Der Weißhaarige wusste wie man einem Mädchen schmeicheln konnte, dass musste man ihm lassen. Wie schön er seine Sätze formulierte. Die Mimik und die Gestig, einfach alles passte. Shizuka fand den Jungen irgendwie nett. Es war wirklich ungewohnt für die junge Dame, da ihre freche Art doch in den meisten Fällen auf Ablehnung trifft. Ob es dem Magier von Blue Pegasus wirklich so wichtig war, dass er sich all diese Strapazen gefallen ließ, nur um ihr Vertrauen zu gewinnen? Wirklich sehr lobenswert. Auch die Dragonslayerin erkannte den guten Willen langsam. Bemerkte wie sehr sich Shi doch anstrengen musste, um es mit ihr auszuhalten. Vor allem da dieser Raum zunehmend an Kühle gewann. Für die junge Dame wurde es immer angenehmer, während es für den jungen Mann sicher immer unerträglicher wurde. Er zitterte schon langsam, bei der unglaublichen Kälte. Doch hatte das Mädchen nicht vor ihn hier elendig verrecken zu lassen, nur damit eine angenehme Temperatur herrschte. Doch sie kam nicht dazu die Temperatur zu reduzieren, denn der Weißhaarige schloss sie auch gleich in die Arme und sagte ihr wie glücklich er sei, dass er sie getroffen hatte. Das Mädchen war wirklich gerührt von seinen Worten, blickte ihn erstaunt und mit großen Augen an, ehe sie schluckte. Man konnte schon fast sagen, dass Shizuka gerade überwältigt war, von soviel Freundlichkeit. Ob das ihr wirklich so gut tat? Die Dragonslayerin zögerte ein wenig, bevor sie sich ihm ruckartig näherte und ihn umarmte. Das auch nicht mit wenig Kraft. Als würde sie ihn zerdrücken wollen, mit aller Kraft klammerte sich das junge Dame an ihr Gegenüber und drückte sich an ihn. "Wir werden tolle Freunde werden!!", kam es gerührt von ihr. Freunde? Ja, Freunde. Mehr sah Shizuka einfach nicht in ihm. Sie fand ihn natürlich total nett. Aber für etwas festes fehlte ihm einfach etwas. Er war nicht aufgedreht genug. Viel zu ruhig. Viel zu ernst. Wenn die Dragonslayerin sich in jemanden vergucken würde, so sollte er zumindest halbwegs so verrückt sein, wie sie selbst. Als nächstes legte das Mädchen auch schon freundschaftlich die Hände auf seine Schultern und grinste ihn an. "Keine Sorge, Shi-san. Es gibt sicher einen Weg dich da raus zu bekommen. Dann kriegst du einen eigenen Körper und kannst rumlaufen wie immer es dir passt!", schlug sie schließlich vor. Es war auch Shi der ihr etwas bedeutete. Nicht Emaru. Dieser weißhaarige Spießer. Dabei stellte sie sich den Anderen jetzt innerlich einfach vor. Viel toller als Emaru. Mit stylischen Klamotten und gefärbten Haaren und Schmuck und Tatoos!!! Das wäre wirklich ein Outfit, dass Shizuka hinreißen würde.

Als Shizuka ihn umarmte, war Shi zuerst etwas überrascht, als sie aber sagte, dass die beiden tolle Freunde werden würden, lächelte er und erwiderte die Umarmung. "Ja, das werden wir", sagte er leise, während sein Kopf auf dem ihren ruhte. Bald ließ er auch schon los und trat einen Schritt zurück, noch immer lächelnd. Sie schien ihn inzwischen ebenfalls ins Herz geschlossen zu haben, und davon, seine Haare zu verändern, hatte sie auch abgelassen. Ein voller Erfolg also. Die Kälte spürte er kaum mehr, war doch die Gewissheit des Sieges und die Bestätigung seiner Genialität ein derart wohltuendes Gefühl, dass ihm von Innen heraus ganz warm wurde. Außerdem war es schön zu sehen, dass jemand, den er mochte, ihn ebenfalls gut leiden konnte. Außerdem schien er ihr wichtig zu sein, warum sollte sie sonst hoffen, dass er aus dem Körper Emarus herauskam? Natürlich war klar, dass das nicht ging; Shi war ja nur ein Teil von Emarus Persönlichkeit, es war unmöglich, dass er ihn verließ, zumindest dauerhaft. An einer vorübergehenden Methode arbeitete er bereis, sehr erfolgversprechend war es allerdings nicht. Dennoch war es sehr nett von ihr, schließlich war es der Wille, der zählt, und der war eindeutig vorhanden. Wahrscheinlich hatte sie ein anderes Bild von ihm im Kopf als er, etwas Schräges, wahrscheinlich mit gefärbten Haaren und bunten Klamotten, natürlich vollkommen stillos und sehr aufgedreht. Das wäre wohl, was sie als perfekt ansah. Der Magier selbst sah etwas anderes in sich: Entweder weiße oder schwarze Haare, dazu helle Klamotten, vorzugsweise Anzüge, aber auch gerne einfache Hemd-Hosen-Kombinationen. Sein Körper wäre auch stärker und weniger müde als der, den er jetzt verwenden musste, und wahrscheinlich ein wenig größer. Doch auch, wenn sie verschiedene Erwartungen hatten, so war es doch nett von ihr, ihm etwas Gutes zu wünschen. Daher ließ er sein Lächeln, wie es war, und sagte ein einfaches, aber bedeutungsvolles Wort: "Danke."

