Cyrus sollte was haben? Spaß?! Offenbar missverstand Naomi den Charakter des Dragonslayers doch noch gewaltig, denn wenn das Weißhaar mit den funkelnden violetten Augen eines nicht hatte, dann war es Freude daran, um den (zum Glück immerhin nicht vorhandenen) Damenbart einer Frau zu streichen, an der er nun wirklich nichts besonders attraktiv fand. Vielleicht glaubte die junge Blondine ja, dass Cyrus generell alles weibliche anziehend fand oder dass es ihm Spaß machte, jede Frau um den Finger zu wickeln... beides war grundlegend falsch. Nur weil der Dragonslayer ziemlich aktiv war, was seine Sexualität anging, bedeutete das nicht, dass er sich an alles heranschmiss, was Brüste hatte. Nein, er war wählerisch - und wie er das war. Oberflächlich zwar, weil er ja sowieso nicht nach einer längerfristigen Beziehung suchte, aber dennoch deutlich. Selbst in allergrößter Verzweiflung würde er sicherlich keine hässliche Person anrühren, nein. Und er fand Frauen nicht unbedingt hübsch, nur weil es eben Frauen waren, dafür stand er dann doch zu viel ebenso auf Männer... nun gut, so viel jedenfalls zu dem angeblichen Spaß, den Cyrus nach Naomi haben sollte, den er aber ganz bestimmt nicht hatte. Nein. Aber immerhin merkte man ihm das nicht an, da er wie so oft eine undurchdringliche Maske aufgesetzt hatte, die jegliche in ihm schlummernden Gefühle, die nicht für die Außenwelt gedacht waren, unter einem charmanten Lächeln versteckte. Da das Weißhaar selten mit negativen Gefühlen zu kämpfen hatte, hatte diese Maskierung zwar noch nie eine richtige Belastungsprobe überstehen müssen, aber auch das würde sie wohl aushalten. Apropos... konnte man sich Cyrus eigentlich weinend vorstellen? Wahrscheinlich nicht, oder? Tatsächlich hatte er damit aufgehört - er war ja sowieso nie wirklich traurig. Ebenso wie die meisten, die ihn erst kennen gelernt hatten, als er als Dragonslayer nach Oshibana Town kam, sich wohl nicht denken konnten, wie er als kleines Kind gewesen war... verraten sei so viel: Ein knuffiger, kleiner Wattebausch hätte es als Beschreibung wohl gut getroffen.
Lächelnd folgte der hochgewachsene junge Mann der kleineren Frau in ihre Küche, in der sich Naomi zum Glück nicht mehr aufhielt, wäre ja auch noch schöner gewesen, wenn ihre kleine Spähaktion so schnell vorbei gewesen wäre. Also stellte Cyrus sich mit dem Rücken zur anderen Tür, die wohl ins Wohnzimmer herausführte - er vermutete, dass Naomi da wohl rausgegangen war und wollte ihr ein wenig Deckung geben, indem er die Türöffnung schlichtweg blockierte. Zwar schaffte er nicht die ganze Zeit, aber sie würde schon nicht auf die Idee kommen, ihn allzu offensichtlich anzustarren. Dafür war sie dann doch noch zu sehr mit dem Teekessel beschäftigt - Cyrus währenddessen langweilte sich ein wenig und starrte mehr oder minder fasziniert auf die hässliche Tapete. Na ja, wirklich hässlich war sie ja nicht, aber der Dragonslayer hatte irgendwie etwas gegen weiße Raufaser, warum auch immer. Die seine war schwarz, während der Boden ebenso dunkel war. Dafür waren seine Möbel heller und brachten wieder eine gewisse Balance in die Drachenhöhle über den Dächern Oshibana Towns. Wie wohl Naomis Wohnung so eingerichtet war? Er könnte sie mal besuchen... Seine Augen glitten aber sofort wieder zu der Frau, nachdem sie Anstände machte, ins Wohnzimmer zu gehen, woraufhin er leicht hustete - nur um Naomi sicherheitshalber zu warnen. Sie sollte da raus, wenn sie denn noch im Wohnzimmer war. Übrigens hätte Cyrus sicherlich nicht über die Tapete philosophiert, wenn Miyako auch nur halbwegs anziehend gewesen wäre, dann hätte er ihre abwesenden Blicke für eine genauere