Der Fakt, dass Aurora grinste, entging Yuuki keineswegs, jedoch wusste er nicht, worüber sie grinste, weshalb es ihn nicht weiter interessierte. Selbst wenn er das Ziel ihres Amüsements sein sollte – immerhin hatte er für eine einfache Kletterpartie ziemlich lange gebraucht und sich außerordentlich ungeschickt angestellt – so interessierte es ihn nicht weiter. Solange man sich selbst in den Spiegel schauen konnte, war alles mit einem in Ordnung. Trotz all dieser Gedanken überlegte er trotzdem, ob er in Zukunft nicht lieber noch etwas in körperliches Training investieren sollte, damit sich solche körperlichen Anstrengungen nicht mehr als Qualen herausstellten. Seine Stärken lagen nun mal woanders, so einfach war das. Naja, darüber sollte er sich nicht jetzt den Kopf zerbrechen, vielmehr galt es, sich auf den Auftrag zu konzentrieren. Und wer wusste schon, vielleicht erlebte er ja auf diesem Auftrag noch Ereignisse, die ihn von einem intensiveren Training überzeugen würden?
Seinen Gedankengang endlich abschließend, wandte er sich an Aruora, welche ihm in diesem Moment ihren präparierten Enterhaken gab. Und die Kraft diesen zu schleudern stellte selbstverständlich der Grynder dar. Zunächst einmal prüfte er noch ein Mal selbst nach, ob auch wirklich alles zugeknotet war, schließlich wollte er nicht mitten über dem Umzug abstürzen, und nickte zufrieden, als dem so war. Danach galt es nach einer geeigneten Stelle Ausschau zu halten, in der sich das Schwert verhaken konnte. Nach ungefähr einer Minute des intensiven Suchens hatte er letztendlich eine geeignete Stelle gefunden, welche er sofort anvisierte. Magnetic Push! Das leichte Schwert wurde von Yuuki abgestoßen und flog mit hoher Geschwindigkeit auf ihr Ziel zu, jedoch hatte sich der Magier verrechnet und etwas daneben gezielt. Das Ergebnis war, dass das Schwert mit einem lauten Klirren an der Steinwand abprallte – und eine nette Kerbe hinterließ, für die er wohl später noch zahlen würde – und daraufhin zu Boden stürzte. Ehe sie jedoch einen der unschuldigen Leute am Boden treffen konnte, hatte sie der Rotschopf mithilfe von Magnetic Pull, dem Gegenteil des ersten Zaubers wieder an- und zu sich gezogen. "War wohl nix, was?", meinte er grinsend zu Aurora. So, genug herumgealbert. Dieses Mal visierte er die Stelle noch genauer an und die Enterhakenaktion funktionierte. Endlich. Und damit waren wir zurück beim altbekannten Thema körperliche Anstrengung. Seufzend ließ er Aurora den Vortritt, denn immerhin war sie weitaus geschickter und damit schneller als er, ehe er ihr schließlich folgte. Das Gehangel rieb seine Nerven auf und verbrauchte noch weitere Kraft von ihm, was ihn am Schluss dazu überzeugte, in Zukunft wirklich mal etwas mehr für seine Kraft zu tun. Konnte ja nicht sein, dass er an so simplen Aufgaben scheiterte oder? Drüben angekommen hatten sie einen guten Ausblick auf das große Rathaus, auf welches der Junge zeigte. "Schau, da müssen wir hin. Also los."

