Während sie den Weg zum Bahnhof der Stadt abrackerten, wurde die Konversation zwischen den beiden doch so unterschiedlichen Blue Pegasus Magiern fortgeführt. Wie Maenor gerade eben erfahren hatte, war Seraphim auch erst seit zwei Jahren unter Menschen. Was wiederum bedeutete, dass sich der junge Mann die Frage stellte, was er sein ganzes Leben sonst fern der Zivilisation gemacht hatte. Moment mal, vor ungefähr zwei Jahren war re selbst vom Clan geflüchtet. Clanmitglieder lebten meistens in ihrer Gesellschaft, nur selten besuchten sie andere Städte. Ob das wohl etwas zu bedeuten hatte? Da er sich jedoch nicht wirklich sicher diesbezüglich war, würde er einfach die Augen weiter offen halten und auf jedes Zeichen des Verrats achten. Gedanken dieser Art flogen weiterhin im Verstand Maenors herum, während er zu seinem Gesprächspartner hochsah. Natürlich wusste er nicht, dass es sich bei Seraphim keineswegs um einen Clanagenten im Außendienst handelte. Wahrscheinlich hätte sich der weißhaarige Mann sowieso nicht darüber interessiert, doch wie gesagt, das konnte Maenor ja nicht wissen. Und ein bisschen Aufmerksamkeit und Misstrauen hatte noch niemandem geschadet. Trotz alldem hoffte er inbrünstig, dass es sich bei Seraphim eben nicht um einen Agenten handelte, denn das würde bedeuten, dass man ihn gefunden und ihm bald einen Strick um den Hals ziehen würde. Und nicht nur aus metaphorischer Sicht, er zweifelte keine Sekunde lang, dass er für seinen Schwurbruch exekutiert werden würde. "Sag mal Seraphim, du meintest ja gerade, dass du erst seit 2 Jahren wieder unter Menschen lebst. Was hast du denn die ganze Zeit davor gemacht?" Nun war die Stunde der Wahrheit gekommen und der Fice war ziemlich interessiert an der Antwort seines Gegenübers.
In diesem Moment fragte ihn der andere Magier, ob es sich bei ihm wohl um einen Nahkämpfer handelte. Höchst wahrscheinlich hatte er dies geschlossen, als er sein Schwert gesehen hatte. Nun, eine logische Frage oder? "Ja, das kann man so sagen. Nahkampf ist meine Spezialität." Dass er aber auch über eine Fernkampftechnik verfügte, musste Seraphim an diesem Punkt nicht unbedingt schon wissen. Das würde sich einerseits als Vorteil erweisen, wenn der junge Mann sich doch nicht als der erweisen sollte, als der er sich darstellte. Und es war auch in irgendeiner anderen, brenzligen Lage immer gut, ein unbekanntes Ass im Ärmel zu haben. Da es ihn jedoch auch interessierte, was das andere Blue Pegasus Mitglied so auf dem Kasten hatte, erkundigte er sich selbstverständlich auch nach dessen Magie. "Und du? Über was für Fähigkeiten verfügst du denn?" Mal schauen, ob jetzt endlich rauskam, dass es sich bei ihm um einen Dragonslayer handelte. Wie würde Maenor wohl darauf reagieren?

