Gildenhaus

Uh… diese Blicke… Wieso starrten ihn nur alle auf dem Weg so an? Und nuschelten, nannten ihn gemeinen Höschendieb… Katsu weinte bittere Tränen, da die Welt so ungerecht sein. Und warum musste man immer mit dem Finger auf ihn zeigen?
Das war gemein, das hatte er bestimmt nicht verdient! Sie gingen ein paar Straßen weiter vor ein Badehaus, da war die Person die alles richten konnte, der Inhaber: „Hallo!“
„Du schon wieder!“ Der Inhaber war gerade draußen Fegen und hob nun den Besen als Waffe: „War es dir nicht genug?!“ Er sprach laut genug, dass alle es hören konnten.
„Warte, warte! Ich brauche hier deine Zeugenaussage, denn du kannst doch versichern, dass ich gestern hier war!“ Das war der ultimative Beweis!
„Und wie ich es versichern kann! Du hast Hausverbot, weil wir dich gestern beim Spannen erwischt haben! Die Mädchen haben stundenlang auf dich eingeprügelt, dich dann gefesselt, geknebelt und dann auf dem Dach zum Bräunen liegen gelassen… Und das war noch zu gut für dich! Einfach sich in Damenbäder zu schleichen und diesen Unfug machen!“ Wütend schwang der Inhaber den Besen, aber er hatte alles Wichtige gesagt! Selbst die Leute der Umgebung nickten zu, die gesamte Nachbarschaft hatte das Spektakel gesehen.
Katsu wandte sich um und starrte auf Erin hernieder, er schien plötzlich mehrere Meter gewachsen zu sein, es war als ob dunkle Wolken den Horizont bedeckten und ein Sturmwind herrschte: „Hier irgendwelche grundlosen Anschuldigungen zu äußern. Ich bin enttäuscht, Erin! Hast du den guten Mann nicht gehört? Ich war gestern fast die ganze Zeit hier, dennoch hast du mich ohne einen Beweis verurteilt, aber ich bin fair! Wenn du dich vor mir verbeugst und um Entschuldigung bittest, dann sei dir verziehen!“ In der Stimme lag purer Hochmut und Arroganz, eine Überlegenheit und ein Befehl!
Erin war… schockiert! Sie schien nicht zu wissen, wie sie darauf antworten sollte, suchte nach Worten. Dann aber begann sie aber etwas zu sagen: „Ein Detektiv… hat immer mehr als einen Verdächtigen!“ Seht euch ihr Gesicht an, sie ist nun ratlos! Und hat sich noch nicht entschuldigt! Dann aber wandte sie sich nochmal an den Inhaber: „Stimmt alles was Sie gesagt haben?“
„Als ob ich deswegen Lügen würde!“
„Ich verlange Wiedergutmachung! Das war Rufmord! Ich will, dass du um Verzeihung bittest!“ Katsu hatte ein Recht darauf! Er war derjenige, der hier fälschlicherweise Beschuldigt wurde und nun versuchte sich Erin hier herauszuwinden!
Ähm… wieso hatte Erin denn eine Wutader bekommen? „Katsu…“, begann sie und irgendwie schien es gerade kälter zu werden. „Ich habe dir etwas Wichtiges zu sagen…“
Ha! Jetzt wird sie sich endlich verbeugen und um Verzeihung bitten! „Ja, ich höre, Frau Pendergast.“ Er hatte gewonnen, er hatte es geschafft, er hatte damit Erin bezwungen! Die Siegessicherheit stand in seinem Gesicht geschrieben und er lächelte schon, da er wusste, dass er sogar richtige Wiedergutmachung verlangen konnte! „Und schön laut und deutlich, damit jeder es auch hören kann!“
Hm… hörte man da gerade etwas reißen? Was könnte denn-

