Nachdem Gale den Schrank nocheinmal untersucht hatte, dabei aber nichts außergewöhnliches gefunden hatte, was gerade eben deshalb außergewöhnlich war, da er so keine Antwort darauf fand, wie die geflügelten Vampire in den alten, großen, Eichenkleiderschrank gekommen waren. Nachdenklich folgte er Lia und Magnus die Treppe hinunter, wo ihn die Dragonslayerin zweimal ansprechen musste, ehe er reagierte und die alte Holztreppe ins Erdgeschoss nahm, um den Chefarbeiter zu suchen. Da er immer noch über das Problem mit den Fledermäusen nachgrübelte, irgendwie lies ihn das nicht los, dauerte es etwas länger, bis er sich zusammenreißen konnte, der verklärte Blick aus den Augen wich und er den Chefarbeiter fand. "Rob, sagen Sie, ist schon jemand für den Dachboden eingeteilt worden?" brachte er das Thema wie es seine Art war kurz, knapp, sachlich und ruhig auf den Punkt. Dieser blätterte kurz sein Klemmbrett durch, bevor er aufschaute und antwortete. "Nein, bisher nicht, wieso?" wollte er im Gegenzug wissen. "Weil wir dort Schritte gehört haben." antwortete Gale und wand sich sofort wieder von dem Chefhandwerker ab, der ebenfalls genug zu tun hatte und ging Richtung Hauseingang, wo er sich vor dem Haus gegen die Wand lehnte und fußtippend auf die anderen beiden warteten, während sein Blick in die Ferne schweifte und er sich vergebens den Kopf über das Geisterhaus zerbrach. Nachdem er der feurigen Lia und dem Bücherwurm Magnus mitgeteilt hatte, dass Rob bisher noch keinen für den Dachboden eingeteilt hatte, kam auf einmal Panik auf. Irgendwer schien den Geist gesehen zu haben, was die Kettenreaktion zur Folge hatte, dass sämtliche Handwerker sich dem Hauseingang näherten. Mit dem Rhythmus einer wildgewordenen Rinderherde stürmten dicke, dünne, in Latzhosen gekleidet und mit Hämmern, Sägen und Nägeln bewaffnete Handwerker Richtung Hauseingang. Blöd nur, wenn man mitten im Eingang stand. Blitzartig verarbeiteten die Synapsen seiner Nervenautobahnen die Informationen und gaben den Befehl zur Seite zu springen, denn sonst würde er niedergetrampelt werden, was besonders aus dem Grund schlimm war, dass er mit einem Haufen Menschen in Kontakt kommen würde. Mit einem gewaltigen Satz, sprang er mehrere Meter rückwärts aus dem Eingang heraus und seitwärts vom Eingang weg, sodass ihn die Stampede nicht niedertrampeln konnte. Das war entweder für jemanden möglich, der ein außergewöhnlich guter Springer war, oder aber für jemanden wie Gale, der seine Windmagie so gut beherrschte sie in den Füßen sammeln zu können und sich mit mehr Wucht abzustoßen. Ob die anderen beiden das bemerkten war ihm einerlei, es zählte nur möglichst weit von der Handwerkerstampede wegzukommen.
Nachdem sämtliche Handwerker das Haus verlassen hatten, suchte er Blickkontakt zu seinen anderen beiden Kollegen, die die Stampede ebenfalls überlebt hatten. Selbst jetzt strahlte er noch immer eine außergewöhnliche, ja fast schon vollkommene Ruhe aus, wenn es denn so etwas wie eine vollkommene Ruhe geben sollten. Jedenfalls verriet nichts in seiner Mimik, dass er vor Sekunden noch in höchster Gefahr schwebte niedergetrampelt zu werden und auch als er jetzt das Wort ergriff, war seine Stimme so ruhig wie immer. "Ich würde vorschlagen, wir suchen diesen Geist." war alles was er sagte, ehe er das Haus betrat, seine Sinne schärfte und die Treppe in den ersten Stock nahm, denn das Brüllen kam seiner Meinung nach nicht aus dem Erdgeschoss und irgendwie hatte er die Vermutung, dass sie wieder Richtung Dachboden mussten.

