Ein Teil von ihm hatte nicht aufhören können, zu glauben, dass das vor ihm Sylvana sein musste, auch wenn Kabutos Verstand eiskalt versuchte, ihn davon zu überzeugen, dass sie es nicht sein konnte. Vermutlich weniger wegen den Indizienbeweisen, die er gefunden hatte dafür, dass sie es nicht war, sondern aus reinem Selbstschutz. Denn was würde es bedeuten, wenn diese Person Sylvana war? Diese Person, die ihn nicht einmal grüßte, die sich so anzog, die zu Blue Pegasus gehörte? Würde das nicht bedeuten, dass Sylvana, die Dragonslayerin des Donners, die Göttin, die er bewunderte und verehrte... ihm den Rücken gekehrt, ihn für immer verlassen hatte?
Als wären diese nagenden Zweifel nicht schon hart genug für den Jungen, folgte nun die Gewissheit: Das Mädchen erhob Sylvanas Stimme, nannte Sylvanas Namen und schob die Kapuze zurück, sodass Sylvanas Gesicht nicht länger auch nur im Geringsten verkennbar war. Sofort klappte der Mund des Jungen leicht auf – nicht vor Überraschung, er verlor einfach mit einem Schlag so viel Kraft, dass er seinen Kiefer kaum mehr oben zu halten vermochte. In seinen Augenwinkeln bildeten sich augenblicklich Tränen. All die Kraft, die bis eben hart daran gearbeitet hatte, ihn Sylvana nicht erkennen zu lassen, hatte sich nun zu einem unsichtbaren Schlag in seinen Magen weiterentwickelt und dabei alle Stärke aus seinem Körper gerissen, so fühlte es sich jedenfalls an. Während die Dragonslayerin sich vor ihn kniete und ihm durch die Haare wuschelte, wie er es gewohnt war, wurde seine Sicht immer schwächer und schwächer, wurde von einem Schleier bedeckt, der nach außen hin als Flüssigkeit zu sehen war; Tränen. Während seine Tränen seine Wangen benetzten, kippte er förmlich aus seinem Sitz, vor, zu dieser Person, für die er sein Leben geben würde, schlang die Arme um sie und drückte sich an sie – sie war es also doch. Das hier war Sylvana. Sie fühlte sich genauso an, sie roch auch genauso – auch, wenn seine Nase nicht so fein wie ihre sein mochte, ein wenig hatte er sich doch an ihren Duft gewöhnt. S-S-Sywannaaa!, rief er verheult und vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter, während seine Emotionen aus ihm flossen. Was sollte er nur tun? Er hatte sie so vermisst, und jetzt war sie nicht einmal mehr Teil seiner Gilde... W-was is dähhn? W-waum bissu nich mehr bei... bei... Faiwy Daaail? Mit verzerrter, verwaschener, ja fast schon unförmiger Stimme hockte er da, unwillig, die Fernandez los-, je wieder gehen zu lassen. Sie gehörte nicht nach Blue Pegasus! Sie gehörte zu Fairy Tail! Sie gehörte zu ihm...
Der Käfermagier brauchte seine Weile, um sich wieder fassen zu können – der Schock war zu groß, die Folgen zu gravierend. Er konnte kaum erfassen, dass Sylvana nicht länger seine Nakama sein würde... dass vielleicht ein großer Teil ihrer Zukunft nicht geschrieben werden würde, die es gegeben hätte, wenn sie da geblieben wäre, wo sie gewesen war, bis er etwas ausgewachsener war. Schlussendlich versiegten seine Tränen, wenngleich seine Augen feucht blieben, er genoss ein paar Momente einfach nur ihre Nähe, und als er wieder richtig atmen konnte, blickte er ihr direkt in die Augen. W-wenn ich stark genug werde, d-dich zu beschützen... d-d-dann kommst du wieder zurück, j-ja? Versprich es mir!

Doch selbst die größte Trauer musste man irgendwann überwinden... wenn man gerade auf einer Quest war, dann musste das auch etwas schneller gehen, vielleicht schneller, als es eigentlich sein sollte. Als alle – Kabuto – wieder einigermaßen gefasst waren, fragte Akay, ob sie seltsame Träume gehabt hätten... und der Grünschopf schauderte. Sein Traum über Stellar Expedition 2 und den außergewöhnlichen Turm und das Game Over... Seine Wangen röteten sich und er schüttelte energisch den Kopf: N-n-nein, k-keine außergew-wöhnlichen Träume o-oder sowas... W-warum? Er konnte doch unmöglich erzählen, dass er so etwas seltsames geträumt hatte... er musste einfach cool bleiben, dann würde schon keiner merken, wie seltsam seine Nächte gewesen waren.
Nicht lange danach allerdings wurde die entspannte Zugfahrt jedoch jäh unterbrochen, das gesamte Gefährt wurde erschüttert, und das mit dem Geräusch zweier lauter Knalle, einer von vorne, einer von hinten. Kabuto, wie der Rest vermutlich auch, erkannte die Situation recht schnell: Das waren Explosionen! Der Zug wurde angegriffen, und das vermutlich wegen ihrer Exkursion! Bevor der Junge auch nur auf die Idee kam, zu reagieren, waren die anderen bereits alarmiert – wieder einmal merkte er, wie wenig er dazu taugte, seinen Sensei zu ersetzen. Tascha und Sylvana reagierten schnell und entschieden sich, den hinteren Teil des Zuges zu erforschen, was wohl bedeutete... Ä-ähm, Akay... w-wir sollten wohl... nach v-vorne... Und so kam es, dass der zitternde Kabuto mit dem mysteriösen schwarzhaarigen Magier zusammen auf dem Weg nach vorne war. Wenn man mal von den panischen Passagieren in den nächsten zwei Waggons absah, wirkte es, als sei nichts weiter passiert. Als sie den dritten Waggon erreichten, begann Kabuto, Rauch zu riechen... und bildete er sich das nur ein, oder wurde der Zug gerade... schneller...?