Neon bekam tatsächlich eine Unterhose geschenkt! EINE UNTERHOSE! Neben ihm konnte man eine Stuhllehne zerbrechen hören, als Bobo-chan vor Wut den Stuhl mit der Hand zerdrückte. Als dann auch noch eine große Frau zu ihnen stieß, war der Tag für Neon absolut perfektioniert. Erin war endlich da und hatte auch schon eine Quest mit sich mitgebracht. Doch Neon musste, wobei er auf eine Begrüßung völlig verzichtete, erst einmal berichten, was überhaupt los war. Wie es wusste eigentlich gar niemand, dass was mit dem Jungen nicht stimmte? Nun, jetzt schon! „Erin! Weißt du was?! Katsu, ja, der wollte gestern mit mir spielen gehen und dann, dann, dann ist er gar nicht aufgetaucht und ich stand bis um dreiundzwanzig Uhr am Treffpunkt! Aber dann wurde mir kalt und ich bin lieber nach Hause gegangen.“ Doch nun, wo alle auf dem neuesten Stand gebracht waren, war es Zeit die Unterhose anzuprobieren. Seine Hände glitten schnell an die Seite seiner rabanastrischen Männertracht und schwupps war auch schon der halbe Rock am Heruntergleiten, als Erin ihm dazwischen fuhr und ihm die Hose aus der Hand nahm. „Aber Claire hat mir die geschenkt!“ Nun, Erin nahm sie ihm ja nicht wirklich weg, sondern stopfte sie einfach in seinen Rucksack, wo sie bis nach der Quest warten musste. Doch dann würde ihn niemand aufhalten, er würde sie anprobieren und dann Claire zeigen! Sie wäre sicherlich total begeistert! Mit einem lockeren Handgriff war sein Rock schnell wieder an Ort und Stelle und zierte somit seine dünnen, filigranen Beine. Bobo-chans Kopf hätte nicht röter sein können, als sie sich schließlich verabschiedeten und zur Quest aufbrachen, wobei sie erst einmal Katsu in seiner Wohnung abholen mussten. Irgendetwas schien ihm erdenklich peinlich zu sein.

Neon wollte gar nicht hierhin, denn Katsu mochte er nun nicht mehr. Er hatte sich stundenlang die Beine in den Bauch gestanden und Katsu hatte nicht einmal abgesagt, sondern ihm nur gesagt, dass es vielleicht später werden würde, weshalb der kleine Mann erst solange dort geblieben war. Demnach war es keine Überraschung, dass er während Erins gesamten Vortrag Katsu überhaupt nicht beachtete und auch seine Ausflüchte nicht im Geringsten aufnahm. Sollte er doch bleiben wo der Pfeffer wuchs und sich lieber mit diesem „Spannen“ beschäftigen und den Busen anderer Frauen nachjagen. Mit Schmollmund, zickig geschlossenen Augen und wütender Haltung schaute er keinen der Anwesenden an, bis sie sich schließlich in Bewegung setzten. Neon merkte dies allerdings erst, als die gesamte Truppe sich schon aus dem Staub gemacht hatte und so musste er geschwind hinterher und ihnen nachrennen.

Sie kamen in ein Badehaus, in dem der Besitzer Katsus Unschuld bei irgendetwas mehr oder weniger beglaubigte. Nun, Neon war so sehr damit beschäftigt gewesen wütend zu sein, zu schmollen und darauf zu achten, dass es auch schön alle mitbekamen, dass er mal wieder gar nicht wusste, um was es sich bei dieser Quest handelte. Doch er hatte im Endeffekt mitbekommen, dass er irgendwie mit Claire mitgehen musste und diesmal gar nicht mit Erin umherstreifen durfte. „Erin...“ Er sah ihr traurig nach, als sie mit Katsu von dannen zog, doch Neon wusste, dass auch Claire eine total tolle Lady war und er ihr unbedingt einige tolle Verhaltensweisen entlocken musste!
„Claire! Mir fällt ein, Bobo-chan findet dich toll und sich soll ein gutes Wort für ihn einlegen, weiß aber gar nicht, was das bedeutet! Weißt du das? Magst du Bobo-chan? Ich find ihn nett, er gibt mir immer Eiscreme aus, wenn ich welche möchte. Magst du denn Eiscreme? Am liebsten mag ich Schokoladeneis mit Apfeleis dazu Lakritz, Kirschen und leckerer Zuckersoße!“ Doch dann klatschte er sich gegen die Stirn, nahm seinen Rucksack ab, öffnete ihn und hielt ihn Claire hin. Er teilte seine Süßigkeiten eigentlich tendenziös gegen 0, aber bei Claire machte er gern eine Ausnahme, denn sie hatte ihm ja sogar einen Eierwärmer geschenkt! „Möchtest du welche? Die sind ganz neu. Die roten Gummifrösche sind meine liebsten! Was sollen wir jetzt eigentlich machen?“ Er versuchte diese letzte Frage so unauffällig wie möglich einfließen zu lassen, scheiterte aber dabei jämmerlich. Dennoch hatte er absolut keinen Dunst, was nun getan werden musste. Hoffentlich wusste Claire etwas!

