Der große junge Mann, der da vor Naomi saß, war nicht sonderlich wählerisch was Events anging. Zwar war ihm seine Freizeit ziemlich heilig, da er diese nur ungern mit etwas anderem als Kultur verbrachte, aber man konnte ja auch mal eine Ausnahme machen. Eigentlich war der Akuma ein ziemlich ruhiger Typ, wenn man mal davon absah, dass er ein schon relativ gefährlicher Mörder war, war er ziemlich bodenständig. Er las gern, hegte eine große Liebe zur Musik und interessante Schauspiele, wie Theater, ließ er sich nur ungern entgehen. Dass er nun eine solche Gesellschaft nicht gewohnt war, hatte er schon öfter zu spüren bekommen. Das letzte Mal als er in etwas wohlhabendere Kreise geschubst wurde, war auf eine Quest mit einem recht umgänglichen Magier gewesen. Dort nahm man ihm einiges an seinen wenigen Klamotten ab, was er dem Laden heute noch nicht verziehen hatte, und steckte ihn in einen teuren Zwirn, der nur noch zur Dekoration in seiner Wohnung hängt. Ja, wenn er wollte, dann könnte er sogar so tun als wäre er jemand anderes, doch das hatte er noch nie besonders gemocht. Vor allem wenn er an die heuchlerischen Menschen in diesem Laden dachte, die ihn plötzlich wie eine völlig andere Person behandelten… Das war er nicht und das wollte er auch nie sein. Da waren ihm die Angst und das Unwohlsein der anderen Menschen in seiner Umgebung schon deutlich lieber als dieses geheuchelte Arschkriechen.
Während er seine Suppe löffelte, dachte er noch einmal über die Worte des geschwätzigen Kellners nach. Es waren immer solche niederen Mitarbeiter, die den meisten Tratsch breittraten. Hätte er also mehr gewusst, hätte er spätestens bei einem bisschen Kleingeld nicht mehr den Schnabel verschlossen gehalten. Allerdings wirkten seine Informationen eher oberflächlich. Also nichts worauf man sich verlassen konnte. Dann müssten sie wohl an einer anderen Stelle weiterforschen… Doch zunächst ließ sich das Ganze ja erst einmal ein bisschen ausblenden, denn sie waren ja nicht nur dafür hier. Immerhin waren sie auch zum Essen hier und Naomi nutzte die Gelegenheit ja immer noch um Ren dazu zu überreden sie einmal zu begleiten. Schon komisch, dass sie an dieser Stelle ihn danach fragte. Von allen Personen die man mit auf eine solche Veranstaltung nahm, war wohl Ren der allerletzte. Aber er würde sich auf diese Einladung nichts weiter einbilden. Es lag mit Sicherheit nur daran, dass sie ihm glaubte, dass er tanzen konnte. Schon witzig dass sie ihm dies einfach abkaufte ohne es zu überprüfen. Das war ungewöhnlich…
Schnell wurde Ren aber von diesen Gedanken abgelenkt, als das Mädchen ein Wort sagte, welches er ungern hörte. Mit ihr oder ihrer Familie hatte das rein gar nichts zu tun, aber das war ein Zorn, der fest in dem Jungen verankert war. Sobald jemand von seinem Erzeuger sprach, fiel dem Mann unweigerlich sein eigener ein, den er mehr verfluchte als alles andere. Sofort biss er auf den Löffel in seinem Mund und erinnerte sich erneut daran, dass er diese Person bald treffen musste. Er war sich noch immer nicht sicher, ob er stark genug wäre seinen Vater tatsächlich umzubringen, doch sollte ihm irgendjemand oder gar ein natürlicher Tod zuvorkommen, dann würde Ren nie die Rache kriegen, die er seit so vielen Jahren wie ein Irrer verfolgte. Doch lang hatte er kein Zeichen mehr von dem alten Mann gehört… Und so hieß es nur warten… und vielleicht ein wenig verdrängen, um nicht dem Wahnsinn zu verfallen.
Eilig versuchte Ren seine Gedanken wieder auf das eigentliche Thema zurückzuführen und konzentrierte sich wieder auf die Worte von Naomi. Als sie ausgesprochen hatte, nahm er noch einen Schluck Wein und sagte dann: „Ich bin nicht gern jemandem etwas schuldig. Also wäre es wohl nur angemessen, wenn ich dich begleite, hm?“ Damit beendete er seine kleine Reaktion und sparte sich ein paar Worte dazu, dass Familie ja etwas unglaublich beschissenes war und er das nachvollziehen konnte. Nein, da war er zwar nicht der Einzige der das so sah, aber viele Personen sahen es auch anders. Lieber wandte er sich wieder dem Wein zu. Zwar hatte er nun ein Glas schon geleert, aber die Flasche war noch lang nicht leer. Das ließ er sich doch nicht entgehen!

Das mit dem Glauben, war bei Naomi so eine Sache. Natürlich glaubte sie, das Ren nicht etwas behaupten würde, was er nicht konnte, immerhin würde er sich damit doch selbst ins Fleisch schneiden. Außerdem war er doch viel zu stolz auf sich, um über sich zu lügen, besonders, weil Tanzen eigentlich nichts war, was ein Einzelgänger aus der Wüste können musste. Ganz im Gegenteil, ein Tanz brachte Menschen zusammen, manchmal in Gruppen oder nur paarweise, aber man kam sich näher. Musste sich sogar ein bisschen auf den anderen Part verlassen können. Naomi hatte gelernt, dass nicht jeder ihr Vertrauen wert war. Dennoch war sie sicher, das Ren jemand war, bei dem man sicher sein konnte, dass er tat, was er sagte. Auch wenn er nicht immer schöne Sachen sagte. So beobachtete sie ihn, während sie sprach, irgendwas jedoch schien ihm zu missfallen, da war ein Punkt, an dem er irgendwie angespannt wirkte. War die Suppe doch nicht gut, hatte sie etwas Falsches gesagt? Stimmt sie hatte gerade von ihrem Vater gesprochen und Rens Vater hatte ihn scheinbar als Kind verstoßen. So ein grausamer Mensch, er hatte seinen Sohn auf ewig gebrandmarkt und das machte viel seines Charakters aus. Wahrscheinlich auch seine Angst, Menschen näher zu kommen, immer mit dem Rückblick, dass sie einen irgendwann wieder alleine lassen.
