Etwa eine halbe Stunde später standen Naomi und Cyrus bereits vor dem Eingang des als Rathaus dienenden Fachwerkhauses und waren auf dem besten Wege, endlich mal ihre Quest anzutreten. Um die Ereignisse bis zu diesem Punkt in Kurzform zusammenzufassen: Wenn man mal davon absah, dass Cyrus beim Anblick der Sachen, die wohl die Wechselklamotten darstellen sollten, beinahe noch einmal ausgetickt wäre, war eigentlich alles recht gut verlaufen, zumindest hatten sie nun etwas im Magen und wieder trockene Sachen an, auch wenn sie ein wenig sackartig aussahen. Cyrus war zwar weit davon entfernt, auch nur annähernd begeistert zu sein, aber er hatte kein Problem damit, nun eben in einem ausgeblichenen, etwas zu weiten Hemd herumzurennen, seine normale Kleidung stand ihm zwar besser, aber da einen hübschen Menschen nichts entstellen konnte, würde er selbst in einem gigantischen Puschelhasenkostüm herumrennen ohne das auch nur im Entferntesten peinlich zu finden. Er könnte das ganze auch ohne Bekleidung durchziehen, aber irgendwie hatte er im Gefühl, dass nicht alle Menschen so tolerant waren, dass sie das dulden würden. Zudem er dann sicherlich keine objektiven Antworten erhalten würde... na ja, jedenfalls waren sie da endlich raus. Seine Sachen hatte er unterwegs in der kleinen Wäscherei des Dorfes abgegeben, damit er die hier demnächst wieder loswerden würde, denn gefallen taten sie ihm nicht. "So, dann sollten wir uns mal anhören, was denn überhaupt geklaut wurde, ehe wir uns damit beschäftigen.", flötete er, scheinbar wieder in Hochstimmung und öffnete ohne ein weiteres Wort zu der kleinen Blondine die Tür, um sie ihr aufzuhalten und nach ihr das Haus zu betreten. Als Emfang diente offenbar ein kleines Büro, welches auch sofort von dem Dragonslayer angesteuert wurde, um sich mit einem "Wir sind die Magier von Blue Pegasus, wir sollen uns um dieses verschwundene Relikt kümmern..." anzukündigen und die eher weniger attraktive Sekretärin keines Blickes zu würdigen. Ja, aber dass er wählerisch war, war ja nun nichts neues, oder? Die Dame spürte seine Abneigung wohl, da sie sich sofort etwas aufrechter hinsetzte und ihn mit einem pikierten Blick fragte, ob sie sich denn ausweisen könnten. Ausweisen... ja, klar, dafür trugen sie ja die Symbole ihrer Gilde auf ihren Körpern, wobei... Mit einem breiten Lächeln und einem schelmischen Funkeln in den violetten Augen lehnte er sich über den kleinen Tresen, der gleichsam als Raumtrenner und als Ablage für eine Menge Papier diente und raunte mit seiner verführerischsten Stimme "Wollen Sie wirklich, dass ich mich ausziehe?", um einen Moment den kurzen Einzug von Röte in ihrem Gesicht zu genießen. Da sie irgendwie keine vernünftige und spontane Antwort zustande brachte, griff er grinsend nach Naomis rechter Hand und zog sie so weit hoch, dass der Ärmel von ihrem Gildenzeichen rutschte. Nein, vor einer so unattraktiven Frau würde er das nicht tun... denn im Gegensatz zu Naomi saß das blaue Zeichen nicht an einer Stelle, die so leicht zugänglich war, wie der Unterarm - wobei er ja ein Hemd anhatte und das theoretisch aufknöpfen könnte. Aber nun gut. Damit war wohl auch das erledigt, sodass er sich wieder vorlehnte, dabei einen Papierstapel zerquetschte, aber als ob sie darauf achten würde, und immer noch mit beinahe anzüglicher Stimme fragte: "Wo geht es denn zu Ihrem Chef?~" - er schaffte prinzipiell alles so auszusprechen, dass man sich nicht sicher war, ob er tatsächlich das triviale meinte oder doch eher eine Interpretation. In diesem Fall wohl eher das Triviale.

Es war ein Wunder, wie wenig sich Seraphim über die neue, doch recht unfeine Bekleidung beschwerte. Gar nichts kam aus dem Mund des Dragonslayers und das war auch gut so. Scheinbar hatte er wie Naomi inzwischen nur noch das Ziel so schnell wie möglich aus diesem Dorf zu verschwinden. Deshalb war sie recht froh, als sie zügig aufbrachen, um den Bürgermeister aufzusuchen, der ihnen diesen Auftrag erteilt hatte. Es musste nicht erwähnt werden, dass das Haus des Bürgermeisters zwar das größte und wahrscheinlich schönste im Dorf war, aber trotzdem nicht mit den Häusern ihrer Heimat konkurrieren konnte. Dieses Dorf schien im Allgemeinen etwas trist und einfach zu sein, weshalb es Naomi immer mehr wunderte, dass es etwas so kostbares geben sollte, wofür man Magier kommen lassen musste. Immer wieder ging ihr die Frage durch den Kopf, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Wahrscheinlich kannte sich hier jeder beim Namen, und wenn etwas geschah, waren es meist die üblichen Verdächtigen. Vor dem Haus angekommen hielt ihr Begleiter ihr die Tür auf, was sie mit einem Lächeln in seine Richtung quittierte. Nachdem die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, wurde man auf sie aufmerksam. In dem Büro saß eine Frau, die äußerlich wie auch von der Arbeitsplatzlage schrecklich nach Sekretärin schrie. Hier passte wohl wieder der altbekannte Spruch: Kleider machen Leute. Dieser Frau stand dabei so einiges ins Gesicht geschrieben, aber die Magierin war es leid, sich jetzt auch noch irgendwelche Geschichten dafür auszudenken. Der Weißhaarige meldete die zwei Magier an und sofort viel auf, dass er diesmal all seinen Charme zurücksteckte und die arme Frau, die ja gar nicht wusste was sonst passierte, wenn der Womanizer auf eine oder mehrere Frauen traf, schien sich gleich angegriffen zu fühlen und fragte, ob sie sich ausweisen konnte. Man das wurde echt nervig. Wo trug Seraphim das seine noch gleich, einige Sekunden musste Naomi überlegen, ja