Diese armen, verlorenen Seelen. Was auch immer mit ihnen passiert war, es schien aus ihnen wirklich lebende Zombies gemacht zu haben, die man sonst nur aus Büchern kannte. Warum aus diesem Haufen von Menschen, die bis vor wenigen Momenten noch wirr und planlos durch den Saal gelaufen, gestolpert und gerollt waren, von jetzt auf gleich eine Gruppe wahnsinniger, fanatischer Anbeter von etwas, was sich Contriisten nannte, wurden, konnte Sylvana nicht wirklich verstehen. Es verwirrte sie, dass ihr ganzer Wille mit einem Mal vollkommen auf die drei Magier fokussiert war, um zu verhindern, dass sie weitergingen. Im Umkehrschluss bedeutete es aber auch, dass sich hinter dieser Tür etwas befand, was sie vor Eindringlingen beschützen wollten. Oder mussten, wenn man davon ausging, dass diese armen Menschen gerade nicht so etwas wie einen freien Willen besaßen und nur Dinge taten, die man ihnen befohlen hatte. Gegenwärtig ließ Sylvana ihren Blick durch den Saal kreisen, beobachtete die Bewegungsmuster der Männer und Frauen, die sich auf sie zubewegten, während sie selbst schon langsam einige Schritte nach hinten ging, die Tür irgendwo einige Meter in ihrem Rücken. Wenn man die Geschwindigkeit im Vergleich zur Distanz zum rettenden Ufer in den Kontext zog, hatte zumindest Sylvana ein Problem rechtzeitig die Tür zu erreichen. Sie wusste wie schnell Souta war, er konnte es locker schaffen, ohne Frage. Aber sie…
Soutas Stimme riss sie aus ihrem Gedankenkonstrukt. Sofort wirbelte ihr Kopf zum Rotschopf, hörte sich seine Bitte genau an, während sie einen kurzen Moment wie angewurzelt an der Stelle stand, ehe ihre Hirnwindungen wieder zu arbeiten begannen und sie sich den ganzen Menschen wieder zudrehte, die so langsam doch ihr gefährlich nahe kamen. Großflächig betäuben, ohne lebensgefährlich zu verletzen? Sylvana kaute nervös auf ihrer Unterlippe. Natürlich fiel ihr da ein Zauber, der zumindest garantieren würde, dass sich die Massen für einige Sekunden nicht mehr bewegen konnten – genug Zeit für sie, um aus diesem Saal zu fliehen. Leider gab es nur ein winziges Problem bei der Sache: Sie hatte diesen Zauber noch nie gegen einen Menschen eingesetzt. Damals, als sie es das erste Mal ohne Erfolg versucht hatte, focht sie einen Kampf auf Leben und Tod aus. Da war ihr völlig egal gewesen, ob ihr Gebrüll ihren Gegner noch zusätzlich verletzte. Jetzt war aber eine völlig andere Situation. Ein tiefer Atemzug füllte ihre Lungen mit Luft, während sie schnell eine Entscheidung treffen musste. Hatte sie eine andere Option, mit der sie all diese Menschen für kurze Zeit betäuben konnte? Schon bevor ihr die Frage durch den Kopf ging, kannte Sylvana die Antwort: Natürlich nicht. Langsam ließ sie die Luft aus ihren Lungen entweichen, ihr Blick weiterhin nach vorne gerichtet. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie stark die Verletzungen bei diesem Zauber sich auswirken würden, da ich ihn noch nie gegen einen Menschen eingesetzt habe. Aber… Eine andere Möglichkeit bleibt uns nicht. Überlass das hier mir und überleg dir lieber, wie wir diese Tür versperren, wenn ich zu euch aufgeschlossen habe!“
Kaum hatte die letzte Silbe ihre Lippen verlassen, legte Sylvana ihre linke Hand auf ihre Brust, schloss ihre Augen und begann das nötige Mana in ihrem Körper zu sammeln. Die Luft um die Dragonslayerin begann sich mit Elektrizität aufzuladen, knisterte leise, während die hohe Konzentration ihres Manas dafür sorgte, dass kleine Lichtbögen um Sylvanas Körper zuckten. Ein tiefer Atemzug reichte aus, um all ihr Mana in ihre Lungen zu kanalisieren und den Zauber vorzubereiten, der in seiner Wirkung hoffentlich so ausfallen würde, wie sie es sich wünschte. Luft und Mana vermischten sich, als sie ihren Rücken durchbog, jeden Muskel in ihrem Körper anspannte und die Augen schlagartig öffnete. Sie spürte die Energie in ihrem Körper, die nur darauf wartete mit einer einzigen Bewegung zerstörerisch aus ihrem Inneren zu entweichen. „Lightning Dragon's… Roar!!“ Ihr Kopf schnellte nach vorne, ihre Lippen öffneten sich und ließen einen gewaltigen, gelben Strahl aus purer Elektrizität auf die Menschen vor sich los. Sie hatte schon längst den Gedanken, dass sie jemand verletzten könnte, aus ihrem Kopf verbannt, um jegliche Form des Zögerns zu verhindern. Sie musste dieses Gebrüll mit all ihrer Kraft ausführen, damit sie aus diesem Saal fliehen konnten! Leichte drehte sie ihren Kopf zur Seite, damit sie auch die komplette Fläche vor sich treffen konnte, was schwerer war, als Sylvana ursprünglich gedacht hatte, bewegte sich ihre Magie doch nur sehr träge mit ihrem Kopf mit. Dennoch konnte sie den Blitzstrahl so bändigen, dass er auch die vorher ausgelassene, linke Flanke treffen konnte, bevor er versiegte. Zeit um Durchzuatmen oder sich ein Bild von den Ausmaßen ihres Zaubers zu machen hatte Sylvana nicht, konnte sie ja nicht sagen, ob und wielange die Paralyse anhalten würde. Genau aus diesem Grund drehte Sylvana auf dem Absatz und rannte in Richtung der Tür. Souta und Valerie würden ihr schon sagen können, ob sie jemand verletzt hatte.

