Es war bereits sehr früh am Morgen, als Lia heute durch die Sonnenstrahlen, welche durch ihre Schalosien durch schienen, wachgekitzelt wurde. An schönen Sommertagen zog Lia gerne mit Absicht diesen Sichtschutz nur soweit nach unten, dass noch Ritzen zu sehen waren. Von den ersten Sonnenstrahlen am Morgen geweckt zu werden, gab es etwas Schöneres? Völlig ausgelassen streckte sich das hübsche Mädchen und rekelte sich noch einige Sekunden, ehe sie wieder ruhig dalag. Ein wahrlich perfekter Morgen. Unten hörte sie bereits, dass ihre Mutter das Frühstück zubereitete. Manchmal erkannte sie auch die Stimme ihres Vaters, wenn sie auch nur in einem tiefen Brummen zu hören war. Zeitgleich bemerkte Lia auch das Magenknurren, welches immer lauter wurde. Also erhob sie sich aus den Federn, zog sich den Morgenmantel um und tapste Barfuß nach unten. Als sich ihre Mutter beim Essen erkundigte, was Lia denn an diesem schönen Tag noch so vorhatte, zuckte das Mädchen nur mit den Schultern. „Ich dachte, ich gehe in den Park oder so. Lesen.“ Leider hatte das ihr kleiner Bruder Natanael mitbekommen, weshalb er kurzerhand beschloss: „Tolle Idee, Lia! Ich werde mitkommen! Ich habe neulich gelesen, dass frische Luft einer Sinusitis vorbeugt!“ Nein, dafür hatte Lia heute mal wieder keine Nerven. Nicht heute. Sie mochte ihren Bruder ja manchmal, aber eben nicht dann, wenn der Tag so gut angefangen hatte. Sie schon sich noch eine Traube in den Mund und meinte nur knapp, als sie diese geschluckt hatte: „Sagte ich Park? Ich meinte Buchhandlung. Stickige, alte Luft.“ Somit sprang sie auf, rannte ins Bad und wurde von den vorwurfsvollen Blicken ihrer Eltern verfolgt.
Eigentlich hatte sie das ja gar nicht geplant, aber eigentlich wollte sie sich sowieso mal wieder ein paar neue Bestseller kaufen. In ein paar Magazinen hatte sie bereits gesehen, dass es neue Selbsthilfebücher gab. Natürlich war das nach wie vor ihr großes Geheimnis, niemals dürfte irgendjemand außer ihrer Familie erfahren, dass sie solche Bücher förmlich verschlang. Da traf es sich doch ganz gut, sich in die Buchhandlung zu begeben. Nachdem sich die Jugendliche zurecht gemacht hatte konnte es auch schon los gehen. Hoffentlich würde sich ein Besuch in der Buchhandlung auch lohnen, denn sonderlich gerne mochte Lia diese Gebäude nicht. Wie sie es bereits ihrem Bruder klargemacht hatte, die Luft in ihnen roch alt und stickig. Viele mochten diesen Duft vielleicht, da er eine gewisse Nostalgie in einem erwecken konnte, aber der Pinkschopf hier nicht. Dort angekommen begab sie sich sofort in die Abteilung, in der sie sich immer heimlich befand und durchsuchte die Regale. Mit dem Zeigefinger strich sie die Einbände entlang und überflog diese. Die meisten Exemplare hatte sie ja schon zuhause, bis ihr flinker Finger plötzlich an einem stoppte. „Seelenbalsam – Im Einklang der Ruhe“, hallte es in ihren Gedanken wieder, nachdem sie den Titel des Buches vor sich hin gemurmelt hatte. Neugierig zog sie dieses heraus und schlug die erste Seite auf. Lia wusste bereits nach dem ersten Satz, dass dieses Buch ein Hauptgewinn war, weshalb sie auf einem der Sessel Platz nahm. Es dauerte nun keine Minute mehr, da war das Mädchen völlig von den Zeilen eingenommen und bekam nichts mehr um sich herum mit.