klar, es war auf seiner Brust, nah das konnte ja was werden. Kaum daran gedacht sprach er es auch noch aus. Ausziehen, er hatte sich doch gerade erst angezogen, nein das musste nicht sein, sie konnte doch ihres zeigen. Hochrot und total unfähig irgendwas von sich zu geben verharrte die Frau auf ihrem Stuhl. Nun hatte sie doch mitbekommen, wie schnell sie sich in die Fänge der bösen Versuchung begeben konnte, ohne vorher auch nur darauf geachtet zu haben. Allerdings schien auch der Magier an ihrer Seite nicht sehr an einen Flirt mit dieser Bürostute zu haben. Was für ein Wunder, er nahm einfach ihren Arm und zog ihn so weit hoch, bis das Zeichen sichtbar wurde. Das war doch recht ruppig, er hätte sie doch einfach darum bitten können, aber nein er tat es einfach selbst. Dann stellte er endlich die Frage, um die es wohl gehen sollte. Wo war der Chef. Allerdings war diese wieder in einem Tonfall, wo er auch hätte sagen können: Sie sind die Aller hässlichste Frau, die ich je gesehen habe. Es hätte wohl den gleichen Effekt gehabt. Jedenfalls wurde sie wieder rot und meinte dann etwas abwesend: „Also er ist im Schlafzi… ähm Arbeitszimmer.“ Hatte sie wirklich gerade Schlafzimmer sagen wollen? Das Mädchen verdreht die Augen, da hieß es Männer ständen unter Fremdsteuerung, Frauen waren mindestens genau so schlimm. Also sah sich die Blonde um und sah das es eine Tür gab, die wohl in ein Hinterzimmer führte wo ein Messingschild dran hing. Wenn sie genauer hinsah, stand da doch ein Wort mit B. Langsam machte sie einige Schritte darauf zu und ja da stand Bürgermeister. „Komm Seraphim, dort hinten ist die Tür. Diese Frau bringt die Worte eh nicht mehr richtig aus ihrem Mund heraus, dank deiner Fähigkeit jedes weibliche Wesen total Banane im Kopf werden zu lassen.“ Ja das Mädchen hatte es so langsam doch etwas eilig, das Ganze hinter sich zu lassen, denn sie mochte dieses Dorf nicht. Es war noch okay gewesen als sie ankamen und als sie aufstanden, aber danach war es ihr unlieb geworden. Natürlich würde sie das so nicht einfach aussprechen, aber zeigen konnte sie es trotzdem.

Ja, er hatte wohl die Fähigkeit dazu, die Raison aus den Köpfen von weiblichen Wesen zu pusten, so selbstverständlich, wie andere die Samen der Pusteblume im Winde verstreuten. Etwas genauso viel bedeuteten ihm alle sein Spielzeuge, denn mehr als das waren sie doch alle nicht. Er spielte mit ihnen und warf sie dann weg, hob andere auf und wartete, bis auch sie ihn langweilten. So ging das immer weiter und weiter, ruhelos streifte er von einer Beschäftigung zur nächsten, ohne ein wirkliches Ziel zu haben. Es war ja nicht einmal Liebe, was er suchte, höchstens temporäre körperliche Erfüllung. Zuneigung war ihm in gewisser Weise fremd, schien ihm auch nicht zu fehlen - und wenn er der Meinung war, das er solche brauchte, dann holte er sie sich. Es gab genügend willensschwache Menschen, die sich so von ihm um den Finger wickeln ließen, dass sie ihm Zuneigung gaben, wenn er sie scheinbar nötig hatte, aber es kam selten vor, dass er einfach mit irgendjemandem herumkuschelte. Hatte Naomi da gerade eine Marktlücke entdeckt? Auch wenn er natürlich nicht versucht hatte, sich von einer Vierzehnjährigen bemuttern zu lassen, das war ja wohl klar. Im Schlafzimmer? Hatte sie sich gerade verplappert, war das ein Freudscher Versprecher oder hatte es einfach gehakt? Es war ihm eigentlich auch egal, wirklich. Was ihm dann wieder weniger egal war, war die Tatsache, wie Naomi ihn anredete. Allein das "Komm!", also ein Befehl, eine Aufforderung, gefiel ihm nicht besonders gut, denn er leitete diese Quest immer noch und würde sich nichts von einem kleinen Mädchen sagen lasse, eher würde noch die Hölle höchstselbst zufrieren. Zudem hatte sie zu Anfang dieser Failquest wenigstens einen überhöflichen Ton angeschlagen und ihn mit dem Suffix "-sama" betitelt, den er selbst nur Drachen zukommen lassen würde; nicht einmal einen imaginären Kaiser von Fiore würde er so nennen. Dennoch hatte es wohl durchaus dazu beigetragen, dass er Naomi aus Frust nicht einfach liegen gelassen hatte oder sie zwischendurch mal eben aus dem Fenster gestoßen hatte. Damit hatte sie seiner Ansicht nach bewiesen, dass sie vielleicht doch nicht das nervige Kind war, das er erwartet hatte. Nun aber, vollkommen aus dem nichts, ließ sie es weg. Komm Seraphim, hier her Seraphim, mach Platz Seraphim, brav, hier hast du dein Leckerli... sonst noch Probleme? Eine Vierzehnjährige, die er tatsächlich nicht ignorierte, könnte seiner Ansicht nach ein wenig mehr Respekt zeigen - oder ihn aufrecht erhalten. "Na na, Naomi-chaaaan~", meinte er mit tadelndem Ton, als er in Richtung Arbeitszimmer schritt und ihr mit der beringten Hand leicht durch die Haare wuschelte, "Sind wir denn schon so weit...?" er grinste leicht und beugte sich kurz zu ihr herunter, um zu flüstern: "Aber weißt du, gerade diese Fähigkeit ist das nützlichste daran, Naomi-chan. So bekomme ich eigentlich immer, was ich will~" Das war die Wahrheit. Es gab nur wenige weibliche Wesen, die ihm auf Dauer und hartnäckig widerstehen konnten, wenn er es darauf anlegte. Dadurch hatte er nicht nur immer jemanden zum spielen, sondern bekam auch meistens seinen Willen - selbst wenn es nur darum ging, dass seine Bestellung als erste abgehandelt wurde. Nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, klopfte er an die zugewiesene Tür und trat nach einem kurzen "Herein!" von drinnen ein, wobei er wieder wartete, bis Naomi die Tür durchschritten hatte, ehe er sie ins Schloss fallen ließ.