Nein, um ganz genau zu sein musste Yuuki sich gar nicht über die Ranke hangeln, da Aurora, nachdem sie drüben angekommen war, schlichtweg das provisorische Seil nahm und den Jungen auf ihre Seite zog. Wahrscheinlich war ihm nicht ganz wohl bei der Sache, da er zuerst einmal a la Tarzan herum schwingen musste, aber kraft- und zeitsparender war es allemal. Dass die Ilia sich dazu entschlossen hatte, dem Grynder helfend unter die Arme zu greifen, lag allerdings nicht an ihrem guten Willen oder ihrem Drang zu helfen, sondern viel mehr daran, dass sie so schnell wie möglich zum Rathaus kommen wollte, um ihre Zeit hier nicht zu vertrödeln. Außerdem war sie sich nicht ganz sicher, ob die Wahscheinlichkeit, dass Yuuki mitten über dem Umzug abstürzen würde, vielleicht zu hoch war. Und einen verletzten Yuuki samt aufgebrachter Menge konnte sie momentan wirklich nicht gebrauchen. "Komm, Spargeltarzan, auf zum Rathaus...", lächelte sie deswegen, als sie ihn aufs Dach befördert hatte, ob er nun wollte oder nicht. Die Komponente "Spargel" resultierte natürlich daraus, dass Aurora es als Mädchen immer ungeheuer witzig fand, wenn sie stärker als ein Junge war, die ja mit solchen Attributen eher zu protzen pflegten.Es wa nicht böse gemeint, schließlich wusste sie, das der Junge in anderen Gebieten weit mehr als sie drauf hatte, ebenso wie er einen selteneren Magieausleger beherrschte, als sie. Der ihre wurde aber ansonsten eindeutig maskulin dominiert, wen wunderte das? Bis auf eine fast legendäre Magierin der Gilde Fairy Tail, die aber auch schon lange tot war, hatte es kaum weibliche "Knights" gegeben - und das war kein Wunder. Sie ging bis zum Rand des Daches und blickte hinunter, besonders hoch war es nicht, aber dennoch sollte sie sich vielleicht irgendwo runterhangeln... Die Regenrinne bot da doch eine perfekte Gelegenheit, oder? Gesagt, getan, Aurora stand wenige Minuten später unten auf dem Pflaster und machte sich zum Rathaus auf. Yuuki würde das wohl auch schaffen, schließlich ging es diesmal herunter statt hoch. Als sie beim Rathaus angekommen war, trat sie hinein und sah sich um, bevor sie die Treppe ansteuerte, um zum zweiten Stock zu gelangen, da sie auf einer Übersichtstafel gelesen hatte, dass das Büro des Bürgermeisters dort oben zu finden war. Bevor sie aber auf diesen treffen konnten, gelangten sie in einen Raum, in dem ein vollgepropfter Schreibtisch stand, hinter dessen Aktenstapeln gerade noch so die Turmfrisur einer mittelalten Dame in rosa Kostüm zu sehen war... wer das wohl war...?

Nun, es war ja gemein hin bekannt, dass ein Abstieg immer leichter war als ein Aufstieg. Aus diesem Grund freute sich Yuuki nur etwas minimal mehr über diese körperliche Anstrengung als die Letzte. Deshalb war es dieses Mal auch schneller hinter sich gebracht als zuvor, wobei Aurora natürlich schneller als er war und wieder auf ihn warten musste. Beinahe wünschte er sich, dass sie einen Umweg gegangen wären, denn so hätte er auf jeden Fall Energie gespart, und auf die eine oder andere Minute kam es ihm nicht wirklich an. Wie schon vorher gesagt, die Stadt hatte es ihm angetan, weshalb er sich hier relativ wohlfühlte. Wäre da nicht diese Sache mit dem verschwundenen Wachmann gewesen, dessen Leben auf dem Spiel stand und den sie so schnell es ihnen auch nur möglich war, wiederfinden mussten. Während sie schließlich auf das Rathaus zuliefen und sich Yuuki den Tarzanwitz anhören durfte, entschied er einfach mal spontan, dass es zu kontern galt, damit das Mädchen auch ja nicht auf den Gedanken kam, diesen Spitznamen durchzusetzen. Wer wollte denn schon Spargeltarzan genannt werden? Eben, niemand. "Alles klar Herkules, gehen wir. Und wenn wir den Auftrag erfolgreich beendet haben, gehen wir dann deine Proteine kaufen?" Selbstverständlich war es nicht böse gemeint, denn der Junge begann sofort freundlich zu lachen und hoffte innig, dass das Mädchen seinen Humor verstand. Er machte nicht oft Witze – meistens war er selbst der Witz, da ihm dumme Sachen passierten – weswegen er befürchtete, dass man seinen Humor nicht verstand. Bei der breiten Masse an Leuten wäre es ihm egal gewesen, doch was seine Freunde über ihn dachten, das interessierte ihn schon. Verwundert stellte er unterbewusst fest, dass er das Mädchen als einen Freund ansah. Vielleicht konnte er ihr wirklich mal demnächst etwas über sich erzählen? Vielleicht erfuhr er ja auch etwas über sie, schließlich wusste er nicht allzu viel über das lilahaarige Mädchen.
