„Nein nein, ich habe einfach ein wenig überreagiert. Eigentlich dürfte ich hier ja gar nicht sein.“ Leicht irritiert zog Emaru die Augen hoch über diese Aussage, doch dann wurde ihm klar, dass sie nicht etwa eine gesuchte Verbrecherin war oder ähnliches, sondern dass sie einfach davon ausging, das dieses Gebäude außerhalb ihrer Grenzen lag. Irgendwie amüsant. „Ich nehme mal an, du weißt nicht allzu viel über die juristische Situation, die das Gelände dieses Kraftwerks betrifft?“ Diesen nicht allzu vielsagenden Satz brachte er hervor, doch er beließ es erst einmal dabei; Zeit für Erklärungen hatte er immer noch, wenn sie sich erst einmal vorgestellt hatte. Was sie freundlicherweise auch tat. Sylvana hieß sie also... nun gut, mal sehen, ob sich das in sein Gedächtnis zu brennen vermochte.
Natürlich folgte auch die durchaus logische Frage, was die beiden Magier in das Kraftwerk führten, doch dieses Mal blieb Nia nicht einfach wortlos hinter ihm, sondern drängte sich in den Vordergrund, machte aus dem staubigen Boden eine Bühne für ihre kleine Aufführung. Die Stimmung des Ortes schien sie voll und ganz zu erfassen. Ihre Magie überraschte den Dargin nicht mehr; er hatte sie ja bereits auf der gemeinsamen Quest kennen gelernt. Aber nützlich war sie auf jeden Fall...
Nachdem sich das Mädchen endgültig an einer der klobigen Maschinen verloren hatte, Schritt er langsam zu ihr herüber und strich ihr kurz über das blonde Haar, um sie wieder in die Realität zurückzuholen. „Dem kann ich nicht viel hinzufügen... Sie hat alles gesagt. Wir wollen das Kraftwerk wieder zum Laufen bringen, weil es außer uns vermutlich niemand in Fiore mehr kann.“ Er zuckte mit den Schultern und sah sich um. Eigentlich hatte er nicht erwartet, dass es hier so viele von diesen Maschinen gab; bei der Knappheit an Rohstoffen hatte er angenommen, dass nur die kleinstmögliche Menge verbaut worden war. Er würde wohl doch etwas mehr zu tun haben als gedacht... Dennoch hielt er recht selbstbewusst die linke Hand hoch, in welcher sich zwei der Pläne befanden: „Ich habe ein paar Monate gebraucht, alle Baupläne und Erklärungen der Funktionsweise zu restaurieren und in eine verständliche Sprache zu übersetzen, aber jetzt dürfte es kein großes Problem sein. Glücklicherweise sind keinerlei gesetzliche Konflikte zu erwarten, mit dem Thema habe ich mich selbstverständlich ebenfalls befasst... Das Kraftwerk gehört niemandem mehr. Sämtliche Verträge sind vor langer Zeit ausgelaufen, daher ist es Eigentum der Stadt Hargeon Town. Da sich allerdings niemand darum kümmern will und Patroullien außerhalb der Stadtgrenzen nicht erwünscht waren, und dieser Koloss ohnehin nicht länger irgendeinem Zweck dient, wurde es zu freiem Gelände erklärt... Kurz gesagt, darf es praktisch jeder betreten und sich sogar an den Maschinen versuchen. Ohne rechtliche Konsequenzen. Selbst wenn hier ein ganzer Trupp Runenritter auftauchen sollte, gäbe es keinen Grund für Konflikte.“ Nia wusste das bereits – der einzige Grund, aus dem er das Thema so breitschlug, war Sylvana. Man hörte es seiner Stimme nicht an, aber gerade machte er sich ein klein wenig über den Schrecken lustig, den ihre Unwissenheit ihr bereitet hatte. Es gab allerdings noch etwas mehr zu sagen... „Mich würde allerdings schon interessieren, was eine junge Dame wie dich hierher führt, ganz besonders, wenn sie davon ausgeht, damit gegen Gesetze zu verstoßen, Sylvana...“ Einen guten Grund musste es ja geben, nicht wahr?

Moment einmal… Keine gesetzlichen Konflikte? Hatte dieser Emaru gerade wirklich gesagt, dass es keine gesetzlichen Konflikte gab?! Sie hätte sich also weder so bemühen müssen unauffällig zu bleiben, noch hätte sie sich vorhin nicht so erschrecken müssen?! Wer hatte ihr noch mal diesen Irrsinn in der Gilde aufgeschwatzt? Owen? Luna? Oder war es doch eher Satsujin gewesen? Egal, demjenigen würde die Dragonslayerin nach ihrer Heimkehr garantiert direkt den Arsch aufreißen. Immerhin war sie somit die ganze Zeit völlig umsonst in Sorge gewesen, hatte unnötig darauf aufgepasst, dass man sie hier beim rumschnüffeln nicht erwischte. Alles zu Lasten ihrer armen Nerven…
Naja, wie auch immer. Dank Nia war jetzt auch das ganze Kraftwerk mit hellem Licht geflutet, dank ihrer Magie – Solid Script, wie es aussah. Ganz schön nützlich, musste die Dragonslayerin zugeben. Bisher hatte sie ja nur mal über diese Magie gelesen, die einem magischen Wort eine Eigenschaft zuordnen konnte, aber in Realität war es schon faszinierend, wie das Wort für Licht auf einmal genug Helligkeit spenden konnte, um diesen dunklen Ort zu erhellen. Damit war zumindest klar, dass es sich bei den beiden Personen um Magier handelte. Ein Gildenzeichen konnte sie beim ersten Blick nicht auf ihren Körpern entdecken, vermutlich lag es versteckt unter ihrer Kleidung, aber befürchten musste sie erstmal nichts. Immerhin schienen sie ihr nicht feindlich gesinnt zu sein. Was Sylvana jedoch für einen Moment innehalten ließ war das Verhalten des Mädchens. Streichelte sie wirklich gerade eine der Maschinen und redete mit ihr? Schon ein wenig eigenartig und im ersten Moment ging Sylvana der Gedanke durch den Kopf, dass Nia vielleicht einen kleinen Hirnschaden besaß, aber nach einigen Augenblicken fiel ihr ein, dass es nur eine kleine Eigenart sein konnte. Dass sie hierhergekommen war, um sich ein gutes Mittagessen zu gönnen, sah für Außenstehende sicherlich auch sehr merkwürdig aus.
