Emaru war schon ein besonderer Magier, der gerade gesagt hatte, dass ihm allein ihre Freude ihm Dank genug war. Allerdings war es ihr nicht genug, um ihm zu danken. Nun ja, zwei Empfindungswelten, die aufeinanderstießen. Doch das war schon okay, nein mehr als das, wundervoll, immerhin freute sich jemand darüber, wenn sie sich freute. Was eigentlich Normalzustand war. Dann wollte er wissen, ob sie Bücher hatte, die ihn interessieren könnten. "Ich werde mal nachsehen", meinte sie lächelnd und begann die Regale abzuschreiten. Während sie die Biografie eines von ihr sehr gern gemochten Pflanzenmagiers aus dem Regal zog, meinte er dann, dass er gerne wissen wollte, wo das Badezimmer sei. Sie kam zu ihm zurück und öffnete ihre Tür: "Also diese Tür dort", sagte sie und deutete mit ihrer Hand auf die Tür zum Badezimmer. Freundlich lächelte sie ihm zu: "Ich werde dir dann einige Bücher präsentieren." Wie sie wohl darauf reagieren würde, von Shi zu erfahren. Nun gut das war schwer zu deuten, denn es war bisher ja nichts wirklich Gutes von ihm über sie zu hören gewesen. Allerdings ahnte sie nichts davon, dass das zweite Ego des Jungen, sie ganz und gar nicht leiden konnte. Es gab selten Leute, die das Mädchen so gar nicht leiden konnten. Immerhin war es ihr bisher immer noch gelungen die Herzen zu gewinnen, welche sie für sich gewinnen wollte. Nun gut, da steckte wohl auch ein gewisser Ehrgeiz dahinter. Während Maru-chan nun das Badezimmer aufsuchte, ging sie durch die Regalreihen. Auf den Bücherstapel, wo schon die Biografie lag wanderten noch einige weitere Bücher. Eines über Pflanzenheilkunden, dann ein anderes, über verschiedene Mythologien rund um Fiore. Das Reisetagebuch eines Abenteurers und natürlich eine Abhandlung über den Zusammenhang von Selbstvertrauen und Stärker der Zauber die angewendet werden. Nun irgendwas von diesen Büchern würde ihn sicherlich interessieren. Während sie darauf wartete, dass er zurückkehrte setzte sie sich hin, kuschelte sich zurecht und öffnete das Buch über den Finsternismagier und begann zu lesen. Konzentriert und schnell, war sie bald gefangen in dem Buch, verloren zwischen den Zeilen, die unter ihren Augen nur so dahin. Ja, wenn sie etwas interessierte, dann ging es deutlich schneller. Ab und an kicherte sie ein wenig, freute sich über eine interessante Stelle, während ihre Imagination lustige Bilder in ihren Kopf malte. Besser als jeder Film, besser als jedes Hörspiel. Alles was sie sich dachte stimmte. Das Aussehen, die Handlungsweise, die Mimik. Eine kleine Hintergrundmusik spielte in ihrem Kopf, ganz passend zur Szene die sich gerade beschrieb und von ihrem inneren Augen aufbaute. Vergnügt lächelte sie vor sich hin und war so verträumt, dass sie nicht einmal merkte wie Rio herein gerollt kam und etwas zu Trinken neben ihr abstellte. Nun ja, das war sie nun mal wenn sie las, gänzlich weg von dem Leben was sie sonst umgab. Rio wusste dies und machte sich deshalb keine Sorgen, als das Töchterchen keine Reaktion zeigte, auf sein Eintreten, oder eher Rollen. Das kannte er bereits sehr gut und deshalb verzog er sich auch leise wieder. Das kannte er bereits sehr gut und deshalb verzog er sich auch leise wieder.

Kaum hatte sie ihm die Badezimmertür gezeigt, machte sich Nanao auch schon daran, Bücher für ihn heraus zu suchen. Sie war wirklich unglaublich nett, und dass sein Besuch sie glücklich machte, war schonmal ein lohnendes Ergebnis. Das allein war es schon wert, gekommen zu sein, aber er bekam sogar noch gutes Essen, freundliche Gastgeber und eine Auswahl an Büchern zum Ausleihen dazu. Es war wirklich Glück gewesen, dass er das Mädchen auf dem Kirschblütenfest getroffen hatte, an einem Ort, den er eigentlich nie hatte aufsuchen wollen. Dieses eine Mal hatte sein Zwillingsbruder etwas getan, das nicht bloß nervig und unnütz war, so viel musste man ihm zugestehen. Nicht, dass ihn das in Emarus Achtung steigen ließ, aber immerhin hatte er sich so etwas Dank verdient, welchen er vielleicht irgendwann bekommen würde. Viel wichtiger war es jetzt aber, dafür zu sorgen, dass Shi ihm nicht alles versaute. Die schwarze Seele würde alles tun, um ihren Willen zu bekommen, der sich natürlich nicht mit dem ihres Wirtes deckte, ihm sogar entgegenwirkte. Welches Problem konnte man mit dem Mädchen denn haben?
