu Town, wie Mary Richys Partyplaner in seinen Notizen schrieb. Nach ein paar Sekunden meldete sich ein elegant gekleideter Butler. "Wer sind Sie und was wünschen Sie?", fragte er. "Mein Name ist Kori Ibara und ich bin Mary Richys Aushilfspartyplaner. Hören sie mir zu. Ich werde ihnen jetzt einige Speisen und Getränke diktieren, die sie morgen Abend, in Form eines Büffetts, um 18 Uhr nach Richy Mansion bringen werden. Nehmen sie nur das Beste vom Besten und fügen sie noch zwei bis drei Dutzend Gerichte der Bestellung hinzu. Sind sie bereit für das Diktat?", der Butler nahm einen Notizblock in die Hand und Kori began nun zu diktieren. Kori bestellte wirklich von fast allem etwas. Er bestellte mehrere Platten mit Käse, Wurst, Fisch und so weiter. Bei den Vorspeisen bestellte er von einfachen Hausmannssuppen, über große Salate, bis hin zu Austern und Kaviarschnitten. An Getränken glaubte er später dem Restaurant alle Getränkevorräte aufgekauft zu haben, denn er bestellte wirklich alles, vom einfachen Mineralwasser bis hin zum teuren Prosecco. Hauptspeisen hatte er so viele bestellt, dass sogar bei so vielen Leuten sicherlich noch Reste übrig bleiben werden. An Geflügel hat er riesige Platten mit allerlei Geflügelkeulen, Truthahnbraten und vielem mehr bestellt. Vom Schwein hat er bergeweise Koteletts, Spare Ribs, Steaks, Braten, Würste, Schinken und sogar ein paar Spanferkel mit Honig in Auftrag gegeben. Vom Rind hatte er ebenfalls jede Menge Koteletts, Steaks, Würste, Braten, Schinken, Rinderkeulen, Rinderleber und sogar ganze Ochsenschädel in herrlichen Soßen bestellt. Lammkeulen, Lammmedaillons und Koteletts durften selbstverständlich auch nicht fehlen. An Meeresfrüchte- und Fischspeisen, hatte sich Kori besonders viele Dinge einfallen lassen: Von banalen Heringsbrötchen und Krabbencocktails über verschiedene Fischfilets und gekochte Muscheln bis hin zu gekochten riesen Hummer und großen Kalamarisarmen. Die Nachspeisen waren jedoch die Krönungen dieses Festessens. Es wurden aberdutzende verschiedener Kuchen, Torten, Gebäcke, Cremes, Puddings und noch viele, viele andere Naschereien verlangt. Absolutes Highlight jedoch, sollte ein fast vier Meter großer Schokoladenbrunnen sein, unter dem man Früchte mit feinster Schokolade überziehen kann.
Nach der Bestellung verabschiedete und bedankte sich Kori und kontaktierte gleich schon den nächsten Kontakt. "Moonys dunkler Partyservice, sie wünschen?", fragte eine etwas pummelige Dame in einem schwarzem Korsett aus der Kugel. "Grüß dich Moony.", antwortete Kori lächelnd. "Hey Kori Süßer. Was kann ich für dich tun?", "Du könntest mir bei der Planung für eine Party bei der Mary Richy helfen. Dieses berühmte Supermodel, was auch ab und an im 'Goth-Chick' zu sehen ist. Ich bin für kurze Zeit ihr Partyplaner und ich brauch Deko für eine Gothic-Party vom feinsten.", sagte Kori. Moony qietschte kurz und fragte: "Meinst du DIE Mary Richy? Oh mein Gott!!! Du musst mir unbedingt ein Autogramm mitbringen. Aber nun zur Bestellung. Was brauchst du denn?", fragter sie. Kori began ihr zu diktieren. Er bestellte Kilometer lange Stoffbahnen, damit man mit diesen die weißen Wände im Festsaal verhüllen konnte. Er bestellte an sonsten noch Sitz- und Tischgarnituren, selbstverständlich in schwarz und noch einigen Dekokram, wie zum Beispiel künstliche Spinnweben, schwarze Kerzen, Totenschädel, et cetera. Nachdem auch diese bestellung aufgegeben wurde verabschiedete sich Kori von seiner Freundin, allerdings nicht ohne ihr vorher zu versprechen ihr ein Autogramm zu besorgen. "Und denk daran: morgen um 12 Uhr ist die Bestellung hier, ja?", fragte Kori. "Klaro, wird gemacht Kori-san. Bis dann.", "Man sieht sich Moony.", sagte Kori und schon wechselt er zu dem letzten Kontakt, den er unbedingt noch sprechen muss.
"Hallo? Spreche ich dort mit einem Mitglied der Band 'Marching into the Hell' ?", fragte Kori. "Ja hier ist der Frontsänger, Mike Richard. Was wollen sie?", "Ich bin der Partyplaner von Mary Richy, dem berühmten Topmodel. Sie schmeißt am morgigen Abend eine Party, hat allerdings noch keinen musikalischen Hauptact. Hätten sie zufällig Zeit da Morgen zu spielen?", "Theoretisch geht das schon, aber", sagte Richard "das wird sie einiges kosten. Immerhin sind wir sehr berühmt und wir sind meistens schon auf Wochen, ja sogar Monate hin ausgebucht. Morgen haben wir durch Zufall frei bekommen, also daher klappt das schon. Nur die das Geld muss halt stimmen, damit wir auftreten.", Kori sagte ruhig: "Keine Sorge, sie bekommen schon ihr Geld. Ich erwarte, dass sie morgen Abend um 22Uhr auf der Bühne und um 21Uhr schon anwesend sind. Bis Morgen dann, der Herr.", verabschiedete sich Kori. "Bis Morgen dann.", sagte Mike Richard und Kori schaltete den Lacrima ab. Kori seufzte kurz und blickte auf die Uhr. Es war schon 22 Uhr. In zweiundzwanzig Stunden würde dann die Party beginnen. "So, damit wäre das gröbste geschafft. Hast du noch irgendwelche Dinge hinzuzufügen Kamui?"

Miu war immer noch regelrecht erstarrt von der schieren Anzahl an Menschen, für die sie und Kori eine Party planen mussten. War das überhaupt möglich? Das Mädchen konnte sich nicht einmal recht entsinnen irgendwann einmal in ihrem bisherigen Leben so viele Menschen versammelt an einem einzigen Ort gesehen zu haben... was in ihrem Fall aber wirklich nichts heißen sollte. Irgendwo, von ganz weit her, hallte die Stimme des jungen Magiers in ihrem Kopf wider, wodurch sie aus ihrer leichten Trance gerissen wurde. Aber die junge Kamui hätte genauso gut weghören können, so wenig verstand sie von dem, was die beiden Fashion Victims da von sich gaben. Das durfte man nicht falsch verstehen, Miu interessierte sich sehr für Mode und schneiderte auch liebend gerne ihre eigenen Yukatas und Kimonos. Aber Begriffe wie "Gothic" und "Lolita" waren ihr bisher nie untergekommen. Das hatte wohl schlicht und ergreifend mit dem Mangel an Modezeitschriften zu tun, die ihre Mutter ihr damals aus Hosenka Town mitgebracht hatte. Dass sich Miu selbst bisher aber nie so ein Magazin besorgt hatte, wunderte sie im Nachhinein. Nichtsdestotrotz versuchte sie sich auf das zu konzentrieren, was Kori und Mary alles besprachen. Dabei warf Miu immer wieder Seitenblicke auf den Ibara und war überrascht von seinem Engagement. Ging er wirklich dermaßen in dieser Partyplanung auf? Oder spielte er das alles nur vor, um einen kompetenten Eindruck auf die berühmte Tochter der Richy-Familie zu machen? Musste man sich vielleicht so verhalten als Gildenmagier? Miu schüttelte leicht den Kopf, um ihren Grübeleien ein Ende zu machen. Es hatte keinen Sinn sich dermaßen den Kopf zu zerbrechen, sie war sowieso nicht allzu gut darin sich zu verstellen. Weswegen sollte sie es dann überhaupt noch versuchen? Die Kamui riss sich aus ihren Gedanken heraus und hörte gerade noch etwas von wegen "Kommunikationslacrima" und wurde kurz danach von Kori dazu aufgefordert, sie in den großen Salon zu begleiten. Stumm folgte sie dem Jungen und hoffte, dass sie sich bei der folgenden Aufgabe irgendwie nützlich machen konnte. Ihre Hoffnung darauf wurde jedoch binnen weniger Minuten zerstört. Staunend beäugte Miu die große gläserne Kugel, die sich nach wenigen Augenblicken als eine Art Kommunikationsapparat herausstellte. Das Mädchen unterdrückte ihre Neugier ob der genauen Funktionsweise dieses magischen Hilfsmittel und lauschte stattdessen Kori, der sich nun daran machte alles wichtige für die bevorstehende Party zu organisieren. Und das schien er, nach Mius bescheidener Meinung, außerordentlich gut hinzubekommen. Die junge Kamui hatte keine Ahnung, woher sich ihr Partner so gut in solcherlei Dingen auskannte, doch scheinbar wusste er beinahe auswendig, wie viele Speisen und Getränke für eine Veranstaltung solcher Größenordnung zusammengetragen werden mussten. Zudem überraschte Miu die Tatsache, wie selbstbewusst Kori zu Werke ging. Scheinbar war es für ihn selbstverständlich, dass er als Aushilfspartyplaner von Mary Richy problemlos alles bekommen konnte, was er wollte. Und dabei war es ganz egal, um was es sich dabei handelte. Restaurants schienen für eine Berühmtheit wie das Topmodel sämtliche Reservierungen abzusagen und ihren Laden für den Rest der Woche zu schließen und Musikbands, die eigentlich wochenlang im Voraus ausgebucht waren, schienen kein Problem damit zu haben so einen kleinen Gig kurzfristig in ihr Programm mit einzubauen. Den Vogel schoss Kori allerdings damit ab, dass er die Besitzerin des Partyservices, der für die Dekorationen, Garnituren und das allgemeine Motto der Party sorgen sollte, sogar persönlich kannte. Selten in ihrem Leben kam sich Miu so nutzlos vor wie in diesem Augenblick. Nachdem der Junge weit mehr als nur den Grundbaustein für die Feier gelegt hatte, wandte er sich an sie und erkundigte sich, ob auch sie noch irgendetwas beizutragen hätte. Sie wusste, dass das keineswegs böse von ihm gemeint war, dennoch hatte das Mädchen das Gefühl, dass sie nun erheblich unter Druck stand. Auch wenn sie froh darüber war, dass sie mit Kori einen äußerst kompetenten Partner an ihrer Seite hatte, musste sie doch auch selbst irgendetwas beitragen können, oder nicht? Immerhin wollte sie ihre erste Quest nicht als bloße Beobachterin hinter sich bringen.

