Da gingen die drei also wieder nach drinnen. So tun, als ob sie immer noch Geister suchen würden fiel Magnus fast noch schwerer, als vorher, wo es wenigstens noch eine geringe, wirklich sehr geringe, Option gewesen war. Am liebsten würde er sich sofort auf Rob stürzen und ein knallhartes Verhör starten, doch er wusste, dass das natürlich nicht ginge. Sie hatten bei weitem noch nicht genügend Beweise um ihn wirklich überführen zu können und so lange jeder dachte, dass die Magier sich nur um das Übernatürliche kümmern würden, würde der Verantwortliche auch nicht vorsichtiger werden. Ein Fehler von ihm war alles, was die Magier nun brauchten. Während Lia und Gale schon wieder fleißig in ihre „Ich-glaube-an-Geister-Rollen“ geschlüpft waren, dachte Magnus noch ein bisschen nach und starrte etwas geistesabwesend in die Luft. Was war das in seinem Augenwinkel? Eher gelangweilt, weil er schon wieder einen ängstlichen Handwerker erwartete, der sich gerade vor einer Spinnwebe erschrak, drehte Magnus seinen Kopf in die Richtung, aus der er die Bewegung wahrgenommen hatte. „Was?!“, stieß er aus lauter Überraschung aus. Der Junge von vorher schien ihm zuzuwinken und in Richtung Keller zu deuten. Wunderbar! Das ging ja schneller als er dachte! Da Lia ihn sowieso nicht beachtete und auch Gale eher beschäftigt aussah verschwand Magnus also nur mit einem leisen „Bin kurz weg.“ in den Keller. Der junge Handwerker war schon etwas vorausgegangen, er wollte wohl nicht, dass man ihn zusammen mit Magnus sah. Das war Magnus auch lieber, sonst könnte noch jemand Verdacht schöpfen, oder schlimmer noch, die beiden verfolgen und belauschen. So schritt er also zum zweiten Mal die knarrende Kellertreppe hinab. Der Junge vor ihm verschwand in dem Heizungsraum, an den sich Magnus nur zu gut erinnern konnte. Als er durch die Tür ging, fand er den Handwerker ganz alleine vor. Waren da nicht noch die anderen zwei eingeteilt? „Wo sind die anderen Arbeiter?“, wollte Magnus prompt von dem Jungen wissen. „Nicht da. Die wollten hier nicht mehr arbeiten, weil sie ständig ein Pochen in den Heizungsrohren hörten. Sie sagten, erst wenn das alles aufgeklärt ist, setzen sie wieder einen Fuß hier rein.“, erklärte der Handwerker und fügte dann noch ein „Wir sind also ungestört“ hinzu. „Ungestört, klingt gut.“, antwortete Magnus freundlich. Er musste zwischen sich und dem Jungen ja eine Art Vertrauensbasis aufbauen, sonst würde er nie was aus ihm rausbekommen. „Und ähm…“, angestrengt dachte Magnus nach, wie er nun ein unverfängliches Gespräch aufbauen konnte. Er war ja nicht so gut darin, was soziale Kontakte knüpfen anging. „Ich kann nicht mehr…“, brach es plötzlich aus dem Jungen heraus. „Was?!“, erstaunt blickte Magnus ihn an. „Ich… ich muss es jetzt einfach jemandem sagen. Ich glaube, ich kann euch vertrauen. Ich beobachte euch ja schon länger…“, fuhr der Handwerker fort, sein Blick war dabei sehr unruhig und huschte immer wieder in Richtung Tür. „Es kann so einfach nicht mehr weitergehen…“, sein Atem ging nicht gerade regelmäßig und er flüsterte jetzt nur noch. „Hoffentlich kippt der jetzt nicht um.“, Magnus warf dem Jungen einen ernsten Blick zu. „Naja, wie gut, dass ich so viele Bücher über Erste Hilfe gelesen habe.“, lobte er sich selbst und betrachtete den Jungen weiterhin skeptisch. „I…ich habe wirklich Angst!“, flüsterte der Arbeiter weiter. Man, wann kam der denn endlich mal auf den Punkt? Fast hätte Magnus ihn schon gepackt und mal kräftig gerüttelt, damit er endlich mal etwas Sinnvolles erzählt. „Ruhig Magnus.“, unterdrückte er seinen Drang und zückte nun schon mal sein Notizzettelchen. „Würdet ihr mir helfen?“, fragte der Junge nach. „Ja… ja natürlich, deswegen sind wir doch da. Was ist denn jetzt?“, langsam verlor Magnus wirklich die Geduld. „Also… ihr müsst heute Nacht unbedingt noch einmal zum Haus kommen. Rob hat geordert, dass ich ihn dort um 22 Uhr treffen soll. Bitte, ihr müsst auch dort sein.“, er atmete tief durch und sah Magnus mit einem durchdringenden Blick an. „Ich… ich habe wirklich Angst! Ich weiß, dass irgendetwas Schlimmes passieren wird. Ich…“, seine leise Stimme überschlug sich schon fast. Der Junge musste ja wirklich panische Angst vor dem Treffen mit Rob haben. Aber wen wundert das schon, wer trifft sich schon um 10 Uhr Nachts nur um zu plaudern. „Bitte, ihr dürft aber niemandem etwas sagen, lasst euch nicht ertappen.“ „Also ich bitte dich. Natürlich werden wir das für uns behalten. Wir sind doch keine Idioten.“, stellte Magnus nach dieser Aussage sofort klar. „Dann sollten wir nun wohl besser wieder nach oben gehen, nicht dass sich noch jemand fragt wo wir abgeblieben sind.“, fügte er noch zwinkernd hinzu und schob seinen nun schon gut gefüllten Notizzettel wieder ein. „Danke.“, flüsterte der Handwerker noch, als Magnus schon durch die Tür ging. Wieder im Erdgeschoss angekommen traf er auf Gale und Lia, die ein wenig erschrocken aussahen. „Und..?“, wollte Magnus wissen. Lia fing an irgendwas von irgendwelchen Schlangen zu erzählen und Gale berichtete von seinem Werkzeugabenteuer. „Ich glaube hier hat einer wohl ein mächtiges psychisches Problem.“, kommentierte er noch, bevor er mit seiner Geschichte rausrückte. Im Flüsterton, versteht sich. „Dann gehen wir jetzt also noch ein wenig auf Geistersuche, verschwinden dann ins Dorf und schleichen uns wieder her? Am besten so, dass wir schon um halb zehn wieder am Haus sind.“, befragte Magnus dann die Runde.

