Rei … Wer war Rei? War das Rei? Wo ist Rei? Anscheinend hatte die Fortsetzung des Kampfes und der Antritt der Nacht den bisher bekannten Rei geändert. Äußerlich anscheinend nicht, aber dafür zum größeren Teil innerlich. Ein dickes fettes Grinsen geführt mit einer gewissen Menge an Wahnsinn zierte sich auf dem Gesicht von Rei. Aber: War das Rei? Anstatt ein kräftiges Orange in seinen Augen zu erblicken, konnte man nur ein stechendes Gelb sehen. Also: Wer war Rei? Seine Haltung, seine Mimik und sogar sein Verhalten waren total fremd. Nun: Wo war Rei? Diese Gestalt war nicht mehr Rei. Gut, der Geist, dieser total fremde Geist, beherbergte den Körper von ihm, aber er war es nicht. Seine Seele wurde durch den Eintritt des fremden Geistes weggesperrt. So wie ein teures Juwel in einen sicheren Safe versteckt wird, so wurde auch seine Seele weggesperrt. Das Verhalten dieses Geistes zeichnete diese neue Aura, die den menschlichen Körper umgab. Angst schien deshalb keine Bedeutung für ihn zu haben, vor allem nicht gegenüber höheren Mächten. Zu sehen war dies zum ersten Mal, als dieser neue Rei, auch bekannt als Creise, vor dem Puristenanführer stand. Ein seltener und kurzer Moment, denn nicht viele standen vor diesem Mann und überlebten, solange sie zur feindlichen Fraktion gehörten.
Der Puristenanführer war entzürnt über diese beleidigende Ausdrucksweise Creises und holte weit mit seiner rechten Faust aus, um den Orangehaarigen eine zu verpassen. Creise holte eine Maske hervor, die von ihrer Größe her nicht den ganzen Kopf bedeckte, aber wenigstens das Gesicht. Das Besondere jedoch war, dass sie wie ein Totenschädel aussah. Seltsam, dass so etwas von einem Schwertkämpfer geführt wurde, aber dennoch machte es im Verlauf des Kampfes nichts aus, diese aufzusetzen. In dem Moment, in dem der Anführer ausholte, flog eine gewaltige, feurige Attacke auf diesen, der den Schlag abbrach und gleichzeitig die Haare des Puristen bzw. die Kopfhaut dessen verbrannte. Creise nutzte die Chance, in der sich der Purist um seinen Kopf kümmerte, sprang nach oben, sodass er sich nicht weit vom Kopf des Puristen befand und verpasste ihm mit einer ordentlichen Wucht eine schöne Narbe mitten ins Gesicht. Das Ergebnis war eindeutig gut und lenkte den Puristen weiterhin von den anderen ab, jedoch traf Creise in der Hektik die Hand des Gegners, sodass er zu Boden geworfen wurde. Er rollte noch einige Meter weiter, bis er endlich stehen blieb und sich wieder aufrappelte. Es schien ihm immer noch prächtig zu gehen, obwohl er mehrere Male in Kontakt mit dem Boden gekommen war und das nicht gerade sanft. Was aber mehr Aufmerksamkeit auf sich zog, war die nächste Aktion Lias. Sie spie eine mächtige Feuerwelle, die den Puristenanführer weiter ablenkte.