"Ja, da gibt es noch was...", fing Miu an, wusste jedoch nicht wirklich, was ihnen zu einer erfolgreichen Party noch fehlte. In ihrem Hirn ratterte es und sie versuchte sich bildlich vorzustellen, wie so eine riesige Feier wohl ablaufen würde. Grob und unscharf bildete sich vor ihrem geistigen Auge ein Bild von einer gigantischen Menschenmenge, die tanze, aß und trank und allesamt waren ausgelassen und... Miu wurde klar, dass sie keine Ahnung von Partys hatte. Überhaupt keine. "Also...", setzte sie erneut an, um sich ein bisschen mehr Zeit zu verschaffen und hoffte Kori würde sie nicht jetzt schon als nutzlos abstempeln. Denk nach!, spornte Miu sich innerlich an, wurde jedoch von einem plötzlichen Klacken an einem der hohen Rundbogenfenster des großen Salons abgelenkt. Verwirrt ob des Geräusches wandte sich das Mädchen in Richtung der großen Glasscheibe, konnte jedoch den Quell des Krachs nicht ausfindig machen. Doch dann sah sie es! Nur einen kurzen Augenblick sah sie etwas kleines und schwarzes auftauchen, doch dieser kurze Moment reichte um die Lage zu begreifen. Mit einem lauten Seufzen erhob sich Miu von ihrem massiv gebauten und mit rotem Vlies überzogenen Stuhl und begab sich langsam zum Fenster. Dort angekommen lehnte sich Miu mit einem Arm auf das Fensterbrett, während sie mit ihrer freien Hand die überraschend schwergängige Fensterscheibe langsam aufstieß und darauf wartete, dass ihr Überraschungsgast sie mit seiner Anwesenheit beehrte. Nach wenigen Sekunden fand ihr gefiederter Freund auch schon den Weg in den großen Saal und nach einigen Runden, die er über den Köpfen von Miu und Kori gedreht hatte, setzte sich der schwarze Rabe auf auf die Schulter seiner Herrin. Die Kamui hatte sich schon gefragt, wo Zero geblieben war. Er hatte sich bei ihrer Ankunft am Bahnhof von ihr getrennt, noch bevor sie Kori dort getroffen hatte. Offensichtlich behagte es dem Vogel nicht, in einem beengten Raum wie einem Zugabteil zu reißen, weswegen er dem Gefährt auf eigene Faust gefolgt war. Dass er sie jedoch so einfach gefunden hatte und dabei sogar das richtige Zimmer ausfindig gemacht hatte, überraschte das Mädchen. Miu schloss das Fenster wieder und begab sich zurück zu ihrem angestammten Platz neben Kori. "Was ich sagen wollte...", nahm sie wieder den Faden auf, ganz so als ob es das normalste auf der Welt sei, dass ein Rabe an einem Fenster um Einlass bat und sich auf ihre Schulter setzte, "...wir brauchen noch eine Möglichkeit um die ganzen Gäste zur Insel zu chauffieren, nicht wahr?". Als Miu Zero hereingelassen hatte, war ihr Blick glücklicherweise auf den weiten See gefallen, der das Anwesen vom Festland trennte und ihr war bewusst geworden, was noch fehlte. Zwar besaß die Richy-Familie eine eigene Yacht, allerdings bezweifelte Miu, dass das Schiff dafür gebaut war gut fünfhundert Menschen sicher und gemütlich über das Wasser zu transportieren. Ohne ein weiteres Wort machte sich Kori daran, im Adressbuch des Partyplaners nach der passenden Nummer zu suchen und es dauerte nicht lange, bis er sie tatsächlich gefunden hatte. Mit einem Lächeln reichte er die Notiz an sie weiter und auffordernde Blick in seinen Augen konnte nur eines bedeuten. Oh nein..., ging es Miu durch den Kopf, als ihr klar wurde, dass sie diejenige sein sollte, die sich um diesen Teil der Planung kümmerte. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch nahm sie das Adressbuch an sich und blickte verunsichert in Richtung des Kommunikationslacrima, das, wie um sie zu verspotten, ihren Blick im halb durchsichtigen Glas widerspiegelte. Na dann...

Miu versuchte sich von ihrer Unsicherheit nichts anmerken zu lassen. Zum Glück hatte sie vorhin Kori genau dabei beobachtet, wie man diese komische Apparatur benutzte. Etwas fester als notwendig legte die junge Kamui ihre Hände auf den Fuß des Lacrimas und nannte daraufhin den Namen des Ladens, mit dem sie verbunden werden wollte. "Ay ay, willkommen bei 'One Piece', dem Laden rund um Schiffszubehör und allem was Sie brauchen, um die Sieben Weltmeere zu umfahren! Rayleigh hier, was kann ich für sie tun?", ertönte laut und fest die Stimme eines alten, weißhaarigen Mannes. Er hatte einen merkwürdigen Bart, trug eine kleine Brille und eine lange dünne Narbe zierte sein rechtes Auge. Miu war verblüfft über die Detailtreue der Übertragung und vergaß vollkommen, dass sie antworten musste. "Was willst du, Mädchen?", fragte der Weißbärtige grob und beantwortete somit die Frage der Magierin, ob er sie ebenfalls sehen konnte. "Ich, ähm...", begann Miu, hatte aber für einen Moment vollkommen vergessen, was genau sie eigentlich sagen wollte. Dass Zero sich von ihrer Schulter nun auf die gläserne Kugel gesetzt hatte und mit seinem Schnabel langsam auf dieser herumstocherte, machte die Sache nicht besser. "Weg da...", scheuchte das Mädchen ihren Vogel von dem Lacrima weg, der sich mit einem empörten Krähen in die Lüfte erhob. "Ich soll weggehen?", wiederholte der Mann leicht erbost und Miu konzentrierte sich wütend auf das Gespräch. "Nein. Sie sollen morgen Abend dafür sorgen, dass genug Schiffe bereitstehen um etwa fünfhundert Gäste zur Richy Mansion überzusetzen. Mary Richy hat persönlich nach ihrem Service gefragt", erklärte Miu und stellte erleichtert fest, dass sie mit ein wenig Wut im Bauch gleich viel selbstsicherer klang als noch vor wenigen Sekunden. Zwar hatte sie die Wahrheit mit der "persönlichen Bitte" ein wenig überspannt, aber wen scherte das schon. "Oh, tatsächlich?", entgegnete der Mann und wirkte plötzlich äußerst interessiert an Miu und dem was sie zu sagen hatte. "Ja, lass' mich mal sehen was ich da machen kann...", murmelte Rayleigh und blätterte hastig durch sein Notizbuch, in dem wahrscheinlich die Terminpläne für seine Schiffe verzeichnet waren. Nach einigen Augenblicken meldete er sich wieder zu Wort. "Also gut, ich kann euch zwar leider nicht unser größtes Schiff anbieten, da die Thriller Bark leider schon gebucht wurde... allerdings habe ich noch die Flying Lamb und die Thousand Sunny. Das sind beides hervorragende Schiffe und sollten zusammen vollkommen ausreichend sein, um sogar mehr als fünfhundert Personen zu transportieren. Zudem schicke ich euch meine zwei besten Kapitäne mit... hoffentlich machen der Strohhut und der Säbelrassler nicht wieder irgendwas kaputt[/size]...", versprach ihnen der alte Mann, wobei der letzte Teil seines Satzes so leise geflüstert war, dass er im Flügelschlag von Zero unterging, der sich auf die Schulter seiner Herrin gesetzt hatte. Offensichtlich hatte er ihr bereits verziehen, dass sie ihn aufgescheucht hatte. "Oh, du hast einen eigenen Vogel, der auf deiner Schulter sitzt? Bist ein echtes Piratenweib, was?", sprach Rayleigh gut gelaunt und deutete durch das Lacrima hindurch auf ihren Raben. Da Miu nicht wusste was sie darauf antworten sollte, lächelte sie unverbindlich und nach einer kurzen Verabschiedung endete die Verbindung wieder und Miu atmete einmal tief durch. Es ging doch! Sie war nicht komplett nutzlos gewesen. Lächelnd wandte sie sich in Richtung Kori und fragte sich, ob er sie so nervös wahrgenommen hatte, wie sie bei dem Gespräch tatsächlich gewesen war.

"Das haben wir ja ganz gut hinbekommen, oder nicht?", stellte Miu die rhetorische Frage in den Raum und fand, dass es nun an der Zeit war sich ein wenig mit ihrem Questpartner zu unterhalten. Allerdings war es ein viel zu schöner Tag, als dass Miu ihn weiterhin in diesem Anwesen verbringen wollte, ganz egal wie groß es war. "Wollen wir ein wenig durch die Gärten spazieren gehen und uns unterhalten?", bot Miu an, da ihr vorhin aufgefallen war, dass Kori - im Gegensatz zu ihr - offensichtlich großen Gefallen an dem ausladenden Gelände gefunden hatte. Der Junge stimmte ihrem Vorschlag zu und wenige Minuten später streiften die beiden auch schon durch die akribisch bearbeiteten Rasenflächen. Miu betrachtete die verschiedenen Figuren, die mit großer Sorgfalt in die Büsche hineingeschnitten worden waren. Auch wenn sie sich an so einem Anblick wohl nie erfreuen könnte, so musste sie sich doch eingestehen, dass der Künstler auf jeden Fall gute Arbeit geleistet hatte. Ob das wohl ein einfacher Gärtner gewesen war? Oder war hier Magie am Werke gewesen? Miu fing jetzt erst langsam an zu begreifen, wie weit verbreitet Magie in dieser Welt eigentlich war und wie alltäglich. Dass sie heute zum ersten Mal so etwas wie einen Kommunikationslacrima gesehen hatte, war ihr schon fast peinlich. Aber sie konnte schließlich nichts dafür. Doch auch wenn es die Schuld ihrer Mutter gewesen war, so wollte sie doch in Gedanken gerade nicht wirklich bei der Toten verbleiben. Das Mädchen bemerkte, dass sich wieder Schweigen über sie und Kori gelegt hatte, wie schon auf ihrer Reise hierher und sie wollte das ändern. Zwar hatte sie nicht vor dem jungen Mann irgendetwas wichtiges anzuvertrauen, doch war er auch ein Gildenmagier und so wie sie erst seit Kurzem dabei. Sie sollte zumindest versuchen, sich gut mit ihm zu verstehen. Während ihr Blick auf den langsam aufgehenden Mond fiel und sie nach einem Gesprächsthema suchte, erinnerte sie sich daran zurück wie Kori praktisch im Alleingang das riesige Fest geplant hatte. Vielleicht sollte sie das Gespräch mit einem Kompliment beginnen? Das würde sicher irgendwie das Eis brechen. "Du warst gut heute. So begeistert wie Mary von deinen Ideen war, könntest du ihrem eigentlichen Partyplaner mit Sicherheit Konkurrenz machen!", beglückwünschte Miu ihren Gesprächspartner für seine gute Leistung und fügte noch hinzu, "Du scheinst ja sogar deine Kontakte in der Stadt zu haben. Woher kennst du denn diese... Moony war ihr Name, nicht wahr?".


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ooc:
In Lamia Scale weiß niemand, dass Miu mit Nachnamen Kamui heißt... wäre also gut, wenn du in Zukunft bei Miu bleiben würdest ^.~
[size=50]Hätte ich vielleicht früher erwähnen sollen :x