Oh, fragte Chibi-chan da etwa, was er in den Jahren bis zu seinem sechzehnten Lebenjahr getan hatte? Na endlich. Die misstrauischen Blicke des Jungen, die mit seiner Paranoia zusammen hingen - von der er aber nichts wusste - bemerkte er gar nicht. Stattdessen grinste er, sodass seine Augen beinahe geschlossen wirkten. "Granny-sama mag Zweibeiner nicht besonders, genauso wie es sich nicht für sie schickt, in deren Gesellschaft zu leben, insofern hatte ich lange Zeit keinen Kontakt zu euch Menschen, bis sie der Meinung war, ich sollte mich in eure Gesellschaft integrieren...", erklärte er, ohne Maenor auch nur anzusehen, während er weiter in Richtung Bahnhof schritt und langsam den Reißverschluss seiner Jacke ein wenig mehr aufzog, sodass man das weiße T-Shirt sehen konnte, welches er trug. Granny-sama? Was meinte er wohl damit... seine Großmutter? Nein, natürlich nicht, diese Bezeichnung galt viel mehr Grandine, der Drachin des Himmels, die ihn wie eine Mutter aufgezogen hatte... wobei, das auch nicht ganz der Wahrheit enstprach. Da er schon immer ein recht loses Mundwerk und eine notorische Respektlosigkeit besessen hatte, hatte die Drachin, die sowieso schon immer ein Faible für das Ausnutzen menschlicher Schwächen gehabt hatte, öfter mal Dinge mit ihm veranstaltet, die wohl keine Mutter mit ihrem Kind anstellte, wenn sie es nicht umbringen wollte. Grandine wiederum war eine wahre Wunderheilerin, insofern hatte er jede noch so harte Bestrafung überlebt, auch wenn sie tödlich gewesen wäre. Sie hatte damit immerhin dafür gesorgt, dass der junge Mann sie nun sehr respektvoll behandelte - niemals würde er es wagen, sie in ihrem Beisein so zu nennen! *Aber sie ist ja nicht da~* Und über welche Fähigkeiten er verfügte... ähm... war das denn nicht klar? Er beherrschte den Wind, spielte mit ihm, zehrte von ihm und lebte wie dieser - er war nun einmal ein Dragonslayer, einer der wenigen Magier, die von einem dieser königlichen Wesen ausgebildet worden waren. "Ich beherrsche die Magie, die Granny-sama mir beigebracht hat, ist doch klar, Kleiner~" Er atmete tief ein und spürte, wie der leichte Wind, der durch die Straßen der Stadt fuhr und die Hitze daraus vertrieb, in seine Lungen drang und ihn zu erfrischen schien, als sei diese Luft alles, was er zum leben brauchte. In gewisser Weise entsprach das auch der Wahrheit. "Ich beherrsche den Wind, Maenor-chan." Nur, damit er das verstanden hatte.

Zwar stellte Seraphims Erklärung zumindest klar, dass er nicht zum Clan gehörte, verwirrte jedoch den jungen Fice mit seinem Gerede über diese besagte "Granny-sama", welche er die ganze Zeit über erwähnte. Anschließend gab es noch mehrere Fakten, die ihm während seiner kurzen Erklärung auffielen. Einerseits hatte diese Oma anscheinend etwas gegen Zweibeiner, also Menschen. Weiterhin lebte sie mit Seraphim fernab von jeglicher menschlicher Gesellschaft und Zivilisation. Das wiederum, sowie die Art, wie Seraphim selbst über Menschen zu denken schien, deutete darauf hin, dass es sich bei dieser besagten Oma keinesfalls um einen Menschen handelte. Dies würde wiederum bedeuten, dass der weißhaarige junge Mann überhaupt nicht von Menschen sondern von irgendeinem Tier aufgezogen worden war. Vielleicht waren es ja Wölfe oder ähnliche Tiere gewesen, die den Jungen verlassen im Wald aufgefunden und anschließend adoptiert hatten. Das Einzige, von dem er bisher gehört hatte, war ein kleines Mädchen, welches im zarten Alter von zwei Jahren von Affen gefunden worden und kurz daraufhin von ihnen adoptiert worden war. Erst kürzlich – das Mädchen war bereits 13 Jahre alt – war sie geschnappt worden, als sie mit ihrer Affenfamilie ein Vorratslager ausrauben wollte. Das faszinierende an der ganzen Sache war, dass sie nicht wirklich aufrecht laufen konnte oder sprechen konnte, dafür verfügte sie über die Mimik und die Sprache der Affen. Ob das bei Seraphim wohl auch der Fall war? Wenn Wölfe seine Zieheltern gewesen waren, dann hatte er sich bestimmt deren Sprache zu eigen gemacht. Einem Wolf sah der Kerl übrigens nicht unähnlich, fand Maenor. Was ihn jedoch weiter beschäftigte, war die eine weitere Aussage Seraphims, nämlich dass seine Oma wollte, dass er sich in die menschliche Gesellschaft integrierte. Warum gerade jetzt?