Gales Erlebnisse und seine eigene Feststellung bestätigten Lia nur. Es wäre wohl am sichersten für alle Beteiligten, einfach abzuhauen! Nichts, dass noch irgendwer ernsthaft verletzt würde. Aber das wäre nicht die Lösung, die ein Magier finden würde. Doch als Magnus seine Geschichte erzählte, schien Lia diese Idee, das Feld für’s erste zu räumen, gar nicht mehr so falsch. So, wie sich das anhörte, war der junge Handwerker wirklich in Gefahr. Hatten sie in Rob etwa den wahren Täter gefunden? Würde der gemütliche Mann tatsächlich ein Verbrechen begehen? Warum das Ganze und all die Mühen? Irgendetwas Großes musste dahinter stecken, ansonsten hätte er sich wohl kaum die Finger so derart schmutzig gemacht. Jedoch sollte man nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen, vielleicht wollte Rob den Jungen auch nur in seine fiesen Pläne miteinbeziehen, ihn dazu zwingen, seinen Komplizen zu spielen! Um das herauszufinden, mussten sie heute Nacht unbedingt hier beim Haus sein, um endlich Klarheit zu schaffen und vor allem aber auch, um ein eventuell schreckliches Verbrechen aufzuklären. Einen Moment lang war es still, jeder schien sich die Worte Magnus‘ noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Schließlich erhob Lia leise ihre Stimme: „Wartet kurz hier, ich werde Rob sagen, dass wir im Dorf weiterermitteln und heute nicht mehr hierher kommen.“ Sofort marschierte sie hinein, ging zum Chef und machte ihm diese Entscheidung klar. Rob war ziemlich überrascht und schien auch verärgert, warum die angeheuerten Magie denn nicht „endlich mal ihre Arbeit ordentlich machen konnten“. Doch auch, wenn Rob das überzeugend von sich gab, traute Lia ihm nicht mehr über den Weg. Sollte er wirklich etwas Strafbares mit seinem Arbeiter vorhaben, dann ist er bestimmt froh, dass Gale, Magnus und Lia nicht da sind. Während die Magier wieder ins Dorf gingen, um auch wirklich glaubhaft zu wirken, erklärte Lia noch immer leise sprechend den Plan, den sie sich ausgedacht hat: „Wir machen das so. Um halb neun begeben wir uns zum Haus, wo wir das Haus von allen Seiten beschatten werden, damit wir auf keinen Fall verpassen, wenn Rob das Gebäude betritt. Sobald er darin verschwunden ist, gelangen wir über die Fenster, in denen keine Scheibe mehr ist, nach innen. Denselben Eingang zu benutzen könnte uns verraten. Wenn wir im Haus sind, brauchen wir nur den Stimmen zu folgen, denn so wie Magnus das Gespräch beschrieben hat, scheint der Junge ziemlich panisch zu reagieren.“

So verstrich die Zeit, die Lia den beiden frei gegeben hatte. Hauptsache sie würden pünktlich vor der Herberge erscheinen. Etwas anderes, als die Nacht abzuwarten, konnten sie im Moment eh nicht tun. Endlich war es soweit und die Wanderung zum Spukhaus konnte losgehen. Es war bereits dunkel und das war ein Vorteil für die Magier. Während sie sich dorthin begaben, klärte Lia noch die letzten Schritte: „Gale, du hältst dich links hinterm Haus und Magnus rechts hinten. Ich bleibe vorne. Sollte einer von uns Rob entdecken, schlägt er leise Alarm, aber hurtig, klar?“ Lia selbst würde wohl einen Feuerstrahl nach oben schießen, das war leise und in der Luft keine Gefahr und gut erkennbar. Jeder begab sich auf seine Position und wartete für sich ab. Nach über einer Stunde kam endlich der junge Handwerker des Weges, der sichtlich mitgenommen seines Weges ging. Um sich blickend, vielleicht suchte er die Magier, betrat er schließlich das Haus über den Haupteingang. Jetzt mussten sie vorsichtig sein, falls Rob dazu stoßen würde.

Den Plan das Haus zu beschatten und abzuwarten, wann Rob kommen würde, fand Gale gut und daher nickte er nur zustimmend zu Lia und verabschiedete sie dann auch von den beiden anderen, immerhin hatte er den Nachmittag frei und den gedachte der Naturbursche nicht in der Herberge zu verbringen. Am liebsten wäre ihn ein schöner Herbststurm gewesen, aber dafür war wohl ersten die falsche Jahreszeit und der strahlend blaue Himmel war ohne Wolken, sodass es reichlich unwahrscheinlich war, dass es demnächst stürmen würde. Also zog er sich zurück in den umliegenden Wald und suchte, ja nach was suchte er eigentlich, es war nichts bestimmtes, denn der junge Windmagier wollte einfach nur den Rhythmen der Natur lauschen und so schlenderte er versonnen, mit halb geschlossenen Augen neben einem kleinen Bach her, lauschte dem Plätschern desselben, dem Blätterrauschen des Windes in den Bäumen und wenn er sich stark konzentrierte hörte er sogar den hämmernden Rhythmus eines Spechtes, der sich einen neuen Nistplatz baute.
