Hrr... Kabuto hatte sich schon den ganzen Abend über Sorgen machen müssen. Einerseits, weil er durch die Erzählungen der anderen wusste, dass ihre Gegenspieler sich hier in der Stadt befanden, andererseits, weil Sylvana sie doch tatsächlich bestohlen hatte! Ihr Mut war bewundernswert, keine Frage, und ihr Einfallsreichtum ebenso – der Kyofu hätte so etwas nie hinbekommen, aber er war nicht verwundert, dass eine großartige Person wie Sylvana es konnte. Was ihn beunruhigte, war der Gedanke, dass diese Leute das Verschwinden von so etwas Wichtigem wie einer Karte, die zu ihrem Ziel führte, sicher bemerken und, wenn sie die Magier in den Griff bekamen, grausam bestrafen würden. Immerhin war es wirklich nicht schwer, zwei und zwei zusammen zu zählen – wer außer ihnen hätte Interesse an so einer Karte? Natürlich bestand immer noch die Möglichkeit, dass sie zufällig gestohlen wurde, aber wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass die Leute, die den Zug überfallen hatten, das glauben würden? Nicht sehr hoch...
Aber jetzt sorgte er sich nicht mehr. Weil seine Gedanken nämlich darauf fokussiert waren, das Klappern seiner Zähne zu unterdrücken. Sie waren in der Wüste! Also wieso war es so kalt? Ja, man hatte ihn vorgewarnt was die Nacht anging, aber es war viel schlimmer, als er gedacht hätte. Der Grünschopf zog seinen Umhang enger um sich, aber es half wenig. Wieso dauerte der Weg zum Turm auch so lange? Sie waren schon ewig zu Fuß unterwegs, stundenlang, und es war immer noch nichts in Sicht. Die Nacht war über ihren Köpfen hereingebrochen und vor wenigen Minuten waren ihre Feinde vorbeigerattert, aber den Turm konnten sie nicht einmal sehen. So langsam begann das bisschen Sicherheit, das der Kyofu behalten hatte, in sich zusammen zu fallen. Ihre Gegenspieler waren bereits auf dem Weg, wesentlich schneller als sie, und sie hatten keine Ahnung, wie lange sie noch brauchen würden, geschweige denn was sie wirklich vorfanden. Außerdem hatten sie es mit Leuten zu tun, die Züge zerlegen konnten... Kabuto konnte das nicht, und die anderen vermutlich auch nicht. Und jetzt bestand auch noch die Möglichkeit, dass sie in der Kälte der Nacht umkamen! Nein, der Verlauf dieser Mission gefiel ihm gar nicht...

Ob Akay und die anderen eine Rast nun für vernünftig hielten oder nicht – und Kabuto war sich absolut sicher, dass er eine brauchen würde; die ganzen Sorgen rissen ziemlich heftig an seinen Nerven – war ziemlich irrelevant, denn der werte Herr Cunnington war definitiv der Meinung, dass das Wichtigste war, was auch immer sie im Turm finden würden nicht ihren Feinden zu überlassen. Zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, aber der Kyofu war sich nicht sicher, ob er es wirklich durchstehen würde, wenn er die Nacht über keinen Schlaf bekam. Nicht, dass er eine Wahl hatte. Oder widersprechen würde, wenn er eine gehabt hätte. An der Sache mit der Fügsamkeit arbeitete er noch...
Sie liefen die Nacht hindurch und am nächsten Tag immer noch. Kabuto war sich sicher, dass er inzwischen Tränensäcke hatte, aber das konnte auch nur so ein Gefühl sein... er wirkte aber auf jeden Fall ziemlich müde. Er war aber tatsächlich viel eher erschöpft. Kabuto litt immer stärker unter geistigem Druck als unter physischer Ermüdung, und bei dem ganzen Laufen durch die Wüste erwischte ihn beides relativ hart. Aber sie mussten nicht mehr lange laufen. Nicht mehr zu lange jedenfalls. Denn schon am frühen Nachmittag... erschien er! Der Turm! Ihr Ziel! W-wir sind da! E-e-endlich!, rief Kabuto und lief vor lauter Freude vor, auf das große Gebilde zu, das vor ihnen in die Luft ragte. Wie hatten sie es nicht früher sehen können? Es war so groß! Und es ragte in den Himmel hinauf, so weit, dass man die Spitze nicht sehen konnte! Der Farbton war auch nicht wie heller Sand, sondern ein viel dunklerer Braunton. Und hier und da wirkte er ziemlich bröcklig, kein Wunder nach all der Zeit, die er hier schon stehen musste. Erleichtert lief der Junge über den kornigen Sand, frei und sicher, nur noch wenige Meter entfernt vor dem großen Tor, das so rettend und einladend vor ihm in die Höhe ragte. Noch im Laufen streckte er seine verhüllten Arme aus, stemmte sie gegen den hölzernen Eingang...
Und fiel nach vorne. Da... da war kein Widerstand! Nun lag er da, auf Händen und Knien, irritiert, ahnungslos. Was war gerade passiert? Seine Mitte wurde durchtrennt von dem großen Tor... oder sie wäre es, wäre es noch da. Aber es war weg. Der Turm auch. Um ihn herum gab es nichts als heiße Luft. Was war hier los? Eine kleine Träne sammelte sich in Kabutos Auge, verschwendete einen Teil seiner Körperflüssigkeit, während er sich aufrappelte und ihm klar wurde, was das hier gerade gewesen war: Eine Fata Morgana, nichts weiter. Ein Trugbild. Das bedeutete...
Das Ziel war noch immer nicht in Sicht...

Sand… Egal wo man hinsah, das Auge konnte nur die unglaublichen Mengen an kleinen Gesteinskörnern erblicken. Keine Oasen, keine Sträucher und vor allem kein Turm. Es war jetzt schon sicherlich mehr als eine Stunde her, als diese verfluchte Fata Morgana mit ihren Hoffnungen gespielt hatte. Seitdem schien die Stimmung innerhalb der kleinen Gruppe doch deutlich gesunken zu sein. Verständlich, wenn man die triste Umgebung in Kombination mit der Sonne, die so erbarmungslos auf sie niederschien und die Luft zum vibrieren brachte, vor Augen hatte. Ohne Crater, den Stellargeist, den Akay hin und wieder beschwor, um ihre Trinkschläuche auffüllen zu können, wären sie vermutlich schon jetzt am Ende ihrer Kräfte. Auch wenn der Unterschied zu ihrem jetzigen Zustand nicht wirklich groß war. Die Wüste forderte nun einmal ihren Tribut. Ein ziemliches Problem, wenn man bedachte, dass der Feind mit seinem Vorsprung völlig ausgeruht auf sie warten könnte. Wobei sie bezweifelte, dass sie in eine Falle liefen. Warum die Zeit damit verschwenden, eine Falle zu stellen, wenn man stattdessen den Vorsprung nutzen konnte, um den Turm zu erkunden und vorher zu finden, worauf der Professor so scharf zu sein schien.
Das größte Problem war jedoch der geistige Zustand der Gruppe. Nicht nur die Stimmung war auf dem Nullpunkt, die Wüste zermürbte auch langsam ihre Konzentration und ihren Willen. Jeder Schritt ohne Erfolg nagte nur noch mehr an ihnen. Sie selbst spürte es und es reichte ein kurzer Blick auf Kabuto, um ihren Verdacht zu bestätigen. Seit dem Auftauchen dieser Fata Morgana war sich die Fernandez relativ sicher, dass Kabuto am Kämpfen war. Angespannt biss sich die Dragonslayerin unterbewusst in die Unterlippe, ließ sich zum Professor zurückfallen, um einen Blick auf Kompass und Karte werfen zu können. Ihre Richtung war korrekt, also müsste doch mal irgendwann dieser verdammte Turm erscheinen. So ein riesiges Gebilde würde doch schon aus der Ferne auffallen!