Wie dem auch sein, anscheinend war heute doch so etwas wie ihr Glückstag, sollte man den leicht eingebildeten Worten Emarus denn Glauben schenken. Außer ihnen sollte es niemand anderes schaffen, dieses Kraftwerk zum laufen zu bringen? Mit ein wenig Geduld hätte sie das auch garantiert ohne irgendwelche Baupläne und Anleitungen geschafft. Zu kompliziert wird dieses Kraftwerk nun auch nicht gebaut sein, immerhin war es schon verdammt alt! Einfach irgendeinen Hebel und einen Knopf drücken würde das Teil schon wieder zum Laufen bringen (oder aber zerstören, woran Sylvana garantiert nicht dachte). Was aber wichtiger erschien war die Tatsache, dass Emaru nun auch verständlicherweise wissen wollte, was die Dragonslayerin hierher verschlagen hatte. Ganz spontan entschied sie sich dazu, ganz einfach und plump die Wahrheit zu erzählen – egal, ob sie für Emaru nun logisch erschien oder nicht.
„Nun, eigentlich aus zwei Gründen: Neugierde vor der Funktionsweise dieses Kraftwerks und ein großer Hunger nach elektrischer Energie.“

Gefühlvoll rieb Nia ihre Wange weiterhin an der verrosteten und staubigen Oberfläche der unbekannten Maschine vor ihr. Sie konnte die Energie schon fast spüren, die sie vor langer Zeit durchströmt hatte. Es war fast schon ein magischer Moment. Etwas, was man nur ungern loslässt. Dabei hatten sie ihre Arbeit hier noch gar nicht begonnen. Die Blondine wollte die Vergangenheit nicht nur spüren, sondern auch live miterleben. Es ging immerhin um das größere Ganze. "Mh..?" Fast schon verschlafen blinzelte Nia in den Raum, nachdem sie von der sanften Berührung Emaru's zurück in die Realität geholt wurde. "Oh.. ähm.. ja." Fast schon verzehrend verabschiedete sie sich mit einer letzten, intensiven Streicheleinheit von dem Metall, richtete sich dann wieder auf und legte den Fokus wieder auf die junge und exotisch wirkende Frau, welche sich im Übrigen gerade eine wahre Standpauke vom Dargin anhören durfte. Sie hatte jedoch nichts anderes verdient. Ihre wahren Absichten hatte sie ihnen zwar noch nicht mitgeteilt, trotzdem vermutete die Mel Mata, dass diese Sylvana ihnen das Spielzeug - namentlich das Kraftwerk - vor der Nase wegschnappen wollte. Was wäre nur geschehen, wenn sie hier einen Tag später eingetroffen wären? Daran mochte Nia überhaupt nicht denken. Es war ganz allein ihr Erlebnispark, zusammen mit ihrem Partner, der sie erst darauf aufmerksam gemacht hatte. Dieses, aus wohlgeformten Rundungen bestehende Geschöpf, durfte höchstens das Spektakel miterleben. Eine helfende Hand brauchten sie auf jedenfall nicht, um mit der hier gestellten Aufgabe fertig zu werden.
Nichtsdestotrozt ließ sich die ungebetene Besucherin davon nicht aus der Ruhe bringen. Sie nannte nun sogar ganz offen ihr Vorhaben. Wie erwartet war sie ebenso an der Funktionsweise der Maschinen hier interessiert. Das bedeutete, dass sie wirklich das gleiche wollte wie sie. Eine Kooperation war also nicht ganz ausgeschlossen. Die nachfolgenden Worte erschreckten Nia jedoch sehr. Sie.. sie wollte es essen? Nein, das durfte nicht sein. Sylvana wollte dieses grandiose Meisterwerk der Vergangenheit einzig reparieren, damit sie es in einem großen Happs verschlingen konnte? Sofort zog die Mel Mata scharf die Luft ein. Das war ein Alptraum. Am liebsten hätte sie dieses Monster gleich vor die Tür gesetzt. "Neeeeein, du bekommst Betsy nicht! Dafür musst du erst an mir vorbei." Schützend warf sich die Magierin vor die Maschinerie und warf ihrem Gegenüber einen bösen Blick zu.

