cf: Straßen Hargeon Towns

Mittlerweile befanden sie sich auf der Insel, auf der sie einige Minuten zuvor einen guten Ausblick bekommen hatten. Der alte Evans hatte die Insel zunächst einmal umkreisen müssen, um einen passenden Liegeplatz für sein Schiff zu finden. Im Grunde genommen schien die Insel das zu sein, als was sie jeder kannte: Eine mittelgroße Insel, welche über und über mit Ruinen durchsetzt war. Und hier musste sich irgendwo der verschleppte Kyle Derov aufhalten? Na hoffentlich würden sie ihn bald finden, sonst würde der Sturm komplett über sie einbrechen und dies schien nicht wirklich der Ort zu sein, an dem der junge Grynder zu sterben gewillt war. Was ihn jedoch mehr als alles andere beschäftigte, waren mehrere leere Boote gewesen, die ebenfalls an der Insel anlagen. Das bedeutete vor allem, dass sie mit einer Menge Ärger zu rechnen hatten, wenn sie die Entführer nicht entschlossen, Derov kampflos wieder rauszurücken.
Derweil hatte es dermaßen zu schütten begonnen, dass seine ganzen Sachen klitschnass geworden wären, hätte er sich nicht kurzerhand seinen Regenmantel übergeworfen. Doch trotzdem fühlte er sich feucht und kalt, das war nicht unbedingt das Traumwetter für den jungen Mann. Schnell waren sie von Bord gegangen, während der alte Seebär ihnen etwas hinterhergerufen hatte. "Ich gebe euch maximal zwei Stunden, dann bin ich hier weg. Und dann wollt ihr auch nicht hier sein, denn dann wird das Meer über euch einbrechen." Klar, beruhigende Worte, die den Druck auf die beiden Magier linderten. Warum denn auch nicht? Stattdessen wurde ihnen klipp und klar gesagt, dass sie, sollten sie sich verspäten, so gut wie tot waren. Was für eine elendige Quest, hätte er sie doch bloß nicht angenommen oder wäre er lieber früher los gegangen, dann würden sie jetzt nicht in diesem Schlamassel stecken. "Alles klar!", brüllte er zurück, doch bezweifelte Yuuki, dass der Seefahrer dies aufgrund des grollenden Donners mitbekam. Sie hatten keine Zeit zu verlieren, weshalb er sich an Aurora wandte, um ihr kurz etwas mitzuteilen. "Hier muss es bestimmt so etwas wie einen Eingang geben, da ich vorhin nichts an der Oberfläche gesehen habe. Teilen wir uns auf und suchen getrennt danach, dann sollten wir schneller sein." Und damit war er auf und davon und begab sich in die vielen Ruinen, die ihm wenigstens dann und wann mal Schutz vor dem Sturm boten. Ziemlich verwüstet alles, ob das hier wohl auf das Konto des letzten Krieges ging? Was aber viel wichtiger für die beiden jungen Magier war, gab es vielleicht auf der Insel irgendwelche gefährlichen Tiere?

Ach, Yuuki kannte die wahre Aurora ja auch nicht wirklich. Selbst vor ihrem besten Freund spielte sie schließlich ihre Farce weiter, auch wenn sie sie ein wenig gelockert hatte. Vor vollkommen Fremden und solchen aus ihrer Gilde war sie nämlich die freundliche, liebe Aurora, die nichts lieber tat, als ihrer Pflicht nachzugehen und anderen zu helfen. Die Konflikte am liebsten mit reden löste und die so gut es ging auf Gewalt verzichtete. Dabei hatte sie manchmal eindeutig das Bedürfnis, einfach mal zuzuschlagen und den Menschen, die ihr auf die Nerven gingen, die Fresse zu polieren! Das mochte nun hart ausgedrückt klingen, aber so war es nun einmal. Sie hatte von ihrem Vater zwar gelernt, wie man sich freundlich gab, aber ansonsten hatte sie vor allem immer kämpfen gemusst, was wohl auch einer der Gründe war, warum sie reine Magie nicht besonders mochte. Sie blieb lieber bei körperbetonten unterstützenden Magien oder so etwas wie Kampfsport - und natürlich schönen schwarfen Waffen. Sie atte einfach eine Vorliebe für diese entwickelt und ebenso für das, was man damit mit seinen Feinden anstellen konnte... aber von all dem wusste Yuuki wohl nur knapp die Hälfte. Besser für ihn, ansonsten hätte sie sich noch darüber Gedanken machen müssen, was sie mit ihm anstellte...
Endlich waren sie auf der Insel angekommen und stiegen aus dem Boot aus. Nicht, dass es ihr nicht gefallen hatte, schließlich war das Ding nicht überdacht gewesen und somit alles kein Problem, aber die See war nicht gerade ruhig gewesen und obwohl sie eigentlich recht seefest war, so war sie einfach nur froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Allerdings zeigte sie das nicht, Seekrankheit war etwas für Schwächlinge. Sie hatten also nur zwei Stunden Zeit? Alles klar, das würde sich doch bestimmt erledigen lassen. Und wenn nicht würden sie wohl hier draußen ersaufen. Die beiden trennten sich und das Mädchen lief gen Westen, da sie keine Lust hatte, sich in den Ruinen umzugucken - was würde denn passieren, wenn sie über ihr einstürzten?! Er hatte Recht, an der Oberfläche würde sich Herr Derov wohl kaum befinden, also musste es so eine Art Geheimeingang geben. Wie in einem Roman, fand sie, ein Hauch von Spannung und Abenteuer. Nach links geblickt und nichts gesehen, nach rechts, auch nichts. Mmh... aber eigentlich sollte hier... Zack! Sie konnte gar nicht so schnell gucken, wie sie plötzlich an einem Bein in die Höhe gerissen wurde. Na prima. Da war irgendwo eine Falle und wer tappte sofort rein...? Aber immerhin war dieses Ding mehr provisorisch als alles andere, sodass sie nicht lange fackelte, sondern sich einfach hochbog und das Seil zerschnitt. Worauf sie zwar unsanft auf dem Boden aufkam - Autsch - aber immerhin frei war. Allerdings... wenn es hier eine Falle gab, dann war die Wahrscheinlichkeit, dass hier irgendwo der EIngang war, nicht weit, oder?