Es war mal wieder erdrückend still in Magnus’ Wohnung, als er, noch immer etwas schlaftrunken, in die Küche spazierte um Kaffee zu machen. Er hatte sich noch immer nicht ganz daran gewöhnt alleine zu wohnen, weshalb ihm diese Stille wohl doch etwas mehr zu schaffen machte. Begleitet von den Gluckergeräuschen der Kaffeemaschine suchte er eine seiner Lieblingscd’s aus dem sauber sortierten Regal und legte die mit keinem einzigen Kratzer versehene Scheibe in seine Stereoanlage. Als die Anfangsakkorde erklangen entspannte sich Magnus etwas mehr und machte sich an sein Frühstück: verbrannter Toast mit salziger Butter und dem nun fertig gebrühten Kaffee. „Wenn das einer sieht...“, dachte Magnus laut „…dann halten sie mich ja für einen schlampigen und ungebildeten Kerl…“. Kopfschüttelnd stopfte er das Produkt seiner mangelnden Kochkünste in den Mund. In diesem Moment wurde ihm auch klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Natürlich, daheim kochte immer Mami und er musste sich so gut wie nie Gedanken um sein Essen machen. Jetzt ist das wohl anders. Magnus musste sich unbedingt das Kochen lehren! Bis jetzt hat ja noch niemand bemerkt, wie schrecklich Magnus in dieser besagten Kunst ausgebildet ist und so sollte es auch bleiben. Sollte er jemals eine Person näher kennen lernen, musste er natürlich auch in dieser Disziplin absolute Kompetenz beweisen! Sein Plan stand also fest. Heute wird damit begonnen sich Wissen über die Zubereitung von Lebensmitteln zu verschaffen. Und welcher Ort wäre für dieses Vorhaben wohl besser geeignet als ein Buchladen? Gut gelaunt über diesen grandiosen Plan spülte Magnus also den letzten Brocken Toast hinunter, stellte die Musikanlage ab und machte sich auf den Weg in Richtung Buchhandlung.
Glücksgefühle überströmten Magnus, als er dort angekommen die schwere Tür öffnete und sich ein Berg von verschiedensten Büchern vor ihm aufbaute. Da standen sie, seine Freunde, schön aufgereiht und nach Themen sortiert. Er mochte diese Buchhandlung in Magnolia Town, ihr Sortiment deckte wirklich fast jeden Bereich ab und auch die Atmosphäre hier war einfach großartig! Langsam schlenderte Magnus an den Regalen vorbei in Richtung Kochabteilung. Hier und dort blieben seine Blicke immer wieder hängen. „Hach…Sachbücher.“, seufzte er mit einem Blick auf seine Lieblingsabteilung. Er schlenderte weiter und plötzlich blieb sein Blick an einer wohl eher schmächtigeren Person hängen, die gerade sehr vertieft in ihrem Buch zu sein schien. Er kannte sie doch irgendwoher. War sie nicht auch in seiner Gilde? „Ok Magnus. Streng dich an und sag was zu ihr. Das ist deine Chance endlich einen sozialen Kontakt aufzunehmen!“, spornte er sich in Gedanken an. Auch wenn die pinken Haare nicht gerade seriös auf ihn wirkten fasste er trotzdem Mut und ging ein paar Schritte auf sie zu. "Keine Sorge, ich will dich nicht irgendwie belästigen oder so. Aber ich glaube wir kennen uns! Da dachte ich mir, sag ich doch einfach mal Hallo. Also, ich bin Magnus. Oh und wie ich sehe liest du hier gerade. Hoffentlich doch ein Sachbuch und nicht so einen Schundroman. Naja… wie heißt du noch mal?“, stolz über diesen seiner Meinung nach nicht schlecht gelungenen Einleitungssatz blickte er erwartungsvoll auf das sitzende Mädchen.