Miu wirkte recht überrascht, als Kori sie mit dieser Frage überrumpelte. Sie sah verwirrt drein und schien ein wenig überfordert mit seiner Frage zu sein. Gerade als Kori fragen wollte, ob ihr wirklich nichts mehr einfallen würde, hörte er, wie es gegen die Fensterscheiben des Raumes klopfte. Kori wandte sich dem Fenster zu und war äußerst erstaunt, als dort ein Rabe saß, welcher anscheinend zu ihnen herein gelassen werden wollte. Miu ging zum Fenster und öffnete es, um dem gefiederten Gast Einlass zu gewähren. Der Rabe flatterte kurz durch den Raum und landete anschließend auf ihrer Schulter. Nachdem sie das Fenster geschlossen hatte setzte sie sich wieder auf den mit Samt überzogenen Stuhl und nahm den Gesprächsfaden wieder auf. Zu Koris Überraschung wirkte sie nun ruhig, entschlossen und äußerst selbstsicher. 'Ich nehme mal an, dass das mit diesem Raben zu tun hat.', dachte Kori. 'Sie ist eine äußerst interessante Gefährtin. Mal sehen womit sie mich noch überraschen wird.', und jene Überraschung ließ nicht lange auf sich warten, denn sie fragte, wie all die Gäste denn zu der Insel gelangen sollen. Kori klatschte seine Handflächen vor's Gesicht. „Verdammt! Stimmt ja! Ich habe mich so auf die 'Party-Utensilien' fixiert, dass ich solche Selbstverständlichkeiten, ganz und gar außer Acht gelassen habe! Madame Kamui, ich bitte sie sich um jenes Problem zu kümmern.“, bat er MIu. Er suchte schnell die passende Nummer heraus und gab sie ihr. Miu machte sich anschließend daran, den Schiffsverleih „One Piece“ zu kontaktieren. Nach ein paar Minuten, waren zwei, wie der Ladenbesitzer meinte, große Schiffe organisiert. Als sie das Gespräch beendet hatte, sah sie Kori zufrieden an. „Gut gemacht, Mademoiselle. Ich denke mal morgen wird ein recht anstrengender Tag werden, aber das wird schon irgendwie hinhauen.“, sagte Kori. Auf den Vorschlag der Mius hin begaben sich die beiden Lamia Scale-Magier in den gewaltigen Garten. Sie schlenderten eine Weile schweigend durch kunstvoll angelegte Beete aus den verschiedensten Zierpflanzen. 'So ein Garten wäre schön, aber die Pflege wäre mir denke ich mal doch zu anstrengend.', dachte Kori bei sich. Plötzlich brach Miu das Schweigen und lobte Koris Arbeit. Dieser bedankte sich höflich bei ihr und er erklärte ihr, dass seine Familie etwas wohlhabender ist und er in etwa weiß, wie solche Partys auszusehen haben. Als sie ihn fragte, woher er Moony kannte, sagte er, dass sie eine gute Freundin von ihm wäre und dass sie schon immer ein Händchen für Dekorationen und Partyplanungen hatte. „Mir ist übrigens nicht entgangen, dass dir die Gartenanlagen missbilligten. Ich glaube, du bist eher einer von den Menschen, die der Natur ihren freien Lauf lässt. Nun, sowas ist äußerst lobenswert meine Gute. Einen Garten verwildern zu lassen, ist in meinen Augen nichts weiter als eine weitere Form der Gartengestalltung. Ich für meinen Teil möchte gerne mal einen Garten haben, der zum größten Teil mit Bäumen oder Rosen bepflanzt ist. Ich mag Rosen sehr, sehr gerne musst du wissen.“, sagte Kori. Da fiel ihm plötzlich noch ein wichtiger Punkt ein, den er sie fragen wollte. „Sag mal, hast du eigentlich schon ein Outfit für die Party morgen? Denn, excuse moi, aber deine Kleidung die du heute trägst, wäre auf einer Gothic-Party nicht gerade passend. Sagt dir der Begriff Gothic überhaupt etwas, Madame Miu?“

Gespannt folgte Miu der kurzen Ausführung des jungen Mannes, der ihr erklärte dass seine Familie - was das Einkommen angeht - ein klein wenig über dem Durchschnitt zu stehen schien und er somit ein bisschen mehr Erfahrung in der Gestaltung und Planung derlei Festlichkeiten besaß, als man ihm auf den ersten Blick möglicherweise zugetraut hätte. Miu interessierte sich sehr für das Thema, versuchte aber sich nichts anmerken zu lassen. Nicht dass sie der Reichtum oder das Ansehen von Kori und seiner Familie irgendwie in ihren Bann schlugen, doch stellte ihr Gefährte damit einen krassen Kontrast zu ihrer eigenen verkorksten Herkunft dar und innerlich fragte sich das Mädchen, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie selbst in derartige Verhältnisse hineingeboren worden wäre. Hätte sie sich anders entwickelt? Ganz sicher. Hätte sie sich dann überhaupt Lamia Scale angeschlossen? Vermutlich nicht. Immerhin gab es ja ganz spezielle Gründe, weswegen Miu die Magiergilde überhaupt aufgesucht hatte und wenn ihre Vergangenheit nicht wäre, dann hätte sie wohl nicht einmal mit dem Gedanken gespielt sich eines Tages so einer Gemeinschaft anzuschließen. Was jedoch noch wichtiger war... sie hätte wahrscheinlich noch ihre Eltern, die sich um sie kümmerten. Ihre Mutter würde leben und sie hätte einen Vater, der sich um sie sorgte... der sie überhaupt kannte. Und sich für sie interessierte. Vielleicht hätte sie sogar eine noch viel größere Familie, mit ganz vielen Mitgliedern? Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen, Neffen und Nichten. Und sie hätte sicher Freunde gehabt! In der Welt da draußen gab es mit Sicherheit Menschen, die sich regelrecht darum rissen mit jemandem befreundet zu sein, der in einer Stadt wie Marokkasu Town über etwas Einfluss und Ansehen verfügte. Doch ob das wirklich echte Freundschaft war, wagte Miu zu bezweifeln. Nicht, dass sie besonders erfahren wäre, was das anging. Der einzige Freund in ihrem Leben war klein, schwarz und saß auf ihrer Schulter, weswegen sie sich eigentlich kein Urteil erlauben durfte. Allerdings glaubte die junge Kamui nicht, dass es sich hierbei um ein passendes Gesprächsthema handelte, weswegen sie all ihre Hirngespinste an ein möglicherweise anderes Leben aus ihrem Kopf verscheuchte und die ganzen Fragen runterschluckte, die sie so brennend interessierten. Stattdessen ließ sie Kori ihre Konversation weiterführen, ohne ihn zu unterbrechen und beschränkte sich von nun an lieber nur darauf zu antworten, anstatt selber irgendwelche Themen zu suchen.

Verdutzt stellte Miu fest, dass der Gildenmagier sie offensichtlich sehr gut lesen konnte, denn obwohl sie kein Wort über ihre leichte Abneigung gegenüber eines dermaßen gepflegten Rasens hatte verlauten lassen, und - zumindest in ihren Augen - auch sonst nichts getan hatte, was darauf schließen ließ, schien Kori regelrecht ihren Kopf durchleuchtet zu haben. Doch noch ehe sie etwas zu dem Thema sagen konnte, plauderte der junge Mann schon fröhlich drauf los, erzählte was für Gärten er selbst einmal gerne haben mochte und auch seine Schwäche für Rosen offenbarte er. Miu wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. War es üblich für Männer, dass sie auf Blumen standen? Die Magierin wusste zwar nicht, wie die Gesellschaft dazu stand, doch in ihren Augen hatten Blumen eindeutig etwas feminines an sich, etwas mit dem sich eher Frauen beschäftigten und was viele Männer wohl eher als unnütze Dekoration abgetan hätten. Dass Kori in dieser Beziehung anders war... war interessant. Nicht überraschend, da der junge Mann schon durch sein Auftreten und seine Ausstrahlung nicht als typisch männlich eingestuft werden konnte, doch trotzdem irgendwie faszinierend. Die Kamui spielte kurz mit dem Gedanken eventuell etwas zu dem Thema Natur zu äußern, denn immerhin hatte sie damit äußerst viele Erfahrungen gemacht. Eine Tatsache, um die man als Bewohnerin einer kleinen Hütte inmitten eines Waldes nicht herum kam. Jedoch schnitt Kori bereits nach wenigen Augenblicken das nächste Thema an, ein Thema das Mius Meinung nach viel dringlicher war und eher ihrer Aufmerksamkeit bedurfte. Es ging um ihre Kleiderwahl! "Ähm...", setzte Miu an, geriet jedoch ins Stocken und dachte einen kurzen Augenblick nach. Das war ihr irgendwie ein wenig peinlich. Obwohl sie sich eigentlich für Mode interessierte, hatte sie doch keinen blassen Schimmer was der Begriff 'Gothic' überhaupt zu bedeuten hatte und sie wusste nicht wirklich, ob sie sich diese Blöße geben wollte. Nach allem was Kori vorhin so bestellt hatte war Miu hoffnungsvoll davon ausgegangen, dass sie mit ihrem schwarzen Yukata, einem ebenso schwarzen Raben auf ihrer Schulter und einem Augenbrauenpiercing möglicherweise genau in die Szene reinpassen würde, aber offensichtlich lag sie damit komplett falsch, zumindest wenn sie den Worten ihres Partners Glauben schenken durfte. Sollte sie nachfragen? Eigentlich wollte die junge Schwertkämpferin nicht wie ein unwissendes kleines Mädchen rüberkommen. Die Situation mit dem Kommunikationslacrima war ihr schon peinlich genug gewesen, auch wenn sie das vielleicht sogar einigermaßen gut überspielt hatte... so richtig einschätzen konnte Miu das nicht. Um nicht noch einmal dumm dazustehen, entschied sich die junge Frau dazu das Thema geschickt zu umgehen.

"Nun ja, ich wusste nicht wirklich auf was für eine Art von Party Mary steht... deswegen habe ich auch keinerlei Vorbereitungen getroffen, was meine Garderobe angeht. Ich weiß auch gar nicht, ob wir als Organisatoren wirklich so sehr auf uns aufmerksam machen sollten. Aber wenn du schon davon anfängst... was würdest du denn vorschlagen, was ich tragen soll?". Neugierig blickte Miu in die Augen ihres Gesprächspartners und sie hoffte, dass Kori ihre kleine Wissenslücke nicht bemerkt hatte. Vielmehr setzte sie darauf, dass es nun im Kopf des modebegeisterten jungen Mannes zu rattern anfing und er ihr gleich mögliche Ideen vorschlug, was ihr Outfit anging. Zwar war das für Miu ein wenig befremdlich, da sie seit ihrer Kindheit eigentlich alle ihre Klamotten selber schneiderte und auch nur ausschließlich diese trug, doch war jetzt nicht der Moment sich über derlei Kleinigkeiten Gedanken zu machen und solange Kori nichts allzu ausgefallenes und gewagtes von ihr verlangte, sprach ja auch nichts dagegen sich seine Vorschläge anzuhören und sich seinen Tipps entsprechend einzukleiden. Immerhin wollte Miu inmitten all der passend angezogenen Leute nicht sofort hervorstechen. Der Gedanke anders zu sein als die Anderen missfiel ihr. Aber irgendwie schien das einfach in ihrer Natur zu liegen.


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Ich wiederhole...
In Lamia Scale weiß niemand, dass Miu mit Nachnamen Kamui heißt... wäre also gut, wenn du in Zukunft bei Miu bleiben würdest ^.~

,Ha! Wäre doch gelacht wenn ich das nicht hinkrieg.', dachte Kori. Während er um sie herum ging überlegte er sich wie er Miu für den Abend einkleiden könnte. ,Mal überlegen... Miu ist eigentlich der perfekte Typ für eine Gothicparty. Ich denke mal dank ihrer weißen Haare dürfte ein schwarzes Kleid perfekt passen. nur wie soll es aussehen...', dachte Kori und er begann nach denklich sich am Kinn zu kratzen. Da kam ihm plötzlich eine, wie er fand, großartige Idee. "Sag mal Miu...", begann Kori und blieb vor ihr zum stehen. "Könntest du deinen gefiederten Freund mit auf den Ball nehmen? Denn dann hätte ich eine wunderbare Idee.", sagte Kori und er zog aus seiner Umhängetasche einen Zeichenblock und einen Kohlestift. Er begann nun, auch für Miu sichtbar ein Abendkleid zu zeichnen. "So, schau mal. Ich habe mir das so vorgestellt. Ein rabenschwarzes, trägerloses Ballkleid. Der Oberkörper wird von verschnörkelten Mustern aus Paietten geziert. Der Rock ist aus leicht transparentem Stoff gefertigt und in diesen sind wunderschöne schwarze Rabenfedern eingearbeitet, natürlich sind die Federn nur künstlich. Geziert wird das ganze von einem Hut mit einem Netzschleier vorm Gesicht, einem Fächer aus Straußenfedern, natürlich auch künstlich und einer venezianischen Maske. Hinzu kommen dann noch silberne Ohrstecker und einer kleinen Silberkette. Ich glaube so eines würde dir sicherlich wunderbar stehen und mit deinem Raben wäre das noch wesentlich hübscher. Was denkst du?", fragte Kori und schaute sie mit erwartungsvollem Blick an.