"Yuuki, ich glaube, ich habe unseren Eingang gefunden!", rief sie deswegen so laut sie konnte, in der Hoffnung, dass das Rothaar sie hören würde. Apropos...wenn sie nun nach unten gehen würden... musste sie dann etwa mitkommen?!

Yuuki lief währenddessen weiter durch die ganzen Ruinen umher, die einst stolze Gebäude gewesen sein mussten, während er mit den Händen über das alte und gebrochene Gestein strich. Manchen Ruinen und Trümmern konnte man praktisch auf den ersten Blick ansehen, dass es sich hierbei einst um ein großes Bauwerk gehandelt haben musste. Andere waren viel zu klein, unbedeutend oder zerstört, als dass sie sich zuordnen ließen. Doch egal, um welche Ruine es sich auch handelte, es waren nur noch geschändete Bauwerke, nicht mal ein Schatten ihres früheren Glanzes war zurückgeblieben. Dieser Ort war von Waffen und brachialer Gewalt zerstört worden, und diese konnte man förmlich spüren, ja beinahe sogar ergreifen.
Plötzlich blieb der Grynder misstrauisch stehen. Hatte er da nicht gerade etwas in der Ecke glitzern sehen oder hatte man seinen Augen einen Streich gespielt? Langsam und vorsichtig näherte er sich dem besagten Punkt, damit er einen genaueren Blick drauf werfen konnte ... und tatsächlich, es handelte sich um eine Pfeilspitze. Was die hier wohl zu suchen hatte. Wirklich seltsam. Aber es gab nur einen Weg herauszufinden, was für ein Sinn hinter diesem Pfeil steckte, weshalb er seine Hand auf die metallene Spitze des Pfeiles richtete und gemächlich etwas Druck ausübte. Plötzlich schien irgendein versteckter Mechanismus aktiviert worden zu sein, denn kurz nach seiner magnetischen Druckausübung erfolgte ein lautes Zischen und ein gutes halbes Dutzend Pfeile prallten an dem gegenüberliegenden Felsen ab. Jeder, der sich in dieser Schussbahn befunden hätte, wäre aufgespießt worden. So konnte er sich unter größter Vorsicht und mit geschärften Sinnen den Pfeilen nähern, während er nach weiteren Fallen Ausschau hielt. Doch es geschah nichts mehr, weshalb er sich bückte und einen der Pfeile aufhob, um ihn näher zu betrachten. Schnell wurde klar, dass diese Pfeile lose Spitzen besaßen, die dafür sorgen sollten, dass der Schaft bei größerem Druck – wie es beispielsweise das Herausziehen des Pfeiles aus dem Körper darstellte – einfach abbrach. Dies führte dazu, dass die Pfeilspitze im Körper blieb, was durchaus zu einer Infektion mit nicht seltener Todesfolge führen konnte, wenn man nicht schnell behandelt wurde. Es brauchte nicht gesagt zu werden, dass diese Pfeile verboten waren. Irgendjemand schien gute Bezeihungen zu besitzen und wollte nicht, dass man herausfand, was hier getrieben wurde. In diesem Augenblick vernahm er Auroras Stimme, welche ihn zu sich rief. Es schien ganz so, als ob sie den Eingang gefunden hätte, welcher sich unweit von ihrer Falle entfernt befand. Es handelte sich um eine steinerne Treppe, die anscheinend nach unten in das Innere der Insel führte. Ob es sich hier wohl um einen natürlichen Höhlenkomplex handelte oder ob das per Menschenhand erschaffen worden war, konnte Yuuki bei bestem Willen nicht sagen. Dafür kannte er sich in diesem Bereich zu wenig aus. Aber mit Höhlen kam ein völlig anderes Problem, denn würde Aurora damit zurechtkommen können? Immerhin hatte sie ja eine Engephobie. Doch aufgrund ihrer vorigen Reaktion auf dem Boot entschloss sich Yuuki nicht nach ihrem Wohlbefinden zu erkundigen, das würde die Ilia wahrscheinlich nur noch weiter erzürnen. "Gut gemacht. Dann mal los." Und damit ging es in die Höhle des Löwen. Sie waren kaum zehn Meter gelaufen, als der junge Mann auch schon einige Stimmen hörte. Der Tiefe zufolge schien es sich um mehrere Männer zu handeln, doch sicher war sicher, weshalb sie sich das erst einmal näher anschauen sollten. Und tatsächlich, in einem Bereich, der durch eine Lampe etwas beleuchtet war, unterhielten sich zwei Männer, die irgendwie angetrunken schienen. "... gerne der Jagd anschließen. Das wäre ein ..." "... ob sie dich lassen würden, das ist nur was für ..." Mist, aus dieser Entfernung konnte man nicht wirklich alles verstehen, sodass Yuuki näher an die Wand rückte und sich der Lichtquelle näherte. "Ich muss dann mal kurz ein Geschäft erledigen, pass ja auf." "Als ob hier jemals jemand kommen würde. Pass bloß auf, dass du dir nicht ans Bein pisst, du ..." Und hier folgte eine Beleidigung solch gewaltigen Ausmaßes, wie Yuuki sie noch nie gehört hatte. Tatsächlich, die Creme de la Creme bezüglich des Abschaums. Langsam drehte sich der Grynder zu Aurora um und deutete zunächst auf sie und dann auf den Mann, der sich soeben entfernt hatte, während er selbst auf sich und auf den Mann hinter der Säule deutete. Ob sie wohl verstand?

