Yuuki rüttelte und rüttelte, doch das Mädchen wollte nicht aufwachen. Verdammter Mist, wie hatte er es nur so weit kommen lassen. Das konnte doch alles nicht wahr sein. Beinahe hätte er vor Selbstschuld und Zorn aufgeheult, doch zum Glück hielt er sich zurück. Nicht auszudenken, was Aurora – die in diesem Augenblick übrigens aufwachte und sich nach seinem Wohlbefinden erkundigte – wohl gedacht hätte. "Ja klar, mir geht es gut. Ist nur ein kleiner Kratzer.", log er sie lächelnd an. In Wirklichkeit konnte er kaum noch aufrecht stehen oder gar sehen, so sehr war seine Sicht mittlerweile verschwommen. Das Nervigste an der ganzen Sache war zudem, dass sein Blick manchmal wieder genauer und schärfer wurde, doch immer wieder zurück zu dem verschwommenen Zustand zurückkehrte. Auch sein Körper war nicht in einer sonderlich guten Verfassung: Seine Knie zitterten und es kostete ihn all seine Mühe, aufrecht stehen zu bleiben. Zudem schmerzten seine ganzen Knochen von dem Aufprall, von dem pochenden Schmerz in seinem Kopf mal ganz abgesehen. Ja, wie liebend gern er sich jetzt hingesetzt und erleichtert durchgeatmet hätte über den Fakt, dass es seiner Partnerin doch noch gut ging. In diesem Moment gab Velcan seinem Leibwächter oder seiner persönlichen Kampfmaschine den Befehl, sich der beiden jungen Magier zu entledigen, sodass dieser langsam auf sie zuschritt. Das konnte doch nicht wirklich sein, wie sollten sie nur gegen so jemanden bestehen können? Auroras Vergleich über den Lich war übrigens ziemlich zutreffend, und hätte der Grynder ihre Gedanken lesen können, so hätte er dem zugestimmt. Wer war diese unheimlich mächtige Person vor ihnen? Wie konnte man nur über solch eine unmenschliche Macht verfügen. Selbst für einen Magier waren seine Kräfte schier enorm, so etwas hatte er bisher selten erlebt und gesehen.
Doch es sollte nicht ganz so kommen, wie es erwartet wurde. Vor allem für Velcan stellte sich das folgende Überraschung als eine ziemliche Überraschung heraus, die ihn im wahrsten Sinne des Wortes zu Boden gehen ließ. Nachdem man die Stimme des kleinen Hologramms verhört hatte, konnte man sehen, wie die weiß gekleidete Person ihren Arm in die Höhe hob und diesen augenblicklich heruntersausen ließ. Auf das Schlimmste gefasst schloss Yuuki die Augen, um nicht zu sehen, wie Aurora von dem Eis, welches mittlerweile auf sie zufliegen musste, durchstochen wurde. Kurz darauf ertönten ein knirschendes Geräusch und ein Aufkeuchen, doch es war weiter weg, als gedacht. Langsam und vorsichtig öffnete der Rotschopf erst ein Auge, dann das Andere, nur um zu sehen, wie Velcan von einem großen Eisspeer durchbohrt am Boden lag und sein Leben ausblutete. Dementsprechend starrte er seinen Angreifer gleichzeitig entsetzt und überrascht, aber vor allem verständnislos an. Was wurde hier gespielt? Diese Frage wurde wohl von allen Anwesenden gleichzeitig gedacht, die so eine Tat niemals erwartet hatten. "W-warum?" Velcans Stimme klang schwach und zittrig, er musste kurz vor dem Tod sein. Gemächlich schlenderte der Verräter auf ihn zu und legte den Kopf schief, während er den am Boden liegenden Mann betrachtete. "Das war das Zeichen.", verkündete die weiß gekleidete Person neutral und sachlich. "Wir haben uns all dein Vermögen und all deine Kontakte unter den Nagel gerissen. Du warst uns sehr nützlich, Mensch, doch nun brauchen wir dich nicht mehr. Doch sei gewiss, du hast einen großen Beitrag zur Erfüllung unserer Pläne beigetragen. Du kannst stolz auf dich sein..", sagte die Person noch, während sie einen Fuß hob und diesen mit solch einer Wucht auf den Boden heruntersausen ließ, dass der Steinboden darunter zertrümmert wurde. Allein von dieser Szene wurde Yuuki so schlecht, dass er sich beinahe übergeben musste. Doch wie es nun mal so war, kam alles Unglück auf einmal, was man an einem lauten Beben und Rauschen vernehmen konnte. Bedeutet das etwa ... ? In der Tat, ehe Yuuki seinen Gedankengang vollenden konnte, wurde das Rauschen immer lauter und gewaltige Wassermassen ergossen sich in die Höhle. Sie waren verloren!