Souta kam, wie es seinem Typ der Magie und irgendwo wohl auch seiner Haarfarbe angemessen war, gleich einem leuchtenden Inferno in der Dunkelheit zu Valeries Rettung und sorgte dafür, dass die Magierin ihm voller Freude und Dankbarkeit fast um den Hals gefallen wäre, hätte sie sich durch sein plötzliches Auftauchen und den Schlag, der sie so knapp verfehlte, nicht so unfassbar erschrocken. Entsetzt schnappte die Sakai nach Luft und stolperte einige Schritte nach hinten, ehe sie ihr Gleichgewicht wieder fand und anschließend einen Blick über ihre Schulter warf, wo sie die beiden Menschen ausmachen konnte, die Opfer des Schlags des Rothaarigen geworden waren. Oh und was für ein Schlag das gewesen war, dass musste Valerie nicht ganz neidlos anerkennen. Es war nun recht offensichtlich, dass ihr Gruppenführer nicht nur ein recht geschickter Anführer war, sondern auch noch körperlich so einiges drauf hatte. Irgendwie schien sich die Welt nach dieser Auseinandersetzung ein wenig zu schnell für die Dunkelhaarige zu drehen, denn kaum das sie so heroisch aus den Klauen ihrer Verfolger befreit worden war, hatte sie nicht einmal Zeit auf Soutas Worte angemessen zu reagieren, da hatte er sie auch schon in Richtung Tür gedrängelt. Der Befehl war recht eindeutig und Valerie stand noch immer zu sehr unter Schock, um ihn in irgendeiner Weise in Frage zu stellen, oder sich zu fragen, warum er ausgerechnet sie für diese Aufgabe gewählt hatte, weshalb sie sich, so schnell es ihr möglich war, in Bewegung setzte und versuchte die rettende Tür am Ende des Saales zu erreichen. Ihre Wangen brannten und füllten sich mit einer unangenehmen Hitze (das Kompliment von zuvor war wohl doch nicht einfach so an ihr vorbeigezogen) und sie konnte ihre Schritte trotz des immer lauter werdenden Gemurmels auf dem glatten Untergrund hören, während sie sich beeilte auf Höchstgeschwindigkeit der Tür am Ende des Saals immer näher zu kommen. Dann konnte sie Soutas Stimme erneut hören und drehte den Kopf, während die Finger ihrer freien Hand endlich das kühle Kristall der Tür spüren konnten. Ohne jede Anstrengung schob sie die Tür auf und wurde dann im nächsten Augenblick Zeugin eines Zaubers, der seines gleichen suchte. Obsidianfarbende Augen weiteten sich in purem Erstaunen und auf ihren Armen breitete sich eine erwartungsvolle Gänsehaut aus, als sie das Knistern in der Luft hören und sich einbildete, kanalisierte Elektrizität beinahe in ihrem eigenen Körper spüren zu können. Nie zuvor hatte sie eine solche Anspannung in einem einzigen Raum gefühlt und als Sylvana dann den Mund öffnete und die Wucht ihres Gebrülls entfesselte, wurde der Sakai zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich bewusst, wo genau der Unterschied zwischen Dragonslayern und gewöhnlichen Elementmagiern lag. Diese Kraft, diese Stärke, all das konnte ganz einfach nur von der Macht eines wahren Drachen stammen und dessen Fähigkeiten als Ursprung haben.