Kaum hatte er das Badezimmer betreten, verschloss er auch schon die Tür hinter sich und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Wow, mit deiner Flucht vor der Wahrheit hast du echt Rückgrat gezeigt, Maru-chan, begann Shi auch schon, doch hier musste sich der Dargin das nicht bieten lassen. "Hör zu", zischte er leise, eine Hand zur Faust ballend. "Egal, was du machst, ich werde nicht zulassen, dass du meine Freundschaft mit Nanao gefährdest!" Freundschaft, pah. Ein Freund denkt nicht darüber nach, ihr ein Haus zu kaufen. Das täte höchstens ihr Freund! "Hör auf, so einen Mist zu reden!" Langsam machte sein kleiner Parasit Emaru richtig wütend. Er mochte das Mädchen ja wirklich sehr, und wäre sie zwei, drei Jahre älter, würde er nicht einen Moment lang zögern, aber... Sie war vierzehn! Er hatte nicht einen Moment lang daran gedacht, etwas mit ihr anzufangen, doch die Unterstellungen ließen ihn wirken, als wäre er nicht anders als einer dieser schleimigen, hemmungslosen Aufreißer, die es in Blue Pegasus leider auch gab, die jede hübsche Frau und in schlimmeren Fällen auch noch Männer anbaggerten und selbst ein junges Mädchen wie Nanao mit in ein Hotelzimmer zu nehmen, um sich ein Bett mit ihr zu teilen. Widerliche Leute waren das, Leute mit denen er nicht einmal etwas zu tun haben wollte, und wenn Shi ihm unterstellte, wie einer von ihnen zu sein, dann versetzte ihn das in Rage. "Ich sage dir, wie das hier weitergeht: Ich gehe da wieder rein und genieße die Zeit mit Nanao-chan, und wenn du in den nächsten Jahren auch nur ein Mal Kontrolle über diesen Körper übernehmen willst, dann wirst du schön die Klappe halten, kapiert?" Eine Antwort bekam er darauf nicht, sein zweites Ich war zu perplex, immerhin hatte Emaru noch nie so energisch gedroht. Kurz betätigte der Weißschopf die Spülung der Toilette und wusch sich die Hände, ehe er sich wieder in das Zimmer seiner Gastgeberin begab. Lächelnd sah er ihr einige Sekunden beim Lesen zu, gerade las sie das Buch, welches er unter den gebrachten am meisten mochte, und es war eindeutig eines der besten, die er je gelesen hatte. Das erste Buch eines inzwischen sehr bekannten und im Alter von etwa achtzig Jahren verstorbenen Autors. Dieses Buch hatte mal seinem älteren Bruder gehört, soweit er wusste war es sogar eine Erstausgabe, kein Nachdruck, obwohl man es ihm dank der guten Pflege nicht ansah. Daraus stammte auch sein Lieblingszitat: "Alles Licht wirft Schatten, alles Glück birgt Leid... es gibt keine perfekte Welt..." Langsam ging er zu dem Stapel Bücher, den sie ihm hingelegt hatte. Das Oberste hob er an, betrachtete den Einband und drehte es dann herum, um die kurze Beschreibung auf der Rückseite zu lesen. Ein Buch, das sich mit Magiewissenschaften auseinandersetzte, so etwas mochte er immer gern, war es doch eine Gelegenheit, seine eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Er beschäftigte sich ja schon eine Weile mit derartigen Abhandlungen, doch von einem Zusammenhang zwischen Selbstbewusstsein und Stärke der Magie hatte er noch nie gehört. Die Autorin des Buches war allerdings eine verlässliche Quelle, viele ihrer Bücher hatte er sich schon zu Gemüte geführt und eigentlich geglaubt, dass er schon alle durch hätte. Vielleicht war das ja eine neue Publikation, von der er nur noch nochts mitbekommen hatte, auf jeden Fall war es interessant. Wieder durchschritt er die Regalreihen, um zu dem Bett zu gelangen, auf welchem seine Gastgeberin schmökerte, strich ihr sanft durchs Haar und setzte sich dann auf den Boden, mit dem Rücken ans Bettgestell gelehnt, um auch mit ihrem Buch anzufangen.

