CF: Lamia Scale Gildenhaus

Schließlich saß Neva auf einer kleinen Mauer am Bahnsteig, den Fahrplan bereits gecheckt, die Fahrkarte gekauft und bewaffnet mit einer süßen Leckerei, die sie nun seelenruhig verspeiste. Blöd nur, dass der Puderzucker ihr überall im Gesicht kleben blieb und auch die cremige Füllung, sich wehrte, einfach so verzehrt zu werden. Die Beine ließ sie von der Steinmauer baumeln, das Katana neben sich abgelegt und der Rucksack zu ihren Füßen auf dem Boden. Ein Zug nach dem anderen passierte den riesigen Bahnhof und verpestete die Umwelt auf unschöne Art und Weise, so sehr, dass es tatsächlich in der Nase brannte. Aber das sollte jetzt nicht ihre Sorge sein, solang sich Soul beeilte, war alles gut.
Es dauerte eine Weile, aufmerksam leuchtete sie ihre Umgebung ab, entdeckte Soul schließlich. Normalerweise wäre auch hier wieder ihr Geruchsinn gefragt, mittlerweile hatte sie ein Tuch über die Nase gezogen, bzw. um den Hals geschlungen, in der Hoffnung, die Luft zumindest etwas filtern zu können. Ihr Geruchsinn gänzlich betäubt. Als sie ihren Partner also ins Auge fasste, war die Leckerei bereits in ihrem Bauch, der Puderzucker weg. Sie schnappte ihr Katana und sprang von der Mauer. Der Rucksack wurde gegriffen und sie lief lächelnd auf Soul zu. „Da bist du ja. Ich wäre dir übrigens sehr dankbar, wenn du auf die ganze übertriebene Höflichkeit verzichten würdest. Ich bin keine Prinzessin, also keine Sorge. Ich beiß dich nicht, wenn du auch du zu mir sagst.“ Mit einem tosenden Rauschen traf schließlich das monströse Metallwesen ein. Neva hätte ihre Ausführungen gern zu Ende gebracht, allerdings bei diesem Lärm unvorstellbar. Sie nickte in die Richtung des metallenen Ungetüms. „Lass uns den Rest drinnen besprechen.“
Die Türen schwangen auf und Neva kletterte die Treppen empor, suchte ein Abteil und machte es sich schließlich auf den weich gepolsterten Sitzen bequem. Der weißhaarige ließ ebenfalls nicht lange auf sich warten. Andächtig hob sie ihre Hand, faste mit dem Zeigefinger nach dem Tuch und zupfte es schließlich vom Gesicht. Genervt lehnte sie sich an, betrachtete Soul erneut, nur um denn die Augen für wenige Sekunden zufallen zu lassen. „Dieser Schmutz. Ich hasse den Fortschritt.“ Gedanklich tauchte sie so langsam in eine Welt, in der die dominierende Farbe Grün war. Wälder wohin da Auge blickte, ein kleiner Bach schlängelte sich durch die Ebene, Vögel sangen ihre Liebeslieder, während der Rotfuchs auf die Jagd ging. Eine lebhafte Vorstellung, sogar den Geruch glaube sie in der Nase zu haben. Das sanfte Rauschen des Windes in den Blättern. Eine Vorstellung jäh unterbrochen durch das rumpelt eines Zuges, der nun durchstartete.
Erneut sah sie Soul an. Es würde eine Weile dauern bis man ankam, genug Zeit zum Reden also. „Erzähl mir etwas über dich. Wie bist du zu Lamia Scale gekommen?“

Wer wohl die Gestalt war? Bei der Frage, ob es sich hierbei um Neva handelte, lag Soul wohl doch richtig - Es war sie. Sie schien ein bisschen genervt zu wirken, als hätte jemand ihr etwas Schlimmes angetan. Vielleicht war es Souls Schuld, da er so schnell, wie es ging, aus der Gilde gerannt war, ohne der Dragonslayerin eine Chance zu lassen noch ein kleines Wörtchen zu sagen. Aber es handelte sich hierbei nicht um Soul, der ihr diesen gernervten Ausdruck gebracht hatte, es schien mehr mit der Umgebung zu tun zu haben. Woran er das merkte? Na, an dem Tuch, dass sie sich über ihr Gesicht gestöbert hatte, sodass Mund und Nase verdeckt waren. Es lag wahrscheinlich an dem Rauch hier am Bahnsteig. Die Dragonslayer waren ja dafür bekannt, dass sie einen sehr gut ausgebauten Geruchssinn besaßen, genauso wie Hunde.