Man muss es an dieser Stelle einmal so festhalten: Claire war vermutlich die einzige Person auf der ganzen weiten Welt, die wirklich glaubte, was Katsu da von sich gab. Zum einen wollte sie gerne an das Gute im Menschen glauben, zum anderen hatte sie den Herrn Schwerenöter bisher als sehr ehrlich, fast schon stolz auf seine Taten kennengelernt. Selbst als Erin Katsu erneut ownte, dass es sich gewaschen hatte, murmelte sie leise vor sich hin.
"Fräulein Erin, ich glaube, er ist wirklich nicht der gesuchte Dieb."
Da. Da war es. Jemand - sogar ein weibliches Wesen - ergriff für ihn Partei, ohne dass er sie zwingen oder erpressen musste. Ja, was war denn das? Eine ganz neue Erfahrung, nicht wahr? Vielleicht auch ein Grund, eine neue Liste aufzumachen?
Nein. Nein, nicht wirklich.

Im Übrigen hatte sie schamenhaft den Blick abgewendet, als Neon sich anschickte, die von ihr mitgebrachte Unterhose anzuprobieren. Irgendwie war der kleine Kerl nicht ganz dicht, aber trotzdem liebenswürdig. Sah nett aus, war nett, tat niemandem was und mochte Süßigkeiten, obwohl er in seinem Lieblingsdessert eine ganze Menge erwähnte, was sie gar nicht kannte. Sie fischte zwar nach einem der roten Gummidinger, aber so richtig etwas anfangen konnte sie nicht mit seiner Mischung.
"Ich mag Soufflée mit Himbeersoße. Eiscréme hatte ich bisher nur gaaaaanz selten in meines Vaters Schloss.", merkte sie kleinlaut an, während sie an die Tage zurückdachte, in der sie nach dem Mittagessen ein kleines Dessert vorgesetzt bekommen hattte - der Höhepunkt eines jeden Tages, wenn man das so nennen durfte. Etwas Süßes bekam sie so selten, dass sie jedes zuckerhalte Etwas in vollen Zügen genoss und noch Stunden später den Geschmack auf der Zunge zu spüren glaubte. Sie war so sehr in ihrer Erinnerung, während sie das Gummitierchen lutschte (!), dass sie seine Frage nach Bobo eher nebenbei mitbekam.
"Bobo?" Sie blinzelte einmal verwirrt. "Wer ist Bobo?" Armer Kerl. Da hatte sie ihn noch nicht einmal wahrgenommen, obwohl er schon ein ziemlich netter Mensch sein musste, wenn er Neon mit Eis versorgte.

Und dann wurde sie auch noch danach gefragt ,wie sie jetzt weiter verfahren sollten. Ganz ehrlich: Woher sollte sie das wissen? Wie konnte man denn Katsu jetzt darin unterstützen, ihn nicht mehr als Höschendieb zu sehen und den wahren Höschendieb finden? Sie wusste, dass in Büchern einige Detektive immer ganz komplizierte Plots erfanden, um den Verbrecher zu finden, aber wie konnte man das hier anwenden? Sie hatte keine Ahnung, weswegen sie sich verschwörerisch zu Neon herunterbeugte.
"Darf ich dir etwas verraten? Ich habe auch keine Ahnung." Da, jetzt war es raus. Claire wirkte dabei aber eher putzig hilflos als dramatisch hilflos, sah sich verschämt um, als könne sie dadurch den Dieb finden, ließ dann aber die Schultern hängen.