Naomi hatte die ganze Zeit gemütlich mit lesen verbracht und sowohl ihren Vater als auch den eintretenden Emaru nicht bemerkt, immerhin war es ein wirklich spannendes Buch und gerade war es das besonders. Doch als sie seine Hand fühlte, wie sie durch ihr Haar strich, sah sie auf. „Maru-chan du bist zurück“, freundlich und herzlich lächelte sie. Er hatte eines der Bücher in der Hand, die sie ihm aufgestapelt hatte. Irgendwie hatte sie geahnt, dass Wissenschaftliches ihn doch etwas mehr interessieren würde. Immerhin hatte er ebenfalls ein solches Buch mitgebracht. Ein Lesezeichen wurde zwischen die Seiten des Buches gelegt, bevor sie sich ihrem Gast zuwandte. Sanft ging sie mit den Fingern durch sein Haar, dieses war kräftig und weich. Wirklich angenehm dort hinein zu fassen. Über seine Schulter blickend betrachtete sie die Seite, welche er gerade aufgeschlagen hatte. Es machte ihr gar nichts, dass sie sich so nah waren. Ihre Wange berührte die Seine ganz zart. Schön warm, ja das war es, was ihr auffiel. Vorsichtig schmiegte sie sich kurz dagegen, bevor sie sich lieber wieder etwas entfernte. Drehte sich mit dem Rücken zu ihm, den Hinterkopf an seiner Schulter ablegend. Nun lag sie quer über dem Bett, wenn sie gesessen hätte, wohl Rücken an Rücken zu ihm. So nun lag sie und ihre Beine lehnten an der Wand. Diese Position ermöglichte es der Magierin etwas von seiner Wärme zu genießen, seine Atmung zu fühlen und den Geruch, der von ihm ausging zu riechen. Außerdem lag sie so doch recht gemütlich und weich. Das Buch von ihm erneut zu sich genommen begann sie wieder zu lesen. „Es ist ein wundervolles Buch Maru-chan, danke sehr“, sie hatte ihre Stimme gedämpft, denn so nah an seinem Ohr laut zu reden wäre wohl unbedacht. Immerhin konnte es ganz schön schmerzhaft sein, wenn jemand einem ins Ohr brüllte. Es fühlte sich gerade so an, als könnte sie eine Ewigkeit so verbringen, am liebsten noch näher, doch das sollte wohl reichen, um den Finsternismagier nicht gleich beim ersten Treffen zu überfordern, immerhin wollte sie ihn gerne wieder sehen. Auch mochte sie es gekrault zu werden, das hatte sie auch schon bemerkt und dank ihrer letzten Quests war sie zu einer Art Kuschelmonster mutiert. Wer hätte gedacht, dass es solche Auswirkungen haben könnte? Sie nicht, denn immerhin ging es dabei mehr darum eine Aufgabe zu erledigen und nicht um Schmusen und doch, war Naomi bisher immer an beides gekommen. Nun sollte auch ihre Freizeit so gestaltet werden? Oh da hatte sie nichts gegen. Ob Emaru vielleicht wirklich sich selbst mit diesem Magier aus der Geschichte identifizierte? Was für eine lustige Vorstellung. Als wenn man seine eigene Geschichte vorfinden würde, die jemand geschrieben hat, ohne einen zu kennen. Wobei es natürlich auch etwas beunruhigend sein konnte. Immerhin würde das den Eindruck machen, als wüsste jemanden wie das eigene Leben verlaufen würde. „Du warst doch auch Finsternismagier oder?“, fragte sie, während sie eine Seite umschlug und sich wieder etwas enger an den Jungen heranschob. Das war das Privileg der kleinen und niedlichen Mädchen. Man wies sie selten zurück und genau das genoss sie jetzt, oder plante zumindest eben das zu genießen.

Es war schön, so begrüßt zu werden, scheinbar freute sich Nanao wirklich sehr über seine Anwesenheit. Ihm ging es ja genau so, also war das wohl das, was man als Win-Win-Situation bezeichnete: Alle teilhabenden Personen fühlten sich wohl und dieser Zustand konnte beliebig oft wiederhergestellt werden, einfach dadurch, dass man sich traf. Fröhlich setzte er sich zu ihr und schenkte ihr ein herzliches Lächeln, ehe er sich dem Buch in seiner Hand zu wandte. Ja, sein Interesse war geweckt worden, auch wenn er nicht daran glaubte, dass sein Selbstbewusstsein noch irgendwie gesteigert werden konnte, wenn man den Zusammenhang kannte, würde man sicher noch mehr herauskitzeln können. Tatsächlich war sein Auftreten dem Mädchen gegenüber nicht das, welches er für gewöhnlich an den Tag legte, sie machte ihn unsicher, gab ihm aber gleichzeitig ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit, etwas, das einem doch eigentlich von seiner Familie spüren sollte, bei dieser hatte er es allerdings nie gehabt. Das Mädchen war mindestens ebenso interessant wie das Buch, in welchem er gerade stöberte, und seine Nähe zu spüren war wirklich schön. Apropos Nähe... Emaru spürte die sanfte Berührung ihrer Wange an der seinen, wie sie sich kurz enger anschmiegte, um dann zögerlich zurück zu ziehen, unsicher, ob er damit einverstanden wäre. Es war wirklich niedlich, und es zeigte ihm etwas, das sich sicherlich noch als wichtig herausstellen würde: Nanao genoss die Berührungen ebenfalls und wünschte sich mehr, das bedeutete, sie würde nicht wegziehen, wenn er etwas wagen würde – solange er es nicht übertrieb. Als kleine Notiz speicherte er das in seinem Hinterkopf ab und genoss für einen Augenblick einfach nur das Gefühl ihres Hinterkopfes auf seiner Schulter. Ihr Haar, das seinen Hals sanft kitzelte, die Ruhe, die sie durchströmte, und die eindeutigen Zeichen dafür, dass sie sich ebenso wohl fühlte wie er. Er neigte den Kopf leicht, so als wäre es keine Absicht, sondern eine natürliche Bewegung, allerdings tat er dies nur, um für einen kurzen Moment eine Berührung seiner Wange mit der ihren hervorzurufen. Weniger als zwei Sekunden dauerte das kurze Streichen der Wangen aneinander, doch es reichte, um seine Vermutung zu bestätigen: Der Kontakt mit ihm war dem Mädchen ganz und gar nicht unangenehm. Im Gegenteil, viel eher genoss sie es, scheinbar war sie von Natur aus etwas verschmust. Dass ihr das Buch gefiel registrierte er mit einem Lächeln und den leisen Worten: “Das freut mich, Nanao-chan.“ Und als wäre das noch nicht genug erinnerte sie sich auch noch daran, dass er Finsternismagier war. Ob sie nun dachte, dass er sich mit dem Protagonisten des Buches identifizieren konnte? Nun, tatsächlich konnte er das, es war ja nicht nur die gleiche Magie, welche beide verband, sie hatten auch recht ähnliche Ziele und nutzten die gleichen Mittel, um diese zu erreichen, um nur ein paar wenige Ähnlichkeiten zu erwähnen. Ihre Leben allerdings waren vollkommen verschieden und auch für ihre Lebensstile glichen sich keinesfalls. Emaru ein kalter Junge mit dem steten Verlangen, sein Geld zu behalten und zu mehren, und der Protagonist des Buches hatte nach Anbeginn seiner Reise bald keinerlei Geldmittel mehr zur Verfügung gehabt und davon sogar noch etwas abgegeben. Doch es waren nur die äußeren Umstände, nicht die Charaktere selbst, welche diese Unterschiede hervorriefen. Tatsächlich waren sie ziemlich gut zu vergleichen. Vielleicht lag es daran, dass dieses Buch zu den liebsten Emarus gehörte, allerdings war es auch sonst wirklich gut, und der Autor war nicht ohne Grund ziemlich bekannt gewesen. Da es ihr auch gefiel, würde Emaru ihr wohl bei nächster Gelegenheit ein weiteres seiner Werke leihen, denn dass sie sich wiedersehen würden, war ja wohl klar. So glücklich, wie sie zusammen waren...