Jedenfalls machte er sich keine Gedanken mehr darüber, weil für ihn die Bitte von Neva sehr amüsant vorkam. Er musste schon mehr als nur Grinsen, was er sonst immer tat, er hatte schon leicht angefangen dabei zu lachen. "Natürlich, dann spreche ich halt ganz normal. So, wie jeder andere Mensch auch." Darauhin traf auch schon ihr Zug ein, der sie direkt nach Marokkasu Town brachte. Vielleicht waren diese Züge außen hin recht schling gestaltet und gar aus Metall, aber die Inneneinrichtung der einzelnen Wagons war mehr als Belohnung, als es der Weißhaarige haben wollte.
Aber bevor er die Inneneinrichtung mit seinen eigenen Augen sehen konnte, musste er Neva hinterher und das tat er natürlich auch. Indem sie sagte, dass sie den Rest drinnen besprechen würden, folgte er ihr, nachdem die Türen der einzelnen Wagons aufgegangen waren. Innerhalb ihres Wagons setzten sie sich auf ihre Plätze und versuchten die ersten Sekunden sich vom Lärm bzw. vom Qualm zu erhohlen. Anhand dessen was sie daraufhin sagte, konnte er sich ein Bild davon machen, wie diese Frau in Wirklichkeit dachte. Sie hatte wohl stark etwas gegen den Fortachritt und sich gegen Schmutz, so, wie er das laute Denken vernehmen konnte. ... Aha, wieso erzählt sie mir das? Nun ja, ich will ja mal nicht so unhöflich sein und halte deshalb meine Klappe.
Nach der kleinen Verschnaufpause begann Neva endlich zu reden und ihm eine Frage zu stellen, von der er nicht wusste, dass diese jetzt kommen würde. "Das möchtest du wohl unbedingt wissen, wie? Nun gut, um es einfach zu machen: Ich habe mich von meinem Schicksal leiten lassen und bin schließlich der Lamia Scale beigetreten. Nebenbei, ich kannte zu der Zeit auch nicht mehr Gilden als unsere, aber seitdem ich in diesem Geschäft der Lamia Scale bin, habe ich natürlich auch von anderen Gilden erfahren. Aber gut, da du mich nun gefragt hast, darf ich auch dir eine Frage stellen: Wer bist du?" "Wow", wäre vielleicht eine Reaktion gewesen, denn, obwohl man sich als Partne kannte, könnte man sich Fragen vorstellen wie: 'Wie alt bist du?', 'Bist du lange in der Gilde?','Von wo hast du deine Magie gelernt?', aber so etwas wie 'Wer bist du?' konnte einen wirklich aus der Fassung bringen.
Soul wollte damit eins erreichen, sodass er dann schließlich alles über sie wusste. Doch tat sie auch das, was er von ihr verlangte?

Es war töricht zu glauben, einen Menschen jemals ganz zu kennen, ihn zu durchschauen und seine Handlungen berechnen zu können. Man konnte eine Person gut kennen, man konnte möglicherweise nachvollziehen, warum diese Person etwas tat, aber man würde niemals alles über sie wissen. Jede Empfindung, jeden Eindruck den ein Individuum verarbeiten musste, säte schließlich neue Gedanken, Ideen die den Geist infizierten und schließlich den kompletten Persönlichkeitswechsel beschwören konnte. Für den der sich zu sicher fühlt ein eiskalter, sauberer Genickbruch. Dann zu hoffen, mit einer einzigen Frage zu erreichen, was manche nicht einmal mit stundenlangen Gesprächen schafften, das war wirklich dumm. Neva lächelte amüsiert. Der nette Herr wollte spielen, soviel stand fest. Aber nach so kurzer Zeit, wo man doch so überhaupt nichts übereinander wusste. Seine wahre Intension ließ sich nur durch Spekulationen erklären, etwas das sie nicht gern machte. Sie brauchte Beweise. Was sie aber definitiv wusste, war das sich ihre Herkunft bereits rumgesprochen hatte und wenn selbst jemand wie Soul nach so kurzer Zeit Bescheid wusste, der eben nicht Oberhaupt war, dann gab es noch viele viele mehr. Soviel also zur Diskretion. Er wusste also, dass sie ein Metall Dragonslayer war, würde sie es bestätigen? Sicher nicht. Auch wenn er da möglicherweise drauf anspielte. Für eine fassungslose Reaktion und hilfloses Stottern war er leider schon zu spät. Nicht einmal ein Blinzeln erwiderte sie als Reaktion, lehnte sich schließlich lässig zurück und hob den Kopf gen Decke. Übrigens ziemlich lustig. Neva versuchte lediglich ein Gespräch anzukurbeln, während Soul es als Gefallen betrachtete, dass er auf ihre Frage antwortete. Er legte es wirklich auf ein Spiel an. Doch wer war er?! Ein kühler Taktiker, ein emotionsloser Killer?
