„Du sagst also, dass er Versprechen nicht gehalten hat?“ Sylvana war sich relativ sicher, dass zumindest Shinichi einen gewissen Groll gegen den Zirkusdirektor zu hegen schien. Ob so was aber schon reichte, um mit solchen Unfällen den Zirkus zu ruinieren?
„Ja! Der Herr Direktor hatte gemeint, dass wir einen festen Platz in der Mannschaft finden und den Zirkus mit unseren Fähigkeiten bereichern könnten. Er meinte, dass wir uns dann keine Sorgen mehr um unseren Lebensunterhalt machen müssten. Pah!“ Genervt stöhnte Shinichi auf, spuckte beinahe schon verächtlich auf den Boden.
Auch Naoki meldete sich wieder zu Wort. „Unser Einkommen durch den Zirkus reicht vorne und hinten nicht und von der Mannschaft werden wir beide sowieso nicht ernst genommen…“
Falsche Versprechungen des Zirkusdirektors? Eine Mannschaft, die sie nicht integrieren? Also, wenn man nur ein Motiv zum Überführen eines Verbrechers bräuchte, wären die beiden schon eines Verbrechens überführt. Aber Sylvana wollte anhand von Motiven nicht gleich auf ein Ergebnis schließen. //Dann stellen wir doch einfach mal eine etwas empfindlichere Frage…//
„Vom Direktor belogen und von der Mannschaft nicht ernst genommen… Seid ihr euch wirklich sicher, dass ihr auch nichts mit diesen Unfällen zu tun habt?“ Aufmerksam beobachtete Sylvana die Reaktionen der Zwillinge. Während Naoki verunsichert und erschrocken die Luft einzog, schien Shinichis Gesicht von einer Sekunde auf die andere von Zornesröte bedeckt zu werden. Schüchtern und Aufbrausend… Diese beiden Zwillinge konnten wirklich nicht verschiedener sein.
„Was würde es uns bringen, wenn durch die Unfälle dieser Zirkus den Bach runtergeht? Gut, wir wären diesen Arsch von Direktor und auch die Mannschaft los, dafür sitzen wir aber hier in Hargeon auf der Straße fest. Bevor der Zirkus nicht wieder halt in Kunugi macht werden wir einfach mitspielen. Danach verschwinden wir von hier!“
„A-aber Shinichi… Dass können wir doch nicht einfach so machen…“
„Sei einfach still, Naoki! Du bist sowieso zu weich und würdest wahrscheinlich auch bleiben, wenn sie dir den Kot der Tiere zum Abendessen servieren würden!
„Dass stimmt doch gar nicht, Shinichi…“
„Oh doch!“
Und schon wieder fielen sich die Zwillinge an den Hals und fingen eine Prügelei miteinander an. Sylvana hatte für ihren Teil genug gehört. Sie wahr sich eigentlich relativ sicher, dass die beiden Zwillinge nichts mit den Unfällen zutun hätten. Zugetraut hätte sie es Shinichi sicher, aber in seiner Argumentation hatte er schon Recht. In Hargeon würden die Menschen kaum irgendwelchen Straßenkünstlern Geld in den Hut werfen. So hatte sie es zumindest mal aufgeschnappt.
Ohne auf Shinichi und Naoki einzugehen, die sich gerade auf dem Boden rumwälzten und versuchten die Oberhand zu gewinnen, machte sich Sylvana dann wieder auf den Rückweg. Was Kazuya und Minato in Erfahrungen gebracht hatten?

