Himmel, war das kompliziert. Es war ja nicht so, als hätte Seraphim nun wahnsinnige Ambitionen, sich darum zu kümmern, dass Naomi lernte, dass es auch Situationen im Leben gab, in denen man nicht wie der letzte Straßenpenner herumlaufen konnte, aber er hatte noch weniger Lust dazu, mit einem unpassend gekleideten Mädchen herumzulaufen. Er hatte sich ein bisschen zu viel Mühe gegeben, um nun an so einer Banalität zu scheitern... "Du brauchst gar keine Feinde mehr, was?~", meinte er mit nachdenklichem Gesicht und blickte kurz auf ihre Füße hinunter, ehe er die Augenbrauen hob. Nein, sie würde nicht barfuß gehen, damit würde sie nicht nur sich komplett blamieren, sondern ihn gleich mit dazu - und dazu hatte er keine Lust. Er schämte sich generell für nichts, was ihn selbst betraf, aber er musste auch nicht dafür sorgen, dass man gleich erkannte, dass Naomi eigentlich etwas fehl am Platz war. Das würde nur auf ihn zurück fallen, obwohl er meist sehr gut verblenden konnte, dass er nicht unbedingt das konventionelle Menschenbild verkörperte. Es würde ihm schaden, wenn er jemanden mitnahm, der sich nicht an Kleiderordnungen halten konnte... verdammt. Das bedeutete, dass sie viel zu tun hatten, in der guten Stunde, die ihnen noch blieb. "Leider habe ich keine Lust, mich vollends zu blamieren, deswegen werden wir das Problem wohl beheben müssen..." Er verzog das Gesicht, nahm das Kleid wieder an sich und hängte es ohne Nachzufragen in den Schrank zurück. Wenn sie sowieso schon dabei waren, dann konnten sie das auch noch gleich mit erledigen. Er war zwar nicht unbedingt ein Fan von langen Einkaufstouren, aber was sein musste, musste eben sein. Er hatte zugegebenerweise nicht damit gerechnet, dass Menschen ohne halbwegs passende Kleidung überhaupt existierten und deswegen diese Eventualität gar nicht in Betracht gezogen, sodass das Mädchen ihn hier ein wenig auf kaltem Fuß erwischt hatte. Naomi brauchte eigentlich nicht nur Schuhe, sondern auch etwas, das kein Sommerkleid war, das sie in etwas wie eine Oper anziehen konnte. Tatsächlich hatte der Dragonslayer nämlich zwei Karten für eine so hochgelobte und renommierte Aufführung ergattern können, dass er sich überlegt hatte, das kleine Mädchen, dass doch Interesse an Theatern und ähnlichem gezeigt hatte, mitzunehmen. Blöderweise befand sich das Theater nicht nur in Marokkasu Town, es war auch schlichtweg absolut undenkbar, dort in Jeans und Gummistiefeln aufzulaufen. Da er die Karten so gut wie umsonst bekommen hatte, musste er nun nur noch dafür sorgen, dass seine Begleitung nicht wie eine Vogelscheuche daherkam.
"Zieh dir was an dir Füße, Engelchen... Wir gehen shoppen."

Ja sie kannte diesen Spruch, aber so war es nicht. Feinde konnte sie generell nicht gebrauchen. "So meinte ich das nicht Seraphim-sama", meinte sie und blickte zu ihren Füßen. Wieder einmal mehr wusste sie, dass sie nicht wirklich das war, was man außerhalb der Arbeit mit sich herumschleppte. Umso mehr war es ihm anzurechnen, dass er sich überhaupt mit ihr abgab. Wie als hätte man ihr dies bestätigen wollen, kam dann von dem Magier die passende Aussage zu dieser Vermutung. Natürlich wollte er sich nicht blamieren und das, was sie vorzuweisen hatte, war wirklich blamabel. Wenn sie jetzt eine Zeichentrickfigur gewesen wäre, hätte sie nun ein großer Pfeil in den Rücken getroffen auf dem ein dickes fettes "Peinlich" geschrieben stand. Zum Glück war sie keine Figur aus solch einer Serie, aber den Schmerz fühlte sie schon. Allerdings musste sie damit leben. Dann meinte er, sie solle sich was an die Füße ziehen, weil er mit ihr einkaufen wollte. "Ja, Seraphim-sama", fast automatisch waren diese Worte aus ihrem Mund gesprudelt und sie hatte sich schon auf den Weg gemacht sich das Paar Halbschuhe anzuziehen, was wahrscheinlich noch am besten von allen aussah, als sie sich wieder zu ihm herumdrehte. War es wirklich so, wie es sich angehört hatte? Sicher hatte sie nichts dagegen, wenn sich ein paar hübschere Sachen in ihren Kleiderschrank gesellen würden, aber sie hatte nicht das Geld dafür und irgendwie war ihr unwohl bei dem Gedanken, dass jemand anderes sein Einkommen dafür opferte. Doch, wenn der Dragonslayer etwas beschlossen hatte, dann brauchte es mehr als die Bedenken eines kleinen Mädchens um ihn davon wieder abzukriegen. "Danke, das Letzte, was ich will ist, dir Peinlichkeiten zu bescheren", ja das wollte sie wirklich nicht, denn immerhin war dieser junge Mann, auch wenn es oft bezweifelt wurde, ein wunderbarer Mensch. Klar, wenn man davon absah, dass er andere auch gerne mal wie Müll behandelte, dass er Frauen und Männer gleichermaßen als Spielzeug betrachtete, aber das alles konnte Naomi recht gut an den Rand des Vergessens drängen. Darin war sie wirklich Meister, wenn es dafür Preise geben würde, dann hätte sie wohl einen Nobelpreis verdient. Dann nahm sie sich eine Tasche und zog dann die Schuhe an. "Ich bin fertig." Mit diesen Worten sah sie zu ihm auf, sie sah in vielerlei Hinsicht zu ihm auf. Doch gerade jetzt blickt sie nur hoch, in die wundervollen Augen ihres Freundes und war doch froh, dass sie ihn hatte.