Die Neugierde Sylvanas war durchaus verständlich – das hier war immerhin ein unglaublich altes Gebäude, ein Relikt, wenn man so wollte, mit einer Technologie, die schon fast wieder verloren war, obwohl sie so nah an einer bekannten und befüllten Stadt anzutreffen war. Diese Menschen, wie naiv mussten sie sein, um eine solche Stätte einfach verrotten zu lassen? Und vor allem, wieso hatte man Technologie nie weiter ausgebaut? Nur, weil man Zugriff auf Magie hatte? Was war, wenn eines Tages, aus welchen Gründen auch immer, die Magie auf dieser Welt ihren Nutzen verlor? Dann war die Menschheit verloren, weil sie sich immer nur auf das eine verlassen hatten... Seufzend schüttelte Emaru den Kopf. Das war so typisch. Gut, dass es noch Menschen wie ihn, Nia und Sylvana gab, die sich doch dafür interessierten...
Es war aber ein anderes Wort in ihrer Erklärung, das den jungen Mann aufhorchen ließ: Hunger? Hunger nach elektrischer Energie? Die Wahl des Wortes Hunger war ziemlich außergewöhnlich in diesem Kontext. Eigentlich klang das nach jemandem, der Strom benötigte, um ein Lachryma aufzuladen oder ähnliches – also jemand, der das Kraftwerk für seinen eigentlichen Zweck aufwenden wollte. Nur das Wort Hunger in dieser Welt der Magie ließ den Satz in einem anderen Licht erscheinen; war sie etwa eine Dragonslayerin? Etwas skeptisch blickte er sie an, musterte sie, erinnerte sich dann jedoch an die vier Dragonslayerinnen, die er bereits kennen gelernt hatte – es war unmöglich, am Äußeren zu erkennen, ob jemand zum Dragonslayer ausgebildet worden war oder nicht. Vom Alter her konnte Sylvana durchaus in den Schnitt passen, aber es war trotzdem nur eine Annahme, die auf einer einzigen Aussage ihrerseits aufbaute. Ginge es nur um das Alter, könnte auch Nia zu dieser Sorte Magier gehören. Es war einfach zu früh für eindeutige Schlüsse.
Apropos Nia... die Mel Mata schien ebenfalls auf das Wort Hunger zu reagieren, so, wie sie sich plötzlich vor eine der Maschinen warf. Emaru schenkte dem Szenario einen etwas ungläubigen Blick: „Betsy...?“ Das war schon an sich ein etwas seltsamer Name, aber dass sie den auch noch einem leblosen Metallhaufen schenkte... Es war ein wenig seltsam. Leicht irritiert ging er zu dem Mädchen und der Gerätschaft hinüber. „Ich glaube nicht, dass du dir Sorgen machen musst um... Betsy. Ich kenne die Metalldragonslayerin, und das dürfte so ziemlich die einzige Person sein, die Maschinen aufessen kann.“ Hach ja, die gute Lynx... Emaru hatte nur kurz mit ihr gearbeitet, aber er wusste, was sie war. Und wenn es bereits einen Dragonslayer gab, dann konnte es keinen zweiten der gleichen Sorte geben. Und das war noch nicht alles... „Außerdem hat sie von elektrischer Energie gesprochen... Sie will nur den Strom, nicht die Maschine. Unabhängig davon, ob sie nun die Donnerdragonslayerin ist oder nicht, bezweifle ich, dass deiner... Betsy irgendwelcher Schaden durch sie zukommt. Jedenfalls kein beabsichtigter Schaden. Solange du aufpasst, dass sie nicht irgendwelche Knöpfe drückt, sollte die Einrichtung hier sicher sein, keine Sorge.“ Eine fehlerhafte Nutzung elektronischer Geräte konnte diese natürlich durchaus beschädigen, was nur wieder unnötige Arbeit für ihn bedeuten würde. Und ja, der deutlich interessierten Nia, die er bereits mit den wichtigsten Informationen vertraut gemacht hatte, traute er in diesem Punkt weit mehr als der wildfremden Schönheit, die sich irgendwie hierher verirrt hatte. Allein schon wenn er sie ansah, konnte er sich vorstellen, wie sie hier herumlief und blindlings irgendwelche Schalter und Knöpfe betätigte... Hoffentlich, hoffentlich passte seine blonde Begleitung gut auf sie auf.