Nach seiner recht interessanten Unterhaltung mit dem Dompteur kehrte Kazuya wieder zum Eingang des Zirkuszeltes zurück, um auf Sylvana und Minato zu warten, die sich ebenfalls um Mitglieder des Zoos kümmern wollten. Ob sie dabei auch so viel Spaß hatten, wie er bis eben? Man wurde ja nicht jeden Tag von einem Dompteur angegriffen, nur weil man etwas Falsches, in den Augen des Dragonslayers jedoch das Richtige, gesagt hatte. Da sich scheinbar weder der Donnermagier noch die Dragonslayerin eben jenes Elementes eingefunden hatte, lehnte sich der Wasser Dragonslayer mit einigem Schwung gegen den Pfeiler einer Laterne. Dass er keineswegs darauf achtete, das Lichtlacryma, welches am anderen Ende der Stange befestigt war, nicht zu sehr in Bewegung zu setzen passierte das, was man sich bei einem Fairy Tail Magier fast schon denken konnte. Der hellgelbe Kristall kippelte noch einige Sekunden auf seinem kleinen Sockel, bevor er seinen Weg in Richtung des Pflasters antrat. Doch anstelle auf dem Boden zu zerspringen landete der Kristall zuerst auf dem Hut des Zirkusdirekors, wobei dieser deutlich eingedellt wurde, und danach in den behandschuhten Händen des Mannes. Hätte Kazuya den Mann nicht schon eine Weile gerochen, wäre er wirklich überrascht gewesen, dass er auftauchte, kaum dass einer der Magier zurück gekehrt war, doch so wusste der junge Dragonslayer, dass er darauf gewartet hatte.
„Ah, Herr Magier, wie ist es Ihnen denn bei ihrer Untersuchung ergangen? Ihre Hilfe ist uns doch so wichtig.“ Mit einer hochgezogenen Augenbraue betrachtete Kazuya das Gesicht des Mannes. Hatte er wirklich das gesagt, was der junge Mann glaubte gehört zu haben? 'Ist der noch ganz dicht? Die Schleimspur würde sogar ein Blinder erkennen. Was will er damit bezwecken?' „Nun aufschlussreich war das Gespräch, ...“ Der Unterton des Dragonslayers sollte eigentlich deutlich sagen, dass es kein wirkliches Gespräch gegeben hatte, doch das Gesicht des Direktors zeigte keine Regung, als der junge Mann dies sagte. „... das ich geführt habe keineswegs, aber sicherlich werden sich durch weitere Ermittlungen weitere Hinweise ergeben.“ Es klang so etwas von falsch, was Kazuya da von sich gab. Er würde so nie wirklich reden, aber er hatte gerade keine Lust sich weiter mit dem Kerl zu befassen. 'Ob es Ärger geben würde, wenn ich ihm die Zähne einschlage?' Mit Sicherheit, aber das stand hier leider auch nicht zur Debatte, denn der Direktor schien dem Dragonslayer gar nicht wirklich zugehört zu haben, denn er redete einfach weiter. „Wenn deine Freunde da sind sollt ihr zu mir ins Zelt kommen, ich muss euch noch etwas erklären.“ Noch während er dies sagte, verschwand er im Eingang des Zeltes, als wäre er nie da gewesen. Nur eine kleine Rauchwolke blieb im Eingang zurück, ein Zaubertrick oder ein mieser pyromanischer Effekt? Wer weiß, aber irgendwie kam es dem Jungen nun so vor, als wäre dies alles nur ein Traum und er zweifelte auch langsam daran, dass der Zirkusdirektor überhaupt dort gewesen ist. Nur das Lacryma, welches nun direkt neben seinen Füßen stand, war der Beweis, dass dieser merkwürdige Typ dort gewesen ist und mit Kazuya gesprochen hatte. Seufzend kickte er den Kristall in den nächsten Busch, um zu vertuschen, dass er die Lampe fast demoliert hatte, jetzt mussten nur noch Minato und Sylvana auftauchen, aber wie er schon an ihren Aromen in der Luft feststellte, würden sie bald kommen.