Dann allerdings kam er auf ihr Thema zurück, er meinte, weil er ihr etwas schulde, würde er natürlich an dieser Feier teilnehmen. Leicht schmunzelte sie, so konnte man sich das auch erklären. "Das freut mich Akuma", eigentlich wollte sie viel lieber seinen richtigen Namen benutzen, er kann viel schöner, viel sanfter, zumindest in ihrem Kopf, aber das mochte er nicht, also ließ sie es. Doch auch er sagte nichts weiter, scheinbar wussten auch er, was sie nicht hören wollte. Er war wirklich der Teufel zu ihrem Engel. Besonders wenn man bedachte, dass Naomi den Teufel nicht wirklich als das wahrnahm, was man ihm im religiösen Sinne zuschrieb. Luzifer, einer seiner vielen Namen, war auch nur ein Engel gewesen, ein Engel, der andere Meinungen vertreten hatte als der Schöpfer, der den Menschen in seiner Unvollkommenheit geliebt hatte und den allmächtigen Gott davon abhalten wollte, diese unvollkommenen Wesen hinfort zu spülen. Alles begann mit der Frage nach dem Warum, etwas was Naomi selten offen tat sondern mehr still versuchte herauszufinden. Dennoch blieb der Teufel für das kleine Mädchen eigentlich jemand, den man ebenfalls ehren und wertschätzen sollte, weil er am Ende, doch nur der Menschen größter Schutzengel war.
Sie hatte inzwischen ihre Suppe beendet und legte den Löffel beiseite. Sie war wirklich gut gewesen, und sobald auch Ren mit seiner fertig war, würden die anderen Gänge folgen. Das Kind blickte sich derweil im Raum um, viele Menschen waren hier und alle fein herausgeputzt. Sie selbst und ihr Begleiter gaben wohl ein eher lumpiges Bild ab, aber das machte nichts, es war eigentlich ganz gut, anders zu sein, oder nicht? "Ich bin froh, dass du da bist", meinte sie plötzlich unvermittelt in die Richtung ihres Begleiters und lächelte.

Mit ihren Gedanken schätzte die junge Dame Ren erstaunlich nüchtern und realistisch ein. Damit würde er wohl niemals rechnen, denn andere Menschen sahen ihn immer mit ganz anderen Augen. Man hielt ihn für gefährlich und bedrohlich, ungebildet und stumpf, kalt und bösartig… Aber hinter dieser Fassade war ein doch erstaunlich gekränktes Kind. Zumindest verhielt er sich auch oft wie eines. Er ließ sich nur sehr ungern anmerken, wie er sich fühlte und versteckte sich eher hinter dem Schleier, dass er über allen anderen Stand. So ließ sich immer Abstand zu jenen wahren, die ihm gefährlich werden könnten. Und wenn er eines gelernt hatte, dann war es, dass jede Person eine Gefahr sein konnte. Ob es seine tote Mutter war, an der er schrecklich hang, ohne je mit ihr in Kontakt kommen zu können oder sein Vater der ihn als kleinen Jungen in der Wüste zum Sterben aussetzte, weil er ein unangenehmes Anhängsel geworden war. Alle hatten ihn bisher nur geschmerzt… Und auch die Flucht in eine andere Welt war nur ein kurzer Lichtblick gewesen, denn er lebte aussätzig und allein, beschwerte sich aber nie darüber, so lang er weiterhin an seinem Leben festhalten konnte. Schon als kleiner Junge, der immer allein weggesperrt wurde, hatte er sich immer eingeredet, dass es wenn man am tiefsten Punkt angekommen ist, immer nur noch bergauf gehen kann. Nur manchmal ließ der Aufstieg sehr lang auf sich warten…
Ein wenig nachdenklich hatte er in seiner Suppe herumgerührt, bevor er sich die letzten Löffel endgültig zu Gemüte führte und den Teller danach beiseite schob. Nicht selten im Leben versuchte er sich in die Rollen anderer Menschen hinein zu versetzen, doch oft stellte er sich das Leben anderer viel leichter vorzustellen, als es eigentlich war. Wahrscheinlich weil er nicht daran glauben wollte, dass jede Person ein Schicksal wie er mit sich trug. Auch dem Akuma selbst war die Geschichte des verachteten Luzifer. Er betrachtete die religiösen Überlieferungen immer etwas nüchterner als Naomi, weil man sich in solch fortgetragenen Geschichten immer zunehmend mehr dazu dichtete, glaubte er. Wenn er ehrlich war, dann glaubte er weder an Teufel noch an Engel. Sie alle waren ersponnen und eine Rechtfertigung für Dunkelheit und Licht oder dem sogenannten Guten und Bösen in dieser Welt. So wie man den Dämonen, mit denen er liebäugelte, nur Böses zuschob, so glaubte man nur in das Gute in einem Engel. Aber wenn man es mal ganz genau betrachtete, war das vielleicht sogar die größte Fehlinterpretation aller Zeiten. Doch störte den Akuma selbst es rein gar nicht. Er war lieber ein Dämon, von dem man nichts anderes erwartete und deswegen Abstand nahm, als eine verlogene Mäusefalle im Engelskostüm. An das Gute zu glauben, fiel ihm schwer, nach all dem was er erlebt hatte. Naomis Engel traute er allerdings schon von Natur aus nicht über den Weg. Ob das gut oder schlecht war, sei mal dahingestellt…