Mit einem langsam wachsenden Gefühl von Unbehagen, ließ Miu die eingängige Studie Koris über sich ergehen. Sie mochte es nicht, wenn jemand sie so ausgiebig beobachtete und unwillkürlich wurde sich das Mädchen all seiner Gliedmaßen, seiner Mimik und Gestik und sogar seiner Atmung nur allzu deutlich bewusst. Miu beschloss, dass es wohl am besten wäre sich einfach nicht zu bewegen und Kori somit in seinem schöpferischen Akt nicht zu unterbrechen oder ihn vom Wesentlichen abzulenken. Nur Zero, ihr kleiner gefiederter Freund, verfolgte den jungen Gildenmagier unablässig mit seinem Blick, während er das ein ums andere Mal um das Mädchen herumlief und dabei vor seinem geistigen Auge offensichtlich verschiedene Ideen und Umsetzungen sah. Und auch wenn die junge Kamui sich im Augenblick reichlich unwohl fühlte, so war sie doch auch neugierig zu erfahren, wie sie in den Augen des jungen Mannes wohl am besten zur Geltung kommen würde - zumindest in Bezug auf die morgige Party. Hoffentlich war es nichts zu ausgefallenes. Immerhin würde Kori sicherlich nicht besonders glücklich darüber sein, sollte Miu seinen ersten Vorschlag gleich rigoros ablehnen... keine gute Ausgangssituation für ein angenehmes Klima zwischen den beiden. Das war auch einer der Gründe, weswegen Miu ihre Klamotten bisher immer nur für sich selbst entworfen hatte. Geschmack kann, obwohl sich laut dem Sprichwort nicht darüber streiten lässt, durchaus zu einem enormen Streitpunkt ausarten. Ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als sich auf den Ibara zu verlassen und ihn was das anging zu vertrauen. Immerhin schien ihr Questpartner einiges an Erfahrung zu haben, was das Thema Mode anging und regelrecht einen sechsten Sinn für derlei Dinge zu besitzen. Schließlich hatte Kori praktisch im Alleingang eine riesige Feier organisiert, da sollte ein einziges Outfit ja kein allzu großes Problem darstellen. Und es sollte sich bald herausstellen, dass Miu mit ihrer Annahme Recht behielt.

Gebannt beobachtete Miu, wie der Junge innerhalb weniger Sekunden ein Bild von seiner eigenen Vorstellung für sie auf ein Blatt Papier zauberte und sie war überrascht, wie gut er diese Kunst zu beherrschen schien. Mit Sicherheit war das hier nicht das erste Mal, dass Kori einen seiner Entwürfe als Skizze festhielt. Zusammen mit seinen aufklärenden Worten fiel es Miu nicht schwer, sich im Kopf genau vorzustellen, wie Kori sie letzten Endes einkleiden wollte. Zwar war das Mädchen ein wenig nervös, allerdings musste sie feststellen, dass Kori sich offenbar sehr an ihren eigenen Stil gehalten hatte. Ein schwarzes, trägerloses Kleid? Die Parallelen zu ihrem eigenen Yukata, den sie momentan trug, waren dabei unverkennbar. Doch so Kleinigkeiten wie dekorativ angebrachte Pailletten und ein leicht durchsichtiger Rock halfen dabei, das Gesamtbild ein wenig interessanter und aufregender zu gestalten, ohne dabei eine bestimmte Grenze zu überschreiten. Gemeinsam mit den von Kori vorgeschlagenen Accessoires, wäre das Endergebnis mit Sicherheit sehr ansprechend. Miu konnte nicht anders, als ein kleines Lächeln aufzusetzen ob der Vorstellung, in baldiger Zukunft so ein ausgefallenes Outfit tragen zu dürfen. Überrascht musste sie allerdings feststellen, dass es dem jungen Mann offenbar wichtig war klarzustellen, dass jedwedes dekorative Federkleid, ob nun am Rock oder am Fächer, nur aus künstlichen Federn bestand. Vermutlich war er der Ansicht, dass sie, als Besitzerin eines Vogels, ansonsten mit der Idee nicht einverstanden sein könnte. Sehr mitfühlend, allerdings wusste er wohl auch nicht, dass sie schon mehr Tiere in ihrem Leben erlegt hatte, als sie überhaupt aufzählen konnte - wenn auch nicht zum Spaß. Und solange er nicht vorhatte ihren Raben und seine Federn zu verwenden, interessierte es sie herzlich wenig, woher er denn die entsprechenden Utensilien bekommen sollte.

Aber es gab doch noch einige Dinge, die für Miu eine Rolle spielten und auf die sie Kori aufmerksam machen musste. "Also...", fing das Mädchen an und versuchte dabei einen glücklichen Tonfall anzustimmen, "...ich finde deine Vorschläge wirklich klasse! Ob Zero während der Feier immer bei mir bleiben wird, das weiß ich nicht... normalerweise mag er große Menschenaufläufe nicht besonders. Aber ich glaube, selbst er kann einer guten Feier nicht widerstehen!". Bei diesen Worten warf sie einen Blick auf den Vogel auf ihrer Schulter und wie so oft fand sie, dass er ein wirklich schönes Geschöpf war. Jede Feder schien akribisch genau in die richtige Richtung zu deuten, das gesamte Federkleid leuchtete leicht im Licht des Mondes und generell war Zero ein sehr ästhetisches Wesen. "Auf jeden Fall...", nahm Miu den Faden wieder auf und blickte zurück in das Gesicht ihres Gegenübers, "...gibt es da noch eine Sache. Mein Schwert. Ich werde es unbedingt mit mir tragen müssen. Denkst du, das wird das Gesamtbild zerstören?". Miu hoffte, dass sie Koris Vorstellung von ihr in einem Abendkleid nicht vollends zerstört hatte, doch war das ein Fakt, der nicht verhandelbar war. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass sie ihr Katana immer mit sich herumtragen musste, ganz gleich wie unangebracht es war. Diese Tatsache hatte sich seit dem Tod ihrer Mutter sogar noch einmal deutlich verstärkt. Ob das Wohl mit dem Schutzzauber zu tun hatte, der auf ihrer Waffe lag? Um nicht allzu fordernd und undankbar zu wirken, entschloss sich Miu dazu, ihrer letzten Bitte noch etwas anzuhängen. "Wo wir gerade davon sprechen... was wirst du eigentlich tragen? Und wo willst du so schnell jemanden finden, der dir nach Maß so etwas schneidert?".

Kori errötete leicht, als Miu ihre Frage stellte. Er hatte eigentlich gehofft, dass diese Frage niemals auftauchen würde. Nun musste er wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. "Nun ja... es ist so... ich habe dich schon mal vorher ein paar Mal gesehen und ich habe versucht, ein paar Infos über dich in Erfahrung zu bringen. Ich habe dich aus einiger Entfernung gemustert und habe dann einige Überlegungen was deine Maße angeht angestellt, wie man dich einkleiden könnte. Und ich habe dann jenes beschriebene Kleid in Auftrag gegeben. Und falls du nun fragen solltest, warum ich so sicher war, dass es zu einer Party mit jenem Motto kommen sollte, nun, ich habe auch einiges über Mary Richy rausgefunden. Dadurch wusste ich, dass sie auf der einen Seite eine schillernder, bunter Papagei sein kann, auf der andern Seitemag sie aber auch sehr, sehr gerne den Gothic-Stil und die Gothic-Szene an sich, so hat es mir zumindest die Freundin meines Vaters gesagt und sie muss es ja wissen, denn sie ist Reporterin des Fiore-Schicks. Sie zu jenem Motto zu überreden war daher nicht sonderlich schwer, denn ihr Partyplaner und auch ihre Manager meinten, dass das kein gutes Licht auf sie werfen würde. Wären diese beiden Faktoren nicht, hätte sie sicher schon etwas Derartiges getan. Und wie gesagt es tut mir Leid, dass ich dich beschattet habe.", Kori sah nach dieser langen Erklärung beschämt zu Boden und rieb sich nervös die Hände. 'Ganz klasse gemacht, Kori. Jetzt wird sie sicher verdammt wütend auf dich sein und dich den Rest der Mission nicht beachten oder so. Ganz klasse Aktion, top!’, dachte Kori. Er hob nun langsam seinen Blick bis hin zu ihrem Gesicht und wartete gespannt, und vor allem angespannt, auf ihre Reaktion.

Während Miu zu Beginn des Gesprächs noch neugierig und offen und gut gelaunt gewesen war, konnte man mit jedem weiteren Wort, das aus Koris Mund kam, sehen, wie sich ein regelrechter Schatten über ihre Augen legte und sich ihr Blick zusehends verfinsterte. Anfangs hatte sie das noch für einen schlechten Scherz gehalten, aber da ihr Gegenüber nicht den Anschein machte, als ob er sie auf den Arm nahm, musste die junge Kamui davon ausgehen, dass er die Wahrheit sagte. Und das war für ihren Geschmack eine äußerst bittere Wahrheit. Er hatte sie beschatten lassen? Und warum? Nur wegen einem Kleid? Der Begriff Privatsphäre war für den Ibara wohl ein Fremdwort und ohne es zu bemerken, rutschte Miu langsam ein kleines Stück von dem Jungen weg. Was hatte er alles von ihr erfahren? Dass er ihre ungefähren Maße wusste, war dem Mädchen relativ egal. Aber was war mit ihrem Wohnort? Ihrem Namen? Ihrer Vergangenheit? Die Magierin hatte keine Ahnung, wie viel Kori über sie wusste und jedwedes Vertrauen, das sie langsam aufzubauen begonnen hatte, war auf einen Schlag wie vom Winde verweht. Da er sie hatte 'beschatten lassen' musste Miu davon ausgehen, dass er das nicht selbst übernommen hatte und nun noch ein, zwei oder wer weiß wie viele andere Leute herumliefen, mit allen möglichen Informationen über sie. Zwar könnte sie einfach nachfragen, was genau Kori denn alles über sie in Erfahrung gebracht hatte, doch war die Schwertkünstlerin nun nicht mehr in der Laune, sich mit dem Gildenmagier zu unterhalten. In ihren Augen grenzte das, was er getan hatte, an Verrat. Reagierte sie über? Sie kannte sich in der freien Welt nicht aus, doch das Mädchen konnte sich nur schwerlich vorstellen, dass es üblich war andere Menschen beschatten zu lassen, egal aus welchen Gründen. Wenn es ihm wirklich so wichtig war, wieso hatte er sie nicht einfach gefragt? Wieso war er, nachdem sie als seine Questpartnerin feststand, nicht einfach auf sie zugegangen und hatte ihr sein Anliegen näher gebracht? War er allen Ernstes davon ausgegangen, seine Methode sei die bessere? Die angebrachtere? Das einzig Positive, das sie den Worten des jungen Mannes noch abgewinnen konnte, war dass sie ehrlich waren. Wenn er gewollt hätte, wäre ihm mit Sicherheit irgendeine plausible Ausrede eingefallen. Miu war nicht gut darin Lügner zu entlarven und hätte ihm vermutlich jede Geschichte abgekauft. Aber im Nachhinein wäre es der Kamui wohl lieber gewesen, wenn er sie angelogen hätte. Sie wusste nicht, wie sie den Rest der Quest mit Kori umgehen würde und selbst jetzt wusste sie nicht wirklich, was sie tun sollte. Ihr erster Impuls war es gewesen ihm an die Gurgel zu gehen, doch hatte sich das Mädchen zum Glück einigermaßen unter Kontrolle. Aber so perplex wie jetzt, war sie nur selten in ihrem Leben gewesen. Es war ihr so wichtig, dass niemand etwas über sie herausfand und trotzdem schien es so leicht zu sein. Sie würde in Zukunft besser aufpassen müssen. Sie würde niemandem vertrauen dürfen. Zumindest das war die gute Seite an dem ganzen Schlamassel. Kori hatte ihr gezeigt, dass sie noch ein zu einfaches Ziel war. Sollte es eines Tages wirklich jemand auf sie abgesehen haben, wäre sie offenbar ein einfaches Opfer. Das würde sie ändern müssen. Aber jetzt war nicht die Zeit sich über ihre Zukunft Gedanken zu machen. Stumm blickte sie nach wie vor in das Gesicht von Kori und sie wusste, dass der Junge ihre Gedanken und Emotionen auf ihrem Antlitz ablesen konnte. Sie war noch nie gut darin gewesen, sich zu verstellen. Aber vielleicht war das ganz hilfreich, dann würde sie sich zumindest nicht allzu sehr erklären müssen.