Minato sah den Pinkschopf schon von weiten, wie er da an dem Laternenpfeiler lehnte und ging zu ihm. Er setzte sich auf die Bank neben der Laterne und lehnte sich erst mal zurück und erst dann wandte er sich an Kazuya. "Na, du bist aber ziemlich früh zurück.", stellte Minato fest und sah sich kurz nach Sylvana um. Er sah sie aus dem Zelt heraustreten und auf sie zukommen. "Ich hoffe wir bekommen bald raus, wer für all das verantwortlich ist, denn mir wird langsam langweilig.", meinte er mehr zu sich selbst und musste dann lächeln. "Ein kleines Kämpfchen wäre mir lieber, als dieses Herumgequatsche." Ja Minato war halt eher der, der handelte, anstatt lange nachzudenken und daran sah er nichts Falsches. Er lehnte sich noch etwas mehr zurück, schloss die Augen und atmete tief durch, die Brise, die vom Meer herüber wehte, tat ihm gut und machte hungrig. Kaum hatte er daran gedacht, schon knurrte ihm wieder der Magen. Ja etwas zu Essen wäre jetzt gar nicht übel, ein leckers Schnitzel, eine schmackhafte Pasta oder eine duftende Pizza. Je mehr er darüber nachdachte, desto lauter schien sein Magen zu werden. Minato öffnete die Augen, als Sylvana bei ihnen ankam und sah zu den beiden. "Was haltet ihr davon, wenn wir unsere Ergebnisse bei einem leckeren Essen austauschen? Ich sterbe nämlich vor Hunger." Mit erwartungsvollem Blick sah er zu den beiden.

Man mag sich sicherlich fragen, warum Sylvana gerade aus dem Zirkuszelt getreten war, obwohl die Wohnwagensiedlung einen direkten Weg zum Eingang des Zirkuszeltes besaß. Nun, der Grund war relativ simpel: Sie hatte einen Umweg genommen und war dabei jeglichen anderen Zirkusartisten aus dem Weg gegangen. Besonders diesen Clowns, die gerade mit Torten bewaffnet durch die Gassen gingen. Wer wusste bei denen denn schon, ob so eine verfluchte Torte nicht von einem Moment zum Nächsten als ballistisches Geschoss durch die Luft flog? Und ohne Wechselklamotten, die Sylvana natürlich für eine solche Quest nicht eingepackt hatte, wollte sie nicht mit einer solchen Torte Bekanntschaft machen. Andernfalls würde sie den ganzen Tag die Möwen magisch anziehen und Kazuya hätte einen Grund mehr sie auszulachen. Nein, dass würde sie niemals zulassen!
Lange Rede, kurzer Sinn: Der Umweg hatte Sylvana vor Torten, Fackeln, Messern, Affenkot und andere Dinge, die man werfen konnte, bewahrt und nun stand sie vor den anderen beiden Magiern. Eine Sache fiel ihr, oder besser gesagt ihrer Nase, sofort auf.
„Man merkt, dass du bei einem Tierdompteur warst, Kazuya. Den Gestank, der dir deswegen anhaftet, kann man zehn Meilen gegen den Wind riechen.“ Da war es vielleicht doch eine gute Entscheidung gewesen, dass sie sich für die Jongleure entschieden hatte. Immerhin hatten sie nur Probleme mit dem Zirkus und miteinander. Nur gut, dass sie ihre Schwerter bei sich behalten haben.
Die Idee mit dem Essen reizte Sylvana ja schon ein wenig. Wobei sie ja nie ein wirkliches Sättigungsgefühl durch normales Essen erhalten würde. Dafür würde Minato schon ein wenig seines Manas für sie benutzen müssen. Aber soweit würde sie ihn schon bekommen. Kurz zuckte sie mit den Schultern.
„Von mir aus können wir so was machen. Oder was meinst du, Kazuya?“ Sie richtete ihren Blick auf den rosahaarigen Dragonslayer, der vor ihr stand. Vermutlich war es ihm genauso egal wie ihr. Wasser gab es im Hafenbecken mehr als nur genug. Stellte sich halt nur die Frage, ob er dafür extra dort hinein springen würde.