Erneut schenkte er sich Wein ein und so langsam schien dieser auch seine Wirkung zu zeigen. Es wurde wärmer in dem Lokal, aber Ren war noch nüchtern genug, um zu wissen woran das lag. Da es ihn dennoch störte, beschloss er sich einigen Kleidungsstücken zu entledigen und sich nur im Shirt an den Tisch zu setzen. Dass er damit noch ein unangenehmeres Bild für die Gäste des Lokals bot, war ihm egal. Die vernarbten Arme des jungen Mannes störten ihn schon immer deutlich weniger als seine Umgebung. Als Naomi aber plötzlich wie aus dem Nichts äußerte, dass sie sich über seine Anwesenheit freute, konnte er gar nicht anders als kurz die Hand vor den Mund zu nehmen, weil er sonst den Wein ihr entgegen spuckte. Nein, so etwas hatte wirklich noch niemand zu ihm gesagt. Er schmunzelte und blickte in das halbvolle Weinglas. „Du hast sehr merkwürdige Ansichten… Wie kommt es, dass du dich so sehr von Dingen angezogen fühlst, die eher in die Dunkelheit gehören?“ Wie richtig er damit lag, wusste er natürlich gar nicht, denn ihre Magie hatte er ja nicht einmal gesehen. Dennoch hatte er das Gefühl, dass Naomi immer ein wenig abseits von dem Weg lief, den man von einem kleinen, blonden Mädchen erwartete. Das erinnerte ihn an die Geschichte von Rotkäppchen, die nicht vom Wege abkommen sollte, nur dass Naomi eher eine Art Märchengestalt war, die absichtlich nicht den Worten anderer folgte. Die Farbe seiner Wangen hatte ein leichtes Rot angenehmen, weil er, wie bereits erwähnt, schon ein wenig angetrunken war. Allerdings störte ihn das recht wenig und so lang er sich nicht allzu sehr daneben benahm, würde sich wohl auch keiner daran stören lassen. Gerade als er einen wichtigen Gedanken fasste, näherte sich der Kellner und brachte ihnen das Hauptgericht.
Kaum war dieser wieder weg, zeichnete sich ein schelmisches Lächeln auf Rens Lippen ab. Dies hatte immer zu bedeuten, dass er einen mehr oder weniger interessanten Gedanken gefasst hatte. „Sag mal Naomi…“, begann er ziemlich plump. „Du meintest ja, dass deine Lebensverhältnisse sich verändert hätten… Wenn man alles hat oder mit Geld bekommen kann, so wie du… Gibt es dann überhaupt noch etwas, was man fürchtet? Oder eher… fürchten muss?“ Er grinste immer noch ein wenig anders als zuvor, wobei es nicht ganz so ernst aussah, wenn man die roten Wangen betrachtete. Was er sich wohl in den Kopf gesetzt hatte? Ganz sicher nur Unsinn, aber das würde man erst sehen müssen…

Rens Wangen waren inzwischen errötet und scheinbar war ihm auch warm, denn er hatte begonnen, sich auszuziehen. Oben nur noch mit Shirt bekleidet konnte Naomi einen Blick auf seine Arme werfen, scheinbar waren sie schon vielen Auseinandersetzungen entgegen getreten und hatten viel leiden müssen. Sie selbst konnte keine äußerlichen Narben vorweisen, bisher. Es war allerdings amüsant zu hören, wie er auf das was sie sagte, reagierte. Scheinbar brachte es ihn so aus der Bahn, dass er sich die Hand vor den weinvollen Mund halten musste, um diesen nicht wieder zu entleeren. Möglich, dass er wirklich selten gemocht wurde. Nun, er hätte sie viel früher kennenlernen sollte und dann hätte er viel früher in den Genuss ihrer Freundschaft kommen können. Wobei es natürlich fraglich war, ob es wirklich so ein Genuss war, sie um sich zu haben. Eigentlich war sie sich sogar sehr sicher, dass es recht anstrengend war, sich mit ihr zu beschäftigen. Dann allerdings brachte er sie zum Schmunzeln. Einen Fabel für Dunkelheit hatte sie in der Tat und das war nicht zu leugnen, vielleicht sollte sie ihrem Begleiter das zeigen, was sie jedem zeigte, der nach ihrer Magie fragte. Brick Bat. Es war nur gemurmelt und dennoch war es genug, dieser Zauber war einer ihrer ersten und sie beherrschte ihn wie keinen anderen, auch wenn er nichts besonderes machte.
Eine kleine Schattenfledermaus erhob sich aus ihrem Schatten neben den Tisch und flatterte Ren einmal um den Kopf. "Das ist meine Magie, sie bedient sich meines Schattens. Ich stehe quasi in meinem eigenen Schatten und komme damit recht gut zurecht. Wenn man sich mit der Dunkelheit vertraut macht, fürchtet man sie nicht mehr so sehr", es gab andere Dinge, die ihr mehr Angst machten, als Dunkelheit oder das was sich darin verbarg. Es war schlimmer genau zu wissen was einem das Leben erschwerte und nichts dagegen tun zu können. Allerdings war es dumm, das Ren scheinbar genau nach ihrer Angst fragte. Sie wollte nicht lügen, aber wollte sie es ihm sagen? "Ja ich habe Angst, Angst vor dem, was ich nicht verhindern kann. Mein Onkel scheint zuweilen leicht geisteskrank, ist aber leider über meinem Niveau. Mein Cousin beherrscht eine verteufelte Magie, gegen die ich mich kaum wehren kann und scheint ein sadistisches Vergnügen zu besitzen seine Hände nicht bei sich zu halten, während mein Hauslehrer dafür sorgt, dass ich fast täglich beim Tanz oder Kampfunterricht mehr als genügend Körperkontakt zu diesem Wiederling habe. Außerdem hat man einen Wachmann abgestellt, der sicher geht, dass ich nachts nicht wegrenne."