Wortlos erhob sich Miu von der Bank und blickte hinab auf ihren Gefährten, der offenbar gespannt auf eine Antwort ihrerseits wartete. Auch Zero, der auf ihrer Schulter saß, wackelte nervös mit den Flügeln und war scheinbar gespannt auf die Reaktion seiner Herrin. Ein kurzer Blick in die Augen ihres gefiederten Freundes, welche die gleiche hellblaue Farbe besaßen wie die Augen ihrer toten Mutter, bestärkte sie in ihrem Vorhaben. "Danke für deine ehrliche Antwort, Kori...", erhob Miu nun endlich ihre Stimme und sah dabei wieder in das Gesicht des Ibara. "...aber Ehrlichkeit ist kein Garant für Vergebung. Danke für deine Bemühungen, aber du darfst das Outfit behalten... ich bleibe bei meinen eigenen Klamotten", erklärte das Mädchen ruhig und emotionslos. Kein Zorn, keine Enttäuschung, keine Verunsicherung war in ihrer Stimme zu vernehmen. Nur die Wahrheit "Ich werde mich für den Rest des Abends in eines der Gästezimmer zurückziehen. Wir sehen uns dann morgen, wenn die ersten Lieferungen für die bevorstehende Feier eintreffen. Bis dann". Und das war alles, was Miu sagte. Ohne ihren Questpartner eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte sich das Mädchen von ihm ab und folgte dem kurzen Weg in Richtung des Haupthauses, das im Schein des Mondes besonders herrschaftlich wirkte, in Mius Augen jedoch keinerlei Glanz mehr versprühte. Stumm und ohne einen klaren Gedanken im Kopf, machte sich das Mädchen auf den Weg in eines der lächerlich vielen Gästezimmer, die einem in der Richy Mansion zur Verfügung standen. Sie brauchte jetzt Ruhe, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Und vor allem brauchte sie Abstand von Kori. Sie wusste nicht, wie sie dem Magier morgen begegnen sollte und hoffte, dass sie im Schlaf eventuell eine Art Erleuchtung haben würde. In ihrem Zimmer angekommen, das luxuriöser ausgestattet war als ihre gesamte Hütte, ließ sie das Gehörte noch einmal Revue passieren und kam abermals zu dem Schluss, dass man ihr keinen Vorwurf machen konnte, dass sie so entrüstet reagiert hatte. Kori hatte nie im Leben das Recht dazu, sie auszuspionieren, egal aus welchen Gründen. Und so nett und zuvorkommend er bisher auch erschienen sein mag, in Mius Augen war er kein Mensch, dem sie in Zukunft noch vertrauen konnte. "Was meinst du, Zero?", sprach Miu in das leere Zimmer hinein und ihre Stimme hallte ein wenig von den weißen Wänden wieder. "Gibt es dort draußen so etwas wie 'Vertrauen'?". Die einzige Antwort, die Miu daraufhin von ihrem Raben erhielt, war Stille. Und tief in ihrem Hinterkopf befand das Mädchen, dass diese Antwort überaus passend und ehrlich war. Und mit diesen leicht deprimierenden Gedanken, begab sich die Schwertkämpferin zu ihrer wohlverdienten Nachtruhe und hoffte, dass am Morgen alles anders sei... dass alles besser sei.

[Am nächsten Morgen...]

Es war eine ungemütliche Nacht für Miu gewesen. Das ein ums andere Mal war sie aus ihrem unruhigem Schlaf aufgeschreckt, aus mehreren Gründen. Sie war es nach wie vor nicht gewohnt irgendwo anders zu übernachten, als bei sich Zuhause. Das Mädchen wusste nicht genau woran das lag, vermutlich hing das mit ihren enormen Vertrauensproblemen zusammen, aber sie konnte schlicht und ergreifend nichts dagegen tun. Wann immer sie nachts wach wurde und feststellte, dass sie nicht in ihrem eigenen Bett lag, ergriff sie kurz Panik, ehe sie sich klar machte wo sie war und warum. Danach konnte schon einmal gut eine Stunde vergehen, ehe das Mädchen wieder in seinen Schlaf hinein fand. Aber auch dort lauerten oftmals unangenehme Dinge auf sie. In dieser Nacht handelte es sich dabei um einen verwirrenden Traum, in dem Miu stetig das Gefühl hatte, verfolgt zu werden. Sie lief alleine durch die Straßen der Stadt, die wie leer gefegt war, und wusste, dass jemand sie beobachtete. Aber immer wenn sie stehen blieb, um nach fremden Schritten zu lauschen oder wenn sie sich umdrehte, um einen möglichen Verfolger zu entlarven, war da nichts. Da war niemand, der sie verfolgte. Niemand, der sie beobachtete. Was bedeutete das? Sollte das heißen, dass sich das Mädchen zu viele Sorgen und Gedanken um seine Vergangenheit machte? Dass sie in Ruhe leben durfte, ohne sich um künftige Konsequenzen sorgen zu müssen? Nein. Kori hatte ihr das gestern schon deutlich gemacht. Nur, weil ihr nicht auffiel, wann und ob jemand sie beschattete, hieß das noch lange nicht, dass es nicht der Fall war oder er nie eintreten würde. Sie musste in Zukunft einfach noch vorsichtiger sein, noch mehr darauf bedacht nichts von sich und ihrem Leben preis zu geben. Doch zu aller erst... hatte sie eine Feier zu planen. Während sie den Morgen größtenteils alleine verbrachte und darauf achtete, ihrem Gildenkollegen so gut es ging aus dem Weg zu gehen, konnte Miu den Ibara am Nachmittag nicht länger ignorieren. Die Lieferungen, die für den Erfolg der Party stehen sollten, trafen ein und es bedurfte der Koordination von beiden Magiern, um dafür Sorge zu tragen, dass alles einen geregelten Ablauf hatte und jedes dekorative Item genau dort platziert wurde, wo es am besten zu Geltung kam. Wie auch schon am Vortag schien Kori hierbei vollkommen in seinem Element zu sein und Miu konnte ihm ansehen, dass er dabei jede Menge Spaß hatte. Sie entschloss sich dazu, ihre düsteren Gedanken für's erste zu vertrieben und so gut es ging mit ihm zusammenzuarbeiten. Immerhin repräsentierten sie hier ihre Gilde und Miu hatte keine Lust am Ende aufgrund mangelnder Kommunikation zwischen ihr und Kori Schande über Lamia Scale zu bringen. Es war schon merkwürdig. Eigentlich hatte die Kamui nur vor gehabt die Gilde zu benutzen, um ihren persönlichen Zielen näher zu kommen. Und doch, obwohl sie so ziemlich niemanden aus der Gilde kannte, fühlte sie sich der Gemeinschaft irgendwie... nicht verbunden, aber dennoch verpflichtet. Woran das wohl lag? Vermutlich gab ihr Lamia Scale unbewusst einen gewissen Halt, den sie nach dem Tod ihrer Mutter verloren hatte, auch wenn sich die junge Schwertkämpferin das wohl nie eingestehen würde. Doch egal ob sie ehrlich zu sich war oder nicht, es handelte sich dabei um die Wahrheit. Sie hatte nichts mehr in ihrem Leben - es gab nur noch Lamia Scale.

Und natürlich dich, Zero!, fügte Miu innerlich hinzu, als ihr Rabe in just diesem Augenblick auf ihrer Schulter landete und dabei zusah, wie eine Ladung Stoff nach der anderen im gesamten Innenbereich der Richy Mansion verteilt und angebracht wurde. Dass es sich dabei hauptsächlich um schwarzen Stoff handelte, stand in krassem Kontrast zu den ansonsten strahlend weißen Wänden der Villa, doch Miu gefiel es. Sie hatte selbst einen kleinen Faible für den Widerspruch aus Schwarz und Weiß, allerdings wusste sie auch, dass von dem Weiß letzten Endes nicht viel übrig bleiben würde. Zwar hatte sie gestern noch nicht einmal gewusst, was das Wort 'Gothic' bedeutete, doch je mehr Zeit verstrich, desto klarer wurde ihre Vorstellung ob dieses Modebegriffs. Alles bekam diese dunkle und düstere Stimmung, was nicht alleine an den schwarzen Farben lag. Unzählige dekorative Gegenstände wie falsche Spinnenweben, künstliche Totenköpfe, einer Vielzahl an Kerzen oder übergroßen Kreuzen, zierten den Palast auf Schritt und Tritt und verbreiteten eine ungewohnt düstere Stimmung. Insbesondere der große Ballsaal war das Prunkstück der Location, da Kori hierfür sämtliche Register gezogen hatte. Ein großer, kerzenbehangener Kronleuchter war hierbei der wahre Blickfang, aber es gab auch noch andere Highlights. Die Bühne beispielsweise, die für die Band aufgebaut wurde, war aus einer Unzahl von kleinen und großen Knochen zusammengebastelt worden. Natürlich waren die Knochen nicht echt, allerdings ließ sie diese Tatsache trotzdem nicht weniger echt wirken. Miu staunte noch immer darüber, wie Kori es geschafft hatte innerhalb so kurzer Zeit etwas so ausgefallenes auf die Beine zu stellen. Seine Kontakte innerhalb Marokkasu Towns schienen zu wissen, was er haben wollte. Doch letzten Endes war es nicht ihre Meinung oder die von Kori, die zählte. Es war die ihrer Auftraggeberin, Mary Richy. Doch von der schien es nach wie vor keinerlei Spur zu geben und allmählich machte sich die Kamui ein wenig Sorgen. Eigentlich hatte das Model vorgehabt, sich ihr Werk noch einmal anzusehen und minimale Änderungen selber vorzunehmen, doch schien ihr etwas dazwischen gekommen zu sein. Sie würde doch nicht ihre eigene Party verpassen, oder? Aber noch ehe Miu der Sorge um die prominente Gastgeberin nachgeben und weiter nachgehen konnte, wurde ihre Aufmerksamkeit von etwas anderem auf sich gezogen.

„Entschuldigen Sie, junge Dame, aber sind Sie hier für alles zuständig?“. Die Stimme war so dicht hinter der Magiern aufgetaucht, dass es sie alle Mühe kostete sich nicht in Windeseile umzudrehen und den Unbekannten von sich zu stoßen. Langsam wandte sich Miu um, damit sie den Fragesteller näher betrachten konnte, doch wurde dieses Vorhaben von einem hellen Lichtblitz vereitelt. „Was zum...?“, stieß das Mädchen erbost aus und rieb sich heftig seine schmerzenden Augen. Was war das gewesen? „Oh, das tut mir leid, aber ich wollte eine schöne Nahaufnahme von Euch haben, meine Liebe!“, entgegnete die Stimme des nach wie vor fremden Mannes und blinzelnd schlug Miu ihre tränenden Augen wieder auf. Vor ihr stand ein untersetzter und glatzköpfiger Mann, dessen auffallendstes Merkmal eine große Kamera in seinen Händen war. „Mein Name ist Pic Ture, meines Zeichens Top-Fotograf der Modezeitschrift 'Magische Momente'. Sind sie die Organisatorin dieser Party?“. Miu, deren Augenlicht inzwischen zu voller Stärke zurückgefunden hatte, wusste nicht wirklich, was sie sagen sollte. Aus irgendeinem Grund war ihr Pic nicht sonderlich sympathisch und der Gedanke, dass ein Bild von ihr möglicherweise im ganzen Land publik werden könnte, behagte ihr überhaupt nicht. Aber sie konnte den Fotografen auch nicht einfach anlügen, insbesondere da andauernd Menschen auf sie zukamen und nach ihren Anweisungen fragten. Um ihren Gesprächspartner nicht noch länger warten zu lassen, entschied das Mädchen sich dazu, seine Verantwortung auf jemand anderen abzuschieben. „Nun ja...“, begann Miu und stellte fest, dass ihre Stimme einmal mehr nicht so fest war, wie sie es gerne gehabt hätte. „Ich bin eher so etwas wie eine... Unterstützung. Der richtige Planer dieser Festlichkeiten steht nämlich dort drüben!“, erklärte die Kamui und deutete mit ausgestrecktem Arm in Richtung Kori, der etwas weiter hinten in der Eingangshalle stand und gerade am Verzweifeln zu sein schien, weil einige der Dekorateure seine Ideen nicht richtig umsetzten. „Wenn Sie also Informationen und Bilder von jemanden haben wollen...“, fuhr das Mädchen fort und ließ den Arm wieder sinken, „...dann ist Kori derjenige, an den Sie sich wenden müssen“. Eine kurze Pause trat ein, in der Pic Ture offenbar mit dem Gedanken spielte, ob er vielleicht alle beide für ein gemeinsames Bild zusammenbringen konnte. Da Miu sich aber keinesfalls so nah an Kori ran wagen wollte, stahl sie sich davon indem sie behauptete, man würde andernorts ihre Unterstützung benötigen.

