Yuuki fühlte, wie sich langsam aber sicher eine immense Hoffnungslosigkeit in ihm auszubreiten schien. Corta, der so tapfer um das Überleben seiner Familie, der Stadt sowie seinen Untergebenen gekämpft hatte, lag mit aufgerissenem Brustkorb tot auf dem Boden, während der Lebenssaft seinen Körper verließ und zur Erde floss. Die ganzen Leute, die auf ihn gebauten hatten, waren enttäuscht worden und seine Frau und Chrystie, die unwissend und ungeduldig im Sicherheitskeller warteten, würden ihn niemals wieder sehen. Dieses Mal war es nicht wie zuvor, es würde keine Entwarnung verbunden mit einem freudigen Wiedersehen geben. Das war die harte Realität und Yuuki wusste, wie sich so etwas anfühlte, wenn eine geliebte Person davonschied. Noch schlimmer war es jedoch, nicht wirklich dabei zu sein, sondern davon zu hören. In seinem Fall hatte man lediglich einige Überreste gefunden, also konnte er sich nicht sicher sein, ob es sich tatsächlich um Riza handelte. Dies war der typische Gedankengang eines Überlebenden, der sich gerne an die Vergangenheit klammerte: Solange man nicht den ausdrücklichen Beweis, in Form eines wirklichen Körpers hatte, klammerte man sich an die Hoffnung, dass das alles nur ein Missverständnis war und die Person noch lebte. Das war natürlich schwachsinnig, da man immer mit dieser Unbestimmtheit lebte, doch da er es bisher niemandem anvertraut hatte, konnte man ihm davon auch nicht abraten. Vielleicht hätte er es doch Aurora erzählen sollen, dann hätte er vielleicht gewusst, was zu tun war. Des Weiteren hätte es bestimmt auch mal gut getan, sich jemand Vertrautes anzuvertrauen, und ihm oder ihr von allen Problemen, die einen belasteten zu erzählen. Doch nun würde dies wahrscheinlich niemals geschehen, denn der Lich lebte noch und würde sie wahrscheinlich alle auslöschen. Ohne den Schutz von Valnox, waren sie alle den finsteren Sprüchen des Geisterkönigs hoffnungslos ausgeliefert.
Plötzlich trat Aurora zu ihm und flüsterte ihm zu, dass sie das Schwert haben wollte. Anscheinend hatte sie noch nicht aufgegeben und wollte um ihr Überleben kämpfen. Richtig, mit meinen Kräften könnte ich Valnox herholen. Dann wären wir zumindest etwas von der Magie des Lichs geschützt. Nachdem sie ihn angesprochen hatte, musterte er sie einen kurzen Augenblick. Sie hatte nun wieder ihre metallene Rüstung an, was bedeutete, dass er ihre Bewegungen mithilfe seiner Kräfte verstärken oder sie gar aus einer misslichen Lage retten konnte. Der Rotschopf spürte, wie sich etwas Hoffnung in seinem Inneren breitmachte und den Kampf gegen die niederschlagende Hoffnungslosigkeit begann. Vielleicht hatten sie ja tatsächlich noch eine Chance, sie mussten es wagen. Lieber stehend sterben, als kniend leben, nicht wahr? Aber was meinte Aurora mit Wechselwirkung der beiden Waffen? Plante sie etwa, die Kräfte der beiden Waffen zu kombinieren? "Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. In dem Buch stand rein gar nichts darüber, doch auf jeden Fall neutralisieren sie sich nicht, denn sie befanden sich Jahrzehnte in einer Vitrine und berührten sich."
Nach einem kurzen Blick zum Lich, der immer noch in seinem Lachanfall steckte, begann er Ausschau nach der heiligen Klinge zu halten. Wenn er sich recht entsann, hatte sie der Lich doch zur Seite geworfen. Aus diesem Grund trat er vorsichtig einige Schritte vor, damit es endlich in sein Blickfeld gelangte. Immerhin musste er einen gewissen Blickkontakt zu metallenen Dingen haben, ehe er sie anziehen konnte. Denn er wollte ja nicht, dass der Lich von seiner Aktion Wind bekam, indem er auch dessen Schwert mit anzog. Dann war dies alles schneller vorbei, als sie auch nur Lamia Scale sagen konnten. Da! Das Schwert lag an einem nahen Grabstein, durchaus in seiner Reichweite. "Magnetic Pull!" Das Lachen des Lichs versiegte, als er bemerkte, was der Grynder da tat und streckte die Hand zu ihm aus. "Wag es ja nicht, du kleiner Wurm. Scream!" Der Spruch benötigte einige Momente um Energie zu sammeln, ehe sich schließlich ein Strahl finsterer Energie löste und auf Yuuki zuflog. Wahrlich ein Rennen, was sich nun abspielte. Einerseits der immer näher kommende Strahl, welcher sein Ende bedeuten konnte, andererseits das näher kommende Schwert, was ihrer aller Rettung bedeuten konnte. "Komm schon.", entfuhr es ihm, während er all seine Kräfte mobilisierte, um dem Schwert noch einen Geschwindigkeitsschub zu geben. Die Klinge und der Strahl berührten sich ungefähr einen Meter vor Yuuki, was dazu führte, dass der Strahl neutralisiert, Yuuki dafür beinahe aufgespießt wurde, da er den Blick auf Valnox verlor. Letzten Endes hielt er die Klinge dennoch in der Hand, wo sie jedoch nicht lange verweilte, denn schon wurde sie Aurora überreicht. "Hier. Es kann los gehen."