Für ihn hieß es jetzt aber, sich endlich an die Arbeit zu machen – es wurde Zeit, dass die Gerätschaften hier restauriert wurden. Zuerst einmal wollte er sicherstellen, dass noch alles da war, wo es hingehörte; dafür holte er eine alte Blaupause hervor, auf der die Lage sämtlicher Maschinen im Raum aufgezeichnet war. Er rollte sie auf dem Boden aus und bestätigte mit ein paar kurzen Blicken, dass alles da war, wo es hingehörte. Hier und da schien etwas verschoben worden zu sein, doch im Prinzip stimmte alles. Schnell rollte er das Papier wieder zusammen und ließ es in seinem Rucksack verschwinden, den er neben Nia ablegte, dann ging er hinüber zu einer hölzernen Tür, hinter der sich eine kleine Kammer befand. Der verrostete Eimer und der zerbrochene Besen, dessen obere Hälfte komplett fehlte, darin sagten wohl aus, dass das hier mal die Kammer des Hausmeisters gewesen war, aber was Emaru suchte, befand sich weiter oben... er schob die kleine Gardine vor dem noch kleineren Fensterchen auf, und tatsächlich hing dort, an einem in die Wand geschraubten Haken, ein kleiner Schlüsselbund. Zwei verrostete, alte Schlüssel hingen daran, von denen mindestens einer sicher der Eingangstür gewidmet war, und ein anderer Schlüssel mit einer sehr seltsamen Form: Er war vorne rund und hatte eine Einbuchtung. In ein Schloss würde er definitiv nicht passen. Langsam schritt der Dargin hinüber zu dem ersten Gerät, das er überprüfen wollte, und probierte den seltsamen Schlüssel aus – ja, so stimmte das. Dieses kleine Schlüsselchen ermöglichte es dem Nutzer, an das Innenleben der Maschinerie zu gelangen. Einen Moment musste er suchen, ehe er die Bezeichnung an der Innenseite des Türchens fand: „G-07... Nia? Bringst du mir bitte kurz den Plan für die G-Maschinen?“

Noch immer stand Nia schützend vor einer der halbverrostenden Maschinen und schaute skeptisch zur dunkelhäutigen Schönheit. Konnte sie den Worten von Emaru wirklich glauben? Hatte es Sylvana wirklich nicht auf die Maschinen selbst abgesehen, sondern nur auf die elektrische Energie, die sie produzieren konnten? Das war durchaus möglich. Da sie zudem keinen Grund hatte ihrem Partner nicht zu glauben, entsprach das wohl auch der Wahrheit. Er hatte ja dasselbe Ziel wie die Blondine selbst. Wieso sollte er also lügen, nur um sich selbst ein Bein zu stellen? Das machte keinen Sinn. "Ich verstehe.." Erleichtert rutschte Nia also von der blanken Eisenplatten herunter und stellte sich wieder neben den Dargin. Generell schien er ja alles hier unter Kontrolle zu haben. Eine beeindruckende Arbeit, falls man das so beurteilen durfte. Vor allem ja auch, weil sie an diesem Ort nicht alleine zugange waren. Zwar hatte die gut gebaute Dame mittlerweile ihre Absichten offenbart, sie unterschieden sich nicht so sehr von den ihren, die Mel Mata war aber trotzdem noch nicht so sicher, was sie von ihr halten sollte. Noch eine helfende Hand hatten sie und Emaru nämlich eigentlich nicht nötig und es bestand schließlich immer noch eine geringe Gefahr, dass Sylvana etwas kaputt machte. Das grüne Augenpaar verweilte also noch eine Weile auf der üppigen Kurvenlandschaft, bis sich das Weißhaar plötzlich selbstständig machte. Sollte es jetzt also losgehen? Die große Wiedererweckung von Betsy?
Anscheinend schon. Auf jedenfall verschwand Emaru unvermittelt in einem kleinen Nebenraum und durchsuchte diesen auf der Suche nach etwas. Interessiert folgte Nia seinen Bewegungen. Offenbar fand er das gesuchte Objekt, nach kurzer Zeit, in Form von einem Schlüsselbund. Was es damit wohl auf sich hatte? Wenn es der Dargin gesucht hatte, brauchte man es wohl für die Instandsetzung des Kraftwerks. So war zumindest die Schlussfolgerung der Blondine, welche sich einen Moment später sogar als richtig herausstellte. "Hole ich sofort! Einen kurzen Augenblick." Nia war kurz verwirrt, weil sie auf einmal angeredet wurde, kümmerte sich allerdings trotzdem sofort um die Anfrage ihres Partners. Leichten Schrittes bewegte sie sich also auf den Rucksack zu, in dem sich die Pläne befanden, und durchsuchte ihn. Es dauerte eine Weile, bis sie die richtigen Rollen gefunden hatte. "G.. G.. G.. Ich habs!" Erfolgreich hielt die Blondine die Pläne in die Höhe und tapste auch gleich zu ihrem Partner zurück. "Hier!" Lächelnd drückte sie ihm diese in die Hand und wartete ab, was als nächstes passieren würde.

Sylvana wusste nicht genau, wie sie es beschreiben sollte, aber mit einem Mal fühlte sie sich irgendwie fehl am Platze. Erst stellte sich Nia schützend vor das Stahlkonstrukt und wollte Betsy, warum auch immer zur Hölle das Mädchen der Maschine einen Namen gab, vor ihr schützen. Für einen kurzen Augenblick war Sylvana versucht, auf ihre Forderung einzugehen und das Hindernis zwischen ihr und der Maschine aus dem Weg zu räumen, aber ehrlich gesagt hatte sie keine Lust auf unnötige Gewalt. Von daher wählte sie einen anderen Weg, ging zwei Schritte auf Nia zu, beugte sich ein wenig nach vorne, sodass sie auf Augenhöhe waren, nur um im nächsten Augenblick dann ihren bösen Blick intensiv zu erwidern.
„Leg es lieber nicht darauf an, Nia…“, flüsterte sie dann noch, ein leicht bedrohlicher Klang begleitete ihre Stimme dabei, ehe sie sich wieder aufrichtete und ihr kurzer Hand den Rücken zudrehte. Wäre doch schon ziemlich peinlich, wenn sie nicht mit einem kleinen Mädchen, welches leblosen Maschinen einen Namen gab, fertig werden würde.