Doch was tat der Unbekannte da? Die Nackenhaare des Grynders richteten sich auf, als er die gewaltige Menge an magischer Energie wahrnahm, die diese Person in ihrer Hand konzentrierte. Das schloss er, weil diese angefangen hatte, weiß aufzuleuchten. Dann geschah alles ganz schnell: Der Unbekannte murmelte etwas und schoss kurz darauf einen Strahl in die Wassermassen, was zu einem grellen Aufleuchten führte, weshalb er die Augen schloss. Mit einem Mal war ihm unheimlich kalt, und als er die Augen erneut öffnete, war die ganze Höhle schneeweiß. Es war so verdammt kalt, dass er seinen eigenen Atem sehen konnte, zudem das Blut an seiner Haut gefroren war. Von den Wassermassen ganz zu schweigen. Einfach nur unglaublich, was der Grund dafür war, warum dem jungen Magier aus Lamia Scale lediglich der Mund aufklappte.

Gäbe es Neonschilder, die auf den Stirnen der Menschen eingepflanzt waren, um ihre Emotionen auszudrücken, würde Auroras Kopf nun von einem grellroten "WTF" dominiert werden, da sie rein gar nichts mehr verstand. Wie konnte es sein, dass sich das Blatt nach einigen Sekunden so um hundertachtzig Grad wandte? Erst wurden sie von dem mysteriösen Leibwächter Velcans vollkommen in die Tonne gekloppt, dann brachte genau dieser seinen Herrn um? Was zur Hölle...? Zudem fiel ihr wie schon zuvor auf, wie verteufelt stark dieser Magier war - dass er die beiden Lamia Scale Magier hatte besiegen können war da kein Wunder, schließlich waren sie beide noch jung und recht unerfahren, zudem war Aurora gezwungen, in einer Höhle zu kämpfen, ihrem eigenen Horrorszenario. Aber das, was er nach der Ermorrdnung Velcans getan hatte, war nun wirklich... beinahe unmöglich. Hatte er etwa... das Meer eingefroren?!
Die beiden Magier hatten mit Herrn Derov recht zügig die Beine in die Hand genommen und waren durch einen Tunnel im Eis wieder an die Oberfläche gelangt, nachdem der Magier in dem weißen Gewand sich einfach herumgedreht hatte und im Inneren der Höhle verschwunden war. Das was sie dort oben erwartet hatte, war allerdings... beunruhigend gewesen. Dieser Kerl hatte einfach mal gut fünf Meter Wasser um die Insel eingefroren! Was konnte das nur sein? Vielleicht war er ja der Dragonslayer des Eises, denn das war ihres Wissens der stärkstmögliche Eismagier. Aber... hatte sie nicht mal gehört, dieser würde in Fairy Tail residieren? Stand die sogar nichtmal kurz in der Zeitung oder so? Wie konnte das... das war ein Mann gewesen und er hatte das Meer eingefroren, verdammt! Aber die Sorge um diese Tatsache war momentan nur weniger wichtig, da das Mädchen hörbar aufatmete, sobald sie keine Wände mehr über dem Kopf hatte. FREIHEIT! schrie es in ihrem Kopf und am liebsten hätte sie den Himmel mit seinen schwarzen Sturmwolken umarmt. Diese wiederum waren eigentlich wirklich gefährlich, denn das Schiff des Alten steckte natürlich im Eis fest, während der Sturm näher kam. Man konnte schon das Grollen hören und es schien nicht gerade das ihres leeren Magens zu sein. Und was nun?
"Ähm... Yuuki? Irgendeinen guten Plan, wie wir hier wieder weg kommen?" Was denn nun dieser Magier gewesen war, war zweitrangig, hier ging es um ihr nacktes Überleben!