Man musste sagen, dass Seraphim soeben auf der Interesseskala um einiges hochgeschossen war, definitiv ein Fall, der näherer Erkundung bedurfte. Dies war wohl der Hauptgrund dafür, dass der vorher misstrauische und beinahe paranoide junge Magier sich nun brennend über den Dragonslayer interessierte. Dieser schaffte es irgendwie immer wieder, ihn auf kaltem Fuße zu erwischen und zu überraschen. Vor allem mit der nächsten Aussage, dass er seine Magie von seiner Oma gelernt hatte. Handelte es sich bei ihr doch nicht um ein Tier, sondern vielmehr um einen Einsiedler? Doch das passte nicht unbedingt mit der vorherigen Aussage zusammen, weshalb sich Maenor einfach entschloss, nachzufragen. "Sag mal, diese Granny-Sama, von der du die ganze Zeit sprichst. Um wen handelt es sich denn bei ihr?"
Was ihn weiterhin verwunderte, war der Fakt, dass er von Chibi-chan zu Maenor-chan gewechselt war. Wenn man richtig nachdachte, so wäre es vermutlich klüger, wenn er weiterhin Chibi-chan genannt werden würde, aufgrund der Tatsache, dass dort überall draußen Spione lauern könnten. Dann wäre es durchaus besser mit einem Spitznamen angesprochen zu werden, wie dumm er auch immer klang, als dass sein wahrer Name verraten wurde. "Hey Seraphim, würde es dir irgendwas ausmachen, mich lieber Chibi-chan zu nennen als meinen eigenen Namen zu sagen? Das könnte uns eine Menge Probleme ersparen." Und vor allem mir, schoss es ihm durch den Kopf.

Um wen es sich handelte? Einen Moment lang war Cyrus einfach nur sprachlos, was man wohl daran bemerken konnte, dass sein zügiger Schirtt kurz langsamer wurde. Er blinzelte einmal und blickte Maenor dann schräg von der Seite an. Kannte er etwa Grandine nicht? Wie konnte er es wagen... eine Sekunde lang blitzte es wütend in seinen Augen, ehe ihm einfiel, dass der Junge einfach seinen inoffiziellen Spitznamen für Grandine nicht kannte. Das war dann natürlich verzeihbar. Sofort nahm er wieder seinen neutralen, lächelnden Gesichtsausdruck an und antwortete: "Natürlich Grandine-sama, wen denn sonst?" Natürlich verblieb nun immer noch die Möglichkeit, dass Maenor auch diesen Namen nicht zuordnen konnte, aber dann würde er wohl durchaus Stress bekommen, da Cyrus dies als Beleidigung gegen die Drachin auffassen könnte und er es wahrscheinlich auch so sehen würde. Wie konnte man auch nicht wissen, dass die mächtigste Drachin überhaupt (Wenn man ihn fragte sowieso) Grandine hieß? Ja, seiner bescheidenen Meinung nach war sie die Königin aller Drachen, da sie im Gegensatz zu den anderen Drachen nicht nur zerstörerisch tätig seinen konnte, sondern auch Leben zu retten vermochte - Er verdankte ihr nun einmal sein Leben. Vielleicht sollte er den Kleinen vorbeugend fragen, ob er diesen Namen einzuordnen wusste, um dann sofort zu wissen, ob er ihm das Fell über die Ohren ziehen sollte. "Aber wer das ist, ist dir klar, oder?" *Sag jetzt nicht das Falsche, Kleiner~*
Er sollte ihn nicht beim Namen nennen, sondern lieber bei dem peinlichen Spitznamen, den er ihm gegeben hatte? Stand er auf so etwas oder hatte er einfach eine paranoide Ader? Wahrscheinlich war ja letzteres und er kontne es sich einfach nicht nehmen lassen, da ein wenig darauf herumzureiten. Er würde sich scheinbar fügen, nur um dann an bevölkerungsreichen Stellen mal ab und zu seinen echten Namen zu verwenden. Mal sehen, wie Maenor-chan darauf reagieren würde! Trotzdem wollte er noch wissen, warum er seinen Namen nicht nennen durfte - vielleicht war es ja doch die erste Möglichkeit. "Gut, Chibi-chan... Ich werde deinen Namen nicht nennen - wenn du mir sagst, vor wem du flüchtest." Er glaubte nicht wirklich daran, dass er das einfach nur machte, weil er es mochte, wofür hatte er denn einen Namen? Wobei - so gesehen ließ sich Cyrus auch mit seinem Nachnamen ansprechen, das lag aber wohl daran, dass Seraphim eine so bedeutsame Bedeutung hatte und es sich irgendwie geheimnisvoller anhörte. Prinzipiell war es ihm aber auch egal, nur konnte man ihn schlecht anders nennen, wenn man seinen Vornamen gar nicht kannte, was? "Und was für Probleme?"