Selbst wenn Naomi nicht wohl bei dem Gedanken war, so hatte Seraphim eine etwas andere Einstellung zum Geld als solche, die immer mit ihm als Gedanken im Hinterkopf gelebt hatten. Er wusste schließlich, dass es auch ganz gut ohne ging, immerhin hatte er so den Großteil seines Lebens verbracht - Geld nützte in der Menschenwelt vor allem dazu, sich ein wenig mehr Lebensqualität sichern zu können, solche nämlich, die ohne nur schwer zu erreichen war. Er brauchte keinen einzigen Jewel auszugeben, um an seine normale abendliche Beschäftigung zu kommen, aber wenn er ein Theaterstück besuchen wollte, dann musste er eben dafür sorgen, dass er das nötige Geld auftrieb. Er war auch nicht dazu gezwungen, sich Essbares zu kaufen, aber es gab nun einmal viele Dinge, die besser als Luft schmeckten und die man nicht umsonst bekam. Geld war einfach nur dafür da, dass man dafür Dinge kaufen konnte, die einen erfreuten, Menschen, die es nur um seiner selbst Willen sammelten, hatte Cyrus noch nie verstanden. Klar, man konnte damit angeben, aber er hatte genug andere Dinge, die sich dafür eigneten. Wenn er also dafür sorgen musste, dass seine kleine Begleitung nicht wie eine Vogelscheuche aussah, dann musste das eben sein - "Du kriegst dann aber nichts zum Geburtstag...", meinte er, als sie die Eingangstür des kleinen Hauses hinter sich ließen und in Richtung Innenstadt Oshibanas gingen. Das wäre dann zu viel des Guten, immerhin konnte er in etwa abschätzen, in welchen Dimensionen sich manche Bekleidung bewegen konnte. Vollkommen faszinierend, wofür Menschen gewillt waren, Geld auszugeben und wie sich der Preis berechnete. Als neutraler Beobachter konnte man zum Beispiel sagen, dass scheinbar nicht die Menge an Stoff zählte, sondern die Art und Weise, wie er bearbeitet worden war - das konnte man ja noch irgendwie verstehen. Aber dann war da noch dieses Phänomen, welches scheinbar damit zusammen hing, wer genau den Stoff bearbeitet hatte - beziehungsweise, wessen Namen man dann da dran pappte. Wenn ein toller Name drauf stand, konnte man gut den Preis verdoppeln, zumindest nach deren Logik. Hatte er nie verstanden, seine Klamotten waren im Allgemeinen entweder ziemlich alltäglich oder gleich ganz maßgeschneidert, je nachdem, was angebrachter war. Wenn sie dafür dann perfekt passten...gab er lieber Geld für diese Tatsache aus, als für den Namen eines seltsamen Designers, ernsthaft. "Hm, erst ein Kleid oder erst die Schuhe?~", murmelte er, als sie an den ersten Geschäften vorbei kamen und sah sich um. Das würde sowieso ein Abenteuer werden, denn man konnte sich vorstellen, wie oft er mehr oder minder freiwillig mit weiblichen Wesen Schuhe einkaufte: NIEMALS!

Umzug in die Villa de Avillion

Die Villa der Familie de Avillon ist vom Stil her doch mehr eigen, das Dach ist asiatisch gehalten mit roten Ziegeln, dazu goldfarbige Verzierungen und hohe, kunstvoll gestaltete Fenster, die ein bisschen in die Romantik oder Gotik. Die Hauswände sind mit Holz vertäfelt, welches in einer Cremefarbe gehalten worden war, damit es sich nicht zu sehr von allem abhob. Auf den zahlreich vorhandenen Fensterbänken befinden sich Blumenkästen, in denen vielerlei bunte Blumen zu finden sind und Efeu rankt teilweise an den Wänden des Hauses empor. Vor dem Haus ist ein doch recht üppiger Vorgarten, welcher einen säuberlich gepflegten Rasen besitzt auf dem Hier und da ein hübsch geschnittener Busch steht. Viele kleinere dieser Gewächse säumen auch das Haus und vermitteln so einen eigentlich sehr wohnlichen und liebevollen Eindruck.
Vor der gläsernen Haustür ist eine kleine Veranda, die über eine Treppe zu erreichen ist. Von ihr führt ein gepflasterter Weg zum Tor in der etwa zwei Meter hohen Mauer, die den meisten den Einblick in den Garten verwehrt. Die Klingel ist noch recht alt, sie ist vielmehr ein Seil, an dessen Ende man ziehen muss, um den doch recht lauten Klang einer Glocke durch das Haus erschallen zu lassen, woraufhin sicher ein Mitglied der Dienerschaft herbeieilt, um die Tür zu öffnen.

Hinter der Eingangstür ist ein recht großzügiger Eingangsbereich, wo in zwei kleinen, nicht durch Türen abgegrenzten, Räumen Platz für Schuhe, Garderobe, Schirme und andere Dinge finden, die man nicht weiter mit ins Haus bringen möchte als hinter die Tür. Der Boden ist mit weichem, königsblauem Teppich ausgelegt, weshalb immer darum gebeten wird, die Schuhe am Eingang auszuziehen, sollte man sie später benötigen, um die Terrasse zu betreten, werden sie einem hinterher getragen.
Etwas weiter noch hinein, kurz bevor der Eingangsbereich in den Flur übergeht, befindet sich rechts eine Tür in den Keller hinunter, hier ist die Dienerschaft untergebracht und auch Gäste, welche eher selten empfangen werden, können dort ein Nachtquartier finden. Die Wände unten sind mit Holz vertäfelt und die kleinen Fenster bringen meist nicht genug Tageslicht hinein um ihn zu erleuchten, weshalb man eigentlich immer die Lichter, welche ein warmes, leicht orangefarbenes Licht ausstrahlen, einschalten muss. Die Zimmer sehen dafür alle recht gleich aus. Meist befinden sich zwei Betten in ihnen, ein Schrank für die Arbeitskleidung und vielleicht noch ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen. Das Gästezimmer unterscheidet sich nur davon, dass es ein größeres Bett besitzt und im Allgemeinen vielleicht etwas mehr Komfort bietet, durch weicheren Teppich, Sessel statt Stühle und eben das gemütlichere Bett.