Magnus war gerade dabei die Stiegen hinab zu steigen, als er merkte, dass ihm die anderen beiden folgten. Kaum unten angekommen ordnete Lia auch schon wieder an, wer wen zu befragen hatte und Magnus überlies sie wohl die Arbeiter, die am planlosesten aussahen. Wahrscheinlich auch nur, damit er ebenfalls ein bisschen beschäftigt ist. „Das hat sie bestimmt mit Absicht gemacht…!“, dachte er trotzig und schlenderte dann relativ gelangweilt in Richtung der beiden Handwerker. Beide standen ein bisschen unsicher an einer Wand rum, die wohl eh nicht mehr zu retten war. „Hallo!“, versuchte Magnus die beiden fröhlich zu begrüßen, doch es gelang ihm nicht wirklich seine Unlust, mit den Arbeitern zu sprechen, zu verbergen. Er wartete nun also auf eine Begrüßung seitens der Handwerker, doch die starrten ihn nur verschreckt an. Oh man. Er wusste jetzt schon, worauf das wieder hinauslaufen würde. „Und, wie lange steht ihr hier schon rum?“, fragte er also in monotoner Stimmlage weiter. „Schon den ganzen Tag!“, antwortete einer der Arbeiter stolz. „Da habt ihr aber viel geschafft…“, murmelte Magnus leise, ehe er zur nächsten und wichtigeren Frage ansetzte: „Ist euch dann heute jemand aufgefallen, der hier die Treppe rauf gestiegen ist?“. Er zeigte mit dem Finger in Richtung marode Dachbodentreppe und musterte die beiden. Sie machten keinen sehr seriösen Eindruck auf ihn, der große Arbeiter hatte es sogar geschafft sein Hemd falsch zu knöpfen. Dieser begann ihm nun zu antworten: „Nein… das nicht. Aber wir haben Schritte gehört! Es kam ganz sicher von oben!“ Der Mann mit der Brille begann eifrig zu nicken: „Ja! Unheimlich war das. Wirklich unheimlich!“ Jaja. Das wusste Magnus bereits. Und er wusste auch, dass das hier alles nichts bringen würde. Gott sei Dank rief Lia ihm zu, ihr nach unten zu folgen, so konnte er diese Unterhaltung schnell abbrechen. „Ich muss dann mal weiter. Sie wissen ja… Frauen warten nicht gerne!“, er grinste den beiden kurz zu und lief dann schnell ins untere Stockwerk, wo auch schon Gale und Lia warteten. Wie erwartet hatten auch sie nichts interessantes zu berichten, langsam wurde Magnus ungeduldig. Es musste doch endlich mal etwas passieren! Kaum fertig gedacht, hörte er auch schon die Schreie. Wie von Taranteln gestochen stürmten eine ganze Horde Handwerker auf die drei Magier zu, die sich direkt vorm Ausgang befanden. Was für ein Anblick! Magnus konnte sich keinen Meter bewegen, da er einfach wie gebannt auf die Handwerkertraube starrte, die sich in hoher Geschwindigkeit auf ihn zu bewegte. „Der Geist!!“, schrieen sie alle durcheinander, manche davon schafften es noch, dem Magier auszuweichen, doch einer krachte gegen Magnus Schulter und riss ihn ein Stückchen nach hinten. Damit war er wieder aus seiner Erstarrung gerissen und sah dem Übeltäter grimmig nach. „Ihr könnt viel besser rennen als arbeiten. Falscher Job, hm?“, rief er der Horde nach und drehte sich dann wieder wütend um. Gale stand plötzlich ein paar Meter weiter hinten, er hatte wohl etwas besser reagiert als Magnus es getan hatte. Von ihm kam nun auch der Vorschlag, den Geist zu suchen. „Kann ja nicht schaden.“, stimmte Magnus zu und setzte sich gleich in Bewegung, diesmal etwas aufmerksamer als er noch vor Minuten war. Er überlegte kurz, was einen Geist ausmachte. Waren die nicht unsichtbar? „Ich finde der Beschreibung nach ist unser übernatürlicher Freund ein Poltergeist. Oder eben doch nur ein Tier. Egal was es ist, ich will es jetzt endlich finden! Und wenn ich Gläser rücken spielen muss.“

Während Gale es auffallend gut schaffte, sich vor dem Haufen, mit Werkzeugen bewaffneter Handwerker zu retten, wurde Magnus leider mitgerissen und unsanft nach draußen befördert. Nicht anders erging es Lia, wobei sie größtenteils selbst daran Schuld war. Denn als sie die großen, großen Männer da so sah, wie sie panisch wegen einem Geist aus dem Haus stürmten, konnte sie nicht anders, als sich ihnen demonstrativ in den Weg zu stellen, ihre entflammten Fäuste hochhielt und der Herde entgegen schrie: „Reißt euch gefälligst zusammen, ihr seid schließlich-“ Und schon würde das Mädchen, trotz ausdrucksvollen, brennenden Händen, mit den Männern nach draußen transportiert. Sich noch immer die schmerzenden Gliedmaßen reibend, wackelte sie auf ihre Teamkollegen zu, um sich nach ihnen zu erkundigen. Schließlich wäre es ja hinderlich, wenn einem der beiden anderen etwas passiert wäre. Auszuschließen war es ebenso wenig, schließlich ist eine Horde trampelhafter Männer nicht zu unterschätzen, wenn man noch am Anfang seiner Magierkarriere stand. Und Lia musste schon zugeben, sie war ziemlich überrascht, dass beide das so einfach überstanden hatten, nein, sogar so voller Tatendrang waren, dass sie am liebsten wieder zurück ins Haus wollten! Ja, ganz genau, nämlich um den Geist zu suchen! Tja, aber wo wollten die beiden Grünschnäbel denn anfangen? „Einen Moment mal, Jungs.“, pfiff Lia die beiden dominant zurück. „Wollt ihr nicht erst einen Anhaltspunkt?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, wand sich Lia der tuschelnden Menge zu. „Hey!“, schrie sie in diese hinein, um deren Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Wer hat das veranlasst? Wer hat den Alarm geschlagen?“ Ratlose Blicke wurden unter den Männern ausgetauscht, einige munkelten etwas vor sich hin. Geduldig wartete Lia ab, bis sich einer plötzlich meldete: „Rob ist als erster gerannt, er hat geschrien!“ Sofort suchte Lia die Menge ab, um zu sehen, wer das gesagt hatte. Als sie den Täter gefunden hatte, ein ziemlich junger Bursch, wohl im selben Alter wie die Magier, hager und riesengroß, sprach sie ihn direkt an. „Okay. Wie kommst du zu dieser Behauptung?“ Ein unsicherer Blick zu Rob folgte von dem Jungen. „Naja, ich arbeite im Erdgeschoss, daher habe ich es mitbekommen.“ Lia tauschte einen Blick mit Gale und Magnus, ehe sie sich Rob zuwandte. „Und was war es, Rob?“ Dieser schien ein wenig nervös, was wohl an der ganzen Aufregung lag. „Äh.. also.. es.. es kam von der Veranda! Ja, ganz sicher! Es war ein.. etwas ähnliches wie ein.. Schemen! Ein personenartiger Schemen ging dort spazieren! So etwas habe ich noch nie gesehen! So, und jetzt Feierabend. Bis morgen! Macht es gut! Viel Glück!“ Und ehe sich die drei Magier versahen, war die ganze Herde Handwerker in Richtung Dorf verschwunden. Nun standen Gale, Magnus und Lia wieder allein da. Sie ging auf die beiden zu und seufzte schwer. „Das ist doch scheiße. Wie sollen wir einen Schemen ausfindig machen? Die Dinger hinterlassen keine Spur und sonst auch nichts.“ Etwas ratlos blickte Lia zum Haus. „Wir werden einfach noch mal reingehen, die Stille, die die Arbeiter hinterlassen haben ausnutzen und eine Weile warten, ob noch was Merkwürdiges passiert.“ Die drei teilten sich auf, doch keiner konnte etwas wahrnehmen. Das einzige, was wirklich auffällig war, war die Stille. Sie hörten kein Poltern, kein Heulen, sahen keinen Schemen und von einem Klopfen war keine Spur. Es war direkt friedlich.