Mit einer gewissen Ehrfurcht beobachtete die Sakai, wie Sylvanas Zauber seine Macht entfesselte und für einen Augenblick war sie geblendet, so hell leuchtete der solide Strahl aus purer Elektrizität, welcher einem Blitz gleich durch den Raum zuckte. Sie hatte schon immer ein besonderes Verhältnis gegenüber ihrer eigenen, aber auch der Magie anderer Leute gehabt und gerade jetzt wurde sie von den Gefühlen der Bewunderung, der Ehrfurcht und des Erstaunens beinahe überwältigt. Es war einfach so...unbeschreiblich schön, mit anzusehen, wie viel Kraft und Magie eine einzige Person erzeugen konnte und dabei einen ganze Raum wie eine Weihnachtskugel zum leuchten brachte. Wie ein beispielloser Akt der Magie und Stärke. Dann jedoch konnte die Sakai sehen, wie die Dunkelhäutige auf dem Absatz kehrt machte und auf sie zu gerannt kam, weshalb jegliche Faszination und Bewunderung mit einem Mal mit fortgewischt war. Es war, als hätte sie Sylvanas plötzlicher Rückzug einem Schwall eiskaltem Wasser gleich zurück in die Gegenwart befördert und diese Erkenntnis ließ nun auch erneut Panik in ihr aufsteigen. Nun, dass hieß noch lange nicht, dass man Sylvana nicht wenigstens noch gratulieren konnte. “Das, meine Liebe, war ein atemberaubender Zauber, wenn ich das mal so sagen darf.“, meinte sie recht atemlos, als die Braunhaarige sich in ihrer unmittelbaren Nähe befand, dann drehte sie sich ebenfalls um und durchquerte die Tür, geradewegs aus dem Saal hinaus. “Allerdings weiß ich nicht, ob das noch unter nur betäuben fällt...“, von dem, was sie von diesem Zauber mitbekommen hatte, konnte sie sich nur schwer vorstellen, dass die zombieartigen Menschen wirklich unbeschadet und ohne Verletzungen davon gekommen waren. “Hat Souta es auch geschafft?“

Wäre Souta ähnlich unerfahren wie Valerie im Umgang mit Dragonslayern gewesen, hätte eine derartige Zurschaustellung der uralten Macht einer verloren geglaubten Spezies sicher auch ihn aus den Latschen gekippt und beeindruckt, doch so wie es war, konnte der Kettenmagier Sylvana nicht mehr bieten als ein ehrlich gemeintes, aber aufgrund der Entfernung nur gedachtes „Gut gemacht“. Man mochte darüber streiten, ob ein gleißender, sich vergabelnder und Leute lähmender Blitz nicht vielleicht etwas zu stark für Menschen war, die bis auf aggressives Begrabschen keinerlei gewaltätige Neigungen gezeigt hatten, doch Souta vertraute der Dunkelhäutigen, dass es wahrscheinlich das Einzige gewesen war, welches ihr auf die Schnelle eingefallen war. Die Donnermagierin war verantwortungsbewusst; hätte sie einen weniger schädlichen Zauber im Repertoire gehabt, so hätte sie ihn gewiss auch mit höheren Manakosten eingesetzt, um kein unnötiges Risiko einzugehen.

Außerdem konnt er hier niemanden rügen, weil er beschäftigt damit war der zuvor erwähnten knisternden Sturmfront der totalen Vernichtung zu entkommen, die sich der Kopfbewegung seiner hübschen Kameradin folgend einer Supernova gleich durch den Raum ausbreitete. Souta hatte nicht unbedingt Lust, gegrillt und von einem Stromschlag erfasst zu werden, weswegen er Haken schlagend an den armen Fanatikern vorbeitänzelte und einen Gang zuschaltete. Er kam im selben Moment an Sylvana vorbei, in der ihr Zauber auch den letzten Rest der vor ihr liegenden Fläche ausfüllte und rettete sich durch die nicht vorhandene 360° Wirkung mit einem galanten Sprung in die Sicherheit des Streifens, der von dem Gebrüll nicht erfasst wurde.

Leicht außer Atem wischte er sich über die Stirn und betrachtete einen Moment den magischen Handschuh daran, um sicherzugehen, dass keine wichtigen Instrumente ihrer Quest beschädigt worden waren, ehe er sich trotz all dem Pflichtgefühl einen Blick auf die Verwüstung gönnte. Dragonslayer waren tatsächlich eine ganz andere Sorte Magier … Wer eine solche Kraft im Körper trug … Irgendwie konnte er verstehen, dass viele von ihnen sich für besser als einfache Menschen hielten. Nicht, weil sie es waren … Sie hatten ihnen einfach dieses kleine Detail voraus, diese „Superkraft“, wenn man so wollte. Sylvana konnte sich während eines Sturmes auf einen hohen Berg stellen, den Mund aufmachen und jeden kommenden Blitz einfach schlucken, während einfache Menschen einen solchen Einschlag wahrscheinlich nicht einmal überleben konnten. Drachenkinder waren wirklich etwas Besonderes …

„Yo, alles gut!“, rief Souta schließlich, als Valerie sich lieberweise nach seinem Wohlergehen erkundigte, und schritt auf die beiden Mädchen zu, während er versuchte sein Lächeln zu unterdrücken. „Die Technik ist ziemlich cool. Ich kenne sie nur in der windigen Variante.“ Er zwinkerte Sylvana zu und betrachtete die beiden schließlich von oben bis unten, um sicherzugehen, dass sie sich auch nichts getan hatten. Ihre Bedroher sahen deutlich lädierter aus und würden wohl noch eine gewisse Zeit in etwas tieferer Trance verbringen als es ihre bloße Gottesfurcht verursachen konnte, doch Souta konnte nur beschränktes Mitleid für sie empfinden. Wer sich so vollkommen von anderen beeinflussen ließ, war sicherlich nicht ganz unschuldig an seinem Schicksal, zumal ihnen niemand erzählt hatte, dass es Zivilisten hier drinnen geben könnte. Das machte ihren Job noch viel schwieriger und würde dem Rotschopf wohl früher oder später Kopfschmerzen bescheren. Bis jetzt hatten sie allerdings die erste Hürde gemeistert – fehlte nur noch das Abschalten der Barierre. Doch wie schwer konnte das schon sein, hm?