Die Sonne war bereits dabei den Horizont zu küssen und den Einbruch einzuläuten und noch immer hatten sie ihr Ziel nicht erreicht. Nur eine weitere Fata Morgana war aufgetaucht, um ihren Hoffnungen erneut einen gepflegten Tritt in den Allerwertesten verpassen zu können. Die Dragonslayerin konnte es einfach nicht verstehen. Bei ihrer Laufgeschwindigkeit und der Zeit, die sie nun schon damit verbrachten durch die Wüste zu wandern, hätten sie doch schon längst diesen Turm erreichen oder ihn zumindest am Horizont entdecken müssen. Doch nichts war davon zu sehen. Kein Turm, keine Reifenspuren, keine Hinweise. So langsam verlor auch Sylvana die Hoffnung…
„Kann es sein, dass dieser so heiß umworbene Turm im Endeffekt doch nur irgendein Märchen ist, welches unserer Fantasie entspringt?“ Seufzend schüttelte Sylvana ihren Kopf, setzte ihren Trinkschlauch an die Lippen und ließ die letzten Tropfen ihre Kehle befeuchten. Als sie ihren Blick wieder auf den Horizont fixierte, entdeckte sie wieder die Umrisse des Turms, welcher wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Noch vor wenigen Stunden wäre sie jetzt erleichtert gewesen, endlich ihr Ziel erreicht zu haben. Aber nach zwei Trugbildern war sie sich diesmal fast schon sicher, dass das Schicksal sie weiter quälen wollte. Aber nicht mir ihr! Nicht ein drittes Mal! So ein dämliches Trugbild würde sie nicht hinters Licht führen! Allem Anschein nach war Sylvana mit diesem Gedanken nicht alleine. Weder Kabuto, Akay oder Tascha schienen etwas wie Erleichterung zu spüren. Langsam näherten sie sich dem Turm, welcher mit jedem Schritt seine volle Größe offenbarte. Wie ein Koloss, der Mitten in der Wüste stand und über alles zu wachen schien. Mit Fahrzeugen vor dem massigen Gebilde, die… Moment mal, Fahrzeuge? Verwundert blinzelte Sylvana. Einmal, zweimal. Da standen wirklich Fahrzeuge. Dieselben, die letzte Nacht an ihnen vorbeigefahren waren. Sie wusste, dass eine Fata Morgana große Dinge in der Wüste wie aus dem Nichts auftauchen lassen konnte, aber… Im Vergleich zu den zwei Trugbildern früher standen dort diese Fahrzeuge, in denen, wie Sylvana jetzt feststellte, auch einige Personen regungslos saßen. Sofort beschleunigte sie ihre Schritte, näherte sich schnell den Fahrzeugen. Wie erwartet waren sie echt, keine Trugbilder. Ihre Hand drückte für einige Sekunden auf die harte Oberfläche aus Metall, ehe sie sich dem Fahrer zuwandte. Seine Augen und Mund waren weit aufgerissen, seine Hand hatte sich in seinem Wüstenmantel verkrampft, während er ausdruckslos in den Himmel starrte. „Eindeutig tot…“, murmelte Sylvana und erhob kurz daraufhin ihre Stimme an ihre Gefährten. „Schaut nach, ob jemand von ihnen noch am Leben ist! Sie mögen zwar für den Feind arbeiten, aber wenn wir einen retten können, so sollten wir das auch machen!“

Die Sonne brannte auf Taschas Kopf, als sie sich ganz langsam bückte und ihren Stiefel zum dritten Mal entleerte. Ein ganzer Haufen Sand fiel zu Boden, doch Tascha war sich sicher, dass ein neuer Haufen bald seinen Weg in ihren Schuh finden würde. Das hatte die Wüste nun einmal an sich. Während die Nacht ihr kaum etwas ausmachte, Kälte war für sie ja nichts neues, setzte ihr die Hitze des Tages sehr zu. Ihr Wasser war fast aufgebraucht und Akay wollte sie nicht fragen, immerhin opferte er einen Teil seines Manas dafür, die Gruppe zu versorgen. Vielleicht würde ihr Eis genauso gut helfen? Ohne lange zu fackeln, legte das Mädchen seine Hände zusammen und erschuf mittels eines ihrer Zauber, einen Würfel aus Eis. Normalerweise ein Zauber zum Schlösser knacken, war er heute eher dazu gedacht die Temperaturen angenehmer zu gestalten. Wohlig seufzend drückte die Magierin das Eis an ihre Wange und genoss die kühle Berührung.
Einige Zeit später erreichte die Gruppe endlich den gesuchten Turm. Ein eindrucksvolles Bauwerk, dessen reine Anwesenheit Tascha absolut unwirklich erscheinen ließ. Es sah alt und schon recht verwittert aus, verlor dadurch aber kein bisschen von seiner Pracht und Erhabenheit. Staunend blickte die Eisalchemistin an dem Gebäude nach oben und bemerkte gar nicht, wie sie die Fahrzeuge erreichten, die bereits hier standen. Erst, als die einen der magischen Jeeps beinahe berührte, registrierte ihr abgelenkter Geist, dass sie nicht alleine waren. Vorsichtig und plötzlich angespannt blickte sie in die Fahrerkabine, konnte aber nichts ausmachen, als einen Haufen Sand und eine verdächtige und angebrochene Trinkflasche. Neugierig schüttelte die Magierin das Gefäß und schnupperte an dem Inhalt. 'Gin.' Auch wenn sich Tascha nur selten den Freuden des Alkohols hingab, so wusste sie schon, wie die einzelnen Getränke rochen und auch schmeckten. Das gebot ihre Ehre, als Kennerin aller Nahrungs- und Genussmittel, die nur irgendwie zum Verzehr geeignet waren. Doch zurück in die Wüste. Während die Magierin in dem einen Jeep nichts weiter fand, untersuchte Sylvana das andere Fahrzeug und fand … eine Leiche. Na das lief a toll. Voll kindlicher Neugier, die Tascha zu einem offenen Menschen machte, wollte sie auch einen Blick auf den vermeintlich Toten werfen, was sie später wieder bereite. Sie kante Gewalt, sie kannte Leichen, ihr bisherigen Leben schien damit gepflastert zu sein doch sie war nicht so emotionskalt, dass sie bei dem Anblick nichts spürte, ganz im Gegenteil. Als ihr Blick über den leblosen Körper huschte, schlug sie die Hände vor dem Mund zusammen und taumelte einige Schritte zurück. Es war immer wieder schwer eine Leiche zu sehen, aber das konnte während der Arbeit als Magier geschehen. Dennoch, Tascha würde weiter machen, so auch jetzt. Zwar wollte sie sich nicht noch länger mit dem Toten beschäftigen, aber es gab ja auch noch andere Aufgaben. Zum Beispiel diesen Turm. Feststand für Tascha, dass sie dort irgendwie hinein mussten und wer, wenn nicht sie mit ihrem Zaubr Ice Make: Grappling Hook, wäre besser dafür geeignet die Gruppe an das scheinbar einzige Fenster zu bringen. So war sie bereits einmal mit Emaru in ein Museum eingestiegen … Einbrechen, Schlösser knacken? Wen man es nicht besser wusste, wäre Tascha sicherlich eine klasse Diebin. „Hey Leute, wir müssen da irgendwie rein, oder? Sich käme vielleicht da oben an das Fenster.“ Ohne zu warten, stellte sich die Magiern breitbeinig vor dem Turm auf und hielt ihre Hände beide in Richtung des Fensters. Sie würde beide Haken brauchen, um alle Magier und den Expeditionsleiter dort hinauf zu bekommen. Ice Make: Grappling Hook Zwei gefrorene Enterhaken schossen aus ihren Händen und erreichten das Fenster gerade so. Tascha spürte bereits den Ruck, so als wären die Haken zu kurz, aber glücklicherweise verhakten sich die beiden Eisgebilde im Inneren des Fensters und boten scheinbar genügend Halt. „Haltet euch fest und wir können los!“ Eigentlich wollte Tascha nicht dort hinein, aber sie musste stark sein, für Sylvana und die anderen. Dennoch, was ach immer den Mann umgebracht hatte, es könne sich dort drin befinden.