Auf einer Tafel stand groß und fett geschrieben, dass sich das Büro des Bürgermeisters im zweiten Stock befand, weshalb die beiden Magier sofort die Treppe anvisierten und sie bestiegen. Kurz, gesagt getan, und schon war man im zweiten Stock. Doch ehe sie in das Büro des Bürgermeisters kommen konnten, gelangten sie in einen Vorderraum, in dem sie eine ältere, blonde Frau in einem rosa Kostüm erwartete. Frohen Mutes, was blieb ihm auch schon anderes übrig, trat Yuuki vor, um die ältere Dame anzusprechen. "Entschuldigen Sie, wir sind die bestellten Magier von Lamia Scale, die sich um den Fall des verschwundenen Wachmannes kümmern sollen. Könnten wir bitte eine Audienz beim Bürgermeister haben?" Die Frau sah von ihrem Bericht ab und betrachtete die beiden Jugendliche genau: Vor allem bei Aurora hob sie dezent die Augenbraue. Innerlich schüttelte Yuuki den Kopf, warum reagierte man immer so auf Aurora? Wie war das noch mal mit Freiheit der Person? Konnte man nicht tun und lassen, was man wollte? Die Frau stand kurz auf und ging zur Hintertür, durch die sie anschließend auch nach kurzem Anklopfen trat. Zum Glück war ihnen eine Szene wie vorhin erspart worden. Einen kurzen Augenblick später trat die ältere Frau wieder heraus und sprach, mit einer Krötenstimme wohlgemerkt, wieder zu ihnen. "Der Bürgermeister wird sie nun empfangen. Treten sie also ein." Und damit hatte sie das letzte Wort gesagt und nahm erneut ihren Platz ein. Ein kurzer Blickaustausch mit Aurora und schon trat man in die Höhle des Löwen. Der Bürgermeister entpuppte sich als ein einfacher Mann in den Vierzigern, der aus irgendeinem Grund ziemlich nervös zu sein schien. Bei ihrem Eintreten seufzte er erleichtert auf und sprach sie sofort an. "Hallo meine Freunde, willkommen. Schließt die Tür hinter euch und nehmt anschließend Platz. Ich bin sicher, dass ihr eine Menge Fragen habt, also los, immer nur raus damit."

Es wäre falsch, zu behaupten, dass Aurora die Seitenblicke der Dame in Rosa nicht mitbekommen hätte, allerdings könnte man als Außenstehender durchaus diese Vermutung anstellen, da die Ilia die alte Schachtel schlicht und einfach ignorierte. Es war ein altes Phänomen, das dem Mädchen durchaus bekannt war: Oft störten sich Menschen daran, wie sie herum lief, was eigentlich kompletter Schwachsinn war: Ihre Kleidung hatte nicht einmal einen Ausschnitt! Okay, dafür war sie an allen anderen Enden und Ecken kurz, das stimmte wohl und auch diese Röcke waren einigen wohl zu wenig konservativ. Aber interessanterweise machten vor allem Frauen dieses Gesicht und sahen sie verächtlich an, was sie dazu verleitet hatte, schon vor einiger Zeit eine vielleicht gewagte Theorie aufzustellen: Sie waren bestimmt nur neidisch, weil sie sich entweder nicht trauten, so herum zu laufen oder aber, weil sie es gar nicht tragen konnten, da sie nicht entsprechenden Körper besaßen. Bei dieser Frau hier sprach einiges für Nummer zwei, wenn man ihre nur mühsam versteckten Fettpölsterchen betrachtete... Aurora verkniff sich nach einem Seitenblick das Lächeln und konzentrierte sich stattdessen auf das noch vor ihr liegende Zimmer, das wohl das des Bürgermeisters sein musste. Die Sekretärin (denn was sollte sie sonst sein?) erhob sich bald darauf und schipperte um die Papierstapel herum ins Büro des Bürgermeisters, machte die Tür hinter sich zu. Nun lächelte Aurora wirklich, da sie sich gerade vorstellte, wie es wohl für den Bürgermeister selbst war, so eine doch recht unattraktive Frau als Sekretärin zu haben... ein Männertraum war das sicherlich nicht. Ja, sie wurde gerade in Gedanken ziemlich gehässig, das war ihr wohl bewusst, aber die Frau hatte es auch nicht anders verdient. Sie hatte das gute Recht, so herum zu laufen, wie sie gerade wollte, ob das nun bedeutete, dass sie sich komplett verschleierte oder halb nackt ging, da war ihr Outfit doch wirklich noch vollkommen in Ordnung. Immerhin verklagte sie die Sekretärin wegen ihres bescheuerten Geschmacks auch nicht.