„[…] und nun schließen Sie die Augen, hüllen Sie sich vollkommen in Wohlbefinden und Stille, zählen sie langsam bis Zehn.“ Lia tat, was der Autor des Buches verlangte. „Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs-“ „Keine Sorge, ich will dich nicht irgendwie belästigen oder so. Aber ich glaube wir kennen uns! Da dachte ich mir, sag ich doch einfach mal Hallo. Also, ich bin Magnus. Oh und wie ich sehe liest du hier gerade. Hoffentlich doch ein Sachbuch und nicht so einen Schundroman. Naja… wie heißt du noch mal?“ „Verdammt nochmal! Wer wagt es..“ Völlig entnervt riss Lia ihre hellgrünen Augen auf. Wer war dieser blonde Typ und was fiel ihm überhaupt ein?! Sah er denn nicht, dass sie gerade beschäftigt war? Auf der gleichen Gilde, dass konnte schon sein, aber nahm denn heute wieder gar keiner Rücksicht auf Lia? Anscheinend spielten ihre Bedürfnisse keine Rolle. Ihre Unterlippe begann verdächtig zu zittern und sie spürte, wie ihre Augen langsam feucht wurden. Wie unglaublich ungerecht! Jetzt musste sie das Kapitel nochmal von vorne lesen und sie las doch nur dann etwas zweimal, wenn sie es schon einmal ganz durchgelesen hatte! So und nicht anders! Und überhaupt! Was fiel diesem Wesen eigentlich ein, ihre Lektüre als Schundroman zu bezeichnen?! Respektierte denn keiner, was ihre Vorlieben waren? Wenn das jemand wüsste, dass sie Selbsthilfebücher las, würden sie bestimmt alle hänseln.. Bleib also stark Lia, sei stark! Noch immer mit nassen Kulleraugen und einer dünnen Stimme antwortete sie: „Ich heiße Lia Valencia und ich-“, Ihre Stimme wurde noch verzehrter, „..und ich lese keine Sachbücher.“ Einmal tief durchatmen, alles in Ordnung. Einfach wieder zur alten Form zurückfinden. Er hat kein Benehmen, das mag sein. Deswegen muss er kein schlechter Mensch sein. Er hat es nicht persönlich gemeint, Lia. Er wollte dich nur kennenlernen. Weil du so süß bist und so unglaublich hübsch. Allmählich fasste sich das Mädchen wieder – und war ganz die alte: „Kann sein, dass du mich da schon öfter bewundern konntest, aber du bist mir leider kaum aufgefallen.“ So, das hatte dieser Magnus jetzt davon. Nächstes Mal sollte er sich besser überlegen, wie er ein tolles Mädchen ansprach. Sie erhob sich von ihrem Sessel und drückte das Buch an sich, so dass er den Einband nicht lesen konnte. „Du bist also auch ein Magier, ja? Und wie heißt du mit Nachnamen?“ Sie rümpfte kurz die Nase, ehe sie säuselte: „Vielleicht erinnere ich mich ja dann..“

Sie liest keine Sachbücher. Keine Sachbücher. Sie liest Sachbücher…nicht! „Ein harter Schlag Magnus… ein wahrlich harter Schlag“, dachte er sich und obwohl er sich wirklich vorgenommen hatte, endlich einmal nicht mit dem üblichen Thema, Bildung, anzufangen, konnte er sich nun wirklich nicht zurückhalten. Hier ging es schließlich um Sachbücher. „Also … Lia.“, er betonte jeden Buchstaben ihres Namens einzeln und sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue abschätzig an. „Weißt du eigentlich, was du da gerade gesagt hast? Es ist doch…wirklich wichtig über das ein oder andere Thema sehr gut bescheid zu wissen. Ich meine, du musst ja natürlich nicht jedes Sachbuch der Welt lesen. Aber ich bitte dich.