CF: Lamia Scale Gildenhaus

Es dauerte nicht mehr lange, und die beiden jungen Magier standen vor dem Bahnhof. Wie zu erwarten war herrschte hier reges Menschentreiben, viele Menschen verließen das Gebäude und liefen in einem zügigen Tempo. Wahrscheinlich befand sich der große Teil, der schnell lief, auf dem Weg zur Arbeit. Gleiches konnte man auch von denjenigen sagen, die schon fast in einem höheren Tempo in das Gebäude stürmten um noch rechtzeitig ihren Zug zu erwischen. War es da nicht entspannend, wenn man sich nicht hetzten musste? Vielleicht half es auch nur, dass man noch nicht wusste, wann der eigene Zug abfahren würde, geschweige denn von welchem Gleiß. Als Hibari das Wort erhob, deutete er auf einen Schalter. „Kannst du schon einmal nachschauen, von welchem Gleis wir ab wann fahren können? Ich kaufe derweil die Fahrkarten.“ Der Kobayashi holte seine Beschreibung des Auftrages heraus, damit er Ai den genauen Namen des Dorfes geben konnte. Doch davon abgesehen besaß das Schwarzhaar auch nicht mehr Informationen. Sobald die Informationen übermittelt wurden, machte sich der Verwandlungsmagier daran, sich seinen Weg durch die Menschenmasse zu bahnen. Im Vergleich zu manch anderem Menschen hatte er es leichter, sich einen Weg durch die Menge zu ermöglichen, da er größer und körperlich stärker war als die meisten Anwesenden, doch vor unnötigen Körperkontakt schützte ihn das nicht, da viele der Menschen nicht genau aufpassten wo sie hinliefen, geschweige denn den Magier bemerkten. Zu Hibaris Glück blieb auch nur zu sagen, dass er nirgendwo eine Menschenschlange fand oder etwas ähnliches. Würde er diese passend erkennen, wäre eine seiner Phobien so nett ans Tageslicht zu treten und seine gute Laune zu zerschmettern. Kaum befand er sich am Schalter, wurde er bereits von einer netten Dame begrüßt und nur einen kurzen Moment später besaß der Kobayashi bereits seine zwei Tickets. ~Dann muss ich nur noch wieder zu Ai kommen.~, dachte er sich, als er sich wieder in die Menschenkasse stürzte. Dank seiner Größe hatte er keine sonderlichen Probleme, seine Partnerin zu finden, für was liefen hier auch gefühlt Zwerge herum? Die außergewöhnliche Haarfarbe der Nature Spirit Magierin half ihm außerdem. Als er bei ihr ankam, überreichte er eines der Tickets. „Das ist für dich. Weißt du schon wo wir wann hin müssen?“

Na toll, die erste Hiobsbotschaft folgte schon auf dem Fuß: Zu dem besagten Dorf mussten sie mit der Eisenbahn anrücken. Dabei hatte sie doch erst gestern eine schreckliche Fahrt in dem monströsen stinkenden und lärmenden Metallmonster hinter sich gebracht. Hibari schien sich darüber zu freuen, dass sie mit dem Zug zu ihrem Ziel fahren konnten, aber für Ai was das einfach nur furchtbar. Natürlich hätte sie das niemals zugegeben und wie immer versteckte sie ihre Unmut hinter einem gleichmütigen Gesichtsausdruck. Noch einen Fahrt mit der Eisenbahn würde sie ja schließlich auch noch überstehen, aber genießen würde sie sie sicher nicht. "Na dann ist es ja gut, wenn du weißt, wo wir hin müssen", entgegnete sie äußerlich völlig ruhig, obwohl sie sich keineswegs so ruhig fühlte. Was finden nur alle an der Eisenbahn? Sie ist laut, stinkt ganz fürchterlich und man muss eine ganze Fahrt lang mit irgendwelchen Idioten zusammen sitzen, schoss es ihr durch den Kopf, denn sie war bei ihrer letzten Fahrt von ein paar Männern belästigt worden, die sie mit Worten und eisernem Ignorieren einfach nicht los bekommen hatte. Nun nachdem sie ihnen einen Schwarm Feen auf den Hals gehetzt hatte, war das Problem gelöst gewesen. Trotzdem konnte sie auf eine weitere Eisenbahnfahrt gut verzichten.
Aber wie hätte sie sagen können, dass sie Panik vor dieser Metallschlange hatte? Sowas würde sie niemals zugeben und so folgte sie dem Dunkelhaarigen kommentarlos zum Bahnhof.

Auf dem Weg dahin sprachen sie über ihr Vorgehen im Dorf und Ai nickte, als Hibaki ihr erklärte, dass sie zwar die Dorfbewohner fragen werden, aber möglicherweise nicht besonders viele Informationen erhalten würden, da sich diese dem verfluchten Klavier wohl möglicherweise nicht nähern würden. "Stimmt, das habe ich nicht bedacht...", gestand sie ein. "Ich bin ja selbst in einem kleinen Dorf aufgewachsen und weiß wie abergläubig die Menschen dort sind. Aber bloß weil der Pianist dort an einem Herzinfakt gestorben ist, ist das doch kein Grund an einen Fluch zu glauben, oder? Da müssen doch noch mehr Dinge passiert sein." Menschen in den ländlichen Gegenden glaubten meistens eher an übersinnliche Begebenheiten, als die Menschen in der Stadt, aber ganz so einfach war das dann doch nicht. "Hatte dieser Pianist... wie hieß er noch mal?...Shika... Shia... na jedenfalls irgendwas mit Mura, eigentlich Familie? Also Frau oder Kinder? Weißt du was darüber?", fragte sie weiter während der Bahnhof nun schon in Sichtweise kam.