Musterung genutzt, aber so... war die Tapete die bessere Wahl. "Sagen Sie, Miyako-san...", begann er, während er schließlich doch einen Schritt zur Seite trat und die Angesprochene durchließ, "Kennen Sie diesen Jungen, von dem Herr Mangrove redete? Ich meine, kennen Sie ihn vielleicht persönlich?" Völlig scheinheilig folgte er ihr, um ihr die Tassen abzunehmen und sie auf den Tisch zu stellen, wartete scheinbar geduldig, aber dennoch ehrlich gespannt auf die Antwort. Wobei Ehrlichkeit hier nicht der richtige Ausdruck war. Es ging hier nicht um den Jungen, der konnte ihm schließlich sonst wo vorbei gehen. Es ging einzig und allein darum, auf Naomi zu vertrauen und ihr möglichst viel Zeit zu geben. Auch interessant war übrigens ihre Reaktion auf seine untypische Frage gewesen... dabei war ihm doch ganz klar, was darauf geantwortet werden müsste und er hatte nur sehen wollen, wie sie rüberbringen würde, dass Cyrus innerlich hässlicher als die Nacht selbst sein musste... es würde ihn dennoch nicht stören; er wusste es und konnte damit gut leben. Kritik war bei ihm eh verschwendet.

Das Viel Spaß, war eigentlich nur ein Wunsch von ihr an ihn gerichtet. Auch wenn es unwahrscheinlich war, dass er sich gerade wirklich amüsierte. Höchstens über Miyako, aber das würde sie wohl nicht sehr anziehend finden. Darum betete das Mädchen dafür, dass Seraphim noch etwas von der fantastischen Selbstbeherrschung übrig hatte, die er sonst an den Tag legte. Während sie das Wohnzimmer durchsuchte sah sie, dass er mehr oder weniger die Tür blockierte. Der Magier wusste, dass sie hier war und besser ungesehen blieb. Als sie in Begriff waren den Raum zu betreten hustete er kurz, aber sie war schon halb aus der Tür. Dafür war sie auch recht dankbar. Während er begann sie in ein Gespräch zu verwickeln. Das konnte er am besten. Sie schlich sie während dessen ins Schlafzimmer der guten Frau. Als sie die Tür leise hinter sich geschlossen hatte sah sie sich um. Nicht ganz so ordentlich wie sie es erwartet hatte. Das Bett war nicht gemacht worden und die Kleidung vom Vortag lag achtlos über einen Stuhl geworfen da. Das Mädchen schüttelte den Kopf, nein so würde sie niemals mit ihren Sachen umgehen, diese Frau war da wo es niemand so schnell sah wirklich schlampig. Nun gut zu erst ging sie an den Nachtschrank, aber außer dem normalen Krams von Kopfschmerztabletten über Fragwürdige Elektroartikel fand sie nichts was auf den Ring hätte hinweisen können. Dann kroch sie kurz unters Bett wo sich ebenfalls einige Unterlagen und Schuhe fanden, aber alles nicht das was sie suchte. Zu Letzt kam der Schrank an die Reihe. Jede Tasche, jedes Kleidungsstücks wurde durchsucht, doch auch da war nichts versteckt. Irgendwie war es frustrierend, sie durchsuchte sogar Kissen- und Bettbezug und hob die Matratze an, aber nein nichts. Wo sollte sie noch nachsehen. Es gab nur noch das Badezimmer. Nun gut, also auf in das Bad der merkwürdigen Frau. Irgendwie war es ihn unangenehm, wahrscheinlich sah das Bad genau so schlimm aus wie das Schlafzimmer. Vorsichtig lugte sie aus dem Schlafzimmer heraus und sah zufrieden, dass der Gang noch frei war. Auf Zehenspitzen schlich sie sich ins Badezimmer. Das war klein, hatte aber eine Badewanne mit einem dicken Duschvorhang. Über dem Spiegel hing ein Medizinschränkchen, in welchem sie zuerst nachsah. Haargummis, eine Brüste, Kontaktlinsen, Tonnen an Schminkutensilien, die sie scheinbar jeden Morgen benutzt. Naomi schüttelte den Kopf sie wollte nicht wissen, wie viel Chemie sich die Frau damit ins Gesicht schmierte und es half doch nichts. Sie war immer noch nicht schöner als zuvor. Dann drehte sie