Kaum hatte sie die Tür durchschritten, spürte Sylvana schon eine Welle der Erschöpfung durch ihren Körper schwappen. Ihre Arme fühlten sich schwer wie Blei, während sie ihren Körper einfach gegen die Kristallwand neben der Tür lehnte und für kurze Zeit ihre Augen schloss. Vielleicht hatte sie beim Wirken dieses Zaubers doch ein wenig zuviel Mana in ihren Lungen konzentriert, immerhin war es nicht alltäglich für die Dragonslayerin ihr Gebrüll zu entfesseln. Als sie mit Raiden auf der Spitze des Mount Hakobe trainiert hatte, waren ihre Energiereserven zu keinem einzigen Zeitpunkt ausgelaugt gewesen, hatte ihr der Donnerdrache genug Energie zukommen lassen, an die sie sich laben konnte. Gerade eben war es aber was völlig anderes. Das waren keine Trainingsumstände gewesen, dass war eine Situation gewesen, wo sie alles aus sich herausbrüllen musste. Da war es nun einmal sicherer gewesen mehr Mana zu kanalisieren, als sie es im Training getan hätte. War nur zu hoffen, dass mehr Mana in diesem Fall nicht auch zu Verletzungen geführt hat. Die lähmende Wirkung jedenfalls schien eingetreten zu sein, was Sylvana doch wenigstens ein wenig ruhig stimmte. Aufpassen mit dem Gebrauch dieses Zaubers musste sie dennoch, wenn man die Erschöpfung, die über sie nun hergefallen war, nicht unterschätzen wollte. Das nächste Gebrüll dürfte nur ihre letzte Trumpfkarte sein, das Ass in ihrem Ärmel, ihr Last Resort. Bis dahin musste sie wirklich mit dem Gebrauch ihres Manas aufpassen, wenn sie nicht hier irgendwo innerhalb des Schlosses eine Quelle elektrischer Energie finden sollte. Aber mal ehrlich: Warum sollte sich so etwas in einem Kristallschloss befinden?
Seufzend öffnete sie die Augen und richtete sie direkt auf Souta, welcher nun auch zu ihnen aufgeschlossen hatte. Gut, dass sie den rothaarigen Magier in seinen Fähigkeiten keineswegs unterschätzt hatte, sonst wäre er jetzt vermutlich auch ein gelähmtes Häufchen Elend in der Menge der fanatischer Zombies. „Es ist im Moment das Mächtigste, was ich an Magie aufbieten kann. Recht manazehrend leider auch noch, wenn ich das erwähnen darf.“ Sie stieß sich von der Wand ab, streckte einmal ihre schweren Glieder durch und ließ den Kopf ein wenig kreisen. „Oh, du hast Seraphim schon einmal in Aktion erlebt? Ich muss zugeben, dass es bei ihm sehr viel einfacher aussieht, als es sich derzeit für mich anfühlt. Wobei man das von ihm erwarten sollte, so als Sephirot der Gilde.“ Es war wohl nach all der Hysterie, die noch vor kurzer Zeit bei seinem Outing (oder nicht Outing, so ganz sicher konnte man sich nach all dem hin und her nun auch wieder nicht sein) herrschte, einer dieser berühmten blinden Schüsse ins Schwarze, den Sylvana hier eventuell gelandet hatte. Vermutlich war es hier ein glücklicher Zufall, dass ihr die Häufigkeit, mit welcher der Dragonslayer des Windes mit dem rothaarigen Magier seine Zeit auf Quests verbrachte, nicht bekannt war und sie weiterhin das Bild eines weißhaarigen, jungen Mannes in ihrem Kopf hatte, den man als Frauenheld schlechthin betiteln konnte, wenn man denn so wollte. Was das Hintergrundwissen, welches sie hier nicht besaß, an ihrer Anschauung dem Sephirot gegenüber verändern würde, konnte man pauschal nicht sagen. Dafür kannte sie ihn wirklich zu wenig (bisher war sie dem versprochenen Date auch irgendwie aus dem Wege gegangen). Fakt war jedoch: Sie konnte Eins und Eins in dieser Situation nicht zusammenzählen und Souta eine eventuell peinliche Situation vor ihr und Valerie ersparen – solange der schnellste Magier Fiores denn nicht selbst in ein Fettnäpfchen treten sollte.