Interessanter war jedoch, dass Emaru allem Anschein nach ihre Magie anhand der einfachen Aussage bestimmen konnte – oder zumindest vermutete, dass es ihre Magie war. Was sie jedoch ein wenig kränkte war die Tatsache, dass er dann doch im gleichen Satz noch die Option offen hielt, dass sie eben nicht die Dragonslayerin des Donners war. Sie war stolz darauf, die Tochter eines Drachens zu sein und jeder, der dies auch nur im Ansatz bezweifelte, sollte sich lieber warm anziehen. So wäre es jedenfalls im Normalfall gewesen, aber heute war vieles anderes. Sie war einfach nicht in der Laune zu kämpfen oder laut zu werden. Besonders ersteres wollte sie hier lieber lassen, sonst würde noch einer ihrer Blitze dafür sorgen, dass eine Maschine zerstört würde. Und sie wollte doch unbedingt eine ordentliche Ladung reinen Stromes…
Aber nun sind wir ja wieder am Anfang, denn der Hauptgrund, weswegen Sylvana sich fehl am Platze fühlte, war die Tatsache, dass sie einfach nur in der Gegend stand und Löcher in die Luft jagte, während Emaru irgendwelche Pläne und Maschinen inspizierte. Das war alles doch nicht so ihre Welt, wie sie es sich gedacht hat. Alles war um einiges Komplexer als angenommen. Was hatte sie sich überhaupt gedacht? Einfach nur einen Knopf drücken oder einen Hebel umlegen und es würde alles wieder laufen? Wie naiv wenn man bedacht, dass dieses Kraftwerk wohl seit Jahrzehnten leerstand. Wer konnte da schon sagen, ob die Maschinen überhaupt noch alle in Takt waren?
Seufzend schlenderte sie ein wenig geistesabwesend an den Maschinen vorbei, lehnte sich einige Meter von Emaru und Nia entfernt an kaltes Metall der Außenverkleidung und legte den Kopf in den Nacken. Sie würde einfach nur warten, bis sie das Kraftwerk wieder zum laufen bekommen hätten. Konnte schlimmeres geben.

Das Verhältnis zwischen Nia und dem ungebetenen Gast schien sich nicht gerade fantastisch zu entwickeln, aber das war im Moment auch nicht wirklich wichtig. Zurzeit waren sie alle drei durch ein gemeinsames Ziel verbunden, sie wollten, dass dieses Kraftwerk wieder lief, also waren sie mehr oder weniger ein Team – egal, wer wen nun mochte. Ein angenehmeres Klima wäre natürlich wünschenswert, aber es war nicht Emarus Aufgabe, die Leute glücklich zu machen, also sollten die Mädchen das doch unter sich regeln.
Solange Nia ihren Part noch erledigen konnte, war alles in Ordnung. Und das konnte sie, und tat es sogar ziemlich glücklich. Sie brachte ihm den Plan, den er zuvor mit G markiert hatte, und erntete dafür ein Lächeln und ein aufrichtiges „Vielen Dank.“ Dann breitete er die Skizze auf dem Boden neben sich aus. Auf den ersten Blick sah es vermutlich sehr verwirrend aus... zugegeben, Emaru blickte selbst nach Monaten der Vorbereitung nicht sofort ganz durch. Sämtliche Komponenten der Maschine waren auf der Blaupause skizziert, und das zweimal; einmal sah man den Blick auf das Innere von vorne, einmal von der Seite. Erst einmal musste er im Kopf noch einmal alles durchsortieren, das man darauf sehen konnte, dann nickte er kurz und blickte nochmal den Titel an, der über alledem stand. Gathering-Unit, kurz G-Unit. Es war vermutlich ganz gut, dass er zuerst eine der Maschinen dieser Art reparierte, immerhin waren sie unverzichtbar, sobald der Strom erst einmal lief; ohne eine G-Unit würde die Elektrizität gar nicht erst dahin kommen, wo sie hinkommen sollte, und die Maschinerie vermutlich überhitzen und stark beschädigen. Nachdem er sich also noch einmal alle Teile ins Gedächtnis gerufen hatte, lehnte er sich wieder vor, sah in das Gerät vor seiner Nase hinein. Die Größe war ineffizient, hätte die Menschheit sich ein wenig mehr mit der Erforschung der Technik befasst, könnte man sicherlich mehr als die Hälfte an Platz und Material sparen, mit den gleichen Ergebnissen. Dann gäbe es auch kein so großes Problem mit den Ressourcen. Allerdings schien hier alles in Ordnung zu sein, nur das ein oder andere Teil musste er ein wenig zurück in Stellung schieben, weil sich Kontakte gelöst hatten, und ein Spinnennetz entfernte er bei der Gelegenheit auch gleich. Insgesamt dauerte es wohl keine ganze Minute, bis er den Kopf wieder aus der Maschine zog und zufrieden nickte, dann die Tür wieder verschloss und sich über das Gerät beugte. Gab es hier nicht irgendein Anzeichen darüber, ob das Gerät funktionierte? Eine kleine Leuchte, oder so etwas? Nein, offenbar nicht... Er würde erst eine Monitor-Einheit reaktivieren müssen, und die liefen ohne Strom auch nicht... Am besten ging er es der Reihe nach ab. Gathering, Collector, Monitor und Beget. Das war der sicherste Weg, es verhinderte, dass Strom erzeugt wurde, ehe die Anlage damit umgehen konnte. Mit diesem Plan im Hinterkopf nahm er die Blaupause wieder vom Boden und ging zu seinem Rucksack zurück, um noch einmal die Lage der anderen G-Units zu verifizieren. Sein Blick glitt über den Raum, und blieb an Sylvana hängen... so, wie sie dort stand, wirkte sie irgendwie unzufrieden. Sie starrte abwesend in Richtung der Decke, und auch, wenn Emaru sie definitiv nicht eingeladen hatte, fühlte er sich nicht ganz wohl damit. Andererseits... es war nicht seine Aufgabe, die Leute glücklich zu machen. Das Thema hatte er ja schon gehabt. „Irgendwie tut mir Sylvana leid...