Anstatt sich um die geschwächten und verletzten jungen Magier zu kümmern und sie mühelos auszuschalten – etwas anderes von den Fähigkeiten und dem Können ihres übermächtigen Gegners zu denken wäre schwachsinnig gewesen –, betrachtete er sie wieder kurz, ehe er ins Innere der Höhle verschwand. Irgendwie fühlte sich der Grynder ziemlihc gedemütigt. Waren sie so schwach, dass sie nicht mal mehr seiner Aufmerksamkeit wert waren? Dennoch, er sollte lieber zufrieden sein über den Fakt, dass er überhaupt noch am Leben war, insbesondere wenn man solch eine Art Gegner vor sich hatte. Wie mühelos er gegen sie gewonnen, Velcan getötet und diese ganzen Wassermassen gefroren hatte. Besonders Letzteres sollte sich als wirklich unglaubliche Tat herausstellen, wie die Gruppe wohl bald herausfinden sollte. Das Einzige, was Yuuki nicht wirklich verstand, war der Fakt, dass ihr Gegner nicht die Höhle verlassen, sondern stattdessen tiefer ins Innere der Höhle gegangen war. Warum war er nicht vor dem Sturm geflohen, als sich ihm die Möglichkeit dazu erwiesen wurde? Naja egal, dachte er und verscheuchte all diese unnötigen Gedanken, die ihn in diesem Moment lediglich ablenkten. Der Rotschopf musste sich selbst und seine Freunde erst einmal in Sicherheit bringen, danach konnte man über diese ganzen Fragen brüten. Nur jemand sehr Tapferes – oder Dummes, je nachdem, wie man es sah – wäre dieser ominösen Person weiter gefolgt, um herauszufinden, was sie da trieb. Also nahmen sie so schnell sie konnten ihre Beine in die Hand und rannten nach oben, wobei man Rennen nicht wirklich sagen konnte. Der eine hatte sich eine Erkältung zugezogen, war kurz vorm Dehydrieren und hatte tagelang in dieser Höhle verbracht. Da hätte man genauso gut einem Troll ein Kleid überziehen können und dessen Gehopse Tanzen nennen, so viel Ähnlichkeit hatte diese schnelle Bewegung mit dem allgemein bekannten Begriff Rennen. Als Nächstes kam der stark wankende Yuuki, dessen rechte Gesichtshälfte völlig mit getrocknetem Blut überzogen war. Aufgrund eben jenes Aufpralls an der Wand, bei der er sich ganz bestimmt sogar eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte, war er nicht ganz bei Sinnen. Und als Letztes hatten wir noch die – zugegeben fitteste der ganzen Gruppe – unter einer Engeangst leidende Aurora, die wohl um ihr Leben hetzte, einzig und allein um aus dieser beklemmenden Höhle zu raus zu kommen. Dort endlich angekommen bot sich den lädierten Helden ein wirklich unglaubliches Schauspiel: Die ganze Insel sowie das Meer einige Meter im Umkreis waren komplett zugefroren! War dies wirklich das Ergebnis eines Zaubers? Da hatten sie ja noch mal richtig Glück gehabt, dass sie sprichwörtlich mit einem blauen Auge davon gekommen waren. Im Gegensatz dazu schien sie ihr Glück langsam zu verlassen, denn das Eis hatte den alten Evans wohl ganz schön überrascht, wenn man nun bedachte, dass sein Schiff ebenfalls festgefroren war. Und es gab keinerlei Möglichkeit, sich der meterdicken Eisschicht zu entledigen. Konnte das denn wirklich sein? Sie waren erfolgreich aus dieser Höhle des Grauens entkommen, nur um festzustellen, dass ihnen jegliche Fluchtmöglichkeit verwehrt blieb? Eine grausame Fügung des Schicksals. "Heeeeey, was war das denn? Mein Schiff war plötzlich festgefroren, was wollen wir jetzt machen?" Das war in der Tat der alte Seebär, der nun humpelnd auf sie zukam. Beim Anblick Dervos bekam er ganz große Augen und trat einen Schritt vor, um seinen nun geretteten Freund zu umarmen. "Dass ich dich noch mal wieder sehe. Deine Frau wird vor Glück keine Worte finden." Bei der Bemerkung von Derovs Frau wurden auch dessen Augen ganz groß, man konnte praktisch in seinem Gesicht lesen, wie sehr es ihm danach verlangte, seine Liebste fest in die Arme zu schließen. Nur leider hatten sie immer noch ein kleines Problemchen, was sich festgefrorenes Schiff nannte. "Gibt es denn für uns sonst keine Möglichkeit, von dieser Insel zu kommen?", fragte der Rotschopf keuchend, lange würde er wirklich nicht mehr durchhalten. "Hmm.", ertönte es von Evans, während er sich mit einer Hand den Bart am Kinn rieb und mit der anderen noch mal genüsslich an seiner Pfeife zog. "Ich habe ein kleines Ruderboot, in das wir vier gerade noch so reinpassen könnten. Doch wir werden niemals schnell genug sein, immerhin bin ich ein alter Mann, Derov hier scheint total erschöpft zu sein, du siehst auch nicht viel besser aus und die Letzte ist eine Frau." Apropos Frau, Aurora müsste doch in der Tat genügend Kraft haben, oder etwa nicht?, schoss es ihm durch den Kopf, während er die Ilia betrachtete. Sie war ihre einzige Rettungsmöglichkeit.