Und ab ging es in die Höhle des Löwen? Konnte man das so nennen? Ein solches Raubtier erwartete Aurora ehrlich gesagt nicht, aber die Beschreibung des Ortes passte wohl schon besser: Eine Höhle. Für die meisten Menschen eher ein Abenteuer oder auch etwas besonders schönes, wenn man einmal an Tropfsteinhöhlen und ähnliches dachte, für die Ilia aber... waren sie mehr Höllen als Höhlen. Schließlich neigten sie nicht gerade dazu, besonders weitläufig zu sein oder den Himmel frei zu lassen. Seit Klein-Aurora einst in einer Höhle verschüttet gewesen war, hatte das Mädchen so seine Probleme mit Orten, bei denen sie sich unsicher sein musste, ob sie nicht in der nächsten Minute über ihr zusammenbrechen könnten. Diese Engephobie war dermaßen ausgeprägt, dass es ihr nicht möglich war, in einer der kleinen Winzwohnungen des Wohnheims für Magier ihrer Gilde zu leben, da sie weder ruhig schlafen, noch ansonsten einigermaßen geregelt denkend in ihnen residieren konnte. Deswegen hatte sie einen riesigen Dachboden bezogen, der dieses Problem erst gar nicht aufkommen ließ und trotzdem war sie meistens unter freiem Himmel anzutreffen. Kein noch so schlechtes Wetter machte sie der freien Luft abspenstig, auch wenn er Gewitter gab oder stürmte. Sie mochte es nicht, sich in einem geschlossenen Raum aufzuhalten, überhaupt nicht. Allerdings mochte sie es ebenso wenig, als schwach darzustehen oder gar im Weg zu sein. Es war ihr Wunsch, sich einen Ruf aufzubauen, der ihrer Stärke gerecht wurde, damit sie mehr Einfluss in der Gilde gewinnen und sie leichter hintergehen konnte - da konnte sie sich nicht von einer dummen Höhle abhalten lassen, zumal Yuuki dann alleine den ganzen Ruhm einheimsen konnte. Oder er würde sterben, da er allein nicht damit zurecht kam, ihre Feinde zu besiegen. In diesem Falle würde nur sie dafür angeklagt werden, ihren Partner im Stich gelassen und die Quest vergeigt zu haben. Wenn sie Glück hatte, wurde sie in diesem Falle nur aus der Gilde ausgestoßen... aber was würde sie dann machen? Sie war sich nicht zu hundert Prozent sicher, wie ihr Vater darauf reagieren würde: Zum einen hoffte sie auf einen liebenden Vater, der sie aufnehmen würde und ihr eine andere Möglichkeit gab, sich zu beweisen, aber ihre pessimistische (oder vielleicht sogar realistische?) Seite sagte ihr, dass er sie nur gut behandelte, solange sie ihm zu etwas nütze war. Und mit einem Ausstoß aus der Gilde war dieser Nutzen wahrscheinlich für immer verflossen. Sie wollte allerdings, dass ihr Vater ihr Zuneigung entgegenbrachte, sodass sie nur eine einzige Möglichkeit hatte: Ab in die Höhle des Löwen!
Sie holte tief Luft und presste die Lippen stark aufeinander, ehe sie dem Rothaarigen hinein folgte. Zum Glück mussten sie nicht besonders weit gehen, bis ihre Aufmerksamkeit von den engen Wänden - die in ihrer Vorstellung sogar noch um ein deutliches Stück zusammen rückten - zu etwas anderes wechseln konnten. Am schlimmsten war nämlich die Kombination aus nichts tun können und eingesperrt sein, da sich ihre Gedanken dann nur um diesen einen Fakt drehten. Dann war es vorbei. Solange sie also etwas wichtiges zu tun hatte, ließ sich ihre Engephobie beinahe aushalten. Zwei Männer schienen da unten zu stehen - und mindestens einer davon war besoffen. Das machte es ihnen sicherlich leichter... Yuuki schien auch schon einen Plan ausgetüftelt zu haben, während sie selbst ihre Angst im Zaum zu halten versuchte. Sicherlich war ihr Teint schon um einige Nuancen weißer geworden, seit sie hier unten waren... Aurora sollte sich also um den Kerl kümmern, der sich gerade zum pinkeln entfernt hatte? Der Grynder hatte also tatsächlich kein Mitleid? Aww... schade. Die Ilia nickte und schlich sich langsam an den Mann heran, der ihr zum Glück den Rücken zugewandt hatte. Einen kurzen Moment überlegte sie, wie sie am besten vorgehen sollte: Alternative eins würde bedeuten, etwas scharfes in ihrer Hand erscheinen zu lassen und das naheliegendste zu tun - wo der Kerl es doch schon so bereitwillig herausstreckte. Alternative zwei war weniger unterhaltsam, aber auch weit weniger grausam und beinhaltete einfach nur das Ausknocken des Mannes. Am liebsten hätte sie sich für Nummer eins entschieden, nur um sein Gesicht zu sehen, aber da die Wahrscheinlichkeit, dass dann das Geschrei losging, zu hoch war, hob sie einfach nur die Hand und schlug ihm den Knauf des kleinen Dreizacks, den sie immer noch in der Hand hielt, in den Nacken. Ein dumpfes Plumpsen war der einzige Laut, den der fallende Körper verursachte.