sich um zum Handtuchregal, dort stand auch ein Schmuckköfferchen, in dem einige Ketten und Ohrringe verstaut waren, außerdem Broschen, die minder wert schienen. Aber auch hier kein Ring es war verstörend. Die einzigen Ringe, die dort waren, hatte sie eine Plastikhand auf die Finger gesteckt. Der eine sah so aus, als hätte es mal ein Verlobungsring sein sollen. Wahrscheinlich war diese geplatzt, wie tragisch. Nun setzte sie sich auf das geschlossene Klo und dachte nach, konnte sie es wagen, in die Küche zu gehen? Wenn sie Glück hatte, saßen die zwei anderen auf dem Sofa und waren ihr abgewandt. Das Mädchen raufte sich leicht die Haare es war zum Mäusemelken. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Wie dumm hatte sie eigentlich sein können, immerhin ging es hier um einen Ring. Wo versteckte man einen Ring am besten? Bei vielen anderen Ringen. Die anderen Ringe genauer betrachtet sah sie, dass der eine wirklich ein Siegel besaß und sich im Stiel von seinen zierlichen Kameraden unterschied. Das Mädchen hatte den Ring gefunden. Zufrieden verließ sie das Bad, schlich sich am Wohnzimmer vorbei. Öffnete die Haustür leise, schloss diese hinter sich und klingelte.

"Oh, die Hautür...", bemerkte Cyrus mit überraschter Stimme, während er innerlich jubilierte. Um es genauer zu sagen, so war er Naomi regelrecht dankbar dafür, dass sie offenbar zu einem Ergebnis gekommen war. Zwar wäre es ihm um ein Vielfaches lieber, wenn sie den Ring gefunden hätte, aber selbst wenn nicht, dann wäre er nicht dazu in der Lage, ihr in irgendeiner Weise böse zu sein. Nicht, weil sie süß und niedlich und klein war, sondern einfach, weil sie ihn in jedem Falle von weiterem Wortwechsel mit der Frau verschonte. Cyrus war nicht unbedingt als ein gesprächiger Mensch zu klassifizieren; dennoch hatte er Maenor auf ihrer ersten Quest im Zug pausenlos Löcher in den Bauch gefragt. Der weißhaarige Dragonslayer war auch niemand, der durchgehend schwieg und dennoch konnte er stundenlang neben jemandem liegen und ihn anblicken. In diesem Falle jedoch war eine Sache klar: Diese Frau war keine angenehme Gesellschaft, zumindest nicht, wenn man an sich halten, Diplomatie üben und Zeit herausschlagen musste. Zudem auch noch untermalt von einem Tee, der Cyrus nicht einmal schmeckte und den er trotzdem schluckte. Na ja, manchmal musste man eben metaphorisch die Zähne zusammen beißen, wenn es einem höheren Zweck diente. Und auch, wenn man vielleicht auf die Idee kommen könnte, dass Cyrus nur sein eigener Willen interessierte, so lag ihm doch sehr am erfolgreichen Ausgang der Quest. Es ging hier nämlich nicht nur um ihn (und Naomi, aber das war vernachlässigbar), sondern auch um den Ruf seiner Gilde - und in diesem Punkt kannte er wenig Spaß. Während ihre Gilde für andere nur eine schnöde Arbeitsstätte war, so bedeutete sie für ihn mehr; hatte mehr den Rang einer Familie. Allerdings sollte damit natürlich kein einziges Gildenmitglied gemeint sein, sondern die Idee der Gilde an sich. Diese hatte nebenbei auch den Ruf, dass sie vollkommen drachenvernarrt war, eine Tatsache, die dazu geführt hatte, dass Cyrus sie mochte. Schließlich waren Drachen - und natürlich insbesondere Grandine - die Wesen, denen er die größte Bedeutung beimaß. Seine Zuneigung zu eben jener Drachendame, die ihn einst rettete, war sogar so groß, dass er ihr nicht nur aufs Wort gehorchte (zumindest wenn sie in der Nähe war...), sondern über jede Begegnung froh war, selbst wenn sie ärgerlich auf ihren Ziehsohn war und ihn das spüren ließ. Es war schon öfter vorgekommen, dass sich Schmerz und Freude bei ihm vermischt hatte - allerdings tatsächlich nur deswegen.