Der junge Dragonslayer hatte recht gehabt, kaum zwei Minuten nach dieser merkwürdigen Begegnung mit dem Zirkusdirektor tauchten zuerst Minato und danach Sylvana auf. Als sich die beiden ebenfalls ein Plätzchen vor dem Zelt gesucht hatten konnten sie ja endlich über ihre Ergebnisse sprechen, doch beide Magier äußerten zu erst den Wunsch nach einer Mahlzeit. 'Solche Amateure.' Zwar gelüstete es Kazuya auch nach einem großen Schluck Wasser aus dem Hafenbecken, aber riss sich noch zusammen, denn eigentlich hatten sie ja noch etwas zu tun. „Wir können gleich etwas Essen gehen, aber zu erst haben wir noch etwas zu tun, denn der Zirkusdirektor hat eben mit mir gesprochen und möchte uns noch etwas sagen. Wenn wir uns also kurz um diese Kleinigkeit kümmern könnten, wäre das ganz klasse.“ Darauf hin löste sich der junge Mann von der Straßenlaterne, der noch immer das Lacryma fehlte und wandte sich dem Zelteingang zu. Dass Sylvana noch einen Spruch über seinen Geruch gemacht hatte ignorierte er geflissentlich, denn wie hätte er mit seiner Nase nicht mitbekommen sollen, dass er zum Himmel stank? Er würde einfach nach diesem Gespräch einen kurzen Abstecher zum Hafenbecken machen und einmal tief eintauchen, das würde den Gestank verringern und eine nette Mahlzeit abgeben. Doch zuerst mussten die Magier dem Zirkusdirektor noch einmal gegenübertreten.
Die Manege hatte sich kein Stück verändert, wenn man mal davon absah, dass er merkwürdig roch, was Minato sicherlich nicht wahrnehmen konnte, denn es war nur eine kleine Nuance, die kaum wahrnehmbar war. Irgendwo hatte der junge Mann diesen Duft bereits wahrgenommen, doch ihm fiel beim Besten willen nicht ein, wo. Obwohl das Aroma süßlich war, brannte es ihm in der Nase. Doch Kazuya hatte gerade keine Lust sich mit einem Aroma auseinander zu setzen, dass sicherlich nicht viel mit der Sache zu tun hatte. Der Zirkusdirektor stand genau in der Mitte der Manege auf einem mit weißem Klebeband gebildetem Kreuz und grinste die Magier an, doch vielleicht war es auch nur die Schminke in seinem Gesicht. „Ah, die Magier, ich muss mich entschuldigen, dass ihr nochmals herkommen musstet, aber mir ist da noch etwas eingefallen, was vielleicht die Lösung des Problems ist. Hier in der Stadt lebt ja ein ehemaliges Mitglied unserer Truppe, ein Feuerspucker. Also er hat uns einmal bestohlen, weshalb er ausgeschlossen wurde. Das könnte ein Motiv sein, weshalb er uns schaden möchte. Ihr solltet ihn ausfindig machen, denn ich weiß leider nicht, wo genau er lebt.“ Das war doch praktisch, noch ein Verdächtiger und dann auch noch einer, von dem niemand wusste, wo er war. Innerlich seufzte Kazuya bereits, doch für den Direktor blieb der Dragonslayer leise. Jedenfalls noch. Ohne ein weiteres Wort oder gar einen Hinweis verließ der Direktor das Zelt und ließ die Magier einfach stehen. Von Höflichkeit hatte der Mann wohl nie etwas gehört. Langsam schüttelte Kazuya den Kopf und blickte dann zu seinen Gildenkameraden. „Folgender Vorschlag, wir gehen jetzt essen und suchen dann heute Nachmittag nach diesem Feuerspucker und danach statten wir dem anderen Zirkus einen Besuch ab. Was sich daraus ergibt können wir dann ja sehen.“ Er überließ den beiden die Auswahl des Restaurants oder Cafés, es interessierte ihn ja nicht wirklich. Daher wartete er nur noch auf eine Reaktion der beiden.