Der Raum, den sie nun betraten, war eher klein und vollgepfercht mit Büchern, zumindest erschien es Cyrus so. Ein kleiner, aber dafür überfüllter Schreibtisch stand in einer Ecke und dahinter saß ein kleiner und ein wenig untersetzter Mann, der absolut perfekt in das ihn umgebende Chaos passte. Er hatte einen wohl gepflegten Schnurrbart, aber ansonsten keine Haare mehr auf dem Kopf, sondern stattdessen eine glänzende Spiegelglatze. Cyrus schluckte einen gehässigen Kommentar herunter und ging stattdessen auf den Bürgermeister zu, der aufstand, um sie zu begrüßen. Die Hand schüttelte er noch, aber dann ging er auf Abstand, erklärte jedoch noch: "Das ist Naomi-chan, mein Name ist Seraphim, wir sind dann wohl die Magier, die ihren Auftrag annehmen mussten, Herr...?" "Ähm... Mangrove..." "Gut, würden Sie uns dann bitte darüber aufklären, was nun eigentlich gestohlen wurde und wen sie unter Umständen verdächtigen? Das hier ist ein kleines Dorf, da gibt es sicher nicht viel Anonymität, oder?" "Ja, sicher nicht... Setzen Sie sich doch erst einmal." Und damit wies er auf zwei Stühle vor seinem Schreibtisch, bevor er sich wieder setzte. Mh. Dann eben so. Mit einem leichten Seufzen ließ sich der Dragonslayer nieder und fuhr mit einer Hand leicht durch die glücklicherweise wieder trockenen und darum abstehenden Haare, wuschelte sie sich aus dem Nacken und lehnte sich dann zurück, überschlug die Beine locker und wartete darauf, dass der Bürgermeister beginnen würde.

Etwas zu spät kam es ihr in den Sinn. Das, was sie eben gesagt hatte, war absolut nicht ihrer Stellung gerecht geworden. Für sich selbst entschuldigte sie es auf die Weise, dass sie einfach meinte, sie wäre ein wenig genervt von dem Ganzen. Bei ihrem Begleiter würde das wahrscheinlich nicht so leicht fallen, denn schon kam ein mahnendes „Na na na“, von den Lippen des Magiers und er fuhr ihr über den Kopf und fragte, ob sie denn schon so weit wären. Dann kam auch noch der Hinweis darauf, dass er damit immer bekam, was er wollte. „Nein sind wir wohl nicht Seraphim-sama, ich war wohl für einige Sekunden nicht mehr bei Besinnung, ich weiß auch nicht, was mich geritten hat“, sie seufzte und trat durch die Tür, „es tut mir wirklich leid.“ Der Mann, der in diesem Raum war, schien irgendwie nicht der Mühe wert ihn weiter zu betrachten. Es gab eine Unmenge an Büchern und Bücher waren das A und O für Naomi. Wenn es danach ging, konnte sie sich wohl tagelang irgendwo einschließen und einfach nur lesen. Allerdings war das hier nicht die Intention, nein überhaupt nicht, sie sollten etwas suchen, was hoffentlich nicht zu lange dauern würde. Dann wurde sie vorgestellt und nickte kurz bestätigend. Ihnen wurde ein Platz angeboten und Naomi ließ sich nieder. Auch der Weißschopf setzte sich, wenn auch scheinbar etwas unwillig. Dann sprach er es an, ja es war zu erwarten, dass der Bürgermeister ahnte, wer seinen Schatz gestohlen hatte, denn wie sie zuvor schon gedacht hatte, kannte in diesem Dorf sicher jeder jeden und Straftaten wurden schnell bekannt. Der Bürgermeister seufzte und nickte etwas: „Es ist der Siegelring, der von Bürgermeister zu Bürgermeister weitergegeben wird. Ich hatte ihn von meinem Vater erhalten, Gott habe ihn selig“, murmelte er. Nun war es auch noch ein Gläubiger und zusätzlich wohl auch so eine Vererbungssache. Vom Vater zum Sohn zu dessen Sohn und immer so weiter. Kaum ein Wunder, dass in diesem Dorf die Zeit stehen zu scheinen blieb. Diese Familie hatte das Dorf wahrscheinlich geprägt und es schien kein Ende in Sicht. „Also ich habe ganz stark diesen komischen Jungen in Verdacht, der hier immer herumlungert. Er muss es gewesen sein, es gibt gar keine andere Möglichkeit. Wissen sie, ich war ja schon lange dafür ihn in den Knast zu stecken, wenn er immer aus dem Heim davon rennt, aber bisher hatte es nie einen Grund gegeben. Nun aber hat er es zu weit getrieben. Überprüfen sie den!“, verlangte er lautstark. Kam es nur Naomi so vor oder war das Ganze etwas zu simpel? Der Ring verschwand, er wollte den Jungen loswerden und nun sollten sie bei diesem nachsehen? „Sind sie sicher, dass es keinen anderen Verdächtigen gibt, der noch in Betracht käme?“, ihre Augen fixierten den Mann. So wie man einem Kindermund nachsagte immer die Wahrheit zu offenbaren, was eine Fehlvermutung war, so musste man auch die Aussage streichen, dass Erwachsene immer im Recht waren. Ernst fast streng nahm das kleine, blonde Mädchen den Mann hinter dem viel zu großen Tisch ins Visier. Dieser Tisch war ein einziger Witz. Er schien viel zu groß für seinen Besitzer, welcher wohl damit kompensieren wollte, dass er eigentlich nicht viel darstellte. Nervös pulte dieser an seinen Fingern herum, mit irgendetwas wollte er nicht herausrücken. Nun wünschte sich das Mädchen die Furcht einflößende Ausstrahlung Seraphims, doch diese hatte Naomi nicht. Ihr Blick war zu warm, zu freundlich um den Mann endgültig aus der Fassung zu bringen. Wo aber sah ihr Gegenüber hin, an ihnen vorbei zu der Tür, aus der sie gekommen waren. Zu dem Raum, wo seine Sekretärin saß und wahrscheinlich in Tagträumen dahin schmachtete. Wieso sah er jetzt dort hin, er sollte ihnen Rede und Antwort stehen, Naomi würde gerne endlich anfangen, da ging ihr ein Licht auf: „Ihre Empfangsdame vielleicht? Hat sie Gründe?“ Verschreckt zuckte er zusammen, ja das hatte wohl genau den Punkt getroffen.