„Jungs?“, rief Lia nach einer Stunde ihre Kollegen. „Das bringt nichts. Lasst uns im Dorf was Essen gehen, für heute haben wir lange genug hier gesucht.“ Die Magier mussten mittlerweile völlig ausgehungert sein, schließlich gab es seit dem Frühstück nichts mehr. Als sie eine geeignete Wirtschaft fanden, suchten sie sich den Tisch ganz hinten in der Ecke aus, um sich ungestört unterhalten zu können. Lia blickte von ihrer Speisekarte hoch und brach die Stille: „Hat es euch auch überrascht, dass gerade Rob diese Stampede ausgelöst hatte? Mir kam er von allen noch am bodenständigsten vor, als hätte er eigentlich gar keine Angst.“ Sie strich mit ihrem Finger über Zeilen, in welchen die Gerichte aufgezeichnet waren und redete schließlich weiter. „Und überhaupt, wie er danach geredet hatte! Ich will ihm nichts unterstellen, aber er hatte wirklich lange über den Auslöser für die Massenpanik nachdenken müssen.“ Als sie sich ein Gericht ausgesucht hatte, legte sie die Karte weg und nahm einen Schluck aus ihrem Glas. „Irgendetwas entgeht uns! Was meint ihr?“ Damit konnte hoffentlich ein Gedankenaustausch gestartet werden, denn wenn sie nicht gründlich darüber nachdachten, dann würden sie so schnell nicht auf einen grünen Zweig kommen.

Magnus und Lia verfolgten unterschiedliche Strategien der Menschenmenge, die da aus dem Haus stürmte entgegenzutreten, während Magnus versteinerte und ihm so keine Zeit zu reagieren blieb, war Lia offensichtlich auf Konfrontation aus. Natürlich sah sie beeindruckend aus mit ihren Feuerhänden und der ein oder andere Handwerker stockte wohl auch, aber eine durchgedrehte Rinderherde hielt man auch nicht auf, indem man versuchte sie einzuschüchtern, denn einer war immer dabei, der, sei es aus Dummheit, Arroganz oder schlichtweg weil er es übersah, vorausrannte und alles auf die Hörner nahm. In diesem Punkt unterschieden sich die Handwerker und eine Rinderherde nicht viel voneinander und tatsächlich ähnelte Der Rhythmus einer Rinderstampede erschreckend genau dem der aufgescheuchten Handwerker. Wenigstens schien ihnen nichts passiert zu sein und Magnus schein langsam an die Existenz von Geistern zu glauben. Nach Lias kurzer Diskussion mit Rob, durchsuchten sie das Haus, fanden aber keine Spuren, aber was für Spuren sollte ein Schemen auch schon hinterlassen können. Auffallend war nur die Stille des Ortes, fast schon friedlich, eine unglaubliche Ruhe und die Wartezeit nutzte Gale irgendwann, um sich im Schneidersitz auf das kleine Dach vor dem Eingang zu setzen, die Augen zu schließen und zu meditieren, herrlich diese Stille und in diesem Zustand würde er am ehesten eine Störung bemerken.

Nach einer Stunde rief Lia das Team zusammen, was Gale betreffend einige Rufe mehr brauchte, denn war er doch ruhiger geworden, als geplant und vollkommen versunken in den sanften, friedlichen Rhythmen der Umgebung gewesen, die den ersten, unheimlichen Eindruck des Hauses vergessen machte. Nach kurzem Marsch erreichten sie eine Wirtschaft indem es, sehr zu Gales Gefallen gute Hausmannskost gab und kein Chemiezeugs oder Süßkram. Schließlich brach die Feuerdragonslayerin die Stille und fasste ihre Bemerkungen zusammen. Nachdem er ebenfalls bestellt hat und eine Zeit lang nachgedacht hatte, denn Lias Worte ergaben wirklich Sinn, ergriff er das Wort. "Als du ihn fragtest, warum er das getan hatte, da hat sein Sprechrhythmus erst gestockt, dann war er überdurchschnittlich kräftig und schnell geworden, als ob er sich selbst was beweisen wollte, ehe er danach wieder zu seinem normalen Sprechrhythmus gefunden hatte. Er hat also gelogen." stellte Gale fest und lies überlegend seinen Finger gegen sein Glas tippen. "War Rob nicht auch der Chefarbeiter?" fragte Gale, redete aber gleich weiter, erwartete er eigentlich keine Antwort. "Stellt sich dann also die Frage, wieso er, ein bodenständiger Mann und Arbeiter, eine Massenpanik auslöst und danach alle nach Hause gehen lässt. Wieso würde er das machen, was würde er sich davon versprechen?" überlegte er laut und blickte Magnus und Lia an.