Tatsächlich war Valerie nicht vollkommen unerfahren, was den Umgang mit Dragonslayerin, denn vor nicht allzu langer Zeit hatte sie sogar einmal eine Quest mit einem Vertreter dieser Magie bestritten. Alistair, Dragonslayer der Finsternis, hatte sie in die Berge begleitet, um dort nach einigen Kräutern für einen Professor zu suchen. Dieser Auftrag hatte ein denkbar unerwartetes Ende gefunden und auch wenn der andere Finsternismagier bei weitem nicht so eindrucksvolle Attacken benutzt hatte, wie es gerade bei Sylvana der Fall gewesen war, so war er dennoch auf seine Art und Weise hilfreich und nützlich gewesen. Die dunkelhäutige Blue Pegasus Magierin hatte mit ihrem Angriff jedoch nichtsdestotrotz einen wahrlichen Eindruck hinterlassen und gerade die Sakai, welche ohnehin so unwahrscheinlich fasziniert und leicht zu begeistern war, wenn es um die Magie anderer Leute ging, hatte sie genau auf dem richtigen Fuß erwischt. Und dennoch war es auch für die Dunkelhaarige recht offensichtlich, dass dieser Zauber, so stark und mächtig er in seiner Wucht auch sein mochte, die Dragonslayerin ordentlich mitgenommen hatte und Sylvana für diese Demonstration ihrer Stärke nun einen recht hohen Preis zu zahlen hatte. Offensichtlich ging eine solche geballte Menge an Energie nicht ohne einen relativ hohen Manaverlust einher und für einen Augenblick konnte die Sakai nicht anders, als sich zu fragen, ob es das denn auch wert gewesen war. Auf der anderen Seite fiel ihr dann jedoch ein, dass die Fernandez ihre kleine Gruppe praktisch gerettet hatte, weshalb sie diese Gedankengänge eilig wieder aus ihrem hübschen Kopf verbannte.
Das Thema war mittlerweile ohnehin in eine viel interessantere Richtung gewandert, denn als Magierin der Gilde Lamia Scale gab es für Valerie kaum etwas interessanteres, als mehr über die Magier anderer Gilden zu erfahren. "Ihr habt einen S-Rang Magier mit dem Namen Seraphim? Bei euch werden die Magier mit S-Rang doch Sephirot genannt, oder?", fragen konnte man schließlich, immerhin baute das gesamte Wissen der Sakai auf Dingen auf, die sie einmal gelesen oder aber irgendwo aufgeschnappt hatte. Da bot es sich doch an, wenn man diese Situation nutzen und sich ein wenig informieren würde. Wer wusste schon, wann man diese Informationen später einmal brauchen konnte? "Seraphim ist ein schöner Name...bedeutet das nicht Engel?" Sie meinte, sich da an eine ähnliche Bedeutung erinnern zu können, die sie einmal in einem Buch gelesen hatte. Sicher sah der Sephirot aus Blue Pegasus dann auch aus wie ein Engel, ganz anders als der S-Rang Magier, dem sie in ihrer eigenen Gilde einmal begegnet war. Das war noch zum Anfang ihrer Magierkarriere gewesen, als sie mit Neon und Jacen in einem alten Heukarren direkt vor das Gildentor gedonnert und durch das Blumenbeet eben jenes Magiers gefahren hatte. Dieser hatte dann in seinem Zorn eher einer überreifen Tomate als dem betörenden Bild eines Engels geglichen und Valerie nicht nur schnell klar gemacht, was es bedeutete, eine Magierin von Lamia Scale zu sein, sondern auch, dass man sich einen Magier derartigen Ranges nicht unbedingt zum Feind machte, solange es sich denn vermeiden ließ.
Gerade wollte Valerie noch ein wenig genauer über diesen geheimnisvollen Seraphim nachfragen und in wie weit Souta und Sylvana ihn kannten und mit ihm zutun hatten, als sie plötzlich aus der Ferne etwas hören konnte. Die Sakai verharrte in ihrer Bewegung und ihre Muskeln spannten sich beinahe automatisch an, während sie die Ohren spitzte und in die fast schon dröhnende Stille hineinlauschte. Da, einige Meter entfernt konnte sie eindeutig Geräusche ausmachen. Geräusche, die schon beinahe so wie menschliche Stimmen klangen. Und wenn die Dunkelhaarige sich konzentrierte und ganz genau hinhörte, dann bildete sie sich ein, eine Stimme rufen zu hören, Worte die durch den Gang hallten und welche die Lamia nun ganz klar verstehen konnte. "Hey, hast du das gehört? Da hinten, da war doch ein Geräusch!" Und dann, zu Valeries großem Entsetzen, konnte sie hören, wie mit einem Mal das Geräusch von Schritten erklang, die sich unaufhaltsam auf die kleine Gruppe zubewegten.