Komm zu Mama..., zuckte es durch ihren Kopf, als die reich verzierte Klinge immer schneller auf die beiden Magier zuflog. Es war also doch ganz sinnvoll, einen lebenden Magneten an seiner Seite zu haben, dem lange Distanzen nicht besonders viel ausmachten, denn zu der Waffe zu rennen wäre so gut wie Selbstmord gewesen, zumindest wenn man ihrer beider Geschwindigkeit besaß. Aurora war nicht besonders flink und auch Yuuki hatte sich wohl anderweitig spezialisiert, weswegen das die ideale Lösung war. Außerdem gab es noch einen zweiten netten Nebeneffekt, den das Mädchen so gar nicht eingeplant hatte: Valnox neutralisierte dunkle Magie, sodass der Lich sie erst einmal gar nicht treffen konnte. Das lief doch fast alles wie geschmiert, nun blieb nur noch das ganz basale Problem... wie brachte man einen Lich um? Zwar traute sich Aurora eine Menge zu, aber gegen dieses Monster hatte sie in einem fairen Duell keine Chance, es war einfach zu mächtig für eine angehende Magierin wie sie. Also mussten sie falsch spielen und irgendeinen Trick versuchen, damit er unvorsichtig wurde. Allerdings gab es auch da mehrere Möglichkeiten... Während sie das große Schwert recht locker vor ihren Körper hielt und damit nicht nur sich, sondern auch Yuuki vor Magieattacken des Geisterfürsten schützte, drehte sie den Kopf leicht zu dem Grynder und sah ihn an. Auch er wirkte besorgt, abeer nicht halb so hoffnungslos wie die Soldaten um sie herum. Hoffentlich würde der Lich nicht anfangen, sinnlos in die Menge zu ballern, dann würden sie wohl Probleme kriegen.
Das, was sie nun vor hatte, könnte durchaus gefährlich werden - und eben auch für den Magnetismusmagier. Das einzige Lockmittel, mit dem man den Lich in irgendeiner Weise triezen konnte war das andere Schwert, Valnox böser Zwilling: Kyratil, das eigene Schwert des Geisterkönigs. Problematisch war natürlich, dass er es nicht in die Finger kriegen durfte, denn dann wäre alles aus. Sie hatten schon Probleme mit ihm, wenn er das Schwert nicht hatte, waffenlos war er schon eine Qual. Allerdings mussten sie den Untotenkönig dazu bringen, dass er sich nur auf Aurora und Yuuki konzentrierte, denn wenn er seine Wut an den einfachen Soldaten ausließ, wäre das ja ein zu harter Schönheitsfehler in dem Bericht, den die beiden bestimmt abliefern müssten. Wenn sie das hier überlebten. Aurora hob also die Hand, während ein fettes Grinsen ihr Gesicht zierte und winkte dem Lich zu. Dann konnte der Geisterkönig für einen Sekundenbruchteil sein geliebtes Schwert in ihrer Hand aufblitzen sehen, ehe es wieder verlosch und seine Präsenz verbarg. Hoffentlich wollte er es wieder haben - denn sonst ging der Plan nicht auf.
Das Positive an diesem Plan ist einfach zusammengefasst: Der Lich wurde wahrscheinlich unvorsichtig, außerdem würde er sich wahrscheinlich nicht an den Soldaten vergreifen, die sein Schwert eh nicht hatten.
Das Negative daran: Nun standen die beiden Magier vor einem gereizten Lich... na herrlich!

Nun, zumindest hätte Aurora Yuuki mal über ihren gefährlichen, dennoch genialen Plan aufklären können, nicht wahr? Hätte er nämlich gewusst, dass der Plan darin bestand, den Lich dermaßen zu provozieren und zu reizen, dass er sein Augenmerk ganz auf die beiden Magier richtete und aus diesem Grund die Soldaten in Ruhe ließ, so hätte er dem wahrscheinlich zugestimmt. Denn auf diese Weise könnten sie die Verluste bei den Soldaten verhindern, während sie beide, als Magier, dem Lich wenigstens mehr gewachsen waren, als diese normalen Menschen. Wie schon gesagt, wenn er es gewusst hätte.
So konnte er nur sehen, wie die Magierin einen kurzen Augenblick die Klinge des Geisterkönigs, Kyratil beschwor, ehe sie wieder in die Taschendimension zurückbeordert wurde. Als er das Schwert kurz gesehen hatte, fragte sich der Rotschopf sofort, ob sie nun beide Klingen verbinden und deren gemeinsame Kraft nutzen wollte, um den Lich zu töten. Andererseits wussten sie ja beide nicht, was geschah, wenn beide Waffen verbunden wurden. Oder ob überhaupt irgendetwas geschah. Vielleicht neutralisierten sich ja beide, sodass sie den Angriffen des Lich schutzlos ausgeliefert wären. Nein, das Schwert verschwand stattdessen wieder und ließ einen verwirrten Yuuki zurück, der sich nach dem Sinn dieser Aktion fragte. Immerhin hatte Aurora damit nur unnötig Mana verbraucht, also was sollte das?
Was der Sinn hinter der Aktion gewesen war, wurde ganz schnell deutlich, als der Grynder wieder seine Konzentration auf den Totenfürsten richtete. Wie Aurora richtig erkannt hatte, ließ sich der Gute nämlich sehr leicht provozieren und zu unbedachten Handlungen bewegen, wie man an dem vorherigen Ausraster in der Hütte gesehen hatte. Der Lich gab nämlich ein wütendes Brüllen vor sich, was eine leichte Druckwelle auslöste, die einige Soldaten so weit verängstigte, dass sie flohen. Zwar wurde Yuuki von dem Druck dieser Welle und der Macht des Lichs ebenfalls sichtlich überrascht, jedoch grub er seine Füße weiter in den Boden, er durfte und würde nicht fliehen! "Wie kannst du es nur wagen? Gib mir mein Schwert zurück!" Mann, hatte der Kerl vielleicht Komplexe, warum musste er denn immer ausrasten? Ehe Yuuki diese Frage laut stellen und den Lich damit noch weiter provozieren konnte, sprang dieser mit großer Geschwindigkeit vor und schlug auf Aurora ein. Die dadurch entstehende Druckwelle war um ein Vielfaches stärker als die vom Gebrüll, weshalb die meisten Soldaten in der Nähe umfielen. Auch Yuuki ging zu Boden, nicht ohne jedoch mehr Kraft hinter Auroras Waffe hinzuzufügen, damit sie diesen Schlagabtausch auch ja überlebte. Alle noch stehenden Soldaten ergriffen darauf die Flucht und rannten panisch davon, anscheinend wollten sie nur noch ihre eigene Haut retten. Verständlich. Aber über was für eine immense körperliche Kraft der Lich verfügte, das konnte ja mal was werden.