"In Büchern haben Detektive immer ganz tolle Ideen." Pling, und da fiel der Groschen. "Vielleicht könnten wir eine Falle legen, indem wir einen Köder auslegen ..." Ohje. Den Gedanken hatte sie nicht komplett zuende gedacht, wie es schien.

Der „wahre Dieb“ hatte sich schon das nächste Ziel ausgesucht… er stand nicht unweit von Claire und Neon, die aber viel zu beschäftigt waren, als dass sie eine so Unauffälligkeit wie den Dieb bemerken konnten… Und auch wenn der Dieb durchaus ihrer gewahr war, hatte er doch keine Ahnung, dass die beiden ihn fangen wollten.
So schlüpfte er einfach unbemerkt an den beiden vorbei und in ein Badehaus hinein. Die Rezeption bemerkte ihn nicht mal, sie las weiter in dem Magazin, zeigte keinerlei Züge demnächst etwas anderes zu tun. Normalerweise hätte sie bei einem Kunden aufgesehen und ihn begrüßt und Geld abverlangt, doch der Dieb konnte in jedes Badehaus spazieren und wurde simpel übersehen. Das war seine Gabe.
Seine scharfen Sinne zeigten ihm sofort die Frauenumkleide, ein langer Raum mit mehreren Regalen wo in Körben die normale Kleidung ist, wer einen großen Spind wollte, musste extra bezahlen. Aber normalerweise nahm man nichts Wertvolles in ein Badehaus mit, selbst das Geld kam passend und man konnte Wertgegenstände auch an der Rezeption abgeben.
Doch für den Dieb war das Diebesgut hier… Unterwäsche!

Währenddessen bei Katsu und Erin… „So gemein, mein Gelenk ist so gut wie durch…“, rieb er sich klagend die Schulter. Es war wahrscheinlich eine Übertreibung, aber Katsu merkte, dass er momentan keine schnellen Manöver machen konnte, ohne durch den Schmerz innezuhalten… das bedeutete, er konnte sich auch nicht an Erin rächen, indem er ihr an den Hintern fasste… Nun, er wollte ihr simpel an den Hintern fassen, das hatte nichts mit Rache zu tun, aber momentan würde sie ihn abfangen, bevor er überhaupt rankommen könnte und genau das war so schade!
Katsu seufzte: „Gleich ist es Mittag, ich würde dich gerne richtig zum Essen einladen, aber ich habe momentan kaum Geld…“, begann er. Dann schlugen die Glocken die Mittagsstunde, Katsu konnte Uhrzeiten auf die Sekunde genau nennen, eventuell sogar auf noch kleiner, jedoch war das Aussprechen dann zu langsam. Sein Zeitgefühl war ziemlich genau: „Und wenn wir schon auf der Suche nach einem Dieb sind… vielleicht können wir etwas bei einem Stand aufgreifen?“ Er lächelte und bot wie ein Gentleman der Dame den Arm an.

Wieder in der Nähe von Claire und Neon… ein lauter Geschrei ertönte: „Ein Dieb!“ Es kam vom Inneren eines Badehauses, aber das Geschrei der Frauen war so schrill, dass man das Gefühl bekommen konnte, die ganze Stadt hätte es gehört.
Und man sah eine einzelne Person sich nicht dorthin umdrehen, sondern laufen. Konzentriert lief sie auf der Hauptstraße, es handelte sich um einen jungen Mann mit einer Adlernase und kurzen, blonden Stachelhaar!