“, flüsterte er Nia dennoch zu, ohne die Möglicherweise-Dragonslayerin dabei aus den Augen zu lassen. Irgendwie zog ihn die schlechte Stimmung hübscher Frauen immer herunter, so konnte er nicht richtig arbeiten. Wenn er sich konzentrieren wollte, dann musste er sie aufheitern. Jedenfalls reichte das für ihn als Grund, um sich selbst gegenüber so etwas wie Mitgefühl zu rechtfertigen... „Ich bin übrigens Finsternismagier... Blue Pegasus“, sprach er in den Raum hinein, natürlich eigentlich an Sylvana gerichtet. „Meine Motivation für diese Art der Magie war ein toller Roman... mehr Geschichte gibt es dahinter nicht. Ich gestehe, das ist nicht besonders spannend. Du hast doch bestimmt etwas Interessanteres zu erzählen, Sylvana, nicht?“ Er schenkte ihr ein kurzes Lächeln, ehe er die nächste Maschine öffnete und sich davor kniete. „Erzähl uns doch etwas mehr über dich... das macht die Arbeit bestimmt angenehmer.“

Was war nur mit dieser ungebetenen Besucherin los? Bevor Nia ihrem Partner die Pläne überreicht hatte, näherte sich diese ihr plötzlich an. Erst dachte sich die Blondine natürlich nichts dabei, aber dann zeigte die Dunkelhäutige ihr wahres Gesicht. War das wirklich eine Bedrohung gewesen? Die geflüsterten Worte, aber auch der Ausdruck in ihrem Gesicht ließen unweigerlich darauf schließen. Doch warum nun diese Feindseligkeiten? Die Mel Mata war etwas perplex aufgrund dieser überraschenden Wandlung, sagte jedoch nichts weiter dazu. So leicht war sie nun auch nicht zu erschrecken. Vor allem, da sie einen gewissen Magier an ihrer Seite hatte, der sie in jedem Fall beschützen würde. So streckte sie Sylvana lediglich die Zunge heraus, auch wenn es sehr verlockend gewesen wäre der gut gebauten Dame einen Klaps auf den Hintern zu geben. Vielleicht hätte sie das ja wieder zur Besinnung gebracht, immerhin war sie doch der Gast in diesem Falle und sollte sich deswegen auch benehmen. Zumindest sah es nicht danach aus, als ob sie eine große Hilfe bei der Restaurierung dieses Ortes sein würde. Sie wollte schlicht nur das Endprodukt - in diesem Falle den Strom - für ihre eigenen Zwecke nutzen. Wie überaus eigensinnig und kurzsichtig. Das Kraftwerk war doch weit mehr als ein Selbstbedienungsladen. Es ist lebendige Geschichte.. naja, bald lebendige Geschichte. Für Nia erzählte jede dieser rostigen Maschinen über die Vergangenheit. Was man ihnen wohl alles an Informationen entlocken konnte?
Zuvor musste sie jedoch zusammen mit dem Dargin erstmal den Mechanismus verstehen und wieder zum Laufen bringen. Im Gegensatz zu einem vermeintlichen Dragonslayer des Donners, der gelangweilt an die Decke starrte, empfand die Mel Mata diesen Vorgang allerdings nicht als notwendiges Übel, sondern viel mehr als eine Unterrichtsstunde in die Geheimnisse einer vergangenen Welt. Man konnte schließlich nur wachsen, auch als Magierin, wenn man etwas aus mehreren Blickwinkeln betrachten konnte und dazu gehörte natürlich auch aus der Vergangenheit zu lernen. Abseits dieser ganzen Euphorie konnte Nia aber erstmal nicht besonders viel zum Projekt beitragen. Den Großteil der Arbeit hatte Emaru sich auferlegt, sie war lediglich seine Assistentin. Das hieß, dass sie eigentlich den größten Teil der Zeit neben ihm stand und ihm verschiedene Dinge besorgte. Nicht unbedingt eine Traumaufgabe für die Archäologin, allerdings verstand ihr Partner deutlich mehr von diesen Dingen. Er hatte sie, während der Quest, ja nur eingeladen, weil sie die gleichen Interessen hatten. Aufgrund dieses kleinen Zeitraums war es halt unmöglich gewesen den Wissenvorteil des Finsternismagiers einzuholen. Der Grund, warum sich Nia mit ihrer Rolle mehr oder weniger zufrieden gab. "Ich weiss nicht." Zu Emaru flüsternd, warf sie einen kurzen Blick zu Sylvana. "Sie will nur die Früchte unserer Arbeit stehlen!" Sie reichte dem Weißhaarigen ein paar Werkzeuge. "Außerdem ist sie selber Schuld. Kommt völlig unvorbereitet hierhin. Wer macht sowas schon?"

Ehrlich gesagt hätte sich die Stimmung zwischen den zwei Magiern aus Blue Pegasus und der jungen Dragonslayerin aus Fairy Tail kaum kälter mehr anfühlen können. Eine Antwort auf die Frage, warum sie gedacht hatte, dass es einfach sein musste, diesen Stahlkoloss wieder zum Laufen zu bekommen, hatte sie bisher nicht gefunden. Vermutlich lag es sowieso an ihrer Ausbildung, ihrem Leben als Tochter eines Drachens. Sie wusste viele Dinge, die ein gewöhnlicher Mensch niemals im Leben erfahren würde. Im Gegenzug gab es jedoch viele Dinge, die ihr Verstand nicht auf Anhieb so klar verstehen konnte, wie es nun normale Menschen konnten. Denn wenn man ehrlich war: Welcher Mensch würde nicht sofort daran denken, dass für ein solches Kraftwerk Fachkräfte benötigt wurden, die es warteten und steuerten. Aber je länger sie darüber nachdachte, umso schneller kam ihr die Stimme Owens in den Kopf. „Selbst ein kleines Kind kann so ein dämliches Kraftwerk betreiben. So primitiv gebaut, glaub mir.“
Kleine Zornesfalten bildeten sich auf ihrer Stirn, während sich ihre Hand zur Faust ballte. Vor ihren Augen entstand ein imaginäres Trugbild des Magiers, welchen sie mit einem Blick anstarrte, welcher einem nicht nur das Blut in den Adern gefrieren ließ, sondern einen auch wünschen ließ, dass man sofort in der siebten Ebene der Hölle einen kleinen Kurzurlaub nehmen könnte, um in den Genuss von ewig brennendem Feuer zu kommen.