Kurz pausierte, um ihre trocken gewordene Kehle wieder etwas zu entspannen: "Wobei es eigentlich Humbuck ist, denn solange mein Vater im Krankenhaus liegt, werden ich Oshibana nicht verlassen, er wäre wahrscheinlich nur in Gefahr und Schlafen kann ich Nacht nur schlecht. In diesem Haus schon gar nicht, wenn nicht mein Wachmann, der scheinbar einzig Normale in diesem Haus, an meinem Bett sitzen und meine Hand halten würde. Sobald er loslässt, erwache ich meist, erspart den Wecker." Was er damit anfangen wollte, das war ihr schleierhaft, vielleicht kam er jetzt nachts vorbei und zettelte irgendwas mit Masaru an, damit sie nicht mehr schlafen konnte. Eine merkwürdige Vorstellung, allerdings zu zutrauen wäre es ihm, immerhin vernichtete sie sein schlechtes Image.

Wenn er ehrlich war, waren Rens Gedanken gar nicht mal so fies und einen richtigen Plan hatte er auch nicht gehabt, als er seine Frage gestellt hatte. So langsam begann er sich nur mehr und mehr für dieses ungewöhnliche Mädchen zu interessieren. Sie war die erste Person mit der er sich so locker und ohne Sorgen unterhalten konnte, weswegen er sich auch für mehr von ihr interessierte. Wie richtig er damit lag, dass sie der Dunkelheit zugeneigt war, konnte er ja gar nicht ahnen, doch als sie es ihm zeigte, grinste er sie freundlich an. Hatte er es doch geahnt… Irgendwas war da doch, was sie sympathisch gemacht hatte und das war es wohl gewesen. Der Dämon fühlte sich eben ein wenig von der Dunkelheit angezogen, das ließ sich nicht leugnen. Jedoch kannte er noch eine andere Person, welche diese Magie beherrschte. Es war sein jüngerer Bruder mit der großen Klappe, mit dem er sich regelmäßig im Gildenhaus prügelte, welcher ebenfalls mit den Schatten liebäugelte. Nichtsdestotrotz war diese eine der für Ren entspannendsten Magien, denn gerade Lichtmagie beispielsweise ließ ihn sofort das Weite suchen… Neugierig beobachtete er die kleine Schattenfledermaus, welche um seinen Kopf schwirrte und schmunzelte ein wenig. „Meine Magie ist nicht ganz so leicht vorzuführen…“, murmelte er leise… „Zumindest nicht hier. Ich bin ein Take-Over Magier und das käme hier wohl kaum gut an.“ Ja, wenn er nun einen riesigen Dämonenarm bekam, würde man sie wohl endgültig aus dem Lokal entfernen. Da half alles Geld der Welt nicht mehr…
Während wieder ein wenig Ruhe einkehrte, widmete sich der Hüne der Hauptspeise und blickte zu Naomi als sie begann zu sprechen. Schon kurz nachdem sie aber zu erzählen begann, legte Ren das Besteck bei Seite und sah ihr ernst in die Augen. Dass sie von so etwas berichtete, hatte er nicht erwartet. Bei einer Angst hatte er mit etwas Banalerem gerechnet. Aber was er da nun aus ihr heraus gekitzelt hatte, verschlug ihm glatt die Sprache. Nein, er hätte nicht einmal damit gerechnet, dass sie so leicht mit solchen Dingen herausrückte. Nicht oft in seinem Leben hatte Ren Mitgefühl mit jemandem, aber in diesem Moment war es definitiv so weit. Zunächst verging ihm richtig der Appetit und ihre Worte wiederholten sich in seinem Kopf. Er konnte sich vorstellen, wie eingesperrt sie sich fühlte und wie bedrohlich ihr dieser Typ nachging. All das musste schrecklich unangenehm sein und Ren wurde für einen Moment wieder richtig nüchtern, als er sich das so vorstellte. Er war nicht der Typ, der die Gefühle andere Menschen nachempfinden konnte und selten zeigte er Empathievermögen, aber jetzt gerade konnte er sich so in sie hineinversetzen, dass es selbst den abgestumpften Akuma irgendwie berührte. Er senkte den Kopf ein wenig und murmelte ein wenig irritiert von dieser komischen Stimmung folgende Entschuldigung: „Verzeih mir, dass ich danach gefragt habe.“ Er seufzte und kratzte sich ein wenig verlegen am Kopf. „Ich bin nicht sonderlich gut im Umgang mit anderen Menschen… Aber nun weiß ich, dass man Menschen wohl lieber nicht nach ihren Ängsten fragen sollte.“ Ja, er hatte quasi spüren können, wie das die ganze gute Stimmung gedrückt hatte. Vielleicht lag es am Alkohol, dass er deutlich empfindlicher für die Emotionen einer anderen Person war, doch für ihn war das ein unfassbares, neues Erlebnis.