So viel Glück wie die Ilia besaß der gute Yuuki bei Weitem nicht. Leider. Sie hatte sich ihrem zugewiesenen Ziel ja von hinten nähern und ihn so unbemerkbar ausschalten können. Mit ihrer für ein junges Mädchen doch ziemlich großen Kraft war es zudem bestimmt ein Kinderspiel für sie gewesen, einen betrunkenen Söldner, der in diesem Moment zusätzlich noch damit beschäftigt war, sein Geschäft zu verrichten, auszuschalten. Er hingegen würde sich seinem Ziel im Licht nähern müssen, was wiederum bedeutete, dass ihn der betrunkene Söldner sehen würde. Mist, was konnte er bloß dagegen tun? Mit einer Hand rieb er sich den nicht-existenten Bart seines Kinns, während sein Gesicht einen grimmig-grüblerischen Gesichtsausdruck annahm. Wie kann ich diesen besoffenen Abschaum nur ausschalte, ohne dass es einen großen Aufruhr gibt, der womöglich andere alarmiert? Doch so viel Pech hatte er nun auch wieder nicht, denn diese Entscheidung wurde ihm aufgenommen. Kurz, nachdem der Söldner sein nächstes Bier abgesetzt hatte und sich genüsslich mit seinem schmutzigen Ärmel über den Mund strich, konnte man ein lautes Dumpfen vernehmen. Und dieses kam ausgerechnet aus der Richtung, in welche der Partner verschwunden war. So wie er Aurora kannte, hatte sie ihn längst ausgeschaltet, doch sicher konnte er sich nicht sein. Weder der nun aufmerksam gewordene Söldner noch Yuuki wussten, dass dem tatsächlich der Fall war. Mühsam rappelte sich der erste Söldner auf, während er vor sich hinmurmelte. Besoffener Ochse, was dem jetzt schon wieder passiert ist? Anschließend nahm er seine Flasche in die Hand, gönnte sich noch einen Schluck, ehe er seinem Partner etwas hinterher rief. "Ey, du Memme. Bist du so besoffen, dass du nicht mal mehr richtig pissen kannst? Hahahaha, was ein Waschlappen." Und damit stand er nun völlig auf und bewegte sich wankend auf den Ursprung des seltsamen Geräusches zu. Das war seine Chance! Langsam und leise bewegte er sich hinter dem Söldner hinterher, während er drei Dolche hervorholte, welche er mit sich führte. Nun, um genau zu sein, behielt er die Dolche in ihren Scheiden, immerhin wollte er den Söldner weder umbringen, noch ihn zum Schreien bringen. Diese warf er anschließend mit voller Kraft in Richtung des schwankenden Mannes, während er diesen metallenen Gegenständen noch einen kleinen Schub verpasste. Magnetic Push. Natürlich flüsterte er diese Worte nur leise, schließlich wollte er sein Opfer nicht alarmieren. Mit einem lauten Krachen donnerte das erste Paket an die Wand, sodass sich der Söldner verwundert zu ihm herumdrehte, nur um das zweite und dritte Paket ins Gesicht und gegen den Oberkörper zu bekommen. Dabei erfolgte ein lautes Knacken, was den Grynder schließen ließ, dass er ihm irgendetwas gebrochen hatte. Wahrscheinlich die Nase und/oder einige Rippen. Zu seinem Glück traf er ihn auch noch hart genug, dass er von diesem Schlag ohnmächtig wurde. Jetzt musste er ihn nur noch fesseln – zum Glück führte er stets ein Seil mit sich, um ganz genau für solche Situationen vorbereitet zu sein – weshalb er sich bückte und dem am Boden liegenden Söldner die Arme auf dem Rücken fesselte. Anschließend wandte er sich zu Aurora, welche in diesem Augenblick in seinem Blickfeld erschien, um alles Weitere mit ihr abzusprechen. "Gut, das wäre es dann fürs Erste. Lass uns weiter gehen." Was er in diesem Moment noch nicht wusste, was er sich aber in naher Zukunft wünschen würde, war ein kleiner Fakt, den die beiden jungen Magier übersehen hatten. Hätten sie doch mindestens einen noch bei Bewusstsein gelassen, um ihn nach dieser besagten Jagd auszufragen. Nun, man lernte eben nie dazu, was?