Obwohl Creise diese Gelegenheit ausnutzen wollte, explodierte spontan irgendetwas im Umkreis von Lia, sodass sie hochkantig aus dem Raum geschleuderte wurde. Auch Akay purzelte durch die Explosion davon, weswegen er nun mehr in Sicherheit war. Creise, der natürlich auch im Raum war, konnte dem Knall nicht entfliehen, jedoch schien die Größe seines Gegners ihn gerettet zu haben, da dieser – immer noch sein Gesicht mit der rechten Hand schützend – von diesem Knall zu 100% getroffen wurde. Creise nutzte die Gelegenheit und nahm Anlauf. Er lachte, sodass man es zum größten Teil im Raum hören konnte, jedoch war das Lachen so furchtbar grässlich und schauererregend, dass auch der Purist kurz – auch wenn nur für einen Bruchteil einer Sekunde – zuckte. Als er nur noch paar Meter vor ihm stand, sprang er in die Höhe und holte mit dem Speer aus, sodass er ihm einen entsprechenden Schlag auf seine schützende Hand verpassen konnte. Jedoch konnte es sich sein Gegner nicht erlauben, eine weitere Verletzung einzuziehen, weswegen er zur Seite sprang und somit auswich. Der Schlag ging aber nicht ins Leere, denn Creise schnappte sich den Umhang, der beim Ausweichen zum Greifen nah war und ließ sich mit der Bewegung ziehen, weswegen er ihm einen Stich in den Rücken rammen konnte.
Der Umhang jedoch senkte die Kraft Creises ungemein, obwohl schon das Antimagiefeld für einen gewissen Kräfteverlust sorgte. Deshalb lockerte sich der Griff am Fetzen und er fiel zu Boden, der sich wie ein Fall aus einem Hochhaus anfühlte. Am Boden angekommen sah er nur, wie sein Gegner nach vorne stolperte und wie Chibi sich bei Akay befand, was ihn aber nicht sonderlich interessierte. Die Stichwunde beim Giganten war nicht wirklich groß, aber sorgte für einen kleinen Moment der Erholung. Creise konnte seinen Humor aber nicht zügeln und musste unweigerlich Lachen, woraufhin er auch schon zum nächsten Angriff einsetzte. Er zielte nun auf die Beine des Gegners, um so nun diesen ganz aus seinem Gleichgewicht zu bringen. Er sprang aus der Hocke, in der er sich nach dem Fall befand, nach vorne, um mit einer schnellen Drehbewegung die Füße zu verwunden. Kurz bevor er also bei seinem Gegner angekommen war, stoppte er leicht, packte sein Guan Dao, drehte sich mit großer Wucht um seine eigene Achse und verpasste dem Anführer wie zuvor auch mit dem spitzen und scharfen Ende seiner Waffe schöne Schnitte in den Körper – hier: in die Füße.
Vor Zorn brüllte der Anführer und vernachlässigte jegliche Deckung bzw. jeden Schmerz, um Creise ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Er bündelte seine Hand zur einer Faust holte mit unerklärlicher Kraft blitzschnell aus, wobei sich eine Art Kraftfeld um seine Faust bildete und schoss diese direkt auf Creise, der zu etwa 90% von dieser Attacke getroffen wurde. Es war ein Antimagieangriff, der keineswegs leichte Schäden mit sich brachte. Der Schlag war wie ein mit Überschallgeschwindigkeit ausgestatteter, brennender, elektrischer, mit übergroßen Nadeln bedeckter Zug, der mit seiner gesamten Wucht und Zuggeschwindigkeit Creise zerfetzen wollte. Diese enorme Intensität war dermaßen stark, dass sie Creise mehrere Meter hinwegschleuderte – genauso, wie bei der Explosion mit Lia, nur viel stärker. Das Blut, was er dabei spuckte, flog mit seinem Körper und bedeckte somit den Boden auf dem sie kämpften. Als er dann endlich am Boden angekommen war und auch liegen blieb, vergangen einige Minuten. Der