Er räusperte sich und seine Hand ballte sich zur Faust, als er wieder zu ihr aufblickte. „Wenn du willst, dann kann ich deinen Cousin mal in die Schranken weisen. Ich wette, dass er mit mir nicht mithalten kann, zumindest nicht körperlich. Und wenn ich was einstecken muss, ist’s auch halb so wild. Ich prügle mich sehr oft!“ Warum er ihr helfen wollte? Das konnte er selbst nicht so genau sagen. Es war ihm unangenehm in dieser Situation zu sein, davon zu wissen und nichts dagegen tun zu können. Fast so als würde es ihn selbst betreffen. Es bedrückte ihn und das war ungewohnt. Wenn ihm etwas nicht passte, dann tat er etwas dagegen. Also half er doch wieder nur ihr um seiner selbst Willen? Eigentlich war das doch Jacke wie Hose… Wenn er sich danach besser fühlte und sich vielleicht noch jemand anderes danach besser fühlte, dann war das doch ein gutes Ergebnis? Mitgefühl war eine komische Sache. Vor allem aber störte ihn noch eine Sache… „Meinst du denn… Du kannst heute Nacht ohne deinen Wachmann schlafen?“ Da es schon dunkel draußen geworden war, hatte er sofort diesen Gedanken gefasst, als sie sagte sie könne nachts nicht schlafen. Normalerweise hätte ihn das auch nicht gestört, aber nun wo er wusste, dass sie damit solche Probleme hatte, fiel es ihm schwer das zu ignorieren… Ein wenig brummte ihm der Schädel. So war er normalerweise nicht drauf und er konnte nicht wirklich einschätzen, ob es der Alkohol oder eine ernsthafte Veränderung war. Wenn er so darüber nachdachte, dann wollte er es auch nicht wissen. Seinen Blick von ihr abgewandt, widmete er sich seinem Glas und seufzte. Nein, eine solche Frage würde er wohl niemanden mehr stellen…

Er war verdächtig still geworden. Die kleine Schattenfledermaus schien ihm noch gefallen zu haben und das freute Naomi sehr. Klar war bisher jeder von ihrer doch recht niedlichen Fledermaus nicht abgeschreckt worden, sie war ja auch niedlich, wenn sie alleine kam und einen nicht attackierte. Ihre Offenheit, was ihre Ängste anging, schien ihn allerdings ein wenig zu schockieren. Den Hauptgang, den man ihnen vorgesetzt hatte, schien er ebenfalls zu vernachlässigen, während sich Naomi einen Teil des Kartoffelpuffers mit Apfelmus in den Mund schob. Nun für sie war er nur natürlich die Wahrheit über etwas zu sagen, wenn sie es wollte und sie hatte sehr wohl mit Ren darüber sprechen wollen. Das war es, was sie im Zug so erzürnt hatte und nun schien es ihm einzuleuchten. Ein Fortschritt, was dies anging, weshalb sie sanft lächelte. Er jedoch schien davon etwas ergriffener zu sein, als sie erwartet hatte, war er doch so zart besaitet, oder lag es vielleicht am Wein? Denn mehr murmelnd und doch etwas verwirrt klingend entschuldigte er sich, dafür, dass er gefragt hatte. "Für deine Frage musst du dich nicht entschuldigen, wahrscheinlich hätte ich einfach nicht so ehrlich sein dürfen. Aber ich halte es für wichtig, dass Menschen, die man schätzt, auch die tiefen Abgründe kennenlernen müssen, in die man gefallen ist, um einen gänzlich zu verstehen."
Leicht seufzte sie, es war nicht Trauer oder Last, sondern mehr Erleichterung und Glück die daraus sprachen. Als er dann vorschlug er könnte ihrem Cousin in seine Schranken weisen schmunzelte sie: "Ich danke dir, das ist wirklich ein nettes Angebot, aber derartige Handlungen könnten meinen Onkel nur dazu veranlassen mich zu bestrafen und mir jeglichen Besuch zu verbieten und auch die Rückkehr zu der Gildenarbeit. Er steht dem eh skeptisch gegenüber, und wenn er sich dazu entscheidet, dir für die Prügel an seinem Sohn ein Echo zu geben, kann ich wahrscheinlich deine Beerdigung organisieren und das möchte ich nicht machen müssen. Es sei denn, du heiratest mich und stirbst vor mir an Altersschwäche oder so, dennoch wäre es unschön." Okay das Klang jetzt etwas falscher als sie es sich vorgestellt hatte, aber nun gut, auch sie war etwas aus der Bahn geraten, er war gerade so samtpfotig wie ein Kätzchen, sehr ungewohnt, aber schön. Dann allerdings kam eine Frage, die sie überraschte, er fragte, ob sie schlafen könnte, nun bisher hatte sie außerhalb nur Missionen mit Seraphim oder welche ohne Übernachtung gehabt und seit ihrer Zeit im Herrenhaus war dies die erste längere Aufgabe. Würde sie die Paranoia auch hier verfolgen? Eine wirklich gute Frage.
Leicht kratzte sie sich am Kopf: "Nun ich weiß es nicht genau, wenn es nicht geht, setz ich mich an dein Bett und halte einfach deine Hand, bis ich einschlafe." Wobei, ob er sie dann auch ins Bett ziehen würde, um sie unter sich in Kissen zu drücken und dann zu merken, dass sie es nur war? Nein, er würde ihr wahrscheinlich aus Reflex erst mal eine scheuern, dass ihr die Ohren klingelten, um dann festzustellen, dass er seine Questpartnerin gerade unbrauchbar gemacht hatte. Er sah nicht aus, als wäre er so verschmust wie ihr Lieblingsdrachenkind. Außerdem hatte der erst am Morgen mit ihr gekuschelt, und wenn Ren so weiter machte, hatte er am Morgen eh einen Kater und wahr wahrscheinlich noch schlechter drauf als zuvor. Dennoch war es sehr verlockend, wie der Speck für die Maus.