Eine ganze Weile war der junge Magier schon gelaufen und war jetzt an einem wahrhaftige faszinierenden, ja fast magisch anmutenden Plätzchen angekommen. Er war an der Quelle des Baches angekommen, der aber nicht einfach so aus dem Boden entsprang, nein die Quelle entsprang aus einem sanften Hügel mitten ihm Wald. Das Wasser sammelte sich erst in einem kleinee Teich, der umgeben war von Farnen und moosbedeckten Steinen. Dann floss das Wasser über mehrere verschiedenen Wege und mindestens einem Dutzend jeweils nur wenige Zentimeter auseinanderstehenden Terassen den Hügel hinab. Unablässlich plätscherte es, Wasserwirbel und kleine Wasserfälle bildeten sich und verursachten ein Konzert, das für Gale schöner war als das schönste Sinphoniekonzert. Wie versunken starrte Gale auf das Naturschauspiel in dieser unberührten Natur und öffnete schnell all seine Sinne für das herrliche Konzert. Bald schon glaubte er den Rhythmus dieses Teils des Baches gefunden zu haben. Eben genau der Rhythmus, der es charakterisiert, so einzigartig wie ein Fingerabdruck und ohne es zu merken stellte sich sein Körper auf diesen Rhythmus ein, die Füße klopften den Grundtakt, Hände und Finger bewegten sich alle in verschiedenen anderen Rhythmen, eigentlich etwas, was für Menschen völlig unmöglich sein sollten, aber Gale dachte in diesem Moment nicht darüber nach, was sein Körper tat. Seine Sinneseindrücke wurden direkt in Signale für Füße und Hände umgewandelt und nach kurzer Zeit bewegte sich der Schwarzzopf mit seltsam tanzartigen Bewegungen hin und her. Sein ganzer Körper wiegte sich im Takt dieses Naturwunders, welches er entdeckt hatte und die Stunden vergingen für ihn wie Minuten, erst als die Abendsonne die Miniwasserfälle in rotoranges Licht tauchte, wachte er aus seiner Trance aus und ihm fiel siedend heiß ein, dass er eigentlich schon längst auf dem Rückweg sein sollte. Also nahm er schleunigst die Beine in die Hand und machte sich mit großen Sprüngen, mit Windmagie verstärkt, auf den Rückweg.
So eben schaffte er es dann auch rechtzeitig an der Herberge zu sein und war froh, als er wieder etwas zur Ruhe kommen konnte, während der Beobachtung des Hauses. Doch allzu lang sollte seine Pause nicht sein, denn bald schon war Rob zu sehen, der sich der Herberge von vorne näherte und in das Haus hineingelangte. Schnell schoß er einen Air Blast in die Richtung wo Magnus und Lia Wache hielten, doch eigentlich sollte sie es ebenfalls bemerkt haben, denn Rob hatte sich nicht gerade unauffällig genähert. Die Frage die blieb war, wo er sich mit dem Jungen treffen wollte. Gale beschloss spontan ins Obergeschoss des Hauses einzudringen und mit einem gewaltigen Satz gelangte er auf den Sims eines offenen Fensters im ersten Stock und gelangte so in eines der zu renovierenen Schlafzimmer. Weiße Laken lagen auf den Betten und brachte den Magier auf eine Idee, die für seine Verhältnisse äußerst ungewöhnlich war. Ohne lange weiternachzudenken, warf er sich eines der Laken über, achtete darauf das nichts von ihm zu sehen war. Glücklicherweise war der Stoff nicht allzu dick und so konnte er trotz des Lakens vor seinen Augen und der Dunkelheit seine Umgebung wenigstens soweit erkennen, dass er nicht gegen irgendetwas gegenzustoßen glaubte. Langsam konzentrierte er jetzt Windmagie in seinen Füßen und schon schwebte er wenige Zentimeter über den Boden, sodass das Laken jetzt etwa 1 Zentimeter über den Boden schwebte und jeder abergläubische ihn auf dem ersten Blick für einen Geist halten musste in diesem staubigen, alten, weißen Laken. Langsam schwebte der Galegeist Richtung Flur, und lauschte ersteinmal, immerhin wusste er noch nicht wo Rob und der Junge waren und sollte er zu früh gesehen werden, konnte sein Auftritt alles zunichte machen. Sollte aber Rob dem Jungen etwas antun wollen, konnte er ihm so einen Schrecken fürs Leben verpassen.

Es dauerte nicht lange, bis die drei das Haus verließen, um sich noch einmal im Dorf zurückzuziehen. Sie mussten sich ja später wieder treffen und im schlimmsten Fall die ganze Nacht zusammen in der Bruchbude verbringen und Magnus war wirklich noch nicht bereit so viel Zeit mit fremden Menschen. Noch nie hatte er so viel Lust verspürt ein Buch zu lesen wie jetzt gerade, das letzte Mal als er das tat war ja nun doch schon eine Weile her und es ging einfach nichts über ein gutes Buch! Er sagte nicht mal ein Wort des Abschiedes zu seinen Begleitern, sondern stürmte einfach in die Herberge und rauf in sein Zimmer. Er riss seine Tasche aus dem Schrank, die er dort wie immer fein säuberlich verstaut hatte, und kramte in deren Inhalt. Magnus musste nicht lange suchen, denn er wusste schließlich, wo er was hingesteckt hatte und hielt bald „Mord im Morgengrauen“ in Händen. Voller Glückseligkeit packte er die Tasche wieder zusammen und setze sich auf sein Bett um seinen neusten Schatz zu lesen.