Dort war es wie immer voll und alle Menschen schienen es eilig zu haben. Hier und da standen Reisende mit einem verwirrten und orientierungslosen Gesichtsausdruck herum und gelegentlich sah man auch einen erwartungsvollen jungen Mann mit einem Blumenstrauß in der Hand, der wohl entweder auf die Ankunft seiner Mutter oder seiner Liebsten wartete. Die Luft war voll mit dieses stinkenden Rauchgeruch, den die Lokomotiven verursachten und der Lärm, der im Bahnhof herrschte war für Ai, die so etwas nicht gewohnt war, unheimlich laut.
Überwältigt von den Eindrücken hätte die Grünhaarigen um ein Haar die Anweisung ihres Questpartners überhört, der sie darum bat doch einmal zu schauen wann und wo der nächste Zug abfahren würde. Sie hatte noch nicht einmal eine Ahnung wo sie schauen musste, aber trotzdem nickte sie uns lief einfach mal zu einer Stelle vor der viele Menschen standen. In der Regel war es nie verkehrt dahin zu laufen, wo eine Menschenansammlung war, da man da meistens entweder etwas umsonst oder Informationen bekam. Und tatsächlich standen die Leute auch alle um eine Tafel mit den Fahrplänen herum. Allerdings durchblickte die Grünhaarige das System nicht so ganz, auch, weil sie nicht so gut lesen konnte. Viel zu schnell kehrte dann auch Hibari zu ihr zurück, überreichte ihr ihr Ticket und fragte sie, ob sie etwas herausgefunden hatte. Tja da musste sie leider ehrlich zugeben, dass sie keine Ahnung hatte, wann ihr Zug fahren würde."Nein, tut mir leid. Ich blick hier nicht so ganz durch. Welchen Zug müssen wir denn überhaupt nehmen? In welche Richtung müssen wir denn?" Es gab eindeutig viel zu viele Züge die von diesem Bahnhof abfuhren, fand sie.

Im Gegensatz zu Ai hatte Hibari keine Probleme damit, mit dem Zug zu reisen. Vielleicht lag es einfach daran, dass das Schwarzhaar in Hosenka Town geboren wurde und hier aufwuchs. Dementsprechend war er mit allem vertraut, was es in dieser und anderen größeren Städten gab. Dazu gehörten auch öffentliche Verkehrsmittel wie die Eisenbahn, zwar war sie auch laut und verhinderten so ein wohlverdientes Entspannungsnickerchen des Kobayashi, aber der größte Punkt, den Hibari mochte, war, dass kürzere Strecken schnell absolviert werden konnten. Zu Fuß könnten sie zwar auch sich zu dem Dorf bewegen, doch würde dies einige Stunden dauern und andere Verbindungsmöglichkeiten waren auch nicht ideal. Während sich Ai wahrscheinlich gut in der Natur und kleineren Ortschaften auskannte und womöglich dort wohler fühlte, lebte der Kobayashi lieber in einer Stadt, genoss nach seinem Geschmack die Natur und würde sich in einem Dorf nicht zurechtfinden. Aber jeder Mensch hatte seine eigenen Vorlieben, wäre jeder gleich wäre das Leben doch nur langweilig.

Kaum erreichte Hibari wieder seine Partnerin, musste er sich ein schmunzeln verkneifen. Natürlich wusste er nichts davon, dass sie aus einem Dorf kam und dies hier alles nicht kannte. Für ihn war es bisher selbstverständig gewesen, dass ein Magier aus Lamia Scale fähig wäre, den Fahrplan eines Zuges zu lesen. Schließlich wuchsen die meisten hier oder in einer anderen Großstadt auf und kannten sich dementsprechend mit der Technik solcher aus. Aber wie gesagt: Wüsste jeder Mensch alles wäre das Leben doch langweilig. „Du kommst nicht von hier oder einer anderen größeren Stadt, oder?“ Kaum kamen die Worte über seine Lippen, schaute sich Hibari den Fahrplan an und musste sich selbst erst kurz zurechtfinden, schließlich kannte er den gesamten Fahrplan von Zügen aus Hosenka Town auch nicht auswendig. Während seine Erklärung aussprach (die man auch durchaus als lautes Denken bezeichnen konnte), fuhr er mit seinem Finger über das Glas, welches das Papier des Fahrplans vor Dreck und Vandalismus schützen sollte. „Unser Zug fährt in diese Richtung… Momentan haben wir kurz vor 11, also fährt der nächste Zug für uns in gut zehn Minuten von Gleis… 7.“ Da hatten sie also die Informationen, die sie brauchten. Dann konnte die Reise wohl losgehen und hetzten mussten sie sich auch nicht. Während die beiden auf dem Weg zum Gleis waren, griff Hibari wieder das alte Gesprächsthema auf. „Ehrlich gesagt bezweifel ich auch, dass das Klavier verflucht ist. Zwar gibt es in Fiore viel Magie, doch soweit ich weiß ist Fluchmagie weitestgehend vergessen. Es bestimmt einen simplen Grund, warum es zu diesen Gerüchten kommt. Vielleicht hat jemand nachts komisch Geräusche aus der Gemeindehalle gehört und diese missinterpretiert und die abergläubigen Bürger sehen darin eine Verschwörungstheorie und haben sie bis ins letzte Detail überspitzt.“ Inzwischen beruhigte sich langsam die Menge an Menschen und die Gänge waren wesentlich leerer und angenehmer zu passieren. Inzwischen hatten die beiden bereits das Gleis erreicht und der Zug wartete bereits auf die Passanten. Während die Magier einstiegen und sich einen Sitzplatz suchten, sprach Hibari weiter. „Ob unser Starpianist Familie hatte oder noch hat kann ich dir nicht sagen. Bis vor kurzem wusste ich nicht einmal, dass es diesen überhaupt gab. Aber wir werden das schon alles herausfinden, sobald wir das Dorf erreichen und uns ein wenig umschauen und umhören können.“ Inzwischen saßen die beiden in einer Sitzgruppe und ein Schaffner hatte sich bereits die Tickets angeschaut. Nachdem die Fahrt bereits einige Minuten dauerte, stellte Hibari eine Frage, damit die Fahrtzeit schneller vorbeiging, zu mindestens gefühlt. „Wie hast du eigentlich deinen Weg nach Lamia Scale gefunden?“

Merkte man es ihr so sehr an, dass sie nicht aus einer Stadt kam? Nur weil sie bei dem Fahrplan nicht durchblickte? Frustrierend... Na dann würde sie eben, wenn sie zurück war regelmäßig zum Bahnhof gehen um den Fahrplan zu studieren bis sie ihn fast auswendig kannte. Schließlich war sie für ihre Beharrlichkeit bekannt und würde eine solche Schwäche sicher nicht auf sich sitzen lassen. Das war schließlich ein Manko, dass man leicht beseitigen konnte. Jedoch beantwortete sie erst einmal Hibaris Frage: "Nein, ich sagte doch, ich stamme aus einem kleinen Dorf. Es fast vollständig von einem Wald umschlossen und die nächste Stadt ist ein ganz schönes Stückchen entfernt." Deswegen war sie auch vor gestern noch nie mit der Eisenbahn gefahren und deswegen kannte sie sich mit den Fahrplänen auch überhaupt nicht aus. Nachdem Hibari laut - für sie? - auf dem Fahrplan nach dem richtigen Zug suchte, begriff Ai auch so langsam den Aufbau jenes Plans. So schwer war das also gar nicht. Trotzdem würde sie ihn die nächste Zeit studieren, damit sie sich nie wieder eine solche Blöße geben musste.