Es schien ganz so, als ob irgendeiner seiner Fragen seinen weißhaarigen Gesprächspartner für kurze Zeit aus der Bahn geworfen hatte. Keineswegs entging Maenor der Fakt, dass Seraphim, sei es auch nur für einen kurzen Augenblick, leicht zögerte und seinen Schritt verlangsamte. Da er ihn jedoch in diesem Moment nicht ins Gesicht sah, bemerkte er keinesfalls die schrägen Blicke des Magiers. So kurz, wie dieser Zustand auch angehalten hatte, so schnell verschwand er wieder, denn sein Gegenüber fasste sich erstaunlich schnell und passte seine Geschwindigkeit wieder der vorigen an. Was für eine Frage war es bloß gewesen, die ihn auf diese Weise hatte reagieren lassen? Einige Momente später fiel die Antwort darauf und der junge Magier musste sich beherrschen, damit ihm nicht der Mund vor Erstaunen aufklappte. Hatte er da gerade wirklich behauptet, dass es sich bei dieser Granny um eine Person namens Grandine handelte? Und anzufügen war, dass er dies mit einer solchen Selbstverständlichkeit gesagt hatte, dass es sich lediglich um ein Lebewesen dieses Namens handeln konnte: Die Drachin des Himmels. Schon seit jeher galt sie als die gemäßigste unter den Drachen, welche im Gegensatz zu ihren Artgenossen und Brüdern nicht den Umgang mit den Menschen scheute, sonder sogar in Zeiten großer Not zu Hilfe kam. Anscheinend hasste sie das Leid aller Lebewesen, weshalb sie in solchen Zeiten ihrer heilige Magie dazu einsetzte, um diesen gepeinigten Lebewesen Linderung zu verschaffen.
Aber wenn Seraphim wirklich sein ganzes Leben über mit Grandine gelebt hatte, dann würde ihn das ja zu einem ... "Grandine? Wie in der heilige Drache Grandine? Dann musst du ja der Dragonslayer des Himmels sein!" Unglaublich, was für eine mächtige und seltene Art der Magie er hier vor sich hatte. Damit war Seraphim zu einem der interessantesten Menschen und Objekten aufgestiegen, welche ihm jemals über den Weg gelaufen war. Nun gut, damit hatte sich die Einschätzung bezüglich des Dragonslayers geändert, von nicht zu vertrauen und unbekannt zu interessant und wenig vertrauen. Das Vertrauen war deshalb angestiegen, da seine Geschichte ziemlich viel Sinn ergab und sie trotz allem immer noch beides Gildenmitglieder in Blue Pegasus war. Wenn er nicht mal seinen eigenen Gildenpartnern vertrauen konnte, dann wäre schließlich alles umsonst, was er hier bisher gemacht hatte. Dennoch musste man sagen, dass dieser Fakt Seraphim nicht unbedingt sympathischer machte, zumindest nicht in den Augen Maenors. Und anscheinend war nicht nur sein Interesse geweckt worden, auch das seines Gegenübers schien erweckt worden zu sein, denn er fragte nach den Umständen seiner Probleme und warum er mit diesem dummen Spitznamen angesprochen werden wollte. "Wie kommst du denn überhaupt darauf, dass ich vor etwas oder irgendjemandem auf der Flucht bin?" Jetzt war Maenor wirklich gespannt, was ihm der andere darauf antworten würde. Wusste er doch mehr, als er hier zugab? Soweit er sich nämlich erinnerte, hatte er sich bezüglich seines Clans bisher überhaupt nicht geäußert, weshalb Seraphim eigentlich gar nicht wissen konnte, dass er auf der Flucht war. Oder hatte er das etwa aufgrund der Tatsache geschlossen, dass sie beide Probleme bekommen könnten, wenn man seinen Namen herausfand? Naja, je nachdem, was er auf seine Frage antworten würde, könnte er eine angemessene Antwort seinerseits rechnen.