Anführer, der sich nur noch auf Creise konzentrierte, näherte sich ihm mit langsamen Schritten, wobei er exakt auf dem mit Blut befleckten Boden ging. Obwohl Creise bewusstlos war, spürte er jeden einzelnen Schritt und dass sein Gegner ihm immer näher kam. Che che che che che … Rei du Schlaffi. Wäre dieser Körper robuster, müsste ich nicht so vorsichtig damit umgehen. Tja, dann muss ich wohl oder übel den Körper dem Schicksal überlassen., sprach er mit sich selbst. Der Puristenanführer war nun nur noch ca. 20 Meter von ihm entfernt und dem Rest der Gruppe natürlich um einiges mehr. “Überaus eindrucksvoll, wie ihr hier eingedrungen seid und mich zur Strecke bringen wolltet.“, sprach er in aller Seelenruhe, obwohl er mehrere Schnitte am Körper hatte, “Aber – da ihr es auf mein Leben abgesehen habt, werde ich keine Mühe scheuen, euch zu vernichten!“ Creise kam währenddessen wieder zu Bewusstsein, konnte jedoch keinen einzigen Muskel bewegen und war nicht einmal in der Lage, klar und sauber zu sehen. Alles war so verschwommen, nur einzelne Umrisse nahm er wahr. Da war einmal eine sehr große dunkle Gestalt, die mit mächtigen Schritten sich ihm näherte – der Puristenanführer. Dann waren dort sehr große rötliche Flecken, die hin und her zappelten – die Flammen im Saal. Außerdem erkannte er noch einen etwas kleinen aber aus mehr als nur einem Fleck bestehenden schwarzen Haufen – die zwei unbekannten Magier mit Lia. Wo Chibi und Akay waren, konnte er nicht mehr erkennen, da sich seine Augenlider wieder schlossen und er somit wieder das Bewusstsein verlor.

Akay lag reglos auf dem steinernen Boden und je länger ihn der Schwerkämpfer untersuchte, desto deutlicher wurde, dass er wirklich schwer verletzt war. Und dennoch, selbst in dieser Situation, schien der Stellarmagier den Willen zu haben, mit seinem Teamkollegen zu kommunizieren. Maenor verstand natürlich nicht, was der junge Mann da vor sich hin murmelte, doch man hätte fast meinen können, dass er nach ihm gerufen hatte. „Akay!“, versuchte er es noch mal, jedoch verzichtete er dieses Mal aufs Wachrütteln. Er war kein Arzt, indes konnte er auch nicht feststellen, wie schwer der Minoru verletzt war oder wo er überall Schaden genommen hatte. Eine unglückliche Bewegung und er mochte die möglichen inneren Verletzungen noch verschlimmern, und das durfte er keinesfalls zulassen. Die Kampfgeräusche im Hintergrund ignorierend, biss sich der Fice unsicher auf die Unterlippe und näherte sich mit seinem Ohr dem Gesicht des gefallenen Kameraden. Vielleicht vermochte er auf diese Weise zu verstehen, was der Andere da von sich gab. Da Akay in diesem Augenblick jedoch leider nichts mehr von sich gab, wurde Maenor letztendlich auf die Geschehnisse um ihn herum aufmerksam.
Irgendetwas Seltsames schien mit Rei in der Zeit geschehen zu sein, in welcher er sich von der Gruppe getrennt und alleine gearbeitet hatte. Die übliche Ruhe schien zu fehlen und durch einen Wahnsinn und eine Wildheit ausgetauscht worden zu sein, wie man sie nur selten erlebt hatte. Der ganze Charakter des Magiers aus Lamia Scale schien wie ausgewechselt zu sein und auch sein Kampfstil hatte sich drastisch seiner neuen Ausstrahlung und seinen neuen Charakterzügen angepasst. Weiterhin hatte er eine weiße Maske angelegt – wo hatte er die verdammt noch mal her? – und auch seine Augenfarbe hatte sich geändert. Wenn das mal kein Grund zur Sorge war, dann wusste er auch nicht. *Zum Glück ist er auf unserer Seite.