Nach langer Zeit erreichten sie endlich den echten Turm, aber ehrlich gesagt realisierte Kabuto das nicht gleich. Er hatte inzwischen mehr oder weniger den Glauben daran verloren, tatsächlich irgendwann anzukommen, und das konnte ihm sicher niemand verübeln. Nach zwei Fehlversuchen konnte man nicht erwarten, dass es plötzlich klappte. Außerdem briet ihn die Sonne gerade ziemlich gut durch, und sein Verstand hatte sich schon vor einer ganzen Weile verabschiedet, momentan war er wenig mehr als eine leere Hülle, die seinen Kameraden hinterher stapfte und dabei versuchte, nicht in den sandigen Weiten der Wüste zu verschwinden. Deswegen merkte er kaum, dass sie dieses Mal tatsächlich am Turm angelangt waren, sah nicht einmal die Fahrzeuge, die hier herumstanden, bis Sylvanas Stimme etwas sagte, das ihn aus seinen fehlenden Gedanken riss: „Schaut nach, ob jemand von ihnen noch am Leben ist!“ Ob jemand... noch am Leben ist? Wer war noch am Leben? Oder eher: Wer war tot? Kabutos Bewusstsein kehrte augenblicklich hinüber zu Sylvana, die an einem Wagen stand, in dem offenbar jemand war... war er tot? Der Kyofu zitterte. Aber er bekam sich wieder unter Kontrolle. Sylvana hatte Recht! Dass einer von denen gestorben war, bedeutete noch lange nicht, dass das auch auf die anderen zutraf! Er wischte sich kurz über die verschwitzte Stirn, dann lief er los. Zu einem Fahrzeug. Zum nächsten. Zweimal toter Fahrer. Drittes Fahrzeug. Toter Fahrer. Nach einer Weile waren alle Fahrzeuge durch – Kabuto war sich ziemlich sicher, dass er in seiner Hektik sogar einen oder zwei doppelt abgegrast hatte – und die Nerven des Kyofu schleiften auf dem Boden. „W-wie... wie konnten sie nur...?“ Diese Leute waren nicht an natürlichen Ursachen gestorben. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit hatte Kabuto immerhin noch gehofft, dass die Hitze der Wüste oder Dehydration sie das Leben gekostet hatte, aber das war nicht der Fall. Das konnte jeder sehen. Er schluckte. Was waren das für Menschen, die ihre eigenen Kameraden töteten...? Wie kalt konnten sie sein? Nur, weil sie nicht wollten, dass so viele Leute wussten, was sie taten? Wirklich, wie kalt konnten sie sein...
Wenn sie schon ihre Verbündeten so einfach aus dem Weg räumten, war sich Kabuto ziemlich sicher, dass sie keinen Halt vor vier Magiern und einem eher wehrlosen Professor machen würden, wenn die sich in ihren Weg stellten. Das sollte auch etwa das erste Mal sein, in dem der Kyofu sich in Angesicht dieses Gedanken nicht wünschte, das hier könnte einfach enden. Zumindest nicht instinktiv und bewusst. Er spürte zwar immer noch eine deutliche Angst, vermutlich noch eine deutlichere als zuvor, aber ihm war auch klar, dass er diese Leute nicht ziehen lassen konnte. Für einen Magier von Fairy Tail – naja, für einen guten Magier von Fairy Tail – waren Begleiter, Kollegen, Gefährten und Kameraden etwas, das man nicht anfasste. Man ließ nicht zu, dass das eigene Team verletzt wurde, wenn man es verhindern konnte, und schon gar nicht verletzte man jemanden, der mit einem kämpfte! Und wie sicher – hoffentlich – einigen anderen Mitgliedern seiner Gilde stieß das Kabuto ziemlich übel auf! Er war nicht so stark, dass er es mit ihnen aufnehmen konnte, das wusste er. Aber er war auch nicht so ein Feigling, dass er sie deswegen einfach gehen lassen könnte... Nein! Er würde sie bekommen, er würde gegen sie kämpfen! Und er würde ihnen zeigen, dass man seine Kameraden nicht opferte! Wenn er schon nicht viel hinbekam... das hier war wichtig. Das hier musste sein. Das hier würde er schaffen!

… Aber zuerst einmal kam eine Aufgabe, die für ihn ziemlich unmöglich war. Wie konnte man von ihm, Kabuto Kyofu, nicht einmal ansatzweise zwei Meter, oder wenigstens 1,75, groß und Käfermagier, erwarten, dass er einen Weg hatte, zu einer zu hoch gelegenen Öffnung zu gelangen? Er konnte nicht so gut klettern wie ein gewisser Katsu, an den er und sicher auch Sylvana sich noch gut erinnerte, und selbst wenn, hätte das hier eine ziemliche Herausforderung dargestellt, einfach weil der Turm sich nicht zum Klettern eignete. Er allein hätte an dieser Stelle aufgeben müssen, und da war er sicher nicht der einzige. Aber zum Glück hatten sie Natascha dabei, die selbst in der Wüste mit ihren Eishaken überall hinkam! Und so wurde diese Hürde überwunden, und die Gruppe konnte den Turm endlich betreten.
Zuerst einmal ging es von der Tür... dem Fenster? Dem Eingang aus ein paar Meter weit nach unten, aber das war ein Sprung, der sich als ziemlich einfach herausstellte. Nicht einmal Kabuto schaffte es, sich dabei zum Affen zu machen. Das Innere des Turmes war aber nicht weniger beeindruckend als das Äußere. Die Magier – und der Professor – befanden sich gemeinsam in einem einzelnen, großen Raum, der sicherlich als Ballsaal hätte dienen können, so groß war er. So groß, und so protzig. Vier große Säulen schienen die Decke zu halten, und damit den Rest des riesigen Turmes, wirkten aber nicht so kraftvoll-martialisch, wie dieser Zweck erwarten lassen würde, sondern eher sanft und elegant. Wer auch immer es gebaut hatte, hatte viel Arbeit in die kleinen Muster gesteckt, die die Säulen ausmachten. Auch die Wände ließen Muster sehen, die allerdings eher an Höhlenmalereien erinnerten. Es waren in die Wand gekerbte Bilder, die ein Volk zeigten, wie es... etwas tat. Hier und da schienen die Zeichnungen auf die Sterne hinzudeuten, die durch kleine Stückchen Gold symbolisiert wurden. Gold konnte man übrigens noch öfter finden, es zog sich an verschiedenen Stellen über die Wände und Säulen und hier und da bestand sogar eine Kachel des Fußbodens aus dem wertvollen Material. Selbst die Gebilde an den Wänden, die sicher mal dazu gedient hatten, Fackeln zu halten, von denen allerdings nichts mehr übrig zu sein schien, waren golden. Oder vergoldet. Eins von beidem. Dieser Ort war auf jeden Fall einer der edelsten, die man auf der Welt sehen konnte...
Oder er war es mal gewesen. Die Zeiten hatten sich geändert, und die Jahre hatten ihre Spuren hinterlassen. Das Gold hatte all seinen Glanz verloren, und vermutlich eine Kombination aus Sand und Wind hatte an Wänden und Pfeilern gezehrt. Die Muster an den angefressenen Säulen waren größtenteils völlig verschwunden, und auch die Bilder an den Wänden waren an manchen Stellen gar nicht erkennbar. Zwei der wertvollen Fackelhalter waren sogar komplett abgebrochen. Und überall, wirklich überall, lag Sand. Nun, vermutlich kein Wunder, wenn man ein Gebäude in einer Wüste stehen ließ und eine Tür... ein Fenster... einen Eingang hatte, der weit offen war. Aber es war dennoch enttäuschend.
Und es warf eine Frage auf: Wie kam man aus diesem Raum wieder heraus? Eine Treppe sah Kabuto spontan gar nicht...

