Man musste schon sagen, dass Sylvana im ersten Moment nicht wirklich von Kabutos Worten überzeugt gewesen war. Wenn man sich denn vor Augen führte, dass der Käfermagier gerade ohne zu stottern seine Arme um ihren Körper gelegt hatte, lag es doch nicht fern, dass man gerade noch gefangen in einer Illusion war, welcher der realen Welt doch so unglaublich ähnlich war. Ja, die Dragonslayerin war ein wenig überrumpelt von Kabutos Handeln. Jetzt, wo er ihr so nah war, fühlte sich Sylvana ein wenig… hilflos, verwundbar. Irgendwas in diese Richtung. Und man konnte sagen was man wollte, ihr gefiel dieses Gefühl so überhaupt nicht. Vermutlich aus diesem Grund drehte sie sich auch instinktiv aus der leichten Umarmung des Käfermagiers und brachte einige Schritte zwischen sich und ihn. Sie wollte nicht böse oder herabblickend wirkend, jedoch war Sylvana mit dieser Situation ein klein wenig überfordert. Ihre Gehirnwindungen ratterten vor sich hin, suchten eilig nach einer Möglichkeit, die ihr unangenehme Situation zu entschärfen und irgendein Thema anzuschneiden, mit welchem dies möglich wäre. Dann, völlig unvermittelt, schoss es ihr durch den Kopf. Sie wollte doch noch Arawn, den Dorfschmied, besuchen und ihn um seinen persönlichen Rat bitten. Immerhin war sie sich nun völlig sicher, dass sie noch neben ihrer Magie etwas benötigte, womit sie sich verteidigen konnte. Und was war da wohl besser als eine scharfe Klinge?
„Komm Kabuto. Wir müssen noch Gwyneth und ihrem Vater einen Besuch abstatten“, sagte sie zum jungen Käfermagier, ohne ihn dabei anzusehen, ehe sie sich schließlich auch in Bewegung setzte.

Wie schon am Vortag erfüllte der Klang der Hammerschläge die Luft, als sie sich der Schmiede Arawns näherte. Der metronomartige Klang des Schmiedehammers, welcher mit jedem Schlag das glühende Eisen in seine Form schlug, hatte für die Dragonslayerin zugegebener Weise schon etwas Entspannendes. Anders als am gestrigen Tage war es jedoch, dass man zwischen den Hammerschlägen ein frohes Pfeifen vernehmen konnte, welches von den Lippen des Schmiedes stammte. Begleitet wurde es von einer süßen Gesangsstimme, welche Sylvana direkt Gwyneth zuordnen konnte. Aber es war nicht irgendein Gesang, wie sie feststellte, als sie die Schmiede schließlich erreicht hatte. Gwyneth wirkte Magie in das Schwert, welches auf dem Amboss lag. Zu gerne hätte Sylvana gewusst, was für Magie die Schmiedstochter benutzte und in das Eisen einwebte, aber scheinbar kamen sie gerade im richtigen Moment, ließ Gwyneth doch in genau diesem Moment die letzte Note aus ihrer Kehle weichen. Eine hell leuchtende Aura umgab das glühende Schwert, wickelte sich um es und hinterließ, als sie in den Stahl eingezogen war, die fertige Waffe. Sylvana fehlten die Worte, als sie erstaunt zu Gwyneth und Arawn starrte. Dieses Schauspiel war an Schönheit in den Augen der Dragonslayerin kaum zu übertreffen. Deswegen hatten Arawns Waffen also einen solch guten Ruf. Sie waren geschaffen im Zusammenspiel von Handwerkskunst und Magie…
„Wir haben schon gedacht, dass ihr uns schon verlassen habt.“ Lächelnd wischte sich Arawn den Schweiß von der Stirn, während Gwyneth das Schwert an sich nahm und Kabuto zu sich winkte. Man sah deutlich im Gesicht des Schmieds, wie überglücklich er war, seine Tochter wieder bei sich zu haben. Allein dieser Gesichtsausdruck war der Dragonslayerin die Mühe wert gewesen und ließ ihre Verletzung einen guten Nutzen bekommen.