„Ooooh!“, brachte Magnus nur hervor als er sah, wie spät es schon war. Nur noch 5 Minuten bis zum vereinbarten Termin! Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf und warf sein Buch aufs Bett, was er normalerweise niemals getan hätte. Doch Pünktlichkeit ging immer noch vor! Schnell zog er seine Schuhe an und stolperte die Treppe hinunter. Fast schon panisch kam er am verabredeten Punkt an und sah sich um. Niemand da? Schwer atmend kontrollierte Magnus noch einmal die Uhr. Noch 4 Minuten. Na toll. Jetzt ärgerte er sich darüber, dass er das Buch so achtlos aufs Bett geworfen hatte. Das arme Buch, so ging man doch nicht mit Büchern um. Aber das half jetzt auch nichts mehr, jetzt stand er schon hier und musste mal wieder auf die anderen warten.

„Alles klar!“, antwortete Magnus, nachdem Lia die Aufgaben verteilt hatte. Er positionierte sich hinterm Haus, verdeckt von den umliegenden Sträuchern und schärfte all seine Sinne. Ihm durfte keinesfalls ein Fehler passieren. So wartete er nun und wartete. Nach einer sehr langen Weile hörte er nun endlich ein Geräusch, das er bald als Schritte enttarnen konnte. Vorsichtig konzentrierte er sich auf die Stelle, aus der die Schritte kamen und konnte bald den jungen Handwerker erkennen. Er war also noch vor Rob da. Magnus konnte es gut verstehen, dass der Junge schon so früh hier auftauchte. Es war immer besser als Erster bei einer solch seltsamen Verabredung aufzutauchen, als direkt in die Arme eines Irren zu rennen. Bald darauf bemerkte Magnus, dass auch Rob sich dem Haus näherte. Das daraufhin folgende Zeichen von Gale ließ ihn wissen, dass die anderen es wohl auch bemerkt hatten. „Sehr gut!“, dachte sich Magnus und befreite sich aus seinem Versteck. Schnell sprintete er aufs Haus zu, nicht dass noch einer aus dem Fenster sah und ihn entdecken könnte. Er drückte sich gegen die Hauswand und suchte einen Weg um ins Haus zu gelangen. Das eingeschlagene Fenster würde ja wohl Lia benutzen, nachdem sie es in ihrer Ansprache heute Nachmittag schon erwähnt hatte. Aber es gab hier bestimmt noch ein anderes instabiles Fenster, durch das er gelangen konnte. Immerhin handelte es sich hier ja um eine Bruchbude, oder? Vorsichtig ging er an der Wand entlang und stubste hier und da an ein Fenster. Als er gerade mit dem Fuß gegen eines der Kellerfenster trat merkte er, wie es nachgab. „Oh, welch Wunder. Der Keller also wieder!“, er verdreht leicht die Augen ehe er das Fenster ganz öffnete und durch es in den Kellerraum sprang. Jetzt musste er die beiden erstmal ausfindig machen, um sie dann ein wenig belauschen zu können. Ja, belauschen war immer gut!

Endlich, Rob näherte sich der Hütte. Lia beobachtete jeden seiner Schritte, überlegte auch, wie sie am besten ein unauffälliges Zeichen geben könnte. Ein Feuerstrahl nach oben wäre wohl am besten, aber erst würde sie warten müssen, bis Rob im Haus war und das Ganze nicht bemerken würde. Allerdings verspürte sie kurz darauf einen leichten Windstoß, welcher ihre langen, pinken Haare tanzen ließ. Da es aber ansonsten relativ Windstill war, konnte sich die Magierin schon denken, dass dies ein Zeichen von Gale war. Nun musste man nur noch hoffen, dass auch Magnus alles mitbekommen hatte. Liese begab sie sich zu seiner Position, wo sie ihn mehr oder weniger abholte, damit sie sich gemeinsam ins Haus begeben konnten. Selbiges Spiel wollten sie auch bei Gale spielen, allerdings war dieser nicht mehr auffindbar. Achselzuckend wandte sie sich Magnus zu, aber dieser hatte sicherlich auch keine Ahnung, wo der Windmagier sich befand. Ihr Blick schweifte nach oben, wo sie das offene Fenster sah, durch welches Gale ins Haus gelangt war. Flüsternd wandte sie sich Magnus zu: „Ich hoffe du kletterst gerne.“, ehe sie sich auf den Baum begab, durch welchen man es durch das Fenster schaffen könnte. Ein gewagter Sprung und schon konnte sie ins Haus gelangen. Als Magnus hinter ihr erschienen war, blickten sich die beiden erst einmal um. Die Tür zum Flur stand offen, weswegen Lia ihrem blonden Kollegen kurz winkte, um ihn zu deuten, dass sie das Zimmer verlassen würden. Auf Zehenspitzen schlich Lia durch die Tür und ihr stockte der Atem, sie konnte nicht glauben, was sie da sah! Wie blöd war dieser Rob eigentlich? Warum zog er nach wie vor diese Geistershow ab? Das war doch völlig absurd, als ob der junge Handwerker nicht schon längst wusste, dass das nur ein Spiel war! Dass der Geist aber über dem Boden schwebte, war Lia erst einmal entgangen. Leiste tapste sie hinter den verkleideten Verbrecher und zog ihm Ruckartig das Laken vom Kopf. „Gale??“, entfuhr es ihr gedämpft, aber dennoch aufgebracht. Warum hatte er das gemacht? Bot es ihm etwa Schutz, dieses muffelige Laken? Da sie Rob heute so und so gegenüberstehen würden, war das wohl nicht unbedingt nötig. Andererseits war es natürlich eine Idee, eine Möglichkeit gewesen. Abwechselnd blickte Lia zu dem Laken in ihrer Hand und wieder zu Gale. Vielleicht war das gar nicht so dumm. Ein Ablenkungsmanöver war es sicherlich. Sie reichte es ihm wieder. „Das ist gut, sehr gut. Wir werden sie erst einmal belauschen, damit wir wenigstens wissen, was nun los ist. Sollte es gefährlich für den Jungen werden, wirst du das Ablenkungsmanöver starten. Magnus, du nutzt den Moment aus, um den Jungen sofort aus dem Haus zu schaffen und ins Dorf zu bringen. Gale, du und ich, wir kümmern uns in der Zeit um Rob. Verstanden?