Am liebsten wäre Aurora herumgetänzelt, hätte Yuuki, den alten Hafenmeister und sogar den stinkenden, durchgeschwitzten und vollkommen verdreckten Kyle Derov umarmt, so sehr machte ihr Herz Freudensprünge, als sie endlich unter freiem Himmel war. Keine Wände, die im Sekundentakt drohten, sie unter ihnen zu begraben, keine undurchlässige Decke, die ihr den Blick zum Himmel verwehrte, keine Angst mehr... sie fühlte sich so viel leichter, was allerdings auch daran liegen könnte, dass sie ihren Panzer wieder hatte verschwinden lassen und nun nur noch in einem Wintermantel darstand, den sie ihrem recht knappen Outfit vorgezogen hatte. Seien wir ehrlich, es schneite dank der Kälte des Eises schon fast, zudem es extrem windig geworden war, da der Sturm unaufhaltsam näher rückte. Da sie zudem nicht die Intention hatte, mit einer Lungenentzündung aus der ganzen Sache zu gehen, kam ein Mantel da gerade recht. Welch ein Glück aber auch, dass ihre Magie ihr dieses Kleidungstauschen erlaubte...
Sie hörte kaum zu, als die anderen redeten, da sie viel zu beschäftigt mit der neuen, schöneren Umgebung war, auch wenn sie nicht ganz sicher war, inwiefern sie besser als die vorherige war. Die Sturmfront war inzwischen bedrohlich nahe gekommen und so langsam sollten sie sich vielleicht wirklich überlegen, wie sie hier wegkommen würden, da diese Insel wahrscheinlich komplett übreflutet werden würde. Zumindest hatten die Ablagerungen an Schlick und Seetang eben das assoziiert und Aurora hatte gerade nicht so das Bedürfnis, im sicherlich eiskalten Wasser zu baden. Da kam das Ruderboot des Hafenmeisters doch eigentlich gerade recht, fand sie und ob sie bis ans Festland kommen würden... bestimmt! Sie hörte die Worte des Hafenmeisters nur mit halbem Ohr, aber dass er ihre Beteiligung ausschlug, nur weil sie ein Mädchen war, bekam sie allerdings komplett mit. Sie legte nur den Kopf schief, blickte den Hafenmeister ganz sachlich an und erklärte: "Wenn das so ist, sollten wir uns vielleicht in besagtes Boot begeben, ob wir bis zum Festland kommen, weiß ich nicht, aber nahe dran allemal." Und bevor man etwas auf ihre Aussage erwidern konnte, kletterte sie auf das festgefrorene Schiff und machte das Ruderboot los, das mit einem dumpfen Aufprall auf dem Eis aufkam, ehe sie ebenso hinunter sprang und es bis ins Wasser schob. Sofort sprang sie hinein und setzte sich an die Ruderbank. Vielleicht konnte sie ja so ihr Versagen in der Höhle wett machen. "Alles einsteigen, bitte!"