„Oh Magnus du Idiot!!“, schrie er sich innerlich an und klatschte sich mit der rechten Hand unbewusst gegen die Stirn. Er hätte es doch wissen müssen. Er war mal wieder zu voreilig gewesen. Einfach wie ein trotziges Kleinkind vorauszustapfen war einfach NIE ein guter Plan. Er hätte gleich drauf kommen können, erst einmal die Handwerker zu befragen, WAS sie denn eigentlich gesehen hatten. Gut, dass wenigstens Lia ein bisschen mehr mitdachte, als ihre beiden männlichen Kollegen gerade. Das musste er sich schon eingestehen, auch wenn es ihn trotzdem wurmte, dass ausgerechnet Lia wieder Recht hatte. Magnus machte also am Absatz kehrt und baute sich neben Lia auf, vielleicht bekamen die Handwerker dann noch ein wenig mehr Respekt, wenn die sehr zierlich gebaute Lia nicht ganz alleine vor der Herde stand. Nachdem diese Spinner erst eine Weile rumdrucksten war endlich klar, dass diese Handwerkerlawine wohl durch Rob ausgelöst worden war. Wieso hat er das denn nicht gleich gesagt? Magnus musterte den Arbeiter misstrauisch. Der Typ wirkte ganz schön unsicher, genauso klangen auch die Worte, die er aussprach. Veranda, Schemen? „Das hat er sich gerade bestimmt nur ausgedacht…“, überlegte sich Magnus. Ja, natürlich! Rob log auf jeden Fall, deswegen hat er sich nicht gleich zu Wort gemeldet und bei seiner Antwort so rumgedruckst. Vielleicht gab es ja wirklich keinen Geist. Magnus fühlte sich wieder in seinem ersten Gedanken bestätigt. Rob macht aus irgendeinem Grund alle anderen verrückt und nutzt für seine Lügengeschichten einfach diese knarrenden alten Gemäuer. Noch sprach Magnus seine Überlegungen aber nicht laut aus, er wollte erst noch einmal drüber nachdenken, heute hatte er schon oft genug unüberlegt gehandelt.
Nachdem die drei noch eine Weile in dem Haus verbracht hatten, beschlossen sie nun endlich wieder zurück ins Dorf zu gehen.
Beängstigt starrte Magnus auf die Speisekarte. Überall dieses Wort. Überall sprang es ihm entgegen. Diese 8 Buchstaben des Grauens. Er war davon fast schon so sehr gefesselt, dass ihm die erste Aussage Lias ziemlich entging. Er war schon fast verzweifelt, als er dann endlich ein Gericht entdeckte, indem nicht das Wort Schinken erwähnt wurde. Tief atmete er durch, klappte diese grauenhafte Speisekarte zu und konzentrierte sich wieder auf das Tischgespräch. Lia und Gale waren also auch beide davon überzeugt, dass Rob gelogen hatte. Nachdem Gale mit seinem Gedankengang geendet hatte, übernahm nun Magnus das Wort. „Da stimme ich euch voll und ganz zu!“, fing er erst an, auch wenn er die erste Hälfte des Gespräches eigentlich verpasst hatte. „Rob lügt auf jeden Fall. Ich habe da schon begonnen mir zu überlegen, wieso man so was machen sollte.“, sprach er weiter. Ja, er hatte den ganzen Weg vom Haus bis hier in die Gaststätte nachgedacht und zur Abwechslung mal geschwiegen. Für die anderen wohl endlich mal eine Wohltat. „Mein erster Gedanke war, dass er vielleicht aus irgendeinem Grund nicht möchte, dass das Haus renoviert wird. Durch diese ganzen Geist-Aktionen, so wie die von heute, schaffen die Handwerker es doch niemals endlich richtig zu arbeiten. Dieser Grund könnte vielleicht sein, dass ihn irgendetwas persönliches mit dem Haus verbindet und er es deswegen nicht verändern will. Oder er möchte, dass das Haus ganz in sich verfällt und hat irgendetwas mit dem Baugrund vor. Oder aber…“, er machte eine kurze Pause und setzte sich aufrecht auf seinen Stuhl, „…er hat dort irgendetwas zu verbergen, was durch die Bauarbeiten aufgedeckt werden könnte. Was das ist, oder welcher Grund es auch immer sein mag… kann man nur herausfinden, wenn wir Rob mal so richtig in die Mangel nehmen.“, beendete er seinen Gedankengang. „Die Sache mit den Geistern hat sich für mich jetzt jedenfalls ein für alle Mal erledigt.“, fügte er noch hinzu, natürlich nur um den anderen wieder zu beweisen, dass er schon von Anfang an nicht daran geglaubt hatte.