„Wer ich bin?“, wiederholte sie schmunzelnd. „Ein Mädchen, dass weit rumgekommen ist und Dinge gesehen hat, von denen du nicht einmal zu träumen wagst. Nächste Frage. Hast du eine Freundin?“ Was das jetzt sollte? Das kam ganz auf Souls Reaktion an und seine nächste Frage.

Nun, irgendwie war es zu erwarten, dass Neva so eine Reaktion von sich gab, aber daraufhin noch die Frage „Hast du eine Freundin?“ zu stellen, war nicht gerade das, was Soul erhoffte zu hören. Ob nun ihre Antwort stimmte oder nicht, konnte er womöglich nicht wissen. Ein Mädchen, welches heruntergekommen war und Dinge erlebt hatte, von denen Soul nicht träumen wollte? – war das ihr ernst? Also, es könnte möglich sein, dass es der Wahrheit entspricht, da ein Mensch so schnell keine Lüge auftischen konnte. Vielleicht war sie ja vorbereitet? Nein, kann nicht sein. Innerhalb einer Stunde sich nur allein auf diese Frage vorzubereiten ergab für ihn keinen Sinn. Also, wieso diese empörte Reaktion mit dem Hauch von Arroganz? Sie will also das gleiche Spiel spielen? Schön, es ist Zeit für Akt 2. Soul lehnte sich zurück und schlug das eine Bein übers Andere, brachte seine Hände dabei zusammen, als wäre er ein Psychiatiker, und öffnete dabei ein bisschen mehr seiner Augen, damit aus dem Schatten seiner Haare das stechende Rot herausblicken konnte. Außerdem hatte er noch sein übliches Grinsen auf dem Gesicht. “Ein Mädchen, welches Dinge sah, von denen ich nicht einmal träumen wollte? Interessant, so habe ich es erwartet. Ja, das war seine erste Reaktion, doch nun kam die Einmillion Jewel-Frage: Hast du eine Freundin? Hm … einen Freund besaß er, obwohl er das nicht gerne hatte. Es war seine eigene Dunkelheit, die er als Quelle seiner Kraft benutzte – Nedar. Aber, sie hatte nach einer Freundin gefragt. Das war nämlich ganz 'was Anderes.
Er konnte ihr die Wahrheit erzählen, aber vielleicht war das auch nur ein Annäherungsversuch? Auf keinen Fall, er hatte sie genug studiert, sodass er wusste, dass es ein Trick war, den sie ausspielte. Sie wollte ihn auf die Probe stellen und schauen, ob er taff genug war, mit dieser Frage klarzukommen – oder war es doch nur Annäherungsversuch? Auf jeden Fall schloss er kurz die Augen, die er zuvor etwas mehr geöffnet hatte und versuchte die Hitze von sich wegzudrängen, die ihn umzingelt hatte. Vielleicht lag es daran, dass er leicht nervös wurde, oder es auch nur an der schlechten Luftzufuhr lag? Soul wollte sich darum nicht kümmern und beantwortete schnurstracks die Frage, wobei er die Augen weiterhin geschlossen hielt. “Nein, ich habe keine Freundin.“ Es war auch ein bisschen seltsam für ihn gewesen, da er in seiner Kindheit keine Freunde hatte, da sie ihn als Gefahr einstuften. Und später war er auch schon in der Gilde, wo er nur darauf fixiert war Quests zu erledigen.
Ob nun ein kühler Taktiker oder ein emotionsloser Killer – er war nicht derjenige, der so einfach aufgab. “Hehe, deine Frage war nicht schlecht, muss ich zugeben. Was wäre, wenn ich dich fragte, was du so in der Vergangenheit getan hattest, bevor du der Gilde beigetreten warst und bei wem du gewesen warst? Natürlich liegt es an dir diese Fragen zu beantworten.“ Man konnte erkennen, dass er auf das Eine aus war, und zwar auf die Wahrheit, aber wieso? Naja, das musste sie schon selbst herausfinden.