"Richtige Antwort, Chibi-chan~", schnurrte Cyrus, als der Junge den Namen wiedererkannte. Alles andere hätte den jungen Mann jetzt auch wahrscheinlich zur Weißglut getrieben, denn in genau diesem Punkt war er empfindlich: Er konnte es nicht leiden, wenn andere die Drachen beleidigten, Grandine natürlich am meisten, da diese ihn gerettet hatte. Zwei riesige Narben auf seinem Rücken zeugten davon, dass er damals beinahe gestorben wäre, wenn die Drachin ihn nicht gefunden hätte, aber um diese zu Gesicht zu bekommen musste man schon ein wenig näher mit ihm in Kontakt kommen, was jetzt nicht ganz so schwer war - zumindest nicht, wenn man zu den Menschen gehörte, die von Mutter Natur mit einem guten Aussehen belohnt worden waren und das Interesse des Dragonslayers erweckten. "Ich bin der Dragonslayer des Himmels, ja.", meinte er gut gelaunt und lächelte, ohne Maenor anzusehen. Es stimmte, dass es nur wenige Menschen gab, die je in den Genuss der Ausbildung durch einen Drachen kamen, aber er war halt einer dieser priveligierten Wesen - worauf er sich durchaus etwas einbildete. Was wussten normale Menschen schon von den heiligen Lebewesen, die fernab der Zivilisation lebten und nur ab und zu dort vorbei schauten? *...des Himmels. Hört sich echt gut an, wenn man so drüber nachdenkt. Demnach wäre ich ja wirklich ein Engel...* Bei dem Gedanken wurde das Lächeln auf seinen Lippen sogar noch ein Stückchen breiter, da er sich des Paradoxons dieser Worte durchaus bewusst war. Cyrus war nun wirklich alles, aber kein Engel. Diese waren großherzig, lammfromm und auf das Gute ausgerichtet - die einzigen Gemeinsamkeiten, die er wohl mit den geflügelten Wesen besaß, war sein Aussehen (Man stelle sich jemanden vor, der hustend von einem Barhocker fällt und böse aufschlägt) und die Fähigkeit, zu heilen. Das wars dann allerdings auch, da er keinesfalls die Beweggründe teilte, beispielsewise war es nicht einmal sicher, dass er einen "Kameraden" auf einer Quest heilen würde, wenn dieser verletzt war. Viel eher würde ein Spruch von ihm kommen, dass er keine Lust hatte, solche Unfähigkeit auch noch zu belohnen. Und lammfromm konnte man als Beschreibung für einen Mann, der nur wage abschätzen konnte, mit wie vielen Frauen (Und man betrachte in diesem Falle nur einmal diese) er in den letzten zwei Jahren geschlafen hatte, wohl getrost vergessen. Wenn man den Teufel, Mephisto, oder wie auch immer man ihn nennen wollte, aber als die personifizierte Verführung bezeichnete, dann wäre Cyrus wohl eher einer dieser gehörnten Gesellen, nicht wahr?