“, flüsterte sie den beiden den Plan zu. Als alles abgemacht war, wandte sich Lia erneut Gale zu: „Du wirst uns bestimmt sagen können, wo die beiden sind, oder?“ Dem Pinkschopf war es nicht entgangen, dass der Windmagier eine gewisse Begabung dafür zu haben scheint, wenn es darum ging, genau hinzuhören. Mit seiner Hilfe konnten die drei Magier zielgerichtet in den Keller gehen, ohne alles lange zu durchsuchen. Wie er das nun genau macht, wusste sie war nicht, aber egal. Vor der Kellertür angekommen, hörten sie bereits Rob und den Jungen. „..das ist mir verdammt nochmal egal! Du hättest mich fast verraten, du Idiot!“ Lia’s Hand fuhr zum Türknopf und drückte ihn leise runter. Die Stimmen wurden klarer. „Ich flehe dich an! Meine Eltern und mein Bruder wissen nichts, das schwöre ich dir!“, rief der Junge. Rob schnaubte verächtlich aus: „Und das soll ich dir glauben? Du und deine scheiß Familie werdet genauso in diesem Keller verrotten, wie diese andere Ratte!“ Der Junge stieß einen erstickten Schrei von sich: „Du.. Du warst der Mörder damals? Jetzt verstehe ich das..“ Der junge Handwerker fing an zu winseln: „Bitte, bitte.. ich werde kein Wort sagen und meine Familie weiß von nichts.. bitte..“ Lia schüttelte den Kopf, als wolle sie den Irrsinn der Geschichte einfach verdrängen. „Gale? Wir wissen genug, du bist dran.“ Während dieser seiner Arbeit nachging, warteten Magnus und der Pinkschopf bereit auf den geeigneten Moment, in welchem sie zuschlagen würden.

Das Lia ihn sofort erkannte, fand Gale irgendwie deprimierend, auch wenn das wohl außer ihm keiner bemerkte, denn sein Gesichtsausdruck war nach wie vor ausdruckslos. Also schnappte er sich nur wieder das Laken von Lia, verschränkte die Arme und hörte ihrer Teamführerin zu, die seine Idee doch irgendwie guthieß, was den Windmagier mit so etwas wie Stolz erfüllte, wenn natürlich auch nur in ganz geringem Maße. Auf Lias Frage hin nickte er nur stumm und führte seine beiden Mitmagier immer noch schweben, um ja kein Geräusch zu machen, zielstrebig in den Keller, wo Lia die Tür einen minimalen Spalt öffnete, damit sie das Gespräch belauschen konnten. Zwar war es nicht viel und es schien auch das Ende des Gesprächs zu sein, aber aus dem was sie hörten, konnten sie sich den Rest ohne Probleme zusammenreimen. Auf Lias Ansage hin, schmieß er sich sein Laken über, hob die Hand aber so, dass seine Beine trotzdem noch vom Laken verhüllt waren und lies die Tür mit einem kräfitgen Air Blast ins Zimmer knallen. Erst quietschte es, die Tür war wohl nicht gut geölt worden, dann knallte die Tür mit voller Wucht gegen die Wand und Gale vermutete schon, dass sie aus den Angeln gefallen war, doch die Tür schien robuster gebaut zu sein, als sie aussah. Bei Tageslicht hätte wohl jeder erkannt, das dort ein Mann in einem Laken stand, doch war der Raum nur von etwas Mondlicht, welches durch ein kleines Kellerfenster fiel und zwei Kerzen erhellt. Zudem da Gale unter seinen Füßen ein kleines Luftpolster hatte, sah es tatsächlich so aus, als ob der Geist schweben würde, denn selbst die Enden des Lakens schliffen nicht über den Boden, sondern schwebte einfach zur Seite weg. Zusammen mit dem schauerhaften Geheul, was durch das Laken zusätzlich gedämpft klang, musste er den beiden gerade einen Mordsschrecken einjagen und zumindestens der Junge schien ernsthaft eingeschüchtert zu sein, während Rob sich noch einigermaßen im Griff hatte. Aber das konnte man ja ändern. Kurz konzentrierte Gale noch etwas mehr Windmagie in den Füßen und sprang direkt auf Rob zu, dabei zog er die Füße dicht an seinen Oberkörper, sodass das Laken nun fast einen Meter Luft unter ihm vor den Blicken versteckte. Auch wenn der Keller nicht sehr hoch war, so schaffte es der Windmagier dennoch direkt über Rob hinwegzuspringen, wobei das Laken ihn ganz bewusst streifte. Elegant landete Gale und das Geräusch, was er dabei verursachte ging zum Glück im Schreckensschrei der beiden Handwerker unter. Die wenigen Sekunden nutzte Gale aus, um sich wieder aufzurichten und erneut ein Luftpolster unter seinen Füßen zu schaffen. Rob, der jetzt ebenfalls ängstlich dreinblickte, wand sich nun direkt von der Tür weg zu dem Geist, der mittlerweile einen Arm erhoben hatte und mit gezielten Luftstößen die beiden Kerzen ausgeblasen und einen Stapel Werkzeuge mit lautem Scheppern umgeworfen hatte. Jetzt richtete sich der Arm direkt auf Rob und Gales verstellte Geisterstimme erklang. "DUUUUUUUHHUUUU HAAST MICH DAHAMALS UMGEBRAHACHT, DAAAFÜR WIHIRST DU BEZAHALEN." lies er es im Raum erklingen und der Junge sah aus, als ob er gleich in Panik verfallen würde. "Nein, das ist doch völlig unmöglich, Geister gibt es nicht, das ist wissenschaftlich unmöglich." versuchte Rob sich einzureden, doch sah er im Mondlicht ziemlich bleich aus und seine Oberarme schienen zu zittern. Gales Ablenkungsmanöver hatte geklappt, jetzt war der ideale Moment für Magnus und Lia zuzuschlagen. Denn momentan hatte er Galegeist die ungeteilte Aufmerksamkeit der beiden und hatte sich durch den Sprung so postiert, dass er gegenüber der Tür stand, sodass Rob und der Junge logischerweise mit dem Rücken zur Tür standen. Wo zum Teufel blieben also Lia und Magnus. Wenn sie nicht jetzt kamen wäre der Überraschungsmoment verpasst. Rob war intelligent und glaubte nicht an Geister, er würde den Schwindel, wenngleich er auch gut war gleich durchschauen, bestimmt.