"Ich mache das schon, das wird Naomi-chan sein...", entschuldigte er sich lächelnd und sprang von dem Stuhl auf, auf dem er gerade noch innerlich leicht verkrampft gesessen hatte, nur um zur Tür zu schreiten und sie zu öffnen. Da die Empfangsdame nicht ganz so schnell auf den Beinen war, hatte er immerhin noch Zeit "Und?" zu raunen, ehe sie ebenfalls um die Ecke bog. Sie konnte nun nicken oder den Kopf schütteln, entweder würde er die Frau nun also mit ihrem Verbrechen konfrontieren und sich dankbar verziehen. Er wusste nun deutlich mehr über ihr Leben, als über das des Jungen und manches hatte ihn sicherlich nicht interessiert, dennoch war es ihm gesagt worden. Wahrscheinlich konnte er davon nichts mehr wiedergeben, da er es ins eine Ohr rein, beim anderen heraus hatte strömen lassen. Was störte es ihn, dass sie offenbar sexuell frustriert war? Sollte sie eben besser aussehen und er hätte sich drum gekümmert, aber so? Teehee... nein. Na... solange Naomi nun nicht fragte, was genau das gewesen war, was sie da oben gefunden hatte, konnte doch eigentlich wenig schief gehen. Und selbst wenn, so musste man vielleicht erwähnen, dass das Weißhaar kaum Schamgefühl besaß und es ihr sicherlich bis ins kleinste Detail erklären würde... und das würde Naomi sicherlich nicht wollen, Miyako wahrscheinlich auch nicht. So, dann also besser zum Ring. "Und, Naomi-chan? Haben deine Nachforschungen etwas ergeben?", fragte er noch einmal, nun jedoch wieder mit normal lauter, säuselnder Stimmlage.

Es dauerte nicht wirklich lange, bis die Tür aufging und ein scheinbar mehr als glücklicher Seraphim. Das Mädchen schenkte ihm ein sanftes Lächeln und nickte, als er ein fragendes und verlauten ließ. Sie blickte kurz an ihm vorbei und sah das Miyako gerade ebenfalls dazu kam und erklärte dann auf ihre Frage hin: „Ich habe Untersuchungen bezüglich des Jungens angestellt und kann deshalb ohne schlechtes Gewissen sagen, dass er unschuldig ist in allen Punkten“, die Blonde lächelte den Questleiter an. Denn das bedeutete die Frau war es gewesen. Dann trat das Mädchen in das hübsche Haus ein. Diesmal auf offiziellem Weg und das mit einer schlechten Nachricht für die Bewohnerin. „Oh, nicht der Junge, aber wer war es denn dann, gibt es schon eine Spur?“, erkundigte sich Miyako neugierig. Naomi nickte: „Ja es wird vermutete, dass es jemand aus dem engsten Bekanntenkreis des Bürgermeisters war, deshalb durchsuche ich die Wohnungen der Verdächtigen, sie gehören ebenfalls dazu“, erwähnte sie beiläufig um ihre Reaktion abzuwarten. Dieses Spiel machte ihr doch recht großen Spaß. Die Dame schien nervös zu schlucken, ja das war der Punkt. Gleich würde sie sicher irgendeine Ausrede erfinden, um ins Bad zu rennen und den Ring zu verstecken. „Gut fang doch schon mal, an ich gehe kurz ins Bad“, sagte sie vorsichtig. Sieg auf ganzer Linie, Naomi fühlte sich gerade richtig überlegen: „Das ist nicht nötig, da ist kein Ring, den sie verschwinden lassen können, den habe ich bereits.“ Die Magierin hob die Hand, an der dieser Ring glänzte. „Ich war bereits hier und habe den Ring gefunden. Eigentlich raffiniert, in dieses Dorf zu kommen und sich an den Bürgermeister heran zu schmeißen. Es ist offensichtlich, dass die Auswahl hier nicht sehr üppig ist, war es für sie als recht annehmbare Frau doch relativ einfach den Mann um den Finger zu wickeln. Den Ring zu stehlen ist sicher eine Art Racheakt, aber eines sage ihn ihnen, Rache macht hässlich.