Der Kobayashi erklärte, dass ihr Zug in zehn Minuten von Gleis sieben abfahren würde und schon wurde Ai schlecht bei dem Gedanken so bald wieder in in so einer Metallschlange fahren zu müssen. Aber es half ja nichts und so folgte sie ihrem Partner zum Gleis, wo der Zug auch schon wartete. Währenddessen griffen sie das Gespräch von vorhin wieder auf und Hibari erklärte, dass er nicht daran glaubte, dass das Klavier verflucht war, gerade weil die Fluchmagie zu den Verlorenen Magien zählte. "Es gibt aber auch so Art Flüche, die nur indirekt etwas mit Magie zu tun haben", erklärte die Nature Spirit Magierin. "Wenn dort zum Beispiel der Geist von dem toten Pianisten umgehenen würde, dann wäre das kein richtiger Fluch. Oder es haust ein Kobold in dem Raum in dem das Klavier steht, der die Menschen ärgert, weshalb sie an einen Fluch glauben, womit sie dann ja eigentlich auch nicht ganz Unrecht haben." Nun waren sie bei der Eisenbahn angekommen und in Ai breitete sich wieder einmal Panik aus. Jedoch betrat sie äußerlich völlig gelassen den Zug und ihr Abteil, wo sie sich sofort hinsetzte und anfing ein wenig auf auf ihrer Harfe zu spielen. Die gewohnte Fingerübung und der sanfte Klang der Seiten beruhigten Ai´s wie wild schlagendes Herz und für einen kurzen Moment konnte die Spirit Nature Magierin relaxen. Dann begannen allerdings die Maschinen zu arbeiten und der Zug setzte sich in Bewegung. Schon war Ai´s Anspannung wieder da. Sie ließ es sich aber keineswegs anmerken und spielte nach wie vor ruhig auf ihrer Harfe eine kleine, sanfte Weise, aber innerlich hatte sie das Gefühl bald in Ohnmacht zu fallen. Hoffentlich dauerte die Fahrt nicht so lange. Jedoch wusste die Spirt Nature Magierin auch, dass sich die Anspannung je länger die Fahrt dauerte auch immer mehr entspannen würde. Ganz verschwinden würde sie zwar nie, aber irgendwann schlug ihr Herz wieder ruhiger und sie war nicht mehr so verkrampft.
Hibari indessen, der von Ai´s Anspannung natürlich nichts mitbekam, weil sie nach wie vor völlig ruhig wirkte, fragte wie es sie zur Gilde verschlagen hatte. Das war doch ein Thema über das die junge Frau gerne sprach und das sie ein wenig davon ablenkte, dass sie in einem lauten metallenen Ding saß. "Meine Großeltern waren früher beide Mitglied bei Lamia Scale. Mein Großvater hat immer davon erzählt wie toll die Gilde war. Deshalb war es schon von klein auf mein Traum auch irgendwann eine Magierin der Gilde Lamia Scale zu sein. Und du? Bist du schon lange dabei? Wie bist du zu der Gilde gekommen?", fragte sie ihn interessiert, während ihre schlanken Finger immer immer noch rastlos über die Seiten ihrer Harfe glitten.