Itasa Soutanobu, seines Zeichens wunderschön und gottgleich, stieß ein sehr ekeliges, grunzendes Schnaubgeräusch aus, was an eine erstickende Robbe erinnerte. In Wahrheit versuchte er allerdings nicht potentiell knuffige Meeressäuger zu imitieren, sondern zügelte mithilfe seiner Nase und ein wenig herausgestoßener Luft den Drang, sich auf den Boden zu werfen, laut loszulachen und wahrscheinlich die ein oder andere Wand einzureißen, indem er hemmungslos auf sie einklatschte. Der Kettenmagier schraubte eine Haaresbreite an einem hysterischen Anfall vorbei, den er sich in dieser Umgebung nicht leisten durfte. Menschen konnten soviel wissen und doch so vollkommen unwissend sein. Sylvana lobte Seraphims Fähigkeiten und benutzte die interessante Formulierung, die Soutas Hirn in den Overdrive beförderte und ihn dazu zwang, sich heftig zusammenzureißen, um nicht schreiend davonzulaufen. Besagter Sephirot hätte mit demselben Wissen wie Souta wahrscheinlich süffisant gegrinst und etwas gesagt wie „Ja, ich habe ihn durchaus in Aktion erlebt, Sylvana-chan~“, aber Souta war ein ehrlicher Mann, der seine Gefühle auf der Zunge spazieren trug. Außerdem wagte er es nicht, diese Frage mit irgendeiner wortreichen Antwort zu kommentieren, da er sich am Ende vielleicht noch verplapperte. Was sollte er auch sagen? Dass ein mächtiger Sephirot des Himmels und Beherrscher solch starker Magie irgendwie an seiner furchteinflößenden Aura verlor, wenn man ihn dabei beobachtete, wie er sich morgens nach dem Aufstehen am Hintern kratzte? Wenn man seine Unterhosen mitwusch? Wenn man ihm Klopapier brachte? All diese Informationen waren viel zu brisant, als dass er sie mit den beiden jungen Frauen teilen könnte, also nickte Souta einfach nur und tat so, als wäre er ebenso in tiefer Bewunderung über den S-Rang Magier ihrer Gilde versunken. Leider kam er nicht weit mit seiner vorbildhaften Selbstbeherrschung, denn Valerie MUSSTE ihn ja unbedingt mit einem Engel vergleichen, woraufhin der sterbende Tiergrunzer seinen Auftritt hatte.

„Ja, du hast Recht. So heißt er ...“ Allerdings kam er nicht weiter – Glück für ihn – denn im nächsten Moment schien man auf sie aufmerksam zu werden – Pech für ihn – und ihren Standort auszulotsen. Ein kurzes Gespräch zwischen ihren Verfolgern und ein Blick über die Schulter von dem Rothaarigen später, hörten sie auch schon Schritte näherkommen. Das war etwas dumm. Sie standen quasi vor den bewusstlos geschockten Körpern ihrer Verbündeten wie ein Kind mit der Hand in der Keksdose und konnten weder zurück noch nach vorne. Kurz überlegte der Kettenmagier, ob er ein Loch in die Kristallwand neben ihm stanzen sollte, doch das würde zu lange dauern und wäre sicherlich kein ordentliches Versteck. Also trat er einen Schritt vor, vor die angespannte Valerie und die angeschlagene Sylvana, und runzelte die Stirn. Der Spaß von zuvor war wie weggeblasen, denn jetzt wurde es ernst. Wenn sie es mit einem Godslayer zu tun haben würden, konnten sie kaum dagegen halten, denn diese Menschen waren mehr als übermächtig stark. Letztes Mal hatte eine solche Person ihn fast spielend auseinandergenommen, was würde da erst bei einem Team von ihnen geschehen? Mit gespitzten Ohren lauerte Souta auf das kleinste Geräusch und wurde auch nicht enttäuscht, denn bald tauchten im Gang die Silhouetten einer kleinen Gruppe von etwa fünf Menschen auf, die schnell auf sie zukamen. Der Feuermagier hob den Arm und machte eine ausschweifende Bewegung, woraufhin das Ende seiner Peitsche vor den Füßen der Rennenden auf den Boden klatschte und sie zum Innehalten bewegte. Gut. Wenn sie sich einschüchtern ließen, waren sie vermutlich keine mächtigen Wesenheiten, oder?
Die Gruppe blickte sich einen Moment lang schweigend an, dann deutete einer, ein dickerer Herr mit Brille, auf die Stäbe in Valeries Händen. „Was hast'n du da?“
„Geht dich nichts an. Was sollt ihr denn für Wachposten darstellen?“ Eine berechtigte Frage, denn die Gruppe bestand aus einem Mann, der wohl eine ganze Kuh frühstückte und von seiner Behaarung und der Dicke seiner Brillengläser zu schließen ein Wer-Maulwurf war, einer Bohnenstange mit absonderlich abstehenden blonden Haaren, einer Frau mit verfilzten Haaren und einem kleinen Männchen mit Vollbart, der auch als Gartenzwerg durchgehen könnte. Keine sehr beeindruckende Gegnerschar.
„Wir sind ein wichtiger Teil der Contriisten! Ihr seht nicht aus wie die Halus da drüben, also seid ihr Einbrecher … Das bedeutet, dass wir euch nicht in unser Sanktum lassen können!“
„Ich hab kein Interesse an eurer Kirche. Wir werden uns nicht aufhalten lassen, also tretet beseite oder ich muss euch loswerden.“
Sie bewegten sich keinen Milimeter. Also hatte dieser kunterbunte Haufen es nicht anders gewollt ...