Viel zu offensichtlich und ja er tat genau das, was ein kluger Mensch und Psychoanalytiker nicht tun sollte. Er legte sich fest, ohne Beweise. Seine Aussagen stützten sich nur auf Vermutungen. Seine überlegene Pose unterstrich dieses Denken. Was glaubte er eigentlich wer er war? Neva konnte ihm sagen wer er war: ein Möchtegernanalytiker, der durch seine Arbeit letztlich nur auf ein kleines Fünkchen Anerkennung aus war. Nicht? Ein Mensch der es liebte, wenn andere zu ihm aufsahen. Ein richtiger Psychoanalytiker würde seine Intension doch niemals preisgeben. Wie auch immer, mit der Antwort, er habe keine Freundin, öffnete er Neva so einige Türen. Laut Spielregeln war er nun an der Reihe mit der nächsten Frage einen Volltreffer oder auch nicht zu landen. „Das waren zwei Fragen.“, kommentierte Neva trocken, „Gegenfrage, was glaubst du denn mit wem ich zusammen war? Wenn du so direkt fragst, musst du ja eine gewisse Vorstellung haben.“
Der Zug rollte und rollte, Marokkasu Town entgegen und bald würde das Ziel erreicht sein. Was sie dort zuerst machen würde, war klar. Der Klient wartete auf ihren Besuch, übernachten müssten sie dann wohl in einer Herberge oder so etwas. Es war wichtig Informationen über die Feinde Sakamotos zu sammeln, um klar einschätzen zu können, wer letztlich in das Raster eines eventuellen Täters fallen konnte. Die Route die man Morgen zurücklegen würde, war auch wichtig. Es wartete viel Arbeit auf die beiden Magier und es war wichtig, nichts zu vergessen und bloß keine Fehler zu machen.

Während Neva und Soul ihr Kennenlernen etwas anders betrieben, als es gewöhnlich gemacht wurde, wurde Andernorts ein dicker Umschlag mit Geld an einen Jungen überreicht, welcher nicht älter war, als die junge Jokuta selbst. Seine Mine ohne auch nur ein Anzeichen von Gefühlen. Aufmerksam zählte er da Geld nach und segnete den Deal schließlich mit einem Kopfnicken ab. Sein Auftrag war einfach, ob sein Plan schließlich in seiner Gesamtheit und Umsetzung aufgehen würde, war unklar. Zweifel hatte er persönlich daran nicht, aufgrund seines Alters gab es aber genug, die dazu neigten ihn zu unterschätzen. Wem das schließlich das Leben kostete, das war ganz allein Sache seines Auftraggebers.

Alles lief nach Plan. Neva, die dachte, dass sie die Sache hier unter Kontrolle hatte, war einfach nicht konzentriert dabei gewesen. Souls Absicht diese Frage gestellt zu haben, war eindeutig eine ganz simple, in die Irre führende Falle. Ihn kratzte es nicht, ob sie nun ihm antwortete, oder nicht. Oder ob sie wusste, dass er mit ihr ein Spiel spielte, wobei er doch seinen Spaß dabei hatte. Nein, auch ihre Vergangenheit war ein Vorwand, um zu sehen, ob sie wirklich die Art von Mädchen war, für die er sie eingeschätzt hatte. Er wollte nur wissen wie sie auf was reagierte und wonach ihr in Wirklichkeit war. Du bist wie eine Marionette in einem Puppenspiel. Du versuhst deinen Willen durchzusetzen, aber scheiterst daran, da du durch deine eigenen Meinung zu sicher bist, mit dem, was du denkst. Du vergisst, dass dein Gegenüber mehr ist als ein Amateur.
Nun, Neva schien verwundert darüber zu sein, dass Soul ihr zwei Fragen gestellt hatte, aber es im Grunde nichts bedeuten hatte. Es war keine Absicht gleich zwei von der Sorte zu stellen, aber das nutzte er natürlich aus. Wieder mit seinem hässlichen Grinsen im Gesicht begann er zu sprechen: "Ich habe eine Vorstellung davon, mit wem du zusammen warst?! Ja, wahrscheinlich, aber der Gedanke diesen auszusprechen wäre unnötig. Wenn du diesen aber hören willst, dann soll es mir recht sein. Ich glaube du warst mal mit einem-" Indem der Zug durch einen Ruck den Weißhaarugen aus der Fassung gebracht hatte, bemerkte er, dass es doch gut gewesen war. Hätte er den Satz ausgesprochen, dann wäre vielleicht etwas geschehen, was dem Sensenträger überhaupt nicht gefallen hätte. Wahrscheinlich wäre sie wütend geworden und wenn sie noch brutal war, dann wäre mit hoher Warscheinlichlekt auf ihn losgegangen. Vor allem wäre es schlimm gewesen, wenn sie gerade ihre Tage gehabt hatte. Nur bei der Vorstellung, was geschehen wäre, bereitete dem Weißhaarigen nicht viele schaurige Gefühle, da er nicht gerade davon beeindruckt war, was seine Vorstellungen ihm gebracht hatten.
Auf jeden Fall sagte er dann schließlich: "Ich denke, dass du wahrscheinlich mit vielen Jungen zusammen gewesen warst. Nicht, dass ich dich als Schlampe klassifiziere. Ich denke eher, dass du das du schön genug warst, um Männer nach deiner Pfeife tanzen zu lassen." HÖ!? Was war das denn? Wollte er nun weiterspielen oder hatte er dabei doch etwas eingesehen? Soul schien zumindest einen traurigen Eindruck zu machen.