Doch es störte ihn wirklich. Wenn man ihn nach seiner größten Angst gefragt hätte, hätte er nur erklärt, dass er nicht sterben wolle. Am besten niemals, auch wenn er wusste, dass es unausweichlich war. Natürlich erinnerte auch er sich dann an das schrecklichste Ereignis in seinem Leben, bei dem er dem Tode so nahe war wie nie zuvor, doch er betrachtete das ganz anders als andere Menschen und das wusste er. Was seine eigenen Emotionen anging, war Ren sehr abgestumpft und hatte schon lang nicht mehr ein solches Gefühl gehabt, was er unbedingt aussprechen oder ausleben musste. Das Einzige, was er nicht immer unterdrücken konnte, war Hass und den konnte man gut abarbeiten. Als Naomi sagte, dass sie nicht so ehrlich hätte sein sollen, schüttelte er den Kopf. Nein, das war nicht wahr. Es hatte ihn interessiert und es wahrscheinlich auch wichtig, um sie zu verstehen, aber darauf war er einfach nicht so gefasst gewesen. Andere Menschen hatten ihn bisher nur sehr selten interessiert und das war etwas ganz Neues für ihn, aber es war wirklich gewinnbringend. Es war als würde er in einem sehr realen Buch lesen und diese Geschichten liebte er ja nun wirklich. Ren seufzte leise und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Es ist richtig, dass du ehrlich bist. Ich kann damit nur nicht so umgehen, weil ich es nicht gewohnt bin.“ Noch niemand hatte ihm so ehrlich über sich selbst berichtet, weswegen das für ihn eine völlig neue Erfahrung war. Was es ihm bringen würde, wusste er noch nicht, aber er war ein wenig dankbar, dass es so ein nettes Mädchen war, welches ihn vor solche Tatsachen stellte. Andere Menschen hatten es auch nicht leicht… Und so wie er gerade seine neugewonnene Freiheit genoss, konnte er sich vorstellen, dass auch sie ihre gern genießen würde… Eingesperrt zu sein und so leben zu müssen, zählte zu den schlimmsten Dingen, die er sich nur vorstellen konnte.
Dass er ihr mit der Sache mit ihrem Cousin nicht helfen konnte, passte ihm so gar nicht und das sah man in seinem Gesicht. Er blickte ein wenig grimmig und noch immer war seine Faust geballt. Obwohl er sich so sehr auf sein Steak gefreut hatte, ließ er es nun sogar kalt werden. Nicht dass er ohnehin nicht wählerisch mit dem Essen wäre, aber dennoch war es ja was Besonderes eigentlich. Zornig knirschte er mit den Zähnen, doch als sie sagte, dass ihr Onkel ihn wohl dafür töten würde, lachte er leicht. „Ich bin schon aus ganz anderen Sachen wieder lebend rausgekommen, also mach dir da mal keine Sorgen.“ Er grinste sie an. „Und kann ich ihn irgendwie anders davon abhalten? Ihm Angst machen? Meine Magie jagt vielen Leuten Angst ein…“ So einfach würde er da nicht locker lassen. Wenn er sich vorstellte, dass ihm so jemand die Freiheit raubte, dann konnte er gar nicht anders als etwas dagegen tun. Vor ihrem Onkel hatte er schon gar keine Angst. Ren war ziemlich zäh und war vielen Leuten entwischt oder nur mit dem blauen Auge davongekommen. Als sie meinte, sie würde ihn nur beerdigen wollen, wenn er sie geheiratet hatte, lachte er wieder. „Ich werde wohl kaum jemals irgendjemanden heiraten…“, murmelte er leise darauf hin mit einem Grinsen im Gesicht. Es war ein wenig unfassbar, dass er bei solch eigentlich traurigen Worten, es schaffte ein makaberes Lächeln auf den Lippen zu zeigen. Selbst wenn es einen Menschen gäbe, der ihm nahe kommen wollte, könnte er sich wohl niemals auf solche Gefühle und eine solche Nähe einlassen, denn er würde dabei wahrscheinlich niemals etwas empfinden und sich nur unwohl fühlen. Seitdem er hier war, machte er sich oft Gedanken darüber, warum er eigentlich so anders tickte als alle anderen in seinem Alter. Nach wie vor besaß er absolut kein Vertrauen zum Menschen und wie sollte er da eine Bindung eingehen? Wer weiß wie lang Naomi noch so mit ihm sprach, wenn sie merkte, wie kalt und rücksichtslos er eigentlich war, wenn es um ihn selbst ging. Große Hoffnungen machte er sich auf jeden Fall nicht…
Als er ihr weiterzuhörte, wurde ihm nur wieder klarer, wie stumpf er eigentlich war. Die Tatsache, dass sie seine Hand halten wollte, wenn sie nicht schlafen konnte, berührte ihn so gar nicht. Da er wusste, dass sie ihm nichts Böses wollte, würde er sich dagegen nicht wehren, denn es störte ihn nun wirklich nicht, wenn er nachts seine Hand nicht zur Verfügung hatte. Plötzlich kam ihm eine Idee… „Wenn es dir hilft, kann ich dir auch etwas vorsingen.“ Also wenn das kein freundliches Angebot war? Ren liebte es zu singen und wenn es einen Zweck hatte, dann war es doch umso angebrachter, oder? Also… Wenn seine Begleiterin morgen den ganzen Tag auf der Quest durchhing, weil sie müde war, dann hatte er ja nichts davon, nicht wahr? Das diente natürlich alles irgendwo ihm selbst! Zumindest redete er sich genau das die ganze Zeit ein. Als er einen weiteren Schluck vom Wein nahm, merkte er wieder, dass er nicht mehr wirklich nüchtern war und es war langsam zu warm für ihn. Er beschloss mal eben ins Badezimmer zu gehen und sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Dementsprechend legte er die Serviette bei Seite und sagte recht ruhig: „Ich komme gleich wieder.“, stand auf und ging in Richtung der Herrentoilette. Vielleicht schnappte man ja währenddessen irgendetwas von der Quest auf, die er schon lang ausgeblendet hatte?

Als sie ihn heute Morgen im Zug hatte reden hören, hatte sie nicht geglaubt, dass er später, auch wenn er dafür angetrunken war, so sanft zu ihr sein würde. Klar war er schon die ganze Zeit nicht so grob gewesen, wie er konnte, er hatte sich zu jeder Zeit wirklich noch zurückgehalten. Nun saßen sie hier und sprachen über Dinge, die Naomi schon so erzählen konnte, weil es für sie nur noch ein Schlag auf taube Haut war und nichts weiter. Ihn jedoch schien es zu bewegen und irgendwo tief in ihm schien doch noch der Wunsch zu stecken, für ein bisschen Gerechtigkeit zu sorgen. Sein Gesicht zeigte Grimm und er knirschte mit den Zähnen, von seinem Steak hatte er noch nicht gegessen und Naomi fürchtete, dass es kalt werden würde. Am liebsten wäre sie aufgestanden und hätte ihm ein wenig den Kopf gestreichelt. Doch das war wahrscheinlich keine so gute Idee stattdessen sagte sie: "Da du mich bald besuchen wirst, denke ich, dass du deine Gelegenheit bekommen wirst, ein wenig Eindruck auf ihn zu machen", allerdings machte seine Bemerkung zu seiner Magie sie neugierig, was für eine war es nur? "Sag mal, welche Take Over Magie beherrschst du denn?