“Ja, ich bin Finsternismagier. Schön, dass du dich daran erinnerst. Aber Schattenmagie finde ich ehrlich gesagt sogar noch beeindruckender.“ Er hob den Kopf nicht vom Buch weg, las während des Sprechens weiter, eine Fähigkeit, die er wie seine Schläferkünste über Jahre entwickelt hatte. Allerdings hob er die rechte Hand, legte sich den Arm über die Brust, damit sie den Kopf Nanaos erreichen konnte. Sanft kraulte er ihr durchs Haar, in der Hoffnung, ihr damit nicht zu nahe zu treten. Sollte sie jetzt wegziehen, dass bedeutete das nicht, dass er sich irrte, sondern nur, dass sie sich noch unsicher war, dass es ihr zu schnell ging. Dass sie ihn mochte stand bereits fest, und so, wie er das sah, müsste sie diese Aktion seinerseits durchaus genießen. Sollte sie allerdings – wie erwartet – keinerlei Einwände dieser Berührung gegenüber haben, so würde er erst einmal das Buch weglegen, sich ihr zuwenden und sie Fragen, ob sie etwas dagegen hätte, wenn er sich zu ihr aufs Bett setzte; weil diese Position „ungemütlich“ wäre...

Naomi war nun gänzlich entspannt. Es war schon etwas anderes, wenn man mal zusammen in einem Zimmer saß und las. Besser als die ewigen Stunden alleine mit ihren Büchern. Nun da sie fühlen, hören und riechen konnte, dass da noch jemand anderes war. Jemand der diese Ruhe und den Frieden mit ihr teilte. Es war irgendwie vorhersehbar, dass es ihn freute, dass ihr das Buch gefiel. Immerhin hatte es mit der Absicht hergebracht, ihr eine Freude zu machen. Als er dann meinte, dass er es schön fand, dass sie sich erinnerte musste, sie schmunzeln. „Natürlich erinnere ich mich, immerhin sollte man Dinge, die einem gesagt werden nicht leichtfertig vergessen. Besonders wenn man die Menschen, von denen es kommt, mag.“ Ja es gab Dinge, die würde sie nicht vergessen, immerhin konnte man nie wissen, wann man dieses Wissen noch mal brauchen konnte oder wann man jemanden damit glücklich machen konnte, wie gerade eben. „Ach ja und danke für das Lob, aber noch bin ich nicht wirklich sehr talentiert. Allerdings arbeite ich daran besser zu werden“, sie lächelte leicht und entspannt sich. Dann fühlte sie wie seine Hand durch ihr Haar ging. Wundervoll, so konnte es sich leben lassen. Genüsslich schmiegte sie sich an ihn der kraulenden Hand entgegen. Ein warmes kuscheliges Gefühl, ja das war es, sie mochte es wirklich sehr. Fast so schön, dass sie das Lesen vergessen konnte. „Das ist schön“, murmelt sie entspannt und ging ihrerseits mit ihrer Hand durch sein Haar. Es war einfach wundervoll seine Zeit so mit jemandem verbringen zu können, der einem so ähnlich war, aber nicht zu sehr. Eine ausgewogene Mischung aus Gleichheit und Unterschied. Immerhin gab es keinen Menschen, der gänzlich einem anderen glich. Nicht einmal Zwillinge waren sich zu einhundert Prozent gleich. Vielleicht war das ein schlechter Vergleich, denn Zwillinge hatten oft sehr verschiedene Charaktereigenschaften, manchmal sogar wie Tag und Nacht. So waren sie nicht, vielleicht wie Mond- und Sternenlicht. Beide leuchteten in der Nacht, weil die Sonne sie anstrahlte. Einige Sterne leuchteten auch aus eigener Kraft. War sie nun ein eigenständig leuchtender Stern oder nicht? Wenn nicht, wer war dann ihr Sonnenlicht? Sonnenlicht, etwas, das für sie essenziell war, immerhin gab es ohne Sonne auch keinen Schatten und eben mit jenem zauberte sie doch. Sie mochte Schatten, sie hatte, als sie kleiner war, ab und an mit den Händen Schatten an die Wände geworfen und sich dazu, kleine Gesichten erzählt. Es war wirklich lustig gewesen, nachts im Bett zu liegen und lustige Figuren an die Wand zu werfen. Manchmal kam nicht genau das heraus, was man gerne gehabt hätte, aber das machte es doch nur noch lustiger. Tief atmete sie den Geruch ein, der von ihm ausging und ja sie mochte ihn. Das konnte man wohl als, sich riechen können auswerten. Es war wohl doch etwas dran an diesen Redewendungen. Ja das machte sie gerne, sich an so etwas orientieren und es immer wieder neu zu entdecken. „Es ist wirklich schön, dass du da bist“, wieder eine Wahrheit, die ausgesprochen werden musste, immerhin war es etwas, was man gerne hörte und auch gerne aussprach. Sich bei einem anderen Menschen wohlzufühlen, war etwas wirklich Schönes.