„Kommst du bitte mit mir, Sylvana? Es gibt etwas, was ich dir überreichen möchte.“ Kurz zögerte sie, ehe sie Arawn folgte, welcher sie in den Nebenraum führte, in welchen sie am gestrigen Tage auf ihn gewartet hatte. Noch bevor sie den Raum betreten konnte, blieb der Schmied vor ihr stehen, schaute ihr ins Gesicht. „Verbinde dir bitte die Augen.“ Etwas verwundert nahm die Dragonslayerin die schwarze Binde in die Hände, legte sich nach einem weiteren Moment des Zögerns über ihre Augen und band sie sich hinter ihrem Kopf fest. Dann spürte sie, wie Arawn ihre Hand ergriff und sie vorsichtig zu sich zog. Sylvana folgte der Bewegung, ließ sich von ihm in den Raum führen, bis er stehenblieb.
„Strecke deine Arme aus.“ Sie tat wie geheißen, wartete gespannt, was darauf folgen sollte. Einige Zeit geschah nichts, sie hörte nur das Klicken eines Schlosses und wie ein Metallscharnier knarrte. Dann, einige Sekunden später, spürte sie, wie etwas in ihre Hände gelegt wurde. Instinktiv umschlossen ihre Hände den Gegenstand. In ihrer rechten Hand spürte sie weiche Seide, welche sich an ihre Hand anschmiegte, während sie in ihrer linken Hand etwas Hartes spürte, was sie nicht so recht einordnen konnte.
„Kind des Donners… Du bist würdig mich, Black Lightning, zu führen…“ Ein eiskalter Schauer fuhr durch Sylvanas Körper, als sie spürte, wie ihre Magie in ihrem Inneren zu pulsieren begann, im Einklang mit dem Gegenstand, welchen sie in ihren Händen hält. Es war ein eigenartiges Gefühl, aber nicht unangenehm. Sie wusste nicht, was es war, aber diese Stimme fühlte sich vertraut an.
„Wie ich es mir gedacht habe…“ Sylvana vernahm Arawns Stimme hinter sich, als plötzlich die Augenbinde von ihren Augen genommen wurde und sie sah, was in ihren Händen lag. „Das Schwert sucht sich seinen Meister aus. Als ich gestern gesehen habe, wie du dieses Katana angeschaut hattest, habe ich schon geahnt, dass es dich gewählt hat. Jetzt wissen wir es.“
Erstaunt blickte Sylvana auf die schwarze Schwertscheide, welche sie in ihrer Hand hielt. Es war wirklich die des Katanas, welches sie gestern in seinen Bann gezogen hatte.
„Aber… Ich weiß weder, wie man mit einem Schwert umgehen kann, noch kann ich ein solches Meisterwerk überhaupt bezahlen…“
Lächelnd legte Arawn seine Hand auf die Schulter der Dragonslayerin. „Das ist mein Dankeschön, dass ihr meine Tochter gerettet habt. Und was den Umgang angeht… Ich bin mir sicher, dass in dir das Talent für eine gute Schwertkämpferin ruht. Sonst hätte dich dieses Katana nicht ausgewählt. Aber warum ziehst du es nicht?“
Von Arawn schwenkte ihr Blick wieder auf das Schwert. Ihr neues Schwert. Eigentlich wusste Sylvana nicht, ob sie dieses Geschenk überhaupt annehmen durfte. Aber war es nicht sogar schlimmer es abzulehnen? Jetzt, wo es sich, wie Arawn sagte, sie als Herrin ausgesucht hatte? Tief atmete Sylvana ein, ehe sie ganz langsam das Schwert aus seiner Scheide befreite, Zentimeter um Zentimeter. Der schwarze Stahl reflektierte das Sonnenlicht, welches durch das Fenster in den Raum schien. Ruhig begutachtete sie die schwarze Klinge vor ihren Augen, drehte sie langsam, um sie aus jedem Blickwinkel beobachten zu können. Nein, sie konnte dieses Geschenk einfach nicht ablehnen! Ein schwarzes Katana, leicht, schnell und genauso tödlich. Es passte einfach perfekt.
„Black Lightning…“, flüsterte die Dragonslayerin, ehe sie behutsam das Schwert wieder in seiner Scheide verschwinden ließ. Diese Quest war das Beste, was ihr in den letzten Monaten passiert ist. Und sie wusste schon jetzt, dass das gelöste Rätsel um die Sirene von Nanto ihr nicht mehr so schnell aus dem Kopf gehen würde.