Er freute sich, dass Sylvana anscheinend seiner Meinung war, etwas essen zu gehen. Doch warum hatte Minato plötzlich das Gefühl, mit hungrigen Augen angestarrt zu werden. Das hatte schon etwas Unheimliches und er verwarf das Gefühl schnell. Während Minato sich schon so seinen Kopf machte, was er Schönes verputzen könnte, merkte Kazuya an, dass sie vorher noch etwas zu erledigen hätten. Na toll, noch länger warten, dachte er leicht deprimiert. Aber es half ja alles nicht, also begleitete er die Beiden zurück ins Zelt, wo sie auch gleich auf den Direktor trafen. Dieser teilte ihnen kurz mit, das es wahrscheinlich noch einen Verdächtigen gibt, der für die Unfälle verantwortlich sein könnte und das Team diesen doch auch bitte aufsuchen solle. "Noch mehr Verdächtige, das hört ja nie auf.", seufzte er leise. Ohne noch etwas zu sagen, verschwand der kleine Mann wieder und Kazuya wandte sich, mit der Idee, jetzt doch erst essen zu gehen und dann nach dem Verdächtigen zu suchen, an ihn und Sylvana. Na endlich, innerlich machte sein Magen gerade Luftsprünge vor Freude und Minato fiel auch gleich ein nettes Restaurant ein. "Als ich hier ankam, habe ich ein nettes Restaurant hier im Hafenviertel ausgemacht, in dem man prima essen kann, wie wäre es damit?"

Es hatte sie gleich das Gefühl beschlichen, dass Kazuya nicht wirklich begeistert von der Idee des Donnermagiers gewesen war. Gut, vermutlich ging ihm ein ähnlicher Gedanke wie ihm durch den Kopf: Diese Quest schnell beenden und großen Abstand zu diesem Irrenhaus gewinnen. Wer mochte es ihm denn auch verdenken? Und trotz des ziemlich kräftigen Aromas, welches Kazuya momentan ausstrahlte, fiel auch ihrer Nase sofort auf, dass sich ein neuer Geruch in die Luft gelegt hatte. Etwas ihr Bekanntes, was einige Alarmglocken in ihr läuten ließ.
Während Kazuya und Minato direkt auf den Zirkusdirektor zugingen, blieb Sylvana einige Schritte hinter ihnen stehen und schloss die Augen. Sie vertraute ihren Instinkten, dem flauen Gefühl in ihrer Magengegend. Raiden hatte ihr beigebracht mehr auf ihre Umwelt zu achten, Gefahren zu deuten und zu erkennen. Während sie etwas entfernt die Stimme des Direktors hörte, atmete sie tief durch ihre Nase ein. Sylvana hielt die Luft an, versuchte die verschiedenen Gerüche zu lesen. Den Gestank, der vom Wasserdragonslayer ausging, versuchte sie weitestgehend auszublenden, um sich auf die anderen Gerüche konzentrieren zu können – insbesondere auf diesen schwachen, süßlichen Duft, der ihr so in der Nase brannte.
//Konzentrier dich Sylvana… Konzentrier dich…// Wie ein Mantra wiederhole sie diese Worte in ihrem Kopf, als sie einen weiteren tiefen Zug der Luft durch ihre Nase zog. Süßlich und brennend… und vermutlich gefährlich…
„…ein Feuerspucker…“ Sylvana riss ihre Augen auf. Ein Feuerspucker? Ein letztes Mal nahm sie einen tiefen Luftzug. Nein, wenn man es von dieser Seite betrachtete wurde alles mit einem mal glasklar. Davor wollte sie ihre innere Stimme also warnen! Sylvana ging langsam auf die beiden anderen Magier zu, wartete noch einen Augenblick, bis der Direktor aus ihrem Hörfeld verschwunden war. Natürlich hörte sie sich noch an, was Kazuya und Minato vorschlugen, wegen des Essens.
„Ich möchte eure Vorfreude nicht verderben, aber das Essen muss warten…“ Es wäre töricht, wenn sie nun einfach Essen gehen würden. Auch der Feuerspucker konnte warten. Erst einmal mussten sie die Quelle des Spiritusgeruches ausfindig machen!