Hält man sich links und geht den Flur hinunter hat man auf der linken Seite eine Tür, diese führt in das sehr geräumige Wohnzimmer, welches aufgrund seiner Größe ebenfalls als Esszimmer genutzt wird. Dieser Raum ist mit Parkettboden ausgelegt. Auf der einen Seite ein hübscher aus Mahagoni gefertigter Tisch mit hübschen Schnitzereien an den Beinen von Tisch und Stühlen. Meist liegen auf diesem Dekorartikel, die der Jahreszeit entsprechen und ebenfalls mehr dekorativ als nützlich, stehen zwei dreiarmige Kerzenleuchter aus Silber darauf. An der Wand steht ein Schrank mit verschiedenen Weinen oder anderen Spirituosen und dazugehörigen Gläsern. Hier und da ein Bild von Mitgliedern der noch viel größeren Familie, die selbst der Sohn des Herrn nicht alle kennt. Vor den Fenstern zum Vorgarten ist eine kleine Sitzgruppe aufgebaut von zwei Sesseln und einem kleinen Zweisitzer, hier wird oft Tee getrunken. An einer Wand danebensteht ein recht großes Regal mit einer Ansammlung von Büchern über allerlei Dinge Recht zentriert auf der Seite mit der Tür zum Raum befindet sich ein offener Kamin, der in das Haus eingemauert wurde. Vor ihm breitet sich ein großer, wahrscheinlich aufwendig handgeknüpfter Teppich aus. Auch hier befindet sich eine Sitzgruppe, auf dem Tisch, welcher eine Glasplatte hat, stehen immer ein frischer Strauß Blumen, die drei Sofas, die dort stehen, sind in einem Beige gehalten und so aufgestellt, dass man von jedem aus, die Wärme des Feuers genießen kann. Trotz der Bilder und der wahrscheinlich doch recht freundlichen Einrichtung des Wohnzimmers hat das ganze eine leicht sterile Ausstrahlung, weil darin eigentlich nicht wirklich gelebt wird, nur gegessen und gesessen.
Gegenüber von diesem großen Raum gibt es zwei Zimmer, beide gehören dem Herrn des Hauses und sind eigentlich selten für fremde zugänglich. Das Schlafzimmer, mit dem riesigen Bett, was aussieht, als könnte es eine ganze Familie beherbergen. Die Schwarzen Vorhänge, welche gemeinsam mit den Jalousien in der Nacht und auch am Tag das Zimmer bis zur Gänze verdunkeln. In einem Schrank sammeln sich die Kleidungsstücke des Mannes und in diversen Schränken daneben Unterlagen und Akten, gesammelte Unterlagen aus seinen Forschungen. Die meiste Zeit des Tages verbringt er allerdings in seinem Arbeitszimmer. Auch dieses ist oft so abgedunkelt, dass auch tagsüber das Licht dort brennt, wenn er arbeitet. Im Zentrum des Raumes steht sein Schreibtisch, so ausgerichtet, dass er auf die Tür blickt. Im Gegensatz zu seinem Zimmer ist dieser Raum recht klein und chaotisch. Über den Boden erstrecken sich Schriftstücke, Dokumente und was nicht noch alles entsteht, wenn sich ein Verrückter an die Arbeit macht. Die Regale und Schränke, welche sich an den Wänden befinden sind, gefüllt mit Büchern, Gerätschaften und anderem Kram. Dieser Raum ist praktisch jedem Unbefugten strengstens verboten.

Wenn man nach rechts abbiegt, hat man zu rechter Hand die Küche. Dort wird von einem sehr eignen Küchenchef nach dem Ernährungsplan des Hauslehrers gekocht. Einmischungen sind unerwünscht und naschen nachts am Kühlschrank wird folgen haben. Eigentlich hat der Gute ein Herz für Kinder, so lang sie ihm nicht auf die Nerven gehen. Wie es sich gehört, ist das Herzstück des Hauses immer blitzblank. Außerdem musste man für den guten Koch, alles auf den neusten Stand setzen, wer versucht schon, sich mit altmodischem Zeug zu bewähren? Um das Ganze dann doch mehr nach einer Heimküche wirken zu lassen, hat man für die Unter- und Hängeschränke helles einladendes Holz gewählt und auch für die Arbeitsplatten, die immer noch aussehen wie neu. Der Boden ist bedeckt mit weißen Fliesen und an den Wänden sind hier und da ein paar Bunte eingesetzt. Die Fenster, die in den Vorgarten Zeigen tauchen den Raum meist in warmes Sonnenlicht.
Daneben befindet sich ein Badezimmer. Es ist nicht besonders groß und wird generell nur vom Hausherrn oder von Gästen benutzt. Der Boden ist mit schwarzen Fliesen ausgelegt und an den Wänden sind weiße angebracht. Es gibt eine recht geräumige Dusche, ein Waschbecken, natürlich auch ein Klo und ein Regal, in dem Handtücher, Körperpflegeprodukte und diverse Dinge fürs tägliche Allerlei stapeln.
Gegenüber von diesen Räumlichkeiten befindet sich ein weiterer Raum. Eine Art private Büchersammlung und gleichzeitig das Studierzimmer. Dort findet der Unterricht der beiden Kinder statt. Zu dem Zweck stehen neben vollen Bücherregalen auch zwei Schreibtische und eine große Tafel in dem Raum, die von Akira, dem Hauslehrer intensiv genutzt wird. Man kann an den Tischen aus dunklem Holz genau erkennen, welches Kind sich wo niederlässt. Der eine sieht noch aus, als hätte man ihn gerade aufgebaut und der andere ist voll mit Zeichnungen und Einkerbungen, die davon zeugen, dass sein Nutzer oft von Langeweile geplagt ist. Ein marineblauer Teppich hellt den Raum ein wenig auf, besonders wenn das Sonnenlicht ab Nachmittag durch die Fenster hereinfällt. Nah neben der Tür befindet sich eine hölzerne Wendeltreppe, die in den zweiten Stock führt. Roter Teppich liegt über ihren sonst viel zu glatten Stufen.