Die nächsten Stunden verliefen einigermaßen ereignislos und wie geplant. Miu hatte es tatsächlich geschafft, dass der aufdringliche Fotograf seine Zeit lieber mit Kori als mit irgendwem sonst verbrachte und so wie es schien, war der Ibara nicht abgetan von dem Gedanken, für seine Leistungen ausreichend gelobt zu werden. Aber wie nicht anders von Pic Ture zu erwarten, war auch der Rest der Richy Mansion ein wahrer Festschmaus an Fotomotiven. Und das manchmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes, wenn man an das riesige Buffet dachte, das später am Abend seinen Weg in den großen Saal des Palastes fand. Da Miu den größten Teil ihres Lebens damit verbracht hatte in einem Wald zu leben und somit eigentlich nur von ihrer Mutter und der Natur versorgt worden war, war sie kulinarisch betrachtet praktisch ein unbeschriebenes Blatt. Aber selbst für jemanden so unerfahrenes wie sie, schien es sich bei den dargebrachten Speisen um exklusive Spezialitäten zu handeln. Rasch fiel dem Mädchen auf, dass das Restaurant, welches für die Lieferung zuständig war, deutlich mehr gebracht hatte, als Kori Tags zuvor verlangt hatte. In ihrer Naivität ging sie davon aus, dass es sich hierbei nur um ein Missverständnis handelte, aber wenn sie sich ein wenig besser in der Welt ausgekannt hätte, wäre sie möglicherweise zu dem Schluss gekommen, dass die Besitzer des Restaurants lediglich einige Extra-Jewel aus diesem Auftrag rausholen wollten. Niemand würde so leckere und frisch zubereitete Speisen zurückgehen lassen und da es sich bei der Auftraggeberin um niemand geringeres handelte als Mary Richy, würde Geld letzten Endes keine Rolle spielen. Erschreckend war nur, dass scheinbar jeder hier so gedacht hatte, denn wie Miu allmählich feststellte, war alles im Überfluss vorhanden. Notgedrungen sah sie sich schließlich dazu gezwungen, eines der vielen Gästezimmer als eine Art Zwischenlager und Abstellkammer für überflüssige Garnituren, Tische, Stühle, Bänke, Getränke und Tischbesteck zu missbrauchen. Miu hoffte nur, dass sich in dem Durcheinander der vielen Gäste, die in Bälde eintreffen sollten, niemand in den umfunktionierten Gästeraum verirrte... oder noch schlimmer, sich absichtlich an den überschüssigen Vorräten zu schaffen machte! Immerhin hatte die Kamui keine Ahnung, mit was für einer Gesellschaft sie es heute Abend zu tun haben würde und ehrlich gesagt war sie auch nicht besonders an den Besuchern interessiert. Alles, was das Mädchen interessierte, war ein reibungsloser Ablauf.

„Na, das haben wir doch ganz gut hinbekommen, oder was meinst du?“, ertönte es nicht weit von Miu, die sich gerade gedankenverloren an eine der dekorierten Wände lehnte und überlegte, ob sie möglicherweise irgendetwas vergessen hatte. Stumm schaute sie auf und sah Kori frohen Schrittes auf sich zukommen. Kurz spielte die Schwertkünstlerin mit dem Gedanken, einer Konversation aus dem Weg zu gehen, aber sie musste letzten Endes feststellen, dass sie von den ganzen Anweisungen, die sie hatte geben müssen, und dem ganzen Geplane etwas ermattet war und ein ruhiges und normales Gespräch eigentlich genau das war, was sie brauchte. „Ja, scheint so...“, entgegnete Miu neutral und wich dem neugierigen Blick des Jungen aus. Vermutlich versuchte er abzuschätzen, wie sauer das Mädchen noch auf ihn war. Und da Miu wusste, dass sie erbärmlich schlecht darin war, ihre Gefühle und Emotionen zu verbergen, war es wohl einfach für Kori die momentane Laune seiner Gildenkollegin in ihrem Gesicht abzulesen. Nichtsdestotrotz ließ er sich davon nicht entmutigen und nahm abermals den Gesprächsfaden auf. „Verzeih' mir, wenn ich ein wenig aufdringlich klinge, aber wieso hast du den guten Monsieur Pic Ture zu mir geschickt? Du hast ebenso zu dem Erfolg dieser Feier beigetragen wie ich, meine Liebe!“. Miu ahnte, dass Kori das nur sagte, um sie aufzumuntern. Sie beide wussten, dass er viel mehr für diese Party getan hatte als sie, aber sie war gerade nicht in der Laune ihm zu widersprechen. „Ich komme mit anderen Menschen nicht so gut klar, Kori. Ich dachte, bei dir wäre er besser aufgehoben...“, antwortete Miu sachlich und konnte sehen, wie sich der Blick ihres Questpartners wandelte. Was er dachte oder empfand, konnte sie jedoch nicht erahnen. „Außerdem...“, fügte die Kamui an, ehe der Ibara eine Chance dazu hatte auf ihre Worte einzugehen, „...können wir das Fest noch keinen Erfolg nennen. Die Gäste sind ja noch nicht einmal eingetroffen! Es kann noch alles fürchterlich schief gehen, meinst du nicht?“. Offenbar hatte dieser Einwand gereicht, um Kori von ihren früheren Worten abzulenken, denn plötzlich straffte sich der Magier vor ihr und blickte ihr mit einem strahlenden Lächeln entgegen. „Das wird nicht passieren, dafür werde ich schon sorgen! Excusez-moi, ich meinte natürlich dafür werden WIR schon sorgen, Mademoiselle!“. Eines muss man ihm lassen..., ging es Miu durch den Kopf, während sie mit ansah, wie sich Kori wieder daran machte unfähigen Dekorateuren zur Hand zu gehen, ...er ist selbstbewusst. Und weiß, was er zu tun hat.

Die letzten Stunden verstrichen schneller, als es Miu lieb war. Das lag nicht etwa daran, dass sie mit den Vorbereitungen nicht voran kamen oder dergleichen. Tatsächlich hatten die beiden Lamia Scale Magier es hinbekommen, die gesamte Richy Mansion rechtzeitig derart in Schale zu werfen, dass Miu nicht umhin kam ein wenig mit Stolz erfüllt zu sein. Und auch wenn sie es nicht geglaubt hätte, letzten Endes hatte das Dekorieren und Planen sogar irgendwie Spaß gemacht. Miu hatte zwar niemals so etwas wie ein Puppenhaus besessen, aber einmal im echten Leben eine derartige Villa schmücken zu dürfen, war als Entschädigung mehr als genug gewesen. Nichtsdestotrotz steigerte sich die Nervosität der jungen Frau allmählich, denn bald würden die ersten Gäste eintreffen. Einige besondere Gäste und weitere Fotografen und einige Journalisten hatten sich bereits mit privaten Booten übersetzen lassen, aber die Großzahl an Gästen würde erst noch erscheinen. Und Miu wusste ganz genau, dass sie damit nicht klar kommen würde. Das war ihr bereits seit ihrer Vorstellung in ihrer Gilde bewusst geworden. Große Menschenmengen machten sie nervös. Das Gefühl von vielen Leuten angestarrt zu werden, behagte ihr nicht. Sie würde einfach darauf Acht geben müssen nicht aufzufallen. Allerdings war das leichter gesagt als getan, wenn man ihren momentanen Aufzug bedachte. Hölzerne Sandalen, ein Katana und ein schwarzer Rabe? Das waren nicht gerade gewöhnliche Accessoires, selbst für den Standard einer Gothic-Party. Aber was hatte sie für Alternativen? Verstecken konnte sie sich nicht, dagegen sprachen sowohl ihre Verpflichtungen als auch ihr Stolz. Und die Möglichkeit das Outfit anzuziehen, das Kori für sie hatte anfertigen lassen, widerstrebte ihr im höchsten Maße. Nein, sie würde in den sauren Apfel beißen. Außerdem musste sie ja nicht viel machen, außer die Gäste willkommen zu heißen. Zumindest ging sie davon aus. Ehrlich gesagt hatte das Mädchen keinerlei Ahnung, was von diesem Zeitpunkt an von ihr verlangt wurde und während sie im Verlaufe des Tages ihre Unerfahrenheit hatte ignorieren können, so drängte ihr diese Erkenntnis inzwischen wieder voll ins Bewusstsein. „Freust du dich schon?“, fragte Kori sie, der ihre nervöse Miene scheinbar als Zeichen gespannter Vorfreude auffasste. „Wo ist Mary?“, stellte Miu eine Gegenfrage, um von ihren Gefühlen abzulenken, sprach damit jedoch ein wirklich wichtiges Thema an. Die Gastgeberin war immer noch nicht aufgetaucht, dabei würden die Gäste jeden Augenblick eintreffen! Der Ibara an ihrer Seite schenkte ihr jedoch nur ein müdes Lächeln. „Ne vous faites pas de mauvais sang! Ich bin mir sicher, wir werden die gute Madame Richy im richtigen Moment zu Gesicht bekommen!“. Daraus wurde Miu nicht schlau. Wusste der Magier etwas, was sie nicht wusste? Oder ahnte er einfach, was ihre Auftraggeberin vor hatte? Doch noch ehe sie diesem Geheimnis auf die Spur kommen konnte, war es schließlich so weit. Die beiden großen Schiffe, Flying Lamb und Thousand Sunny trafen ein, an Bord sämtliche Gäste.