“, er machte eine kleine Pause und setzte dabei eine sehr sanfte Miene auf, „Selbst du wirst dich doch für irgendetwas interessieren worüber du dich wirklich sehr, sehr gut in einem Sachbuch informieren könntest. Wenn du möchtest, kann ich dir sogar helfen das beste Buch für dich heraus zu suchen. Glaub’ mir, ich kenne mich da wirklich sehr gut aus.“ Nun hatte sich sein Gesichtsausdruck sogar zu einem leichten Lächeln verzogen. „Ach Magnus. Wie hilfsbereit du doch immer bist.“, lobte er sich selbst. Ohne Lia überhaupt zu Wort kommen zu lassen fiel ihm wieder ein, dass sie ihm ja eine Frage gestellt hatte. Allerdings war ihm der etwas gereizte und provokative Unterton in ihrer Stimme entgangen. Höflich wie er war, antwortete er gleich im nächsten Atemzug: „Oh und ja, ich bin auch Magier dort. Noch nicht lange, deswegen kannte ich dich auch nur flüchtig vom Sehen. Mein vollständiger Name lautet Magnus Lindqvist.“, bei diesem Satz spannten sich Magnus’ Muskeln wieder etwas an. Es war ja sehr einfach über seine Lieblingsthemen, Bildung und Wissen, zu reden. Aber dieser ‚Smalltalk’ lag ihm wirklich nicht besonders. Vor allem beunruhigte ihn, dass er sich vorher nicht genau zurechtlegen konnte, was er eigentlich zu der fremden Person sagt. Bei diesem Gespräch hieß es Improvisation und darin war Magnus wohl eher weniger gut. Trotzdem glaubte er daran, dass er sich gerade ganz gut schlug, schließlich ignorierte sie ihn nicht völlig und setze auch sofort zur nächsten Frage an, um das Gespräch ein bisschen aufrecht zu halten. „Und du … was liest du denn gerade? Es scheint wohl auch sehr…“, angestrengt suchte er einige Sekunden nach einem passenden Wort, welches das Mädchen auch verstehen würde: „…spannend zu sein. So vertieft wie du gewesen bist.“

So ein blöder, aufgeblasener, arroganter, selbstgefälliger, schnöseliger Klugscheißer! Was dachte dieser Magnus Lindqvist eigentlich, wer er war? Oder wusste er einfach nicht, mit wem er es hier zu tun hatte? Das war ja wohl eine Unverschämtheit, was dieser Kerl sich da herausnahm! Vielleicht war ihm Lia’s Spitze eben entgangen, aber sie merkte sehr wohl, dass er sie gerade sehr herablassend behandelte. Wo doch Lia sowieso unheimlich überempfindlich war, was Worte und Taten betrafen. Alles wurde bei ihr sofort auf die Goldwaage gelegt und sollte sich dieses zarte Gerät auch nur ein bisschen zu sehr senken und aus dem Gleichgewicht geraten, dann wurde Lia entweder zur Furie oder zur absoluten Heulsuse. Und heute hatte sie das Gefühl, eher zum Zweiten zu neigen, denn ihr innerer Zorn wollte sich heute nicht so recht aufbauen, viel lieber füllten sich heute die Augen mit bitteren Tränen. War sie etwa dumm, nur weil sie keine Sachbücher las? Das konnte doch gar nicht sein, Lia war intelligent, dass wusste sie. Oder dachte sie sich das nur? Oh Gott, was wenn ihr Leben bisher eine einzige große Lüge gewesen war und sie nun die Wahrheit erkannte, nämlich, dass sie Dumm ist? Nein, das war unmöglich. Schließlich wurde sie von einem Drachen gelehrt. Und so ein mächtiges Geschöpf sucht sich bestimmt die Guten raus und nicht die totalen Versager.