Wenn man die Treppe hinauf steigt, kommt man wie erwartet in den zweiten Stock. Zur Rechten findet man dann die Kinderzimmer. Das des Jungen ist in Schwarz und Rot gehalten. Schwarze Tapete, roter Teppich, schwarzes Bettgestell, rote Bettwäsche, dunkle Holzmöbel zu denen ein Kleiderschrank, ein Schreibtisch und der dazugehörige Stuhl gehören. An einigen Stellen der Tapete sind riesige rote Flecken und es stellt sich die Frage, ob diese aus Absicht die Wand zieren oder ob sie durch einen Unfall entstanden sind.
Das Zimmer Naomis ist im Gegensatz dazu recht hell gehalten. Ein flauschiger, cremefarbener Teppich bedeckt den Boden, an den Seiten der großen Fenster hängen hellblaue Gardinen aus leichtem Stoff, die mit der ebenfalls hellbläulichen Wandfarbe harmonieren. Auf einem Regal haben die Bücher Platz, welche sie sich im Laufe ihres Lebens angeeignet hat. In einem begehbaren Wandschrank sind die Kleidungsstücke untergebracht, die sie nun besitzt. Ihr Bett ist eigentlich mehr ein Himmelbett in der Größe eines Ehebetts, wahrscheinlich, weil man sich einen zweiten Kauf ersparen wollte. Dieses ist aus recht dunklem Holz gefertigt und hebt sich deshalb doch recht von seiner Umgebung ab. Als Vorhänge, die man um das Bett schließen kann und über dem Rahmen für diese gespannt findet sich dunkelblauer Seidenstoff, auf welchen kleine glitzernde Perlen gestickt sind, sodass er doch erscheint, als wäre es ein Nachthimmel. Auf einem kleinen Nachtisch steht ein Bild ihres Vaters und daneben eine Lampe, deren Lampenschirm die Form einer Lilie hat. In einer Ecke steht ein kleines Sofa und auf dem Tisch davor liegen meist zwei Stapel Bücher. Einer mit gerade Gelesenen und einer mit jenen, die noch gelesen werden wollen. Der Sekretär, an dem sie Aufgaben macht, die Akira erteilt ist immer aufgeräumt und alles ist feinsäuberlich in einer Vielzahl von großen und kleinen Schubladen und Fächern verstaut. Ansonsten ist in dem Zimmer viel Platz für Bewegungsfreiheit.
Gegenüber befindet sich das Zimmer, was sich Akira und Masaru teilen. Das geht besonders deswegen gut, da die Zwei selten zur selben Zeit Schlafen. Es ist im Großen und Ganzen größer, als die zwei Kinderzimmer, und recht spartanisch eingerichtet. Die Schränke der jungen Männer dienen als Raumteiler, jeder von ihnen hat ein Bett und einen recht gemütlichen Arbeitsplatz. Mehr ist eigentlich nicht von Nöten. Zusammen mit den Kindern nutzen sie das große Bad neben ihrem Zimmer.
Dieses hat wie das Bad in der unteren Etage schwarze und weiße Fliesen. Zwei Waschbecken sind rechts neben dem Eingang zu finden, die von Unterschränken ergänzt werden. Das eine wird von Naomi und Masaru genutzt und das andere von Jonathan und Akira. Auch hier gibt es ein Regal mit Handtüchern, Körperpflegeutensilien und einigem anderen Schnickschnack. Wie auch unten gibt es hier ein Klo und eine größere Dusche doch das eigentliche Herzstück ist die Badewanne. Diese ist in einer Ecke platziert und durch ein Podest sieht es so aus, als wäre sie direkt in den Boden eingelassen worden. Mit etwa neun Quadratmetern ist sie schon fast ein kleines Becken, in dem auch mehrere Leute bequem Platz hätten. Nur sind sich die Mitglieder dieser Familie dafür eindeutig nicht nah genug.

Links findet sich dann noch ein einziger großer Saal. Dieser findet vielerlei Verwendung. Die Jungmagier werden hier, unter der Aufsicht ihres Lehrers oft dazu angehalten in kleinen Übungskämpfen gegeneinander anzutreten. Das Parkett was den Boden bedeckt ist demnach speziell beschichten, damit es dabei keinen allzu großen Schaden nimmt und auch die Wände sind so verkleidet, dass sie vor eventuellen Fehlschlägen gut behütet sind. Allerdings werden hier auch Feste abgehalten, wenn so was denn ins Haus steht. Meist ist es allerdings nur Machtvergleich zwischen den Leuten der gehobenen Häuser, die sich beweisen wollen, wie gut sie Geld zum Fenster herauswerfen können. So wird aus einem Weihnachtsfest, was eigentlich ein Familienfest sein sollte ein Wettrennen. Wer hat den schönsten Saal, die besten Kinder und die beste Küche. Für alle diese kleinen und großen Wettkämpfe ist dieser Raum zu nutzen und zweckmäßig umzubauen. Er ist auch der einzige Raum, der einen Balkon besitzt, der in den Garten hinter dem Haus führt. Bei besonderen Feiern im Sommer ist es sogar möglich einen Teil des Balkongeländers herauszunehmen und an diese Stelle eine provisorische Treppe anzubringen, welche direkt in den Garten hinunter führt.

Dieser besitzt saftigen, dunkelgrünen Rasen und hier und da kunstvoll angelegte Blumenbeete. Außerdem eine Terrasse, die von hübschen und bunten Sträuchern gesäumt wird. Je nach Bedarf findet man hier Liegen zum Sonnen oder eine einfache Sitzgruppe vor. Es war kurz im Gespräch gewesen vielleicht einen Pool anzulegen, um den Kindern einen Gefallen zu tun, allerdings wollte der Herr des Hauses nicht, dass seine Zöglinge ihre Sommerzeit mit Baden verbringen, anstatt zu lernen. So gab es nur einen Fischteich mit Kois. Auf diesem sprießen hübsche Seerosen in Weiß und Blassrosa. Die Fische springen gelegentlich nach Wasserläufern, die sich auf ihrem Teich niederlassen. Auch hier bildet eine große Mauer die Grenze des Grundstückes. Der Garten im Allgemeinen ist recht unberührt, weil das Spielen auf dem Rasen verboten ist.