Na bitte, es ging doch. Er hatte ja nichts dagegen, wenn man ihm ein -san anhängte, auch wenn das -sama natürlich toller war, aber dafür empfand er es dann schon wieder als zu familiär, wenn Naomi einfach mal so vom einen aufs andere sprang und dann noch in diese Richtung. Nein, wenn sie schon gut von ihm behandelt werden wollte - und er behandelte sie für seine Verhältnisse de facto gut - dann konnte sie ihn ruhig weiter so nennen. Zwar hatte er sie gerade durchaus etwas ruppig am Arm hochgezogen, aber das war wohl tatsächlich seiner Ungeduld und der zunehmend entnervten Stimmung zu schulden. Er hatte es doch immerhin am Morgen geschafft, das Mädchen nicht hochkant aus seinem Bett zu befördern, sondern hatte ihr das gegeben, was sie haben wollte - auch wenn es nur ein wenig Zuneigung oder einfach Körperkontakt gewesen war - harmloses Kuscheln eben. Dazwischen hatte ihn aber auch noch eine fette Kellnerin um den Verstand gebracht, sodass er nun dafür keinen Nerv mehr hätte, da er auf diese Weise keine Aggressionen abbauen könnte. Man wollte gar nicht wissen, wie aggressiv der junge Mann werden konnte, wenn er zu lange nicht an das kam, was er im Allgemeinen zum Abbau von diesen nutzte - und die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass man es auch nie erleben würde, da er dafür Sorge trug, dass es ihm gar nicht erst passieren konnte. Dennoch winkte er ab, als Naomi sich beinahe übertrieben entschuldigte und lächelte. "Ist schon okay, solange es weder zu -kun, noch zu -chan mutiert..." Wenn es eines gab, was er nicht leiden konnte, dann war das, wenn man ihn chante, da diese Endung etwas niedliches an sich hatte, was ihm an sich selbst missfiel. Zudem war sie irgendwie feminin angehaucht und selbst wenn er damit herumschleuderte wie sonst kaum wer, konnte er es im Gegenzug nicht wirklich leiden, wenn man ihm diesen Suffix verpasste. Aber nun gut, das würde Naomi wohl kaum machen, oder?
Im Arbeitszimmer angekommen übernahm Naomi beinahe souverän die Befragung, was Cyrus auf eine interessante Art und Weise erheiterte. Das blonde Mädchen war leider so gar nicht der Typ Mensch, dem man zuhörte und von dem man so etwas wie Dominanz erwartete, aber scheinbar schien sie genau das zu versuchen, als sie sich nicht mit der Antwort des Bürgermeisters zufrieden gab. Dieser hatte wohl auch eindeutig die Tendenz, sich die Dinge zu einfach zu machen, denn den Diebstahl eines offenbar nur emotional und traditionell wichtigen Gegenstandes einem Straßenjungen anzuhängen... passte irgendwie nicht ins Schema. Immerhin... "Der Ring ist nicht wirklich wertvoll, oder? Also ich meine rein material- und handwerkstechnisch.", fragte er mit leicht gelangweilter Stimme, während er so tat, als müsse er seine - natürlich perfekt gefeilten - Nägel überprüfen. "Aber das ist vollkommen egal, immerhin ist er dem Dorf, und mir natürlich, sehr wichtig!", entrüstete sich Herr Mangrove und tupfte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Glatze. Ja, dicke Menschen hatten schon einmal Ausdauerprobleme, das war ja nun nichts neues - aber es war ein Grund, warum Cyrus dicken Menschen nicht viel abgewöhnen konnte, sie schwitzten zu viel. "Das nehme ich als ja.", murmelte er noch und überließ dann wieder mit einem teils belustigten, teils scheelen Blick Naomi die Bühne, die sofort nach weiteren Verdächtigen fragte. Als sie auf die Sekretärin zu sprechen kam, musste Cyrus grinsen und richtete den Blick aus den amethystfarbenen Augen sofort auf den Bürgermeister. Oh... hatte er etwa eine Schwäche für diese olle Schnepfe? Das wäre ja zu witzig... wobei gleich und gleich sich ja generell gern gesellte, nicht wahr? "Sie ist schlau, unsere Naomi...", grinste er und fixierte Herrn Mangrove weiterhin, ehe er schmunzelnd zu einer kleinen Spöttelei ansetzte, die ihnen vielleicht weiter helfen könnte. "Sie scheinen sie ja ziemlich zu mögen, ihre Sekretärin... fast schon ein wenig klischeehaft, dass die dominante, erfahrene Untergebene ihren Chef um den Finger wickelt und sich daraus eine in-" "Nein! Nein... Miya- ähm Fräulein Nyasha kommt zwar aus einem Dorf, das dem unseren nicht besonders wohl gesonnen ist, aber trotzdem würde ich nicht sagen, dass sie einen Grund dazu hätte. Sie... Sie lebt und arbeitet schließlich schon lange hier bei uns." Ein etwas entrüsteter, aber dennoch auch ein wenig ertappter Blick wanderte über Cyrus, der das ganze lächelnd und ohne die Miene zu verziehen entgegen nahm. Er wartete noch einige Augenblicke, in denen keiner etwas sagte, ehe er sich erhob und zu Naomi gewandt erklärte (aber so laut, dass der Bürgermeister es wohl verstehen konnte): "Dann werden wir uns mal diesen Straßenjungen vorknöpfen... Auf Wiedersehen, Herr Mangrove."