Aurora hatte gar nicht richtig mitbekommen, was die beiden Besoffenen zuvor geredet hatten, da ihre Gedanken von etwas ganz anderem abgelenkt worden waren, nämlich von der Enge die sie umgab... als ob sie sich da auch noch auf das Gefasel zweier Betrunkener konzentrieren könnte! Zwar hieß es, dass Frauen multitaskingfähig waren, aber sicherlich nicht, wenn sie mit ihrer ganzen Beherrschung dagegen ankämpfen mussten, wimmernd zusammen zu brechen! Und so ging es der Ilia gerade... wo ihre Aufgabe doch erfüllt war, nachdem sie dem Mann aus seiner eigenen Jacke ein kleines Gefängnis gebastelt hatte. Nun schienen die Wände wieder einzubrechen, auf sie hinabzustürzen... mit leicht zittrigen Knien lehnte sie sich gegen die Wand und presste die Hände auf die Augen. Oh verdammt... das war so erniedrigend! Wie konnte es sein, dass sie, die so viel Wert auf Stärke und auf Selbstständigkeit legte, mit solchen Problemen zu kämpfen hatte? Wie konnte sie sich denn in der Gilde hocharbeiten, wenn sie es nicht einmal hinkriegte, durch eine Höhle zu rennen, ohne Panikattacken zu kriegen?! Sie versuchte, ihren Atem zu beruhigen, sich wieder zu fangen, doch das gelang ihr nicht, bis sie Yuukis Stimme vernahm, die ihr erklärte, dass sie weiter gehen konnten. Weiter gehen, das war so einfach gesagt... dabei bedeutete es für das Mädchen viel mehr! "Lass uns uns beeilen, ja?", fragte sie und stemmte sich wieder von der Wand weg, den kleinen Winzdreizack immer noch umklammernd. "Ich mag diese Höhle nicht besonders.", erklärte sie mit einem eher kümmerlich ausfallenden Lächeln.
Sie musste sich etwas überlegen, um mit ihrer Engeangst fertig zu werden, das wurde ihr mit jedem Schritt in die Dunkelheit mehr bewusst, ansonsten würde sie bald auf noch mehr Probleme stoßen. Nicht nur bei dieser Quest gab es schließlich Höhlen. Allein schon bei dem Gedanken, sie müssten vielleicht irgendwann jemanden in Metern Tiefe retten, wurde ihr ganz flau im Magen. Vielleicht gab es irgendeinen Zauber, der sie kurieren konnte oder so etwas wie eine Droge, die sie soweit abstumpfen würde, dass sie nur noch über ihre Klaustrophobie lachen würde. Jedenfalls müsste sie sich dieses Zeug beschaffen, so wie sie jetzt auf solche Kleinigkeiten reagierte, hatte sie keine Chance. "Was haben die Kerle eigentlich vorher beredet? Ich hab das nicht so ganz mitbekommen...", fragte sie langsam, um sich abzulenken. Das musste sie jetzt tun, genau, sich davon abhalten, darüber nachzudenken, dass... halt, sie tat es ja schon wieder!
Doch so weit kamen sie gar nicht, da plötzlich eine Tür vor ihnen auftauchte, die in etwa so aussah, als habe man sie hier seit Jahrzehnten vermodern lassen. Sie war zwar geschlossen, aber Aurora brauchte nur kurz dagegen zu schlagen und sie flog aus den Angeln - eindeutig durchgefault. Allerdings zerstreute dieses Hindernis den letzten Funken Pessimismus, sie könnten am falschen Ort sein, da das hier wohl kaum natürlich war. Kaum hatten sie jedoch die marode Tür durchschritten, durchschnitten plötzlich Rufe die Stille der Höhle. Stille in einem solchen Ort machte ihn noch viel unerträglicher, wenn man sie fragte, sodass sie regelrecht erleichtert war, als es laut wurde. "Ich glaube, man hat uns entdeckt.", meinte sie trocken und fuhr ihren Dreizack auf volle Länge aus, als sie eine Bewegung von rechts aus dem Schatten wahrnahm. Und tatsächlich sprang da jemand auf die beiden Magier los, ein Schwert in der Hand und eine blank polierte Rüstung am Leibe... einen Moment lang bestaunte das Mädchen diesen Panzer, ehe sie den ersten Schlag der Gestalt mit ihrer Waffe abblockte. Ha, da war ihre Ablenkung ja!

Irgendetwas stimmte mit Aurora nicht, das bemerkte Yuuki auf den ersten Blick. Kein Wunder, in den letzten Monaten und Wochen hatte er ziemlich viel Zeit mit ihr verbracht, da begann man sich schon kennenzulernen. Zwar hatte sie nicht wirklich etwas Privates von sich preisgegeben, zumindest nicht in dem Maße wie auf der Bootsfahrt zur Insel, dennoch, wenn Personen viel Zeit miteinander verbrachten, begann man auf das gewöhnliche Verhalten von Leuten zu achten. Und so wie sie da stand, und mit einer bisschen gepressten Stimme sprach, erkannt er einfach, dass sie unter großem Stress stand. Es lag bestimmt daran, dass sie sich hier in einer wirklich engen Höhle befanden. Für gewöhnlich hätte er in solch einem Moment tröstenden Worte für die Ilia ausgesprochen, doch die Reaktion vom Boot saß immer noch fest in seinem Gedächtnis. Ob sie wohl erneut oder noch härter reagieren würde, wenn man bedachte, unter welchem großen Druck sie im Moment stand? Bestimmt. In dem Fall wäre es durchaus angebrachter von ihm, einfach nichts zu sagen. Eigentlich hatte er ja Konversation mit ihr führen und sie weiter ausfragen wollen, doch dies war in der Tat nicht der richtige Moment dafür. Obwohl ... wenn man bedachte, in diesem panischen Zustand war sie verletzlich und würde vielleicht einige Sachen von sich preisgeben, die sie ansonsten nie sagen würde. Aber das war nicht sein Stil, so weit würde er nicht sinken. Dafür schätzte er auch die Freundschaft zu Aurora viel zu sehr, als dass er sich auf diese Weise an Informationen bereichern wollte. Dann wäre er zugegeben schlauer, aber hätte einen Freund weniger. Einfach weiter im Auge behalten, dann würde er irgendwann schon schlauer werden. "Okay, lass uns das schnell hinter uns bringen und aus dieser Höhle hier abhauen." Oh, in diesem Moment ereilte ihn ein weiterer Gedanke, den er jedoch nicht öffentlich aussprach. Dann wäre die junge Frau bestimmt ausgetickt. Was würde denn eigentlich passieren, wenn der Sturm über sie zusammenbrach? Dann war es bestimmt ziemlich wahrscheinlich, dass diese Höhle hier überflutet wurde, wenn man bedachte, wie glitschig der Boden an manchen Stellen hier war.