So mehr sich sein Körper auch nach einer Rast sehnte, desto eher wusste er, dass Cunnington Recht hatte. Ihre Gegenspieler waren ihnen wieder einen Schritt voraus und wenn sie erneut Pech hatten, könnte ihre ganze Eile umsonst sein. Aber die Möglichkeit, dass sie den Turm rechtzeitig finden könnten und das, was diese Leute planten, zu vereiteln vermochten, war Antrieb genug für alle, wenngleich es ihre einzige Wahl war. Es war Kabuto, der zuerst den Turm entdeckte. Akay, geblendet von der Sonne, konnte nicht recht erkennen, was der Magier sah doch hoffte er inständig, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Aber wo waren die Fahrzeuge? Noch während er darüber nachdachte, sah er, wie sein Gildenkollege in den leeren Sand viel. Ein Trugbild!? Waren wir schon so lange in der Wüste? Akay wusste, dass sich solche optischen Täuschungen durch verschiedenste Möglichkeiten bilden konnten, jedoch war gerade in ihrer Situation nicht klar, wodurch dies geschah. Ein weiteres Mal sollten sie dieser List zum Opfer fallen. Langsam fragte auch er sich, ob es diesen Turm wirklich gab oder, ob etwa der Feind mit ihm unbekannter Magie am Werken war. Erschöpft wischte er sich den Schweiß, der eigentlich seine Haut kühlen sollten, jedoch unwahrscheinlich in den Augen brannte, vom Gesicht als der Turm wie aus dem nichts vor ihnen erschien. Allerdings war keiner von ihnen so voller Freude, wie sie es die ersten zwei Mal waren. Ohne viel Kraft aufzuwenden, näherten sich die vier dem Gebilde, welches majestätisch über die Wüste ragte, mit … Sylvana hatte es vor ihm bemerkt: Fahrzeuge! Und nicht nur das, es waren auch Personen drinnen. Auch er setzte einen Gang zu, immerhin konnte es sich hierbei um eine Möglichkeit zum Überraschungsangriff handeln. Vielleicht waren sich diese Leute ihres Vorsprunges so sicher, dass sie zuerst eine Rast einlegen wollten, bevor sie den Turm erkunden würden. Aber wer würde, bei einer Möglichkeit auf Schatten und kühle Umgebung, mitten in der grellen Sonne kampieren. Zudem schienen diese Leute mehr als reglos. Akay bremste schon ab, als die Magierin von Blue Pegaus noch aufforderte, nach Lebenden zu suchen. Diese Leute machten keine halben Sachen. Der Turm, und das war die einzige Sache die sie jetzt noch tun konnten, war diesmal echt und sie mussten ins innere kommen. Jetzt war die Sache noch persönlicher, als sie es bereits war. Irgendwer musste dafür zur Rechtschaffenheit gezogen werden. Egal zu welchem Preis. Das Problem war nur, dass der vermeintliche Eingang wohl irgendwo unter der Erde war und der jetzige war einige Meter darüber. Hier zeigte sich, warum der Gildenmeister wohl diese Magier ausgesucht hatte. Tascha, ihre Magie verblüffte ihn trotz oder gerade wegen der sengenden Hitze, erzeugte aus der Luft eine Art Greifhaken, der wohl stark genug war, um sie alle gleichzeitig in die Öffnung zu transportieren. Und tatsächlich gelangten sie so ins Innere.

Das Innere wahr kühl und angenehm, allerdings musste sich Akay kurz Abstützen, denn der plötzliche Temperaturumschwung setzte seinem Kreislauf zu. Dann erst konnte er die Herrlichkeit dieser Baut auf sich wirken lassen. Diese Leuten mussten wirklich eine Ahnung von der Ingenieurskunst gehabt haben, zur gleichen Zeit jedoch auch beträchtliche Ressourcen. Ein solcher Turm, der vielleicht Teil einer Stadt war, würde sich nicht von heute auf morgen bauen. Und dann diese liebe zum Detail! Überall zeigten sich Hinweise auf Geister, sogar einen der seinen meinte er zu erkennen. Auch Cunnington schien überwältigt von diesem Fund, weshalb er sein Skizzenbuch herausholte und eifrig drauf los legte. Beinahe hätte man sich allein in diesem Raum verlieren können und unter Umständen war das die Ursache, weshalb es ihm noch nicht aufgefallen war: Wo war der Rest der Fahrzeugmannschaft. In dieser Halle jedenfalls nicht. Eben gerade hatte er doch noch darüber philosophiert, ob dieser Turm nicht Teil einer Stadt gewesen war. Was ist, wenn dem wirklich so war. Akay ging schnellen Schrittes durch die Halle. Die original Mechanik war sehr wahrscheinlich verloren gegangen oder zerstört wurden, denn einen offensichtlichen Hebel konnte er nicht finden. Denk nach Akay, du kannst das. Doch erst als er nach oben schaute, kam ihm der zündende Gedanke: Natürlich, Sterne! Eifrig suchte er die Wände ab, denn nur dort vermutete er eine Vorrichtung irgendeiner Art, und nach einigem Suchen, und vermutlich einiger verwirrter Blicke seiner Gruppe, kam er vor einem Stern an, der unscheinbar an der Wand gezeichnet war, wenn man dem Muster jedoch gefolgt war, das Ende dieser Reise darstellte. Hoffentlich würde er Recht behalten. Mit etwas Kraft drückte er gegen das Bild, der Widerstand fühlte sich wie eine normale Wand an, als plötzlich nur dieses eine Teil nachgab und nach hinten einrastete. Nicht weit von ihm öffnete sich eine Art Passage nach unten, vermutlich ein Wächtergang. Wo dieser wohl hinführen sollte?

Die ersten Momente war Sylvana mit ihrem Latein am Ende. Diese riesige Halle war scheinbar eine Sackgasse für sie. Keine Anzeichen für Türen, Treppen oder Durchgänge – oder überhaupt von Personen. Wo in Raidens Namen waren diese feigen Mörder? Während Cunnington in einer Art Delirium vor sich hinmurmelte und scheinbar die komplette Halle skizzieren wollte, suchte Sylvana nach einer Art Ausweg. Leider schienen ihr die Malereien keine Geheimnisse darüber offenbaren wollen, wie oder wo sie diese Halle verlassen konnten. Oder welchen Weg ihre Feinde genommen hatten. Spuren konnte sie nicht entdecken und der Geruch der drei Menschen hatte sich schon so stark verflüchtigt, dass sie auch daraus keine Schlüsse ziehen konnte. Was sollte sie also tun?
Ein plötzliches Geräusch ließ sie aus ihren Gedankengängen aufschrecken, ehe sie sich zu seiner Quelle drehte und ansehen durfte, wie sich langsam ein Teil der Wand aus dem Weg schob und einen Weg freigab. Kurz wanderte ihr Blick von Kabuto zu Tascha zu Akay, der anscheinend gerade eben einen geheimen Mechanismus betätigt hatte, der sie hier rausführen würde. Ein Glück, dass sie einen Magier dabei hatten, der allem Anschein nach mehr aus diesen Wandmalereien lesen konnte als sie.
„Professor Cunnington, so ungern ich sie unterbrechen möchte, aber wir müssen weiter!“ Das war natürlich eine relativ einfach zu durchschauende Lüge für jemanden, der Sylvana nur ein bisschen kannte. Es interessierte sie kaum, was der Professor noch hier machen wollte. Sie hatte Blut geleckt, wollte die offene Rechnung mit diesen beiden Magiern begleichen. Für die gefühlte Niederlage auf dem Zug und für den feigen Mord, den die beiden an ihren eigenen Kameraden durchgeführt hatten. „Ich gehe voran, folgt mir einfach!“ Ohne lange auf Antworten oder Einsprüche zu warten, ging Sylvana auf den geheimen Gang zu. Kurz hob sie ihren Kopf, schnupperte ein, zwei Mal mit ihrer Nase. Ja, der Geruch der Männer kam ihr von dort entgegen, lag recht deutlich in der Luft des Gangs. Absolute Finsternis wartete vor ihr und kurz musste Sylvana unbewusst schlucken. Für einen Augenblick blieb sie wie angewurzelt stehen, starrte leicht verängstigt dem recht schmalen Gang entgegen. //Ganz ruhig, Sylvana… Das ist keine Sackgasse…// Ihre Hand ballte sich zu einer Faust, ihre spitzen Eckzähne bohrten sich in ihre Unterlippe. Sie versuchte ihre Angst zu unterdrücken, zu besiegen. Leider nicht so einfach, wie es sich anhörte. Aber die Dragonslayerin wollte jetzt keine Schwäche zeigen. Sie durfte es einfach nicht. Was sollten die anderen von ihr denken? Das die Dragonslayerin des Donners Angst vor dunklen Gängen hatte? Lächerlich! Niemals würde sie diese Schwäche offen zugeben! Kurz atmete sie tief ein, streckte ihre Hand nach vorne und ließ ein paar helle Blitze um sie zucken. Ein klein wenig Licht in der sonst alles verzehrenden Dunkelheit. Die ersten Schritte waren noch recht unsicher, langsam gesetzt, ehe sie noch einmal tief durchatmete und ihren Gang normal fortsetzte - der Ungewissheit entgegen.