Nicht nur hatte Nanao rein gar nichts gegen die Berührungen Emarus, sie genoss diese sogar sehr. Es war einfach, zu bemerken, ob sich andere Menschen wohl fühlten, zumindest wenn man die Zeichen dafür kannte, und bei Nanao wäre es selbst für den größten Idioten offensichtlich. Auch, wenn es bei dem größten Idioten wohl kaum soweit kommen würde. Ja, inzwischen hatte sich seine Unsicherheit fast vollständig gelegt, nur das bisschen, das immer da war, wenn man jemanden wirklich mochte, war noch da; dies hier war übrigens das erste Mal, dass er diese Unsicherheit spürte. Vor dem Mädchen hatte er es noch nie erlebt, selbst vor seiner Zeit als genialer Mensch im Umgang mit den weiblichen Wesen dieser Welt. Die Aussage des Mädchens über ihre eigenen Fähigkeiten ließ ihn schmunzeln, sie konnte wohl noch nicht wirklich viel, aber das ließ sich ja ändern. “Wenn du möchtest, können wir ja mal zusammen trainieren, Nanao-chan“, bot er ihr lächelnd an, noch immer in das Buch auf seinem Schoß vertieft. “Ich bin ziemlich gut in der Kontrolle meines Mana und meiner Magie, und Finsternismagie und Schattenmagie sind ja nicht zu verschieden… Außerdem würde ich dich sehr gerne wiedersehen.“ Vollkommene Ehrlichkeit war es, die diese Aussagen dominierte, außerdem konnte man Wärme und Freundschaft heraushören, wenn man bereit war, diese zu spüren. Langsam klappte er das Buch zu, legte es zur Seite und blickte Nanao an, da ihr Kopf auf seiner Schulter ruhte, konnte er ihr sogar in die Augen sehen. Seine golden glänzenden Augen waren für gewöhnlich ziemlich kalt, nichtssagend, vielleicht mit einer ganz kleinen Menge an Trauer aus dem tiefsten Inneren seines Herzens gefüllt, doch hier und jetzt waren sie das überhaupt nicht. Nein, sie waren warm und tief, die Augen eines Menschen, der jemanden ansah, der ihm wichtig war, und diesen Augen entgegen kam der Blick der tiefen, braunen Augen der jungen Kagemane. Er konnte ihre Hand in seinen Haaren spüren, sanft, freundlich, liebevoll. Es war der richtige Moment, sie zu fragen, er konnte gar keinen besseren Moment erwischen, hatte er es doch gerade geschafft, ihren Blick von einem unglaublich guten Buch auf sich selbst zu ziehen. Daher zauberte er ein ehrliches Lächeln auf sein Gesicht und formulierte seine Bitte: “Ich will dir wirklich nicht zu nahe treten, aber hier zu sitzen ist ein wenig ungemütlich… darf ich mich zu dir auf das Bett setzen? Es wäre mir sehr lieb.“ Er nahm das Buch wieder auf, das er weggelegt hatte, an die Seitenzahl erinnerte er sich noch, sogar genau an die Stelle, an der er gerade gewesen war. Seite neunzehn, Zeile vierzehn, dort, wo der Absatz endete. Es war ein gutes Buch, schön geschrieben, auch wenn er noch nicht an den informativen Stellen angekommen war, aber diese würden nicht lange auf sich warten lassen – diese Autorin redete nur ungern um den heißen Brei herum. Es war kein Glück vonnöten, um auf dem Bett weiterlesen zu dürfen, es war die Entscheidung des Mädchens, und er war sich jetzt schon absolut sicher, dass sie es nicht ausschlagen würde, nicht ausschlagen könnte. Nein, er war sich nicht einfach nur sicher, er wusste es. Wissen. Das war es, was Emaru so stark gemacht hatte, immer. Nicht seine Magie, nicht sein Training, sondern Wissen. Er glaubte immer, alles berechnen und wissen zu können, und genau das war es, was ihm sein Selbstbewusstsein gab. Immer hatte er das Gefühl, überlegen zu sein, alles zu wissen und zu kennen, und um diesen Zustand zu halten, las er, lernte und wusste so immer mehr, informierte sich, um irgendwann wirklich alles zu wissen. Um irgendwann genug zu wissen, Shi loswerden zu können. Um irgendwann genug zu wissen, James besiegen zu können. Doch jetzt erstmal reichte es ihm schon, zu wissen, was das Mädchen in diesem Bett glücklich machen konnte. Jetzt reichte es, sie zu kennen, über sie Bescheid zu wissen, sich um sie kümmern zu können. Sie sollte glücklich sein, das war es, wofür sein Wissen nun eingesetzt wurde. Naomi.