*, dachte sich Maenor und überlegte, ob er sich dem Kampf anschließen sollte, oder nicht. Letzten Endes entschied er sich dagegen, Rei und er kannten sich nicht gut genug und sie würden sicher aneinander lediglich im Weg stehen, wenn sie gemeinsam gegen den Puritistenanführer kämpfen sollten. Außerdem wusste er nach wie vor nicht, wie es um Akay stand und bevor dieser nicht aufwachte, würde er nicht von dessen Seite weichen. Ob Zufall oder nicht, in jenem Moment öffnete sein Teamkollege endlich seine Augen und schaute ihn an, der Blick erschöpft, gebrochen, geschlagen. Wirklich panisch wurde aber der braunhaarige junge Mann erst, als der Stellarmagier anfing, Blut zu husten und sich vor Schmerzen zu krümmen. *Verdammt, da sind auf jeden Fall innere Verletzungen im Spiel.* Seine Sorge zum Ausdruck bringen konnte er nicht, dafür blieb ihm nicht die Zeit, denn der Verletzte fing an zu sprechen. Mit klammem Gesicht lauschte Maenor den Worten seines gefallenen Kamerads und erhob sich, als dieser zu Ende gesprochen hatte. „Keine Sorge, ich werde mich schon um ihn kümmern.“ In diesem Moment konnte man einen Gesichtsausdruck erkennen, den man sonst nicht oft von dem sonst so gemäßigten jungen Mann zu sehen bekam. Ein harter und kompromissloser Blick, der bedeutete, dass keine Gnade gewährt werden würde. Jemand musste bezahlen und dieser jemand würde der Puritistenanführer persönlich sein. Bei genauerem Hinsehen konnte man erkennen, über was für herausragende körperliche Fähigkeiten ihr Gegner verfügte. Er war schnell, mindestens genauso agil wie der Fice selbst, wenn nicht sogar noch mehr. Aber er war nicht unverwundbar, das bewiesen die vielen Schnittwunden und die übel aussehende Verbrennung, die er vermutlich der Dragonslayerin zu verdanken hatte. Jeder konnte getötet werden, man musste nur den richtigen Moment abwarten und dann zuschlagen.
Ehe sich Maenor jedoch dem Kampf widmen konnte, traten einige Gestalten von hinten an ihn heran. Erleichterung sowie ein Glücksgefühl durchströmten ihn, als er die Valencia relativ wohlauf zu Gesicht bekam. „Gott sei Dank geht es dir gut, ich hatte schon befürchtet, dass du schwer verletzt wärst.“ Also sie hatte ja im Vergleich zu ihm einen relativ sanften Aufprall gehabt, war sie doch auf ihm gelandet. Das hatte dann wiederum zu seiner Verletzung an seinem rechten Arm geführt, den er lediglich wenig und wenn, dann auch nur unter größten Schmerzen bewegen konnte. Aber das war es wert gewesen, keine Sekunde hätte er gezögert, selbst wenn ihm bewusst gewesen wäre, was für Konsequenzen er zu tragen hatte. Das machte zwar den Kampf gegen den Terroristenanführer nicht gerade leichter, aber schließlich musste er ihn selbst nicht zu Fall bringen. Einfach nur die Kleidung entfernen, wie Lia vorgeschlagen hatte, alles Weitere würde anschließend hoffentlich in einer großen Feuerbrunst enden. „Kümmert euch bitte auch um meinen anderen Freund, der ebenfalls hinüber ist. Er liegt dort vorne.“, sprach er zu den beiden anderen Magiern, die er vorhin während des Kampfes kennen gelernt hatte. Kaum waren sie zu Akay gewuselt, trat Maenor einen Schritt auf die junge Frau zu. „Verlass dich auf mich, ich kümmer mich um seine Kleidung. Pass du nur auf dich auf und zöger keine Sekunde!“ Was er jetzt vor hatte, kostete ihn mindestens genauso viel Mut, wie sich dem Ungeheuer hinter ihm zu stellen, doch er zog es einfach durch und küsste Lia leidenschaftlich.