Das lief ja immer besser hier. Aurora dachte nicht nur mit, sondern geradezu voraus, denn sie stieg aufs festgefrorene Boot und hievte ganz alleine das kleine Rettungsboot herunter, welches anschließend im Wasser landete. Den alten Evans mussten sie praktisch zwingen mitzukommen, weil er sein liebstes Schiff nicht im Stich lassen und lieber mit ihr untergehen wollte, als sie zu verlassen. Als die nächste Welle kam und mit voller Wucht auf die Insel traf, schien er es sich doch noch anders zu überlegen und gab nach. Kurz darauf stiegen sie alle ins Boot und begannen wir verrückt zu rudern, wobei Aurora auf der einen Seite ruderte, während die der Männer – na gut, einer war noch ein Teenager, einer war ein alter Mann und einer war völlig erschöpft – auf der anderen Seite ruderten. Irgendwie peinlich, nicht wahr? Doch Männlichkeit und Stolz zählten nicht, wenn das nackte Überleben auf dem Spiel stand, wie es nun bei ihnen der Fall war. Den mächtigen Sturm im Rücken, dessen Auswirkungen ganz schön hohe Wellen hervorriefen, unter denen auch das Boot leiden musste, ruderten die Insassen, was das Zeug hielt. Die Frage war nur, wie lange sie durchhielten. Verfügten sie überhaupt über ausreichend Kraft, es bis zum Hafen Hargeon Towns zu schaffen? Yuuki war kein Pessimist, doch aufgrund seines momentanen Zustandes, indem er kaum richtig sehen konnte und sich sein Kopf die ganze Zeit drehte, fing er langsam an, es zu bezweifeln. Das Meer war ziemlich unruhig und für jede zwei Meter, die sie in Richtung Sicherheit schwammen, wurden sie einen Meter dank der starken Strömung wieder zurückgeworfen. Bei einer Welle hatte der Grynder das Gefühl, dass ihr Boot kentern würde, so stark wirkten sich die Kräfte des Wassers auf sie aus. Nun waren sie völlig durchnässt und erfroren, denn es herrschte ein kalter Wind und die Kleidung des jungen Magiers klebte an seiner Haut. Doch nichtsdestotrotz ruderte er zähneklappernd weiter, wenn er jetzt aufgab, so waren sie alle verloren. Es wäre schlicht und einfach egoistisch gewesen, aufzugeben und all die anderen mit sich in den Abgrund zu reißen, so tief würde er nicht sinken. Aus diesem Grund setzte er all seine verbliebenen Kräfte ein und ruderte, was das Zeug hielt. Und entgegen aller Wahrscheinlichkeit schafften sie es auch! Der Hafen kam immer näher, und es gab lediglich eine einzige Person, die auf sie zu warten schien. Derovs Frau war anscheinend wieder an ihren üblichen Platz gekommen, um aufs Meer hinauszuschauen, wobei ihre Kleidung aufgrund des starken Regens völlig durchnässt war und an ihrer Haut klebten. Sie schien das kleine Ruderboot gar nicht wahrzunehmen, ehe sie schließlich nah genug waren, um ihre zarten und vor allem nassen Gesichtszüge zu sehen. Der Regen schien wohl sehr gelegen zu kommen, denn er vermischte sich mit ihren salzigen Tränen und verbarg auf diese Art und Weise den Fakt, dass sie völlig aufgelöst im Regen heulte. Yuuki hatte das Gefühl, dass sie nicht plante, Schutz in einem gesicherten Haus zu nehmen, sollte ihr Ehemann nicht wieder auftauchen, so würde sie sich dem Meer hingeben. Langsam schien sie das Boot wahrzunehmen und wandte ihr Gesicht diesem zu, ehe sich ihr Gesichtsausdruck schlagartig veränderte und ihr der Mund aufklappte. Ihre Augen wurden ganz groß und sogleich schlug sie sich die Hand auf den Mund, doch diese Starre sollte nicht lange andauern. Mit einem Schrei nahm sie ihre Füße in die Hand und sprang ins Wasser und bewegte sich ungeschickt auf das immer näher kommende Boot zu, indem sich ihr geliebter Ehemann befand. Und auch Kyle konnte keiner mehr aufhalten, der sich ungefähr genauso geschickt ins Wasser begab und die wenigen Meter zu seiner Frau in Rekordzeit hinter sich brachte. In diesem Augenblick folgte ein tränenreiches Wiedersehen, was den jungen Grynder etwas grinsen ließ. Es gab sie also doch noch, die guten Dinge im Leben. Nicht jeder musste unbedingt Pech im Leben haben. Und irgendwie fühlte er sich befriedigt und glücklich darüber, dass er solch einem Paar hatte helfen können. Mit allerletzter Kraft schafften sie es noch an Land, wo sie von einigen Wachen der Stadt ausgeschimpft und für verrückt erklärt wurden, ehe sie zusammen mit den Derovs und dem alten Evans in ein gesichertes Gebäude gebracht wurden, indem sie behandelt wurden und Schutz vor dem Sturm hatten.

Das Meer ergoss sich an diesem Abend über die Insel und löschte – wie schon so oft geschehen – alle Beweise dieses grauenvollen und perversen Spiels aus, welches Velcan mit armen Leuten gespielt hatte. An diesem Abend verschwanden auch mehrere berühmte Leute aus Fiore, die sich zu dem Zeitpunkt des Sturms nach Angaben der Behörden auf ihrer privaten Jacht in der See vor Hargeon Town befunden hatten.