Naomi genoss es wirklich ja es war entspannend so mit ihm zusammen herumzuliegen und sich gegenseitig etwas Gutes zu tun. Das sanfte Kraulen war etwas wirklich Wundervolles, was sie gerne öfter erleben wollte. Als er dann auch noch vorschlug, dass er mit ihr trainieren konnte, wenn sie wollte, war sie mehr als begeistert. Immerhin würden sie sich dann öfter mal sehen und sie würde dabei sogar noch etwas Nützliches lernen. Nun allerdings hörte sie, wie er sein Buch zuklappte, weshalb sie es ihm gleich tat und ihren Blick zu ihrem drehte, um zu erfahren, was er gerade tun wollte. Als sie ihren Blick zur Seite drehte, blickte sie in die großen, goldenen Augen. Sie waren wundervoll und in diesem Moment strahlten sie so viel Wärme aus, dass ihr ganz komisch wurde. Irgendwie warm und wohlig. Röte stieg ihr ins Gesicht und nun wurde sie leicht nervös. Aber nun gut, es war wohl eine dieser angenehmen Spannungen, diese die entstanden, wenn man sich wirklich sehr mochte, oder war das alles nur Einbildung? Nein es durfte keine Einbildung sein, denn er war wirklich ein wunderbarer Mensch und was sollte schöner sein, als mit ihm solche Momente zu verleben. Dann fragte er, ob er mit aufs Bett durfte. Wie unaufmerksam von ihr. Natürlich war es auf dem Boden nicht so wirklich bequem. "Natürlich darfst du, immerhin ist genug Platz und der Boden ist zuweilen doch wirklich unbequem. Ich hätte vorher daran denken sollen." Während er sich nun einen Platz auf dem Bett suchte, bemerkte sie die Getränke, die Rio gebracht hatte. "Magst du auch etwas trinken?", sie krabbelte über das Bett und nahm sich ein Glas und trank daraus. Herrlich genau das brauchte sie jetzt. Ihr Hals war eben so schrecklich trocken gewesen, vielleicht hing das mit der Tatsache zusammen, dass sie gerade rot geworden war. Sie hatte schon einige Situationen hinter sich, die deutlicher nach einer solchen Gefühlsregung geschrien hatten, aber nein es war genau dieser Moment, mit genau diesem Magier, der sie ausgelöst hatte. Emaru war ein wundervoller Mensch und genau ihm sollten wohl diese derartigen Gefühle gelten. Als sie genug getrunken hatte, krabbelte sie zu ihm zurück und schmiegte sich ein wenig an seine Seite. Dann wurde ihr klar, dass er das vielleicht nicht mögen könnte, weshalb sie wieder etwas Abstand nahm, um dann zu fragen: "Würde es dir was ausmachen, wenn ich also ...", Himmel das war so schwer? Wieso war es so schwer jemanden danach zu fragen der es scheinbar ebenso genoss ihr nahe zu sein, wie sie es tat. Noch mal von vorne: "Ich würde mich gerne etwas an dich kuscheln, geht das?", was für eine dumme Frage, irgendwie klang sie in ihren Ohren so dumm und sie war dabei so unsicher wie noch nie. Eigentlich hatte sie, doch was das anging, einen perfekten Lehrmeister gehabt, wahrscheinlich den größten, aber trotzdem, wenn es wichtig wurde, war es doch etwas anderes, als wenn man wusste, dass es eigentlich keinerlei Bedeutung für den Gegenüber hatte. Doch das hier hatte sicher eine Bedeutung.

Es war richtig niedlich, wie das Mädchen auf Emaru reagierte. Auch wenn es ihn nicht überraschte, immerhin hatte er es vorhersagen können wie manch einer das Wetter, gefiel es ihm sehr, es war sogar noch eine ganze Stufe besser als geplant. Sie errötete richtig, erlaubte ihm nicht nur, sich zu ihr zu setzen, sondern entschuldigte sich sogar dafür, es nicht angeboten zu haben. “Ach was“, winkte er ab, während er sich zu ihr setzte. “Dafür brauchst du dich wirklich nicht zu entschuldigen, Nanao-chan.“ Er liebte es, diesen Namen zu sagen, Nanao-chan. Sie hatte ihm sowohl das Nanao als auch das -chan sehr schnell erlaubt, und soweit er wusste nannte er sie als Einziger so. So wie außer ihr niemand Maru-chan zu ihm sagen durfte. Diese Spitznamen waren ein Zeichen der starken Verbundenheit zwischen den beiden Magiern, und genau das machte sie für ihn so schön. Mal ganz davon abgesehen, dass es wirklich schöne Namen waren.