Ein wenig überwältigt war Sylvana schon gewesen, als Kabuto sich plötzlich fast schon auf die geworfen hatte. Sie hatte damit gerechnet, dass der Käfermagier weinen und sich freuen würde, dass er die Dragonslayerin so überraschend zu Gesicht bekommen hatte, ganz gleich der Umstände. Aber von dieser Reaktion hätte sie nicht einmal in ihren kühnsten Träumen rechnen können. Kein Wunder also, dass Kabutos Angriff sie für einen kurzen Moment aus der Bahn war, während er sich an ihrer Schuler ausweinte. Seufzend legte sie vorsichtig ihre Arme um den Jungen, streichelte ihm beruhigend über den Rücken. So, wie man es normalerweise tat, um jemanden zu trösten. Ein wirklicher Experte war sie in diesem Gebiet nun wirklich nicht. In ihrem Leben war bisher niemand für sie dargewesen, der sie getröstet hatte, wenn sie traurig war. Nicht ihre Mutter, nicht ihr Vater und auch keiner der vielen Bediensteten, die sich meistens irgendwie um sie gekümmert hatten. Selbst Raiden nicht, was jedoch nur daran lag, dass sie in seiner Nähe niemals irgendwie Trauer verspürt hatte. Es war also wirklich kaum verwunderlich, dass Sylvana ein klein wenig mit dieser Situation überfordert war. Dennoch, sie wollte einfach nicht, dass Kabuto jetzt die ganze Zeit weinte. Nur wegen ihr.
„Mein Abschied hat… seine eigenen Gründe. Eine viel zu lange Geschichte, um sie dir hier zu erzählen…“, flüsterte sie ihm ins Ohr, konzentrierte sich weiterhin darauf, dem kleinen Käfermagier so gut es ging zu beruhigen. Egal ob sie nun seinen Rücken streichelte, oder durch seine Haare wuschelte. Und es schien Wirkung zu zeigen, beruhigte sich Kabuto doch nach einiger Zeit mehr oder mehr, bis die letzten Tränen aus seinen Augen verschwunden waren.
„Ach Kabuto…“ Er wollte ein Versprechen von ihr. Ein Versprechen, welches sie niemals einlösen könnte, das wusste sie. Einst war Fairy Tail ihre Familie gewesen, aber… es war einfach zuviel vorgefallen. Sie konnte nicht sagen, wie sie jemals wieder das Vertrauen in die Gilde zurückgewinnen sollte. Zurückkehren war daher ausgeschlossen, so leid es ihr auch tat, Kabuto dies mitzuteilen. Immerhin war er doch am wenigsten an dieser Entscheidung schuld und doch fast schon an stärksten von ihr betroffen.
„Ich kann nicht mehr zurück, Kabuto. Es geht einfach nicht. Natürlich werde ich die schönen Zeiten vermissen, die Kämpfe in der Gildenhalle, die Predigten unserer Gildenmeisterin… Okey, diese Predigten vielleicht weniger.“ Sie musste kurz lachen. „Aber ich habe einen neuen Weg eingeschlagen. Einen Weg, den ich für richtig empfinde. Und den musst du auch einschlagen, Kabuto.“ Vorsichtig legte Sylvana ihre Hand auf seine Schulter, schaute ihm ebenfalls direkt in die Augen. „Es ehrt mich, dass du für mich stärker werden möchtest. Aber das möchte ich nicht. Ich möchte, dass du für die Gilde stärker wirst. Für deine wahre Familie. Einfach, weil ich sie nicht länger beschützen kann. Diese Aufgabe musst du jetzt für mich übernehmen. Würdest du dir das für mich zutrauen?“ Genauso, wie sie keine Meisterin des Tröstens war, lagen ihr solche Motivationsreden eigentlich genauso wenig. Dennoch war sich die Dragonslayerin diesmal ziemlich sicher, dass sie die gewünschte Wirkung für Kabuto erziehen würde. Er war so ein herzensguter Junge, dass er niemals etwas tun würde, was der Gilde Schaden zufügen würde. Wenn sie also jemanden zutrauen würde, alles für diesen Ort zu geben, dann würde sie es ihm tun.

Ohne eine Antwort von Kabuto erhalten zu haben, war es schließlich Akay, der die Stille durchbrach, welche sich für eine kurze Zeit aufgebaut hatte. So ganz recht traute die Dragonslayerin ihm nicht über den Weg. Er war die einzige Person, die ein solches Geheimnis um seine Magie machte und nun mit seiner Frage sich nicht gerade unverdächtig machte. Immerhin hatte sie einen merkwürdigen Traum gehabt. Ein Zufall, dass Akay gerade einfach einen Schuss Mitten ins Schwarze gemacht hatte? Wohl kaum. Da steckte irgendetwas hinter und Sylvana nahm sich vor, dass sie noch dahinterkommen würde.
„Ich kann nichts dergleichen von mir behaupten. Mein Schlaf ist doch relativ erholsam und traumfrei.“ Bevor sie nicht wusste, was es mit Akay auf sich hatte, würde sie sich zurückhalten. Nicht, dass er doch irgendwie Dreck am Stecken hatte. Immerhin kannte sie ihn nicht gut genug, dass sie ihm blind vertrauen würde.
Die Explosionen kamen unerwartet. Noch unerwarteter, als es Kabutos Reaktion gewesen war. Instinktiv erhob sich Sylvana von ihrem Sitz, warf einen kurzen Blick zu Tascha und teilte der Eismagierin mit einer kurzen Handbewegung mit, dass sie ihr folgen sollte. Ohne groß zu überlegen rannte Sylvana das Abteil entlang, in Richtung des Zugendes. Keine leichte Aufgabe, wenn man Rücksicht auf die Leute, die ihnen panisch entgegenliefen, nehmen musste. Dennoch versuchte die Dragonslayerin gegen den Strom aus Menschen anzukämpfen und quetschte sich zwischen ihnen immer weiter nach hinten durch. Nach zwei Waggons wurde schon weniger gedrängelt, am Ende des dritten Waggons angekommen hatten sie dann freie Bahn. Schließlich kamen sie auch in einem der Abteile an, in welchen einige Leute verängstigt auf ihren Sitzen saßen, ihre Beine eng an sich geschlungen. Ihrem Aussehen nach schienen sie alle Teil dieser Expedition zu sein. Wirklich Zeit um sicherstellen zu können, dass sie alle nicht verletzt waren, hatte Sylvana nicht, denn da war etwas, was ihr in die Nase stieg und sofort alle Alarmglocken läuten ließ. Der Geruch von brennendem Holz. Fluchend richtete Sylvana ihren Kopf auf, wollte gerade weiterrennen, als ihr etwas ins Auge fiel. Dort, wo eigentlich der Durchgang zum nächsten Abteil, welches, wenn man der Aufschrift auf dem Schild, welches über jenem Durchgang hang, denn glauben sollte, das Gepäckabteil war, stand jemand und blickte zu ihnen. Hinter ihm konnte man noch die Quelle des Geruchs sehen, welcher Sylvana in der Nase hing: Ein in Flammen stehender Waggon, der einfach nur auf den Gleisen lag. Allem Anschein nach hatte diese Person ihn abgekoppelt, damit das Feuer nicht auf den ganzen Zug übergreifen konnte. Eine gute Idee eigentlich, die auch ihr wohl durch den Kopf gegangen wäre, wenn sie verhindern wollte, dass der ganze Zug abfackeln würde. Da war jedoch eine Sache, die der Situation ein ganz anderes Bild verlieh: Der Aufzug dieser Person. Sein Gesicht war unter einer schwarzen Stoffmaske und der Kapuze seines schwarzen Umhangs verdeckt und nur ein paar dunkler Augen starrte ihnen ein wenig panisch entgegen. Anscheinend hatte er nicht damit gerechnet, dass sich ihm zwei Menschen in den Weg stellen würden.
„Ups~ Da haben wir dir wohl den Fluchtweg abgeschnitten. Du kannst natürlich noch rausspringen, wenn du möchtest, aber… Bei der Geschwindigkeit dieses Zuges würde das ganz schön wehtun.“ Und wie es aussah wurde der Zug nicht gerade langsamer. Merkwürdig… Normalerweise hielt doch ein Zug an, wenn irgendwas passiert war…