Er hielt Naomi die Tür auf und wartete, bis sie aus dem Büro getreten war und hielt auf den Ausgang des Gebäudes zu - erst als sie im Freien waren, lehnte er sich gegen die Hauswand und kicherte leise. "Mal ehrlich - der Straßenjunge war‘s nicht. Dieser Ring wäre nur Wert, geklaut zu werden, wenn man um seine symbolische Bedeutung wüsste, nicht einfach so, weil man ihn verscherbeln will. Der Knabe hätte wahrscheinlich eher an genau das gedacht. Darum bleibt wer noch übrig, Naomi-chan?" Suggestivfrage, go!

Seraphim hatte es ihr schon verziehen, so lang sie ihn nicht weiter verniedlichte. Seraphim-kun, das war aber schon hart an der Grenze, aber nie wäre sie auf die Idee gekommen ihn mit einem -chan zu betiteln. Wahrscheinlich war das aber schon vorgekommen, aber sie würde es nicht tun, niemals, das war ja irgendwie doch zu sehr, niedlich. Das passte nicht zu ihm, leider. Nun saßen sie dem immer nervöser werdenden Bürgermeister gegenüber und ihre Fragen schienen ihm sichtlich zuzusetzen. So sehr warfen sie ihn aus der Reihe. Immer kleiner schien er auf seinem viel zu großen Stuhl zu werden, wieso denn bloß? Immer mehr schien man ihn sinken zu sehen, bis die letzten Barrikaden fielen. Diese Frau war also aus einem konkurrierenden Dorf und der Ring hatte nur einen ideellen Wert? Wahrscheinlich wäre es für den Jungen einfacher gewesen, einige Bücher zu stehlen und die zu verhökern. Irgendwie war es entspannend zu wissen, dass die zwei Magier in die gleiche Richtung dachten. Die Argumente, mit denen der werte Herr versuchte die Dame aus der Affäre zu ziehen in die er sie gerade hineingeritten hatte machten es nicht glaubwürdiger. Je mehr er sagte, je mehr er von sich zeigte, desto weniger glaubte sie ihm. Seraphim meinte zwar, sie würden sich um den Straßenjungen kümmern, aber sie wusste, dass es nur etwas war, um ihn zu beruhigen. Immerhin wusste der Dragonslayer recht gut was er tat. Wieder hielt er ihr die Tür auf, es war eine angenehme Angewohnheit, die Türen waren meist eh so schwer, dass sie sich daran viel zu viel zog und schob. Während sie an ihm vorbei ging lächelte sie wieder, ihre Laune hatte sich gebessert. Draußen lehnte er sich an die Wand und bestätigte ihre Annahme. Er war ebenfalls nicht davon überzeugt, dass es der Junge gewesen war. Dieser sollte nur als Sündenbock herhalten, weil man ihn scheinbar loswerden wollte. "Ich denke die ach so liebe Miya-chan, welche zufällig aus einem anderen Dorf ist, sicher keine bösen Absichten hat und gerne ihren Chef im Schlaf- oh ich meine natürlich im Arbeitszimmer besucht", Naomi musste sich sehr beherrschen um nicht einfach laut loszulachen. Eine Weile sah sie in den Himmel als dann doch die Tür aufging und die verdächtige Dame trat heraus. Scheinbar hatte sie nicht bemerkt, dass sie immer noch hier waren, denn sie wandte sich von ihnen ab und stöckelte auf herrlich unbequem wirkenden Schuhen in die andere Richtung davon. Naomi warf Seraphim einen Blick zu. "Wollen wir ein Stück spazieren gehen?", sie glaubte nicht, dass er nein sagen würde, weshalb sie sich langsam auf den Weg machte der Frau zu folgen, sie so hastig dahin eilte, dass das Mädchen befürchtete, sie würde von den Schuhen fallen und sich den Hals brechen. Wenn sie sich umdrehte und erneut den jungen Mann sah, den sie eben schon angeschmachtet hatte, würde sie wohl in den nächsten Graben stürzen, das wäre lustig mit anzusehen. Leider tat sie es nicht und Naomi blieb bei ihrer bildlichen Vorstellung. Scheinbar hatte sie Schluss und ging nach Hause, ob sie informiert worden war, dass man sie verdächtigt hatte oder Fragen in diese Richtung gestellt hatte? Vielleicht ging sie deshalb so schnell, aber das würden sie sicher noch herausfinden, immerhin schien es sich so langsam zu zeigen, dass dieses gänzlich ungleiche Duo doch recht gut zusammenpasste. Wahrscheinlich, weil Seraphim wirklich auf die Aufgabe konzentriert war und nicht auf seine Partnerin oder seinen Partner.