Die ganze Zeit, während Lia misstrauisch auf das schwebende Laken zustürmte und es dann von der Person, die überraschender Weise Gale war, herunterriss, stand Magnus nur ein bisschen ungläubig daneben. Es hätte ihn sowieso nicht interessiert wer unter dem staubigen Laken steckte, aber da Lia wohl sehr neugierig zu sein schien, konnte er sich sowieso darauf verlassen zu erfahren, was unter dem Pseudogeist stecken würde. So machte er sich keine Mühe und blieb erstmal stehen um zu beobachten, was Lia nun als nächstes vorschlagen würde. Was, das sollte als Ablenkungsmanöver dienen? Das wäre ohne Laken doch wohl viel sinnvoller. „Wieso lässt Gale nicht einfach nur seine Windmagie spielen und lenkt Rob damit ab, als mit diesem komischen Laken reinzuschweben? Wer glaubt denn noch, dass ein Geist ein Laken über den Kopf hat…?“, protestierte er ein wenig. Doch Lia schien ihn nicht einmal zu bemerken. Unbeirrt führte sie ihren Plan aus, der ihr wohl gerade eingefallen war. Naja, vielleicht konnte sie ihn sich ja auch einfach nicht so lange merken, um Magnus zuzuhören und redete deshalb einfach weiter. Aber über so etwas nachzudenken hatte nun selbst Magnus keine Zeit. Immerhin war Rob hier und das war nun Thema Nummer eins. Seine Aufgabe war es, den Jungen schnell aus dem Haus und ins Dorf zu bringen. Das dürfte kein Problem darstellen, er musste sich nur geschickt anstellen und den richtigen Moment erwischen, alles andere wäre dann keine große Sache. Gale hatte schnell die beiden anderen Personen im Haus geortet und marschierte schnurstracks in den Keller. Auch Magnus konnte langsam die Stimmen der beiden Männer vernehmen, was aber auch nicht sehr schwer war, denn Rob bemühte sich nicht gerade leise zu reden. Es schien eine hitzige Diskussion zwischen den beiden ausgebrochen zu sein und als schließlich das Wort „Mörder“ fiel stand der Ernst der momentanen Lage wohl mehr als fest. Ohne langes Zögern schwebte Gale mit dem Laken über dem Kopf in das Zimmer, das alles erinnerte Magnus mehr an einen Kindergeburtstag als an das Überführen eines Mörders. Doch siehe da, es schien tatsächlich zu funktionieren. Zwar sah der junge Handwerker dreimal so erschrocken aus wie Rob, aber auch der war wohl sichtlich aus der Fassung gebracht. Jetzt war es wohl so weit, Magnus musste schnell versuchen den Handwerker aus dem Haus zu schaffen bevor Rob sich wieder gefangen hatte und ihm noch etwas antun könnte! Schnell suchte er noch Lias Blick und nickte ihr zu, damit sie wusste, dass Magnus jetzt den Jungen packen würde. Es war wohl unvermeidbar, dass das auch Rob mitbekommen würde und Lia sollte bereit sein, um sich dann um Rob zu kümmern. „Also los.“, schoss es Magnus noch durch den Kopf während er schon in geducktem Laufschritt auf den Handwerker zusteuerte und dabei versuchte so leise wie möglich zu sein. Gott sei Dank übertönte Gales Geistergeheule die meisten anderen Geräusche und Magnus bekam die Hand des Jungen zu fassen, ohne dass Rob es noch mitbekommen hatte. Mit einem gewaltigen Ruck zog er den Arbeiter zu sich, der, sichtlich erstaunt, etwas ins Rückwertstaumeln geriet. Doch damit hatte Magnus natürlich schon gerechnet und fing den jungen Mann mehr oder weniger auf um ihn sogleich weiter Richtung Tür zu zerren. Auch Rob drehte sich schlagartig um und fauchte nur: „Ihr…!“. Wutentbrannt stürzte er sich ebenfalls zur Tür.