Shizuka war wirklich sehr froh darüber, dass die Umarmung von Emaru erwidert wurde. Sie wusste garnicht wie es war, Freunde zu besitzen, doch machte es sie glücklich einen zu haben. Auch wenn es sich bei ihrem ersten Freund um eine relativ merkwürdige Gestalt handelte, die im Körper eines Idioten gefangen war. Sicherlich würde sie den Jungen toll finden, wenn er schwarze Haare hätte. Wenn sie wüsste, wie er Aussehen würde, wenn er einen eigenen Körper hatte, hätte er sogar Potenzial das sich Shizuka in ihn verlieben könnte. Zumindest wenn es rein nach dem Aussehen ging. Was den Charakter von Shi anging, so war er doch noch etwas zu ruhig. Er war elegant und tat seine Schritte wohl überlegt, wogegen sie eher chaotisch und spontan war. Das passte irgendwie nicht, weshalb es wohl auch nur bei einer Freundschaft blieb. Sie trat ebenfalls ein paar Schritte von dem Jungen zurück und grinste breit. "Das ist doch kein Problem!", erwiderte sie auf seine Bedankung. "Aber was nun? Es ist schon spät ... solltest du nicht langsam aufbrechen?", kam es sogleich von der Dragonslayerin. In dem Mädchenwohnheim zu übernachten würde nicht gehen, da es sonst gewaltigen Ärger gab. Außerdem wollte Emaru doch schon bald wieder in seine Stadt zurückkehren, wenn sich Shizuka nicht irrte. Etwas ratlos stand sie nun einfach mit dem Weißhaarigem im Raum und wartete auf seine Antwort.

Dass Shizuka keine Lust auf eine Beziehung mit ihm zu haben schien, war für Shi so verständlich wie erfreulich. Sie waren vollkommen verschieden, und wenn er ein aufgedrehtes Mädchen wie sie zur Partnerin gewollt hätte, wäre er vollkommen anders an die Sache herangegangen, doch mit einer Freundschaft war er nicht bloß zufrieden, sondern wirklich glücklich. Als sie ihn darauf aufmerksam machte, dass es schon spät war, blickte der Weißhaarige auf die Uhr und nickte langsam. "Ja... Ja, du hast recht, ich sollte langsam gehen." Wieder lächelte er sie kurz freundlich an, ehe er sich schnell zur Tür begab und sie öffnete. Ein letztes Mal drehte er sich noch zu ihr um und sagte grinsend: "Emaru geht nicht oft auf Quests und verbringt quasi den ganzen Tag schlafend im Gildenhaus von Blue Pegasus, also kannst du uns gern mal besuchen. Ich leg dir auch etwas Limonade ins Eisfach." Damit zog er die Tür hinter sich zu und verließ keine Minute später auch schon das Wohnheim, um sich auf den Weg zum Bahnhof zu machen. Die Dunkelheit, die hier draußen bereits herrschte, verhinderte, dass man den leichten Nieselregen, der auf die ausgehaltene Hand des Magiers platschte, rein optisch bemerken konnte. An den Weg konnte er sich jedoch gut erinnern; im Gegensatz zu Emaru hatte der dunkle Teil der Persönlichkeit dank seines weit besseren Gedächtnisses tatsächlich so etwas wie einen Orientierungssinn. Mit einem überheblichen Lächeln auf den Lippen murmelte er die Worte vor sich hin: "So, und damit hätte ich uns eine Informationsquelle aus Fairy Tail verschafft. Es war wirklich hart, sie zu ertragen, aber du brauchst mir nicht zu danken." Daraufhin hörte er Emarus Gelächter in seinem Kopf schallen, ehe dieser hämisch zu sprechen begann: Wann wirst du es endlich lernen, Shi-san? Du kannst niemanden belügen, der deine Gedanken hören kann, das geht einfach nicht. Ich weiß, dass du die Göre lieb gewonnen hast. Die bleichen Wangen färbten sich leicht rot, doch selbst wenn noch jemand auf den Straßen gewesen wäre, auf denen er wandelte, hätte diese Person es bei der Finsternis nicht sehen können. Vielleicht hast du recht..., dachte Shi, diesmal ohne es auszusprechen. Aber es ist irgendwie faszinierend. Sie ist so... so anders. Unvorhersehbar, kein bisschen logisch... So jemanden muss man einfach interessant finden. Der Magier konnte schon fast hören, wie sein Alter Ego innerlich seufzend den Kopf schüttelte. Emaru wusste nämlich, dass es sinnlos wäre, weiter mit Shi zu diskutieren; so wie er wusste, dass Shi kein einfaches, oberflächliches Interesse hatte. Er hatte sie wirklich als Freundin lieb gewonnen, er mochte sie, aber wahrscheinlich verstand er es selbst nicht richtig. Zu lang hatte Shi nur mit Hass und Überheblichkeit leben müssen, als dass er Gefühle der Zuneigung und Freundschaft so einfach richtig identifizierte. Daher ließ er es bleiben, und die beiden liefen schweigend weiter, bis sie den Bahnhof erreicht hatten, die Heimatstadt, das Heim. Da es in Strömen regnete, würde Emaru, der jetzt erst wieder die Kontrolle übernahm, diese Nacht schlafend in seinem Bett verbringen; bei seiner typischen Müdigkeit kein Wunder. In jedem Fall hatte Shi jetzt eine Freundschaft geschlossen, die erste seines Lebens, und es war davon auszugehen, dass sie bestehen blieb - vorerst zumindest.