Mit durch Adrenalin und Glücksgefühl aufgeputschtem Blut wandte er sich von ihr ab, fest entschlossen, sich Rei's Kampf anzuschließen, als dieser schließlich durch einen wuchtigen Schlag zu Boden ging und dort auch liegen blieb. Der Anführer wollte dem Magier aus Lamia Scale aber wohl den endgültigen Stoß geben, und schritt trotz seiner zahlreichen Verletzungen auf ihn zu. „Nein, REI!“ Diesen Schrei ausstoßend, sprang der Fice vor und erreichte seinen Gegner in Augenblicken, was dieser ganz und gar nicht erwartet hatte. Teils aufgrund dieses Überraschungseffekts, teils aufgrund der Verletzungen, war er wohl einen Tick zu langsam und entkam Maenors Angriff mit dem Katana nicht ganz. Ein großer Schnitt erschien auf seiner Kleidung und rötliches, hervorquellendes Blut war der Beweis dafür, dass der Kratzer auch bis zu seiner Brust durchgedrungen war. Doch warum war der Schwertkämpfer dann ganz und gar unzufrieden mit diesem Ergebnis? Nun, das ließ sich relativ einfach erklären. Er wusste, hätte er diesen Angriff mit seinem gewöhnlichen Schwertarm durchgeführt, dann wäre der Schaden weitaus höher gewesen und hätte den Kampf möglicherweise sogar direkt beendet. Leider hing dieser relativ nutzlos an seiner Seite und schenkte ihm statt Nutzen, Schmerzen. "Du ... wie kannst du es wagen?", explodierte der verdatterte Anführer und hieb nach ihm. Mittels einer flinken Bewegung entging der Schwertmagier dem Angriff und riss die bereits durch mehrere Schnitte beschädigte Kleidung des Puritistenführers mit seiner Hand ab. Dass er dabei das Katana zu Boden gefallen lassen hatte, war auch seinem Gegner aufgefallen, der wie wild in Siegessicherheit grinsend wieder auf ihn losging. „Secret Blade!“ Eine Drehung vollführend, wich Maenor erneut aus und befand sich nun wieder bewaffnet – mit einer leuchtenden Klinge in der Hand – in perfekter Angriffsposition. Lange Rede, kurzer Sinn: Alle Kraft aufbringend die er konnte, stieß er die Klinge hoch und trieb sie tief in den Körper seines Gegners! Bevor ihn jedoch Genugtuung überkommen oder er einen Triumpschrei ausstoßen konnte, explodierte der Oberkörper des jungen Mannes in Schmerzen und er spürte, wie er weggeschleudert wurde. Hart prallte er gegen die Wand, was ihm jegliche Luft aus den Lungen trieb, während er ohnmächtig zu Boden ging. Gebrochene Rippen, vermutlich eine schwere Gehirnerschütterung und weitere innere Verletzungen. All dies hatte sich Maenor Fice zugezogen, in dem Versuch, ihren Gegner für den finalen Angriff verwundbar zu machen, und dies war ihm auch gelungen.
Blut hustend, fiel der Puritistenführer auf alle viere und versuchte immer wieder erfolglos aufzustehen. Schließlich schaffte er es, den Kopf ein wenig zu heben und blickte in das Gesicht seiner Schafrichterin, Lia Valencia.

Irgendwie kam keiner der klaren Ansage von Lia nach. Warum unternahmen die denn nichts? Bestimmt die Hälfte der Magier im Raum hatte ein dämliches Schwert in der Hand, dann sollten sie auch gefälligst Gebrauch davon machen! Natürlich, nicht jeder war in dieser Weise angriffslustig oder aggressiv, wie Lia. Würde man ihr eine Nagelschere reichen, würde sie sich wohl auch mit diesem Ding heranwagen. Aber die meisten Magier waren wohl einfach vorsichtiger und nicht so blindwütig, kein Wunder also, dass sich niemand freiwillig meldete. Gerade noch so konnte Lia einem Pfeil ausweichen, welcher plötzlich aus dem Nichts in ihre Richtung flog und sie wieder aus ihren Gedanken riss. Sie sah sich bösen Blickes um, wer der Übeltäter sein könnte, als ihr plötzlich Maenor ins Auge stach. „Kommt mit!“, wies sie ihre beiden Helfer, denn vor allem den Feuermagier würde sie noch brauchen können. „Du musst mir nochmal aushelfen, wenn wir uns den Anführer vorknöpfen.“ Ob er das nun wollte oder nicht, interessierte Lia leider herzlich wenig. Man sah dem Jungen schon an, dass er verunsichert war, aber andererseits wollte er wohl nicht auf den möglichen Ruhm verzichten.