Auch wenn Sylvana es irgendwie schaffte ihre Unsicherheit den Rest des Abstiegs zu verbergen, sie fühlte sich mehr als erleichtert, als nach schier unendlicher Zeit das wortwörtliche Licht am Ende des Tunnels (oder Gangs, wenn man ganz genau sein wollte) vor ihren Augen erschien. Augenblicklich beschleunigten sich ihre Schritte, die Blitze um ihre Hand erloschen und sie eilte dem Ausgang entgegen. Endlich raus aus der einengenen Finsternis, die sie so lange fest im Griff und mehrere Male fast schon in die Panik getrieben hatte. Wirklich viel Zeit zum Durchatmen blieb ihr aber nicht, als sie die Umgebung sich anschaute. Hier, unter dem Sand der Wüste, befanden sich wirklich eine Stadt. Noch viel verrückter war aber die Tatsache, dass sie hier schon einmal gewesen war. Zumindest hatte sie das Gefühl, dass sie diese Stadt schon einmal gesehen hatte. Es waren genau die gleichen Häuser wie aus ihrem merkwürdigen Traum. Wirklich eigenartig. Mit was für einer Macht hatten sie es nur hier zutun, die ihnen wohl gemeinsam einen Traum über diese Stadt verschafft hatte? Zeit über dieses Mysterium nachzudenken hatte Sylvana aber nicht. Immerhin mussten ihre Feinde auch hier sein. Und was auch immer sie hier wollten, es konnte nichts Gutes sein!
„Leute… Bin ich da alleine oder gefällt euch dieses Licht auch nicht?“ Sylvana deutete auf eine Art Tempel, die am anderen Ende der Stadt auf einer leichten Erhöhung stand und über die Stadt hervorragte. Anders als das Licht, welches diese Höhle magisch erleuchtete, konzentrierte sich um diesen Tempel eine Art leuchtende Aura, die Sylvana eine unangenehme Gänsehaut den Rücken runterlaufen ließ. Was auch immer dort war, es war garantiert keine gute Magie.

Als letzte ließ sich Tascha selbst in die Halle hinab gleiten, hatte sie doch erst den anderen helfen müssen, die keinen Eisenterhaken erschaffen konnten. Auf diese Weise hatte die Eisalchemistin aber deutlich weniger Zeit sich mit der fremden Umgebung vertraut zu machen, als die anderen. Der Professor zeichnete schon neugierig und die Magier, allen voran Sylvana, suchten nach einem Ausweg. Doch genau in dem Moment, in dem Tascha den Boden erreicht hatte und das Eis einfach zerbrechen ließ, wobei natürlich nur ungefährliche, kleine Splitter entstanden, schob sich die Wand an einer Seite der Halle auf. Verwirrt blickte die Ase auf ihre Füße, hatte sie einen geheimen Knopf oder so getroffen? Nein, scheinbar war es Akay gewesen, der die Gruppe voran gebracht hat, indem er einen geheimen Schalter oder so etwas gefunden hatte. Ein klein wenig enttäuscht, musste Tascha einsehen, dass es nicht sie war, die die Gruppe weiter brachte, dabei wäre sie sehr gerne hilfreich gewesen. Sicher, sie hatte alle überhaupt erst ins Gebäude hereinbringen können, aber war das schon alles gewesen? Aber das war wohl eher ein Luxusproblem der Magierin, immerhin war es relativ egal, wer sie weiter brachte, solange es überhaupt voran ging.
Während Sylvana nun scheinbar die Führung übernommen hatte, folgte Tascha ihr recht schnell weiter. Die Halle schien alt, aber wirklich interessant war sie nicht, jedenfalls nicht für Tascha. Kritzeleien an den Wänden und viel Staub und Sand. Es gab ja nicht einmal einen verdammten Imbissstand. Gerade, als sich die Eismagierin hinter Sylvana in den Gang schieben wollte, blieb die Dragonslayerin stehen. Zögerte sie etwa? Doch erleichtert stellte Tascha fest, dass die andere Magierin wohl nur Mana für ihre Blitze gesammelt hatte.
Der Ganz zog sich eine ganze Weile hin und bis auf die knisternden Blitze Sylvanas, konnte Tascha absolut nichts erkennen. Das unregelmäßige Licht warf tanzende Schatten an de nahen Wände und der Boden schien mal ordentlich gepflastert gewesen zu sein. Langsam drehte Tascha den Kopf, um zu sehen, ob Kabuto und Akay noch dabei waren, aber das Schwache Licht ließ die bedien wie zwei grauenerregende Kreaturen zusehen, sodass sich Tascha lieber wieder zu Sylvana drehte. Die sah wenigstens noch nach einem Menschen aus. Zwar hatte Tascha keine Angst vor Monstern, aber unbehaglich war der Anblick so oder so. Zum Glück hatte Kabuto noch nicht eine Käfer hervorgeholt, das könnte noch Probleme geben. Besonders hier, wo es nicht einmal einen Fluchtweg gab.
Endlich aus der Dunkelheit entkommen, bemerkte Tascha, dass sie sich in einer Stadt befanden, doch anstelle von buntem Treiben und vielen Imbissständen, ja Tascha hatte natürlich Hunger, war es hier still. Zu still. Kein Ton schien zu den Ohren der Magier zu dringen und wenn sie selbst und die Anderen nicht atmen würden, wäre es absolute Stille. Ein unbehagliches Gefühl kein Leben in der Nähe zu wissen. Das düstere Licht, das von der Katherale ausgehen zu schien, setzte dem Ganzen noch die Krone auf, Sylvana hatte recht, es war kein schönes Licht. Es hatte nichts beruhigendes oder warmes, es war finster und kalt, einfach falsch. Doch wahrscheinlich bedeutete dies, dass sie zum Tempel gehen mussten. Wäre sonst ja auch zu einfach. Leise seufzend begann Tascha die kleine Anhöhe, auf der die Magier gelandet waren hinunter zu marschieren und die Stadt zu betreten. Die Häuser sahen Antik aus, simple Bauart, keine Glasfenster und die Türen waren allesamt ohne Schloss aus Holz gefertigt worden. Scheinbar war dieser Ort entstanden, bevor solche Techniken, die heutzutage alltäglich waren, entwickelt wurden. Dennoch sah es bei weitem nicht so herunter gekommen aus, wie man erwarten würde, fast so als sei dieser Ort in der Zeit stehen geblieben. Das Holz wirkte nicht einmal angefault, was sonst schon nach einigen Jahren ohne Pflege passierte. Es war fast so, als würden hier noch Menschen wohnen, als würde in der nächsten Straße ein Gemüsemarkt sein oder das Geschäfte eines Schneiders. Vielleicht aß gerade eine Familie zu Mittag … 'Hmmm, das wäre schön.'
Unauffällig ließ sich Tascha nach hinten fallen, sie musste ihre Theorie einfach überprüfen, wenn die anderen an ihr vorbeigezogen waren, würde sie irgendwo einbrechen und nach etwas Essbarem suchen. So viel Zeit musste sein. Tascha würde die anderen schon wieder einholen können.