War es nicht merkwürdig, das Akay von merkwürdigen Träumen sprach? Irgendwie schon, immerhin hatte Tascha auch einen schrecklichen Traum gehabt. Sicherlich hatte auch Akay davon geträumt, dass das essen ihn umbringen wollte, das war schließlich das schlimmste Schicksal, das man sich denken konnte. Doch anders, als Akay, schienen sowohl Sylvana und auch Kabuto keine komischen Träume gehabt zu haben, aber das musste ja nichts heißen. „Also ich hatte komische Träume. Jede Nacht immer den selben. Das Essen will mich umbringen, dabei habe ich ihm doch gar nichts getan, ich liebe es zu essen.“ Fehlerfreie Logik, jedenfalls für Tascha. Wie zum Beweis nahm Tascha ein etwa 30 Zentimeter langes Sandwich aus ihrer Tascha, das dick belegt war. Salami, Putenfleisch, Hähnchenfleisch, Salat, Gurke, Tomate, Ei, mehrere Saucen und auch das Bot war mehr als nur schlicht. Mindestens zehn Sorten Körner und natürlich die beliebte Olive, wobei Tascha dort wohl übertrieben hatte, denn anstelle eines einigen Spießes mit einer Olive waren mindestens fünfzehn Spieße mit mindestens zweien oder dreien. Leider kam Tascha nicht mehr dazu diese Schönheit zu verspeisen, denn zwei Knalle waren zu hören, einer hinten und einer vorne. Enttäuscht wickelte sie das Sandwich wieder in das Papier ein und steckte es wieder weg. Leise seufzend erhob sie sich und lief hinter Sylvana her, die den hinteren Knall untersuchen wollte.
Leider vergrößerte sich der Vorsprung der Donner Dragonslayerin immer mehr, denn die panischen Leute blockierten nur den Gang und die Magierin musste sogar ab und an über die Sitze klettern. Deswegen erreichte Tascha das Gepäckabteil erst, als der brennende Wagen bereits einige Entfernung zum eigentlichen Zug aufgebaut hatte. Sylvana blockierte einer vermummten Gestalt den Weg und sie selbst kam kaum an dieser vorbei. Es waren hier ja eine Menge Sitze im Weg und klettern wäre hier eine bescheuerte Idee, immerhin konnte es sich bei der verkleideten Gestalt nur um einen Feind handeln. Gerade schien Sylvana den Kerl verspottet zu haben, als der Zug beschleunigte. Stolpernd machte Tascha einen Schritt nach vorne und hielt sich an der Rückenlehne einer Sitzreihe fest. Doch anders als sie hatten sowohl Sylvana, als auch die Gestalt keinen Schritt gemacht, sie mussten einen sehr festen Stand haben. … Okay, das stimmte nicht ganz, so schlimm war der Ruck nämlich gar nicht gewesen und Tascha hatte ihr Stolpern eher dazu benutzt an ihren Stiefel zu greifen, denn auch wenn man es gerade nicht sehen konnte, unter ihrer Hand und dem Arm, den sie gerade auf die Rückenlehne legte, befand sich ihr silberner Dolch. Sie wollte den Kerl fertig machen, aber nicht für den Gepäckwagen oder die Explosion, sondern weil er sie davon abhielt ihr Sandwich zu essen. Keine gute Prioritäten Verteilung, aber damit musste man halt leben, wenn man mit Tascha zu tun hatte. Zwar stand Sylvana noch vor ihr und das würde sich wohl auch nicht ändern, aber sie wollte vorbereitet sein, wenn sie sich verteidigen musste, dann würde sie es tun. Ein Dolch war aber auch nicht die beste Lösung, wirklich nicht, leider waren viele ihrer Zauber eher unpassend für diesen Waggon, zu groß, zu schwer oder einfach unpassend. So würde sie halt die letzte Barrikade an der Tür bilden und gleichzeitig die Passagiere daran hindern zu gaffen, das konnte sonst übel enden. Die Leuten wollten ja immer gucken, auch auf die Gefahr ihres eigenen Lebens hin. "Ich pass auf die Passagiere auf, Sylvana, lass den Kerl nur nicht durch!"

OOC: So toll ist das hier jetzt nicht geworden, wollte euch aber nicht länger warten lassen, Krankheit scheint noch nachzuwirken.