"Seraphim?", hauchte eine zarte Stimme, Stoff raschelte und ein schlanker Arm tastete blind nach etwas auf dem Boden herum, den die Fingerspitzen gerade so erreichten. Eine kräftigere Hand griff nach ihrem Handgelenk und wollte sie mit sanfter Gewalt zurück ziehen, aber sie tastete weiter bis sich eine junge Frau leicht aufrichtete und dieses Mal zielgerichtet nach einer Tasche griff, die umgestoßen auf dem Laminat lag. Ihre schmale Hand schlüpfte hinein, kramte kurz darin und zog dann einen Brief heraus, ehe sie sich wieder zurück zog. Die dazugehörige Frau bettete ihren Kopf auf die Brust des Weißhaarigen, aber erst, nachdem sie ihm das Papier in die Hand gegeben hatte, was sich als schwierig erwies, da er offenbar keine Lust hatte, sich jetzt damit zu beschäftigen. Was sollte er auch mit einem Brief von wem auch immer, wenn es doch so viel reizvolleres gab, das ebenso darauf wartete, entblättert zu werden? Ein ein wenig genervtes Seufzen entrang sich seiner Kehle, ehe er mit den recht kurzen, blonden Haarspitzen spielend, fragte: "Sheila-chan... was ist so wichtig, dass du es mir unbedingt jetzt in die Hand drücken musst? Steht uns die Apokalypse bevor?" Er hatte nicht einmal einen Blick darauf geworfen, schließlich gab es doch interessanteres zu sehen, wenn er den Kopf ein wenig drehte und in steilem Winkel nach unten blickte. Bei Sheila, dem blonden Mädchen, auf deren Sofa sie sich rein zufällig gerade befanden, handelte es sich um eine von Kaoris Kolleginnen und damit um eine Kellnerin aus Hanibis Café, die zwar nicht ganz so hübsch wie Erstgenannte war, aber auch ihre Reize hatte - und zudem eine Persönlichkeit, die sie geradezu ideal für seine Zwecke machte. Wie man jemandem so treu sein konnte, obwohl diese Person es selbst ganz offensichtlich nicht war (und Affairen mit fast jeder Person hatte, mit der sie arbeitete, Mario eingeschlossen), würde er wohl nie verstehen, aber wozu Dinge verstehen, wenn man sie auch so ausnutzen konnte...? "Nein.", sie lächelte, auf eine ganz bezaubernde Weise, die zwar glücklich, gleichzeitig aber auch geheimnisvoll wirkte, "Aber den hat ein etwas besorgt wirkender Mann bei uns abgegeben, der sagte, sollte ein Bekannter einer gewissen Naomi Kagesoundso bei uns bekannt sein, sollten wir ihn weiterleiten. War das nicht das putzige kleine Mädchen aus deiner Gilde?" Naomi? Seraphims Gesicht wurde nachdenklich, natürlich kannte er sie, mehr als das, er würde sie wohl als eine Art Freundin bezeichnen, mehr zumindest als Sheila und ihre Genossinnen. Aber Naomi war verschwunden, er hatte sie schon seit einigen Monaten nicht mehr gesehen - auch wenn er keine Nachforschungen betrieben hatte, so war es doch ein kleiner Schock gewesen, nachdem ihm ähnliches mit Souta passiert war. Bei diesem hatte er deutlich mehr Sorge geschoben, aber auch Naomi... "Ja, genau...", murmelte er mit etwas abwesender Stimme, "Die hab ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Dann lass uns mal sehen, was darin steht." Mit flinken Fingern riss er den Umschlag auf und betrachtete den Bogen, der mit einer sehr regelmäßigen, fast schon langweiligen Handschrift gefüllt war. Seraphims eigenes Schriftbild variierte sehr stark, davon abhängig, warum er schrieb: Gab er sich Mühe, so war sie fein geschwungen und säuberlich, kritzelte er, dann schien sie wie eine Mischung aus Stenografie, Hieroglyphen und Kindergartenschrift, abgeschmeckt mit der Genialität eines Matheprofessors. Diese Person hier hätte auch gut als Schreibmaschine arbeiten können, fand er. Die violetten Augen lasen Zeile für Zeile und an den sich stetig weiter hebenden Augenbrauen konnte man sofort ablesen, dass er nicht nur erstaunt, sondern auch ein wenig skeptisch über den Inhalt des Briefes war. Nun gut, so einen Grund hatte er irgendwie nicht erwartet, der für ihr Verschwinden herhalten würde... aber das war etwas, worüber er sich später den Kopf zerbrechen würde. Der Brief sank zu Boden. "Sheila-chaaaan?~"

Seraphim fühlte sich selten irgendwo fehl am Platz, eigentlich waren die einzigen Orte, auf die diese Beschreibung zutraf, Babyläden und die Damenschuhabteilung, aber das hier war hart an der Grenze. Prunkvoll traf es wahrscheinlich ziemlich gut, jedenfalls reichte es aus, um den heute in eine eng anliegende, schwarze Hose und ein ebenso körperbetontes Top mit Kapuze in hellem, marmoriertem Grau gekleideten Dragonslayer noch einmal die Adresse zu checken, ehe er zur Tür schlenderte, den Blick über das Anwesen gleitend. Schließlich streckte er die Hand aus, an deren Finger der geflügelte Ring steckte und um deren Gelenk sich ein geflochtenes, schwarzes Lederarmband wand - neben zwei ähnlichen, aber seltsam geschuppten Exemplaren - und zog an der altmodisch wirkenden Klingelschnur. Er war ja immer noch der Meinung, jemand spielte ihm einen Streich...