Etwas grob packte Sylvana Kazuya an der Schulter, blickte ihm eindringlich in die Augen. „Vermutlich ist es schwer für dich momentan irgendwelche Gerüche wahrzunehmen, bei dieser Dunstglocke, die dich umgibt. Aber ich habe Grund zur Annahme, dass der nächste Unfall in diesem Zirkus ein Brand sein wird. Man kann es zwar nur schwach wahrnehmen, aber der Geruch von Spiritus liegt in der Luft…“ Die Dragonslayerin schwieg einen Moment, holte einmal tief Luft. „Ich habe daher zwei Vorschläge. Nummer 1: Wir suchen gemeinsam nach der Quelle dieses Geruchs und verhindern so einen potenziellen Unfall. Nummer 2: Wir teilen uns auf und...“
Sylvana hielt einen Moment inne. Irgendwas war faul… Nein, kein Geruch, der in der Luft lag. Es war das Verhalten des Direktors. Vorhin, als sie einzelne Mitarbeiter verhört hatten, roch es hier noch nicht nach Spiritus. Und ausgerechnet jetzt, wo der Direktor den Feuerschlucker erwähnte konnte man den Brandalkohol riechen.
„Vergesst, was ich gesagt habe. Ich würde eher einmal eure Meinung in einer kleinen Sache wissen. Findet ihr nicht auch, dass es ein wenig eigenartig ist, dass es ausgerechnet jetzt, wo der Direktor diesen Feuerschlucker erwähnt hier nach Spiritus riecht?“

Auch wenn er es nicht zugeben würde, dafür war Kazuya viel zu stolz, zermaterte er sich schon seit er diesen leicht stechenden Geruch wahrgenommen hatte das Hirn, was es nur sein konnte. Anders als bei Sylvana, die ja nicht von einer tierischen Dunstglocke blockiert wurde, hatte der Wasser Dragonslayer deutlich härter zu arbeiten, um auch hinter den Ursprung des Duftes zu kommen. Doch anders als Sylvana, die den tierischen Duft Kazuyas ausblendete, untersuchte der junge Dragonslayer des Wassers auch genau jene Dnstglocke. Daher nahm r einen Duft wahr, der Sylvana verborgen blieb, denn anders als Kazuya, der nur oberflächlich nach Tieren roch und dessen natürliches Aroma, welches zufällig einem Fluss oder auch dem Strand ähnelte, warum wohl, noch hervortrat, befand sich noch ein anderer Geruch, der etwas animalisches hatte hier im Zelt. Aber wer hätte schon gedacht, dass sich in einem Zirkuszelt Tiergerüche befinden? Darum ließ der Wasser Dragonslayer auch diesen Geruch eher außen vor und hörte auf die Erkenntnisse seiner, konnte man Cousine sagen, wenn sie ebenfalls eine Dragonslayerin war? Egal, Kazuya hatte so ganz nebenbei einen neuen Weg gefunden Sylvana mit einem Spitznamen zu belegen.