Keiner von seinen Begleitern hatte Träume gehabt, so wie er, oder schien zumindest nicht darüber reden zu wollen. Kein guter Start zum Thema Vertrauen, aber er hatte immerhin auch Informationen zurückgehalten. Durfte man ihm das vorwerfen, wenn schon ¼ der Truppe vermummt herkommt? Nach der tränenreichen Begrüßung und der sehr merkwürdigen Aussage Taschas kamen die Gespräch vorerst zum erliegen. Die Action sollte jedoch erst richtig beginnen. Plötzlich wurde der komplette Zug erschüttert und nur durch Zufall konnte sich Akay an seinen Sitz klammern um nicht vorne überzufallen. Eigentlich hätte er jetzt erwartet, dass der Zug langsamer wurde aber dem war nicht so. Was war hier los? Erst jetzt kam ihm in den Sinn, was das für Erschütterungen gewesen waren: Detonationen. Und wohl mehr als eine. Keine gute Voraussetzung für eine angenehme Fahrt. Da Sylvana und Tascha sich schnell dazu entschlossen, den hinteren Teil des Zuges zu untersuchen, blieb den beiden Fairy Tail Magiern nur die Richtung des Triebkopfes übrig, was durch die Aussage Kabutos nun auch wörtlich ausgesprochen wurde. Er nickte ihm zu, schwang sich vom Sitz und folgte ihm. Allein schon aus ihrem Abteil herauszukommen, stellte sich als schwierig da, denn das Fahrzeug und seine Insassen waren in Panik verfallen und der Meinung, dass es im jeweils anderen Teil des Zuges bestimmt viel sicherer war. Mit Mühe und etwas Ellenbogen durchquerten sie zwei Wagons und erreichten auch den dritten und, wenn Akays Erinnerung richtig war, den letzten vor der Führerkabine. Schon am Ende war ihm langsam Rauch in die Nase gestiegen und jetzt zeigte sich auch wieso: Am Ende des Wagens war die Tür aufgesprengt wurden! Allerdings war dies keines Wegs ein Unfall gewesen. Eine ominöse, vermummte Gestalt versperrte ihnen den Weg. Anscheinend war sie für das Chaos verantwortlich und hatte zudem gerade den Lokführer außer Gefecht gesetzt. Abrupt nahm deshalb der Zug an Fahrt auf und überrascht durch diese Wendung, musste Akay sich an einem der Sitze stützen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Der Gestalt schien das keine Probleme zu machen, jedoch konnte man ihr Ansehen, dass sie nicht damit gerechnet hatte, in eine Konfrontation zu geraten, denn der Blick dieser wanderte wiederholt nach rechts und links. „Hey, dein Fluchtweg ist abgeschnitten. Gib auf und stell dich einem fairen Prozess“! Eigentlich waren sie ja aus einem ganz anderen Grund in diesem Zug, aber diese Person gefährdete das Leben Unschuldiger und das konnte der Magier nicht auf sich sitzen lassen. Außerdem waren es zwei gegen einen. Konnten ihnen da etwas passieren? Bevor Akay jedoch einen weiteren Schritt auf die Person zu machen konnte, sah er, wie sich Teile der Decke in kleine Würfel zerschnitten, ehe sie in einem Knall dematerialisierten. Crashmagie!? So hatte er also die Explosion hier vorne hervorgerufen! Als sich der Rauch gelegt hatte, konnten die beiden Fairy Tail Mitglieder noch einen Fuß erkennen, der sich durch eine provisorisch erzeugte Treppe aufs Dach gezogen hatten. Sie mussten sich aufteilen, wenn sie dem Chaos Herr werden wollten. Seit wann war Akay so energisch geworden? Diese Mission schien ihn mehr zu bewegen, als er es sich eingestehen wollte. Er war sich außerdem noch nicht sicher, wie viel Selbstbewusstsein der Käfermagier besaß, bis jetzt hatte er den Eindruck gemacht, als ob das nicht eine seiner Stärken war. „Kabuto wir müssen diesen Leuten unbedingt helfen! Ich schaue, dass ich diesen Typen aufhalte, kannst du versuchen den Zug zu stoppen? Ich hab keine Ahnung, wie schnell dieses Ding noch werden kann geschweige denn, wie der weitere Streckenverlauf ist. Vielleicht kriegst du den Lokführer wieder wach. Lass mich nur bitte nicht zu lange allein“. Nach einem bestätigenden Nicken und einem aufmunterndem Lächeln schlug Akay den gleichen Weg ein, wie die Gestalt vor ihm. Das Klettern wäre ihm nicht allzu schwer gefallen, wenn es sich nicht um einen immer schnell werdenden Zug gehandelt hätte, der zudem wiederholt nach rechts oder links ausschwenkte. Der Verdächtige war nicht viel weiter gekommen, aber was erblickte der Stellarmagier am anderen Ende des Zuges: Auch dort kam jemand Hoch geklettert. Und was war dieses komische Brummen, dass näher kam?

Zur gleichen Zeit am andere Ende des Zuges: Ähnlich dem Counterpart an der Zugspitze, rechnete auch die Person hier nicht mit einer so schnellen Mobilisation der Blue Pegaus Magier. Nach Sylvanas lässigem Spruch schien die Gestalt tatsächlich einen Moment zu zögern und seine Möglichkeiten abzuschätzen. Bevor jedoch einer der beiden einen weitere Aktion ausführen konnte, hätte man schwören können, dass die vermummte Gestalt kurz lächelte, ehe sie ihre Handfläche den beiden entgegen hielt. Wie aus dem nichts explodierte das Gebiet um Sylvana und Tascha, der dadurch erzeugte Rauch hielt jedoch aufgrund der hohen Geschwindigkeit und dem klaffendem Loch am Ende nicht lange an, weshalb auch sie sehen konnten, wie sich der vermeintliche Attentäter aufs Dach rettete. Ein paar Leute um sie herum schienen zu dem die Wucht dieser Explosion mehr als deutlich gespürt zu haben, hielten sich Arme und Beine. Und dann war da noch ein brummen, dass langsam immer näher zu kommen schien. Waren das etwa andere Fahrzeuge?