Zu feige auszusprechen was er dachte. Mit folgenden Worten machte er sich unbeliebt und forderte Ohrfeigen förmlich heraus, aber sie war Neva. Schützling eines Drachen, nicht dass das tatsächlich etwas mit der momentanen Situation zu tun hatte, es gelegentlich zu erwähnen machte dennoch Spaß. Aber zurück zum Wesentlichen. Soul beschwörte Misstrauen, er riet ins Blaue und hatte schließlich ja doch nicht den Hauch einer Ahnung. Neva lächelte nach wie vor unverändert. „Deine Argumentation ist löchrig. Ich glaube Komplimente kann man auf eine andere Art und Weise anbringen, zumal deine Vorurteile gegenüber Angehörigen des weiblichen Geschlechts für sich sprechen. Tatsächlich so oberflächlich, was? Das ist schade.“ Im Übrigen spielte es keine Rolle welche Soul an den Tag legte. Er war mit Sicherheit ein guter Schauspieler, zumindest musste man das sein, wenn man mit so einer Persönlichkeit durch das Leben kommen wollte. Nicht dass sie bereits ein Bild von seiner Persönlichkeit hatte, eher einen ersten Eindruck und der animierte nicht unbedingt weiter nachforschen zu wollen. Die junge Dame legte den Kopf leicht schief und lächelte weiterhin. „Vielleicht solltest du weniger ins Blaue raten, deine feste Meinung abschütteln und dich auf die vor uns liegende Quest konzentrieren. Ich glaube damit wären deine Kapazitäten genug ausgelastet." Ein kleines diplomatisches Vergehen, naja. Soul würde es überleben. Zur Not hatte sie hier immer noch ein Katana liegen, dass im Grunde nur auf seinen Einsatz wartete. Sozusagen um ihn den Gnadenstoß zu versetzen, falls er sich zu sehr quälte. Neva bewies jedenfalls eindeutig, dass sie so etwas nicht zum ersten Mal machte und es wäre ziemlich verwunderlich, wenn er in ihre Körpersprache irgendetwas hineininterpretieren konnte, denn diese ließ genau wie ihre Wortwahl, nicht die geringsten Schlüsse zu. Vielleicht entgegnete Soul ja jetzt auch mit einer kleinen Überraschung?! Dazu müsste er sie aber als Stalker aktiv gewesen sein. Dazu war sie allerdings erstens nicht lang genug in der Stadt und zweitens war es einfach unmöglich, dass Soul auf die Dauer nicht auffiel. Man denke nur an Nevas süßes Näschen.

Game over? Hatte der Weißhaarige, der mit seiner Ruhe versuchte klaren Kopf zu bewahren, wirklich verloren? Ja, es schien so, aber, was er wirklich haben wollte, hatte er bekommen. Das, was er hier die ganze Zeit versuchen wollte zu ermitteln, war, dass er einfach nur herausfinden wollte, ob sie wirklich die Führungskraft besaß und sie hatte eindeutig bewiesen, wie hartnäckig sie in so einem Spiel sein könnte. Da musste er sich also nicht wundern, wenn sie die Führung unter sich beiden übernahm. Also, kein Game Over für Soul, aber, um ihr den Spaß am Sieg nicht zu verderben, hatte er ihr nicht seine wahren Absichten erzählt. Es war gut so, dass er die Ruhe selbst war, sonst wäre er richtig sauer geworden. Wieso? Na, weil Neva noch einen großen Batzen Senf hinzugab, was sie über Soul zurzeit dachte bzw. wie er dachte und auf welche Weise er das dann präsentierte.
Auf jeden Fall gab er sich angeblich geschlagen und versuchte das Gespräch natürlich etwas positiver zu gestalten, als es war. Er wollte zumindest keinen Fight anzetteln, wie eben. “Schön, du hast mich erwischt. Game over, ich habe verloren.“ sagte er ironisch, wobei er natürlich nicht vergaß, dass er sich hierbei etwas traurig zu benehmen hatte. Außerdem folgte daraufhin, dass er wieder sein Grinsen aufsetzte und er die Augen wieder in die entsprechende 1/3 Position brachte. “So, da nun du das Spiel gewonnen hast, muss ich als Verlierer nun etwas dazu beisteuern. Ich werde mich nun korrekt vorstellen: Ich heiße Soul Axe, bin Finsternismagier und tendiere gerne, wie du so eben bemerkt hast, schauzuspielen. Ich bin eher der Typ, der mit großer Höflichkeit spricht, aber, wie du gesehen hast, bin ich auch manchmal etwas merkwürdig. Auf jeden Fall, ist das alles, was du über mich wissen kannst, da ich selbst nichts mehr zu erzählen habe.“ War das nun der Schlussakt? War ihr Spielchen vorbei? Nein, niemals. Soul war immer noch darin, aber er wollte erst einmal Ruhe walten lassen, bevor er wieder zuschlug – das hieß: kleine Pause.