Wenn Naomi davon gewusst hätte, dass der Dragonslayer eine Nachricht bekommen hatte, die ihn geradewegs hier her loste, hätte sie wohl keineswegs gerade in der Halle gestanden und so getan, als könnte sie dem Jungen, der vor ihr stand, nicht das Wasser reichen. Wahrscheinlich hätte sie ihn einfach mit irgendwas gegen die Wand gehauen und wäre jetzt schon an der Tür gewesen, um nervös auf ihren Freund zu warten. So allerdings richtete sie gerade den Pferdeschwanz, den sie sich gemacht hatte, damit ihr die Haare nicht ins Gehege kamen. Allerdings war sie nicht sicher, wie sie sich mit dem kurzen hellblauen Jeansrock richtig bewegen konnte. Zum Glück hatte der Gürtel diesmal die richtige Lochung. Der Letzte hatte zu eng gesessen, wenn sie ihn aber ein Loch weiter machte, war er viel zu weit gewesen. Das Oberteil dazu war zugegeben etwas luftig, aber das schien keinen zu stören. Es war blau und hatte an den Seiten Einschnitte, die gerade so weit gingen, dass man ihren BH noch nicht sah, außerdem war der Stoff vorne wie hinten schräg geschnitten, sodass er auf der einen Seite länger war, als auf der anderen. Gehalten wurde das Ganze an den Schultern, wo es so aussah, als wäre es nur locker darüber zusammengeknotet. Die Ärmel waren auch nicht geschlossen, schienen quasi nur die untere Hälfte zu besitzen und umschlossen den Arm kurz hinter der Beuge. Eines der wenigen Outfits, zu dem sie ihr Lederband mit dem goldenen Kreuz tragen durfte, welches sie eigentlich bisher immer getragen hatte. Ihre Füße steckten in weißen Socken, die auf dem Boden einen leicht rutschigen Effekt hatten, aber das störte sie nicht.
Als die Glocke durch das Haus schallte, ging die Tür zur Küche auf und eine der Maids kam heraus. Mika pflegte der Koch sie zu rufen so wie alle anderen auch. Sie trug das übliche schlichte schwarze Kleid, mit einer weißen Schürze und den schwarzen Strümpfen. Ihr langes rotbraunes Haar zu einem Knoten gebunden öffnete sie nun dem unerwarteten Besucher die Tür. "Oh guten Tag, was kann ich für sie tun?", neugierig musterte sie den Jungen, der da vor ihr stand. Normalerweise verirrte sich nur selten unangemeldeter Besuch zu diesem Haus und wenn, dann war dieser meist für den Herrn des Hauses bestimmt. Doch dieser junge Mann passte nicht ganz in das Bild des Bekanntenkreises. Vielleicht hatte eines der anderen drei Mädchen einen Freund und noch nichts davon erzählt?
Für Naomi war das Klingeln an der Tür quasi der Startschuss gewesen. Der junge Mann mit dem strengen Blick hatte seine Brille zurechtgerückt und mit einem Nicken das Startsignal gegeben. Anfangs konnte es noch den Anschein haben als wären die zwei Kinder, die hier meist zu täglichen Duellen herangezogen wurden gleichstark waren, aber Naomi war sich fast sicher, dass es nur schlimmer würde, wenn sie zeigte, dass sie eigentlich die stärkere war. Immerhin hatte sie bereits Missionserfahrung gesammelt und hatte dadurch eindeutige Vorteile, die sie alle niemals ausspielte. Jonathan war ja schon nicht auszuhalten, wenn er dachte, dass sein Platz als Papas Liebling nicht gefährdet war.Schon fühlte sie, wie einer seiner Flüche sich ihres Körpers bemächtigte, und begann ihr Schmerzen zu bescheren. Kein wirklich angenehmes Gefühl, aber weil er es bereits sehr oft gemacht hatte, konnte das Mädchen inzwischen ganz gut damit leben. In den ersten Tagen hatte sie diese Magie schnell in die Knie gezwungen und sie hatte wimmernd am Boden gelegen, nun hatte sie schon fast eine Art Resistenz dagegen entwickelt, doch dies war ja nur der Anfang.

Die weißen Augenbrauen hoben sich eine Nuance und er stieß beinahe automatisch einen leisen Pfiff aus, als ihm eine adrette junge Dame in einem wunderbar klischeetypischen Dienstmädchenoutfit die Tür öffnete. Sofort huschten seine Augen über ihren Körper, er stellte fest, dass die sich lohnen würde und wanderte allerdings sehr rasch zurück zu ihren braunen Augen, um sie freundlich anzulächeln und sich dann ein wenig unschlüssig am Hinterkopf zu kratzen. Ob sie ihm helfen konnte... natürlich würde sie das können, gleich auf mehrere Arten. Entweder man hatte ihm die Wahrheit geschrieben, dann konnte sie ihn zu Naomi führen oder man hatte ihn reingelegt, dann konnte er sie immer noch dazu bringen, sich mit ihm zu befassen. Dieses Kleid hatte wirklich was und generell war er ja einer der Leute, die es gewohnt waren, Autorität zu haben, im Gegensatz zu Naomi hätte er sicherlich verdammt wenig dagegen einzuwenden, wenn man ihn bediente... da spukten ihm gleich so viele Szenarien durch den Kopf, das eine reizvoller als das nächste, da musste er sich schnell wieder ablenken. "So eine schöne Empfangsdame hätte ich nicht erwartet...", meinte er mit leicht träumerischer - und vollkommen echt gekünstelter - Stimme, "Aber ja, ich glaube, dass du mir helfen kannst." Nein, kein Siezen, immerhin siezte er keine der Personen, die seinen Namen auch nicht mit so einer Höflichkeitsformel schreien würden, in nicht allzu ferner Zukunft. "Man hat mir...", er kramte den Brief, der inzwischen reichlich verknickt war, aus der Hosentasche, glättete ihn mit einem entschuldigenden Lächeln in ihre Richtung, "Diesen Brief eines gewissen Masaru Tao zugestellt, der behauptet, eine Freundin aus meiner Gilde würde seit neustem hier residieren. Ihr Name ist Naomi Kagekami, kennst du sie?" Er drehte den Brief so, dass sie ihn würde lesen können, fragte dann aber, noch bevor sie antworten konnte: "Wenn du mir die Aufdringlichkeit verzeihen würdest... Mein Name ist Seraphim - aber wie lautet deiner?" Ja, es war wohl vor allem ihm zuzutrauen, auf der Suche nach Naomi noch eben mit dem Personal anzubandeln, aber warum auch nicht, dieses Mädchen war doch wirklich hübsch, außerdem wussten Dienstboten meist mehr über die Bewohner des Hauses, als man annahm.