Oh Verzeihung, das hatte sie ja ganz vergessen, Yuuki konnte ja nicht ihre Gedanken lesen. Das wäre auch mehr als peinlich und ihre freundliche Fassade in der Gilde aufrecht zu erhalten, wäre dann wohl unmöglich. Wobei sie das in Gegenwart des Rotschopfes sowieso nicht ganz so genau nahm. Allerdings hatte er genau richtig erkannt, dass sie einfach nur versuchte, den Geisterkönig wütend zu machen, das verschwendete Mana hin oder her. Außerdem war sie noch lange nicht am Ende, der Lich mochte schon rot sehen, aber da ihr dunkelrot noch ein Stück lieber war, würde sie es wohl noch ein wenig auf die Spitze treiben müssen. Zuerst einmal ging es aber einfach ums nackte Überleben, da der Geisterkönig um einiges stärker als sie war und generell ein recht furcheinflössendes Bild abgab, wie seine Augen hinter dem skelettierten Gesicht vor Wut glühten. Hätte Yuuki ihr in diesem Moment keinen zusätzlichen Stups gegeben, hätte die Wucht seines Schlags sie wohl meterweit nach hinten geschleudert, so konnte sie ihn gerade noch so ableiten. Okay, so ging das also nicht. Ein, zwei Schläge konnten die Magier mit vereinten Kräften wohl parieren, aber danach würden auch ihre Kräfte versiegen. Am vorteilhaftesten wäre es also, wenn der Lich so außer Kontrolle geraten würde, dass er nicht mehr richtig zielte. Aurora schluckte, holte tief Luft und schrie dem Geisterkönig dann entgegen: "Aber Knochenopa... warum so sauer? Hast du dermaßen Komplexe, dass du sie mit Kyratil kompensieren musst? Dir würde doch eigentlich eher ein Spazierstock oder eine Krücke stehen, findest du nicht auch?!" Hier hatten die beiden Lamia Scale Magier es wohl mit einem besonders cholerischen Lich zu tun, da er diese Art der Beleidigung wohl nicht besonders gut aufnahm. "Aber, aber... immerhin hast du es noch einmal gesehen, dafür solltest du mir echt dankbar sein, schließlich hättest du auch einfach dahin scheiden können, ohne auch nur einen der Juwelen an seinem Griff je wieder zu sehen..." Sie duckte sich unter einem Schlag hinweg und schützte ihren Kopf mit der heiligen Klinge, ehe sie den Blick hob und dem Geisterfürsten ins Gesicht blickte - oder um genau zu sein in die wutverzerrte Fratze, die jenes abgelöst hatte. "Was bezweckst du eigentlich, indem du diese Stadt verwüsten willst... am Ende wärst du doch eh wieder allein und einsam und könntest gar nichts damit anfangen - selbst wenn du es schaffen würdest, rein hypothetisch." Nein, wirklichen Sinn fand man hinter ihren Worten nicht, ging es doch einzig und allein darum, den Lich zu provozieren, an seine Grenzen zu bringen und ihn so weit zu ärgern, dass...
"Wertlose Made, du wirst deine lose Zunge noch bereuen!", gellte die Stimme des Lichs, ehe er die Hand zurück schnappen ließ und das Mädchen nur noch aus dem Augenwinkel wahrnahm, wie sich eine aus dunkler Energie bestehende Peitsche formte. "Shade Entangle!" Aurora reagierte leider viel zu langsam, um dem Zauber des Geisterkönigs auszuweichen oder ihn mit Valnox zu neutralisieren und konnte nur noch spüren, wie sich etwas hoch energetisches und finsteres um ihr Bein schlang und sie den Boden unter den Füßen verlor, hochgerissen wurde und einen Moment lang zu atmen vergaß. Was auch immer das war, es hielt sie in der Luft fest und schlang sich immer fester um ihr Bein, schlängelte sich ihren Körper entlang und fesselte sie, wich dabei jedoch dem heiligen Schwert aus. Verdammt. Allerdings... Wenn er sich auf mich konzentriert, achtet er folgend nicht mehr auf Yuu- Ihr Gedankenfluss wurde mit einem Mal unterbrochen, als ihren Körper eine Schmerzwelle durchfuhr, als stünde diese Finsternispeitsche unter Strom. War das etwa ein Teil dieses Zaubers oder... Erneut durchzuckte es sie und sie musste ihre gesamte Konzentration aufbringen, um das Schwert in ihrer Hand nicht fallen zu lassen, denn dann würde der Lich sie wahrscheinlich einfach umbringen können, so schien die Aura des Schwerts ihn noch zu behindern... "Verdaaahhh~", krüppelte sie gerade noch, bevor sie erneut das Gefühl hatte, ihr Körper würde von innen heraus zerfressen, zerfressen von der Magie des Geisterkönigs, der Corta und damit die Hoffnung dieser Stadt zerstört und umgebracht hatte... Sie musste echt eine seltsame Erscheinung abgeben, wie sie da kopfüber an diesem schwarzen Strang hing und vergeblich gegen die überbordende magische Kraft des Lichs und die eigene Ohnmacht ankämpfte, die sie zu übermannen drohte. Aber sie durfte nicht loslassen, denn das würde wahrscheinlich ihre Niederlage bedeuten... "Und wo sind sie jetzt hin, kleine Made, deine ach so großen Töne?!", geiferte der Lich und setzte wieder sein siegessichers und herablassend schiefes Grinsen auf. Menschen... Menschen hatten doch nichts gegen ihn in der Hand!