Als die drei bei Maenor und Akay – ihn sah Lia erst, als sie bei ihm war – angekommen waren, stand dem Schwertkämpfer die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Sie lächelte ihn auf seine Worte hin an und antwortete: „Dank ihm ist alles halb so wild!“, während sie auf den jungen Magier hinter sich zeigte, er war vielleicht erst dreizehn oder vierzehn. „Und du..?“, fragte sie zaghaft nach, da er seinen anscheinend verletzten Arm hielt. Doch ein lauter Knall ertönte im selben Moment, warum auch immer, weswegen sie keine Antwort mehr bekam, denn jetzt musste gehandelt werden. Maenor schickte das Mädchen, welches bei Lia’s Retter dabei war, zu Akay. Sie nickte verantwortungsbewusst und schien ganz froh zu sein, nicht ebenfalls an die Front zu müssen. Lia wollte in diesem Moment noch nach Akay und vor allem nach Rei fragen, denn den Orangeschopf hatte sie ewig nicht mehr gesehen, doch Maenor sprach weiter. Anscheinend hatte er doch unterschwellig wahrgenommen, als Lia etwas.. herrisch in die Menge befohlen hatte, die Antimagierüstung des Anführers zu zerstören, ein zufriedenes Lächeln zierte ihre Lippen. Trotzdem, ihr wäre es lieber gewesen, ein anderer würde sich darum kümmern. Maenor war bereits in seinen Fähigkeiten aufgrund der Verletzungen eingeschränkt worden, außerdem wollte Lia nicht, dass es ihn noch schlimmer traf. Andererseits, wer nicht er, wer dann?

Gerade wollte sie noch etwas sagen, doch im nächsten Moment war es ihr absolut entfallen. Denn ehe sie sich versah, war Maenor ihr so nahe gekommen und küsste sie, vor der ganzen, versammelten Mannschaft. Sollte sie sich nicht eigentlich darüber aufregen? Doch statt so zu reagieren, wie sie es wohl bei jedem anderen tun würde, erwiderte sie es einfach. Und so ließ der Schwertkämpfer eine verdatterte Lia und einen – mit der Situation völlig überforderten – jungen Feuermagier zurück, welcher so rot angelaufen war, als hätte er an Lia’s Stelle gestanden. „Kein Wort!“, harschte sie ihn an, lächelte Maenor nach, welcher ihr bereits den Rücken gekehrt hatte und machte sich bereit. Doch für die Show, welcher ihr Freund hinlegte, konnte man wohl nicht bereit sein, vor allem Lia nicht. Sie hat sich noch nie in ihrem Leben großartig um andere geschert, wenn sie nicht gerade zur Familie gehören. Doch solche Angst und Sorge, welche sie empfand, als sie Maenor dabei zusah, wie er seinen Teil zum gemeinsamen Sieg über die Puritisten betrug, kannte sie zuvor nicht. Immer wieder entflammten sich ihre Fäuste vor Aufregung, stets bereit, selbst einzugreifen. Doch während es zuvor noch so gut für ihn aussah, plötzlich wendete sich das Blatt.