“ Soweit zum Vortrag der Schuld der Vierzehnjährigen. Allerdings schien die Sekretärin mehr als ertappt, die harten Worte des Mädchens hatten also ihre Wirkung erzielt. Entspannt lächelte sie und blickte zu Seraphim zurück: „Und bist du zufrieden damit Seraphim-sama?“ Dann erinnerte sie sich an die Frage, welcher er zuvor gestellt hatte. Diese wollte sie ihm noch beantworten, aber nicht so lang diese Frau dabei war, das war nichts für deren Ohren. Es war schon fast Mittag, als deutlich Zeit endlich nach Hause zu gehen, es war schon übel genug daran zu denken, wie lang der Rückweg zum Bahnhof sein würde, aber das musste man in Kauf nehmen. Das Mädchen drehte sich zu Seraphim um: „Gehört es eigentlich dazu, dass wir sie zusammenschnüren und mitnehmen? Wenn wir es nicht tun, packt sie die Koffer und ist weg. Allerdings war es nur die Aufgabe den Ring zu finden, also könnten wir die Extraarbeit einfach ignorieren“, wahrscheinlich könnte er sich damit anfreunden. Das kleine Mädchen ahnte, dass er auch gerne schnell weg. Der Weg war weit und anstrengend und gerne wäre sie heute wieder in ihrem eigenen Bett. Auch wenn das hieß, dass sie alleine in ihrem Zimmer aufwachen würde, aber das war Normalzustand. Hoffentlich hatte ihr Vater es hinbekommen in der engen Küche das Essen warm zu machen, bevor sie gegangen war, hatte sie die überfürsorgliche Nachbarin gebeten, ab und an nach ihm zu sehen. Diese hatte etwa fünf oder sieben Kinder, so ganz hatte sie da nie mitzählen können, aber sie war geduldig und hilfsbereit. Allerdings ging sie Rio schnell auf die Nerven, weil sie scheinbar ums Erbrechen versuchte, darum herumzureden, dass er im Rollstuhl saß und deshalb nicht so beweglich war. Ja manche Leute konnten damit einfach nicht umgehen, so was gab es eben auch.

Och... wenn es nicht Cyrus gewesen wäre, von dem man hier sprach, dann hätte man dem Weißhaarigen mit dem auffallenden blauen Tattoo unter dem linken Auge gerade so etwas wie Stolz zusprechen können, Stolz auf das kleine blonde Mädchen, was so absolut cool durch die Tür reinkam und der Frau mit vollkommen ruhiger Stimme unterbreitete, dass sie aufgeflogen war. Zumindest das Schmunzeln auf dem Gesicht des Dragonslayers deutete ähnliches an, auch wenn es wohl eher Amüsement war, welches er verspürte. Noch während sie herein kam und erklärte, dass der Straßenjunge unschuldig war - was für ein Wunder, das hätten sie nun nicht gewusst, was? - stahl er sich leise immer weiter hinter die Frau, die sowieso gerade mehr an Naomis Lippen zu hängen schien, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass sie etwas entlastendes formulieren würde. Auch wenn er nur schräg hinter ihr stand, würde er schnell genug reagieren können, um ein Ausweichen oder eine Flucht in diese Richtung zu blockieren, da vorne stand ja Naomi, da würde sie schon nicht herauskommen. Auch wenn das zarte Mädchen sicherlich körperlich nicht besonders ausgereift war, so war sie immerhin eine Magierin und sollte noch mehr hinkriegen als diese albernen Fledermäuse. Wobei selbst diese bei einer Frau wie Miyako ausreichen könnten, wenn sie schon eine wandelnde Tonne hätten verscheuchen können. Also konnte er leider nicht das Gesicht der Frau beobachten, als die Kleine ihr unwiderlegbar dalegte, dass sie den Ring gefunden hatte, wahrscheinlich sogar im Badezimmer der Frau. Tja... Pech für Miyako, wie?