Das Mädchen war wirklich ein Ass in Sachen Provokationen, musste der Junge anerkennend zugeben. Sie beleidigte und reizte den Lich dermaßen weiter, dass er einfach nur die Beherrschung verlieren konnte. Nun, es waren auch wirklich gemeine Sachen dabei, doch darum wollte man sich jetzt nicht wirklich streiten, immerhin diente das ihrer Sache. Und der Geisterkönig reagierte darauf, ganz so, als ob die Szene inszeniert wäre, und der Schauspieler namens Lich wusste, wie er zu reagieren hatte, um das Spiel fortzusetzen. Wenn das Mal nicht fantastisch war. Hätten sie einen kühl denkenden und kalkulierenden Gegner vor sich gehabt, so wären sie mit dieser Taktik wahrscheinlich nicht weit gekommen. Vielmehr würden ihre Leichen dann Corta's seiner Gesellschaft leisten und sie konnten sich mit diesem im Jenseits über alles Mögliche unterhalten. Was von großem Vorteil war und was sie sofort ausnutzten, war der Fakt, dass je wütender der Lich wurde, desto ungenauer zielte er und desto mehr Kraft setzte er hinter seine Schläge. Anscheinend wollte er einfach nur den Kopf der Ilia einschlagen, egal wie. Zusätzlich gab Yuuki jedem seiner Hiebe und Schwünge einen weiteren Stoß mithilfe seiner Kräfte, sodass sie wirklich komplett daneben gingen und Aurora nicht sonderlich gefährdeten. Aufgrund der größeren Geschwindigkeit und Reichweite des Lichs, konnte sie dessen Unachtsamkeit jedoch nicht nutzen, um ihm den Gnadenstoß zu verpassen. So weit waren sie dann doch noch nicht.
Doch was nun? Yuuki war mit seinem Latein am Ende und sollte sich der Kampf weiter in die Länge ziehen, so würden sie unweigerlich den Kürzeren ziehen, da der Geisterkönig über immense Ausdauer verfügte. Immerhin hatte er bereits einen intensiven Kampf mit dem Hauptmann hinter sich und zeigte noch keinerlei Zeichen der Ermüdung. Aurora hatte sich dagegen durch diverse Zombies schnetzeln müssen und war deshalb schon ein wenig ermüdet, hätte sie ihn nicht mit ihren Provokationen dermaßen gereizt, dass er die Beherrschung verlor, so wäre sie wohl längst erledigt gewesen. Ehe er jedoch über einen Plan nachdenken und ihn Aurora mitteilen konnte, geschah etwas ziemlich Unerwartetes. Der Untote vollführte eine Handbewegung, worauf sich hin sofort etwas Dunkles und Finsteres um Auroras Beine schlängelte und sie anschließend kopfüber hängen ließ. Dies brachte dazu, dass der Junge in seiner Bewegung innehielt und einfach nur zuschauen konnte. War ihr Gegner wirklich so mächtig, dass er einem Element eine feste Form geben und es problemlos kontrollieren konnte. Ein kraftvolles Schlucken erfolgte, das würde hier definitiv kein Kinderspiel werden. Doch was nun? Valnox schien Aurora nichts zu nutzen, wenn die Klinge nicht direkt auf die finstere Energie gerichtet war und egal wie fest sie das Heft umklammerte, die Finsternis blieb aufrecht. Als Yuuki ihre qualvollen Schreie entnahm, schrie er nach ihr. Er musste alles auf eine Karte legen und sie retten. Er MUSSTE. "Aurora! Lass das Schwert los!" Anschließend nutzte er all seine übrig gebliebene Energie, über die er noch verfügte, und gab Valnox, was Aurora hoffentlich losgelassen hatte, den mächtigsten Stoß, den er in seinem momentanen Zustand vollführen konnte. "Magnetic Push!" Hoffentlich hatte Aurora auf ihn gehört und das Schwert losgelassen, sonst würde erst sie daran glauben und dann würden er und die Bevölkerung der Stadt ganz schnell folgen.

Wirklich gut ging es ihr tatsächlich nicht, wie sie da im Zauber des Lichs fest hing und sich nicht frei bewegen konnte, das einzige, was ihr Körper noch wirklich an Bewegungen hinbekam, waren unwillkürliche Zuckungen, die aus der Finsternis um sie herum resultierten. Es war fast, als stoße ihr eigenes Lebenslicht sich an dieser dunklen Macht und versuchte, gegen sie anzukämpfen, allerdings ohne großen Erfolg, da die Dunkelheit einfach stärker war. Oder ihr eigener Lebenswillen war zu schwach, je nachdem, wie man es drehte und wendete. So oder so war sie hier oben ziemlich verloren und wurde wahrscheinlich nur noch von dem Schwert in ihrer schwächer werdenden Hand vor dem schlimmsten bewahrt. Allerdings konnte sie Valnox nicht hier behalten, denn es war die einzig effektive Waffe gegen den Lich und somit unerlässlich, um zu gewinnen... aber konnten sie das eigentlich überhaupt noch, gewinnen? Für das Mädchen fühlte es sich nicht gerade so an, als habe sie noch Hoffnung, denn der schwarze Strang zog sich immer stärker zu, schnürte ihr die Luft ab... Sterne tanzten in ihrem Blickfeld, erschwerten die Konzentration... war das das Ende? Der Lich jedenfalls schien das zu glauben, da er bereits die Hand hob, um einen weiteren Zauber auf sie abzuschießen, sobald das Schwert ihren kraftlosen Händen entglitt. Hatte er etwa vergessen, dass sie Kyratil irgendwo versteckt hielt und er sich nicht sicher sein konnte, dass er es wieder bekommen würde, sobald sie starb? Wahrscheinlich war er einfach viel zu wütend auf das Mädchen, dass es gewagt hatte, so scham- und anstandslos mit ihm zu reden, als dass er sich darüber Gedanken machte. Aber hatte er denn nicht recht? Er war nun einmal stärker als Aurora, da gab es einfach keinen Weg dran vorbei - und der Schwächere starb nun einmal, das war der Lauf der Dinge, so wie er sein sollte. Aurora hatte sich stets darum bemüht, dass sie der Stärkere war - und hatte versagt. Nun würde sie hier sterben und die Stadt mit ihr, Yuuki mit ihr...