Ein erneutes Kichern entrang sich der Kehle des Weißhaars, während er Naomis Ausführungen lauschte. Eigentlich war das kleine Mädchen so etwas wie ein Engel, zumindest kam ihm das so vor. Wo er bei jeder annähernd guten Tat einen schlechten Hintergedanken hatte und eigentlich nichts tat, was ihm nicht irgendwie zum Vorteil gereichen könnte, schien Naomis Seele so rein wie die eines Himmelswesens. Zudem schien sie eine schier unglaubliche Geduld zu haben und schaffte es irgendwie, sich einzureden, dass alles viel schlimmer sein könnte, was wohl dazu führte, dass sie ihn ohne weiteres ertrug. Wahrscheinlich würde sie die Welt heilen, wenn sie seine Kräfte besessen hätte - aber darüber hatte er ja schon einmal nachgedacht. Ihren Vorschlag quittierte er mit einem lächelnden Nicken und setzte sich langsam in Bewegung, schlenderte hinter der Empfangsdame her, auf deren Spur sich Naomi auch schon gesetzt hatte. Eigentlich wäre es doch auch mal ganz lustig, Naomi eine Quest leiten zu sehen, um sich im Hintergrund einen darüber abzugackern, wie sie ernst sein wollte. Zwar schien sie das zu können, aber gepaart mit ihrem Kinderkörper und der Nettigkeit, ergab das einfach ein lustig-verwirrendes Bild, welches zumindest Cyrus erheiterte. Doch, das wäre tatsächlich eine lustige Idee- er könnte sie vor der nächsten Quest abgreifen und sie diese leiten lassen, nur um zu sehen, wie sich das kleine Mädchen schlug. Das würde er machen, gute Sache. "Guuuut~ Dann nehme ich an, dass auch du der Meinung bist, dass unsere Miyako - ich wette auf Miyako, nicht Miya - tatsächlich eine Affaire mit Bürgermeisterchen Mangrove hat und das wahrscheinlich nur, um an den Ring zu kommen?", vergewisserte er sich, als er neben Naomi angekommen war und schmunzelte. "Tjaaa~ Kann ja nicht verstehen, wie man auf so ne Olle stehen kann, aber wahrscheinlich findet er nichts besseres. Oder findest du sie hübsch, Naomi-chan?" Nun, was sollte Naomi dazu sagen? Wahrscheinlich sah sie Menschen nicht aus der Perspektive des Älteren, die recht fixiert war, aber sicherlich schätzte sie Menschen doch auch ein wenig aufgrund ihres Aussehens ab - oder war sie so vorurteilsfrei, dass sie sich das verkneifen konnte? So recht dran glauben wollte der Dragonslayer nicht, aber wenn es einen Menschen gab, der das konnte, dann wohl Naomi, die Heilige, nicht wahr?
Nach einigen Minuten zückte die Frau einen Haustürschlüssel und öffnete die Eingangstür zu einem anderen, kleineren Fachwerkhaus, das sie ja offenbar zu bewohnen schien, sodass Naomi und Cyrus nicht weiter konnten. Gut, Zeit für einen Plan. Er selbst hatte zwar einen in petto, aber der war ein wenig... gewöhnungsbedürftig, zudem wollte er mal austesten, wie sich Naomi in einer Rolle machte, in der sie Entscheidungen fällen musste, die über das Sortiment im Kühlschrank hinaus gingen. "So, Naomi-chan~ Und was machen wir nun?", fragte er also gedehnt und beugte sich zu ihr herunter, bis er auf Augenhöhe mit den braunen Seelenspiegeln war, "Was würdest du denn vorschlagen?~" Das Grinsen in seinem Gesicht könnte man nun wohl am Besten als Herausforderung sehen, eine Aufforderung an die Vierzehnjährige, sich etwas gutes einfallen zu lassen. Ob sie auch eine Idee hatte? Ob ihre Ideen sehr voneinander differierten oder ob sie gar dieselben waren? Immerhin schien sie doch recht realistisch an die ganzen Sachen dranzugehen...

Natürlich hatte der Magier den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden, es wäre auch sehr enttäuschend, wenn nicht. Er folgte ihr und hatte schon nach weniger Sekunden zu ihr aufgeschlossen und schien mit Fragen prüfen zu wollen, ob sie immer noch in dieselbe Richtung dachten. „Ja ich denke, dass genau das der Fall ist“, sie nickte und dachte über die zweite Frage nach. Ob diese Frau hübsch war? In Gedanken stellte sie Lia, welche sie auf dem Kirschblütenfest kennengelernt hatte daneben. Diese war, da konnte sich das Mädchen sicher sein, eine wirkliche Schönheit. Oben angefangen besaß Lia ein wirklich einvernehmendes Lächeln und sich an die Begrüßung erinnernd, fand sie nichts im Gesicht der Frau, was darauf hätte hinweisen können. Die Frisur, der Sekretärin war streng und ließ sie irgendwie älter wirken, die rosa Haarwolke der Dragonslayerin hingegen machte sie lebendig und Jung. Ganz davon abgesehen, dass ihre Augen ein gewisses Strahlen besaßen, womit Miya oder Miyako nicht aufwarten konnte. Dann die Statur, da musste man wirklich sagen, dass die Fary Tail Magierin um einiges mehr Holz vor der Hütte hatte, so was konnte schon einen großen Ausschlag für die Bewertung eines Menschen geben, wenn man rein oberflächlich vorging. Nicht zuletzt die Art wie Lia sich bewegte, selbst als sie davon gehastet war um irgendeinen Zug zu erwischen hatte dies eleganter ausgesehen als dieses Gekracksel. „Rein oberflächlich betrachtet ist sie wohl nicht schön, und wenn sie wirklich das getan hat, was wir von ihr vermuten ist sie auch innerlich nicht schön“, mutmaßte sie und ging langsam neben ihm weiter. Dann gelangten sie wohl zu ihrem Heim, ein hübsches Fachwerkhaus. Naomi liebte diese Art der Architektur, die weißen Wände und das dunkle Holz bildeten einen wundervollen Kontrast. Nun fragte Seraphim sie, was sie machen sollten. Wieder etwas wo sie den Kopf schütteln wollte. Was sollte sie ihm darauf antworten? Irgendwie befürchtete sie, dass er sie testen wollte und dass es ihm einen riesen Spaß machte, zu sehen was ihr armer kleiner Kopf, krampfhaft versuchte auszubrüten. Doch dann lächelte sie: „Du könntest doch klingeln und ihr den Kopf verdrehen, wenn du dich dazu durchreißen kannst natürlich. Wenn sie nämlich total von dir abgelenkt ist, was dir nicht schwerfallen wird, kann ich mich gemütlich umsehen", ja das war doch eine Idee, die sich umsetzen ließ und dazu musste Seraphim nur so sein, wie er immer war. Also keine große Sache. Ob es möglich war, sich durch ein Fenster hinein zu schleichen? Da ging im Erdgeschoss doch gerade wie gerufen ein Fenster auf. Glück musste man haben, davon hatten sie zwar im Moment noch nicht viel, aber hey, das war doch wie eine persönliche Einladung sich das Haus etwas näher anzusehen. Nun sah sie zu ihrem Begleiter und wartete gespannt auf seine Einschätzung der Dinge, immerhin hatte er sie darum gebeten, sich etwas dazu auszudenken. Natürlich war das alles nur ein Spiel zu seiner Belustigung. Nun gut, aber es störte sie nicht, so lang er dabei er seine Freude hatte, bitte sie wollte ihm gerne den Gefallen tun, sich lächerlich zu machen.