Oh Gott… Dass Claire Erin keine Rückendeckung gab, war genauso ‚niederschlagend‘ wie ihre falsche Annahme. Katsu war ihr Hauptverdächtiger gewesen… und nun bot er ihr höflich den Arm an, nachdem sie sich von Claire und Neon getrennt hatten. Ob die beiden anderen überhaupt alleine klar kamen? Am liebsten hätte Erin sich ja dafür entschieden mit Claire mitzugehen, damit Katsu ihr nicht an die Wäsche ging. So wären zwei ‚hellere‘ Personen gut aufgeteilt, doch die Situation erforderte nun einmal, dass die Schwertkämpferin den guten alten Schürzenjäger im Visier behielt. Aber nun erst einmal zurück zum Angebot mit dem Einladen.
„Wie jetzt, Katsu? Du jagst den Damen hinterher und hast nicht einmal Geld, um eine von ihnen zum Essen auszuführen?“, fragte Erin ihn in einem betont ungläubigen Ton, während sie mit einem Hintergedanken seinen Arm entgegen jeder Erwartung annahm und sich einhakte. Ein schiefes, eher gezwungenes Lächeln – immerhin lachte Erin eben nicht viel – umspielte ihre Lippen, während sie Katsus Arm auf der anderen Seite so in Schach hielt, dass sie nicht irgendwo an ungewollte Stellen an ihrem Körper wanderten. Falls er mit seiner anderen Hand zulangen sollte, dann… Naja. Dann würde Erin sie eben wegschlagen. Und außerdem konnte er nicht wegrennen, wenn sie ihn so 'in ihrer Gewalt hatte'.
„Hm, gute Idee.“ Ja, das war tatsächlich eine gute Idee, denn wenn man irgendwo etwas aufschnappen wollte, wäre man auf Märkten und Wirtshäusern sicher gut bedient. Doch Erin hatte nicht wirklich Interesse an den verschiedenen Waren, die an den Ständen ausgelegt und dargeboten wurden. Schnellstmöglich wollte sie den Sittenstrolch fassen und ihm am liebsten den Gar ausmachen.
Nachdem Erin mit Katsu am Arm nahezu wortkarg herumgeschlendert war, fiel ihr Blick auf Kugelfisch-Lampions, die sie sowohl anziehend als auch irgendwie… seltsam fand. Ohne Katsus Meinung abzuwarten, zog sie diesen einfach mit zu dem ominösen Stand und blickte die fremdartigen Waren interessiert an. Nicht, dass die Schwertkämpferin tatsächlich Interesse gehabt hätte, es war nur… Wer bot denn bitte Kugelfisch-Lampions und Schrumpfköpfe an?
„Oh, ich sehe, die werte Dame hat Interesse an den Lampions? Die habe ich in einem Schiffswrack gefunden, garantiert echt, Mademoiselle!“ Erin ging auf die quäkige Stimme des Händlers erst einmal nicht ein, sondern ließ ihren Blick zunächst zu einem Wakizashi gleiten, ehe sie Anstalten machte, den Verkäufer anzublicken. Wortlos fixierte sie den kleinen, dicklichen Mann mit der Halbglatze, der sich exzessiv die Hände rieb und ziemlich rattig grinste. Sicher erweckte er vor allem mit seiner Hakennase bei niemandem in irgendeiner Weise Vertrauen, so auch nicht bei Erin. Als diese nicht auf ihn einging, glitt der Blick des Händlers weiter zu dem jungen Braunhaarigen an ihrem Arm und kaum hatte der zwielichtige Typ Katsu gesehen, schon rief er verwundert aus: „Mensch, ich glaub’s nicht! Bist du das Katsu? Und die nette Dame neben dir? Ist das deine Freundin? Ihr seht sehr vertraut aus!“ Daraufhin wanderte Erins ernster Blick zu Katsu und bedeutete ihm nichts anderes als: „Wehe, du sagst jetzt etwas Falsches.“