Die nächsten paar Minuten waren für Miu wohl schlimmer, als ein jeder der über fünfhundert geladenen Gäste hätte erahnen können. Scheinbar hatte Kori die irrwitzige Idee, dass er und sie eine kleine Ansprache halten mussten, um die Besucher auf alles Wichtige hinzuweisen, vom eigentlichen Setting der Party – das, den Kostümen und Outfits nach zu urteilen, sowieso bereits jeder kannte – über die Auswahl des Buffets bis hin zu der später am Abend auftretenden Musikband. Miu stand größtenteils starr neben dem Ibara, der glücklicherweise die meisten der Blicke auf sich zog und erst am Ende, als ihr Gildenkollege den Angereisten einen 'erquickenden Abend' und eine 'magische Nacht' wünschte, wurde sie aktiv, als sie sich gemeinsam mit ihm verbeugte und einen gewaltigen Applaus entgegennahm, der sie allerdings nicht wirklich beruhigte oder sie glücklich stimmte. Der Schock, eine derart gigantische Menschenmenge direkt vor sich zu haben und mit im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, hatte sie nach wie vor überwältigt. Das Mädchen beruhigte sich erst wieder, als sich die Gäste mit der Zeit innerhalb des Anwesend verteilten, ganz egal ob nun im geschmückten Garten oder dem besonders herausgeputzten Innenleben der Villa. „Dann sollten wir uns mal unter das Volk mischen, non?“, schlug Kori nach einiger Zeit vor, handelte sich Miu jedoch nur eine leichte Abfuhr ein. „Geh' du nur, ich glaube meinem gefiederten Freund haben die ganzen Menschen hier etwas zugesetzt... ich stoße später zu dir“, antwortete Miu und war froh, dass sie Zero als Ausrede vorschieben konnte, um ein wenig Zeit für sich zu bekommen. Da Kori sich glücklicherweise nicht quer stellte, hatte das Mädchen kurz darauf tatsächlich ein wenig Zeit für sich und schritt bedächtig durch den relativ ruhigen und verlassenen Garten. Fast alle Besucher hatten sich dazu entschieden, das Innere der Richy Mansion zu begutachten und Miu konnte es ihnen nicht verübeln. So würde das Anwesen wohl nie wieder aussehen und niemand sollte sich diese Gelegenheit entgehen lassen. Miu selbst allerdings, die am Aufbau der Location mitgewirkt hatte, konnte sich für den Anblick momentan nicht wirklich begeistern. Wortlos glitt ihr Blick über die spiegelglatte Wasseroberfläche des Sees, der die Richy Mansion vom Festland Marokkasu Towns abschnitt. Sie betrachtete das Spiegelbild des hell scheinenden Mondes, der dabei nichts von seiner Schönheit verlor und fragte sich, ob sie in Zukunft irgendwann einmal andächtig und nostalgisch an diesen Auftrag als ihre erste Quest für Lamia Scale zurückdenken würde. Sie hatte sich bisher eigentlich kaum Gedanken darüber gemacht, aber sollte sie mit ihrem Ziel – der Suche nach Ichiru – nicht so schnell vorankommen wie geplant, so würde sie Wohl oder Übel mehr Zeit in die Gilde hineinstecken, als sie beabsichtigt hatte. Wie schwer das werden würde, hatte ihr das Gespräch mit Kori klar gemacht. Sie plante nicht, sich anderen Menschen anzuvertrauen und sich ihnen mitzuteilen, aber mit dieser Einstellung würde sie zwangsweise irgendwann auf gewisse Grenzen stoßen. Mit Sicherheit gab es einige Leute, denen ihr Verhalten egal war. Aber was war mit denen, die mehr von ihr wissen wollten? Und die sie vielleicht zweimal, dreimal oder öfter auf eine Quest antreffen würde? Könnte sie auf Dauer darauf vertrauen, dass sie niemandem etwas von sich preisgab? Sie wusste es nicht. Und es war mühselig, sich über derlei Dinge den Kopf zu zerbrechen. „Was meinst du?“, erklang Mius Stimme und da niemand in ihrer Nähe war, waren ihre Worte eindeutig an Zero gerichtet. „Sollen wir der Festlichkeit auch beiwohnen?“. Ein kurzes Flügelschlagen, das ihre Friseur durcheinander brachte, ein davon fliegender Rabe und ein hämisches Krähen waren Antwort genug für Miu. „Ja, du mich auch...“, grummelte das Mädchen ärgerlich und war in diesem Augenblick tatsächlich eifersüchtig darauf, selber keine Flügel zu besitzen, mit denen sie sich aus dem Staub machen konnte. Ihr blieb nur der Weg in die Höhle des Löwen.

Doch wie sich schnell herausstellen sollte, war es nicht halb so schlimm, wie Miu befürchtet hatte. Nachdem sie nun nicht mehr Zentrum der Aufmerksamkeit war, schien niemand ihr mehr besondere Beachtung zukommen zu lassen, worüber das Mädchen ziemlich froh war. Das einzige, worüber sie sich Gedanken machen musste, war den gierigen Blitzlichtgewittern der unzähligen Fotografen auszuweichen. Denn auch wenn sie nie das primäre Ziel eines der Objektive war, so missfiel ihr der Gedanke in irgendwelchen Magazinen ihren Haarschopf oder ihr Schwert aufblitzen zu sehen. Da die Kamui jedoch bald feststellte, dass die Fotografen es meistens auf die Model-Freundinnen von Mary Richy abgesehen hatten – und diese sich glücklicherweise quasi in einer einzigen großen Gruppe durch das Schlösschen bewegten – ,musste sie bloß darauf achten weit genug von den besagten Frauen entfernt zu stehen und ihnen aus den Weg zu gehen. „Da bist du ja! Hier, ich habe dir eine Kleinigkeit zum Trinken mitgebracht, Mademoiselle!“. Wie aus dem Nichts war Kori mitten aus der Menschenmenge aufgetaucht und kurz fragte sich Miu, wie er sie wohl ausfindig gemacht hatte. Dann fiel ihr ein, dass der Junge deutlich größer als sie war und die Frage erübrigte sich. „Danke!“, antwortete Miu, die tatsächlich etwas durstig war und gerade mit dem Gedanken gespielt hatte, sich zum Buffet durchzuschlagen, an dem auch Getränke ausgegeben wurden. Erleichtert, sich dieses Unterfangen sparen zu können, nahm sie den Becher seitens Kori entgegen und nahm einen tiefen Schluck – den sie kurz darauf in einem feinen Sprühregen wieder ausspuckte. „Was... was ist das???“, fragte Miu spuckend, während sie sich den Mund abwischte und hoffte, dass in diesem Augenblick kein Fotograf den Finger am Auslöser gehabt hatte. „Das war Rotwein, meine Liebe. Hast du so etwas denn noch nie getrunken?“, erklärte der Ibara mit hochgezogener Augenbraue und nahm ihr den Becher wieder ab. DAS war Rotwein?, hallte es verwirrt im Kopf der Kamui und sie schüttelte sich ein wenig. Sie hatte noch nie in ihrem Leben Alkohol getrunken, aber in vielen Geschichten und Büchern schon davon gelesen. Bisher war sie davon ausgegangen, dass Alkohol sehr gut schmecken musste und besonders Rotwein, der oftmals in romantischen Geschichten gerne von einem Pärchen geteilt wurde. Aber das Zeug war einfach nur... nur... sie konnte den Geschmack nicht einmal beschreiben! Bitter. Das war wohl das größte Problem daran. Sie hatte immer gedacht, Alkohol würde süß schmecken. „Ich... ähm...“, sammelte sich Miu, der es ein wenig peinlich war, wie sie reagiert hatte und suchte nach einer passenden Ausrede. „Ich dachte, du würdest mir Wasser anbieten. Ich glaube, ich war einfach nur überrascht, das ist alles!“. Kori stand noch immer mit leicht hochgezogener Augenbraue vor ihr und Miu wusste, dass der Junge ihr nicht glaubte. „Nun... jetzt weißt du ja, was da drinnen ist. Wenn du von nun an kleinere Schlücke nimmst, sollte alles in Ordnung sein...“, murmelte der Ibara mit einem schelmischen Lächeln und reichte ihr erneut den Becher. „Ja, danke!“, entgegnete Miu mit einem Lächeln und versuchte damit ihre vorherige Ausrede glaubwürdig zu untermalen, was wohl nicht klappen würde. Insgeheim nahm sich das Mädchen zudem vor, den Becher im nächsten Badezimmer auszuleeren und mit Leitungswasser zu füllen.

Die Party war im vollen Gange und die Zeit verstrich schneller, als das Mädchen vermutet hätte. Schon bald war es Zeit für den Auftritt der Band, der das Highlight des heutigen Abend darstellen sollte. Gleichzeitig war das aber auch eine Art Wendepunkt, da von dem Zeitpunkt an die Feier langsam ihrem Ende entgegen ging. Da Miu noch nie eine Band hatte live spielen hören – und auch sonst in Sachen Musik noch relativ jungfräulich war – ,war sie ziemlich gespannt auf den Auftritt. Tatsächlich sicherte sich das Mädchen sogar einen besonders guten Platz im Ballsaal, von dem aus die Bühne gut zu überblicken war. Miu war überrascht, wie gut sie inzwischen gelaunt war. Sogar der Rotwein, von dem sie inzwischen einige Becher getrunken hatte, schmeckte jetzt richtig gut! Wenn man sich erst einmal an den Geschmack gewöhnt hatte, ging die dunkelrote Flüssigkeit runter wie Öl. Allerdings hatte Miu inzwischen ein paar Probleme damit, sicheren Tritt mit ihren Holzsandalen zu finden, weswegen sie die Geta neben sich gestellt hatte. Und dann ging es auch schon los! Nachdem die Band die letzten Minuten damit verbracht hatte, alle möglichen Gerätschaften und Instrumente miteinander zu verbindenden und hinter dem Vorhang einige kurze Soundtests durchzuspielte, war es endlich so weit. Urplötzlich wurden alle Lichter im Saal ausgeschaltet und zwei große, an der Decke angebrachte Scheinwerfer wurden angeworfen, die auf den schwarzen Vorhang zielten. Einige Sekunden lang passierte überhaupt nichts, ehe plötzlich einige Rauschwachen unterhalb der Bühne aufsteigen. Erst war Miu verwirrt und dachte an ein Feuer, doch dann fiel ihr ein, dass sie vorhin eines der Bandmitglieder irgendetwas von wegen 'Rauchmaschine' hatte faseln hören. Die Menge machte langsam etwas Stimmung und auch Mius Gesicht fand sich ein breites Lächeln wieder. Wieso war sie so gut gelaunt? Diese Frage ignorierend, gönnte sich das Mädchen einen weiteren Schluck Rotwein, während die Show weiterging. Der dichte Nebel hatte inzwischen fast den gesamten Vorhang bedeckt, der nun zur Seite gezogen wurde. Noch war wegen des Rauchs nichts zu sehen, doch würde es sicher nur einige Sekunden dauern, bis er sich lichtete. Doch noch bevor jemand oder etwas zu sehen war, fing es an. Der Schlagzeuger fing als erster damit an, dem Publikum einzuheizen und bald stiegen auch die anderen Instrumente mit ein, doch schienen sie es ruhig anzugehen... so als ob sie auf etwas warten würden, als wäre das nur ein Countdown. Und nachdem der Nebel einen Blick auf die Bühne preisgab, wusste die Kamui auch worauf die Band gewartet hatte. Dort oben, neben dem eigentlichen Leadsänger der Band, stand Mary Richy! Mit offenem Mund starrte Miu in Richtung des Models, das sich für ihre Party wirklich herausgeputzt hatte. Überall im Saal war das Blitzlicht der Kameras der Fotografen zu sehen, die wie wild drauf los knipsten. Doch viel mitreißender war der stürmende Applaus der Gäste, die völlig aus dem Häuschen zu sein schienen, als Mary plötzlich zum Rhythmus der Musik mit einstimmte und begann zu singen! Auch Miu, die nicht so recht wusste warum, stimmte in die brüllende Menge mit ein und war überrascht davon, wie talentiert Mary war. Als sie dann auch noch vom Sänger der Band begleitet wurde, bildeten die beiden Stimmen zusammen mit der Melodie eine besonders harmonische Beziehung und Mius Füße wippten im Takt der Musik mit. Leider dauerte der Auftritt der Gastgeberin nur einige wenige Minuten, doch würde ihr Auftritt mit Sicherheit für sehr, sehr lange Zeit im Gedächtnis der Besucher bleiben und in Marokkasu Town das Gesprächsthema Nummer Eins sein! Dankend und glücklich nahm Mary den Applaus der Menge entgegen und verneigte sich ein ums andere Mal.