In diesem Moment gelangten sie an eine wirklich morsch aussehende Tür, die auch nach einem leichten Schlag Auroras aus den Angeln gerissen wurde. Mit dieser Information auf seiner Seite war sich Yuuki sicher. Sollte der Sturm über sie einbrechen und sie sich immer noch hier drinnen aufhalten, würde das Ganze hier wohl überflutet werden und sie würden eines elenden Todes sterben. Sie mussten sich beeilen, Kyle Derov finden und hier abhauen. Hoffentlich kam die Aurora nicht auf diese logische Schlussfolgerung, sonst durfte er den Auftrag hier noch alleine erledigen. Dank der äußerst cleveren Aktion die Tür aus ihren Angeln zu schlagen, konnte der Grynder plötzlich laute Rufe und Schreie vernehmen. Er konnte kaum - "Ja, das denke ich au ..." - antworten, als auch schon eine Person aus dem Schatten trat und auf sie losging. Der Schlag ging an Yuuki vorbei und wurde von Auroras ... Dreizack geblockt? Seit wann besaß sie denn so etwas? Die Magierin und der unbekannte Angreifer tauschten einige Schläge aus, bei denen es selbst für einen Novizen wie Yuuki klar wurde, dass es sich beim Unbekannten um einen völligen Anfänger handelte. Zeit der Sache ein unblutiges Ende zu machen, schoss es ihm durch den Verstand, während er sich für den Kampf wappnete. Magnetic Push! Unerwartet, wie dieser Angriff kam, wurde der Angreifer gegen die Wand geschleudert, an welcher er durch die Kraft seiner magnetischen Kräfte festgehalten wurde. Der blitzblank plierten Metallrüstung sei dank. Anschließend folgte eine Kombination aus Magentic Push und Magentic Pull, bei dem der durch einen Helm geschützte Kopf des Angreifers mehrmals gegen die Wand geschlagen wurde, ehe das Schwert aus seiner Hand glitt, was wiederum davon zeugte, dass er ohnmächtig geworden war. Sofort löste der Grynder seinen magnetisierenden Druck auf die Rüstung auf, sodass die Person beinahe leblos auf dem Boden sackte. So, jetzt mal schauen, wen wir hier haben. Der junge Mann bückte sich und begann dem Ohnmächtigen langsam den Helm abzuziehen, und als er dies schließlich geschafft hatte, stockte ihm überraschterweise der Atem. Er kannte diese Person! Es handelte sich um Ryan van Derl, einem der berühmtesten Geschäftsmänner Fiores. Was tat er – so schwer gerüstet – an diesem Ort? Anschließend wandte er sich mit einem fragenden Blick an seine Partnerin. "Kannst du dir einen Reim drauf machen?"

Es war gut und richtig so, dass Yuuki Aurora kein Mitleid entgegen gebracht hatte, denn sie hätte das nicht etwa als fürsorgliche Geste, sondern als Beleidigung aufgefasst. Für sie war es wichtig, dass sie sich unter Kontrolle hatte und sich ihrer eigenen Stärke bewusst war, sie brauchte diese Gewissheit einfach für ihr Ego. Momentan wiederum flüsterte alles in ihr, dass sie ein Schwächling war, ein Versager und ihrer Rolle nicht würdig, kein Kind, auf welches ihr Vater stolz sein konnte. Der Schmerz darüber fraß sich tief in ihr Herz und machte es fast unmöglich, die Tränen zurückzuhalten, die jeden Moment aus ihr hervorbrechen würden, die aber auf keinen Fall zum Vorschein kommen durften! Nie und nimmer, denn Tränen waren wirklich das letzte, was sie sich hätte verzeihen können. Hätte Yuuki nun auch noch einen auf mitleidig gemacht, wäre sie ihm wahrscheinlich an die Gurgel gesprungen, da er damit bewiesen hätte, dass sie tatsächlich so hilflos aussah, wie sie sich gerade fühlte. Und dieser Frust hätte sich bestimmt in Aggression umgewandelt, die wahrscheinlich extrovertierter Art gewesen wäre. So jedenfalls war es besser.