Sie wollte schreien und zu ihm laufen, aber Lia konnte sich keinen Schritt von der Stelle bewegen, alles schien einen kurzen Moment lang stillgelegt worden zu sein. Was hatte er getan? Sie musste nach Maenor sehen, sie konnte unmöglich länger warten. Gerade machte sie einen Schritt in seine Richtung, als jemand an ihrer Hand riss. „Wo willst du hin? Sieh nur, er ist abgelenkt und schutzlos!“, meinte der Feuermagier und deutete auf den Anführer. „Aber..“ Einen Moment lang haderte Lia noch mit sich selbst, doch dann musste sie einfach tun, wofür Maenor das auf sich genommen hatte. Oh, wie sie das hasste! Sie wollte nun einmal zuerst nach ihm sehen und dann gegen dieses Monster antreten! Es war schrecklich, wenn man nicht bekam, was man wollte.

Lia rannte, mit dem Feuermagier im Schlepptau, auf den Anführer zu. Er war gerade damit beschäftigt, zwei andere Magier, welche sich gegen ihn versuchten, einfach wegzuschlagen. Doch man konnte bereits erkennen, dass seine Bewegungen bei weitem nicht mehr so galant und sicher waren, was wohl an den Schmerzen und der Verwundbarkeit lag. Nicht nur Lia hatte gesehen, dass er nun anzugreifen war, auch manchen anderen fiel es auf. In passendem Abstand zum Feind, ließ sich Lia von ihrem unbekannten Partner eine mehr als großzügige Portion Feuer liefern, sodass auch die letzte Müdigkeit aus ihren Gliedern schwand. Fragend sah der Junge zu ihr auf. „Ich gebe dir dann.. äh, Rückendeckung!“ Und schon verschwand er weit, weit hinter ihr.

Noch immer war der Puritistenanführer beschäftigt, aber würde Lia jetzt angreifen, würde sie sehr viele andere Magier ebenfalls verletzen oder schlimmeres. Wie würde sie die loswerden..? Achja. „VERSCHWINDET GEFÄLLIGST!“, brüllte sie voller Kraft in Richtung der Magier und des Anführers, welcher natürlich nun ebenfalls seine Aufmerksamkeit auf sie richtete. Das war zwar nicht unbedingt Teil des Plans, aber was soll’s. Nun hatte Lia freie Bahn. „Damit du nicht dumm sterben musst – Ich hatte den Feuerdragonslayer nicht gefangen genommen, falls das an dir vorbeigezogen ist.“, teilte Lia ihm noch mit einem fiesen Grinsen mit, ehe er die volle Bandbreite eines Fire Dragon's Roar abbekam. Die Schmerzensschreie, die man zu hören bekam, ähnelten rein von der Lautstärke Lia’s Ausruf von eben, doch es dauerte nicht lange, da verstummten sie und der Anführer der Puritisten hörte auf, sich auf dem Boden zu rollen. Völlig unnötig, dass ein anderer Magier angerannt kam und ihm den Kopf mit einem Schwert abschlug, aber er wollte wohl auch ein Stück vom Kuchen haben. Den Jubel in der Hallo, sowie die Anerkennenden Blicke der anderen ignorierend, suchte Lia die Halle ab, um ihre Teamkollegen zu finden. Akay war der erste, den sie sah, nicht weit von ihm konnte sie Rei finden. Als erstes überprüfte sie seinen Puls und stellte erleichtert fest, dass er noch lebte. Hoffentlich würde die medizinische Versorgung nicht allzu lange auf sich warten lassen. Um Akay kümmerte sich jemand, Rei lebte noch. Da musste sie nur noch Maenor finden, was vergleichsweise einfach war, da sie wusste, wo es ihn hingeschleudert hatte.

Bei ihm angekommen, ließ sie sich neben ihm nieder und fühlte ebenfalls zuerst den Puls. Auch er lebte noch, sah aber ziemlich mitgenommen aus. Es tat ihr weh, ihn so zu sehen und sie hoffte, dass sich bald jemand um ihn kümmern konnte. Sie wollte ihn schließlich wieder sehen, aber unter anderen Umständen. Und während die Menge um sie herum noch immer jubelte, vergoss sie, wie manch andere auch, stillte Tränen.