Dass Ai aus einem kleinen Dorf kam, bot also doch noch ein paar Vorteile. Sie saß an der Quelle, wenn es um Aberglaube ging. In Hosenka gab es natürlich ein paar Menschen, die ähnlich über solch übernatürliche Dinge dachten, vielleicht wuchsen sie auch in einem Dorf auf und bekamen die verschiedensten Theorien bereits mit der Muttermilch eingeflößt, aber die Mehrheit glaubte vielleicht an die Magie, schließlich war sie in Fiore allgegenwärtig, aber an Hokuspokus glaube dieser Teil nicht. Und aus genau dieser Gruppe Menschen stammte der größte Teil von Hibaris Bekanntenkreis. Die einzigen Menschen, von denen er einst ein paar Legenden und ähnliches gehört hatte, war das alte Rentnerpaar, die Hibari und seiner Mutter halfen. Doch da er die Geschichten als Kind gehört hatte, wusste er nicht mehr die ganzen Details. „Wenn ich ehrlich bin habe ich von den Theorien die du mir eben auflistest noch nie etwas gehört. Wahrscheinlich liegt das auch einfach nur daran, dass ich in Hosenka Town groß geworden bin. Aber was es ist werden wir schon noch herausfinden.“ Der Zug ratterte über die Schienen und Ai fing an auf ihrer Harfe zu spielen. Davon, dass ihr die Zugfahrt nicht gefiel, bemerkte er natürlich nichts. Geschweige denn, dass dies erst ihre zweite Fahrt war. Er konnte sich denken, dass sie noch nicht oft mit dem Zug gefahren war, aber auch dies war nur eine vage Vermutung, bei der er sich nicht hundertprozentig sicher sein konnte. Bevor er seine Geschichte erzählte, wie er zu der Gilde geriet, lauschte er der Musik noch einen Moment. „Du spielst übrigens gut.“ Er legte eine kurze Pause ein, bevor er seine Geschichte erzählte. „Bei mir ist es eigentlich recht ähnlich. Meine Mutter war ebenfalls Magierin bei Lamia Scale und arbeitet inzwischen aber als Kellnerin bei uns, weil sie auf einer Mission fast gestorben ist. Mitglied bin ich schon seit vielen Jahren, noch länger hab ich mich als Kind in der Gilde aufgehalten, weil es so billige Babysitter für mich gab, während meine Mutter auf einer Mission war. Aber im Gegensatz zu manch anderem Jugendlichen, der so lange in der Gilde ist wie ich, fand meine magische Ausbildung wesentlich später statt, genauso wie meine ersten Missionen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich einige Jahre vorher angefangen.“ Nach einem Blick auf die Uhr stellte er fest, dass der Zug in Kürze in dem Dorf Moga eintreffen würde. Es würde vielleicht nur noch zwei oder drei Minuten dauern, und passend dazu kam auch schon die Durchsage. „Nächster Halt: Moga.“ Kaum waren die Lautsprecher wieder still, bemerkte der Kobayashi, wie der metallene Käfig allmählich langsamer wurde. „Wie es aussieht sind wir so gut wie da. Zeit das Geheimnis des Klaviers zu lüften.“ Hibari stand auf, wartete auf seine Partnerin und lief langsam zu den Türen. Kaum ein anderer Mensch schien sich für dieses Dorf zu interessieren. Ob dies wohl an den Gerüchten lag?

Hibari schien erstaunt über ihre Theorien bezüglich des Fluches zu sein, was Ai ein wenig wunderte. Gut, dass er sich mit Kobolden nicht auskannte, war logisch, da diese so eine Art Naturgeist waren und darum eher in ländlicheren Gegenden vorkamen und wahrscheinlich so gut wie gar nicht in der Stadt zu finden waren, aber Geister gab es doch mit Sicherheit auch in den Städten. Darum fragte die Grünhaarige: "Es gibt doch auch bestimmt in den Städten mal das eine oder andere Haus, dem nachgesagt wird, dass es darin spuckt, oder?" Es würde sie doch sehr wundern, wenn dem nicht so wäre. Doch im Moment hatte die Magierin genug mit dieser elenden Zugfahrt und der dadurch bedingten, aufsteigenden Übelkeit zu kämpfen, denn der Waggon in dem sie saßen wackelte an manchen Gleisabschnitten ganz fürchterlich. Ai wünschte sich nichts mehr, als das diese Horrorfahrt endlich ein Ende nehmen würden, während ihre Finger immer noch mechanisch über die Saiten glitten. Auf Hibaris Kompliment, sie spiele gut, konnte sie nur mit einem leichten Lächeln antworten, so elend fühlte sie sich gerade. Kleine Schweißtropfen bildeten sich auf ihrer Stirn, die man aber auch auf die Wärme im Abteil zurückführen konnte.
Der dunkle Magier indessen erzählte Ai seine Geschichte, wie er zur Gilde gekommen war und gerne hätte Ai dazu noch etwas entgegnet, aber dann hätte ihre Stimme wohl ihre Schwäche verraten, weshalb sie den Mund hielt und stattdessen nickte. Dann endlich ertönte die erlösende Durchsage, dass sie gleich den Bahnhof ihres Zielortes erreichen würden. Eine bessere Nachricht gab es überhaupt nicht für die Magierin. Endlich konnte sie dieses Monstrum von einem Zug verlassen. An die Rückfahrt, die nach bestehen des Auftrages auf sie wartete, wollte die Naturliebhaberin überhaupt nicht denken.

Bald, aber für Ai nicht schnell genug, erreichte der Zug den Bahnhof und sie und Hibari konnten endlich aussteigen. Am liebsten hätte sie jetzt die Erde geküsst, aber eine solche Aktion stand natürlich völlig entgegen ihres coolen Image, was sie aufrecht zu erhalten versuchte, weshalb das natürlich gar nicht in Frage kam. Stattdessen betrachtete sie die Umgebung um sich herum. Das Dorf war für Ai´s Verhältnisse ziemlich groß und auch nicht ganz so ländlich und abgeschieden wie ihr Heimatdorf. Aber das war wohl auch kaum verwunderlich, wenn man bedachte, dass es eine eigene Bahnverbindung besaß. Auffällig war allerdings, dass sie die einzigen waren, die an diesem Bahnhof ausgestiegen waren, obwohl das Dorf einen durchaus gemütlichen Eindruck machte. Die Häuser waren sauber und ordentlich und gleichten einander meist sehr in Bauweise und Schmuck. Im nächsten Moment fiel der Lamia Scale Magierin dann schon eine Traube Menschen auf, die wie eine Schar aufgescheuchter Hühner auf sie zulief. Allen voran ein kleiner dicker Mann mit gezwirbeltem Schnauzbart in einem königsblauen Anzug und einer Melone auf dem Kopf. "Da sind sie ja endlich!",rief er mit einer naselen Stimme zu den beiden Magiern hinüber. "Wir haben sie schon vor Tagen erwartet. Ich dachte Lamia Scale wäre die zuverlässigste und pflichtbewussteste Gilde."Oh ein Beschwerde bezüglich unserer Gilde, schoss es Ai durch den Kopf und sie fühlte sich dafür verantwortlich diese zu verteidigen: "Es tut mir sehr leid, dass wir erst jetzt kommen konnten, aber eine solche Mission bedarf einer guten Vorbereitung und diese nimmt nun mal ein paar Tage in Anspruch." Das entsprach zwar nicht der Wahrheit, aber zumindest wirkte der dicke Mann und der Rest der Menschentraube ein wenig besänftigt. "Nun",erklärte der dicke Mann weiter "Dann ist das natürlich etwas anderes. Ich darf mich vorstellen? Horazius Horabilius ist mein Name, ich bin der Bürgermeister unseres schönen Dörfchens." Bei diesen Worten lüpfte er seine Melonen und verbeugte sich einmal vor Ai und Hibari, so dass sie auf seinen kahlen glänzenden Schädel starren konnte, den er unter der Melone versteckt hielt. Er winkte einen großen und total dürren Mann mit einem langen Pferdegesicht zu sich, den seine Uniform als den Dorfpolizisten auswies. "Dies ist Wachtmeister Ren, er wird ihnen bei ihren Ermittlungen zur Seite stehen und ihnen alle Fragen beantworten", erklärte der Bürgermeister und Ren salutierte einmal kurz vor den beiden Lamia Scale Magiern.