Als der bewährte Mann sie angriff, übernahm Yuuki dankenswerter Weise recht schnell, sodass sie sich nicht darum zu kümmern brauchte. Ob dem Jungen wohl aufgefallen war, dass er ihren Dreizack nicht manipulieren konnte? Um genau zu sein hatte ihre Paranoia aus ihr gesprochen, als sie sich dieses Teil zugelegt hatte. Der Grynder war nämlich die Person, mit der sie am meisten zu tun hatte und irgendwie hatte es sie unruhig gemacht, dass er eine Magie praktizierte, die wie dafür geschaffen schien, die ihre auszustechen. Somit hatte sie sich also eine Waffe besorgt, die den Einflüssen seines Magnetismus trotzen konnte, was eindeutig von Vorteil war. Nun fehlte eigentlich nur noch die passende Rüstung dazu. Als Yuuki dem Mann den Helm abzog, holte auch Aurora tief Luft, da auch sie diesen Mann kannte. Was zur Hölle tat er hier? Yuuki fragte, ob sie das verstand... nein, tat sie nicht, aber zum Glück nahm etwas anderes ihr diese Bekenntnis ab, nämlich ein zweiter Mann, der auf sie zu rannte. Mit der Vorahnung, dass auch dieser sich nicht auf den Nahkampf verstand, rammte Aurora ihm ohne groß zu zögern die Stange ihres Dreizacks in die Weichteile, um ihm anschließend den Helm vom Kopf zu schlagen. Oha... auch den hier kannte sie. David Miles, der Leadsänger einer recht populären Band Magnolias, erkennbar an seinem langen, blonden Haar. Hetzte hier irgendjemand lauter Berühmtheiten auf sie? "Also ehrlich gesagt... für mich sieht das aus, als treibe hier irgendein Perverser ein Spiel auf Leben und Tod mit irgendwelchen berühmten Männern Fiores. Aber das ist nur meine Vermutung.", meinte sie und richtete den Dreizack nach vorne in die Dunkelheit. Sicher war sicher, vielleicht kam irgendwann jemand, der tatsächlich gefährlich war.

Aurora schien auch keine wirkliche Vermutung zu haben, was all diese berühmten und vor allem sehr reichen Leute hier zu suchen hatten. Oder warum sie alle schwerst gepanzert und entsprechend bewaffnet waren. Was war hier los? Erst der reiche Geschäftsmann, dann einer der erfolgreichsten Musiker aus ganz Fiore?Und keiner von ihnen konnte wirklich kämpfen, also schätzte der Grynder nicht, dass sie wegen ihnen hier waren. Irgendetwas ging hier vor, von dem sie – noch – keine Ahnung hatten und auf dass sie sich keinen Reim machen konnte. Trotzdem hatte Yuuki das Gefühl, als fehle nur noch ein wichtiges Puzzleteil, ehe sie zur Lösung des Rätsels gelangten. Also, was hatten sie bisher? Velcan, der reiche Geschäftsmann, der nebenbei noch ein Kredithai war. Ein verschwundener Kyle Derov, der seine Schulden nicht begleichen konnte und aus irgendeinem ihm unbekannten Grund auf diese Insel verschleppt wurde. Berühmte und reiche Leute aus ganz Fiore, die sich hier im Inneren der Insel rumtrieben.
Zu diesem Zeitpunkt kam er einfach nicht weiter, weshalb es wohl das Klügste war, einfach weiter zu gehen und mit dem Sammeln der Beweise weiter zu machen. Schließlich hatte seine geschätzte Partnerin eine Engephobie und konnte jeden Moment austicken. Apropos ticken, die Uhr lief ja auch unerbittert weiter, und wenn er schätzen musste, so hatten sie bestimmt nur noch anderthalb Stunden, ehe der Sturm über sie hereinbrach und ihre Rettung in Form eines Bootes samt altem Seebären weggeschwemmt werden würden. "Komm, lass uns weiter gehen.", sagte er zur Ilia, nicht ohne jedoch das auf Hochglanz polierte Schwert dieses Musikers mitzunehmen. Wie war sein Name noch mal gewesen ...? Seines Wissens nach war er doch der letzte Schrei bei den Mädels, aber den Namen kannte er nicht. Naja egal, es gab Wichtigeres, um das es sich zu kümmern galt. Während sie langsam und leise voranschritten, konnte man immer deutlichere Flüche, Rufe und Schmerzensschreie aus dem Inneren der Insel vernehmen. Was war da noch mal zum Teufel los? Plötzlich hörte man immer näher kommende Schritte und ein "Bleib stehen du elende Made!", ehe schließlich ein Mann in zerfetzten Sachen um die Ecke angerannt kam. Er besaß einen Dreitagbart, einen abgehärmten Blick und blutete aus mehreren Wunden, die verdächtig nach Schnittwunden aussahen. Ihm folgte eine weitere Gestalt in glänzender und pompöser Rüstung um die Ecke, die mit ihrem Schwert wild über ihrem Kopf herumwirbelte. Der Flüchtende stolperte und legte eine phänomenale – und wahrscheinlich äußerst schmerzhafte – Bruchlandung hin, sodass sich kurz darauf der Verfolger über ihm befand und zum Hieb ausholte. "Hab ich dich, hahaha!" Doch es sollte leider nicht so kommen, wie er es vermutet hatte, denn es waren zwei kompetente Magier vor Ort, die keinesfalls so eine Gräueltat zulassen würden. Ohne auf Aurora zu achten, die im Moment sowieso nicht ganz sie selbst zu sein schien, sprang Yuuki vor und richtete seine beiden Hände auf den Angreifer. "Magnetic Push!" Das Ergebnis war, dass er gegen die naheliegende Wand donnerte und schließlich zusammenbrach. So viel dazu.