Ähnlich dem Zug nahm auch Team Fairy Tail an Fahrt auf, um möglichst bald den letzten Waggon hinter sich zu lassen und zu sehen, woher dieser Rauch kam; und sie wurden nicht enttäuscht. Ob es vielleicht besser gewesen wäre, jetzt einen anderen Anblick vor sich zu haben, war eine andere Frage, doch wenigstens konnten sie nun erkennen, was das ganze Problem ausgelöst hatte: Durch die nicht länger wirklich existente Tür hindurch war der Lokführer zu sehen, offensichtlich nicht wirklich bei sich und gestürzt auf seine Instrumente – er musste wohl beim Sturz einen Hebel oder Knopf betätigt haben, oder was auch immer hier die Geschwindigkeit regulierte, und deshalb hatte der Zug an Fahrt gewonnen, und war immer noch nicht fertig damit. Wie viel schneller würde er werden, wenn man nichts unternahm...?
Es sah aber fast danach aus, als würden sie das bald erfahren, da der Weg ins Führerhaus von einer vermummten Gestalt versperrt wurde, die Kabuto schlucken ließ. Warum mussten alle gefährlichen Personen sich immer vermummen? Selbst Sylvana, die mit Sicherheit die stärkste Person der Gruppe war, hatte ja ihr Aussehen verborgen, aber bei ihr sah das noch gut aus – das hier war einfach gruselig. Genau wie dieser Chibi damals... Kabutos Hand legte sich an seine Schulter und drückte leicht auf die Narbe, die zum Glück unter seinem Hemd verborgen war, während er die Zähne zusammenbiss. Aber Akay hatte Recht: Auch, wenn diese Person furchtbar gruselig war, die beiden waren Magier von Fairy Tail und noch dazu auf einer Quest, sie hatten keine andere Wahl, als Hindernisse wie dieses aus dem Weg zu schaffen, selbst, wenn man Angst vor ihnen hatte. Der Kyofu würde seiner Gilde schon Ehre machen...
Das war dann allerdings gar nicht nötig, da der Fremde überhaupt nicht kämpfen wollte. Im Gegenteil, er schaffte sich einfach seinen eigenen Fluchtweg und verließ die Bahn in Richtung Dach. Einen Moment lang war der Grünschopf erleichtert... bis Akay sich wieder zu Wort meldete. Er wollte diesen Kerl verfolgen? Auf dem Dach? Allein? Das war verrückt! Sah es nicht so aus, als hätte er seinen Teil schon erledigt und wolle nun einfach flüchten? Dachte der Schwarzhaarige wirklich, er würde noch mehr Ärger machen? Nun... immerhin durfte Kabuto unten bleiben. A-ah..., antwortete er also, D-dann... sei vo-vorsichtig! Und mit diesen Worten lief er hinüber zu der vermutlich einzigen Person vor Ort, die sich mit dem Bedienen von Zügen auskannte.

Für Kabuto war diese Situation so etwas wie ein Schnellkurs in erster Hilfe; was sollte man machen, wenn jemand bewusstlos war, damit diese Person schnell wieder aufwachte und dann auch wieder auf den Beinen war? Zuerst einmal musste er den Lokführer von den Geräten wegbekommen... für seine Statur war der Mann allerdings überraschend leicht, der Junge konnte ihn relativ problemlos anheben und auf den Boden legen. Dann stellte er sicher, dass der Mann auf dem Rücken lag und noch atmete – in beiden Fällen ein klares Ja, das war schon einmal gut so. Dann rüttelte der Grünschopf an seinen Schultern – nichts. Er rief ein paarmal aus, auch wenn er keinen Namen hatte – Wachen Sie auf! und Ähnliches musste genügen. Nur leider genügte es offenbar nicht... der Mann wollte und wollte nicht aufwachen! Kabuto stand auf und besah sich die Armaturen, es musste hier doch etwas geben, das die Geschwindigkeit regulierte, aber er konnte natürlich nicht auf gut Glück irgendwelche Tasten und Hebel bedienen... Eine Betriebsanleitung! Ja, richtig, hier musste doch irgendwo ein Büchlein stecken, in dem stand, wie man einen Zug steuerte... Nur zur Sicherheit. Es war wichtig, die Geschwindigkeit wieder auf ein angemessenes Tempo herabzusenken, ehe etwas Schlimmes geschah, in einer Kurve oder so. Kabuto mochte nicht wissen, wie eng eine Kurve sein musste, damit ein Zug entgleisen konnte, doch bei der jetzigen Schnelligkeit war er sicher recht anfällig... Wenn der Zugführer nicht aufwachen wollte, dann musste er unbedingt einen Weg finden, das Tempo selbst zu drosseln!

Ein lautloser Fluch entglitt den Lippen der Dragonslayerin. Da war sie sich ihrer Lage für eine Sekunde zu sicher gewesen und schon zog dieser vermummte Kerl ein Ass aus seinem Ärmel. Komisch war nur, dass er seine Magie nicht direkt gegen sie gerichtet hatte. Die Erschütterung hatte die Dragonslayerin auch so gespürt, aber eine Explosion direkt an ihrem Körper wäre durchaus effektiver gewesen, wenn er sichergehen wollte, dass man ihn nicht verfolgen würde. So hatte er sich nur ein paar Sekunden Vorsprung verschafft – und einige Passanten verletzt, was Sylvana überhaupt nicht gefiel. Immerhin trieb es sie in eine Zwickmühle: Was wäre, wenn sie sich ernsthaft verletzt hätten? Auf den ersten Blick konnte man immerhin nur sagen, dass einige mit ziemlichen Schmerzen davongekommen waren. Da konnten sie die Passagiere doch nicht einfach zurücklassen! Diesen Kerl wollte Sylvana aber auch nicht entkommen lassen.
„Tascha, schau bitte nach, ob sich jemand ernsthaft verletzt hat. Ich nehme die Verfolgung auf und versuche diese Person solange wie möglich festzuhalten, bis du nachkommen kannst.“ Natürlich hätte sie die Aufgaben auch genau andersrum verteilen können, sodass sie sich um die Passagiere kümmern und Tascha den vermeintlichen Attentäter verfolgen würde. Im Moment war sie sich aber sicher, dass Tascha mit ihrer Magie besser in der Lage war, einige Verletzungen zu behandeln. Eis war immerhin gut um Prellungen abschwellen zu lassen. Ihre Blitze würden da kaum helfen, das war der Dragonslayerin bewusst. Weiter dachte Sylvana aber nicht darüber nach, sondern rannte daraufhin ans Ende des Waggons, um dort über die Leiter ebenfalls auf das Dach zu klettern. Nicht weit von ihr entfernt, am anderen Ende des Waggons, befand sich die Gestalt und sprang auf das Dach des nächsten Waggons. Kein großer Vorsprung, dennoch musste Sylvana doch achtsam sein. Nicht nur, dass ihre Ohren das Brummen vernahmen und daraus schlossen, dass dieser Kerl natürlich ohne eine Fluchtmöglichkeit diesen Anschlag niemals durchgeführt hätte. Hieß also: Seine Abholmöglichkeit würde hier bald auftauchen. Das größe Problem war jedoch seine Magie. Explosionsmagie. Damit war schon einmal klar, wie er dieses Loch im Waggon erschaffen hatte. Genau da war der springende Punkt: Ein direkter Treffer von seiner Magie würde sich garantiert nicht positiv auf ihre Gesundheit ausüben. Immerhin könnte es sicherlich dazu führen, dass die Druckwelle einer größeren Explosion sie von den Beinen reißen und vom Zug schleudern würde. Bei voller Geschwindigkeit würde das vermutlich das Ende dieser Quest und ein langer Aufenthalt in einem Krankenbett für sie zur Folge haben. Keine Vorstellung, auf die Sylvana wirklich scharf war.
„Lightning Dragon's Lightning Shot!“ Ihr Körper reagierte wie von selbst, instinktiv, ohne einen großen Gedanken zu verschwenden. Momentan musste sie Zeit schinden oder versuchen, diese Person zu überwältigen – natürlich ohne einen Treffer einstecken zu müssen. Ohne Tascha hatte sie da eine Option, die in Betracht der gegnerischen Magie nicht wirklich empfehlenswert für die Dragonslayerin war. Also blieb ihr nur die Möglichkeit den Gegner mit Blitzen unter Kontrolle zu halten, auf Abstand zu bleiben und zu hoffen, dass einer ihrer Blitze ihn auch treffen würde, bevor die Fluchtfahrzeuge auftauchen.