Gale schien ihre Aussage auf seine Weise zu bestätigen, auch ihm war aufgefallen, dass Rob ziemlich nervös war. Und nicht nur das, auch die Art, wie er sich ausgedrückt hatte, war nicht nur Lia aufgefallen, sondern auch Gale hatte es bemerkt. Magnus stellte bereits die erste Theorie auf, welche lautete, dass Rob eventuell vorhaben könnte, die Renovierungen einzustellen. Aber wieso sollte er? Er verdiente damit sein Geld! Zudem noch sein Ansehen und sein Ruf, er war der Chef. Aber andererseits.. Am besten, sie würden besonders ihn im Auge behalten. „Ihr habt recht, Rob ist wirklich merkwürdig. Aber lasst euch morgen nichts bei ihm anmerken, es sei denn, es wird erfordert, ihn direkt anzusprechen, ja?“ Erstaunlich ruhig und freundlich, ohne einen scharfen Unterton und ganz ohne herablassende Blicke hatte Lia das gerade ausgesprochen. Vielleicht lag es an der gemütlichen Atmosphäre. Vielleicht an der Tatsache, nicht allein irgendwo rumsitzen zu müssen. Fest stand, dass das Mädchen den Abend auf ihre Weise genoss, auch wenn sie sich das nicht ganz erklären konnte. Als sich der Aufenthalt in der Gaststätte dem Ende zuneigte, trotten die drei Magier zurück zur Herberge, wo sich Lia in ihr Zimmer verabschiedete. Was die anderen beiden machte, wusste sie nicht. Vielleicht würden sie sich ja noch ins Nachtleben stürzen? Wohl kaum, wahrscheinlich war „Nachtleben“ in einem Kuhkaff wie diesem keinem ein Begriff. Geschafft ließ sich Lia in das viel zu weiche Bett fallen, nachdem sie sich im Bad fertiggemacht hatte und dachte noch einige Zeit über den jungen Arbeiter nach, der Rob verpfiffen hatte. Am besten, sie würde ihn morgen fragen, ob er noch mehr von seinem Chef wusste, wenn er schon in derselben Etage arbeitete.
Am nächsten Morgen standen die drei bereits früh auf, um sich zur verabredeten Zeit beim Frühstück in der Herberge zu treffen. Ob sie hier erschienen, war relativ unwichtig, relevant war, dass sie pünktlich beim Geisterhaus erschienen. Und um sich auch ja an die eigene Regelung zu halten, machte sich Lia bei Zeiten auf dem Weg dorthin. Als Gale und Magnus ebenfalls auftauchten, betraten die drei das Gebäude, wobei der Junge von gestern bereits auf die drei zuging, während er nervös an einem Taschentuch, welches aus seiner Hosentasche ragte, herumknetete. „Guten Morgen, Magier!“, begrüßte er sie. „Rob und ich.. also vor allem ich, müssen euch etwas sagen.“ Und da kam der gemütliche Chef schon angetrottet. „Kommt schnell mit auf die Veranda, da ist keiner.“, meinte Rob und sie folgten. Draußen angekommen, stammelte der Junge etwas vor sich hin, bis sein Chef ihn leicht mit dem Ellbogen knuffte. „Jaja.. also ich hab euch belogen, Leute. Es tut mir Leid, ehrlich! Mein Chef hatte damit nichts zu tun.. Ich war derjenige, der alle rausgeschickt hatte, damit wir früher Feierabend kriegen, weil wir es hier nicht mehr aushalten! Es spukt, verdammt nochmal, tut doch etwas, helft mi.. uns!“ Wie angewurzelt stand Lia da, der Mund leicht geöffnet und die grünen Augen weit geöffnet. Sein letzter Satz war ja nahezu flehend, sogar die Augen des jungen Handwerkers glänzten. „Entschuldigt mich, ich habe zu tun.“, verabschiedete sich der Junge, wischte mit dem Ärmel über sein Gesicht, schniefte kurz und ging. „Der Arme. Die Arbeit hier macht ihn völlig fertig, wie viele andere Handwerker auch. Ich hoffe, ihr strengt euch mehr an.“, tadelte Rob die Magier und ging auch seiner Arbeit nach. Wie begossene Pudel standen sie da. „Was war das denn?!“, zischte Lia die Jungs an. „Der Typ hätte ja fast rumgeheult..“

So langsam schien Magnus in Fahrt zu kommen, jedenfalls waren seine Schlussfolgerungen logisch, auch wenn er Geister ausschloss. Gale für seinen Teil hielt es mittlerweile zwar auch nur noch für äußerst unwahrscheinlich, dass Geister auftraten, aber er für seinen Teil hätte gerne mal solch ein Wesen getroffen, vor allem interessierte ihn, was sie für einen Rhythmus innehatten. Mit einem knappen Winken und ohne Abschiedsworte verabschiedete er sich von Lia, die diesen Abend erstaunlich ruhig gewesen war, und von Magnus, um sich dann in sein kleines Dachzimmer zurückzuziehen. Allerdings gedachte er noch nicht daran zu schlafen, das wäre in diesem viel zu engen Zimmer sowieso nicht möglich gewesen. Wenn er hier nur einige Stunden ausharren müsste, würde er sicherlich panische Anfälle kriegen und alles kurz und klein schlagen, obwohl ein Fenster vorhanden war. Gale hasste enge Räume, sie schnürten ihm die Luft ab. Die einzige Möglichkeit wäre.... Gale legte den Kopf schief und öffnete das Fenster, um die kühle Nachtluft hineinzulassen. Das war besser und jetzt.... Mit ein, zwei geschickten Sprüngen war er auf dem Dach, glücklicherweise regnete es nicht und so streckte sich der Magier auf dem Rücken aus, verkeilte sich so auf dem schiefen Dach, dass er nicht herunterfiel und betrachtete den klaren Sternenhimmel, es war ruhig, so herrlich ruhig hier auf dem Land, die Luft war klar und rein, ganz anders als die stickige Luft, die in den Gassen und Straßen Magnolias förmlich stand und ein frischer Wind wehte durch das schwarze Haar des Windmagiers. Schnell war er geistig weggetreten und als er wieder in die Realität zurückfand waren sicherlich einige Stunden vergangen und sein Körper verlangte nach einem Bett. Wohl oder übel musste er den Rest der Nacht in dem kleinen Zimmer verbringen und so schwang er sich durchs Fenster hinunter in das kleine Zimmer, verschob das Bett geräuschvoll so, dass es genau unter dem Windzug lag, der beständig durch das Zimmer wehte, sodass er wenigstens das Gefühl von Freiheit bekam und schlief nach einer Weile ein.