Als sie wieder zurückkahm, hatte Aurora geistig fertig gelästert und betrat nach ihrer Aufforderung zusammen mit dem Rotschopf das Büro, das auslandender als dasjenige der Sekretärin war und um ein vielfaches stilvoller eingerichtet war. Auch wenn die Ausstattung nicht übermäßig reich wirkte, so bezeugte sie dennoch, dass der Herr hinter dem Schreibtisch Stil hatte. Doch trotz dieser "Stärke" schien er ein wenig nervös zu sein, fummelte an einem Stofftaschentuch herum und schien etwas durch den Wind. Hatte das etwas mit der Parade oder etwas mit ihrer Quest zu tun?

Schnell war die Tür geschlossen, sodass Aurora und er auf Stühlen vor dem Schreibtisch des Bürgermeisters Platz nehmen konnten. Der Bürgermeister hatte eine bleiche Haut und seine Augen waren etwas eingefallen, ganz so, als ob er schon seit Tagen nicht mehr gut schlafen würde. Entweder machte er sich riesen Sorgen wegen der Parade oder der Fall des verschwundenen Wachmannes nahm ihn mehr mit, als Yuuki gedacht hatte. Zudem schwitzte er auch etwas, ob der Stoff in seinen Händen wohl dazu diente, sich den Schweiß wegzuwischen?
Indes schaute der Lamia Scale Sprössling dem älteren Herrn ins Gesicht, ehe er moduliert anfing zu sprechen. "So, wir haben den weiten Weg von Hosenka Town hierher genommen, und würden jetzt gerne mehr über den Fall wissen. Beispielsweise, wie lange der Wachmann schon als vermisst gilt oder wann diese besagte nächtliche Aktivität im Friedhof zum ersten Mal aufgetreten ist." Man konnte förmlich den Kehlkopf des Bürgermeisters beim Schlucken beobachten, der sich wohl darauf vorbereitete zu sprechen. "Also ... wie soll ich anfangen?" Er schien kurze Zeit nach den Wörtern zu ringen, ehe ihm wohl die Richtigen einfielen. "Es begann alles vor ungefähr einer Woche. Der Friedhofswärter berichtete von beunruhigender Aktivität in seinem Friedhof, doch keiner wollte ihm glauben. Er ist schon etwas durch den Wind und kam schon öfters mit haarsträubenden Geschichten zu uns, die sich alle als Lügen erwiesen. Aus diesem Grund wird er besonders von den Soldaten eher etwas belächelt." Nun schien der Mann eine Pause einzulegen, ehe er fortfuhr. Selbst normalen Bürgern wäre die ungeheure Nervosität des Mannes aufgefallen, von zwei professionellen Magiern gar nicht zu sprechen. "Doch als nächtliche Besucher Bewegungen im Dunkeln sahen und uns davon berichteten, stationierte der Hauptmann der Wache einen Soldaten im Friedhof, um die Lage im Auge zu behalten. Bis er die Nacht darauf verschwand." Nun blickte der Bürgermeister auf seinen Schreibtisch und Yuuki hätte schwören können, dass er etwas aufblitzen sah. Ganz so, als ob ein Wassertropfen das Sonnenlicht reflektiert hätte. "Es handelt sich um meinen Sohn." Ahhh, jetzt ergibt das Ganze Sinn. Natürlich, nun war auch klar, warum der Bürgermeister das Ganze so persönlich nahm. Es war Zeit zu handeln. Mit ernstem Blick wandte er sich an Aurora, um sie anzusprechen. "Hey Aurora, hast du noch Fragen an den Bürgermeister? Ansonsten hätte ich eine Idee, wie wir nun weiter vorgehen können." Ja, es war so weit. Nun waren sie dabei und die Zahnräder von ihm arbeiteten ununterbrochen und heckten Pläne und ähnliche Dinge aus. Nun, wie sah es aus?