"Nun...",begann Ai, nachdem sie Hibari einen kurzen Blick zugeworfen. Ich heiße Ai Kanji und das ist mein Partner Hibari Kobayashi. Wie sie schon richtig festgestellt haben, sind wir von Lamia Scale und möchten ihnen helfen das Problem mit dem verfluchten Klavier zu lösen. Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit mit ihnen." Hatte sie das jetzt richtig gemacht? Sie war sich da ein wenig unsicher, aber Hibari würde schon eingreifen, wenn sie etwas falsches sagen würde und so fuhr die Grünhaarige selbstbewusst weiten:"Bitte erzählen Sie doch einmal was es genau mit diesem Fluch auf sich hat."

Zwar gab es ab und zu selbst in einer Stadt Ereignisse, die sich niemand erklären konnte, geschweige denn die Ursache genau identifiziert werden konnte, doch entweder gab es wirklich etwas Übernatürliches, welches für dieses Ereignis verantwortlich war, oder ein Meister war am Werk und hatte keine Spuren hinterlassen. Hibari war ein Fan der zweiten Theorie, von übernatürlichen Kreaturen war er bisher nicht überzeugt, dass sie wirklich existierten. Jeder Mensch würde darüber anders denken und die Herkunft beeinflusste die Entscheidung zusätzlich. Dachten die Eltern, dass es dies nicht gab, denken die Kinder meistens genauso. Kommt man aus einem kleinen Dorf ist man für übernatürliche Ereignisse meist noch offener. Sollte man dann noch über wenig Bildung verfügen, was auf manch einen Menschen zutreffen würde, war etwas Übernatürliches die Antwort auf alle Fragen. Aber bevor der Kobayashi auf die Aussage seiner Partnerin reagieren konnte, mussten die beiden sich bereits von ihren Plätzen erheben und gen Ausgang laufen. Der Zug hatte den Zielort erreicht, die Arbeit konnte beginnen!

Die Anzahl an Personen, die in dem kleinen Dorf den Zug verließen, konnte man an einer Hand abzählen. Um genau zu sein reichten dafür zwei Finger, lediglich Hibari und Ai betraten das Dorf Moga, der Rest der Passanten freute sich womöglich, keinen Fuß in diese Gegend setzen zu müssen, sofern es den Fluch wirklich gab, könnte er ihnen ja etwas antun. Die Magier würden aber schon herausfinden, dass es keinen Fluch gab. Es musste einen plausiblen Grund geben, warum es zu diesen Gerüchten kam und offensichtlich einige Menschen sich verfolgt oder beobachtet fühlten. Wenn aber wirklich ein Fluch auf dem Klavier liegen würde, gäbe es bestimmt einen Weg, diesen zu brechen (und notfalls konnte Feuer doch der beste Freund des Menschen sein). Normalerweise funktionierte der Dorffunk immer gut und sobald etwas Außergewöhnliches oder nicht normales passierte, wusste es bald die ganze Nachbarschaft und noch schneller das gesamte Dorf. Wahrscheinlich hatten sich die Gerüchte über den Fluch ähnlich schnell verbreitet, doch für die Ankunft der Magier lief der Dorffunk womöglich noch schneller. Zwar würde aus manch einem Haus in der Nähe ein Blick aus dem Fenster genügen um zu erkennen, dass Fremde das Dorf erreicht hatten, diese konnten es dann getrost ihren Nachbarn erklären und diese ihren, so würde es dann nicht lange dauern, bis Verantwortliche von der erhofften Rettung erfuhren und zu Hilfe eilen konnten, indem sie ihr großes Wissen präsentierten. Selten war der Wissensschatz wirklich so groß wie sie hofften, doch ihre Stelle bekamen sie normalerweise nicht umsonst. Die vermeintlichen Präsentanten des Dorfes schienen bereits sehnsüchtig auf die Ankunft von einigen Magiern gewartet zu haben und ohne sicher zu sein, ob die Neuankömmlinge wirklich die erhofften Magier aus Lamia Scale waren, bewegte sich bereits eine Traube Menschen den Jugendlichen entgegen. Unter ihnen befand sich der Bürgermeister mit dem besonders komischen Namen Horazius Horabilius und der Wachmeister mit dem 0815 Namen Ren. Sofort wurden die beiden Fremdlinge angesprochen und Ai antwortete ihnen, ohne dass Hibari eingreifen musste. Bisher hatte er noch kein Wort gesagt, seitdem er den Zug verlassen hat, doch bis er die nächste Gelegenheit bekam, musste er sich noch einen Moment gedulden, da der Bürgermeister zunächst die Gerüchte zusammenfasste- zu mindestens seine Theorie die die beiden noch oft genug hören würden. „Das Klavier unseres erst kürzlich verstorbenen Starpianisten Ryohei Shitamura ist natürlich verflucht. Nachdem er plötzlich an einem Herzanfall verstarb, hat sich das Klavier verändert. Es ist kein normales Instrument mehr, viel eher scheint es einen Fluch zu haben. Sobald jemand in der Gemeindehalle ist, wo übrigens wie eh und je das besagte Klavier steht, besonders wenn er alleine ist, bekommt er oder sie das Gefühl, als ob ihn etwas beobachten würde. Manche meinen sogar Stimmen zu hören, die der des Pianisten ähneln soll. Immer mehr Bürger fürchten sich vor dem Klavier und bekommen Panik, sobald sie nur in die Nähe der Gemeindehalle kommen, da sie fürchten, der Geist von Hernn Shitamura oder der Fluch könne ihnen etwas antun. Bitte, lösen Sie den Fall und brechen den