Cyrus ließ den letzten, beinahe schon grausamen Satz noch eine Weile nachwirken, um zu sehen, wie die nun wahrscheinlich ehemalige Sekretärin des Bürgermeisters darauf reagieren würde, aber noch tat sich da nichts. Wahrscheinlich musste sie erst einmal schlucken, was ihr da vorgesetzt worden war, weswegen er schließlich den Abstand zu ihr verringerte und ihr langsam, beinahe sanft die Hände auf die Schultern legte. Zu mehr solchem Körperkontakt würde er es allerdings nicht kommen lassen, wäre sie nun hübscher gewesen, wer weiß; da hätte vielleicht sogar Naomis "verschnüren" Spaß gemacht, aber so... nein. "Ach...", schnurrte er und grinste Naomi über die Schulter Miyakos an, "Meinst du das Verschnüren ist nötig?" Er kicherte leicht und legte den Kopf danach nachdenklich schief, legte einen Finger an die Unterlippe und mimte damit ein perfekt unwissend-rätselndes Gesicht. "Wie wohl unser Bürgermeister darauf reagiert, wenn er mit ihr konfrontiert wird? Mhh..." Und schon war das kalte Funkeln in seinen Augen wieder da und die zweite Hand wieder auf der dazugehörigen Schulter. "Och, das wird sicherlich lustig~", flötete er grinsend, "So ein bisschen Drama zum Ende dieser Quest hätte was, oder Naomi-chaaan?~" Wahrscheinlich würde Miyako dabei sogar kalt gelassen werden... aber der Bürgermeister sicherlich nicht! Und da sich Cyrus bekanntlich nicht nur von Luft und körperlicher Zuneigung ernährte, sondern auch vom Hass und der Unzufriedenheit seiner Umgebung, war das beinahe ein gefundenes Fressen für ihn, welches er allzu gerne auskosten wollen würde. Danach würden sie sich allerdings sputen müssen, denn sonst würden sie nicht mehr vor Abend in Oshibana Town ankommen. Nicht, dass er etwas dagegen hatte, irgendwo im Freien zu pennen, aber wie Naomi das nun wieder gefallen würde, war die Frage. "Übrigens, eine Sache noch, Miyako-chan...~", flüsterte er, "Erstens sind gelbe Vorhänge mit roten Blumen kreuzhässlich, zweitens verbrennt man Teeblätter, wenn man sie mit kochendem Wasser übergießt und drittens kann ich gut verstehen, warum Sie keinen Freund finden. Versuchen Sie es mal mit besserem Aussehen, das hilft oft." Er hatte es sich nicht verkneifen können, wirklich nicht... und nun musste er ja nicht mehr vorheucheln, er sei der freundliche junge Mann von nebenan.
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Doch, im Rückblick musste man sagen, dass die Szene, die sich im Büro des Bürgermeisters abgespielt hatte, durchaus den weiten Weg wert gewesen war. Auch wenn Naomi den Ring, der ihr schon fast gestanden hatte, wieder los geworden war und nun wieder sicher am Finger von Herrn Mangrove steckte, so hatte er dafür etwas ganz anderes bekommen, nämlich den Anblick eines mit den Tränen kämpfenden Mannes, der wohl nicht sicher war, ob er den schrecklich sachlichen Worten des Dragonslayers glauben wollte. Männer weinten nicht oft, das war ihnen meistens zu peinlich. Aber dieser hier war so hart am Rande gewesen, dass er sich das grinsen hatte verkneifen müssen, nur sein Alltagslächeln hatte seine Lippen gekräuselt, vollkommen unbeteiligt hatte er daneben gestanden und sich schließlich mit der versprochenen Belohnung verabschiedet. Wie Naomi wohl diese Szene aufgenommen hatte, in der ein Mann bemerkt hatte, dass er nur ausgenutzt worden war? Für Cyrus war das nichts neues, er hatte diesen Ausdruck schon in so vielen Gesichtern gesehen… aber für das Mädchen mit dem Wesen eines echten Engels musste es doch hart gewesen sein, nicht wahr? Als sie jedoch wieder vor der Tür standen, streckte er sich noch einmal, grinste und machte sich ohne Auskunft über sein kurzfristiges Ziel zur Wäscherei auf, um ihre Sachen wieder zu holen, seine eigenen Wechselsachen ließ er schlichtweg dort liegen, als ob er sie auch noch zurückbringen würde, also echt. In seinen eigenen Sachen fühlte er sich halt deutlich wohler, zudem passten sie viel besser zu ihm, als diese braunen Schlabbersachen… dass er eine Schwäche für blütenweiße Hemden oder andere Unterbekleidung hatte, war schon eigentlich witzig… ebenso wie für weiße Westen. Hachja, Symbolik war doch auch was feines. "Lass uns nach Hause gehen, Naomi-chan~", grinste er und bot ihr seine Hand an. Nunja, er hatte ihr auch immer und überall brav die Tür aufgehalten, nicht wahr? Auf dem Weg würde er dann auch noch die erhaltenen Jewel teilen und ihr ihren Anteil geben… vielleicht ein bisschen mehr als die Hälfte, schließlich hatte er das zusätzliche Geld nun nicht so nötig wie sie. Im Notfall könnte er sich einfach ein paar Wochen nur von Wind ernähren oder irgendwelche reichen Schnösel im Kartenspiel gehörig über den Tisch ziehen, flüssig war er eigentlich immer. Naomi dagegen musste ja auch noch ihren Vater versorgen und überhaupt… ja, doch, das würde er wohl machen. Ein Anflug von Nettigkeit? Wer wusste schon genau, was im Kopf dieses Mannes vorging...