Erschrocken drehte sich Tascha um, die Gestalt hatte doch gerade einmal auf sie gedeutet und plötzlich knallte es direkt hinter ihnen. In dem Waggon hinter den beiden Magierinnen schien etwas explodiert zu sein. Erschrocken blickte sich die Eisalchemistin um, nur um das zerstörte Abteil zu sehen. Einige Menschen drängten sich gegen die Wand, wenige bluteten sogar. Der Mittelgang und nahe Sitzbänke sahen irgendwie verbrannt aus, aber kein Flämmchen züngelte in dem Wagen. Gerade wollte sich Tascha wieder zu der Gestalt umdrehen, als ein Schatten an ihr vorbei raste. Der Typ wollte fliehen. Die Explosion, scheinbar nicht allzu groß, diente wahrscheinlich nur als Ablenkung, aber es hatte genügt. Kaum war der Kerl einige Schritte weit gelaufen, stürmte auch Sylvana hinter ihm her, auch wenn es nicht so aussah als würde sie ihn einholen können, die Gänge waren zu eng, um schnell zu rennen, Geschicklichkeit war her viel eher vonnöten. Vielleicht sollte Tascha dem Kerl ebenfalls folgen? Nein, entschlossen schüttelte die Magierin den Kopf. Sylvana hatte die Eisalchemistin darum gebeten sich um die Passagiere zu kümmern, die verletzt waren. Irgendwer musste es ja tun und da kein Arzt anwesend war, schien eine Magierin durchaus die nächstbeste Lösung zu sein. Daher löste sich Tascha aus ihrer Starre und ging entschlossen auf eine blutende Frau zu. Mit einer Hand riss sie ein Stück aus ihrem Kleid und wickelte es der Frau um den verletzten Arm, gleichzeitig leitete sie etwas Mana in ihre Hände und kühlte die Verletzte. Nach einem ersten Schmerzensschrei beruhigte sich die Frau recht schnell, auch wenn ihre Magie nicht dazu geeignet war zu heilen, Tascha würde ihr möglichstes tun. Obwohl ein Arzt sicherlich besser helfen konnte. Nachdem die Blutung der Frau so gut wie aufgehört hatte, wandte sich Tascha einem kleinen Mädchen zu, dass am Kopf blutete und schluchzte. Es schien nicht allzu schwer verletzt zu sein, eher der Schock wühlte das Mädchen auf. Nicht einmal ein verband oder so war nötig, die kleine Wunde heilte bereits zu, jedenfalls verkrustete der Schorf bereits die Stirnverletzung. Das Mädchen brauchte etwas anderes, etwas, was nicht einmal ein Arzt verabreichen konnte, wenn er einen Patienten behandelte. Langsam legte Tascha ihre Arme um das Mädchen und drückt es an ihre Brust. Geborgenheit, das brauchte sie jetzt. „Sshhh, alles ist gut, Kleine. Es ist schon vorbei. Meine Freundin von eben verfolgt den bösen Mann und wenn ich hier fertig bin, helfe ich ihr. Ich verspreche dir, er wird dir nichts mehr tun können.“ Eindringlich sah Tascha das Mädchen an und griff dann schweren Herzens in ihre Tasche. Was sie jetzt tat, tat sie selten, wenn nicht sogar nie, aber der verängstigte Blick des Mädchens brachte sogar die verfressene Eisalchemistin dazu weich zu werden. Mit einer Hand beförderte sie einen Lollipop aus ihrer Tasche hervor und drückte ihn dem Mädchen in die Hand. Dann legte sie kurz die Hand auf den Kopf des Kindes und stand entschlossen auf. Scheinbar hatten die übrigen Anwesenden sich bereist gegenseitig notdürftig verarztet, daher machte sich Tascha nun endlich auf den Weg, um Sylvana zu finden.
Zwei oder drei Waggons lagen schon hinter Tascha und noch kein Zeichen von der anderen Magierin ihrer Gilde. Wo waren der Typ und Sylvana bloß? Nicht einmal die Passagiere hatten eine junge Frau hinter einer vermummten Gestalt her rennen sehen, wo waren sie nur abgeblieben? Die bedien duellierten sich sicherlich nicht auf dem Klo, soviel stand fest. Wie durch Zufall sah Tascha aus dem Fenster, aber das genügte. Ein kurzer Blitz zuckte kurz am Himmel in die ferne und da der Himmel wolkenlos war, konnte dies nur eines heißen. 'Sylvana.' Sie waren also auf dem Dach? War das nicht irgendwie ein Klischee? Doch selbst dann, Tascha musste ebenfalls dort hoch. Hastig spurtete sie zum Ende des Waggons und erklomm die schmale Leiter, unter sich das Kiesbett des Bahndammes wissend. Schnell erreichte das Mädchen das Dach und konnte Sylvana und den Kerl auf dem Dach stehen sehen. Hastig zog die Magierin wieder den Kopf nach unten. Sie war genau hinter dem Kerl und konnte ihn ungesehen angreifen. Jedenfalls, solange alles nach Plan verlief. Schnell legte die Eisalchemistin ihre Hände aneinander und ließ Mana durch ihren Körper pulsieren. Ihre Hände luden sich mit der magischen Energie auf und nach einem kurzen, letzten Impuls löste sich Eis aus ihren Händen. Ice Make: Snow Tiger Das erzeugte Eis bildete schnell die Figur eines schneeweißen Tiger aus, der sich langsam auf dem Dach hinter der Gestalt postierte. Jetzt sollte auch Sylvana bemerkt haben, dass sie nicht mehr alleine war, ansonsten schenkte sie ihrer Umgebung deutlich zu wenig Aufmerksamkeit. Hastig schwang sich Tascha über die Dachkante auf den Waggon und bedeutete dem Tiger anzugreifen. Hastig stürmte der Tiger auf den Vermummten zu und setzte zum Sprung an. Würde der Kerl ausweichen oder getroffen werden?