//Ich werde ihn so was von kastrieren…// Das Schicksal meinte es jedoch ein klein wenig gut mit Owen, denn genau in dem Moment, als Sylvana drauf und dran war sich einige miese Methoden auszudenken, um dem Magier aus Fairy Tail das Leben zur Hölle zu machen, war es Emaru, der ihre Gedankengänge unterbrach. Und was konnte schlimmer sein, als eine wütende Sylvana zu begegnen? Richtig, einer wütenden Sylvana zu begegnen und dafür Sorgen, dass man von ihrem Zorn erfasst wird. Dazu hätte schon die kleinste Bemerkung gereicht, egal wie lächerlich sie auch gewesen wäre. Das Szenario wäre gut zu vergleichen mit einem Schwarm wilder Hornissen, die wild durch die Luft sausen. Ganz harmlos, bis irgendetwas ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht. Sylvana wäre hierbei der Hornissenschwarm und Emaru das Etwas, was die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
„Ach, ist das so?“ Sie richtete ihre Augen auf Emaru, legte für einen kurzen Augenblick ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen. Man sah ihr nicht an, dass ihr Innerstes gerade kochte und kurz davor war zu explodieren. Langsam schritt sie auf den Finsternismagier zu. Blue Pegasus also? Da haben die beiden wohl einen noch längeren Weg hinter sich gebracht als die Dragonslayerin. Scheinbar hatte da jemand einen größeren Wissensdurst als sie.
„Sylvana Rose Fernandez, Donnerdragonslayer aus Fairy Tail.” Mit jedem Schritt, den sie Emaru näherkam, spürte mal förmlich, wie sich die Luft veränderte. Ein leises Knistern, hin und wieder ein kleiner, kaum sichtbarer Funkensprung von ihrem Körper auf eine der naheliegenden Maschinen.
„Vielleicht gibt es interessantere Dinge, die ich erzählen könnte. Über meinen Vater, seine Magie oder das Wesen der Drachen…“ Sie blieb gut zwei Schritte vor Emaru stehen, blickte zu ihm hinauf. Das Lächeln war verschwunden, ihre Augen hatten wieder diesen eiskalten Glanz inne, welcher das lebendige Azur fast völlig verschluckte. „…oder das Wesen derer, die von einem Drachen erzogen wurden…“
Noch hielt sich Sylvana zurück, immerhin wollte sie weiterhin keinen Kampf. Nur ein wenig Dampf ablassen, so kontrolliert wie möglich. Eine ziemlich problematische Angelegenheit, wenn man bedachte, dass ihre Magie momentan auf ihre Gefühle reagierte und unterbewusst seinen Weg an die Oberfläche suchte. Immer häufiger schossen immer größer werdende Funken aus ihrem Körper, ganz selten fanden sie auch ihren Weg zu Emaru. Wirklich schmerzhaft waren sie nicht, es sei denn, man empfand einen Stromschlag, nachdem man sich statisch aufgeladen und einen leitenden Gegenstand berührte, als solches.
„Was ich jedoch erwähnen möchte ist eine winzige Kleinigkeit… Ich bin nicht hier, um dich mit irgendwelchen Geschichten bei deiner Arbeit zu unterhalten, Emaru.“ Ein genervtes Schnaufen beendete ihren Satz. Noch einige Augenblicke starrte Sylvana dem Finsternismagier in die Augen, ehe sie einen tiefen Atemzug nahm und sich langsam wieder beruhigte. Der kalte Glanz verschwand wieder, ihr Körper entsandte keine Funken mehr und ihre ganze Körperhaltung entspannte sich sichtbar.
„Mir wäre es lieber, wenn ich irgendeine praktische Arbeit bekommen würde. Irgendeinen Generator, den ich mit ein wenig Strom anschmeißen könnte oder etwas in dieser Art.“

Emaru Dargin hatte als Kind eine sehr unangenehme Eigenschaft gehabt: Er war damals sehr oft etwas jähzornig gewesen, hatte sich zwar nicht allzu schnell, aber sehr heftig auf die Palme bringen lassen. Das war immer ein Problem gewesen, aber erst dann besonders schlimm geworden, als sich seine eine Persönlichkeit in zwei geteilt hatte – keine von beidem dem Original ähnlich, aber beide einfach zu verärgern. Und wenn sich Emaru verärgern ließ, sein Jähzorn hervorbrach, dann verschwand er, und seinen Platz nahm Shi ein. Das Ergebnis war eine Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung gewesen; es war Glück gewesen, dass man ihn für unzurechnungsfähig eingestuft hatte, es war Glück gewesen, dass er noch ein Kind gewesen war, aber vor allem war es Glück gewesen, dass sein damaliger Freund es überlebt hatte. Es hatte am Anfang nicht so ausgesehen, jedenfalls für den Dargin nicht. Ein paar Monate Einzelhaft, wie er die Isolation von anderen Kindern damals bezeichnet hatte, hatten geholfen; er war froh, dass man ihn nicht einfach wieder in die Welt der normalen Menschen entlassen hatte. Er hatte erkennen können, dass etwas mit ihm nicht stimmte, dass er nicht normal war. Nicht mehr. Er hatte sich überlegen können, was er für Gegenmaßnahmen ergreifen musste. Eine war sein Beitritt in Blue Pegasus gewesen; eine andere, dass er seine Gefühle unter Kontrolle bekommen musste. Nicht, sie einfach nicht fühlen, wie er es immer getan hatte, sondern sich bewusst kontrollieren, um sich nicht einfach so provozieren zu lassen.