Am nächsten Morgen frühstückte er zusammen mit den anderen, um sich danach zum Herrenhaus aufzumachen, wo sie sofort nachdem sie das unheimliche Geisterhaus betreten hatten, von dem Jungen, der Rob gestern verpfiffen hatten, begrüßt wurden. Nach einem weiteren Geständnis im Beiwesen von Rob auf der Verande, bei dem Gale etwas abseits an der Holzwand gelehnt stand, die beiden Handwerker ruhig musterte und gleichmäßig unhörbar mit dem Fuß auf und abtippte, blieb Lia der Mund offenstehen und auch Gale war innerlich zumindestens überrascht von dem was sie erfuhren. Äußerlich verzog er natürlich keine Miene, solch eine Kleinigkeit brachte den Meister der Ruhe, nicht außer Kontrolle. Kaum war das Geständnis hinter sich gebracht, verschwanden die beiden und Gale blickte zu seinen Magierkollegen, ehe er das Wort ergriff. "Wer hat eigentlich den Auftrag erteilt? Rob? Denn nach diesem Geständnis scheint er irgendwas mit der Geistersache zu tun zu haben." Es war eine Feststellung und gleich darauf fuhr Gale noch fort. "Jedenfalls sollten wir den Jungen aufsuchen, er scheint mehr zu wissen, als er in Gegenwart von Rob zugeben will. Meine Hypothese ist, das er von irgendjemanden unter Druck gesetzt wird, wie wahrscheinlich die anderen Handwerker auch, um irgendetwas geheim zu halten. Der letzte Satz war zumindestens sehr verdächtig. Er wollte definitiv 'helft mir' und nicht 'helft uns' sagen. Ich würde vorschlagen, einer spricht mit dem Jungen und außerdem sollten wir mehr über Rob in Erfahrung bringen." schlug Gale, ruhig und sachlich vor und blickte zu Lia, schließlich war sie Teamführerin und würde die Entscheidung treffen.

Anscheinend leuchtete seine Theorie auch den anderen beiden ein. Natürlich, sie waren ja nicht gerade dumm. Erstaunlicher Weise verlief der restliche Abend noch ganz ruhig, nicht ein Ausraster von Lia. „Sie ist sicherlich müde…“, dachte sich Magnus auf ihre Ruhe hin. Eigentlich war es ganz angenehm so mit ihr und Gale im Gasthaus zu sitzen und zu plaudern und so verging die Zeit auch relativ schnell. „Dann bis morgen!“, verabschiedete sich Magnus schließlich und ging rauf in sein Zimmer. Dort angekommen zog er zuerst die große Tasche unter seinem Bett hervor und wühlte darin herum. Schließlich fand er einen Block und einen Stift, die zwei absolut notwendigsten und hilfreichsten Utensilien, die es auf der ganzen Welt überhaupt gab! Schon Sherlock Holmes trat immer mit Zettel und Stift bewaffnet auf den Stadtplan und jeder weiß ja, wie erfolgreich er damit gefahren ist! „Also Magnus Lindqvist, jetzt bring mal etwas Ordnung ins Chaos!“, murmelte er noch in Gedanken an den Meisterdetektiv, setzte sich in sein Bett und kritzelte los. Er schrieb alles auf, was sie bis jetzt herausgefunden hatten, was wirklich nicht sehr viel war und vermerkte sogar noch mal auf die Geistergeschichte. Ja, ganz genau! Dann schrieb er sich noch auf, was er am nächsten Tag unbedingt noch erfragen wollte und steckte den nun vom Block gerissenen Zettel samt Stift in seine Sweatshirttasche. Das gute alte Sweatshirt, da konnte man wirklich alles aufbewahren! Nachdem Magnus dann seine Schlafhose anzog und den Rest fein säuberlich wieder verstaut hatte legte er sich ins Bett. Es tat ihm richtig gut endlich mal ganz zu sich zu kommen und über das eine oder andere nachdenken zu können. Dabei kam ihm nicht nur das Geisterhaus in den Kopf und schließlich schlief er ein.