Alles verlief nach Plan! Überraschenderweise brachte Gale diese Geisterrolle ganz gut rüber, das hätte Lia ihm gar nicht zugetraut. Der sonst so stille Magier ließ erstmals so richtig was von sich hören. Die beiden Handwerker waren im ersten Moment so perplex, wussten gar nicht, wie ihnen geschieht. Magnus nutzte dieses willkommene Ablenkungsmanöver und führte den Plan weiter aus. Die Teamleiterin selbst hielt sich noch versteckt im Hintergrund, um im Notfall einen Überraschungsangriff starten zu können. Rob hatte den Betrug schon bald erkannt, nämlich dann, als der Blonde Magier sich den Jungen geschnappt hatte, um ihn in Sicherheit zu bringen. Lia rief ihm noch nach, er solle im Dorf ein paar Männer zusammentrommeln, die sich dann um Rob’s Strafe kümmern würden. Gerade, als diese zur Tür hinausverschwanden und der Chef sich hinterherstürzen wollte, da kam Lia um die Ecke gesprungen und attackierte den Mann ohne Rücksicht auf Verluste, er hatte die drei Gildemagier schon lange genug an der Nase herumgeführt - Fire Dragon's Tenacious Flame. Ein Faustdicker Feuerstrahl schoss aus Lia’s Hand, nachdem sie die nötige Formel ausgesprochen hatte. Dieser heiße Strahl erfasste Rob, der auch noch mehr oder weniger in sein Verderben reinrannte und warf ihn aufschreiend vor Schmerz zurück. Schon bald wälzte sich der Mann hektisch auf dem Boden herum, um die Flammen, die ihn zierten, loszuwerden. Nach einer ganzen Weile gelang ihm das auch und er lag erschöpft und schwer atmend auf dem Boden. „Was sollte das, Rob.“, sagte Lia monoton. Sie ging ein paar Schritte auf ihn zu, ging neben ihm in die Hocke und wartete auf eine Antwort. Da aber keine kam und Rob stattdessen zum Gegenangriff ansetzen wollte, was ihm aber aufgrund seiner Schwächung schwer fiel, setzte sie ihn unter Druck. Ihr Finger begann zu brennen und sie hielt ihn dem Mann vor das Gesicht. „Die Nase oder die Handflächen schmerzen wie verrückt, wenn man sie auch kleiner Flamme verbrennt.“, drohte sie ihm. Erneut frage Lia nach, was das alles sollte. Schließlich begann Rob zu reden: „Mein ehemaliger Nachbar.. oh, wie ich ihn gehasst habe! Er hat meiner Tochter das Herz gebrochen..“ Er hustete. „Sie hat ihn geliebt und er spielte mit ihren Gefühlen! Diesen Schmerz, als er sie wegen einer anderen fallen ließ, hat sie nie verkraftet..“ Plötzlich riss Rob die Augen auf, brüllte Gale und Lia verzweifelt an: „Sie hat sich umgebracht! Mein kleines Mädchen hat sich wegen dieser Missgeburt umgebracht! Ich werde sie nie wieder in meinen Armen halten, nie mehr! Dieser Bastard sollte dasselbe Schicksal haben wie sie.. er musste sterben.“ Lia blickte zu dem Windmagier, danach wieder zu Rob, der mittlerweile einerseits den Verstand zu verlieren schien, andererseits traurig weinte. „Das ist die Leiche, von der du gesprochen hast. Du hast diesen Mann hier im Keller verscharrt.“, schlussfolgerte Lia und konnte ihren eigenen Worten nicht glauben. Der Gedanke, vielleicht auf Leichenteilen zu stehen, verursachte ihr Übelkeit. „Dieses verdammte Haus soll renoviert werden! Versteht ihr? Man wird ihn finden! Alles wird rauskommen! Aber.. das war es mir wert.. Er hat mir meine Tochter genommen!“ Erneut schluchzte Rob und raufte sich dabei die Haare. Der Pinkschopf seufzte schwer. Das ging nicht spurlos an ihr vorbei, das war eine tragische Geschichte. Einerseits musste man die Beweggründe wohl verstehen, andererseits war das nicht akzeptabel. Rob war ein Mörder. „Dann hast du den Spuk verursacht, damit die Arbeiten eingestellt werden, nicht wahr?“, fragte Lia behutsam nach, Rob nickte nur heulend. Langsam erhob sie sich und ging zu Gale, ließ den Handwerker aber nicht aus den Augen. „Magnus wird sicherlich gleich mit den Dorfbewohnern kommen. Dann wäre unsere Arbeit soweit erledigt.“, meinte sie bloß monoton, ohne Gale anzusehen. Es würde wohl ein paar Tage in Anspruch nehmen, bis Lia diese Tragödie als solche abstempeln konnte.

Der Plan klappte gut, alles lief perfekt ab, in dem Moment, als Gale die volle Aufmerksamkeit der beiden Handwerker hatte, schnappte sich Magnus den kleinen, um ihn in Sicherheit zu bringen. Das veranlasste Rob sich umzudrehen und voller Wut auf ihrer Teamleiterin zuzustürmen, die ihn mit einer einzigen, heißen Attacke niederstreckte. Nach einer ganzen Weile waren die Flammen niedergebrannt, Rob trug mehrere mehr oder wenigere schwere Brandverletzungen davon, und Lia begann mit der Befragung. Gale hatte inzwischen das Laken abgelegt, seinen Schwebezauber beendet. Jetzt stand er schräg hinter Lia, die Arme verschränkt, Finger und Fuß tippten abwechselnd lautlos auf und ab, während seine emotionslosen Augen die von Rob fixierten. Würde er lügen, würde Gale es merken, sicherlich. Doch Rob schien nichtmal mehr daran zu denken ihnen noch irgendwas vorzuenthalten.