Das erste, was Sylvana sagte, klang für Kazuya doch praktisch, denn sie wollte das Essen, es hätte sie eh nur aufgehalten, abblasen und lieber weiter machen. Doch dann packte sie ihn an der Schulter und zweifelte seine Fähigkeit an durch den tierischen Geruch, der ihn umgab, noch etwas anderes wahrzunehmen. Sollte Kazuya jetzt beleidigt sein? Wahrscheinlich, daher warf er ihr einen bösen Blick zu und überlegte sich schon einmal ein paar Antworten, mit denen er sie konfrontieren könnte. Dass das völlig unnötig war, stellte sich kurz darauf heraus. Vielleicht lag es daran, dass Sylvana ungeduldig war und schnell einen Schuldigen finden wollte, aber sie interpretierte in einen schwachen Spiritusgeruch, den Kazuya, um ehrlich zu sein, erst wirklich richtig erkannt hatte, als Sylvana es sagte, zu viel hinein. Sicher, der Direktor mochte sich merkwürdig verhalten, doch irgendwie hatte Kazuya des Gefühl, dass der Kerl nichts damit zu tun hatte. Auch wenn er sich verdächtig verhielt, schien er sich um den Zirkus zu sorgen. Kazuya vertraute seinem Gefühl anderen Menschen gegenüber, sie mochten nicht so großartig sein, wie Dragonslayer, aber gerade deshalb war sich der junge Mann so sicher, dass er sie leichter lesen konnte. Gut, dass Sylvana ihre erste Idee schon wieder zu verwerfen schien und nach der Meinung der anderen Magier fragte. „Weißt du, Sylvana-chan, ich würde sagen, dass es schon recht verdächtig ist, aber der Direktor scheint wirklich besorgt zu sein und das ist nicht nur gespielt. Aber ich finde es auch sehr merkwürdig, dass der Spiritusgeruch plötzlich aufgetaucht ist. Suchen wir doch den Feurspucker und sehen nach, ob der Geruch vielleicht eine Spur oder eine falsche Fährte ist, denn ein Feuer würden wir beide doch sicherlich in fast der gesamten Stadt riechen, wenn es denn wirklich ausbrechen sollte.“ Wie sich die anderen dazu äußern würden, war Kazuya eigentlich recht egal, er war überzeugt, dass der Spiritusgeruch, da er ja für Minato und auch andere normale Menschen nicht wahrnehmbar ist, fast schon eine Falle für die Magier waren. Die Frage woher der Täter, wer auch immer es war wusste, dass sie Dragonslayer waren, ließ sich einfach beantworten, denn Sylvana hatte sie ja Minato vor dem Zirkuszelt vorgestellt und auch ihre Magien verraten. Kazyua war nicht dumm genug darauf herein zu fallen oder er war einfach zu stur, um eine Idee von Sylvana für gut zu befinden.

Na dann eben nicht dachte er und wünschte sich, dass sein Magen etwas leiser knurren würde. Dann müssen wir noch etwas durchhalten und später halt etwas essen gehen, meinte er in Gedanken an seinen Magen. Nun diesen Geruch von denen die beiden sprachen, konnte er wirklich nicht wahrnehmen, so gut er sich an auch anstrengte. Zwar hatte er ein gutes Näschen, wenn es darum ging, etwas Leckeres zum Essen zu finden, aber der Geruch, den die beiden wahrnahmen, schien nicht besondere stark zu sein. Er beneidete die beiden ja schon ein wenig, ein Dragonslyer zu sein, schien doch mehr zu sein, als er sich das gedacht hatte. Aber so ein endfindlicher Riechkolben konnte in manschen Situationen bestimmt auch sehr hinderlich sein. Warum kam ihn jetzt ausrechnet das Bild eines Schweinestalls in den Kopf? Nun musste er wieder ein leckeres Schnitzel denken, schüttelte aber den Gedanken schnell wieder weg. "Na gut, wenn ihr den Typen unbedingt erst finden wollt, bitte. Aber beschwert euch hinterher nicht, wenn ich vor Hunger umkomme.", meinte er gespielt ernst. "Wo fangen wir an zu suchen? Könntet ihr den Geruch verfolgen?" Minato musste lächeln, als er an einen Hund dachte, der eine Fährte aufnahm. Wartend kratze er sich am Hinterkopf und sah die beiden an.

Für einige lange Augenblicke ging Sylvana kurz in sich. Natürlich hatte Kazuya damit recht, dass es merkwürdig war. Auch der gleiche Gedankengang wie dem Wasserdragonslayer ging ihr durch den Kopf. Wenn keiner von ihnen ein Dragonslayer gewesen wäre, so wären sie ohne zu zögern zum Feuerspucker gegangen. Wenn sie aber dem Geruch nachgehen würden, so würde ein potenzieller Verdächtiger eventuell Beweise verschwinden lassen. Von daher war es nur logisch, wenn dieser Feuerspucker sie belauscht hatte und nun sich Zeit mit dieser falschen Fährte verschaffen wollte.