„Danke! Ich danke euch allen, dass ihr heute hier erschienen seid, das bedeutet mir wirklich viel!“. Wieder eine Runde Applaus, auch wenn dieses Mal etwas verhaltener, da alle wussten, dass die Ansprache noch nicht zu Ende war. „Dabei haben wir unheimliches Glück, dass dieses Fest heute überhaupt stattfindet. Wie vielleicht einige von euch wissen, hat mein Partyplaner vor einigen Tagen abgesagt und mich praktisch im Regen stehen lassen...“, fuhr Mary fort und machte eine kurze Pause, um ihre Trauer mit den anderen Gästen zu teilen. Wäre Miu nicht schon angetrunken gewesen, hätte sie geahnt, worauf das alles hinauslaufen würde und hätte sich aus dem Staub gemacht, doch in diesem Augenblick war sie einfach nur glücklich, dass bisher alles so gut verlaufen war. „Aber ihr kennt mich! Von so etwas lässt sich Mary Richy nicht entmutigen!“, erhob das Model abermals ihre Stimme und erntete wieder Applaus und auch einige Jubelrufe. „Ich habe mich deswegen kurzerhand dazu entschlossen, eine der bekanntesten Magiergilden damit zu beauftragen, diese Feier zu organisieren und seht nur, was sie innerhalb eines einzigen Tages auf die Beine gestellt haben! Ich finde, das hat einen enormen Applaus verdient! Darf ich vorstellen, aus der Gilde Lamia Scale...“, rief Mary laut und die beiden Scheinwerfer an der Decke schwanken plötzlich fort von der Bühne und fanden nur wenige Sekunden später einen gewissen jungen Mann wieder. „Kori Ibara!“. Tosender Applaus ertönte, während sich der Ibara vor den versammelten Gästen verbeugte und einige dankende Worte an sie richtete. Auch Miu stimmte in den Applaus mit ein, anstatt das zu tun, was sie hätte tun sollen – sich verstecken. „Und...“, setzte Mary an und nun schwankten die Spotlights von Kori direkt auf Miu, die regelrecht geblendet war von dem hellen Licht. „Miu!“. Auch für sie ertönte ein lauter Applaus, auch wenn er nicht so großzügig war wie der von Kori. Immerhin war er es gewesen, der bereits draußen das Wort an die Eingeladenen gerichtet hatte. Und auf einen Schlag war jedwedes positive Gefühl, das Miu vor kurzem noch gespürt hatte, erloschen. Vollkommen. Ihr Herz raste und pulsierte stärker als sonst irgendwann in den letzten Stunden in ihrer Brust und in just diesem Augenblick wurde ihr eines glasklar vor Augen geführt. Sie konnte es auf den Tod nicht aufstehen, wenn man sie beobachtete. Es war mehr als nur Unbehagen. Es war Angst. Stumm blickte Miu in die erwartungsvollen Gesichter von fünfhundert Menschen, die alle nur Augen für sie hatten. Und Mius Verstand war wie leer gefegt. Was sollte sie tun? Was sagen? Alles, was sie wollte, war unsichtbar werden und zu verschwinden. In diesem Moment war alles, was sie getan hatte und was sie in diese Situation gebracht hatte, ein Fehler. Ihr Beitritt in die Gilde. Die Annahme dieser Quest. Das Organisieren dieser Party. Das alles war ein großer Fehler gewesen und Miu wollte das alles rückgängig machen. Die Sekunden verstrichen und die Kamui hatte keinen blassen Schimmer, wie sie die gespannte Stille auflösen sollte. Und wie um alles noch schlimmer zu machen, kam wie aus dem Nichts plötzlich Zero angeflogen und setzte sich ungefragt auf ihre Schulter. Klar, JETZT kommst du wieder..., geriet Miu innerlich in Wallung, ignorierte ihre Wut jedoch, da ihr plötzlich etwas einfiel, was sie sagen konnte. Mit ausgestrecktem Finger deutete sie auf den Vogel auf ihrer Schulter, ehe sie ihren Mund öffnete und zu sprechen anfing. Zum Glück hatte der Rotwein noch immer genug Wirkung auf sie, um zumindest ihre Stimme laut genug durch den Raum ertönen zu lassen, um nicht als nervöses Wrack rüberzukommen. „Naja, ich hatte etwas Hilfe...“, scherzte Miu und nach einer unendlich langen Sekunde fiel der Großteil der Leute vor ihr in herzhaftes Gelächter aus. Das Scheinwerferlicht suchte wieder seinen Weg zurück auf die Bühne und Mary, die der Band noch viel Erfolg wünschte und sich von dem Podium stahl, trat damit wieder in den Mittelpunkt. Aber das beruhigte Miu nicht. Kein bisschen.

Umgehend suchte sich das Mädchen einen Weg durch die dichte Menschenmenge und stand wenige Minuten später draußen im Garten, an der frischen Luft. Aber das war nicht weit genug weg, nicht einmal annähernd. Noch immer hämmerte das Herz in ihrer Brust stärker, als es eigentlich sollte. Was war nur los mit ihr? Wieso war es für sie so eine Qual gewesen, die Blicke all dieser Menschen auf sich zu spüren? „Ist irgendwas?“. Erschrocken vernahm Miu eine Stimme dicht hinter sich und drehte sich blitzschnell um. „Keine Sorge, meine Liebe, ich bin's nur! Ein bisschen nervös, hm?“, sprach der Magier und hob leicht abwehrend die Hände, während sein Blick zu Mius Katana wanderte. Erst jetzt fiel Miu auf, dass sie unbewusst die Hand an ihren Schwertgriff gelegt hatte. Umgehend ließ von dieser Geste ab und versuchte sich zu entspannen, was ihr nicht gelingen wollte. „Ich...“, fing Miu an, wusste aber nicht wirklich, was sie sagen sollte. Es vergingen mehrere Augenblicke, in denen Kori sie nur fragend beobachtete und offenbar zu erraten versuchte, was ihr durch den Kopf ging. „Ich... muss gehen. Es ist etwas dazwischen gekommen, tut mir leid...“, sagte Miu, ehe sie wirklich wusste was da eigentlich aus ihrem Mund kam. Erstaunt blickte der Magier vor ihr sie an und war sichtlich überrascht ob dieser Offenbarung. „Aber du kannst nicht einfach gehen, Miu. Das hier ist unsere Party, wir haben das alles auf die Beine gestellt! Außerdem...“, fügte er an und schien nun an ihren Stolz appellieren zu wollen, „...wir müssen doch auch noch dafür sorgen, dass wieder alles in seinen ursprünglichen Zustand kommt hier, non?“ - „So weit ich weiß, bestand unsere Mission nur in dem Organisieren der Feier. Vom Aufräumen hat niemand etwas gesagt. Ich mache nichts falsches, wenn ich jetzt gehe!“, warf Miu daraufhin pikiert ein und Kori schien es die Sprache zu verschlagen, das sollte schon etwas bedeuten bei ihm! Stille legte sich über die Szenerie und in Mius Gesicht war deutlich abzulesen, dass sie nicht mit sich verhandeln ließ. Sie musste hier weg, so schnell wie möglich. Und letzten Endes schien auch Kori zu diesem Schluss zu kommen. „Nun gut... ich kann zwar nicht sagen, dass ich damit zufrieden bin... aber ich glaube, ich schulde dir etwas. Geh du nur!“. Erleichtert atmete Miu auf und sie war bereit sofort davon zu stürmen. „Danke!“, antwortete sie und war das erste Mal an diesem Tag tatsächlich froh darüber, mit Kori gesprochen zu haben. „Nicht, dass wir uns da falsch verstehen, meine Liebe...“, fügte der Ibara noch hinzu und blickte Miu dabei tief in die Augen, „...ich heiße das nicht gut. Das nächste Mal werde ich so etwas nicht dulden!“. Miu nickte nur und war überrascht davon, dass der Junge auch so eine Seite an sich hatte. Bisher war er nur als lebensfroher und sorgloser Gildenmagier aufgetreten, aber scheinbar konnte auch er missbilligend und kühl auftreten, wenn er denn wollte. „...Danke...“, wiederholte sich Miu, ehe sie sich umdrehte und auf den Weg zu einem der kleineren Boote machte, die einzelne Gäste, die schon früher gehen mussten, über den See setzten. Das Mädchen hatte noch immer keine Ahnung, warum sie so heftig reagierte, aber sie wusste, dass es mit ein wenig Ruhe und Freiraum nicht getan war. Es gab nur einen Ort, an dem sie momentan sein wollte und der war weit weg von hier, lag neben einem kleinen Bach und hinter eine hölzernen Brücke. Nicht weit von einer hölzernen Hütte... und umgeben von einem steinernen Kreis.


[Ein paar Tage später...]

Ich war wohl noch nicht so weit...

Das war die Begründung, die sich Miu immer wieder durch den Kopf jagte. So viele Jahre hatte sie nur mit ihrer Mutter verbracht und kaum einmal Zeit mit anderen Menschen verbracht. Plötzlich von einer Schar von etwa fünfhundert Unbekannter umgeben zu sein, war wohl zu viel gewesen. Im Nachhinein betrachtet war es wohl der Alkohol gewesen, der sie eine gewisse Zeit lang hatte abstumpfen lassen, doch als sie plötzlich der Mittelpunkt von allem war, waren alle Gefühle wieder ungetrübt auf sie eingeprasselt. So etwas durfte nicht noch einmal passieren. Dieses Mal war es gut gegangen, weil sie einen verständnisvollen Partner an ihrer Seite gehabt hatte und die Quest an sich bereits vorbei gewesen war. Aber was, wenn sie das nächste Mal nicht so viel Glück hatte? Sie konnte es nicht riskieren wieder einen dermaßenen Blackout zu erleiden. Sie musste lernen mit derlei Panikattacken umzugehen, doch der einzige Weg bestand darin zu lernen, mit anderen Menschen auszukommen und ihnen zu vertrauen. Aber das wollte sie nicht. Es war zum Haareraufen! Glücklicherweise sorgte ein großes Paket, das sie aus der Gildenhalle von Lamia Scale abholte, für eine gewisse Ablenkung und Erleichterung. Kori hatte ihr geschrieben! Er war nach wie vor in Marokkasu Town und besuchte offenbar ein paar Freunde und Bekannte, wenn er schon einmal in der Gegend war. Dem Paket beigelegt war ein Dankesschreiben von Mary Richy, die unendlich betrübt über ihre plötzliche Abreise gewesen war. Trotzdem hatte sie die Jewel, die Miu als Belohnung für diese Quest erhalten sollte, beigelegt. Wenn Miu überlegte, wie viel das Model für die Feier selbst aus dem Fenster geworfen hatte, war die Belohnung für sie und Kori lächerlich gering ausgefallen, aber sei's drum. Viel interessanter fand das Mädchen die unzähligen Zeitschriften, die über die eigentliche Feier berichteten! Hunderte Bilder waren geschossen wurden und Miu stellte glücklich fest, dass sie auf keinem der veröffentlichten Fotos zu sehen war. Ganz im Gegensatz zu Kori, der die ganzen Kameras offenbar regelrecht gestalkt hatte, um auch auf jeden Fall mit abgedruckt zu werden. Dass der Junge hierbei praktisch als alleiniger Organisator dargestellt wurde, störte Miu nicht im geringsten. Es war sogar besser so. Trotzdem war es schön, dass scheinbar alle Gäste jede Menge Spaß gehabt hatten und Miu hatte durch die Magazine für immer eine Erinnerung an ihre allererste Quest, was sie fröhlich stimmte. Allerdings geriet ihre Freude etwas ins Wanken, als sie die letzte Zeitschrift in die Hand nahm, die mit einer persönlichen Prägung von Pic Ture an sie gewidmet war. „An die geheimnisvolle junge Dame – auch Geheimnisse können gut aussehen!“. Stumm schob Miu diese handgeschriebene Nachricht zur Seite und erblickte daraufhin das Cover des Magazins 'Magische Momente' und ihr klappte der Mund auf. Das war ein Bild von ihr! Und sie hatte nicht einmal mitbekommen, dass sie abgelichtet worden war. Aber das Motiv... war wunderbar! Es war der Augenblick kurz nach Beginn des Festes gewesen, als sie draußen im Garten gestanden hatte und den Mond und den See beobachtet hatte. Pic Ture hatte das Foto in genau dem Augenblick geschossen, als Zero von ihrer Schulter geflogen war. Der Rabe flog auf dem Motiv also gerade durch den riesig wirkenden Mond, während Miu mit dem Rücken zur Kamera da stand, geheimnisvoll und für niemanden zu erkennen, der nicht wusste, dass sie bei der Party dabei gewesen war. Dieses Bild, und das wusste Miu ganz genau, würde sie ihr ganzes Leben nie vergessen. Und darüber war sie glücklich.