Dem Pinkschopf [Lies es richtig^^] fielen schlagartig tausend Dinge ein, um sich irgendwie zur Wehr zu setzen und sich vor diesem Magnus rechtfertigen zu können, aber der ließ sie gar nicht zu Wort kommen. Aber tatsächlich, dieses jämmerliche Würstchen, sozial mindestens so unfähig wie Lia, besuchte die einzigartige Gilde Fairy Tail. Das war ja schließlich nicht irgendeine Gilde, sondern eine der drei großen Gilden. Naja, sollte er doch. Trotzdem war er in Lia’s Augen eine Wurst. Nun und anscheinend musste Magnus dringend mal seinen Horizont erweitern, denn er kannte nur ein Thema: Bücher. Und schon wieder schaffte er es, Lia’s Goldwaage ein bisschen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Er wollte bestimmt etwas anderes sagen, etwas gemeines, aber er wählte das Wort spannend. Zumindest hat es so geklungen, als würde es gelogen sein. Eine Ausrede. Und wie kam Lia da wieder heraus? Zugeben, dass sie Selbsthilfebücher las? Niemals! Das war keine Option. Ohje, was für eine Zwickmühle. Denn wenn sie log, würde das Buch sie verraten. Moment, er musste ja nicht wissen, was das für ein Buch war. „Das hier ist ein.. äh.. historisches Werk! Sehr interessant, sehr interessant. Vor allem die.. diese Geschehnisse werden sehr gut beschrieben. Ja, als wäre man selbst dabei gewesen.. damals..“ Während Lia gerade über etwas fachsimpelte, von was sie überhaupt keine Ahnung hatte, verhielt sie sich wie eine fiese, strenge Lehrerin, die Nase nach oben gezogen und die Augen pure Abneigung ausstrahlend. „Ja, dieses Buch ist wirklich ein absolutes Muss, wenn man sich bilden will. Entschuldige mich kurz.“ Wie von der Tarantel gestochen rannte Lia zur Kasse, zahlte das Buch, lies es in ihre Tasche verschwinden und rannte wieder zu Magnus. „So, mein Guter. Ich frage mich, warum du eben noch in der Abteilung für Kochbücher rumgestanden bist, wo du doch so gerne Sachbücher liest, mhm? Oder war das nur ein fruchtloser Versuch, mich zu beeindrucken?" Woher sie das wusste, wo sie doch so vertieft war in das Buch? Naja, sie war eben auf der Suche nach einem Freund, weshalb ihr innerer Peilsender immer ein Signal aussandte, wenn sich ein möglicher Kandidat in der Nähe befand. Go Go, Lia!

„Wieso sieht die mich jetzt so komisch an?“, grübelnd betrachtete Magnus Lias Gesicht. Leicht gerötete Wangen, wässrige Augen, zitternde Unterlippe… Wirklich jeder könnte wohl die etwas veränderte Mimik feststellen, die sich gerade bei Lia breit machte, das Deuten dieser Veränderung war allerdings eine andere Sache. Und wie könnte es auch anders sein, Magnus wusste natürlich nichts mit den mit Tränen gefüllten Augen Lias anzufangen, er registrierte lediglich die physikalische Reaktion aber über einen emotionalen Zusammenhang der aufgestiegenen Tränen und der eben geführten Konversation, nein, daran dachte er wirklich nicht. Das lag aber wohl vor allem auch daran, dass er gar nicht damit rechnete irgendjemanden mit seinen Worten zu verärgern. Nach seinen Vorstellungen führte er gerade eine ganz normale Unterhaltung, gut, ein paar Unsicherheiten und Hemmungen waren da schon noch, aber schließlich machte Magnus das ja auch zum ersten Mal. Trotzdem war er sich sicher, dass das Mädchen sich auch mit ihm unterhalten wollte, schließlich war er ja auch wirklich ein sehr interessanter Gesprächspartner und noch dazu extrem hilfsbereit. Nachdem die junge Dame ihn eine Weile angestarrt