Obwohl sein Gegner nur einen kleinen Vorsprung hatte, kam es Akay wie eine Ewigkeit vor, nur einen Schritt nach dem nächsten zu machen. Er hatte diesen Wind definitiv unterschätzt und seine eigenen Fähigkeiten wohl überschätzt. Nichtsdestotrotz musste er an ihm dran bleiben, wenn sie eine Chance haben wollten ihn zu schnappen. Anscheinend wussten das auch Sylvana, die die Verfolgung einer weiteren Person begonnen hatten. Sollte der Zug vorerst so stabil bleiben, würden die Angreifer in die Ecke drängen können, überwältigen und sobald der Zug gestoppt war, der nächsten Polizei- oder Armeestelle übergeben. Was so einfach klang, war jedoch alles andere als leicht zu bewältigen. Er selber hatte keine Geister, die ihm in dieser Situation helfen konnten und die Blue Pegasus Magierin musste sich scheinbar zwischen ihrem sicheren Halt und dem Feuern ihrer Magie entscheiden. Kein Wunder also, dass die Blitze ihr eigentliches Ziel verfehlten und auf den nächsten zusteuerten. Ein kleines Lächeln überzog seine Lippen. Wenn sie ihr eigentliches Ziel nicht treffen würde, würde es einfach den nächsten grillen. Zu dumm nur für Akay, dass seine Gestalt damit wohl gerechnet hatte und ebenfalls auswich. Einen kurzen Moment stocke der Stellarmagier, als ihn bereits der Lightning Shot traf und nach hinten warf. Er konnte seinen Sturz nicht kontrollieren und hoffte nur inständig, dass er wieder im Abteil bei Kabuto landen würde und nicht etwa vom Zug gerissen wurde. Das letzte klare Bild was er vernahm, waren die, durch magische Kraft gesteuerten, Buggys, die über einen Hügel kamen und nun neben dem Zug zu fahren schienen.

Während man also den Fairy Tail Magier weg rollen sah, war auch Tascha und viel mehr ihr Tiger aus Eis, auf der Bildfläche erschienen. Tatsächlich schien sie den vermummten Explosionsmagier überrascht zu haben, allerdings waren die Nummern wieder ausgeglichen. Das änderte jedoch nichts daran, dass der Tiger sein Ziel erreichte und den Mann zu Boden warf. Die Frage die sich nun stellte war folgende: Würden sie ihn auch festhalten können, wenn sowohl die Leute aus den Fahrzeugen als auch der Crashmagier zeitgleich attackieren würden. „Lasst ihn gehen, wenn ihr diese Leute retten wollt“ rief jener und deutete auf den Wagon unter sich. Seine Stimme klang kraftvoll zur gleichen Zeit aber sehr jung, nicht viel älter als die Magier der beiden Gilden. Es war außerdem zu sehen, dass er Magie gesammelt hatte und auch die Streitkräfte der vermeintlichen Fluchtfahrzeuge schienen zumindest in der Lage, ein paar Probleme zu erzeugen.

Oh nein! Oh nein! Was sollte Kabuto denn jetzt tun? Ganz ruhig, ganz ruhig... Er atmete tief durch, während er noch immer kein Handbuch oder Ähnliches fand. Und der Lokführer machte auch keine Anstalten, wach zu werden. Das war allerdings nicht alles, was den Käfermagier aus der Ruhe brachte: Hier gab es einen kleinen Monitor, der die Route und die Position darauf angab. So, wie es aussah, würde der Zug relativ bald eine relativ enge Kurve nehmen, natürlich immer den Schienen folgend, auf denen er auch bleiben sollte! Das würde er aber wohl nicht, wie ihm ein blinkendes rotes Dreieck an der Stelle verriet, und die Zahl daneben war wohl eine maximale Geschwindigkeit, mit der man da durchfahren konnte. Das war eine ziemlich kleine Zahl... und die derzeitige Fahrt des Zuges konnte nur mit einer sehr großen Zahl beschrieben werden... Oh nein, das war gar nicht gut! So, wie es jetzt aussah, würden sie bald von den Schienen fliegen, was nicht nur für die übigen Fahrgäste, die Archäologen und natürlich ihre Quest der schlimmstmögliche Fall wäre, sondern auch denen, die auf dem Dach standen, ziemliche Probleme bereiten dürfte... Möglicherweise wurden sie dabei sogar vom Zug begraben. Er wollte weder, dass das Akay passierte, noch wünschte er es dem fremden Magier, auch wenn der vielleicht nicht auf ihrer Seite war, aber er war ein menschliches Wesen und dessen Leben konnte nicht einfach so beendet werden. Hätte er gewusst, dass da oben noch mehr Leute standen, wäre der Druck gleich noch größer gewesen, ganz besonders, da Sylvana einer dieser Menschen war...
Also, was sollte er jetzt tun? Kabuto konnte nicht weiter darauf hoffen, dass sich das Problem selbst löste oder ihm die Rettung vor die Füße fiel... jetzt musste er selbst etwas tun. Panisch blickte er auf die ganzen Schalter und Hebel hinunter, mit denen sich dieses Gefährt wohl steuern ließ, und entschied sich erst einmal, nicht die zu drücken, die bei der Anzeige der derzeit angekoppelten Waggons zu sehen waren; wenn er erst versehentlich einen davon abkoppelte, war es völlig egal, sollte er den Zug stoppen können. Dann würde der nämlich von hinten in die vorderen hineinrasen und das würde Menschenleben kosten, also da besser Finger weg. Die anderen waren allerdings Freiwild, also drückte Kabuto in möglichst schneller Abfolge einen nach dem anderen, um auf jeden Fall den richtigen zu treffen... aber nein, irgendwie half das gar nicht. Die Bahn entließ ein paar laute, ungut klingende Geräusche, aber es geschah nichts; jedenfalls nichts, das Kabuto von hier aus bemerken konnte. Gut, die Taktik ging nicht auf. Dieser Hebel da, der sah ganz hilfreich aus... spontan zog der Grünschopf daran, und diesmal reagierte der Zug! Er ruckelte, er wummerte, er schüttelte sich kurz – auf dem Dach musste das furchtbar sein –, aber nach einigen Sekunden legte sich das Beben und langsamer geworden war er nur minimal, wenn überhaupt. Nein, das ging auch nicht auf! Und das rote Dreieck war jetzt auch größer, und es blinkte schneller! Ein Plan, ein Plan... Kabuto brauchte irgendeinen Plan! Der ganze Zug und alle Leben darin und darauf standen auf dem Spiel, und er musste es irgendwie schaffen, sie alle zu retten! Gehetzt blickte er sich um, sah das gesamte Kontrollgerät und den Rest des Raumes an... und dann hatte er ihn. Er hatte einen Plan...
Eiligen Schrittes ging der Kyofu weg von den Kontrollen. Akay!, schrie er, unsicher, ob der andere Magier ihn hören würde dort oben, mit all dem Wind, der ihm um die Nase fuhr... nein, vermutlich hörte er ihn nicht. Aber der Grünschopf schrie trotzdem weiter. Halt dich da oben irgendwo fest, okay? Irgendwo! Dann hob er die Hand, umschloss die Schnur, die an der Seite des Führerhäuschens und in jedem anderen Zugabteil hing... und zog kräftig.