Die violetten Augen des Dragonslayers verengten sich zu Schlitzen, als das Grinsen noch etwas breiter wurde und er von einem Kichern untermalt über Naomis Kopf streichelte, sanft, als sei es nur ein Luftzug, den sie zu spüren bekam. Der Grund für seine Erheiterung war der Gedankengang des Mädchens, der dem seinen beinahe wie ein Ei dem anderen glich - wenn er auch ein wenig anders formuliert hätte. "Du erstaunst mich immer wieder, Naomi-chan~", schnurrte er und stupste ihr auf die Nasenspitze, ehe er sich wieder aufrichtete und den Kopf kurz scharf zu Seite kippte, wobei es in seinem Genick unschön knackte. "Du beginnst ja schon wie ich zu denken, was daraus wohl wird?~", grinste er, während er ihr langsam den Arm um die Schulter legte und sie an sich zog, nur um ihr noch einmal die Schleife zu richten und sie dann mit einem Ruck auf seinen Arm zu heben. Wunderte das denn noch bei ihm, der er eine sehr interessante Einstellung zu Körperkontakt hatte? Immerhin hatten die beiden kuschelnd in einem Bett gelegen, er hatte ihr einen Kuss gegeben, ihr gefühlte tausend Mal durchs Haare gestreichelt und auch ansonsten nicht gerade einen körperfreien Eindruck gemacht – aber so war Cyrus nun einmal, er kuschelte tatsächlich gerne… zumindest, wenn es sich um den Alltag handelte, ansonsten war er eigentlich auch ein Vertreter der Devise, dass kuscheln wenn überhaupt was für nachher war… aber nun gut, darum ging es bei Naomi ja nun nicht. Wenn man mal davon absah, dass er so seine Pläne mit dem Mädchen hatte, dann verhielt er sich doch beinahe liebevoll, wie ein großer Bruder, der auf das kleine Schwesterlein aufpasst, nicht wahr? Und das, obwohl er Kinder nicht ausstehen konnte, dafür sollte er einen Award bekommen. "Das Fenster da ist natürlich hilfreich, ich heb dich da gleich durch...", hauchte er in ihr Ohr und ging dann wieder etwas auf Abstand, um mit beinahe verblasstem Lächeln zu fragen: "Du sprachst gerade von innerer Schönheit... wenn du die bei Menschen wahrnehmen kannst...", und wieder näherte er seine Lippen bis auf wenige Zentimeter der Ohrmuschel des Mädchens, "Sehe ich dann arg schlimm aus?" Zum Ende hin war seine Stimme immer ernster, beinahe nachdenklich geworden... aber schon im nächsten Moment kicherte er wieder leicht und klingelte nach zwei Schritten ohne Umschweife an der Tür, hielt sich jedoch nicht weiter damit auf, sondern spurtete zum Fenster und hob das Mädchen hoch genug, damit sie hinein klettern konnte. Schließlich drehte er sich wieder um und wartete in den Türrahmen gelehnt darauf, dass ihm geöffnet werden würde, was auch schon nach wenigen Augenblicken geschah. Ein "Oh." war aber auch die einzige Begrüßung, die er bekam, etwas anderes hatte er aber auch nicht erwartet, damit ließ sich arbeiten. "Bitte entschuldigen Sie die Störung, aber... darf ich sie kurz um ihre Meinung bitten?", fragte er mit einem leisen Lächeln im Gesicht, darauf bedacht, den Blick ihrer Augen einzufangen. Braungrün... das war irgendwie kein schönes Gemisch, obwohl beide Einzelkomponenten sicherlich ihren Reiz hatten. "Wie Sie sicherlich mitbekommen haben, sollen meine Partnerin und ich nach diesem Siegelring suchen- und ich wollte Sie fragen, was Sie mir über diesen Straßenjungen erzählen können, von dem ihr Chef redete. Könnten Sie mir diesen Gefallen tun, ich werde mich sicherlich erkenntlich zeigen, wenn sie mir die Nachforschungen ein wenig... erleichtern." Er lehnte sich noch ein wenig mehr gegen das dunkle Holz, legte den Kopf schief und machte ein bittendes Gesicht, um mit einem leichten Raunen in der Stimme zu fragen: "Würden Sie das für mich tun, Miyako-san?" Diese unterdessen hatte mal wieder Probleme mit dem Atmen, zumindest kam ihm das so vor, das "Natürlich..." war aber noch zu verstehen. Er lächelte nur noch breiter und streckte langsam die Hand aus, um ihr vorsichtig eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu wischen. "Wollen wir so lange ein wenig spazieren gehen? Oder wir setzen uns in ein Café oder so, das ist sicherlich gemütlicher als hier zu stehen, finden Sie nicht auch?" Wenn sie erst einmal weg wäre, könnte Naomi nämlich ungestört im Haus herumlaufen, aber dieses Mal schien er Pech zu haben. "Sie... können auch herein kommen, ich habe gerade sowieso Tee gemacht.", kam es von der Frau, die sich wohl langsam wieder fing. *Mh. Auch gut, dann muss sie eben vorsichtiger sein.* "Das ist natürlich auch eine angenehme Option - aber natürlich nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht~", säuselte er, ehe er über die Schwelle trat.