Bis sie plötzlich seine Stimme vernahm, Yuukis Stimme, wie sie etwas von Schwert und Fallenlassen sagte... Das ergab Sinn. Das schmerzgepenigte Gehirn der Ilia konnte sich gerade noch einen Reim darauf machen, ehe sie den Anweisungen des Rotschopfes irgendwo unter ihr folge leistete und Valnox mit letzter Kraft dem Jungen entgegenwarf, die Spitze zum Lich gerichtet, der Yuuki gar nicht beachtet hatte und stattdessen mit einem Lachen ein Geschoss aus Finsternis auf Aurora abschoss.
Und das war genau der Moment, in dem er besser keine Rache an ihr geübt hätte.
Der Moment, in dem er besser auf den Jungen geachtet hätte.
Der Moment, den er ungenutzt verstreichen ließ, anstatt die Klinge, die in rasendem Tempo auf seine Brust zu schoss, abzuwehren.
Dieser eine, kleine Moment sollte sein Untergang sein.
Als Aurora von dem komprimierten Geschoss getroffen wurde und der erneute Schmerz ihr endgültig das Bewusstsein raubte, spürte auch der dunkle Fürst etwas, das er gefürchtet, aber schon längst nicht mehr für möglich erachtet hatte. Tief in seiner Brust begann sich ein alles überwältigendes Gefühl auszubreiten, ein Stechen und Ziehen, als die heilige Macht der Klinge ihn durchströmte. Valnox hatte sich tief in seinen Leib gebohrt, seine blaue Haut durchschlagen und das Zentrum seines Unlebens berührt. Er war unachtsam gewesen, hatte einen Fehler gemacht. Der Energieschub des Jungen mit den roten Haaren hatte die Waffe direkt neben Herz getrieben, es gestreift hatte, und er spürte bereits die unendliche Leere, die sich in ihm auszubreiten begann, Leere, die sein Unleben beenden würde und ihm die Chance auf einen erneuten Höhepunkt seiner Macht verwehrte. Einst war auch er ein Mensch gewesen, aber schon lange stand er weit über diesen - wie konnte so ein Rotzbengel es wagen?! Wie konnte er es wagen, ihn, den Herrn der Finsternis, zu besiegen?! Die Fratze des Untoten hatte sich in eine schmerz- und wuterfüllte Grimasse verwandelt, während er das Heft mit einer Hand umfasste und daran zog, während sich die andere Klaue auf Yuuki richtete und seine Stimme, höher und kreischender noch, erneut ertönte: "Freu dich nicht zu früh, elender Wurm... Dunkle Energie sammelte sich um die skelettartigen Finger und ließ einen Speer aus Finsternis entstehen, der direkt auf Yuukis Gesicht gerichtet war. "Wenn ich sterbe...", kreischte der Lich und seine Stimme ging in ein fanatisches Lachen über, bevor er die Hand zu Aurora schwenkte, die wie eine Puppe leblos in seinem vorherigen Zauber gefangen hing, "Stirbt deine kleine Freundin mit mir!" Der Speer schoss direkt auf Aurora zu, die ihm nur dann würde ausweichen können, wenn der schwarze Strang sie frei gab, aber das würde wohl erst geschehen, wenn der Lich sie frei gab... oder er den Zauber nicht mehr aufrecht erhalten konnte.
Was nun, Yuuki? Da steckte doch ein heiliges Schwert fast im Herzen des Lich... wie viel Kraft würde es wohl brauchen, dieses einen Zentimeter nach rechts zu verschieben? Jedenfalls hing jetzt vor allem Auroras Leben von dem Grynder ab, der Lich würde so oder so nicht mehr lange leben, dafür war er zu sehr verwundet. Der Speer aber sah aus, als könne er das Mädchen problemlos durchbohren.

Und damit schien das Ergebnis dieser Auseinandersetzung endgültig festzustehen: Yuuki hatte lediglich eine mittelmäßige Hand gehabt und trotzdem hoch gepokert, doch letzten Endes anscheinend verloren. Zwar war sein Plan aufgegangen, was den Angriff auf den Lich anging, doch dieser hatte wohl oder übel überlebt und war nun wütender als jemals zuvor. Es gab nämlich nicht umsonst das Sprichwort, dass man ein verängstigtes Tier lieber nicht weiter als nötig in die Ecke drängen sollte. Eigentlich war es doch ein guter Plan gewesen, Aurora hatte die Waffe aus ihren Händen gleiten lassen, sodass er sie mit voller Wucht mithilfe seiner magnetischen Kräfte in den Körper des Lich stoßen konnte. Der Kniff bei der ganzen Aktion war, dass er das Herz des Untoten hatte treffen wollen, um diesen endgültig zu vernichten. Es schien jedoch, als ob er diesen Punkt verfehlt hätte, wenn auch nur um ein kleines Stückchen, denn das Schwert steckte, etwa zur Hälfte in der linken Brust des Lichs. Der Geisterkönig war dermaßen auf Aurora konzentriert gewesen, indem er sie mithilfe seiner Peitsche aus Finsternis gefangen hielt und folterte, dass er überhaupt keine Möglichkeit oder Zeit mehr gehabt hatte, der auf ihn zufliegenden Waffe auszuweichen. Das folgende Brüllen des Untoten zeugte von dessen immensen Schmerzen die ihm das Eindringen und die kontinuierliche direkte Berührung mit Valnox zufügte. Doch das alles reichte anscheinend nicht aus, um ihn aufzuhalten, nein. Vielmehr hatte er wohl erkannt, dass er mit dieser Art der Verwundung nicht mehr lange zu leben hatte, weshalb er wohl vorhatte, mindestens Aurora, die ihn die ganze Zeit über seit seiner Erstehung, hinters Licht geführt und provoziert hatte, mit sich in den Abgrund zu reißen. Und wie das geschehen sollte, wusste Yuuki schon nach einigen Sekunden, als sich finstere Energie um die bläuliche und skelettierte Hand des Untoten sammelte. Zunächst nahm er jedoch an, dass er das Ziel sei, da zu ihm gesprochen und auf ihn gezielt wurde. Zwar war sein Manavorrat nun praktisch versiegt, doch aus dieser Entfernung ausweichen hätte nicht das Unmögliche darstellen