Noch bevor Akay in irgendeiner anderen Weise auf seinen Fund reagieren konnte, trat Sylvana mit der Proklamation vor, dass sie vorausgehen würde. Er war ein wenig verwirrt darüber, jedoch zeigte sich schnell, warum sie das tat: Ihre Blitze. Nicht unbedingt die beste oder beständigste Lichtquelle, allerdings würde er sich darüber nicht beschweren. Vor Höhen hatte er keine Angst, damit war er aufgewachsen, dieser eigentlich lichtlose Gang hingegen wäre ihm ohne die Funken noch unbehaglicher gewesen. Zudem bestand immer noch die Möglichkeit von Fallen innerhalb dieser Anlage. Doch ihre Vorsicht war unbegründet, als sie nach einer Weile den ersehnten Ausgang erreichten. Nicht nur erstrebenswert weil sie ihren Verfolgern nun wieder sehr nahe waren, sondern auch weil sie diese Stadt tatsächlich gefunden hatten. Der Professor schien bereits wieder in seinem Element zu sein und ebenso wie Akay von dem Anblick überwältigt zu werden. Doch etwas störte ihn, während sein Blick über die Gebäude glitt. Wie sich herausstellte war der Magier auch nicht der einzige der es spürte, denn die Blue Pegaus Magierin sprach es aus: Ein unangenehme, verstörende und praktisch schon angsteinflösende Aura, die vom zentralen Gebäude, einem Art Tempel, der Stadt ausging. Möglicherweise hatten sie die bösen Jungs eingeholt, diese waren jedoch alles andere als faul gewesen. Bevor sie sich Gedanken machen konnten, was genau dort vor sich ging, mussten sie die Strecke immer noch überwinden. „Ich glaube sie bleiben besser hier Professor, da hinten ist nichts, was sie nicht auch hier finden“. Jener schaute nur kurz auf ehe er sich in Selbstgesprächen und Notizen über die Umgebung verlor. Wenigstens mussten sie ihn nun nicht mehr direkt beschützen. Eine Sorge weniger. Blieb nur noch der Weg durch die Stadt. Erst als sie sich wieder in Bewegung gesetzt hatten und durch die leblosen Straßen gingen, viel ihm die wirklich magische Eigenschaft dieses Ortes auf. Die Türen wirkten in einigen Häusern so neu, als ob sie noch vor ein paar Stunden eingebaut wurden. Lehm und Sandstein zeigten keine Risse zumindest nicht solche, die aus mangelnder oder fehlender Pflege entstanden. Aber wo waren die Menschen hin, die diese prächtige Stadt bewohnt hatten? Je weiter sie gingen desto mehr verstärkte sich sein Wunsch, in eine der Hütten hineinzusehen, bis zum dem Punkt an dem er stehen blieb und eine der Türen öffnete. „Gebt mir nur eine Sekunde“. Sie hatten schon einen schnelleren Gang eingelegt weshalb er sich diese Zeit nahm. Außerdem wusste sie noch nicht einmal, ob sie „pünktlich“ kommen konnten. Warum also nicht seine Neugierde befriedigen. Die Tür gab ohne Probleme nach und Akay stellte sich bereits darauf ein Knochen in irgendeiner Art zu finden, vielleicht auch nur noch poröser Staub. Doch was er dahinter fand, ließ seine Beine anfangen zu zittern. Auf dem Tisch stand ein Korb voll Äpfel, rote,saftige und wohlgeformte. Aus Furcht tastete er sich an diese vorsichtig heran und berührte sie zaghaft mit einem Finger, so als ob er einen Schock oder eine Reaktion erwarten würde. Jedoch ließ sich der Apfel aufnehmen und erst jetzt bemerkte er, dass jeglicher Staub auf diesen fehlte. Ein Ort an dem Zeit stehen geblieben war... . Er warf ihn zu Tascha und wendete sich so an die Gruppe. „Wir sollten wohl keine Zeit mehr verlieren“.

Den Rest des Weges überbrückten sie schnell, getrieben von den verschiedensten Motiven. Akay hatte sich einst geschworen, diesen niederträchtigen Machenschaften entgegen zu stehen. Auch wenn er nicht der mutigste war, konnte man sich zwischenzeitlich auf ihn verlassen, wenn der Zeitpunkt gekommen war. Und nun war es soweit. Die letzten Stufen hinter sich lassend, sahen sie bereits die offen stehenden Tore und, wobei sie das vermutlich erwartet hatten, die beiden Magier, die ihren Zug attackiert hatten. Allerdings war dort auch die dritte, ältere Person, die sie in einem der Wagen gesehen hatten. Aber um was standen sie da? Es war eine Sphäre, in ihrem Kern hell, der langsam von einer dunklen Masse eingeschlossen wurden. Erst jetzt viel Akay auf, dass sie diese drei in einem rituellen Zirkel befanden. Das Problem war nur, dass sie tatsächlich zu spät kamen. Bevor einer von ihnen etwas tun konnte, schloss die Dunkelheit den letzten hellen Fleck ein und die ihnen unbekannte Person griff hinein, um einen Stab herauszuholen, der seinem eigentlich sehr ähnlich war. Dieser war allerdings reich verziert, in einem dunklen Metall, sogar die Klingen zu beiden Enden waren in spezieller Weise verarbeitet wurden. Die Magie, die die vier Magier gespürt hatten, schien von diesem auszugehen. Was auch immer es war, es war definitiv nichts Gutes. Erst jetzt drehten die drei sich um und eine tiefe, reifere Stimme erklang von dem Mann der den Stab hielt: „Ich gratuliere euch, dass ihr soweit gekommen seit. Ohne das fehlende Puzzelteil des werten Herrn Professors wären vermutlich keiner von uns jetzt hier. Leider endet eure Reise an dieser Stelle, denn ich hab weder die Verwendung noch die Lust auf Zeugen des Sternenstabes In meiner Hand. Tötet sie“. Als ob es ihr Stichwort wäre, kamen die beiden Bekannten auf sie zu. Sie mussten schnell agieren, wenn sie ihm dieses Artefakt abnehmen wollten, ohne dabei tatsächlich ihr Leben zu lassen. Nachdem er seinen Stab gezückt hatte, schaute er kurz zur Truppe. „Ich würde vorschlagen, ihr beiden knöpft euch die beiden vor. Auch wenn es nur kurz war, hattet ihr zumindest die Gelegenheit eines Schlagabtausches mit ihnen. Kabuto und ich können die erste Öffnung nutzen und versuchen, den Herren auszuschalten“. Sie wussten nicht was er konnte, jedoch war sich Akay ziemlich sicher, dass sie nicht unbedingt gut abschneiden würden, wenn sie die drei nicht trennen bzw. wenn sie dem Artefaktträger alleine begegnen würden.

Wenn Natascha schon das Gefühl hatte, nichts beitragen zu können, was glaubte sie dann, wie Kabuto sich fühlen würde? Anders als sie hatte er die Gruppe nicht hereinbringen können. Er hatte auch kein Wasser besorgen oder geheime Gänge öffnen können, er war ja nicht einmal dazu fähig, das Kommando zu übernehmen, wenn es sein musste. Er konnte nicht einmal so gut Zeug aufzeichnen wie Cunnington, und wenn der nicht überflüssig war, was war er dann? Kabuto war also überflüssiger als die überflüssigste Person des Ortes... Es war deprimierend. Natascha hatte sie zum Fenster befördert, Akay hatte den geheimen Gang geöffnet und nun leitete sie Sylvana an, und das einzige, was der Grünschopf tun wollte, war dicht zu ihr aufschließen und sich an ihrer Seite zu halten, weil er schon wieder Angst hatte. Als Feigling, der er war, blickte er hinab in die tiefe Schwärze und spürte, wie seine Knie weich wurden. Und er konnte sich auch nicht an Sylvana heften, weil das Mädchen aus der anderen Gilde... ach nein, ihre neue Gildenkollegin sich dazwischen drängte. Die drei verschwanden ohne großes Zögern in der Dunkelheit, und Cunnington folgte ihnen. Der Kyofu biss die Zähne zusammen und schluckte; er hatte niemanden mehr, der seine Hand halten würde, wenn er Angst hatte. Und erst jetzt, wo er merkte, dass er das bisher gehabt hatte, merkte er auch, wie sehr er es noch immer brauchte. Es war richtiggehend peinlich... Als hätte er aus der ganzen Zeit als Magier nichts mitgenommen. Er war noch immer der gleiche schwache, ängstliche Junge, als der er zu Fairy Tail gekommen war. Die Augen schließend und tief durchatmend, ließ der Grünschopf blaues Leuchten auf seinen Armen erscheinen; er würde sich nicht so einfach zurücklassen lassen. Es konnte nicht sein, dass jeder fortschritt, nur er nicht. Als die Glühwürmchen an seinem Körper saßen, zwang er sie nicht zum Wegfliegen, sondern zum Bleiben. Spürte das Gefühl der Käfer an seiner Haut, spürte sein eigenes Zittern, aber auch, wie es stoppte. Er hatte noch immer Angst vor seinen eigenen Waffen? Nein. Nein, das wäre zu viel. So erbärmlich konnte selbst er nicht sein! Seinen Mut zusammennehmend, folgte er den anderen in den Tunnel, in den er sich kaum getraut hätte – es war Zeit, dass nicht nur alle anderen wuchsen. Es war Zeit, dass er selbst sich auch weiterentwickelte. Lia hatte er ewig nicht gesehen, Sylvana hatte ihn für immer verlassen; wer sollte ihn beschützen, für ihn stark sein, wenn nicht er selbst? Wenn er irgendwann in die Fußstapfen seines Meisters treten wollte, gab es keinen anderen Zeitpunkt als das Jetzt, um damit anzufangen, mutig zu sein...