Am nächsten Tag wieder im Geisterhaus angekommen wurden die drei Magier prompt von dem jungen Handwerker von gestern und Rob überrascht. Das anschließende Geständnis auf der Veranda war geradezu verwirrend. Irgendwer log doch hier! War es wirklich der Junge, der gestern gelogen hatte, als er sagte Rob hätte die Arbeiter nach draußen gejagt, oder war es Rob, der nun so tat als hätte er den armen Kerl nur entlasten wollen und hat deswegen das mit der Geistergeschichte auf sich genommen. Sofort notierte Magnus sich das Gespräch von eben und steckte den Zettel wieder weg. „Ja, wir müssen sie auf jeden Fall getrennt voneinander befragen! Es könnte doch gut möglich sein, dass Rob den Jungen dazu gezwungen hat das Geständnis hier abzulegen. Wir müssen jetzt taktisch vorgehen!“, antwortete er auf Gales Vorschlag und fuhr gleich fort: „Dem jungen Arbeiter sollten wir so was wie ein freundschaftliches Verhältnis vorgaukeln, dann wird er sich schon einmal verplappern. Rob würde ich im Auge behalten, aber noch nicht befragen. Damit sollten wir erstmal bei seinen Kollegen anfangen, was die so über ihn zu sagen haben!“. Ungeduldig wartete er Lias Antwort ab.

„Rob selbst ist nicht der Auftraggeber, aber er leitet das Projekt, welches von der Dorfgemeinde in Auftrag gegeben wurde. Und du hast Recht, Gale. Aber bevor wir nicht sicher sagen können, dass Rob der Verantwortliche ist, lassen wir uns nichts anmerken und behalten unsere Vermutung voll und ganz für uns. Keiner von uns darf sich verplappern, denn wenn der Täter Verdacht schöpft, dann könnten wir alles kaputt machen. Tut daher am besten so, als wären wir noch immer der Meinung, dass es sich um Geister handelt, aber übertreibt es nicht.“ Eine klare Ansage, welche Lia ihren beiden Teamkollegen da gemacht hatte. Nur ob sie sich wirklich wie ausgehungerte Hyänen auf den jungen Arbeiter stürzen sollten, da wusste Lia nicht, ob das so eine gute Idee war. Dass sie ihn noch weiter befragen mussten, das war klar. Aber vielleicht wäre es ja privat, vielleicht bei ihm zuhause, besser? Weg, von diesen neugierigen Nasen von Handwerkern. Ohne auf die Vorschläge der beiden anderen einzugehen, seufzte der Pinkschopf leise. „Lasst uns erst mal wieder reingehen.“ Und so marschierte die Gruppe nach drinnen, wo nach wir vor zwar die Arbeiten stattfanden, aber ständig von jedem Einzelnen wieder unterbrochen wurden. Die Handwerker zucken zusammen, blicken ständig verängstigt um sich und machen nicht gerade selten eine ‚kleine‘ Pause draußen, weit weg vom Haus. Gerade, als die Gruppe im Hauseingang stand, bemerkte Magnus, dass ihm der junge Handwerker unauffällig, aber dennoch eindeutig zuzwinkerte. Immer und immer wieder, bis er in Richtung Keller ging, wobei er sich noch einmal zu Magnus umdrehte, ob er ihm auch folgen würde. Die Zeichen des jungen Burschen waren klar, er wollte, dass der Blonde alleine folgte, Lia und Gale waren wohl zu viel des Guten. Die Teamleiterin hörte gar nicht richtig zu, als sich der Schlauberger in den Keller verabschiedete, um dem Jungen zu folgen, wie er es veranlasst hatte. Sie war noch immer in Gedanken versunken. Der Windmagier und die Feuerdragonslayerin ahnten nicht, was ihr Kamerad für Informationen liefern würde, geschweige denn in welcher Lage der Handwerker war, als er Magnus davon erzählte. Gale und Lia hingegen gingen ins obere Stockwerk, taten noch immer so, als würden sie paranormale Schwingungen suchen, ehe Lia sich entschied, noch einmal alleine auf den Dachboden zu gehen. Gale, der nun alleine im oberen Stockwerk war, da die beiden Männer, welche sonst dort arbeiteten, gerade wieder eine Pause machten, musste sich gut vorsehen. Denn wenn er nur einen Moment zu spät sein würde, vielleicht nur kurzzeitig nicht aufpassen würde, dann drohte ihm ein armseliger tot. Auf seinem Grabstein würde die Inschrift nämlich heißen, dass er von einem Poltergeist und dessen fliegenden Gegenständen erschlagen worden war. Denn gerade, als Lia auf dem Dachboden angekommen war und sich nochmal genau umsah, da flogen Hammer, Meißel, Säge und unbrauchbare Holzabschnitte nach ihm. Gale, der hoffentlich damit beschäftigt war, auszuweichen, konnte leider nicht erkennen, wer der Quell allein Übels war, aber eines sollte ihm bewusst sein: Diese Gegenstände wurden gezielt nach ihm geschleudert. Lia, welche noch immer auf dem Dachboden herumsuchte, blieb auch nicht verschont. Wobei, besser gesagt, ein paar der vielen Schlagen, welche sich plötzlich in einem Korb aufhielten, welcher vorher mit Sicherheit leer gewesen war. Der Schock, als sie diese erblickte, war groß, weshalb sie reflexartig ein Feuerchen machte. Wütend stapfte sie runter, ging zu Gale, der sich gerade erholen konnte, schnappte ihn sich und machte sich auf den Weg zu Magnus, welcher gerade wieder aus dem Keller kam. Ohne ein Wort zwang Lia die Jungs mit bösen Blicken und wilden Gesten, das Haus zu verlassen, um draußen von den Schlangen zu erzählen, welche vorher nie da gewesen waren. Als Gale noch seine Geschichte von den fliegenden Werkzeugen erzählte, war es für Lia klar: „Einer von ihnen hat es auf uns abgesehen!“ Und dann war da noch Magnus, der leise von seinem Gespräch mit dem Jungen erzählte.