Das war jetzt sein Glück, und es war Sylvanas Glück.

Im ersten Moment bemerkte Emaru gar nicht, dass etwas nicht stimmte. Er hörte einfach nur die Frage der Brünetten, während er die Maschine kontrollierte. Die hier hatte es weit schwerer erwischt; er hätte es daran erkennen können, dass die linke Seite leicht eingedellt war. Offenbar hatten irgendwelche Kinder oder ein verzweifelter Besucher, der sie nicht in Gang bekommen konnte, dagegen getreten, und das oft. Einige Bauteile hatten sich gelöst und waren abgefallen. Sie waren zum Glück nicht beschädigt, stellte er fest, aber sie einfach wieder einzuhängen, ohne sie zu löten, wäre nicht sehr sicher. Vielleicht würde genau diese Maschine später Probleme machen. Dann sagte das Mädchen ihren vollen – recht langen – Namen, und aus welcher Gilde sie stammte. „Fairy Tail“, wiederholte der Dargin in Gedanken, mit einem sehr abfälligen Tonfall, da er von der Gilde nicht viel hielt. Und einige seiner Bekannten daraus bestätigten dieses Bild; diese hier hoffentlich nicht auch. Erst dann bemerkte er das leise Knistern in der Luft. Und es beunruhigte ihn.
Langsam stand Emaru auf, kam hinter dem Gerät hervor; er würde sich sicher nicht verstecken. Nur Feiglinge versteckten sich vor dem Zorn einer Frau, und so ein Verhalten machte ihn nur schlimmer. Wer nicht ruhig blieb, konnte auch niemand anderen wieder zur Ruhe bringen. Die Blitze zuckten bereits über sie, und er machte sich leichte Sorgen, dass sie die Elektronik beschädigen konnte, aber offenbar hatte sie sich – noch – unter Kontrolle. Emaru sich auch. So ein Verhalten hätte ihn als Kind noch aufbringen können. Vor allem, wo er ihr doch hatte entgegen kommen wollen. Es gab keinen Grund, ihn anzupampen. Und noch weniger Grund gab es, mit elektrischen Entladungen um sich zu schlagen. Hätte er sich jetzt aufgeregt, hätte jetzt Shi übernommen... Nein. Das Ergebnis wollte man sich nicht einmal vorstellen.
Erst einmal ließ er sie reden, sah sie nur an und lauschte. Gegen Ende schien sie sich sogar ganz von selbst wieder zu entspannen, das war gut. Praktische Arbeit wollte sie? Na, das war doch gar nicht schlecht. Auf dem Gesicht des jungen Mannes erschien ein Lächeln, aber er hielt bewusst jede Form von Überheblichkeit aus Gestik, Mimik, Stimme. Bei manchen Leuten brauchte man sie, musste mit ihr seine Überlegenheit zeigen, deutlich machen, dass man der Boss war, sonst bekam man sie gar nicht mehr still. Bei Sylvana war es besser, sie als nützlich anzuerkennen und ihr zu zeigen, dass man sie akzeptierte. Mehr würde nicht nötig sein. „Also eine Arbeiterin, keine Schnorrerin, hm? Das gefällt mir.“ Er trat einen Schritt zur Seite und machte eine Geste in Richtung der Öffnung der Maschine, an der er eben noch gesessen hatte. „Tatsächlich ist es vermutlich besser, dich hier zu haben, Sylvana. Wenn ich so darüber nachdenke, hätten wir keine bessere Unterstützung bekommen können. Hier zum Beispiel... ein paar Teile haben sich gelöst.“ Mit einem lachrymabetriebenen Lötkolben wäre es ein Kinderspiel gewesen, aber so etwas hatten sie nicht. Aber Blitze waren definitiv heiß genug dafür, und wenn sie sie gut unter Kontrolle hatten, dann waren sie klein und kühl genug, nicht alles zu verbrennen. „Meinst du, dass du kleine Blitze an deinen Fingerspitzen erzeugen könntest, die nicht zu heiß sind? Um zu löten, meine ich. Die Baupläne sind ziemlich kompliziert, aber ich kann dir zeigen, was wohin gehört, und du machst es fest... Wir wären ein gutes Team.“ Team. Das war ein gutes Wort, um Zugehörigkeit zu vermitteln. Menschen sprangen darauf an, wenn andere sich auf sie verließen und sie als Gleichgestellte anerkannten. „Es ist nicht schlimm, wenn das nicht geht, aber es wäre definitiv sicherer... und das Kraftwerk würde nicht so schnell wieder kaputt gehen. Danach kannst du die Beget-Einheiten kontrollieren, dafür bist du definitiv besser geeignet als wir beide.“ Wie genau das zu tun war, und welche Gerätschaften überhaupt die B-Units waren, konnte er ihr ja erklären, wenn es soweit war...