Kaum war er hinter allen anderen aus dem – in seiner direkten Umgebung dank der Glühwürmchen doch recht hellen – Tunnel gekommen, ließ der Kyofu die Tierchen schnell wieder verschwinden und holte zu den anderen auf. Erfreut fiel ihm auf, dass Natascha sich leicht zurückfallen ließ, was bedeutete, dass er sich wieder an Sylvana orientieren konnte – aber Moment, er hatte doch eben entschieden, dass er auf eigenen Beinen stehen wollte. Nachdem er also so nah zu ihr gelaufen war, machte er zögerlich zwei Schritte von ihr weg; er wollte stark sein, richtig? Dann konnte er nicht weiter von anderen abhängig sein, ganz besonders nicht von Leuten, die ihn wortlos allein ließen. Also nahm er seinen wortlosen Abstand und folgte einfach, wie er es immer tat. Es wurde jetzt also Zeit, den gruseligen Tempel zu untersuchen? Nun, er würde die Gruppe ganz sicher nicht zurückhalten.
Im Tempel angekommen, durften die Magier dem Abschluss eines Rituals beiwohnen, und was dabei herauskam war ein Klingenstab mit seltsamen Verzierungen. Der Sternenstab? Kabuto wusste nicht, was man damit tat... und er wollte es auch wirklich nicht wissen. Jedes magische Relikt brachte nur Ärger in den Händen einer bösartigen Person. Die Augenbrauen des Jungen zogen sich zusammen; er sollte also mit Akay gegen diesen Mann vorgehen? Die Macht dieser Person war bis hierher spürbar. Dass er gefährlicher war als die Typen, die ganze Züge sprengen und zerlegen konnten, war vermutlich eine richtige Einschätzung, und der Grünschopf spürte die Angst, die sich ob dieses Faktes in ihm ausbreitete. Er spürte aber ebenso seine Entschlossenheit. Er hatte sich entschieden, stark zu sein, für seine Begleiter und für seine Gilde, und er hatte immer noch die toten Fahrer vor seinem inneren Auge, die dieser Mann so kaltblütig hatte ermorden lassen. Wie konnnte man seine eigenen Verbündeten nur so behandeln? Sobald die beiden Bodyguards eine Eröffnung zeigten, war es Zeit für ihn, zuzuschlagen...

Seine Chance sah der Junge schnell gekommen und stürmte vor, während die beiden Magierinnen die großen Gegner aufhielten. Er tat, was er am besten konnte: Er rannte. Rannte mitten zwischen den beiden Kämpfen hindurch, zielstrebig auf den Mann mit dem Artefakt zu. Seine schnell steigende Geschwindigkeit schützte ihn allerdings nicht von einer verirrten Explosion, die keine zwei Meter von ihm entfernt einschlug und deren Druckwelle ihn leicht zur Seite drückte, doch er schaffte es gerade noch, sich zu fangen. Mit einem heroischen Sprung nach vorne brachte er sich in die Nähe des alten Mannes, und schon schoss seine Hand vor – doch sein Gegner lehnte sich schnell nach hinten und führte dann einen kurzen Sprung in dieselbe Richtung aus, um seinem Radius zu entgehen. Unglücklicherweise war Kabuto weiterhin im Radius des Stabes, der auch schon auf ihn zugeschwungen kam und unter dem sich der Käfermagier nur knapp hinwegducken konnte, allerdings war das hier die Chance für einen Gegenangriff. Seine Linke hüllte sich in ein blaues Licht und schlug dann vor, und während sie zwar nur auf Luft traf, löste sich plötzlich ein kleiner Schwarm schwarzer Käfer, die zielsicher auf das Gesicht des Gegners zuflogen und dessen Sicht wohl innerhalb von Momenten ausreichend beschränkt haben sollten, um den vor ihm stehenden Kyofu daraus zu entfernen. Dessen rechte Faust folgte der Bewegung der linken, allerdings hatte er den Abstand in dem kurzen Moment, den er hatte, geschlossen. Das hier würde ein kräftiger Schlag mitten ins Gesicht...
Mit einem Mal klatschte der alte Kerl die Hände zusammen, und eine starke Druckwelle ging von ihm aus. Kabutos Käfer wurden praktisch in der Luft zerdrückt, während er selbst auf dem Boden ein Stück nach hinten geschoben wurde, bis er sich schlussendlich nicht mehr halten konnte und auf dem Hintern landete. Akay war schnell zur Stelle, um ihn notfalls zu verteidigen, doch der Mann setzte nicht nach; im Gegenteil, er blieb stehen und hob eine Hand in die Luft. „Treibt keine Scherze. Versucht nicht, euch einer Macht zu widersetzen, die die Kapazitäten eures Verständnisses so weit überschreitet.“ Sein Blick war so überheblich wie tadelnd, und Kabuto spürte ein Stechen, da, wo er sich von diesem Blick getroffen fühlte. Ein wirklich gruseliger Mensch. Die Muskeln in seinem Körper hörten für einen kurzen Moment nicht auf ihn, und nichts machte eine Anstalt, wieder aufzustehen. Dieser Mann... er war so furchteinflößend... „Wenn ihr euch gegen etwas wehren wollt, tut es gegen die ehemaligen Besucher dieses Tempels! Trefft ruhig auf die Kultur, die ihr zu stören sucht!“ Kaum hatte er diese Worte gesprochen, schälte sich der Boden zu seinen Füßen auf, und drei Körper gruben sich heraus. Keine vollständigen Körper, sondern hauptsächlich Skelette, an denen Fetzen von Fleisch hingen. Der Geruch, der von ihnen ausging, sollte ausreichen als Beweis ihrer Echtheit und machte die Situation für den Grünschopf noch unerträglicher. Das Zittern seines Körpers ließ sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verleugnen; wie sollten sie gegen Untote gewinnen? Dieser Mann hatte erst zwei Zauber angewandt, und er hatte schon bewiesen, wie viel besser er war als Kabuto. Es war nicht fair... Es war absolut nicht fair! Gerade hatte er die Entschlossenheit gefasst, sich seinen Ängsten zu widersetzen, und dann stand ein unbesiegbarer Gegner vor ihm! Was sollte er denn anderes machen als aufzugeben...?