Nun gut, wenn es wirklich sein Sohn war, der da vermisst wurde, dann war die Nervösität des Mannes wohl verzeihbar. Wie Aurora wohl reagieren würde, wenn ihr eigenes Kind vermisst wurde und noch dazu wahrscheinlich von seltsamen Wesenheiten? Zumindest klang das soweit durch, wären es Menschen gewesen, hätten sie doch wenigstens noch ein Lösegeld erpressen können, wenn schon, denn schon. Allerdings gab ihm das keine Berechtigung, mit so wenigen und noch dazu unzureichenden Informationen rauszurücken, da die meisten davon schon in der Beschreibung der Quest enthalten waren. Als Yuuki die Ilia also fragte, ob sie noch etwas ergänzen wolle, überschlug sie die Beine, verschränkte die Arme und ließ sich etwas auf dem Stuhl zurücksacken, bevor sie der Aufforderung liebend gerne nachkam. "Nächtliche Aktivitäten, Bewegungen im Dunkeln... hat der Mann denn wirklich nicht mehr wahrgenommen? Hat er irgendwelche Geräusche gehört, Gestalten erkannt. Um welche Uhrzeit geschahen diese Dinge? Wo genau wurde der Soldat - also ihr Sohn - stationiert?" Sie brauchten Details, denn schon kleine Details konnten darüber entscheiden, wie sie vorgehen sollten. Bei diesem Fall würde das ganze wohl ein wenig komplizierter werden, als einfach ein paar Wölfen die Schuld zu geben, weswegen sie nicht ganz so blauäugig in den Kampf ziehen wollte. Wahrscheinlich konnte sie das besser, als jemand anderes, da sie wenigstens nicht direkt verwundbar war, wenn sie ihre Rüstung trug (Zumindest musste man da schon besser zielen), aber trotzdem wollte sie das Risiko nicht eingehen. Immerhin war hier ein Mensch verschwunden und dieser war wahrscheinlich bewaffnet gewesen, was also bedeutete, dass Aurora nicht so sehr im Vorteil war, wie sie es sich erhoffte. Wenn ich "nächtliche Aktivitäten auf einem Friedhof höre, denke ich entweder rational an Obdachlose, die im Schutze eines der Vordächer der Freidhofsgebäude übernachten oder aufgrund meiner Fantasie an Zombies, lebende, wieder auferstandene Tote... was natürlich albern ist. Aber die Obdachlosen würden wohl kaum einen ausgebildeten Soldaten niederringen und verschwinden lassen können, oder? Würden sie nicht außerdem Spuren hinter- "Wie steht es mit Spuren, haben Sie irgendwelche am Tag gefunden?"

Der Rotschopf fand, dass die Ilia durchaus berechtigte Fragen stellten, die ihnen wohl im weiteren Verlauf des Auftrages und bei ihren Ermittlungen wohl weiterhelfen würde. Da nun aber gleich der Bürgermeister auf die Fragen der jungen Frau wohl antworten würde, stellte Yuuki alle weiteren Gedankengänge auf Standby und konzentrierte sich voll und ganz auf das Gespräch. In diesem Augenblick wischte sich der ältere Mann mit dem Stofftuch über die Stirn was in ihm den Gedanken erweckte, wie lange er das Tuch wohl schon benutzte. Keine unnötigen Gedanken!, ermahnte er sich streng, es galt zuzuhören. "Soweit ich weiß, war es eine Zeugin in etwa ihrem Alter, die ungefähr um Mitternacht das Grab ihrer Eltern besuchte. Schlimmer Unfall wissen sie, auch eine wirklich üble Geschichte. Seitdem wohnt sie bei ihrem nächsten Verwandten, Hauptmann Corta. Der Vorgesetzte meines Sohnes.", fügte er nach einer kleinen Pause hinzu. Der Verlust seines Sohnes schien den Bürgermeister sichtlich zu treffen und es blieb noch abzuwarten, ob er nach diesem Skandal wiedergewählt werden würde. "Berichtet hat sie von menschengroßen Gestalten, die seltsame und ihr unbekannte Geräusche von sich gaben, doch für nähere Einzelheiten müssten sie sie persönlich befragen." Nun zu der weit schlimmeren Frage, dem Sohn. Man merkte ihm auch deutlich an, dass das Thema sehr schwer für ihn war, denn jedes Mal, wenn er von seinem Sohn zu reden