Der Flüchtende indes schaute sie mit ängstlichen Augen an und wich kriechend zurück, wobei er sich das eine Bein hielt. Anscheinend hatte er sich vorher oder hier beim Sturz verletzt. "Nur die Ruhe.", versuchte Yuuki den Mann zu beruhigen. "Wir sind nicht gekommen, um sie anzugreifen. Wir sind auf der Suche nach eine gewissen Kyle Derov, haben sie ihn gesehen?" Bei diesen Worten bekam der Mann ganz große Augen und begann zu zittern, während er mit dem Finger auch sich selbst zeigte. "I-ich b-bin Kyle D-derov.", brachte er stotternd hervor.

Tatsächlich musste man es als Tatsache anerkennen, dass Aurora gerade wirklich mit einigen Problemen zu kämpfen hatte, da die beiden Magier immer weiter unter die Erde vorstießen und sie es nun einmal nicht gerade gut vertrug, wenn sie den Himmel nicht sehen konnte. Zudem waren die komischen Angreifer in ihren blank polierten Rüstungen vor allem nervig, da sie nicht einmal das Zeug zu würdigen Gegnern hatten, sondern einfach nur ihre Zeit vertrödelten. Das war unnötig und sinnlos und ihrer Meinung nach vollkommen überflüssig, sodass sie wirklich Lust hatte, mit den Insassen der Panzer einen Heidenspaß zu veranstalten und ihre... zumindest hätte sie darauf in diesem Falle Lust gehabt, wenn sie sich nicht mit aller Kraft darauf konzentrieren müsste, nicht in Panik zu geraten. Es war daher eine weise Entscheidung von Yuuki, Aurora die Arbeit abzunehmen und den Verfolger des recht ramponiert aussehenden Mannes ins Traumland zu befördern. Das Mädchen war momentan nicht ganz zurechnungsfähig, zum einen, da sie unter Umständen einen Schwindelanfall bekommen könnte, zum anderen, da sie durch ihre angespannten Nerven vielleicht überreagieren könnte und den Mann nicht bewusstlos, sondern gleich tot schlagen könnte. Und das wäre sicherlich nicht gerade die feine Lamina-Scale-Art, sondern eher Fairy Tail in ein wenig brutaler. Aurora-Art eben, auch wenn man das so gar nicht von ihr kannte. Würde man dem scheinbar einäugigen Mädchen öfter freie Hand lassen – würde sie sich selbst öfter freie Hand lassen – würden sicherlich Köpfe rollen. Vielleicht später einmal.
Momentan standen die beiden Magier vor einem offenbar völlig fertigen Mann, der sich selbst als derjenige bezeichnete, den sie suchen sollten. Ach du große Güte, wie hatte das nur passieren können? Die Augen des Mannes wirkten stumpf und er war verletzt – ob wohl von diesen Kerlen in den Rüstungen? Jedenfalls fand Aurora diese ganze Angelegenheit momentan ziemlich unfair. Die Kerle in den Rüstungen hatten es auch nicht wirklich drauf, das einzige, was sie überlegen machte, war ihre Ausrüstung und selbst diese… machte sie langsam und klobig. Sie war sich sicher, dass sie diese Männer besiegen könnte, ohne ihren Panzer zu tragen, was sie momentan sowieso nicht tat, um Kraft zu sparen. Zudem hatte sie ja das altbekannte Problem, nicht über besonders große Manareserven zu verfügen und deswegen nicht so oft ihre Waffen wechseln zu können.
"Sie... Sie sind Kyle Derov?", fragte sie, um sich zu vergewissern, dass er die Wahrheit sagte, doch erneut nickte der Mann, sodass sie mit einem schiefen Lächeln "Freuen Sie sich, Sie sind gerettet." erklärte und sich leicht auf ihren gut zwei Meter langen Dreizack stützte. Na prima, konnten sie dann gehen? Obwohl es sie durchaus interessierte, warum diese Leute hier rumliefen und wehrlose Menschen jagten... "Entschuldigen Sie... was geht hier eigentlich vor?", fragte sie und half Herrn Derov auf die Beine, indem sie einen seiner Arme um ihre Schultern legte. "Es...", man konnte ihn schlucken sehen, "Es ist schrecklich! Zu Anfang waren wir noch fünf, a-aber dann wurden es immer weniger, bis... ich weiß gar nicht mehr, ob überhaupt noch einer lebt... Diese Kerle in den Rüstungen jagen mich schon seit Tagen, ich weiß gar nicht mehr wie lange genau, ich habe jegliches Zeitgefühl verloren... und-" Er hustete, offenbar hatte er sich zusätzlich zu seinem schmuddeligen Aussehen auch noch eine Erkältung zugezogen. "Mmh, ich schätze mit dem Perversen und seinem Spiel war ich gar nicht mal so weit vorbei, oder, Yuuki?", fragte sie, die Enge war momentan vollkommen vergessen.
Allerdings ertönte in der nächsten Sekunde hinter ihnen eine Stimme, die ihr unbekannt war. "Perverser? Also wirklich... Kinder sollten solche Ausdrücke nicht in den Mund nehmen. Und Kinder sollten auch gar nicht hier sein." Ein Mann war aus der Dunkelheit getreten, er selbst war nicht bewaffnet, doch die Männer um ihn herum dafür umso mehr: Söldner. Um wen es sich hier wohl handelte? "Ve-Ve-Velcan...", stotterte Herr Derov und zerstreute damit alle Zweifel. Ach, was der nun wohl dazu zu sagen hatte?