Scheinbar hielt Lia nicht viel von den Vorschlägen ihrer Teamkollegen, denn ohne darauf zu reagieren ging sie wieder zurück ins Haus und mimte weiter den Magier der nach paranormalen Schwingungen suchte. Wobei diese Taktik vielleicht auch die schlaueste war, denn wie Lia richtig erkannte würde der Täter schnell Verdacht schöpfen. Die Handwerker schienen an diesem Tag noch verängstigter als am vergangenen zu sein, ständig spürte Gale, wie sie ängstlich zusammenzuckten, jedes Knarren der Holzbohlen, was von ihnen selbst ausgelöst wurde, als Anlass nahmen, sich unruhig umzuschauen und alle paar Minuten vorm Haus Pausen einlegten. Nachdenklich betrachtet Gale das Treiben und ohne Mühe fiel ihm auf, dass die Arbeiter sich im Rhythmus mit dem Pause machen abwechselten, damit sie ja nicht wieder alle von Rob ins Haus gescheucht wurden. Mit dem Zeigefinger auf den Oberarm tippend, folgte Gale schließlich Lia, Magnus wurde zu ihrem Glück von dem jungen Handwerker als vertrauenswürdig eingestuft und herbeigewunken. Im Anbetracht der Alternativen, einem verschlossenen Windmagier, der zwar ruhig war, aber ständig am Takt tippen und einer Frau, der man sich als Junge nicht so gerne anvertrautet, war es nur natürlich, dass sich der verängstigte Junge Magnus ausgesucht hatte, der schien von den drei Magiern am normalsten zu sein.
Lia verabschiedete sich ebenfalls von dem Schwarzzopf, sie wollte auf den Dachboden nocheinmal suchen und so war Gale vollkommen alleine im oberen Stockwerk. Kein Handwerker, diese machten nach Gales Berechnung gerade Pause und würden erst in wenigen Minuten wieder zurück sein, war hier und es herrschte eine beinahe schon gespenstische Stille. Doch irgendwie beschlich den jungen Magier ein ungutes Gefühl, da war doch noch etwas, waren da nicht leise Schritte. Regungslos verharrte Gale, konzentrierte Windmagie in seinen beiden Händen und lauschte mit allen Sinnen.
Einige Sekunden lang stand er da, den Rücken zur Wand und der Kopf drehte sich langsam hin und her, als plötzlich ein Hammer angeflogen kam, den der Windmagier am Windzischen und aus dem Augenwinkel erkannte und sich sofort zu Boden fallen lies. Mit einem lauten Krachen schlug der Kopf des Hammers über ihm in die Holzwand, genau da wo vor Sekundenbruchteilen sich noch der Kopf des Magiers befunden hatte. Und damit begann das Spektakel auf einmal flogen Hämmer, Sägen, Holzbalken, einige Meißel, Zangen und sogar eine Wasserwage auf ihn zu. Reflexartig klatschte Gale die Hände zusammen und die entstehende Druckwelle hielt alles, was etwas größer war und wenig aerodynamisch geformt war auf und schleuderte es zurück. Das bedeutet der Magier musste sich nur noch um die kleinen schweren Dinge kümmern, doch auch das waren immer noch zu vielen und so sprang er mit der Hilfe von einiger Windmagie, die in Füßen und Händen gesammelt wurde, bis an die Decke, auf einen altertümlichen Kronleuchter und entging so dem Tod durch den Werkzeugsturm. Doch schon im nächsten Moment traf ein Hammer die Kronleuchterhalterung und eben dieser fiel samt Magier von der Decke. Nichtsdestotrotz blieb Gale seelenruhig, obwohl er immer noch in Lebensgefahr war, der Sturz wurde mehr oder weniger gut durch eine Rolle abgefangen, bis auf eine Glassplitter des Kronleuchters, die größtenteils seine Kleidung nicht durchdrangen, erhielt er dadurch keine Verletzungen. Doch noch war die Gefahr nicht vorbei und so musste Gale einen Gegenstand nach dem anderem ausweichen oder ihn mit einem gezielten Air Blast aus der Bahn bringen. Nach wenigen Sekunden war das ganze Spektakel aber auch schon wieder vorbei, Gale hatte einiges an Mana verbraucht, lebte aber noch, doch leider hatte er auch keine Spur von dem Angreifer, zu beschäftigt war er damit gewesen die fliegenden Werkzeuge abzuwehren. Kaum hatte er Luft geholt, stapfte Lia vom Dachboden zurück in den ersten Stock, der sich in das reinste Chaos verwandelt hatte, überall lagen Werkzeuge, der Kronleuchter war zerstört und viele Wände hatten ebenfalls Blessuren von Hämmern oder ähnlichem erhalten. Und Lia war eindeutig wütend, dafür musste man noch nichteinmal ein Rhythmuskenner sein, der hochrote Kopf und die bösen Blicke sprachen für sich. Nachdem Lia dann von ihrem Schlangenvorfall erzählt hatte, begann Gale, der sich derweil seelenruhig die Glassplitter von seiner Kleidung zupfte, von den fliegenden Werkzeugen zu erzählen, die seiner Meinung nach eindeutig gezielt geworfen wurden, alles natürlich in einem sehr sachlichen und informativen Ton, der sich fast so anhörte, als ob er lediglich Zuschauer und nicht Protagonist des Vorfalles gewesen sei. "Irgendwer hat es in der Tat auf uns abgesehen." endete er indem er Lia zustimmte und dann Magnus zuhörte.