Sie hatte schon einmal eine gesehen, die war weniger beeindruckend. Jemand hatte seinen Arm in einen zierlichen Elfenarm verwandelt und das war wenig beeindruckend. Wenn sie ehrlich war, wollte sie sich Ren auch gar nicht mit Elfenärmchen vorstellen, niemals das wäre etwas grotesk. Dann wieder etwas zurück zu seinen Worten, er plante, nicht zu heiraten? Nun sie hatte es von ihm auch irgendwie nicht erwartet. Wenn er jemanden fand, von dem er sich vorstellte, ihn ein Leben lang lieben zu können und dieser Mensch ihn auch zurück liebte, dann würden sie wahrscheinlich keine Ringe brauchen, um das zu bestätigen. Als sie dann über ihre Schlaflosigkeit sprach, machte er ein überraschendes Angebot. Singen, er wollte für sie singen? Naomi blinzelte ihn verblüfft an, dann wechselte ihr Blick und sie strahlte. Freunde schien wie ein Springbrunnen aus ihr herauszusprudeln und langsam nickte sie: "Das wäre wirklich wunderbar." Irgendwie konnte sie es kaum erwarten schlafen zu gehen, ein sehr ungewohntes Gefühl und falsch fühlte es sich dazu auch noch an. Als Ren sich dann entschuldigte nickte sie und sah, wie er Richtung Toiletten ging. Während er nun weg war, beendete sie ihren Hauptgang. Wirklich lecker war das Essen gewesen und sie war recht zufrieden. Als dann ein Kellner auf sie zusteuerte, um den leeren Teller zu entfernen, machte es in ihrem Kopf klick. Da war ja noch etwas.
"Wollen sie mit der Nachspeise auf ihren Begleiter warten?", fragte der Kellner, der Ren scheinbar hatte weggehen sehen und das verwaiste Steak: "Wir könnten ihm das Steak noch einmal erwärmen." Naomi überlegte kurz, nein das sollte Ren besser selbst entscheiden: "Ich denke, das wird er entscheiden, wenn er wieder zurück ist und ich werde natürlich mit dem Nachtisch auf ihn warten", dann kam ihr in den Sinn. Man könnte diesen Kellern auch nach den Gerüchten über den lachenden Eber ausfragen: "Wissen sie, was es mit dem lachenden Eber auf sich hat, man hört hier die abenteuerlichsten Geschichten." Er neigte sich zu ihrem Ohr: "Nun ich habe gehört die Küche sei der reinste Saustall, angeblich hat sich ein Gast eine Lebensmittelvergiftung zugezogen." Nun der Ruf war wirklich gründlich ruiniert und Naomi blinzelte, allerdings war eine Sache faul daran: "Wissen sie, woher diese Anschuldigungen kommen, gibt es vielleicht Zeugen, immerhin wäre es unverantwortlich, einen solchen Betrieb weiterhin am Laufen zu halten." Doch ihr Gesprächspartner schüttelte den Kopf: "Ich bin auch erst seit Kurzem hier und höre deshalb nur alle davon reden, von wem es kommt weiß ich nicht." Das Mädchen nickte und entließ den Kellern somit aus der Unterhaltung. Leider kein Erfolg in diesem Restaurant.

Zielstrebig steuerte der Akuma auf die Herrentoilette zu und schloss die Tür hinter sich ab. Er stellte sich vor das Waschbecken und blickte in den großen Spiegel der darüber hing. Wenn er sich so betrachtete, sah er ziemlich fertig aus, so wie er jetzt gerade drauf war. Dieses alte, hässliche Shirt ließ freien Blick auf die vielen Narben an seinen Armen und dem Hals und seine Fangen waren total rot vom Alkohol. Seine Haare waren strähnig und hingen überall, nur nicht da wo sie sollten und leichte Augenringe ließen sich auch schon erkenn… Wahrscheinlich sollte er heut nicht allzu lang aufbleiben. Er hatte das Gefühl, dass das kein gutes Ende nehmen würde… Schnell wusch er sich einmal das Gesicht und rieb sich die Augen. Der Tag heute war wirklich merkwürdig und er musste wirklich auf sich Acht geben…
Nach einigen Minuten kam er wieder von der Toilette und setzte sich zurück zu Naomi. Kurz überlegte er wo sie stehengeblieben waren und nahm sich das Besteck, um das Steak weiter zu essen. Tatsächlich interessierte es ihn herzlich wenig, ob das Essen nun kalt war oder nicht. Es schmeckte sicher immer noch deutlich köstlicher, als das was er normalerweise aß. Langsam erinnerte er sich wieder daran, wo sie waren. Sie hatte ja zuvor noch kurz nach seiner Magie gefragt. „Was denkst du denn, was ich für ne Take-Over Magie habe mit dem Spitznamen Akuma?“ Jetzt konnte sie es sich hoffentlich denken. Er schmunzelte sie an und probierte das erste Mal richtig von seinem Steak. Es war wirklich ein wenig kühler geworden, aber das störte nicht im Geringsten, denn es war immer noch unglaublich gut. In aller Ruhe aß er auf, während er ihr eine Frage stellte: „Hab ich was verpasst?“