~Questende~[/size]
[size=85]//Off: Du kannst noch einen Abschlusspost für Kabuto setzen :3

In der Schmiede war es... so richtig heiß. Schon in dem Moment, in dem Kabuto durch die Tür trat, schlug ihm eine Hitzewelle entgegen und er spürte, wie der Schweiß ausbrechen wollte. Er konzentrierte sich allerdings darauf, stark zu sein und den Temperaturen keine große Beachtung zu schenken, weshalb ihm relativ schnell der Gesang in die Ohren stieg. Was für eine schöne Stimme, die da so melodisch die verschiedenen Noten aneinander reihte, dass es schon fast magisch klang! Allerdings... Sylvanas Stimme ist viel schöner. Gemeinsam traten die beiden näher und wurden dann auch schnell von Gwyneth und ihrem Vater begrüßt, die wirklich wie die Gastfreundschaft in Person wirkten. Die junge Frau winkte Kabuto zu sich, und verwundert folgte er ihr; was würde sie denn von ihm wollen? Vielleicht wollte ihr Vater auch einfach mit Sylvana sprechen, deswegen lockte sie den Jungen weg... ja, das war plausibel. Aber er würde sich nicht dagegen wehren, die beiden waren so nett zu ihnen, da konnte er auch einfach mal tun, was sie von ihm wollten.
Erst, als er mit Gwyneth allein war, fiel ihm auf, dass sie ja noch immer das frisch geschmiedete Schwert in Händen hielt. Auch sah er erst jetzt, dass die Form ziemlich... außergewöhnlich war. Anstatt dass die Klinge sich vom Griff aus gerade erstreckte, wie man es von einem Schwert erwarten wurde, war sie, wie sollte man das sagen, gewundener... Es war wie eine Schlangenlinie, wie ein verlängertes Tildezeichen. Sie wandte sich hin und her, um am Ende spitz zuzulaufen, und zog dabei einen hypnotischen Glanz mit sich... wo hatte er das Ganze nur schon einmal gesehen? Es kam ihm so bekannt vor, so persönlich, so nah, aber woher konnte es stammen? Das Schwert war gerade erst geschmiedet worden, es konnte gar nicht sein, dass er es je zuvor gesehen hatte. Warum nur war es ihm so vertraut...? „Hihi, du müsstest deinen Gesichtsausdruck sehen“, kicherte Gwyneth und hielt ihm das Meisterwerk der Schmiedekunst entgegen. „Das hier ist für dich, ein kleines Dankeschön. Ich wusste, dass es dir gefallen würde... dieser Anhänger hat dich ja unglaublich fasziniert.“ Anhänger...? Ach ja! Automatisch legte sich Kabutos rechte Hand über die kleine Tasche an seiner Brust, in der sich sein Glücksbringer wie immer befand. Natürlich, er hätte Dancing Blade gleich erkennen müssen! Aber diese Größe war einfach völlig ungewohnt, da war es kein Wunder, dass der erste Blick nicht alles offenbarte. „Ich weiß, dass dein Anhänger dafür steht, deine Gilde und deine Freunde zu schützen, und dass du niemanden einfach so verletzen willst... diese Klinge ist so angelegt, dass du niemanden unbeabsichtigt schneiden wirst, sie ist nicht allzu scharf. Wenn du jemanden beschützen musst, dann musst du die entsprechende Kraft einsetzen, und am besten Stichangriffe, die Spitze ist absolut perfekt und, wenn es sein muss, tödlich. Aber mit dem Rest wirst du niemanden unbeabsichtigt verletzen können... Das passt am besten zu dir, glaube ich.“ Sie hatte Recht... genau so etwas passte zu ihm. Etwas, mit dem er beschützen konnte, aber niemandem Schmerzen zufügen würde, bei dem es nicht zwingend notwendig war... Ja, es war perfekt! V-Vielen Dank!, rief er aufgeregt und nahm das Schwert entgegen. U-und das gebt ihr mir einfach so, w-wirklich? D-Danke! Jetzt, wo es in seinen Händen lag, konnte er es noch besser begutachten. Dieser unschuldige Glanz, der sich über die Form schlängelte... wenn er jetzt auf diese Quest zurücksah, spiegelte sich alles in der Klinge wieder. Aber es war, als würde sie sich mit ihrer Schlangenform um alles Negative herumbewegen, nur das Gute in sich sammeln... So sah er seine Momente mit Sylvana, die Momente, in denen sie die Verschollenen gefunden hatten, und natürlich die glücklichen Wiedervereinigungen, denen sie hatten beiwohnen dürfen. Irgendwie war diese Quest ganz besonders gewesen, auf ihre Art... und das große Dancing Blade würde ihn für immer daran erinnern.