begann oder dieser auch nur erwähnt wurde, zuckte er leicht zusammen und seine Stimme schwankte etwas. "Mein Sohn wurde am anderen Ende des Friedhofs positioniert. Normalerweise wäre sein Posten nahe des Wächterhäusschens gewesen, doch sie wissen schon, wie verwöhnte Jungs sind ... Ryan, so heißt mein Sohn, ärgert den alten Mann sehr gerne und erlaubt sich allerlei Schabernack mit ihm. Und nicht nur er, viele in seinem Alter veräppeln den guten alten Friedhofswächter. Am Nächsten Tag fand man eine blutbespritzte Uhr, die jener glich, welche er zu seinem 18. Geburtstag geschenkt bekommen hatte." Zum Schluss des Satzes begann seine Stimme wieder zu zittern und man sah ihm an, dass er den Tränen nahe war. Armer, alter Mann, so etwas sollte niemand durchmachen müssen. Fand Yuuki zumindest. "Bitte finden sie ihn. Seine Mutter und ich vermissen ihn sehr." Diese letzten Worte hatte er gesprochen, während sein Gesicht in den Händen vergraben war, es war anzunehmen, dass der Fluss der Tränen schließlich seinen Weg genommen hatte. Wie dem auch sei, klar war, dass sie wohl nicht mehr sonderlich viel aus ihm rauskriegen würden, vor allem irgendetwas, was nützlich war. Aus diesem Grund stand Yuuki auf und wandte sich zum Gehen. Hätte er etwas in der Richtung – keine Sorge Herr Bürgermeister, wir werden ihren Sohn finden und unversehrt zurückbringen – sagen sollen? Keinesfalls, er war Realist und wusste auch, wie schrecklich die Welt war und wie schnell einem etwas genommen werden konnte, weshalb er eben nicht diesen Satz sagte. Sollte der Junge am Ende kerngesund erscheinen, so würden sich seine Eltern auch so freuen. Alles andere wäre ihnen nur Mut machen, der sie vielleicht am Ende noch mehr enttäuschen würde, als zunächst angenommen. Draußen angekommen ignorierte er die Sekretärin und wartete darauf, bis Aurora zu ihm aufschloss. Seiner Meinung gab es nun mehrere Möglichkeiten, wie man vorrangehen konnte. Ein Blick nach draußen zeigte eine am Horizont stehende Sonne, bis zur Nacht war es ungefähr noch eine Sache von einer Stunde. Genügend Zeit also für seinen Plan, den er zunächst einmal der Ilia vorstellen wollte. "Was hältst du davon, wenn ich zu Hauptmann Corta und der Zeugin gehe, während du mal nach dem Friedhofswächter schaust? Sollte nicht all zu gefährlich sein, da es noch Abend ist und vor dem Friedhof hoffentlich ein Paar Wachen sind, die dich begleiten können." Immerhin war es noch nicht brenzlig, also konnte man sich ruhig aufteilen fand er, sobald es jedoch Nacht wurde, mussten sie unbedingt zusammenbleiben. Sonst würde das ähnlich wie in Klischeebüchern und -filmen ablaufen, und darauf konnte er getrost verzichten.

Um Mitternacht das Grab seiner Eltern zu besuchen war aber auch eine interessante Beschäftigung. Nunja, Aurora hatte keinen Verwandten auf irgendeinem Friedhof liegen, ebenso wenig, wie sie einen Bekannten verloren hatte. Sie hatte ihre Mutter nie wirklich gekannt und wusste nur grob über sie Bescheid- das was sie wusste machte es ihr auch nicht gerade schmackhaft, mehr über diese Frau erfahren zu wollen, ganz ehrlich. Sie würde sich deswegen auch gar nicht erst die Mühe machen, sie finden zu wollen, davon mal abgesehen, dass sie in der Hinsicht keine Chance hatte, schließlich wusste sie nicht einmal, wie sie denn aussah - Okay, sie hatte wahrscheinlich dieselbe Augen- und Haarfarbe wie Aurora, zumindest was das linke Auge betraf. Hach ja. Und ihr Vater lebte noch, natürlich, es gab nichts, was diesen Mann so einfach umhauen könnte. Andere Verwandte hatte sie nicht und ihre Bekannten waren noch alle am Leben. Zumindest in Yuukis Falle würde sie wohl auch dafür sorgen, dass das so blieb.