können. Er hätte sich auch keinerlei Sorgen um die Soldaten und Bewohner der Stadt machen müssen, denn die Soldaten waren restlos getürmt, ob sie die Stadt – die zum Untergang geweiht war – verließen oder sich irgendwo versteckten, war unklar und es interessierte ihn auch nicht. Solang sich manch einer nicht an die unschuldigen Bürger dieser Stadt vergriff, in dem Gedanken, dass sie sowieso bald ausgelöscht werden würden, interessierte es den Grynder überhaupt nicht. Die Bürger wiederum befanden sich sicher in ihren Häusern, sei es auf dem Dachboden oder im Keller, wie von Corta vor einer guten Stunde angeordnet wurde. Da sie alle etwas in den Friedhof eingedrungen war, sorgte er sich auch nicht darum, dass der Speer ein Gebäude treffen und zerstören würde. Stattdessen zielte er plötzlich auf die schutzlose Aurora, die immer noch kopfüber von der Peitsche aus finsterer Energie hin. Alles spielte sich in Zeitlupe ab, extremst langsam verließ dieser mächtige und tödliche Speer die Klauen des Lich und bahnten sich Zentimeter um Zentimeter den Weg zur Ilia. Furcht breitete sich in ihm aus, die seine Muskeln lähmte, seinen Gedankengänge blockierte und seinen Verstand benebelte. Verdammt, was soll ich tun? Was soll ich tun? Während er hier mit seinem Inneren kämpfte, musste er doch feststellen, wie sinnlos das Ganze war. Der Lich war tödlich verwundet worden, mit jeder Sekunde, die verging, raubte ihm Valnox noch mehr von seiner unheiligen Kraft. Früher oder später – wobei früher hier um einiges besser für sie gewesen wäre – würde der Lich ins Gras beißen, er zögerte im Moment nur das Unvermeidbare hinaus, indem er seine letzten Kraftreserven mobilisierte. Das hieße, wenn Aurora schließlich von dem Speer getroffen wurde und starb, wäre dies ein unnötiger und vermeidbarer Verlust, ganz zu schweigen von den ewigen Schuldgefühlen, die ihn plagen würden oder der emotionale Zustand, in welchen er geworfen werden würde. Der Lich schien ganz genau zu wissen, was das mit ihm anstellen würde, weshalb er sich noch ein letztes Mal rächen wollte. Und wieder war ich zu schwach, um jemanden zu retten, an dem mir was liegt. Dieser und andere ähnliche Gedanken schwirrten mit hoher Geschwindigkeit in seinem Verstand rum. Es stand also fest, Aurora hatte die Grenze des Bekannten durchbrochen und war in seinen Freundeskreis getreten. Endlich hatte er jemanden, dem er sich wirklich anvertrauen und über alle möglichen Dinge reden konnte. Doch warum besaß er nur so ein dermaßen schlechtes Timing? Musste es denn gerade kurz vor ihrem Tod sein, als er von dieser Erkenntnis erleuchtet wurde? Yuuki. Was war das denn bitte? Irgendeine Stimme war soeben in seinem Kopf aufgetaucht, was den Jungen ziemlich verwirrte. Dort sollte sich doch eigentlich nur seine Eigene befinden, oder etwa nicht? Noch seltsamer war jedoch, dass diese Stimme der von Ryo, seinem älteren Bruder, glich. Du musst handeln, sonst ist alles verloren und deine gesamte Anstrengung umsonst gewesen. Weiche niemals zurück, trete einen Schritt vor und wage es!
"Ahhhhhhhhhhhhhhh!" Ein Brüllen verließ das Sprechorgan des Grynder, während er seine letzten Reserven mobilisierte und jedes noch ach so kleine Fitzelchen Mana, was sich in seinem mittlerweile sehr leerem Tank befand, aufkratzte und es einsetzte. "Niemals werde ich es zulassen, das noch jemand von mir geht, an dem mir was liegt. Und das wirst du nicht verhindern können. Magnetic Push!" Nun war es so weit, würde es klappen oder würde er versagen und für immer die Schuldgefühle des Überlebenden mit sich herum tragen, wie er es schon bei Riza empfand? Die Anstrengungen und die immense Willenskraft des jungen Magiers wurden schließlich belohnt, als das Schwert noch weitere fünf Zentimeter in den Lich gestoßen wurde – über mehr Kraft verfügte er zu diesem Zeitpunkt einfach nicht –, doch das reichte völlig aus. Grund dafür war, dass sich das Schwerte nun tiefer in das Herz bohrte und das Unleben des Geisterkönigs ein für alle Mal beendete. Nichts mehr mit ruhender Grabkammer, in welcher er schlafen und seine Kräfte regenerieren würde, auf dass er Jahrhunderte später wieder ausbrach, um die Stadt zu terrorisieren. An dem entsetzten und lauten Kreischen des Untoten konnte man entnehmen, dass er soeben gestorben war. Damit verbunden lösten sich schließlich die Fesseln aus dunkler Energie um Auroras Bein, sodass sie gen Boden fiel. Der Speer straff Auroras Bein, ehe er schließlich in einen Baum flog und diesen zersplitterte. Gerne hätte Yuuki Aurora aufgefangen, um einen harten Aufprall ihrerseits zu verhindern, doch er konnte nicht. Er hatte nämlich soeben all sein Mana und seine Willenskraft aufgebraucht und er spürte, wie die letzte Kraft seine Beine verließ, was diese langsam einknicken ließ. Natürlich näherte sich ihm der Boden immer weiter, ehe er mit dem Gesicht hart auf diesem aufschlug, doch zu seinem Glück spürte er nichts mehr davon. Trotzdem war er glücklich, endlich hatte er es geschafft, jemanden zu retten, an dem ihm was lag. Er war nicht mehr alleine auf dieser Welt. Zufrieden nahm er die Ohnmacht an, welche ihn überkam. Er war Yuuki Grynder und nichts war unmöglich, wenn man nur ganz fest daran glaubte und es sich vornahm. Was die Ohnmacht anging, wurde es doch langsam zum Trend, dass sie ihn am Ende jeder Quest überkam, was?