Ach herrje, sie aß nur sehr selten Eiscreme? Wie traurig war das denn bitte? Man konnte doch nicht auf eigenen Füßen stehen, wenn man selbst nie Eis essen konnte. Selbst Neon, der nun mittlerweile wirklich ein Musterbeispiel für Selbstständigkeit war, aß mindestens alle zwei Tage eins, weil er sonst anfing zu quengeln und zetern. „Claire, das ist ja schrecklich!“ Daran musste sofort etwas geändert werden! „Da drüben ist eine Eisdiele, wir gehen sofort dorthin und holen uns eins! Auf meine Rechnung!“ Neon war so unglaublich spendabel, erwartete aber nie irgendwelche Gegenleistungen. Ein Verhalten, was für die meisten Menschen, die im leben den Pfad des offensichtlich Guten beschritten hatten, wohl recht löblich ist, für alle anderen aber eher naiv und leicht auszunutzen. Neon dachte aber nicht daran, an sich etwas zu ändern, was für ihn selbstverständlich war. So dumm, dass er sich dadurch zu eindeutig schlimmen Taten hinreißen ließ, war er dann doch nicht, dachte er jedenfalls selbst, allerdings auch nur, weil er bei vielen schlimmen Dingen gar nicht wusste, was sie überhaupt bedeuteten. Wer ist eigentlich Bobo?! „Bobo? Der große, starke Mann vorhin, am Questboard, weißt du noch?“, erklärte er ihr, als er zwei vollgepackte Eistüten entgegennahm, den Mann bezahlte und Claire dann eine davon reichte. Da es leider die von ihr erwähnten Eissorten nicht gab – was war denn ein Soufflee? - musste Claire sich leider selbst etwas anderes aussuchen und Neons Versuch ihr eine Freude zu machen, ging ein wenig in die Hose.

Beim gemeinsamen Brainstormen darüber, was man nun eigentlich machen sollte, kam erstaunlich wenig bei raus. Neon wollte eigentlich wissen, was die Quest, auf der sie hier scheinbar waren, beinhaltete, da er mal wieder nicht aufgepasst hatte, aber scheinbar wusste auch Claire nicht so recht, was sie machen sollten, da sie ihm das leicht hilflos gestand. Mit hängenden Schultern stand sie nun da, weshalb Neon sich seiner Rolle als Tröster bewusst wurde. In einem Buch hatte er gelesen, dass Männer für Frauen da sein mussten und in schweren Zeiten immer Trost und Geborgenheit spenden mussten. „Ach Claire...“, fing Neon an und klopfte ihr sanft auf die Schulter, weil er höher einfach nicht kam, „ich hab doch auch keine Ahnung, was wir hier überhaupt machten.“ Doch Claire fing schon an, irgendetwas über Detektive und Fallen legen zu erzählen, was den Jungen absolut verwirrte. Neon setzte schon insgeheim zu seiner Siegespose an, da er der ruhmreiche Detektiv aus so vielen Fällen war, da schrie jedoch jemand in unmittelbarer Nähe: „Ein Dieb!“ Das war es nur verständlich, dass der kleine Junge sofort... weitermachte? Neon hatte den Schrei gar nicht mitbekommen, da er mit einem eingebildeten Lächeln und verständnislosem Kopfschütteln, wieso man ihn nicht früher nach seinem Spürnäschen gefragt hatte, in der Gegend herumstand. Jedoch riss Claire ihn schnell aus seinen verqueren Gedanken, als sie ihn auf eine Person bemerkbar machte, die nicht zum Tatort rannte, sondern einfach davon. „Claire! Hinterher! Wow, Claire, das hat sich gereimt. Los geht’s!“ Ihr Ziel war ein blonder Mann mit Stachelhaar, der scheinbar ziellos durch die Straßen rannte. Nun, verdächtiger konnte sich ein Mann ja kaum verhalten, der soeben scheinbar irgendetwas gestohlen hatte. Jedoch war das hier seine Stadt, dadurch dass er immer auf der Suche nach neuen Süßigkeitenläden war, kannte er schon recht viele Winkel und dieser Lausbub rannte direkt in den Zuckerdistrikt. Was für ein fataler Fehler. „Claire, der Kerl ist schnell, wir müssen ihn irgendwie einkreisen!“ Sie hatte sicherlich einen Plan!