Bezüglich der Mission war er überhaupt nicht zufrieden, wobei sein kranker Gesichtsausdruck, da etwas Anderes sagte. Vielleicht schien sein Gesichtsausdruck zu vermitteln, dass er Freude daran hatte, aber in Wirklichkeit wollte er überhaupt nicht so etwas tun. Aber um sein Konto, welches knapp bei Kasse war, wieder aufzufrischen, musste er etwas tun. Diesbezüglich so eine Partnerin zu haben, war wirklich ein Wunder – Soul konnte sich also freuen. Schön, ich sollte das Gespräch so umleiten, dass wir nur noch über der Quest reden. Ich habe keine Lust, dass Spiel weiterzuspielen. Der Weißhaarige packte seinen Rucksack und machte die kleine Vordertasche auf. In der befand sich sein Notizblock, indem er alles festhalten konnte, was er nur wollte, und solange sie über der Quest redeten, konnte er vielversprechende Notizen machen, um sicherzustellen, dass sie keine Fehler machten. Das war aber nicht der einzige Grund. Indem er seinen Notizblock zum Vorschein brachte, zeigte er auch ein gewisses Interesse an der Quest, was Neva sagen sollte, dass er vielleicht doch zur Besinnung kam. “So, der Bürgermeister war also derjenige, der irgendetwas angestellt hatte. Da du aber schon meintest, dass nur das „Wann?“ und „Wie?“ gefragt ist, würde ich erst einmal wissen, WO genau der Bürgermeister von Marokkasu Town sich befand. Vielleicht hat das Attentat ja etwas mit dem Ort zu tun. Denn, wenn wir wissen, wo das “Wo?“ ist, dann könnten wir dementsprechend auch schlussfolgern, wann es geschieht und wie genau.“ Soul notierte sich die Hauptinformationen, wie den Namen des Bürgermeisters, dass die beiden die Wache sein sollten und dass es sich hierbei um Korruption, wie Neva schon alles erwähnte, handelte. “Deshalb möchte ich dich fragen, ob du vielleicht ein bisschen mehr über den Bürgermeister Bescheid weißt?“

Abwinkend signalisierte Neva ihr wachsendes Desinteresse und versuche Soul zum Schweigen zu bringen, nur scheinbar interessierte ihn dies kein Stück. Es blieb ihr also nichts anderes übrig als zu lauschen, wirkte aber nach außen hin des Weiteren ignorant. Geschwind streifte sie ihre Schuhe ab, zog die Knie an ihren Körper und rollte sich auf ihrem Sitz zusammen. Den Kopf platzierte sie auf der Armlehne, gefolgt von einem letzten Blick auf die Uhr. In circa einer halben Stunde würde der Zug schließlich ankommen, bis dahin wollte sie die Gelegenheit nutzen, versäumten Schlaf von letzter Nach nachzuholen. „Ach Soul-san, ich habe die Quest vorhin erst angenommen und bisher hat mich so etwas wie Politik eher weniger interessiert. Das klären wir alles vor Ort.“

Mit einem Rumpeln kam der Zug schließlich zum Stehen, für Neva das Zeichen, nach einigen genüsslichen Streckungen, sich aus ihrer Position zu lösen und gemeinsam mit ihren Partner den Zug zu verlassen. Neva kramte in ihrem Rucksack, zückte den Zettel, den sie vorhin vom Questboard genommen hatte und verlas die Adresse des Bürgermeisters. „Dort entlang.“ sie verwies auf eine recht schmale Seitengasse. Woher sie also wusste, wo sie lang musste? Nun, dort befand sich ein Informationsstand mit allerlei Karten, logisch warum sie zu der Gasse wollte, oder nicht?! Im Vorbeigehen schnappte sie sich eine der kostenfreien Stadtpläne und entfaltete diesen sogleich. Was sich aufzeigte, erwies sich tatsächlich als hilfreich. Binnen weniger Augenblicke war die richtige Straße erkannt und die Richtung und welche man sich bewegte, angepasst. Der Weg an sich dauerte nicht länger als 15 Minuten und lotste die jungen Magier direkt durch Marokkasu Towns Reichenviertel. Das Anwesen, oder vielmehr die riesige Villa des Bürgermeisters lag direkt am Ende der Straße. Es thronte auf einem kleinen Hügel über dem gesamten Viertel und war bereits von weitem zu sehen. Natürlich wurde es von einer hohen Mauer mit dazugehörigem Metalltor umrandet, dahinter befand sich ein großes Stück Grünfläche, ein Koiteich, ein kleiner Garten mit südländischem Touch und schließlich das schneeweiße Anwesen direkt in der Mitte. Vor dem Tor stehend, betätigte Neva sogleich die Klingel. Man wartete und wartete und wartete. Schließlich öffnete sich die Tür und eine Dame, augenscheinlich das Hausmädchen, trat aus dieser heraus und winkte die beiden Neuankömmlinge zu sich. „Kommen Sie, kommen Sie. Man erwartet sie bereits.“ Neva öffnete Lächelnd das Tor und warf ihrem Partner fix einen Blick zu. „Da du dir im Zug ja so viele Gedanken zu dem Thema gemacht hast, darfst du gern das Sprechen übernehmen.“, ein Zwinkern und sie traten ein.