Was Aurora anging... die bekam leider nichts von der heldenhaften Rettungsaktion des Grynders mit, da ihr Bewusstsein sich schon vor einiger Zeit verabschiedet hatte.

Was die Soldaten anging, die sich nach dem Fall Cortas auf Abstand geflüchtet hatten und das letzte Aufbegehren der beiden jungen Magier von dort aus gebannt beobachtet hatten, schwang die Stimmung wieder um. Zwar konnte man nirgends Freude in ihren Gesichtern finden, da ihr geliebter und geschätzter Hauptmann dem Dämon zum Opfer gefallen war, aber die Erleichterung war nicht zu übersehen. Schließlich hatte der Rotschopf das vollbracht, was Corta nicht geschafft hatte, er hatte den Lich ein für allemal vernichtet und damit die Gefahr für Argeon Town endgültig gebannt. Eine Sekunde lang herrschte Stille, wie als hätte das imaginäre Orchester eine Generalpause eingelegt, dann stürmten einige der mutigeren Soldaten aus der Masse hervor, um sich um die beiden Jugendlichen zu kümmern, die wehrlos auf dem plattgetretenen Gras lagen.
Der rothaarige Junge war in die Knie gesackt und zur Seite weggefallen, sodass ihm einer der Soldaten unter die Achseln griff und ihn so hoch zog, seinen Arm um seine Schultern legte und ihn mit Hilfe eines seiner Kameraden stützte. Die beiden unterhielten sich, während sie Yuuki in das provisorische Krankenlager brachten (Das Krankenhaus der Stadt war haltlos überfüllt) darüber, wie spannend dessen Kräfte eigentlich waren und dass er mit ihnen doch eigentlich gegen alles bewaffnete gewinnen konnte. Selbst Corta, so mutmaßten sie, hätte den Grynder wahrscheinlich nicht besiegen können. Doch bei der Erwähnung dieses Namens wurden die Gemüter schwerer. Man würde ihn dort begraben, wo er gefallen war, dort würde man ihm ein Denkmal errichten, ihm, der für seine Stadt und für ihre Bürger, die er liebte, gestorben war. Die Beerdigung würde so schnell wie möglich geschehen und es würde wahrscheinlich die ganze Stadt erscheinen.
Das Mädchen mit der Augenklappe war zum Glück durch die Rüstung, die sie immer noch trug, vom größten Schaden durch den Sturz bewahrt worden, lag jedoch in einer recht unbequem wirkenden Position auf dem Gras, zudem blutete ihr Bein, dort, wo sie der letzte Angriff des Lichs verwundet hatte. Auch sie wurde in eben jenes Lager gebracht, wobei die Soldaten erst einmal Mühe und Not damit hatten, sie aus ihrer metallenen Verschalung zu lösen (Erstens war das nicht ganz einfach, zweiter wollte es niemand tun...).
Nun lagen die beiden Jugendlichen jedenfalls endlich auf zwei mehr oder minder weichen Decken, über ihnen spannte sich eine weiße Zeltplane und die Sonne schien durch das "Dach". Würde Yuuki erwachen, würde er seine Kleidung sorgsam gefaltet neben dem Lager vorfinden, oben auf sein Medaillon. Er selbst hatte einen weißen Kittel an, den die Soldaten aus dem Krankenhaus geliehen hatten, denselben trug auch Aurora, die etwa einen Meter von ihm entfernt lag. Der Haufen neben ihr war deutlich größer, denn dort lagen nicht nur ihre Kleidung Rüstung, sondern auch ihre Augenklappe, die die Ärztin, die nach beiden geschaut hatte, abgenommen hatte. Oh Wunder... das Augenlid darunter sah eigentlich ziemlich intakt aus. Sie schlief noch, denn die Strapazen des Kampfes hatten ihr ganz schön zugesetzt, aber Yuuki würde wohl bald erwachen.

Der Rotschopf wusste es nicht, doch er war in einem Traum gefangen, in dem er fiel und fiel, ohne wirklich auf dem Boden aufzuprallen. Überall konnte er Bilder von Personen sehen, die er kannte und mochte: Da waren einerseits Ryo, wie er früher immer mit ihm gespielt und trainiert hatte, Bilder von seinen Eltern, wie sie sich fürsorglich um ihn gekümmert und ihn verwöhnt hatten, auch wenn er sie seit Langem nicht mehr gesehen hatte. Anschließend tauchten noch Bilder von Riza und ihrer Mutter auf, von dem Tag, an dem er sie und ihre Familie kennengelernt hatte. Dann waren weitere Bilder, auf denen sie älter war, und anschließend noch das Letzte, was er von ihr gesehen hatte, bevor er aufgebrochen war, um ihr Geburtstagsgeschenk zu besorgen. Einen Augenblick darauf folgte eine Schwärze, die alle Bilder auslöschte, ehe die Nächsten kamen. Da waren noch Aurora und Scarlet, doch damit endeten auch schon die Bilder der Leute, die ihm etwas bedeuteten. Hmm, nur so wenig?, schoss es ihm durch den Verstand, ehe er schließlich erwachte.