„Steh auf, Kabuto. Du bist nicht allein! Wir dürfen gegen diesen Kerl nicht verlieren!“

Mit einem Mal stoppte das Zittern. Die riesigen Pupillen des Grünschopfes zogen sich wieder zusammen, und sein Blick wanderte von den Toten, die langsam auf ihn zustapften, hinüber zu dem Partner, der neben ihm stand. Akay war so entschlossen... er musste auch Angst haben, aber er schaffte es, sie zu überwinden. Bei ihm sah es so leicht aus... Kabuto musste mehr wie er sein, wenn er je in die Fußstapfen eines S-Rang-Magiers treten wollte. Er kniff kurz die Augen zusammen und ließ seine Zähne aufeinander krachen – richtig, sie durften nicht verlieren. Dieser Kampf war wohl der wichtigste, den der Kyofu bisher gekämpft hatte, und es handelte sich nicht um ein Turnier, in dem man nicht getötet werden durfte, oder einen kleinen Dieb, der mit einem Dolch herumspielte. Dieser Mann hier war Magier, und er meinte es ernst damit, ihnen das Leben zu nehmen, so wie seinen eigenen Untergebenen. Und noch schlimmer – er hatte irgendetwas Schlimmes mit diesem Stab vor. Entschlossen stand Kabuto auf und positionierte sich kampfbereit neben Akay. Noch war gar nichts passiert – wenn dieser Mann hier fertig werden wollte, musste er viel mehr auspacken!
Untote waren allerdings schon ein guter Anfang...

Ihr Bauchgefühl hatte sie tatsächlich nicht betrogen. Ein schwarzer Doppelklingenstab, der eine solch dunkle Aura ausstrahlte, konnte einfach nichts Gutes zu bedeuten haben. Was auch immer dieses Teil für eine Magie innehielt, sie alle mussten ihre Aufmerksamkeit hochhalten, wenn sie nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden wollten. Instinktiv spannte sich ihr Körper an, zu jedem Zeitpunkt bereit eine blitzschnelle Ausweichbewegung durchzuführen. Das hier war ein Kampf auf Leben und Tod, soviel stand fest. Wer einen Fehler machte, würde einen hohen Preis zahlen, soviel stand fest. Ein Grund mehr, warum sie mit einem Mal ihren Herzschlag in ihrem Kopf pochen hörte und genau spürte, wie ihr Blut mit jedem Schlag durch ihren Körper pulsierte. Wer genauer hinsah konnte sogar erkennen, wie sich ihre Pupillen zu leichten, vertikalen Schlitzen verengten. Es waren Momente wie diese, in welchen die Dragonslayerin zur Höchstform auflief, das Drachenblut in ihren Adern ihre animalischen Instinkte hochkochen ließ und all ihre Gedanken sich nur auf den bevorstehenden Kampf fixierten. Egal, was vorher geschehen war, ab dieser Stelle gab es kein zurück mehr. Ihr Gegner war jetzt für sie auch nicht mehr als eine einfache Person oder als Feind definiert: Er war ihre Beute. Und ganz egal, ob sich jemand oder etwas zwischen sie stellen sollte, sie würde alles daran setzen ihre Beute zu erlegen. Grinsend bleckte sie die Zähne, ließ die Fingerknöchel ihrer Hände knacken. „Tascha, ich nehme mir den Crashmagier vor“, sagte die Fernandez und deutete auf den rechten der beiden jungen Männer, die sich zwischen die Gruppe und dem älteren Mann gestellt hatten. „Du übernimmst den anderen Kerl. Mit deiner Magie hat er immerhin schon bekanntschaft gemacht.“ Sylvana wartete nicht einmal auf eine Reaktion Taschas, ehrlich gesagt wäre jede Art von Antwort ihr in diesem Moment völlig egal gewesen. Immerhin hatte sie sich ihre Beute bereits ausgesucht. Ohne auch nur einen Moment zu blinzeln fokussierte sich ihr Blick auf den schwarzhaarigen Mann, dessen Gesicht sie nun endlich zu Gesicht bekam. An sich war da nichts besonderes. Dunkle, fast schwarze Augen starrten ihr entgegen, sein Gesichtsausdruck offenbarte keine Schlüsse auf seine Gedankengänge. Eigentlich sah er aus wie ein gewöhnlicher Mann aus bürgerlichem Hause, aber nicht wie ein Söldner, der keine Rücksicht auf die Leben anderer machte. Trotzdem wusste sie genau, dass er ohne zu zögern töten würde – das hatte sie Situation auf dem Dach des Zuges bewiesen. „Diesmal gibt es keine Geiseln und keinen Fluchtplan für dich!“
Eigentlich war es nicht Sylvanas Stil Hals über Kopf auf einen Gegner zuzustürmen, dessen Fähigkeiten und Kampfstil sie noch nicht entschlüsselt hatte. Sie ging normalerweise taktisch vor, versuchte aus Bewegungen und Zaubern Muster und Schwachstellen zu erkennen, die sie gnadenlos ausnutzen könnte. Leider blieb ihr gerade nicht die Zeit dafür, zu Beginn des Kampfes nach dieser Taktik vorzugehen, immerhin musste sie auch dafür Sorgen, dass ihre Beute sich voll und ganz auf sie konzentrieren und nicht mit den beiden Fairy Tail Magiern interferieren würde. Genau aus diesem Grund eröffnete auch sie den Angriff und rannte auf den Crashmagier zu. Blitze zuckten um ihre Fäuste, als sie direkt das erste Mana in ihnen konzentrierte. Erst einmal ihn in einen Nahkampf verwickeln, um ein wenig Zeit zu schinden, danach war sie immer noch in der Lage Bewegungsmuster zu studieren, um besser darauf reagieren zu und ihn endgültig erlegen zu können.
„Controlled Crash!“ Kaum waren die Worte ausgesprochen, legte der Magier seine Hände auf den Boden. Mit einem Mal erhoben sich Würfel unterschiedlichster Höhe und Breite vor ihm, die Sylvana den direkten Weg zu ihm blockierten. Verfluchter Crashmagier! Ohne lange zu überlegen rannte sie einen Bogen, um von seiner rechten Flanke angreifen zu können, aber erneut schossen Würfel aus dem Boden, um ihr den Weg zu versperren. Spielte er auf Zeit? Nein, da steckte mehr dahinter. Ohne lange zu überlegen bündelte sie ihr Mana in ihrer rechten Hand, streckte Zeige- und Mittelfinger aus und kanalisierte die elektrische Energie in ihren Fingerspitzen. Einige Augenblicke rannte sie noch im Kreis um ihn herum, suchte eine Lücke in seiner Barriere aus geometrischen Formen, die sich immer wieder aus der Erde erhoben und wieder in ihr versanken. Da! Augenblicklich riss sie ihren Arm hoch, zielte mit ihren Fingern auf ihren Gegner und schoss den gebündelten Blitz auf ihn ab. Anfangs sah es noch danach aus, als würde der Angriff ihn direkt treffen und Sylvana so die Möglichkeit geben, ihre Beute gleich zu beginn erlegen zu können, als plötzlich… „Shatter!“ Unter seinen Füßen gab der Boden nach, ließ ihn einen halben Meter nach unten fallen und somit den Blitz ins Leere laufen. Völlig unerwartet gab aber auch der Boden einen Moment später und Sylvanas Füßen nach, sodass sie überrumpelt ihr Gleichgewicht verlor nach vorne viel. Noch so gerade eben konnte sie eine Begegnung ihres Gesichts mit dem Boden verhindern, fing sie den Sturz mit ihren Händen im letzten Moment ab. Schnell stieß sie sich vom Boden ab, als sie den Schatten ihres Feindes über sich erblickte. „Crash Kick!“ Den an sich gar nicht so kräftigen Tritt blockte Sylvana soeben noch mit ihrem linken Arm ab. Umso mehr überraschte sie der plötzliche Schmerz, der durch ihren Körper zuckte. Fluchend stieß sie sich vom Boden ab, sprang einige kleine Schritte zurück um genug Abstand zu ihrem Gegner gewinnen zu können. Innerlich fluchend hielt sie sich die schmerzende Stelle ihres linken Unterarmes. Schmerz und kein Gefühl in ihrer linken Hand. Das war überhaupt nicht gut.
„Sieht ganz danach aus, als würdest du einen Fluchtplan brauchen.“ Ein hämisches Grinsen hatte sich in das sonst so emotionslose Gesicht des Magiers gelegt, während er finster kichernd seine Schultern kreisen ließ. „Aber keine Sorge, ich werde mir Zeit lassen. Ich will mehr Schmerz aus deinem Gesicht lesen!“