Seraphim grinste und seine Hand glitt zart über ihr Haar. Kurz genoss sie den leichten Hauch, während er ihr offenbarte, dass er eben diese Idee gehabt hatte. Ja das machte ihr etwas Angst, denn sie wusste, dass der Dragonslayer doch leicht weiter dachte als sie selbst, in andere Richtungen und nun gut, er war auch um einiges älter. Dass sein Genick gerade sehr geknackt hatte, war von ihr herrlich ausgeblendet worden, denn es war ein schreckliches Geräusch. Doch schon war alles wieder Okay, sanft legte er einen Arm um sie und zog sie zu sich. Nun gut, sie wusste, dass er keine Manschetten davor hatte, Körperkontakt zu anderen aufzubauen, aber, dass er sie, obgleich seiner angeblichen Abneigung gegen Kinder so gern bei sich hatte, war doch verwunderlich. Sorgfältig rückte er ihre Haarschleife zurecht. Es war ein komisches Gefühl, so ungewohnt. Dabei hatte er sie schon die ganze Zeit so vertraut behandelt. Aber es blieb ihr nicht viel Zeit sich über diese Geste Gedanken zu machen, denn nun nahm er sie auf den Arm. Instinktiv klammerte sie sich an ihn, weil sie Angst hatte, irgendwie rückwärtszufallen. Eigentlich eine dumme Angst, denn irgendwie ahnte sie, dass auf diesem Arm schon schwerere Personen gesessen hatten. Dann raunte er ihr ins Ohr, dass er sie gleich durch das offene Fenster heben würde. Ja es war erschreckend, wie sehr ihre Gedanken die gleichen Wege gingen. Gerade wollte sie etwas antworten, als der Magier darauf zu sprechen kam, dass sie von innerer Schönheit gesprochen hatte. Es war wirklich erstaunlich, dass ausgerechnet er sich darum sorgte, wie sie sein Inneres sah. "Seraphim ... ich", eigentlich wollte sie ihn nicht verletzten, wenn das überhaupt möglich war, aber sie würde auch nicht lügen. Allerdings konnte sie sich die Zeit nehmen, die richtigen Worte zu finden, "beschreibe es dir, wenn ich die richtigen Worte dafür weiß." Schon hatte er an der Haustür der werten Dame geklingelt und war schnell zum Fenster gehuscht und hatte sie hochgehoben. "Danke", sagte das Mädchen mit gedämpfter Stimme und als sie hörte wie die Tür aufging ließ sie sich langsam in das Zimmer sinken. Es war die Küche und wirklich, wie die Frau behauptete, kochte dort Teewasser auf dem Herd. Gleich würde zumindest sie hier hineinschneien und nach dem Kessel sehen, um den Tee für ihren Gast zu bereiten. Die eine Tür führte auf den Flur hinaus, in dem Sie augenscheinlich stand, da konnte sie nicht vorbeigehen. Allerdings gab es noch eine Zweite, diese stand offen und führte ins Wohnzimmer. Ein flüchtiger Blick durch die Küche zeige ihr nichts, wo sie auf Anhieb suchen wollte, wenn sie im übrigen Haus nichts fand, würde sie hier her zurückkehren. Also schlich sie sich ins Wohnzimmer und sah sich um. Unter dem Tisch lagen Zeitschriften, aber nichts was auf einen Ring hinweisen könnte. Unter dem Sofa, welches wohl teuer aussehen sollte, aber definitiv eine billige Anfertigung war sammelte sich nur Staub, in den sie ihre Nase nicht stecken musste. Also huschte sie schnell zum Schrank, denn sie hörte bereits, wie die Frau die Tassen zusammensuchte. Eindeutiges klingen und Porzellan. In dem Regal standen einige kitschige Figürchen, scheinbar eine Sammelleidenschaft, außerdem hatten dort Fernseher und eine recht alte Musikanlage. In einem Fach standen auch einige Bücher und die Musik für die Anlage, aber ansonsten nichts von Belang. Das Einzige was ihr noch ins Auge stach waren die hässlichen blass gelben Vorhänge mit den roten Blümchen. Eine Geschmacksverirrung vielleicht? Naomi konnte dem nichts Schönes andichten. Allerdings musste sie nun zum Zimmer hinaus hasten, denn eben hatte der Teekessel gepfiffen, gleich würden sie sicher eintreten. Also huschte sie schnell aus dem Raum hinaus und suchte sich den Nächsten. Seraphim sollte so lange seinen Spaß haben. Nun da er nicht mehr direkt da war, konnte sie sich auch Gedanken darüber machen, was sie ihm antworten sollte. Immerhin war es ohne Frage, dass Seraphim eigentlich nur auf seinen eigenen Vorteil aus war und dabei die Gefühle anderer missbrauchte. Menschen zu benutzen, so lang man Spaß an ihnen hatte, das war keine gute Eigenschaft. Irgendwie glaubte die Blondine, dass, sobald sie sich auf dem Bahnhof verabschiedet hatten, sie den Dragonslayer nicht so bald wieder sehen würde. Immerhin schien Cyrus nicht der Typ dafür zu sein sich sehr um Zweckbekanntschaften zu kümmern, wie sie eine war.