Menschengroße Gestalten, die seltsame Laute machten- das gefiel ihr gar nicht, da es sich nicht nach der rationalen Erklärung anhörte. War es vielleicht sogar Glück gewesen, dass das Mädchen, dass sie gesehen hatte, den Weg vom Friedhof weg geschafft hatte? Vielleicht hätte sie nun auch verschwunden sein müssen, wer wusste das schon? Und wenn man vom Sohn des Bürgermeisters nur eine blutverschmierte Uhr gefunden hatte... dann machte das nicht gerade Hoffnung darauf, dass die beiden Jugendlichen ihn in einem Stück rausholen können würden. Wer wusste schon, ob er überhaupt noch lebte oder in einem Stück war? Vielleicht war sein Körper längst verdaut oder in Fetzen? Und dann sollte man den Vater darüber vielleicht nicht aufklären, oder? "Wir werden unser bestes geben, verlassen Sie sich darauf... nur versprechen kann ich nichts." Das kommt davon, wenn man Soldat wird. Zwar kämpfen wir Magier auch und sehen regelmäßig dem Tod ins Auge, aber immerhin sind wir dazu in der Lage, uns zu wehren. Sie verließ den Raum, warf der Sekretärin im Vorbeigehen einen freundlichen Blick zu und meinte: "Hübsches Kostüm." Innerhalb einer Sekunde wurde ihr Gesichtsausdruck beinahe höhnisch. "Ist das echtes Schwein?" Doch ohne eine Antwort abzuwarten folgte sie dem Rotschopf und lauschte seinen Worten, die sie mit einem Nicken und einem "Ich bin Herkules, schon vergessen? Ich brauche keinen Begleitschutz." quittierte.

Tatsächlich sollte die Hand der Sekretärin genau in diesem Moment ziemlich weh tun, da hatte Yuuki schon Recht. Zwar hatte Aurora nicht damit gerechnet, dass die rosa Frau so etwas leichtsinniges tun würde, aber tatsächlich hatte sie es für nötig empfunden, ihre eigene Schwäche auch noch zur Schau zu stellen und eine Magierin anzugreifen? Noch dazu eine Magierin, deren Spezialität Panzerungen aller Art waren? Insofern war es lachhaft, als untrainierte Person zu versuchen, Aurora anzugreifen, die die Bewegung hinter sich natürlich wahrgenommen hatte, schließlich handelte es sich bei der Frau nicht gerade um eine Elfe. Einmal kurz konzentrieren und die Hand der Frau traf nackten Stahl, als Aurora kurz den Unterarm vor ihr Gesicht hielt und sich das Grinsen beim schmerzerfüllten fluchen der Sekretärin nicht verkneifen konnte oder gar wollte. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihre gesamte Rüstung zu beschwören, stattdessen eben nur diese eine Armpanzerung - und das auch nur, um ihr zu zeigen, dass sie hoffnungslos unterlegen war und lieber aufgeben sollte. "Sie sollten aufpassen, Schwächlinge... leben meist nicht besonders lange." Und mit einem unverbindlichen Lächeln drehte sie sich um und entschlüpfte ihrem Einflussbereich, worauf sie sich, vor dem Rathaus angekommen, erst einmal umsah. Sie sollte also zum Friedhof gehen? Gut, Friedhöfe - das wusste sie - waren früher aus Aberglauben oft eher außerhalb der Dörfer errichtet worden und wenn diese dann zu Städten anwuchsen, blieben sie meist in einem der Außenbezirke stecken. Hätte sie Zeit und Muße gehabt, dann hätte sie wohl auf eigene Faust nach dem Friedhof gesucht, so aber entschied sie sich dafür, lieber doch einen der Einwohner zu fragen. Nach kurzer Musterung entschied sie sich für ein kleiens Mädchen, das über die Straße gehüpft kam, in Sonntagskleidung und mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Sie ging auf sie zu und hockte sich neben sie. "Sag mal, weißt du, wie ich am schnellsten zum Friedhof komme?", fragte sie mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht. Ja, das konnte sie auch, ebenso wie sie andere strafend zu mustern wusste. Aber solange es sich nicht um vollkommen Fremde handelte, die es sich bei ihr verschissen hatten oder um Freunde wie Yuuki, dann war sie nun einmal das sanfte, umgängliche Mädchen. So auch hier. Die Verhaltensweise schien auch Früchte zu tragen, da die Blondine kurz erschrak, dann aber ebenfalls lächelte und erklärte: "Der ist Friedhof ist ganz am Ende der Stadt. Am besten läufst du die Straße hier entlang und dann bei dem Denkmal rechts, dann bei der tollen Bäckerei links und dann bist du auch schon da. A-Aber der Friedhof ist ganz gruselig und Mama hat mir verboten darauf zu gehen!" Aurora musste lächeln, das war nun einmal ihr Job und sie hatte ihn sich sogar selbst ausgesucht! "Danke meine Kleine, aber ich glaube, dass ich damit gerade noch so zurecht komme, wenn mir irgendwer oder irgendwas da quer kommt, hau ich ihn oder es einfach." Das war zwar eine recht einfache Beschreibung ihrer Tätigkeit, aber das Kind sollte es schließlich auch verstehen. Erleichtert nickte es und verabschiedete sich, bevor es weiterhüpfte. Irgendwie war es ja schon total niedlich, wie es wohl wäre, eine kleine Schwester zu haben? Im Waisenheim hatte sie sich jedenfalls nicht besonders gut gefühlt.