Eine Notbremse war schon immer etwas, das man nur im Notfall benutzen sollte. Besonders bei dieser Geschwindigkeit konnte es schrecklich enden, wenn der Zug so ruckartig abbremste. Kabuto spürte es. Kaum hatte er gezogen, verkeilten die Räder – oder wie auch immer so eine Bremse funktionierte – und der Zug wurde deutlich langsamer, und das schnell. Die Kraft, die dabei in der Kabine wirkte, war unsagbar, und irgendwie hatte der Körper der Jungen noch nicht ganz realisiert, dass auch er langsamer werden sollte, weshalb er so ziemlich sofort vom Boden abhob und gerade noch die Arme hochreißen konnte, ehe er mit dem Kopf voran in die Armaturen gekracht wäre. Besser die Arme als der Kopf... Sie wurden langsamer, und langsamer, und langsamer, und schlussendlich blieben sie stehen. Vorsichtig, auf zittrigen Armen und Beinen, richtete der Käfermagier sich auf, zog sich auf Arme und Beine, blickte auf die Route; oh, sie hatten doch noch ein Stück gehabt, realisierte er in diesem kurzen Moment. Dann wurde ihm schwarz vor Augen...

Nervös kaute Sylvana auf ihrer Unterlippe rum, spürte schon nach kurzer Zeit auch schon den metallischen Geschmack des Blutes in ihrem Mund. Ruhe bewahren… Einfach nur die Ruhe bewahren. Sie konnte sich jetzt nicht erlauben den Überblick zu verlieren und nach einer instinktiven Kurzschlussreaktion zu handeln. Ein tiefer Atemzug und für einen kurzen Moment schien die Zeit stehenzubleiben, während sie ihre Situation in ihrem Kopf rasch analysierte. Der Explosionsmagier war fixiert und für einige Zeit aus dem Spiel. Akay war von ihrem Zauber getroffen worden und schien ebenfalls keine Rolle in dieser Situation mehr spielen zu können. Dann war da noch der andere Magier, den Akay vorher verfolgt hatte. Sylvana konnte nicht sagen, welche Magie er beherrschte, sie ging jedoch einfach einmal davon aus, dass dieser Kerl auch in der Lage war, Sachen in die Luft zu jagen. Seine Drohung sollte sie also besser ernst nehmen. Dann waren da ja auch noch die Fluchtfahrzeuge, die magischen Buggys, die neben ihnen herfuhren. Deckungsfeuer von der Flanke heraus. Keine guten Aussichten, wenn man ehrlich war.
Eigentlich wollte Sylvana dem zweiten Kerl nur zu gerne den Arsch versohlen, aber dazu war sie im Moment eindeutig nicht in der Lage. Der Kerl hatte immerhin einen ganzen Waggon voller Passagiere als Geisel genommen. Sie durfte deren Leben nicht riskieren! Immerhin sah seine Drohung nicht gerade nach einem Bluff aus. „Tascha, pfeif deinen Tiger zurück!“, rief Sylvana gegen den Fahrtwind, hoffte, dass die Magierin sie hören konnte. Es würde sich ja zeigen, wenn der Tiger… Mit einem Mal ging ein heftiger Ruck durch die Waggons, das grelle Quietschen der blockierten Räder, welche über die Schienen schliffen, erfüllte die Luft, während der Zug langsam an Geschwindigkeit verlor. Für Sylvana kam diese Notbremsung so unerwartet, wie wohl für jede andere Person auf und in diesem Zug. Der Ruck riss sie von den Beinen, ließ sie nach vorne über auf den Waggon knallen. Sie spürte warmes Blut, welches langsam ihre Schläfe hinablief, während sie mit aller Kraft gegen die Dunkelheit ankämpfte, welche ihre Sinne ummanteln wollte. Bloß nicht das Bewusstsein verlieren! Nicht jetzt. Angestrengt versuchte Sylvana ihre Augen offen zu halten. Ihre Sicht wandelte zwischen klar und verschwommen, trüb, als hätte man ihr dünnes Milchglas vor die Augen gehalten. Dennoch bekam die Dragonslayerin mit, wie die zwei Personen vom Dach des inzwischen fast schon stehenden Waggons runtersprangen und die Motorgeräusche schnell in der Ferne verklungen. Wenigstens hatte der Kerl seine Magie nicht wirklich losgelassen und den Waggon in die Luft gejagt. Ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein, wie Sylvana ein wenig deprimiert zugeben musste. Für solche Gedanken waren aber jetzt keine Zeit. Sie musste zurück in den Waggon, nach Verletzten schauen und die Versorgung organisieren. Obwohl sie spürte, wie ihre Sicht wieder trüber wurde und ihr Kopf bei der kleinsten Anstrengung sich anfühlte, als würde er gleich explodieren, ballte Sylvana ihre Hände zu Fäusten und kämpfte sich irgendwie wieder auf ihre Beine. Ihr war schwindelig, ihr Kopf pochte und dröhnte und jeder Schritt war eine Gratwanderung zwischen festem Stand und der nächsten Bruchlandung. Das warme Blut, welches inzwischen schon ihren Hals hinabgelaufen und den Stoff ihres weißen Tops ein wenig rot gefärbt hatte, spürte Sylvana nicht mehr. Sie nahm nur die näherkommende Finsternis wahr, die sich um ihren Verstand legte. „Ich… muss… helfen… Ich… muss… muss…“ Egal wie stark ihr Wille in diesem Augenblick war, die Kopfverletzung forderte ihren Tribut. Völlige Dunkelheit ummantelte Sylvana, nahm ihr das Bewusstsein und ließ die Gratwanderung mit der nächsten Bruchlandung auf dem Dach enden.