Dass sie sich so sehr darüber gefreut hatte, dass er für sie singen würde, freute ihn irgendwie auf eine merkwürdige Art. Es machte ihn stolz, dass sich tatsächlich jemand für seinen Gesang so sehr interessierte, dass er sich darauf freute. Da Musik eine seiner großen Leidenschaften war, wäre das wohlmöglich ein Thema, über das es sich gut sprechen ließ. Nachdem er das Steak aufgegessen hatte, rückte er den Teller von sich weg, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und sein Kinn auf seine Handflächen. „Was für einen Musikgeschmack bevorzugst du denn Naomi? Ich kann mir vorstellen, dass man in dem Haus in dem du lebst eher auf Klassik zurückgreift oder?“ Ihm persönlich war klassische Musik sehr lieb, aber er konnte auch mal anders. Generell hatte Ren seit jeher eine Schwäche für dramatische Balladen, obwohl er oft sich die Ausmaße der darin beschriebenen Gefühle nur vorstellen konnte. Vor allem wenn man die schönen Dinge des Lebens besang wie Liebe, Zuneigung oder auch nur die Schönheit des Lebens an sich und der Selbstverwirklichung, saß Ren immer da und lauschte gespannt, ohne sich tatsächlich ein genaues Bild davon machen zu können. Manchmal erschreckte ihn seine Anspruchslosigkeit dahingehend so sehr, dass er glaubte keine Seele zu haben… Zumindest zeigte diese eher selten etwas von ihrer Anwesenheit. Wieder schenkte er sich ein Glas Wein ein und offenbar hatte er die Flasche nun allein geleert, denn das war der letzte verbliebene Rest. „Warum probierst du eigentlich keinen Wein? Du sagst doch selbst, dass du dich nicht mehr kindlich fühlst, aber solche Dinge für Erwachsene fasst du dann doch nicht an? So viel älter als du bin ich doch nun auch nicht…“ Er grinste wieder ein wenig schelmisch. Manchmal konnte er es eben doch nicht lassen sie ein wenig herauszufordern. Mal gucken was sie zu diesen Sachen zu sagen hatte…

Bald kehrte Ren an den Tisch zurück und sie war froh darüber. Nachdem er sein Fleisch angeschnitten hatte, griff er das Thema wieder auf, was sie angeschnitten hatte. Akuma also, Dämonen Take-Over, klar sie hätte es sich denken können, aber es gab so viele Möglichkeiten, was ein Take-Over beinhalten könnte, dass es auch etwas sehr spezifisches hätte sein können, zumindest glaubte Naomi dies. Aber gut, wenn dies die Antwort war, dann war sie damit zufrieden. "Dämonen Take-Over, das würd ich gern lernen", sie grinste leicht und beobachtete, wie er sein Essen genoss. Scheinbar schien es ihm immer noch zu schmecken, das war wirklich gut. Auf die Frage, ob er etwas verpasst hatte, schüttelte sie den Kopf: "Eben war ein anderer Kellner hier und hat meinen leeren Teller abgeholt, aus ihm war auch nicht herauszukriegen, woher die Gerüchte kommen, ist selbst scheinbar noch nicht lange her, aber unser Schweinchen hat einen ganz schön miesen Ruf." Kurz kräuselte sie die Nase, inzwischen war ihr bewusst wie viel Schaden es anrichten konnte den Ruf von jemandem nur etwas anzukratzen, aber dies hier war ein wirklicher K.O.-Schlag. Akira hatte oft genug Vorträge darüber gehalten, wie wichtig die Präsentation einer geordneten Familie war, wenn Onkel Gideon seine Feste gab. Fehltritte waren etwas, was sie keiner erlauben konnte, werde der Onkel noch einer der Bediensteten.
Gut, das Ren sie mit seiner nächsten Frage auf andere Gedanken brachte. In der Tat war Musik etwas wirklich Wunderbares. Was Naomi über manche langweilige Stunde hinweg half, die sie alleine in ihrem Zimmer verbrachten, während sie auf das nächste Tagesereignis wartete. Alte Platten ihres Vaters, welche über Masaru in ihre Hände gekommen waren spielten verschiedenste Arten von Musik und von Akira konnte sie sich die Tanzmusik ausleihen, wenn sie wollte und natürlich befand sich im Wohnzimmer eine recht üppige Sammlung an Klassik, die eigentlich mehr dazu diente Besucher zu beeindrucken, als privat angehört zu werden. Doch Naomi mochte einige dieser Lieder sehr. Diese, die ein Gefühl in sich trugen und es schafften einen damit anzustecken: "Ja, aber ich habe meine Quellen für anderes, aber egal was für ein Musikstil es ist, die Lieder die einen in ihre Stimmung einwickeln sind die allerbesten. Ich lasse mich gerne davon einwickeln und meine Fantasie spinnt eine eigene kleine Geschichte dazu. Schon eine Idee, was du mir vorsingst?", ja sie war neugierig darauf, auf die Auswahl und auf die Stimme ihres Begleiters. Bisher war sie recht angenehm gewesen und Naomi versuchte schon die ganze Zeit sich vorzustellen, wie sie klang, wenn er sang.
Nun allerdings änderte Ren das Thema, es ging um Wein und warum sie keinen trank, wo sie sich doch nicht mehr als Kind fühlte. Kurz verzog Naomi ihre Augenbrauen, was genau hatte das eine mit dem anderen zu tun? Leute sprangen doch auch nicht zwingend ins Wasser, nur weil sie schwimmen konnten, oder doch? "Ich mag den Geschmack und den Geruch von Alkohol nicht. Wenn ich unbedingt Traubensaft trinken möchte, kann ich das auch ohne Alkohol tun. Außerdem finde ich, dass es einen nicht erwachsener macht, man muss es eben mögen. Die Tatsache, dass nur Erwachsene trinken sollten, kommt allein daher, dass es süchtig machen kann und man Kindern nicht zutraut, mit diesem Risiko verantwortungsbewusst umzugehen. Ich habe entschieden, dass es mir nicht schmeckt und, dass ich es nicht brauche", zart grinste sie zurück.