Seufzend zuckte sie mit den Schultern. Eigentlich wollte sie ja lieber bei ihrer Theorie festhalten, dass der Spiritusgeruch mit einer Gefahr zusammenhängt – vermutlich nur, um im Nachhinein sagen zu können, dass es ihre geschärfte Nase gewesen war, die ihnen den Tag gerettet hatte. Würde Kazuya garantiert nicht so gefallen. Aber eine Quest war ja immerhin keine Egotour. Es ging darum den Täter zu fassen, der für diese Unfälle verantwortlich war. Nach momentaner Lage musste man zwischen Direktor, den Kazuya freundlicherweise in Schutz nahm, und Feuerspucker auswählen. Wobei es eigentlich ziemlich unlogisch war, dass der Direktor eine Quest ausstellt, wenn er selbst die Unfälle verursacht hatte. Es sei denn natürlich, dass er vorher irgendwelche Fährten ausgelegt hat, um einen gewissen Menschen alles anhängen zu wollen. Danach sah es aber nicht wirklich aus. Also wäre es nur klug, wenn man jetzt den Feuerspucker mal einen Hausbesuch abstatten würde.
„Schon gut, Kazuya-kun. Dann auf zum Feuerspucker – wo auch immer der Kerl sein Haus hat.“ Warum konnte dieser dämliche Direktor nicht irgendwie eine Adresse angeben? Verpeilter Zirkusheini. „Und reiß dich mal zusammen, Minato. Du wirst doch wohl noch ein paar Minuten ohne Nahrung auskommen. Wir machen immerhin auch nicht so einen Aufriss.“ Als er dann seinen Vorschlag mit dem Geruch machte, knallte ihre Handfläche akustisch gegen ihre Stirn. „War es nicht eindeutig, dass wir den Feuerspucker aufsuchen und anschließend den Geruch untersuchen? Nimmt dein leerer Magen Einfluss auf dein Hörvermögen?“
Ohne noch irgendwie weiter auf Minatos Reaktion zu achten ging Sylvana los. Irgendwann müssten sie sich ja mal in Bewegung setzen. Frage sich jetzt nur, wie sie auf die schnelle das Haus oder die Wohnung dieses Feuerspuckers ausfindig machen könnten. Den Direktor suchen war zwar eine Möglichkeit, wirklich Lust hatte die Dragonslayerin darauf aber nicht wirklich. Es war daher relativ praktisch, dass plötzlich und vollkommen unvermittelt ein Clown am Rande der Manege entlangging.
„Hey! Könnten Sie uns sagen, wo wir den Feuerspucker finden, der vor einiger Zeit noch hier gearbeitet hat?“ Sylvana war sicherlich laut genug gewesen, dass die Aufmerksamkeit dieses geschminkten Kerls auf sie fallen würde.
„Meinst du mich?“ Der Clown deutete auf sich, als er sich zu Sylvana drehte. Da ihr Blick weiterhin auf ihn gerichtet war, verstand der Clown. Glücklicherweise für ihn, hatte Sylvana doch nicht das Bedürfnis auf unnötigen Smalltalk. „Der wohnt nicht weit von hier in einem zweistöckigen Bau. Könnt ihr gar nicht übersehen, es ist das einzige gelbe Haus mit Garten in dieser Gegend.“
Sylvana bedankte sich, nickte einmal kurz zu den Magiern und verließ das Zelt dann, gefolgt von ihnen. Die Wegbeschreibung war eindeutig gewesen und nachdem Sylvana einigen Straßen gefolgt war, standen sie auch schon vor gesuchtem Haus. Gelbe Fassade, zweistöckig, großer Garten. Bei dem Haus konnte man fast meinen, dass es auf Italien stammte. Herausstechen tat es in der Tat von den anderen Gebäuden in dieser Straße.
//Dann schauen wir doch mal, was wir hier finden.// Ihre Hand nahm den Ring des großen Türklopfers und schlug mit ihm mehrere Male laut gegen die Tür.