Etwas überrascht blickte sie ihn an. Es war wirklich etwas Besonderes, wenn Masaru sich die Mühe machte schriftlich Kontakt zu jemandem aufzunehmen. Besonders wenn es ihm nicht befohlen worden war. Allerdings war das eindeutig seine Schrift, sie erkannte sie von den Notizen, die er oder Akira gelegentlich am Kühlschrank hinterließen. "Mikatsuki", antwortete sie auf die Frage nach ihrem Namen, "aber Mika reicht. Kommen sie bitte rein. Ja da sind sie hier richtig, die junge Dame wohnt hier. Allerdings ist sie momentan noch im Unterricht." Akiras Unterricht hatte eigentlich immer höchste Priorität, aber bisher hatte es für das Mädchen auch noch keinen Besuch gegeben, vielleicht sollte sie eben den Lehrer herbeischaffen, dieser würde sicher zum Wohl des Kindes. "Am besten ziehen sie sich schon mal die Schuhe aus und ich sehe eben nach, ob man den Unterricht vielleicht zu diesem Zweck unterbrechen kann", schon eilte sie davon. Immerhin war es das allererste Mal, dass hier in diesem Haus etwas Positives geschah. Nicht besonders laut, aber laut genug, dass man es von drinnen vernehmen konnte, klopfte sie an die Tür und schon bald darauf öffnete ihr der schwarzhaarige Brillenträger. "Was gibt es?", man konnte an einem genervten Funkeln in seinen Augen sehen, wie sehr es ihm missfiel, dass sein Unterricht gestört wurde und die Maid wich leicht zurück: "Naomi hat einen Besucher und ich dachte, da dies eine Besonderheit ist, könnte sie vielleicht etwas früher aus dem Unterricht gehen", natürlich nahm Akira das nicht so hin. Den Kindern befahl er fortzufahren, während er mit dem Dienstmädchen wieder hinabging und tatsächlich, da stand ein junger Mann mit weißen Haaren, was konnte der von seiner Schülerin wollen. "Guten Tag, was wünschen sie von der jungen Lady?", irgendwie konnte er kaum glauben, dass sich ein Junge seines Alters mit einem kleinen Mädchen wie Naomi es war, beschäftigte. Kritisch musterten die dunklen Augen hinter der Brille den Magier. Mika stand leicht versetzt hinter ihm und wippte leicht hin und her, sie schickte stille Gebete gen Decke, dass der sonst so strenge Lehrer vielleicht mal ein oder zwei Augen zudrückte.
Währen dessen war Naomi von der Neuigkeit doch etwas abgelenkt. Jemand war gekommen, um sie zu besuchen? Wer und wie hatte er sie gefunden? Wahrscheinlich wussten nicht einmal ihre letzten Nachbarn, wo sie abgeblieben war. Allerdings war genau diese Abwesenheit etwas, was sie sich eigentlich nicht leisten konnte. Bisher war sie zwar immer schnell genug ihrem Cousin auszuweichen, allerdings, wenn er sie einmal hatte, zeigte sich, dass er doch ein wenig stärker war als sie und genau das passierte gerade. Er hatte einen ihrer Arme ergriffen und rang sie nieder, presste ihr Gesicht auf den Boden und kniete sich auf ihre Beine. Normalerweise würde Akira es an dieser Stelle unterbinden, dieser allerdings war gerade nach unten gegangen, um den Besuch zu begutachten.

Junge Dame? Herrjee... was war das denn für ein Haushalt? Er hatte ja schon einiges erwartet, allein von dem Äußeren des Anwesens und die Anwesenheit eines waschechten Dienstmädchens machte das ganze nicht besser, aber Naomi als solche zu betiteln, empfand er zumindest von seiner Erinnerung an sie reichlich übertrieben. Immerhin war sie doch ein goldiges kleines Kind, welches irgendwie viel zu schnell erwachsen geworden war, eines der nettesten Wesen Fiores überhaupt. Er beschloss, das nicht zu kommentieren und dem Mädchen, das sich als Mika vorgestellt hatte, mit einem dankbaren Lächeln zu folgen, im gleichen Zug aber anzumerken: "Bitte hör' auf mich zu siezen, ja? Das schafft so eine alberne Distanz..." Eigentlich hatte er weiß Gott nichts dagegen, wenn man ihm eine gehörige Portion Respekt zollte, schließlich betrachtete er sich selbst ja auch als wichtiger als den Rest der Menschheit, aber wahrscheinlich würde es ihr mehr schmeicheln und die Kluft zwischen ihnen schneller reduzieren, wenn er sich auf ihr Level begab. Unterricht? Eine Augenbraue wanderte in die Höhe, als er das vernahm, denn für ihn, der nie eine Schule besucht hatte, war allein dieses Wort befremdlich. Tatsächlich hatte Cyrus nie auch nur ein Schulhaus von innen gesehen, schließlich war er in dem entsprechenden Alter bei Grandine aufgewachsen, die ihm allerdings schreiben, lesen und rechnen beibrachte, sowie ihm einiges an Wissen vermittelte. Den Rest, den er so beherrschte, hatte er sich selbst beigebracht, was dazu führte, dass er eine erstaunlich breite Allgemeinbildung besaß, allerdings nur das berechnen konnte, was er auch irgendwie mal anwenden konnte. Was sollte er auch damit, schließlich war er Magier, er kämpfte für sein Geld und manchmal spielte er auch Karten drum. Als professioneller Betrüger war das nun einmal ein schneller Weg, um an Geld zu kommen. Er nickte nur und schon war sie weg, offenbar darauf bedacht, Naomi zu holen oder zumindest hoffte er das. Würde sie nicht mit ihr her kommen, so würde er sich selbstständig machen und das Haus auf eigene Faust durchsuchen, da er sich sicher war, dass hier niemand war, der ihm auch nur annähernd das Wasser reichen konnte.
Sie kam nicht, stattdessen folgte Mika ein junger Mann, dessen dünne, drahtige Figur in dem Anzug, den er trug, ziemlich förmlich, gar steif wirkte. Er musterte ihn, störte sich wahrscheinlich daran, dass er nicht ganz so korrekt gekleidet war und sich zudem auch noch hier umsah, als wäre das alles nicht der Rede wert, und sprach ihn schließlich an. Was er von Naomi wolle? Der jungen Lady? Es fehlte nicht viel und Seraphim wäre in Lachtränen ausgebrochen, das schien doch alles ein Witz zu sein. Und dann vor allem noch von diesem Mann, der aussah, als hätte er dringend mal wieder etwas Entspannung nötig... "Mal überlegen...", er tat so als müsse er ernsthaft nachdenken, "Was könnte ich von einer Freundin aus meiner Gilde wollen? Wie wäre es, wenn ich sie entführte? Das Lösegeld müsste wirklich lohnenswert sein." Er grinste, trat einen Schritt vor, an dem Mann vorbei und raunte ihm mit leicht mitleidiger Stimme zu: "Mal ehrlich, jemand sollte Ihnen den Stock aus dem Arsch ziehen. Der muss wirklich verdammt tief drin stecken." Wieder mit lauterer Stimme, während er schon auf die Wendeltreppe zusteuerte, von der die beiden gekommen waren, meinte er gut vernehmlich: "Ich habe keine Lust auf dieses steife, pseudovornehme Trara. Ich will sie besuchen, immerhin war sie einfach verschwunden. Und bevor Sie fragen: Dieser ominöse Unterricht ist mir ebenso egal." In seiner Stimme schwang zum Schluss eine leichte Drohung mit, aber er machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen, sondern nahm stattdessen immer zwei Stufen auf einmal, um schließlich im oberen Geschoss anzukommen. Links oder rechts? Würde man etwas hören? Riechen konnte er ihren Geruch nicht, aber vielleicht hatte er sich ja verändert, das wusste man nie.