Fluch!" Als die schon fast bühnenreife Show endete, überlegte Hibari einen Moment. Konnte es wirklich an einen Fluch liegen oder gab es wirklich einen Geist, der nun in der Gemeindehalle hauste? Wenn man dem Bürgermeister zu hörte, konnte man denken, dass diese Geschichte stimmte, da er sie recht überzeugend erzählte (falls man daran glaubte), womöglich besaß er auch nur ein gewisses rhetorisches Talent und konnte perfekt Geschichten dramatisieren, damit Leute für ihn ohne zu murren die Arbeit erledigten. Nachdem die richtigen Worte gesammelt wurden, und ein Mann aus dem Begrüßungskomitee sagte, er habe gesehen, wie plötzlich sich Gegenstände in der Gemeindehalle bewegt haben, ohne dass diese angefasst wurden, erhob der dunkelkleidete Mann das Wort. „Wir werden unser Bestes geben, damit das Mysterium um den Fluch möglichst schnell aufgeklärt werden kann. Sollten wir einen Fluch finden, versuchen wir diesen selbstverständlich zu brechen, gibt es einen anderen Grund für die Ereignisse, geben wir natürlich auch unser Bestes, diese zu beseitigen. Wir werden uns auch in der Gemeindehalle umschauen, schließlich scheint sich dort der Grund für die Missstände zu befinden, doch vorher würde ich mich gerne ein wenig in dem Dorf umschauen, falls es irgendwelche auffälligen Dinge gibt. Falls sie uns sagen, wo sich die Gemeindehalle genau befindet, können wir uns dort wiedertreffen, sobald wir uns ein wenig in dem Dorf umgeschaut haben. Natürlich treffen wir uns dort nur, sofern sie sich in der Nähe aufhalten wollen.“ Hoffentlich waren die Bürger nun einigermaßen ruhig und würden die Arbeit der Magier nicht behindern. Der Bürgermeister sagte, wo sich die Gemeindehalle befindet, doch würde er sich in der Nähe aufhalten, sofern man ihn brauche, aber in der Gemeindehalle würde sich der Wachmeister befinden, sowie einige andere Personen die etwas mit der Halle zu tun hatten und sich nicht vor dieser zu fürchten schienen. „Dann würde ich einmal sagen, dass wir uns ein wenig hier umschauen, Ai, sofern du noch keine andere Idee hast.“

Ai lauschte den Worten des Bürgermeistes genau, auch wenn es so aussah, als würde sie ein Käfer, der gerade einen Grashalm emporspazierte mehr interessieren. Sie prägte sich alles ein und versuchte schon jetzt ein paar Rückschlüsse darauf zu ziehen, um was für eine Art Fluch - wenn es denn tatsächlich ein Fluch war - es sein konnte. Die Ausführungen des kleinen dicken Mannes und der Einwand eines weiteren Bürgers ließ darauf schließen, dass dieses Klavier möglicherweise besessen war... möglicherweise sogar von dem Geist des verstorbenen Pianisten. Aber wieso sollte der Geist des Pianisten in das Klavier fahren, wenn er doch so unverhofft eines völlig natürlichen Todes gestorben ist? Das war wirklich eine gute Frage, denn nach allem was Ai so von Geistern wusste - sofern diese Geschichten der Wahrheit entsprachen - dann waren das meistens einmal Menschen gewesen, die eines schrecklichen Todes gestorben waren. Oder war der Pianist gar nicht an einem Herzinfakt gestorben, sondern wurde umgebracht?! Ok, beruhig dich Ai... du schießt grad etwas über das Ziel hinaus, dachte sie bei sich. Da war ihre Vorstellungskraft wohl ein bisschen mit ihr durchgegangen, was wohl auch daran lag, dass sie so enthusiastisch war und ihren ersten Auftrag so schnell wie möglich lösen wollte.
Hibari erklärte den anwesenden Dorfbewohnern inzwischen, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun würden um diesen mysteriösen Fall aufzuklären. Zunächst wollte er sich allerdings im Dorf umsehen und Ai nickte, als er sie fragte, ob sie damit einverstanden war. "Eine gute Idee. Schon allein um einmal einen Eindruck von diesem Dorf und seinen Bewohnern zu bekommen",erklärte sie und strich sich eine lästige grüne Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann aber plötzlich fiel ihr noch etwas wichtiges ein und sie wendete sich wieder dem Bürgermeister zu: "Könnten Sie uns bitte noch den Weg zu dem Haus erklären in dem Herr Shitamura vor seinem Tod gelebt hat? Möglicherweise müssen wir uns auch dort einmal umsehen." "Aber selbstverständlich. Es ist nicht schwer zu finden. Sie folgen einfach immer der Hauptstraße hier und dann ist es das letzte Haus. Es steht ein wenig abseits von den anderen Häusern, weil Herr Shitamura gerne seine Ruhe hatte, wenn er neue Stücke verfasst hat." Ai verbeugte sich höflich vor dem dicklichen Mann und den anderen Dorfbewohnern und wendete sich dann wieder Hibari zu: "Dann lass uns losgehen." Die frische Luft tat ihr gut und als sie und der andere Lamia Scale Magier durch die Straßen des Dorfes gingen, war die ganze Übelkeit von der Zugfahrt wie weggeblasen. "Was hälst du von der Sache mit dem Beobachtetfühlen und den Gegenständen die sich angeblich bewegt haben?",fragte sie den Dunkelhaarigen nach einer Weile, während sie gleichzeitig versuchte so viele Eindrücke von dem Dorf zu sammeln wie nur möglich.