Sein Blick war nach oben gerichtet, weshalb er in den ersten Augenblick von dem hereinfallenden Licht geblendet. Es war kein Fenster, nein, es handelte sich um eine weiße Zeltplane, die anscheinend über ihren Köpfen gespannt worden war. Wo befand er sich hier? Unterbewusst begann etwas an ihm zu nagen, weshalb er sich sofort danach erkundigte, was hier falsch war. Es vergingen lediglich einige kurze Augenblicke, ehe er entdeckte, was ihn gestört hatte: Das Medaillon mit Rizas Bild hing nicht mehr an seinem Hals. Es war verschwunden! Panisch begann sich der Grynder auf der Suche danach umzuschauen, als er es schließlich entdeckte. Es befand sich auf sorgsam gefalteter Kleidung, die ihm wirklich bekannt vorkam. Moment mal, es handelte sich ja um seine Eigene. Was hatte er denn dann bitte schön an? Ein Blick zu sich herunter zeigte ihm, dass er einen weißen Kittel anhatte. Befanden sie sich hier etwa in einem Freiluft-Krankenhaus? Wie dem auch sei, zuerst einmal nahm er das Medaillon in die Hand und öffnete, sodass er einen guten Blick auf dessen Innenleben werfen konnte. Begrüßt wurde er von dem einzigen Bild Rizas, welches er noch besaß. Ihr warmes Lächeln stimme ihn irgendwie nachdenklich und traurig, er wollte jetzt keinesfalls wieder nostalgisch werden. Aus diesem Grund schloss er es zufrieden und hing es sich um den Hals, ehe er das kühle Metall schließlich an der gewohnten Stelle spürte. Da er nun erst mal zufrieden war, begann er sich in dem Zelt umzusehen und entdeckte auch flugs Aurora. Sie schien ebenfalls die gleiche Kleidung wie er anzuhaben, denn ihr Haufen Kleider, der auch um einiges größer war als sein eigener, befand sich neben ihrem Bett. Trotzdem hatte er wieder ein etwas seltsames Gefühl, als er das Mädchen erblickte. Was war nun jetzt wieder faul? Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, sie besaß zwei Augen! Nun, wenigstens besaß sie zwei Augenlieder. Wofür aber dann die Augenklappe? Er hatte sich eigentlich nie wirklich darum Gedanken gemacht, da er einfach angenommen hatte, dass sie ein Auge verloren hatte. Doch jetzt begann er sich dafür zu interessieren, warum sie verheimlicht hatte, dass ihre zwei Augen völlig intakt waren. Dafür gab es seiner Meinung nach mehrere Erklärungen: Vielleicht fehlte ja einfach ihr Augapfel, und ihr Lied war intakt? Dennoch, die Wölbung sprach dagegen, es befand sich irgendetwas darunter, das war klar. Vielleicht hatte sie ja auch irgendeine Kraft in dem Auge, und die Augenkappe war magischer Natur, sodass diese Kraft, die durchaus gefährlich sein konnte, in Schach gehalten wurde. Davon hatte man schon gehört, also warum konnte das nicht auch bei ihr der Fall sein? Andererseits hatte er auch schon von Gerüchten starker Kämpfer gehört, die lediglich mit der Sicht eines Auges kämpften, um dem Gegner eine Chance zu lassen und die eigenen Sinne noch weiter zu schärfen. Möglicherweise war dies ja auch bei Aurora der Fall. Nun ja, es gab lediglich eine Möglichkeit das zu überprüfen, weshalb er sich so langsam und leise erhob, wie ihm nur möglich war, und sich auf die Ilia zubewegte. Kurz vor ihrem Gesicht hielt er inne, jetzt galt nur noch abzuwarten, bis sie erwachte und ihre Augen öffnete. Yuuki war wirklich gespannt darauf, was er nun gleich zu Gesicht bekommen würde.

Wovon träumte ein Mädchen wie Aurora bloß, nachdem sie dem Tod auf so knappe Art und Weise entronnen war, nachdem sie ein Knochenmann gefangen und gequält hatte? Es war interessanterweise kein Albtraum, der in ihren Gedanken herumspukte, keine Skelette, die Reigen tanzten, keine Zombies, die sie umstellten und ihr Hirn wegfressen wollten. Auch ansonsten kam wohl nicht aus dieser Quest in ihren Gedanken vor, nachdem die Ohnmächtigkeit in einen ruhigen Schlaf übergegangen war. Stattdessen hüpften Ananasse in Kreisen und der süßlich saure Geruch schwängerte die Luft um sie herum... das war das reine Paradies! Immerhin hatten die gelblichen Früchte weder Extremitäten noch Augen, denn das hätte dann wahrscheinlich an Wahnsinn gegrenzt. Jedenfalls war es, als drehe sich die Welt um sie herum, verschwinde in gelben und grünen Farbschlieren und der wunderbare Wohlduft löse sich ganz langsam in etwas stechenderes, nicht mehr halb so appetitlicheres auf. Blut. Warum war hier so viel Blut, wer konnte so viel von seinem roten Lebenssaft verschüttet haben ohne zu sterben? Oder war diese Person vielleicht schon tot, floss der Blut deswegen so in Strömen? Sie war sich nicht sicher, aber die tanzenden Früchte hatten deutlich einladender gewirkt, als das hier. Blut... die rote Farbe dieser Flüssigkeit erinnerte sie unwillkürlich an ihren eigenen Vater, dessen Augen in dieselbe Farbe getaucht waren, der nur darauf wartete, dass seine Tochter den Weg für ihn frei machte... Oh ja, daran musste sie arbeiten.
Mit diesem Gedanken im Kopf, der Anarchie für Lamia Scale und den Tod für viele schwache Gildenmitglieder bedeuten würde, wachte Aurora auf und streckte sich erst einmal genüsslich - Wobei der junge Magier, der über ihr lauerte, leider Bekanntschaft mit ihrem Arm machte und weggedrückt wurde. Sofort bemerkte sie, dass sie da etwas getroffen hatte und riss die Augen auf. Eine kurze Sekunde bemerkte sie, dass es Yuuki war und kein fremdes Monstrum, sodass sich ihr Puls wieder etwas entspannte, dann jedoch regsitrierte sie, dass ihr Sichtfeld irgendwie zu groß war und schlug sofort die Hand vor ihr rechtes Auge. Verdammt! Wer hatte es gewagt und ihr ihre Augenklappe abgenommen...! Das war ein Sakrileg, um mal mit den Worten des Lichs zu reden, das war ihr größtes verdammtes Geheimnis! "Ah~ Ohayo Yuuki, hast du meine Augenklappe gesehen?", raunte sie und sah sich hektisch um, während sie noch immer ihre schmale Hand auf das Auge gedrückt hielt. Es war ja nicht magisch oder so, es hatte lediglich eine andere Augenfarbe - nur dass dieser eine Rotton eben so charakteristisch für ihren Vater war und dieser wirklich nicht gerade unbekannt.