hatte, wieso auch immer, berichtete sie ihm endlich etwas über das Buch in ihren Händen. Dabei kamen allerdings nur irgendwelche seltsamen und trivialen Beschreibungen heraus, die Magnus eher verwirrten als aufklärten. Die Geschehnisse werden gut beschrieben? Die historischen Werke, die Magnus las, waren sprachlich eigentlich nie sonderlich blühend ausgeschmückt. Was versucht sie ihm denn da nur zu sagen? Als Lia dann auch noch ohne Vorwarnung zur Kasse rannte, war es Magnus, der Lia nur noch fragend anstarren konnte. Gerade war er wirklich sehr verwirrt. Was war das nur für ein seltsames Mädchen, an das er da geraten ist? Erst diese bohrenden Blicke, dann irgendwelche wirren Worte und nun rannte sie auch noch davon. Entweder war sie einfach total verrückt, oder sie hatte etwas zu verbergen. Ja, davon hatte Magnus schon einmal gehört. Als er vor einem Jahr in seiner ‚Psychologie ist echt eine wahnsinnig coole Wissenschaft!’-Phase steckte, hatte er unter anderem auch sehr viele Bücher über das Lügen gelesen. Aber nein, wieso sollte sie ihn denn anlügen. Er war noch immer tief in seinen Gedanken versunken, als Lia nun plötzlich wieder vor ihm stand und das Gespräch wieder aufnahm. „Oh äh… ja… Kochabteilung.“, stammelte Magnus. Wie, sie hatte ihn gesehen? Sie war doch so vertieft in ihrem ‚Historischen Werk’. Und wieso um alles in der Welt dachte sie, dass er sie mit seinen mangelnden Kochkünsten beeindrucken wolle? Sie war wohl wirklich nicht mehr ganz bei Trost. Ach Moment, davon wusste sie ja gar nichts. Und wenn er nichts davon erwähnt, wird sie auch nichts davon erfahren. „Ich koche eben sehr gerne, Lia. Aber keine Angst, das hat nichts mit dir zu tun. Ich esse auch ohne irgendwen damit beeindrucken zu wollen. Am Liebsten eigentlich Eiweiß, das ist sehr gut für einen gesunden Körper…“, schon wieder schien Magnus ein bisschen abzudriften, aber er wollte doch mehr über Lias Buch erfahren, das wohl sehr gut zu sein schien, da sie es sofort kaufen musste. „Um was genau geht es denn eigentlich in diesem … Werk?“, er nickte mit dem Kopf in Richtung Einkaufstüte. „Darf ich es mir mal ansehen? Geschichte hat mich schon immer sehr fasziniert!“, mit diesem Satz wanderte auch schon seine Hand in Richtung verborgenes Buch.

Ha! Anscheinend hatte Lia nun endlich einen wunden Punkt bei Magnus gefunden. Denn kaum sprach sie aus, dass sie ihn, den schlausten Bürger Magnolia Towns, in der einfachen Kochbuchabteilung erwischt hatte, da geriet er schon ins Stottern. Was für ein einfach gestrickter Junge. Doch Lia’s selbstgefälliges Grinsen wandelte sich wahnsinnig schnell wieder um, denn dieser Magnus hatte überhaupt nicht verstanden, was sie eben gesagt hatte. Zumindest, wie sie es gemeint hatte. Wie kam dieser Schlaumeier bloß auf die Idee, dass Lia dachte, er wolle sie mit seinen Kochkünsten beeindrucken? Hatte er ihr etwa ein Mahl serviert, hier in der Buchhandlung? Nein. Natürlich meinte sie, dass er sie mit seinem anscheinend hohen Wissen beeindrucken sollte. Mit hochgezogenen Augenbrauen murmelte sie nur: „Das meinte ich gar nicht!“ Aber egal, mehr würde sie zu diesem Thema auch nicht mehr sagen. Wozu auch? Der war ja sozial unfähiger als sie! Und vor allem der Satz mit dem Eiweiß am Schluss! Er war ja wie ihr Bruder Natanael! Furchtbares Wesen, dieser Magnus. Vielleicht sollte Lia ihm ja mal ihren Bruder vorstellen, dann konnten sie sich gegenseitig nerven.