Sollten die Jugendlichen herausfinden, was wirklich hinter dem Fluch steckte, würden sie sich garantiert wundern. Simpel war es bestimmt nicht, doch sollten sie richtig suchen, hätten sie im Normalfall keine Probleme. Doch um auf die richtige Spur zu kommen, mussten sie anfangen zu suchen. Naheliegend war es dabei natürlich, dass sie mit ihrer Suche in der Gemeindehalle anfangen sollten, schließlich stand dort das Klavier, doch konnte das Dorf auch einige Aufschlüsse liefern, beispielsweise konnte man Ausschau nach Symbolen oder Gegenständen halten, die auf Aberglaube hindeuteten. Man konnte Bürger befragen, ob ihnen irgendetwas Mysteriöses oder normalerweise gar Unmögliches aufgefallen ist. Zwar würden sie so bestimmt einige, wenn nicht sogar nur, Lügengeschichten aufgetischt bekommen, doch sollte es zwischen mehreren eine gemeinsame Schnittmenge geben, konnte sie denken, dass es bestimmte Parallelen gab, die auf Wahrheit hindeuten könnten. Doch um Geschichten erhalten zu können, mussten die beiden Magier mit Dorfbewohnern sprechen, eine weitere Voraussetzung ist, dass diese gewillt sein müssen, ihr Wissen zu teilen, um Gegenstände zu finden, mussten sie sich umschauen, das Gleiche galt auch für verdächtige Orte. Noch bevor sich die beiden in Bewegung setzen konnten, fragte Ai nach dem Haus, in welchem der Verstorbene zu Lebzeiten residierte. Da es leicht abseits des Dorfes stand, war es für einen Musiker perfekt geeignet, um Ruhe zu haben, damit er ungestört seine Lieder komponieren konnte. Doch andererseits bot es die Möglichkeit, dass man ihm weitestgehend ungestört etwas antun konnte, was wiederum die Theorie unterstützte, dass er keinen natürlichen Tod erlag. Kaum besaßen sie bereits die Adresse, befanden sie sich bereits auf der Durchreise in dem großen Dorf. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Geist oder Ähnliches in dem Klavier beziehungsweise der Gemeindehall haust, erst wenn ich es wirklich mit eigenen Augen sehe würde ich dies glauben. Es kann ein Funke Wahrheit an der These sein, dass es wirklich irgendetwas Übernatürliches hier gibt, ich bin aber kein Fan dieser Theorie.“ Während er seinen Blick über einige Häuser schweifen lies und weder an diesen etwas Auffälliges fand, noch an den Bewohnern, gab es von ihm wieder eine Frage. „Wie denkst du darüber?“ Sich ungestört durch das Dorf zu schleichen, sollte für die beiden Magier schwer werden. Sollten sie über eine Möglichkeit verfügen, sich zu tarnen, wäre dies wahrscheinlich kein sonderlich großes Problem, doch wurden die beiden Magier aus Lamia Scale fast auf jeden Schritt und Tritt verfolgt. Natürlich tuschelten die beobachtenden Bürger, flüsterten sich Dinge zu, die die Magier vielleicht nicht hören sollten. Während es einen Kern gab, der stetig die Verfolgung aufrecht erhielt, womöglich aus purem Interesse und weil sie womöglich noch nie einen Magier gesehen hatten, gab es einzelne Bürger, die immer wieder verschwanden- und meistens waren es diese, die sich gegenseitig Dinge in die Ohren flüsterten. Vielleicht hatten sie ja etwas zu verbergen? „Bemerkst du auch, dass wir verfolgt werden?“, flüsterte Hibari seiner Partnerin leise ins Ohr. Falls die ominösen Bürger etwas geheim halten wollten, musste sie nicht alles mitbekommen. „Zwar werden diejenigen, die uns bisher fast ununterbrochen gefolgt sind dies aus reiner Neugierde machen, doch bei den anderen, die oft verschwinden, bin ich mir nicht so sicher. Vielleicht sollten wir uns die später genauer unter die Lupe nehmen.“ Doch zuerst hatte das Dorf die Priorität, danach die Wohnung, dann die Gemeindehalle und sofern es zu diesem Zeitpunkt noch keine Lösung gab, konnte man die Bürger immer noch befragen. Besonders die, die sich auffällig verhalten. Bisher hatte der Kobayashi nichts Auffälliges gesehen, was auf Hokuspokus deuten würde, doch war er auch nicht wirklich vertraut mit der Materie. Jemand wie Ai, die sich wesentlich besser damit auskannte, konnte durchaus etwas finden.