Seraphim, ein Engel? Ein Gedanke, der sich vielleicht in einigen Punkten der Wahrheit bemächtigte, wenn man den Dragonslayer des Windes durch die Luft fliegen sah, glich er doch schon irgendwie einer dieser Fabelgestalten. Nur die Flügel fehlten. Und die Tatsache, dass er sich nicht wirklich wie ein Engel verhielt, von dem, was Sylvana bisher erleben durfte. Eher wie ein Teufel, der sich jeden Umstand, den er finden konnte, für sich drehen würde, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Ungern erinnerte sie sich daran zurück, wie sie damals im Examen hilflos auf den Rücken gelegen hatte, ihren Stolz ablegen hatte müssen um sich von ihm retten zu lassen und wenigstens ein Stockwerk höher zu erreichen, um dort dann abstürzen zu dürfen. Die einzige richtige Begegnung mit dem Dragonslayer des Windes, wenn man einen kurzen Sichtkontakt nicht dazuzählen sollte. Ehrlich gesagt, hatte sie versucht seinen Blicken auszuweichen, ihm allgemein aus dem Weg zu gehen. Eigentlich war Sylvana jemand, der zu ihrem Worte stand, aber irgendwie verursachte der Gedanke an ein Date mit dem Dragonslayer doch ein gewisses Unbehagen, welches sie sich nicht erklären konnte. Vielleicht lag es an seiner merkwürdigen Ausstrahlung, gepaart mit gesäuselten Worten seiner Stimme, die ihr sofort eine unangenehme Gänsehaut über die Haut trieb. Ewig würde sie ihm nicht ausweichen können, dass wusste sie. Irgendwann würde sie ihre Schuld einlösen müssen, ob sie nun wollte oder nicht. Und irgendwie war es ja nur ein Date, oder? Was sollte da schon passieren können…
Zeit, sich darüber weiterhin ihren zarten Kopf zu zerbrechen, hatte Sylvana sowieso nicht, da sie unglücklicherweise nicht alleine blieben. Die kurze Pause, in welcher sie ihr weiteres Vorgehen besprechen hätten können und sie ihren Körper kurz zur Ruhe bringen konnte, wurde abrupt beendet, als eine kleine Gruppe von Menschen sich ihnen näherte und sie vor neue Probleme stellte. Anders als die zombiehaften Leute, die sie eben stilistisch zum Schweigen gebrüllt hatte, waren diese Fünf scheinbar im vollen Zustand ihrer geistigen und motorischen Fähigkeiten. So wirkte es zumindest, bis der Wer-Maulwurf seinen Mund öffnete und redete. Die Worte, die er sprach, bewirkten sogleich zwei Dinge in Sylvanas Innerem: Zum einen wurde ihr leicht Übel, weil sie sich anscheinend einer Gruppierung fanatischer Vollidioten gegenüberstanden. Und zum anderen, weil diese fünf Leute sich als wichtiger Teil dieser Contriisten herausstellten. Diese Tatsache sorgte dafür, dass sie von einem Moment auf den anderen ein Ziel für all die negativen Gefühle hatte, sie sich beim Anblick der sogenannten Halus, wie der Kerl die armen Geister nannte, in ihr gesammelt hatten. Und wenn eine Sache schlimmer war, als Sylvana mit Übelkeit und einem Eimer in der Hand zu erleben, dann war es sie wohl in Rage anzutreffen. Souta hatte es schon einmal miterleben dürfen, wenn auch sicherlich bei weitem nicht so aktiv, hatte er es doch mit einer anderen Furie zur gleichen Zeit zu tun gehabt, die ihn an den Kragen wollte. Wie dem auch sei, jetzt war eine andere Situation, eine andere Umgebung und eine andere Zeit. Eines war aber gleich, das Feuer, welches sie tief in ihrem Inneren aufflackern spürte. Locker stieß sie sich von der Wand ab, schritt langsam an Souta und Valerie vorbei, den Blick starr auf den haarigen Mann mit Brille gerichtet. Sie hörte, wie weiterhin Worte aus seinem Mund flossen, nahm sie aber nur als nervtötendes Gebrumme war, welches sie weitestgehend ignorierte. Ihre Hände wurden zu Fäusten geballt, Blitze zuckten wieder und wieder um ihren Körper, ehe sie mit einem Mal einen großen Satz machte und mit einem kraftvollen Sprung die restliche Distanz überwand und ihre von Blitzen umhüllte Faust direkt in den Magen bohrte, mit einer solchen Wucht, dass der Kerl gut einen halben Meter nach hinten befördert wurde, ehe er reglos auf den Boden klatschte. Für einen ganz kurzen Moment, als sie sich langsam wieder völlig aufrichtete, sah man etwas, was bei Sylvana in solchen Situationen gerne ausbrach. Ihre Aura, die sich in Form von kleinen, wirbelnden Blitzen um ihren Körper gelegt hatte, formte für einen Sekundenbruchteil das Bild eines brüllenden Drachens, welcher wütend brüllend sich ihnen entgegenstellte, ehe es wieder verflog, wie ein kurzes Trugbild. Was blieb, waren ihre Augen, die den vier Leuten gefährlich entgegenfunkelten. Das lebendige Blau aus ihren Augen war fast völlig gewichen, geblieben war ein eiskalter Ausdruck in ihren Augen, dessen geschlitzte Pupillen den Eindruck erweckten, dass sie selber eine dieser mächtigen Bestien in Menschengestalt war.