Und jetzt auch das noch! Dieser aufgeblasene Kerl wollte doch allen Ernstes Wissen, um was es in Lia’s Selbsthilfebuch ging, welches sie fälschlicherweise als historisches Werk bekannt gab, ging. Dabei hatte sie doch gar keine Ahnung von solchen Sachen. Naja, sie hatte sich einmal daraus gekriegt, also dann eben auch ein zweites Mal. „Naja, der Autor hat sich mit der Geschichte Magnolia Towns beschäftigt, schweift allerdings bei der Gilde Fairy Tail ab und beschäftigt sich ausschließlich nur mit deren Entstehung und bedeutenden Magiern, die aus dieser Gilde stammen.“ Naja, das hörte sich doch ganz gut an? Zwar eine einzige Lüge, aber es hörte sich schlau an. Aber irgendwie wollte sich Magnus wohl nicht ganz damit zufrieden geben, er wollte es ansehen. Ihr Buch! Ihr Selbsthilfebuch! Ihre Fahrkarte ins Verderben! Die arme Pinkette konnte sich nicht mehr helfen und schlug einfach die Hand des jungen Mannes weg, während sie aufschrie: „Was fällt dir ein!“ „Sssssscht!“ hörten die beiden den grimmigen Besitzer zischen. Unbeeindruckt davon wandte sich Lia wieder Magnus zu: „Das glaube ich einfach nicht! Du kannst doch nicht einfach meine Sachen durchwühlen, du Verrückter!“ Natürlich war das übertrieben, aber Lia hatte einfach eine Vorliebe für Hyperbeln. Demonstrativ drückte sie ihre Tasche an sich, wollte sich umdrehen und gehen, doch da hörte sie Magnus‘ Stimme erklingen.

„AH“, mehr als diesen erschrockenen Aufschrei konnte Magnus in diesem Moment nicht von sich geben. Hat sie da eben tatsächlich seine Hand weg geschlagen? „Sssssscht!“, raunte der alte Besitzer der Buchhandlung. Oh nein, sie hatten gerade mit ihrer kleinen Auseinandersetzung diesen großartigen Mann verärgert, den Magnus wirklich sehr vergötterte. Schließlich hatte er diese wunderbare Oase des Wissens aufgebaut! Und jetzt, jetzt glaubt er dass Magnus ein einfältiger Störenfried sei. „Und das alles nur wegen dieser Lia.“, dachte Magnus trotzig, behielt den Gedanken aber lieber für sich, nicht dass sie ihm noch an die Gurgel springt. Als ob das nicht schon genug wäre, nannte sie ihn auch noch einen Verrückten. „Wer ist denn hier verrückt?“, schoss es ihm schon wieder durch den Kopf. Aber nein. Magnus musste jetzt Ruhe bewahren. In ihm kochte und brodelte es zwar nur so, aber er durfte jetzt nicht sein Gesicht verlieren. Nicht hier, an diesem wunderschönen Ort „und vor allem nicht wegen dieser… dieser…“, nicht einmal in Gedanken konnte er eine passende Umschreibung für Lia finden. Ihre Reaktion war ihm einfach unverständlich. Er wollte doch nur ein wenig Interesse für Lias Buch zeigen, vielleicht, oder besser, ziemlich sicher wäre ihm etwas zu dem Thema eingefallen, über das sich die zwei dann hätten unterhalten können. Jetzt war er jedenfalls völlig aus der Bahn geschmissen. In den Büchern, die er kannte, war eine Auseinandersetzung dieser Art noch nie passiert. „Tief durchatmen, Magnus…“, befahl er sich selbst, um wieder runter zu kommen. Gerade als er sich wieder einigermaßen gefangen hatte, wollte Lia sich auch schon umdrehen und gehen. „Äh…warte, Lia!“, rief er ihr zu, was ihm einen erneuten bösen Blick des Buchhändlers einbrachte. Er erhob sich von seinem Stuhl und machte schon ein paar Schritte auf sie zu. Wollte er die zwei jetzt etwa rauswerfen? Lia schien allerdings tatsächlich auf den Ausruf zu hören, denn sie blieb noch einmal stehen. Doch darüber konnte Magnus jetzt nicht weiter nachdenken, er musste versuchen die Situation wieder irgendwie zu entschärfen. Der Händler war unmittelbar davor die zwei Störenfriede aus seinem Laden zu werfen, was für Magnus wohl die größte Schande seines Lebens bedeuten würde und Lia war dabei zu explodieren. Es dauerte einen Moment ehe ihm etwas einfiel. Er musste dem grimmigen Mann einfach zuvor kommen. Dann sah dieser wenigstens, wie vernünftig Magnus ist, wenn er aus eigenen Stücken geht. Noch dazu war es besser, dass er Lia den Standortwechsel selbst, auf eine eher sanftere Weise vorschlug, bevor der Geschäftsmann es im ruppigen Ton tat. „Wollen wir uns vielleicht…draußen noch weiter unterhalten? Ich schwöre auch, dass ich Sicherheitsabstand zu deiner Tüte halte. Ich denke…“, er machte eine kleine Pause um nachzudenken, stieß dabei kurz Luft aus und fuhr dann fort: „… so ungefähr ein Meter Abstand sollte angemessen sein.“, nun erzwang er sich sogar noch ein leichtes Lächeln. Hoffentlich willigte Lia schnell ein, sodass sie wenigstens der zweiten unangenehmen Begegnung für heute aus dem Weg gehen konnten.