Die Villa sah von innen natürlich genauso aus, wie es von außen schon vermuten ließ. Prunkvoll und mit viel Liebe zum Detail. Das Hausmädchen führte sie derweil in das Büro des Bürgermeisters. „Er wird gleich für sie da sein, nehmen Sie doch schon einmal Platz.“ Zwei Sessel, ein großer Tisch und dahinter ein weiterer Sessel. An den Wänden überall Bücherregale und Papiere Stapelten sich auf dem Tisch des Bürgermeisters. Sein Arbeitszimmer also. Ob neugierig oder nur darauf bedacht ihre Quest möglichst gut zu erfüllen, warf sie einen Blick auf jene Zettelwirtschaft, als das Hausmädchen schon wieder den Raum verlassen hatte. Zu ihrer Enttäuschung befand sich aber nicht auch nur eine interessante Information darunter, also nahm sie schließlich auch Platz.
Es dauerte nicht lang und der Bürgermeister betrat den Raum und wer hätte das gedacht? Neva hatte sich einen alten Mann vorgestellt, mit kugeligem Bauch und unzähligen Falten, die von einer Menge Denksport zeugten, doch im Gegenteil. Ein charismatischer junger Mann betrat den Raum, muskulös und gutaussehend. Er stellte sich als Yasuaki Sakamoto vor, warm und mit viel Freundlichkeit in seiner Stimme. Nun lag es an Soul dieses Gespräch zu führen.

[NPC's by me]

Bei dem Versuch, ein richtiges Gespräch anzufangen, war sie wohl nicht zu überreden. Sie schien ja ganz wo anders zu sein und versuchte nicht einmal zu hören, was er ihr sagte. Der Notizblock hatte also nicht geholfen. Mist! Ihre Meinung bezüglich der Quest war wirklich nicht dieselbe wie die von Soul. Während dieser versuchte etwas mehr Planung und Struktur in diese Mission zu bringen, erwiderte sie es mit ihrem Desinteresse. Ja, das Leben kann manchmal richtig schwer sein.

Als der Zug zum Stehen kam, packte er sein Notizblock wieder in seinen Rucksack ein und ging mit diesen nach draußen. Anhand des Bahnsteigs konnte man erkennen, wie fortgeschritten diese Stadt war. Der Boden hatte durch die besondere Anordnung der Pflaster, welches einem das Wort „Ordnung“ einfallen ließ, ein schönes Aussehen erhalten. Nicht so wie in Hosenka Town, wo da die Dinger einfach raufgeklatscht wurden und man sich nicht an Ordnung und Systematik hielt. Ebenfalls brachte es dem Bürger ein angenehmes Gefühl, da die Füße nicht so sehr unter Druck standen, denn bei einem ebenem Boden musste man sich nicht beschweren, da es keine spitzen Hügel gab, die einem in die Fußmitte stachen. Jedenfalls schien es auch einen Filter für schädliche Stoffe zu geben, wie für den Qualm, der von den Zügen herkam. Woran das Soul merkte? Nun ja, einerseits hatte Neva sich dieses Mal nicht die Mühe gemacht, sich etwas über ihre Nase zu stöbern. Ja, das war der eindeutige Beweis dafür, dass hier kein Qualm in der Atmosphäre existierte, wobei auch andererseits Soul mit seiner normalen Menschennase keine müffelnden Gerüche wahrnehmen konnte.