Seraphim hatte sich dafür entschieden, die Frau noch ihrem Chef zu präsentieren. Gesagt getan, diesmal führte der Dragonslayer das Wort. Naomi konnte sehen wie der Mann immer weiter zerbrach als klar wurde, wer genau ihn betrogen hatte. Auch wenn er es wohl geahnt hatte, war es ein Schock, so sehr, dass er sogar weinte. Noch nie hatte sie einen Mann die Fassung so verlieren sehen. Selbst ihr Vater, der sich selbst zu den sensibelsten zählte, hatte noch nie so sehr geheult.doch davon durfte sie sich jetzt nicht mitnehmen lassen, er hatte die Wahrheit wissen wollen und die hatte er auch bekommen. Zum Glück machten sie und Seraphim sich endlich auf den Rückweg. Dabei gingen sie zur Wäscherei und holten ihre Kleider ab. In ihren eigenen Sachen fühlte sich Naomi viel besser. Dann sagte er es, sie würden nach Hause gehen und er bot ihr seine Hand an. „Ja, nach Hause“, sie legte ihre Hand in seine. Wieder konnte man deutlich sehen, wie viel kleiner sie doch war, aber das machte nichts, die Hand war angenehm warm und geschmeidig. Während sie den Weg zurück zum Bahnhof gingen, hatte sie genug Zeit ihre Antwort zu überlegen, dann sagte sie plötzlich: „Zu deiner Frage, ich denke innerlich bist du nicht so gut anzusehen wie äußerlich, allerdings gibt es immer wieder Lichtpunkte, wobei ich fürchte, dass die meisten nur Lug und Trug sind. Aber wenn man gut genug sucht, kann man bei dir sicher auch etwas Wundervolles finden. Ich weiß es“, für sich selbst fügte sie hinzu, „Auch wenn es nur Hoffnungen sind.“ Der Marsch war genau so lang wie der am Tag zuvor, aber die Aussicht nach Hause zu kommen, ließ ihn kürzer erscheinen und tatsächlich kamen sie noch rechtzeitig, um den letzten Zug zurück zu erwischen. Auch wenn dies Mal keine Platznot herrschte, kroch Naomi wieder auf den Schoß des Magiers. Der nahm das schweigend zur Kenntnis. Ab und an hatte sie das Gefühl kurz wegdöst zu sein. Im Abteil war es auch warm und das machte sie schläfrig, ganz davon abgesehen, dass der Marsch auch anstrengend gewesen war und der ruhige Herzschlag eine herrlich einschläfernde Wirkung hatte. Also perfekte Bedingung, um zu schlafen. Der junge Mann weckte sie, kurz bevor sie ankam. Fast die ganze Zeit hatte sie mindestens eine Hand auf ihrem Kopf gefühlt, diese hatte sanft ihre Haar gestreichelt. Außerdem ließ er es sich nicht nehmen sie nach Hause zu bringen. Vielleicht hatte er Angst sie könnte unterdessen verloren gehen und man würde ihn schicken, um sie wieder zu finden. „Danke fürs nach Hause bringen. Gute Nacht schlafe gut und träume schön.“ Sie hatte sich noch mal an ihn gedrückt und beide Arme um ihn gelegt. Aus einem Grund, den sie nicht erahnen konnte, hatte er es zugelassen und leicht erwidert. Danach konnte sie mehr als entspannt nach oben gehen und in ihr Bett fallen. Was für ein anstrengender Ausflug.