Anstatt eine große Erklärung zu bringen, warum sie all den Hass, die Verabscheuung, die Wut, die sie beim Anblick der Halos gespürte hatte, nun auf die fünf Menschen richtete, formte sich in Sylvanas Kopf, durch den derzeit kaum richtige Gedanken flogen, ein kleiner Satz, der kurz daraufhin auch ihre Lippen verließ: „Wer ist der Nächste?“

Valeries erste Reaktion war Unglauben. Ein Gefühl, das ähnlich eines lebenden, pulsierenden Giftes durch ihre Adern glitt und in ihre Gliedmaßen fuhr, in dem offensichtlichen Verlangen ihren gesamten Körper zu betäuben und sie unfähig einer körperlichen Reaktion zu machen. Sie wollte etwas sagen, sie wollte den Mund öffnen und sprechen, um überhaupt irgendein Geräusch von sich zu geben, doch ihr fehlte die Luft und in ihrem Schreck auf die Kraft zu atmen, um diesen Verlust in irgendeiner Weise kompensieren zu können. Objektiv betrachtet war es wohl nicht einmal eine besonders große Sache. Okay, Sylvana hatte ein wenig die Kontrolle über ihr Temperament verloren und war auf die Neuankömmlinge wie eine Furie losgegangen, doch eigentlich war das keinerlei Grund für Valerie, warum sie sich mit einem Mal so befangen fühlte. Sie hatte bereits vorher gewusst, dass die Fernandez eine starke Magierin war, die mit ihren Blitzen umzugehen wusste und ab und an aus einem Impuls und ihrem Temperament heraus handelte, daher gab es im Grunde keinerlei Erklärung für die Tatsache, dass auf das beklemmende Gefühl des Unglaubens mit einem mal glühend heißer Zorn folgte. Zorn, der sich in seiner Wucht mit einer gehörigen Portion Angst vermischte und sie in ihrem ersten Impuls einige Schritte zur Seite in Richtung Souta stolpern ließ, wo sie aus einem Reflex heraus mit ihrer freien Hand nach seinem Arm griff. Valerie war es gewohnt, dass man sie beschützte, wenn es hart auf hart kam und gerade jetzt, wo die Gefahr praktisch aus den eigenen Reihen zu brechen schien, fühlte sie sich auf gewisse Art und Weise fast schon dazu verpflichtet, bei der nächst stärkeren Person Schutz zu suchen. Souta war diese Person und Valerie sich sicher, dass er die wütende Dragonslayerin mit Sicherheit aufhalten würde, wenn es hart auf hart kam. Dann jedoch überschwappte sie ein Gefühl der Schuld, dass wohl vor allem damit zu tun hatte, dass sie die Verantwortung wieder einmal auf jemand anderes ablud, anstatt selber die Initiative zu ergreifen und etwas zu tun. Natürlich war der Rothaarige ihr Teamanführer und damit in gewisser Weise verantwortlich für die kleine Gruppe, doch das hieß doch noch lange nicht, dass er sich auch um alles allein kümmern musste. Immerhin war sie selbst auch ein Teil dieses Teams, lag der Erfolg der Mission damit nicht auch in ihrer Verantwortung?
Valerie machte entschlossen einen Schritt nach vorne, biss hart die Zähne aufeinander und stieß dann ein missmutiges Zischen aus, welches eindeutig von ihrem Ärger sprach. Die violetten Augen der Sakai waren wütend zu Schlitzen verengt, während sie mit dem Gedanken spielte, Sylvana ganz einfach eine Kopfnuss zu verpassen und sie so eventuell wieder zu Sinnen zu bringen. Dann jedoch musste sie an ihre hohe Schmerzempfindlichkeit denken und daran, dass dieser Versuch wohl zurückfeuern würde, weshalb sie sich stattdessen lieber für eine andere Technik entschied und ihre freie Hand von Soutas Arm löste. Sie schüttelte die Finger aus, dann sammelte sie Mana in ihren Spitzen und kurz darauf huschten sie auch schon durch die Luft, ein Wort in schillernden Runen zeichnend, dass in seinem violetten Licht dann auch schon auf Sylvanas Arm aufleuchtete. Vielleicht würde ein wenig Glück die Dragonslayerin ja wieder zurückbringen und wenn nicht, dann hatte Valerie immer noch einige aufmunternde Worte auf Lager, die sie nicht zögerte, der Brünetten an den Kopf zu werfen. "Meine Güte, willst du sie umbringen? Schau dir den Haufen doch mal an, wirken die für dich tatsächlich so gefährlich, dass es nötig ist, sie zu verprügeln?" Es dürfte nicht sonderlich schwer sein, den Unmut in ihrer Stimme zu erkennen, der sich langsam blubbernd seinen Weg an die Oberfläche bahnte. Wie konnte man so wenig Selbstbeherrschung besitzen, dass man dermaßen in seiner Rage verfiel? Dabei taten ihr die Fremden ja nicht einmal besonders leid, immerhin steckten diese offensichtlich mit den Contriisten unter einer Decke, es ging tatsächlich viel mehr um eine prinzipielle Sache, an der die Sakai ihr Missfallen fand. Sie würden hier immerhin mit großer Wahrscheinlichkeit nicht sicher durch das Schloss kommen, wenn Sylvana den Palast mit ihren Blitzen vorher einreißen würde und gerade Valerie gehörte zu den Menschen, die seltsamerweise recht interessiert an dem eigenen Wohlbefinden und der eigenen Sicherheit waren.