Die Ansichten über Seraphim teilten sich sehr schnell. Mika, wie konnte es auch anders sein, fand ihn gerade zu hinreisend. Im wahrsten Sinne des Wortes frischer Wind, der durch die Flure des Hauses wehte und Akira, er hasste ihn. Wahrscheinlich wie jeder ihn hasste in dessen Hoheitsgebiet sich der junge Dragonslayer begab. Irgendwie fand der ebenfalls noch nicht alte Lehrer es sogar mehr als Beleidigung, dass dieser Magier einfach seine Autorität überging, als die eigentliche Beleidigung, die dieser ihm hatte zukommen lassen. Seinen Unterricht konnte er wahrscheinlich wirklich begraben, deshalb seufzte er und wandte sich an Mika. "Weck Masaru, wenn er nicht schon wach ist, der Unterricht ist vorbei", ein leicht grummelnder Unterton verriet, wie wenig ihm dies gefiel. Mika jedoch grinste und machte sich auf den Weg nach oben, um Naomis Aufpasser zu wecken. Oben am Ende der Treppe traf sie Seraphim, der scheinbar nicht wusste welche Tür. Ja der Geruch hatte sich minimal verändert, aber die Grundnote war immer noch dieselbe. Allerdings hier überlagert von vielen anderen Gerüchen, was es wahrscheinlich schwer machte, sie herauszusuchen. "Dieser Raum", meinte sie und deutete auf die Tür des Saals, in dem die zwei Kinder des Hauses gerade miteinander rangen. Danach verschwand sie in die andere Richtung und in einem Raum auf der rechten Seite.
Im Inneren des Saals wand sich gerade Naomi wie eine kleine Schlange, um sich vielleicht doch aus den Fängen des rothaarigen Jungen zu befreien. Dieser grinste schon wieder so dämlich und seine Augen waren doch etwas weit aufgerissen. Die doch recht lange und spitze Zunge fuhr über seine Lippen, als er sich zu dem blonden Mädchen herunter beugte, um in ihr Ohr zu hauchen. "Wenn ich ihn bitte, lässt er dich sicher früher gehen, was bekomm ich dafür?" Allein schon seine Tonlage war ihr unangenehm. Es lag wieder diese verdammte Sicherheit darin, dass er irgendeine böse Überraschung für sie hatte. Selten war etwas, was von Jonathan kam wirklich erfreulich, außer, wenn er sich bei Gesellschaften daneben benahm und dafür auf sein Zimmer verfrachtet wurde. "Einen Tritt sonst wo hin", fauchte Naomi ihn an, woraufhin er ihren Kopf fester auf den Boden drückte. Ja, auch ihm missfiel es, wenn man seine Autorität untergrub, aber das störte Naomi herzlich wenig. Es gab selten Menschen, die sie wirklich gar nicht leiden konnte und am Anfang hatte sie eigentlich sogar gehofft, sie könnte sich mit Jonathan anfreunden, doch dann hatte er ihr etwas genommen und das war schmerzhaft gewesen. Seit dem hatte sie es aufgegeben, in irgendeiner Weise nett zu sein. Irgendwann würde er es sicher erneut probieren und dann würde sie ihn einfach niederstrecken. So lang musste sie sich zurückhalten. Hätte sie allerdings geahnt, wer dort vor der Tür war, sie hätte den Jungen sofort mit einem Zauber von sich gestoßen und währen hinaus gelaufen. So fühlte sie nur den Atem ihren Cousins im Nacken, der darauf lauschte ob Akira zurückkam, während er die zwanghaft herbeigeführte Nähe zu dem blonden Mädchen auskostete, was ihm scheinbar hilflos ausgeliefert war. Das erste Spielzeug, was er immer noch begehrte, obwohl er schon alles damit gemacht hatte, was er hätte machen können, das Gefühl, Macht über einen anderen Menschen zu haben war berauschend.