Eine Weile blickte Lia Magnus ungläubig an. Was dachte dieser Typ eigentlich, wer er war? Als ob sie noch weiterhin scharf darauf sei, sich auch nur noch eine Sekunde länger mit diesem Grabscher abzugeben. Wie kam er bloß darauf, sie nach draußen begleiten zu wollen? War es denn nicht offensichtlich genug, dass sie ihn nicht leiden konnte? Aber Moment mal. Er sprach davon, sich draußen noch weiter zu unterhalten. Wahrscheinlich wollte er damit nur auf etwas anderes Anspielen. Oh Gott, wollte er sich etwa mit Lia prügeln? Sein Vorschlag, noch etwas zu plaudern, war bestimmt eine verschlüsselte Botschaft, welche in Wahrheit meinte: „Wir gehen jetzt vor die Tür und klären das, ein für alle Mal!“ Anscheinend war dieser Magnus härter, als er den Anschein machte. Dafür aber nicht halb so schlau, wie er dachte. Denn wäre er intelligent, dann würde er sich besser nicht mit Lia anlegen, außer natürlich, er wollte verbrannt werden. Aber wer will das schon? Lia selbst hatte keine Ahnung, wie weh es eigentlich tat, mit Feuer in Berührung zu kommen. Der Dragonslayerin machte ihr eigenes Element nichts aus, im Gegenteil: Sollte sie sich schwach fühlen, so aß sie sogar davon, um ihre Magie wieder zu stärken. Ziemlich kranke Vorstellung, was? Aber jetzt mal zurück zu Magnus. Es wurde Zeit, im zu zeigen, dass er sich das Ganze viel zu einfach machte und nicht mit Lia’s Reaktion auf seinen Tütenwitz gerechnet hatte. Ja, es war kein Witz. Aber für Lia schon, zumindest fühlte sie sich, wie so oft, angegriffen. Sie holte tief Luft, ehe sie ihren Gegenüber laut anfauchte: „Wie kommst du eigentlich darauf, dass ich mich noch weiterhin mit dir unterhalten will, hä?!“ Der Besitzer der Buchhandlung richtete sich wütend auf und ging auf die beiden Magier zu. „Du denkst wohl, du kannst dir alles erlauben!“, fügte Lia noch immer zornentbrannt hinzu, als sie und Magnus plötzlich jemand am Kragen packte. „Es reicht, raus jetzt ihr zwei! Und lasst euch so schnell hier nicht mehr blicken!“, donnerte ein wütender Geschäftsmann und zog die beiden aus dem Laden. Unglaublich, wie dieser Mann es schaffte, zu schimpfen, ohne dass er dabei sonderlich laut wurde! Lia musste unbedingt mit ihm reden, vielleicht konnte der Buchhandlungsmensch ihr ja ein paar gute Tipps geben? Aber vorerst wohl nicht, denn Lia und Magnus sollten sich so schnell nicht mehr in diesen Laden trauen. Wie zwei begossene Pudel standen sie da und sahen nur noch, wie der Mann genervt die Tür wieder schloss. Nur, dass der junge Mann und junge Frau davor standen. Wütend schnaubte Lia aus, ehe sie Magnus erneut anzischte: „Das hast du ja toll hingekriegt, Herr Schlaumeier!“