So, da nun Neva die Leitung übernahm und sich mithilfe des Stadtplans die Wege durchsuchte, wobei Soul nicht fehlte, erschienen sie endlich vor dem Anwesen des Bürgermeisters. Wer hätte gedacht, dass ein Bürgermeister sich die Mühe machte und versucht ein wenig weiter über der Bevölkerung zu sitzen. War er etwa ein König? … Naja … Man konnte ebenfalls erkennen, dass die Mauern nicht nur Show waren, sondern fest genug waren, um sogar Neva davon abzuhalten diese zu zerstören, auch wenn nur für zwei, drei Male. Auch hier hatte der Fortschritt nicht nachgelassen und es schien so, als ob das Metalltor technisch etwas aufgerüstet wurde und somit von automatisch aufging. Nun, nachdem sie das Tor passierten, befanden sie sich in dem kleinen, persönlichen Garten vom Bürgermeister, der anscheinend sich sehr darum sorgte. Gut, dass sie schnell durch den Garten durch waren, denn Soul hatte schon Angst bekommen, dass sich irgendwelche Insekten hier herumtrieben und das mochte er überhaupt nicht. Vor allem mochte er das nicht, wenn diese dann in die Kleidung krochen und dann einem ein kitzelndes Gefühl gaben, wobei dieser sich dann im nächsten Moment widerlich anfühlte. Puh … endlich keine Käfer mehr in Reichweite. Schön, dass Neva davon glücklicherweise nichts mitbekam.
Beim Gebäude angekommen, worin der Bürgermeister mitsamt seiner Unterlagen thronte, klingelte die Dragonslayerin erst einmal. Nachdem sie für eine Weile gewartet hatten, erschien auch schon das Hausmädchen. Nun war es für Soul an der Zeit zu reden. Wieso? Naja, die nette Neva hatte ihm ein „Geschenk“ gemacht, was daraus bestand, dass er nun das Reden übernehmen konnte, da er schon im Zug so großes Interesse, welches nur vorgespielt war, gezeigt hatte. “Gut, von mir aus.“ Das sagte er so einfach, aber wäre es denn nicht möglich gewesen, dass er ein bisschen wütend wurde? Ne, gar nicht. Er blieb cool und sah das wirklich als ein Geschenk an. Auf jeden Fall waren sie nun im Anwesen des Bürgermeisters und man konnte erkennen, dass dieser wirklich gut Geld ausgegeben hatte, um das Gebäude so schön wie möglich zu gestalten. Schön und gut, dass sie mir das Reden übergab, aber das auch noch der Bürgermeister so große Summen an Geld nur für ein lausiges Gebäude ausgab? … Schön, ich selbst habe auch etwas ausgegeben, um mir es gemütlich zu machen, aber … wow, das man so mit Geld um sich warf, war mir nicht klar. Ich mein, ich brauche nämlich auch etwas davon.
Als das Hausmädchen sie dann in das Zimmer brachte, wo der Chef die ganze Zeit seine Arbeit verrichtete, bekam Soul ein etwas schwüles Gefühl. Es war wieder so heiß geworden. Diesmal lag es aber nicht daran, dass er nervös war, sondern daran, dass der Raum halt so geschlossen war, dass einem fast die Luft aus den Lungen gedrückt wurde. Aber vielleicht war das auch nur eine Halluzination von ihm, auf jeden Fall war ihm warm und das ließ sich ein bisschen bemerkbar machen. Woran? Naja, er hatte seine Krawatte etwas gelockert und das war Grund genug, um zu behaupten, dass es für ihn heiß war. Als dann schließlich der Bürgermeister ins Zimmer trat, machte Soul sich sofort an die Arbeit. Doch bevor er das tat, begrüßte sich der Bürgermeister und nannte nun offiziell seinen Namen. Yasuaki Sakamoto – genau der Name, den Neva zuvor auch erwähnt hatte. Das hieß, dass zumindest der Name stimmte, aber nun war wirklich Soul dran, das Reden zu übernehmen. “Uns freut es sehr, ihre Bekanntschaft zu machen, Herr Bürgermeister. Diese Dame hier, ist meine Partnerin, auch bekannt als Neva. Und mich können sie Soul nennen, alias Soul Axe.“ Er verschnaufte einmal kurz, um dann wieder weiter zu reden, wobei er diesmal auf den Punkt kam und nicht drumherum redete. “In der Questbeschreibung steht, dass wir ihre Leibwache sein sollen, da sie ein Attentat auf sich befürchten. Wäre es denn möglich uns ein paar Details zu geben, wie genau sie das mit dem „Attentat“ meinen? Nicht, dass wir neugierig sind oder dessen Gleichen. Wir möchten nur dafür sorgen, dass sie stets unter Schutz stehen und wenn wir ein bisschen mehr wüssten, dass wir dann dementsprechend besser agieren könnten – alles nur für ihre Gesundheit.“ So dreist zu sein, stand Soul nicht, wobei er das auch schon bei Neva gewesen war.
Im Grunde hatte er wieder mal nur sein falsches Ich zum Vorschein gebracht und wollte mit dieser Reaktion nur zeigen, dass er an dem Fall dran war und sich darum bemühte. Doch schlussendlich war er nur auf seine Belohnung fixiert.