Robs Erklärung war für den emotionslosen Gale aber nur sehr schwer nachzuvollziehen. Schließlich traf er seine Entscheidung auf der Basis von Fakten, rationalen Fakten. Nie und nimmer hätte er sich zu so einer Tat hinreißen lassen, zumindestens nicht aus solchen Gründen und dementsprechend hart war auch sein Urteil über den Kerl, doch hielt er vorerst seinen Mund, denn dem Pinkschopf ging das alles sehr ans Herz. "Wir sollten ihn fesseln." meinte Gale tonlos und da Lia nicht antwortete, schnappte er sich einfach ein Seil, was im Keller lag und band dem schluchzenden Rob widerstandslos die Arme hinter den Rücken, ehe er ihn aufrichtete und die Treppe hinauf ins Erdgeschoss und dann vor die Haupttür brachte, wo sich Rob auf die Eingangsstufen fielen lies. Lia schien diese herzzerreißende Geschichte ziemlich mitzunehmen und auch wenn an Gale sonst Emotionen jeglicher Art abprallten wie an einer meterdicken Granitwand, er mochte den Rhythmus den das pinkhaarige Mädchen gerade ausstrahlte so gar nicht. Es verursachte, wenn auch nur ein ganz schwaches, ein Unwohlsein, was ihm nicht gefiel. Irgendwas in seiner Brustregion bewirkte, das er soetwas wie Mitgefühl empfand und für einen kurzen Moment seine warme Hand tröstend auf Lias Schultern legte und seine Augen, als das Drachenmädchen in anblickten einen kurzen Augenblick so etwas wie Wärme ausstrahlten, was für emotionale Menschen wohl mehr als tausend Worte sagte. Genau so schnell aber wie dieses komische Gefühl über Gale gekommen war, genausoschnell verschwand es wieder und fast schon hastig zog er die Hand zurück und ging auf Abstand zu Lia und Rob und murmelte: "Das Leben muss weitergehen." Diesen Satz brachte er wieder vollkommen emotionslos rüber und nachdem er die Arme vor der Brust verschränkt hatte, fing auch sein Finger wieder an zu tippen und Gales Charakter kehrte in bekannte Rhythmen zurück, während er sich innerlich beschimpfte. Was hatte ihn nur so solch einem Gefühlsausbruch hinreißen lassen. Hier war es unwichtig gewesen, aber in einer anderen Situation hätte solch eine emotionale Aktion eine verherrende Schwäche sein können.

„Schnell!“, zischte Magnus dem Jungen zu und schleifte ihn aus der Tür. Lia war sofort zur Stelle und hielt den wirklich wütenden Rob auf. Wie genau, das konnte Magnus leider nicht beantworten, er blickte sich keinen Augenblick um als er den Handwerker fast schon gewaltsam nach oben und aus dem Haus beförderte. Endlich machten sich die Trainingseinheiten mal ein bisschen bezahlt! „D-danke!“, brachte der Bursche schwer atmend hervor, als sie gerade den Weg zum Dorf entlang rannten. Magnus antwortete nicht, sondern beschleunigte nur seinen Schritt. Er wollte so schnell wie möglich die Männer vom Dorf zusammentrommeln und mit zum alten Haus nehmen. Sie alle sollten über Rob und seine Machenschaften bescheid wissen und ewig konnte er Lia und Gale nicht mit diesem übel riechenden Typ alleine lassen. „So, jetzt bist du erst mal in Sicherheit. Jetzt brauche ich aber noch deine Hilfe!“, abrupt blieb Magnus stehen als sie das Dorf erreicht hatten und ließ den Arm des Jungen los. Der stand nach Atem ringend neben ihm und nickte nur. „Gut. Weißt du wo die anderen Handwerker sind? Ich denke sie sollten auch die Wahrheit erfahren und ihrem Chef gleich für das Danken, was er ihnen vorgespielt hat.“ „Ja…“, der Junge holte einige Male tief Luft. „Sie… sind alle im Wirtshaus um diese Uhrzeit. Stammtisch.“, er stütze sich mit den Armen auf den Beinen ab um besser Luft holen zu können. „Danke.“, höflich wie Magnus war musste er für dieses Wort natürlich noch Zeit haben, ehe er sich dann schnell zum Wirtshaus aufmachte. „Übrigens, Sport würde dir auch mal nicht schaden!“, rief er noch über die Schulter. Beim Gasthaus angekommen stieß er die Türen auf und entdeckte sofort die Gruppe Handwerker um einen großen Tisch sitzen. Da sich sonst kein Gast in der Schankstube aufhielt war das auch nicht sonderlich schwer. „Hey!“, rief Magnus und steuerte auf den Tisch zu. „Hört mal her!“, die Männerstimmen verstummten als sie Magnus vor ihrem Tisch bemerkten. „Ich denke wir haben euren Geist gefunden. Ihr solltet alle sofort mit mir mitkommen und euch anhören, was Rob euch zu sagen hat!“, erklärte er den Männern. „Er hat euch alle belogen und ist sicher nicht der, für den ihr ihn haltet.“, fügte er noch hinzu und machte sich wieder in Richtung Ausgang auf. Die Männer saßen noch immer auf ihren Stühlen und schauten sich verwundert an. Waren sie denn taub? Oder musste Magnus in einem bestimmten Slang reden damit diese Kerle endlich mal verstanden, dass sie ihm sofort folgen sollten? „Ich meine es ernst!“, zornig blickte er in die Runde und hielt die Tür auf. Verdattert standen nun die ersten Handwerker auf um ihm zu folgen und bald taten es auch die anderen. Ein Gemurmel ging durch den Haufen Männer als sie schließlich zusammen mit Magnus das Wirtshaus verließen und den Weg zum Haus einschlugen. Als sie es erreicht hatten warteten Lia und Gale bereits mit dem gefesselten Rob auf der Veranda. Lia sah etwas mitgenommen aus während Gale wie immer eher distanziert dastand und an sich herumklopfte. „Nun, dann erklären wir doch mal den netten Herren hier, was vorgefallen ist.“, sprach Magnus dann ohne noch weiter auf seine beiden Kollegen einzugehen.