Das Angebot, etwas zu trinken, schlug Emaru natürlich nicht aus, trank ein paar Schluck aus dem Glas, welches sie hatte stehen lassen, und lehnte sich dann wieder zurück. Ihr Bett war kuschelig, angenehm, nicht zu warm, zu kalt, zu weich oder zu hart. Nicht wie sein Bett. Wer weiß, wenn er so aufgewachsen wäre wie sie, würde er jetzt vielleicht nicht fast jede Nacht draußen verbringen, wäre nicht immer so müde und vielleicht ein noch besserer Magier, als er es so schon war. Netürlich wurde dem jüngeren Bruder mehr Aufmerksamkeit geschenkt, doch mit nur zehn Minuten Unterschied...? Als Einzelkind wie Nanao hätte er es definitiv besser getroffen. Allerdings hatte er nun wirklich keinen Grund, sich zu beschweren, hier bei der Kagemane war sein Leben doch sehr schön. Tatsächlich kuschelte sie sich sogar an ihn heran, zog allerdings schnell wieder zurück. Sie machte sich wohl Gedanken darüber, ob es für ihn okay war, wenn sie das tat, und die Frage, die sie gleich darauf stellte, bestätigte diese Annahme. Einen Moment lang musste Emaru auflachen, etwas, das selten geschah und für gewöhnlich eher hochnäsig klang, heute war es aber allein das Gefühl, dass die Antwort auf ihre Frage einfacher nicht hätte sein können. Schnell fasste er sich wieder, beugte sich vor zu Nanao und umarmte sie. Legte die Arme um sie und drückte sie an seine Brust. “So etwas kannst du machen, wann du willst. Du musst doch nicht fragen...“ Sanft war seine Stimme, ruhig und sicher, er wusste genau, was er gerade sagte. “Du nicht...“ Er hätte sie ewig so halten können, doch einige Sekunden, nachdem er fertig gesprochen hatte, ließ er los. Er ließ sie los, lehnte sich ein wenig zurück, und blickte sie einfach nur an. Die ganze Zeit über hatte er die Kontrolle über sich, Shi, Nanao und die gesamte Situation in der Hand gehabt, doch jetzt war sie weg, mit einem Schlag einfach weg. Er blickte Nanao an, lehnte sich vor und küsste sie.

Gerne hatte der andere Magier auf ihrem Bett Platz genommen und auch das Getränk, welches sie ihm anbot, hatte er angenommen. Das freute sie sehr und sie fühlte sich ihm eng verbunden. Deshalb hatte sie sich an ihn drückt. Nähe spüren wollen war etwas, was sie immer tat. Sie war oft genug alleine, da konnte etwas wie dieser Moment kostbar sein, kostbarer als alle Schätze dieser Welt. Während sie sich etwas zusammenstotterte, schien er es doch sehr amüsant zu finden, wie unsicher sie war. Er lachte sogar laut und herzhaft, aber es klang fröhlich und nicht gehässig. Es klang demnach wirklich wundervoll und fröhlich, etwas Lebendiges war darin, was man wahrscheinlich von dem sonst eher lethargischen Magier nicht kannte. Vielleicht hatte sie etwas in ihm geweckt, was anderes war, als das was er sonst zur Schau trug? Das wäre doch eine gute Eigenschaft, die wahrscheinlich nicht auf alle Menschen anwendbar war, wahrscheinlich auf keinen anderen Menschen außer auf ihn. Doch so schnell, wie das Lachen gekommen war, so verschwand es wieder. Allerdings kam nun nicht die erwartete unangenehme Stille, doch etwas ganz anderes. Der Jungmagier schloss sie in seine Arme, drückte sie dabei sanft an sich. Nun war das Mädchen seiner Brust so nah, dass sie den Herzschlag hören konnte. Es war warm und sie fühlte sich gut. Dazu hörte sie irgendwo recht weit weg Worte, die ihr sagten, dass sie dafür nicht fragen musste. Also durfte sie ihn immer in den Arm nehmen. Was für ein wundervoller Gedanke. Doch leider hielt dieser Moment nur kurz an. Dann ließ er sie wieder los und sie konnte ihn einfach nur ansehen. Hätte sie geahnt, dass das noch nicht alles gewesen sein sollte, hätte sie wahrscheinlich vorher Beruhigungsmittel genommen. Wobei, Medikamente konnten, einen auch nicht vor Überraschungen rechnen und diese bekam sie gerade am laufenden Band. Erst lehnte er sich zurück und sie fragte sich, ob sie sich jetzt einfach ankuscheln konnte, aber die gelbgoldenen Augen fesselten sie zu sehr. Dann kamen sie wieder näher und näher und dann, berührten sich ihre Lippen. Die Augen weit aufgerissen musste sie erst mal die Gedanken sammeln, welche ihr gerade im Kopf herumschwirrten. Während sie versuchte auch nur einen klaren Gedanken zu fassen fielen ihr die Augen zu. Es war als müsste sie ewig so verharren, wie sie es gerade tat. Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt. Nun fand sie es albern, dass sie sich in der Nacht gefürchtet hatte, ihn zu verlieren und jetzt war er einfach weg, der erste Kuss. Etwas dagegen unternehmen hätte sie nicht können, wahrscheinlich wäre sie noch machtloser gewesen, wenn man es darauf angelegt hätte. Allerdings konnte sie nicht leugnen, dass es doch ein wundervolles Erlebnis war, welches sie sicherlich nicht so bald vergessen würde. Die kleinen Bernsteinaugen öffneten sich und blickten in das Gesicht des Jungen, der sie gerade geküsst hatte. Was hatte das alles zu bedeuten? Was würde das wohl heißen. "Maru-chan, w-was bedeutet das?" Naomi war deutlich nicht doof, auch konnte sie sich die Antwort denken, aber irgendwie wollten ihre Gehirnströme da gerade nicht hinterher. Ihr Inneres war in ein Chaos geworfen worden und sie wusste nicht mit wem sie darüber sprechen sollte. Ihr Vater? Sicherlich nicht. Emaru? Der war ja der Grund. Seraphim? Ohhhh nein, der würde sie wahrscheinlich nur auslachen. Ansonsten hatte sie niemanden der ihr wirklich in irgendeiner Form nahe stand. Es war zum verzweifeln.