Mit diesen Gedanken im Kopf machte sie sich in die beschriebene Richtung auf und bummelte mehr, als dass sie lief durch die Stadt, wirklich in Eile war sie ja nun nicht, oder? Sie hätte auch rennen können, die Ausdauer dazu besaß sie, aber was hätte es schon groß gebracht? Sooo ehrgeizig war sie ja nun auch nicht. Also erreicht sie in einem angemessenen Zeitrahmen auch den Friedhof und traf auf einige Soldaten, die den Eingang zu bewachen schienen. Aber was bewachten sie da? Tote? Wollten sie die Leute am Reingehen hindern oder etwas Unbekanntes am herauskommen? Leicht gruselig, der zweite Gedanke. "Hey, du, stehenbleiben! Wir haben Anweisung, niemanden auf den Friedhof zu lassen, bis das Verschwinden eines unserer Soldaten geklärt wurde!". Mit diesen Worten stellte sich ihr ein großer, breitschultriger Mann in den Weg, doch das beeindruckte sie nun wirklich nicht. In ihren Rüstungen hatte sie auch immer eine Mörderstatur. "Ist mir klar, denn ich wurde angewiesen, das Verschwinden besagten Wachmannes zu klären. Ich bin eine Magierin der Gilde Lamia Scale." Und natürlich, natürlich musste man es ihr wieder einmal nicht glauben. Sah sie denn so wenig nach einer Kämpferin aus? Hatte sie zu wenig an? Oder vielleicht doch noch zu viel? Oder war es ihre Größe, ganz bestimmt war es dieser Faktor, der auch diese Wachmänner an ihrer Aussage zweifeln ließ. "Kannst du das irgendwie beweisen? Meiner Meinung nach siehst du nicht nach einer Magierin aus.", meinte er mit gewölbter Augenbraue. Innerlich grollte sie und auch äußerlich konnte man leichtes Missfallen in ihrem Gesicht ausmachen. Muss ich mich hier noch ausziehen, bis sie es checken? Nein, bitte nichts falsches verstehen, aber das Gildenzeichen befand sich auf ihrem Schulterblatt und das war nun einmal verdeckt. Mit einem genervten Seufzer verschwanden auf einmal die hochgeschlossenen Klamotten der Ilia und sie stand in einem rückenfreien, weißen Kleid dar, in dem sie wohl sonst noch niemand gesehen hatte. Wahrscheinlich hätte allein schon diese magische Glanzleistung gereicht, um ihn zu überzeugen, aber als sie sich umdrehte und mit dem Daumen auf die Lamia der Gilde zeigte, die sich blutrot von ihrer Haut abhob, war dieses Hindernis wohl überstanden. Pff, Männer.
Die aufdringlichen Blicke ignorierend wechselte sie dieses Mal einfach direkt zurück in ihre Rüstung und drängte sich an den Soldaten vorbei. So war sie auch einigermaßen sicher vor Angriffen. Zwar sollte sie zum Friedhofswärter gehen, aber die Stelle des Unglücks reizte sie im Moment mehr, weswegen sie sich gleich auf den Weg machte. Wirklich viele Spuren gab es hier tatsächlich nicht (mehr, denn vielleicht hatten die trampeligen Soldaten die Hälfte zerstört), allerdings klebte noch etwas am Moos. Vorsichtig ging sie in die Hocke, wobei sie auf ihren Schwertknauf drückte, damit die Spitze nicht im Matsch hing, und besah sich das genauer. Das eine war Blut. Das andere... war ekelig.