Das Dorf machte einen sehr gepflegten Eindruck auf die Spirit Nature Magierin. In jeden Vorgarten war das Unkraut gejähtet und auch der Bürgersteig schien täglich gekehrt zu werden. Offenbar legte man in Moga großen Wert auf solche Dinge. Wahrscheinlich waren hier die meisten Streitigkeiten über nicht gestutzte Hecken, oder weil ein Hund im Blumenbeet der Nachbarin gewütet hatte. Aber vielleicht hatten sie auch für die Lamia Scale Magier, die sie ja anscheinden schon ein paar Tage erwartet hatten, alles auf Fordermann gebracht. Man konnte ja nie wissen. Irgendwas jedenfalls kam Ai hier sehr suspekt vor. Irgendwie erschien ihr dieses Dorf nicht wirklich, so als hätte es etwas zu verbergen. Hinzu kamen die seltsamen Dorfbewohner, die sich, kaum das sie die Magier sahen, ganz schnell aus dem Staub machten, ohne das Ai oder Hibari einen wirklichen Blick auf sie werfen konnen. Auf der anderen Seite bemerkte Ai sehr wohl die Gruppe Dorfbewohner hinter sich, auch wenn diese einigen Abstand hielten und nur leise mit einander sprachen. Wollten sie etwa kontrollieren, was sie machten oder waren diese Menschen einfach nur neugierig? Hibari währenddessen meinte, dass er sich nicht vorstellen konnte, das der angebliche Fluch etwas mit einem Geist zu tun hatte und fragte nach Ai´s Meinung. "Ich halte das schon für möglich, aber irgendwie stört mich da was an der Geschichte. Ich denke, es ist auf jeden Fall sinnvoll, dass wir uns erst einmal umschauen und mit eigenen Augen von dem angeblichen "Fluch" überzeugen", entgegnete die Naturfreundin. Auf Hibaris nächste Frage meinte sie dann nur: "Die machen so viel Lärm, dass man sie ja gar nicht nicht bemerken kann... Aber ich glaube es ist besser, wir tun weiterhin so, als wüssten wir nichts von ihrer Anwesenheit. Ich bin mir nämlich gar nicht so sicher, ob die uns aus Neugierde folgen..." Während sie mit dem dunkelhaarigen Magier sprach, betrachtete sie scheinbar gedankenverloren die Häuser um sich herum, bis sie mit einem Mal vor einem kleinen Häuschen stehen blieb, vor dem eine alte Frau mit einer Katze auf dem Schoß saß. Die Grünhaarige trat etwas näher zu ihrem Partner und meinte dann leise zu ihm: "Siehst du dieses Ding da neben der Eingangstür, was so ähnlich aussieht wie ein Windspiel? Das ist bei mir im Dorf ein Schutzamulett um böse Geister abzuwehren und das habe ich hier schon vor einigen Häusern gesehen. Und ich habe das Gefühl, dass sie zunehmen je näher wie dem Haus des toten Pianisten kommen..." Sie hatte absichtlich leise mit Hibari gesprochen, weil sie nicht wollte, dass die Dorfbewohner mitbekamen, was sie herausgefunden hatte. Ihr Blick fiel wieder auf die alte Frau mit der schwarzen Katze auf dem Schoß. Das Tier blickte mit halb geöffneten Augen hinüber zu den beiden Magiern, ehe es vom Schoß der alten Dame herunter sprang, sich streckte und hinüber zu Ai lief, die das Tier natürlich sofort streichelte. "Na meine Schöne",sprach sie mit der Samtpfote, ganz so, als wäre sie ein Mensch, "Du könntest uns doch bestimmt erzählen was hier los ist, oder?" Schnurrend drückte die Katze ihren Kopf gegen die Hand der jungen Frau und maunzte einmal kurz, ganz so als wolle sie die Frage der Spirit Nature Magierin bejahen. Die alte Dame währenddessen war ebenfalls aufgestanden und kam auf die Grünhaarige und ihren Begleiter zu. Sie hatte weiße lockige kurze Haare, die unter einem roten Kopftuch hervorlugten und ein freundliches Gesicht. "Na sowas! Normalerweise ist Kiki nicht so zutraulich zu Fremden...", erklärte sie und blicke erstaunt auf Ai und das Tier. "Ach, ich hab so ein Gespür für Tiere. Die wissen, dass ich es gut mit ihnen meine",erklärte Ai ohne aufzublicken. Ihr Interesse schien alleine dem Tier zu gelten mit dem sie einfach weiterredete: "Kiki heißt du also? Der Name passt zu dir, du hast so einen frechen Ausdruck im Blick. Was meinst du denn, was es mit dem verfluchten Klavier auf sich hat?" Natürlich wusste sie, dass die Katze sie nicht verstand, sie hätte schon ihren Geist Piku zur Verständigung gebraucht, aber die Lamie Scale Magierin beabsichtigte mit dieser Frage ja auch etwas ganz anderes. Sie wollte nämlich gerne von Kiki´s Besitzerin wissen, wie ihre Theorie zu dem verfluchten Klavier war. Und tatsächlich biss die alte Frau an und erzählte sogleich: "Ach das verfluchte Klavier? Oh ich sage Ihnen, dier verrückte Pianist, der hat nur Unglück über unser Dorf gebracht. Nach allem was sich so gehört habe, soll er einen großen Streit mit dem Bürgermeister wegen dem Standort seines Klavier gehabt haben über den er sich so aufgeregt hat, dass er an einem Herzinfakt gestorben ist. Doch kurz vor seinem Tod hat er noch das Klavier verflucht, dass es auf ewig in der Gemeindehalle stehen würde und es niemand mehr spielen würde." Aha, von einem Streit hatte der Bürgermeister aber nichts erwähnt gehabt. Nun, aber es war ja auch nicht sicher, ob die alte Dame die Wahrheit sagte, denn anscheinend bediente sie sich auch nur der Gerüchteküche des Dorfes. Deshalb fragte Ai sie weiter, während sie anscheindend völlig vertieft darain war, mit der Katze zu spielen: "Was war her Shitamura denn eigentlich für ein Mensch? Klingt ja nicht so nett...""Ach, dass können Sie sich gar nicht vorstellen. Er war ein Dämon! Er war besessen! Besessen von seiner Musik! Für ihn zählte nur das Klavierspiel, sonst nichts. Und wehe man erkannte sein angebliches Genie nicht an, dann lernte man seine dämonische, missgünstige Seite kennen ",wetterte die Alte auf einmal los und ihr Gesicht war mit einem Mal gar nicht mehr so friedlich. Oh je, dass ist aber jemand gar nicht gut auf den Verstorbenen zu sprechen..., dachte das Mädchen bei sich und warf dem anderen Lamia Scale Magier einen bedeutungsvollen Blick zu, während sie sich erhobt und ihr Wort abermals an die Katze richtete: "Also dann Kiki, wir müssen weiter. Pass gut auf dein Frauchen auf und halte für uns weiterhin die Auge und Ohren offen." Es störte die junge Frau keineswegs, dass ihr ein paar der Verfolgen merkwürdige Blicke zuwarfen. Für die Spirit Nature Magierin war es völlig normal mit einer Katze zu reden.