Emaru hatte sie geküsst. Wie hatte es dazu kommen können? Es war nicht seine Absicht gewesen, als er hergekommen war, auch nicht während des Essens oder als sie ihn zu ihrem Zimmer gebracht hatte. Nicht als er in ihr Bad ging und nicht als er zurückkam und auch bei dem Versuch, auf ihr Bett zu gelangen, nicht. Selbst wenige Sekunden vor dem Kuss, während er sie so liebevoll umarmt hatte, waren seine Gedanken und Pläne nicht annähernd an so etwas herangekommen. Nein, diese Aktion seinerseits war weder ein Plan noch Teil eines solchen, sondern ein vollkommener Verlust jeglicher Kontrolle. Nanao war einfach zu... küssenswert.
Die Frage der jungen Magierin war absolut berechtigt, er stellte sie sich sogar selbst. Was bedeutete das? Es war nun wirklich nicht sein erster Kuss, aber etwas an ihm unterschied sich doch sehr von dem, was er bisher an Küssen erlebt hatte. Allerdings hatte er bis jetzt auch noch nie ein Mädchen unbeabsichtigt geküsst, wie konnte man so etwas erklären? 'Ich hatte einfach so ein Gefühl'? “Ah... tut mir leid, Nanao-chan.“ So gut es auf dem Bett sitzend eben ging, wich er etwas zurück, es wäre ihr sicher unangenehm, wenn er jetzt so nahe blieb. Er versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, doch er war verwirrt und die wieder aufkommenden Kommentare Shis – Natürlich, du willst nur ein Freund für sie sein~..., Da hätte ich aber weniger kaputt gemacht etc. - halfen dabei auch nicht. Es war ihm einfach unmöglich, klar zu denken, und wenn er mal kurz davor war, kam ihm dieser Kuss wieder vor Augen. Zugegeben, er hatte sich wirklich gut angefühlt... Aber nun war er ihr eine Antwort schuldig: “Ich, ähm... Ich weiß nicht, was das bedeutet... ich hatte das eigentlich gar nicht vor, ehrlich!“ Klang er gerade... verzweifelt? Nein, das passte doch nun wirklich nicht zu ihm. Er holte kurz Luft, atmete langsam wieder aus, beruhigte seinen rasenden Verstand. So würde er es hoffentlich wieder schaffen, sich richtig zu artikulieren. „Es tut mir sehr leid“, wiederholte er, dieses Mal allerdings gefasst und nicht so wehmütig wie zuvor. “Ich weiß nicht, was eben über mich gekommen ist, mein Körper hat sich quasi von selbst bewegt. Vielleicht liegt es an meinem Schlafmangel... ich komme nicht oft dazu, zu schlafen.“ Ob es daran lag? Er hatte wirklich keine Ahnung. Möglicherweise, möglicherweise auch nicht, er hielt zurzeit wirklich alles für möglich. Langsam aber sicher beschlich ihn sogar der Gedanke, dass sein Alter Ego richtig liegen und er in sie verliebt sein könnte, aber sie war vierzehn... Nein, es musste etwas anderes sein. Vielleicht wirklich der Schlafmangel. Allerdings sprach das Gefühl, welches sich in ihm breit machte, wenn er sich an den Kuss erinnerte, nicht dafür, dass er damit recht hatte. Verdammter Shi, wieso musste er Emaru solche Gedanken in den Kopf setzen? Selbst wenn es wahr war, müsste sich Emaru jetzt nicht solche Gedanken machen, wenn die finstere Seele ihn nicht darauf gebracht hätte, er könnte die Gefühle ignorieren, bis sie ein Jahr älter war, fünfzehn und somit zwar noch immer recht jung, aber nicht so jung, dass es wirklich schlimm gewesen wäre. Vielleicht hätte er dann auch nicht so die Kontrolle über sich verloren, hätte sich vor dem Kuss noch zurückhalten können und so kein Klima geschaffen, bei welchem sie sich unwohl fühlen musste. Doch nun war es zu spät, sie hielt ihn sicherlich für aufdringlich oder bescheuert oder irgendetwas in dieser Richtung, und mit Sicherheit war ihr die ganze Situation sehr unangenehm, so wie ihm auch. Eigentlich machte ihm dieser Kuss nichts aus, was ihn störte, war einerseits das Licht, dass dieser auf ihn warf, und andererseits, dass Nanao sich seinetwegen nicht mehr so gut fühlte wie nur kurz zuvor. “Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen, und ich wollte auch nicht, dass die Stimmung hier so unangenehm wird...“ Leicht seufzte er und wandte seinen Blick von ihr ab, die sonst so bleiche, jetzt gerötete Wange hätte sie auch so sehen können. “Ich... fand es einfach wirklich schön mit dir.“