Wie er darauf kam, dass Maenor auf der Flucht war? Er kicherte leise und legte den Kopf leicht schief, ehe er ihn fest ansah und mit neutraler Stimme erklärte: "Du willst nicht, dass ich deinen Namen erwähne, das bedeutet dass du a) deinen Namen hasst, b) komplett paranoid bist oder c) vor irgendetwas oder -jemandem auf der Flucht bist und nicht willst, dass man dich an dem Namen erkennt. A und b würde ich gerne ausschließen, es sei denn du bist ein kompletter Idiot, aber um das zu beurteilen kenne ich doch noch nicht genau genug." *Obwohl, wer weiß ob du nicht vielleicht doch einer bist...!*

Erstaunlich. Wirklich erstaunlich, über welche Intelligenz und welchen Scharfsinn Seraphim verfügte. Wie genau und klar er geschlossen hatte, dass er auf der Flucht war, nur weil er seinen Namen nicht in der Öffentlichkeit genannt haben wollte. Interessant, es schien wirklich so, als ob Grandines Lehren nicht nutzlos an ihm vorbeigerauscht waren. Und dabei hätte er ruhig ein bisschen dümmer und weniger aufmerksam sein könne, dachte sich Maenor mit einem bitteren, kleinen Lächeln. Und das war noch nicht alles, denn es gab noch einen weiteren interessanten Fakt, welchen er jetzt erst feststellte. Zwar wusste Maenor nicht wirklich, ob Seraphim dies bewusst oder unbewusst tat, doch er hatte nun die Wahl: Entweder, er gab zu, dass es sich bei ihm um einen Idioten handelte, der die ganze Zeit unnötigerweise dummes Zeug schwätzte. Damit wäre jeglicher Respekt ihm gegenüber wohl verloschen, sofern dieser überhaupt existierte. Unter Umständen ziemlich dienlich für eine Tarnung, doch wollte er keinesfalls wie ein Idiot behandelt werden, oh nein. Die andere Wahl war zuzugeben, dass er auf der Flucht war. Und sollte er dies erst einmal getan haben, würde sich der neugierige Dragonslayer gewiss nicht damit zufrieden geben, und weitere nachbohren. Verdammt, warum hatte er unabsichtlich die Initiative im Gespräch weitergegeben? Jetzt war er lediglich ein Spielball in den Händen des weißhaarigen Magiers. Höchste Zeit also, dies zu ändern. Und wie er das anstellen wollte? Nun, er musste einfach clever sein und die Wahrheit sagen. Aber er würde keinesfalls alles verraten, sondern ihm genügen Informationshäppchen geben, sodass diese ihn zufriedenstellten. Seine Hände glitten in seine Hosentaschen und ruhten fortan in diesen, als er zu sprechen begann. "Nun, wenn mein Name gehört und an die falschen Personen weitergeleitet wird, dann wird das mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit zu unserer Entdeckung führen." Es folgte nun eine kleine Kunstpause, ehe er fortfuhr. "Dann können wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Angriff rechnen." Bei seinen nächsten Worten fixierte er den größeren Magier, indem er sich zur Seite drehte. "Und glaub mir, Dragonslayer hin oder her, sei es zu zweit oder zu zehnt, wir würden diesem Angriff nicht standhalten können." Zumindest nicht mit dem Level an Kraft, welches ich jetzt besitze, schoss es Maenor durch den Verstand. Er musste weiter trainieren und stärker werden, um sich irgendwann dem Feind stellen zu können.
Doch es gab eine Sache, über die er sich schon einige Zeit lang ärgerte. Warum zum Teufel hatte er nicht seinen Namen gewechselt, als er in Blue Pegasus eingetreten war? Dann hätte er sich in diesem Moment nicht mit diesem Schlamassel bezüglich des Namens herumschlagen müssen. Immerhin wusste er nicht, wie Seraphim auf seine Warnung reagieren würde. Hoffentlich war er nicht der Typ, der sich kopfüber in eine Schlacht warf, nur weil er sich als überlegen sah.

Ganz Unrecht hatte Maenor wahrscheinlich nicht, wenn er sich dachte, wie Cyrus darauf käme. Allerdings konnte er ja auch nichts über die Vorliebe des Älteren fürs Theater wissen und somit auch für die Dramatik im Allgemeinen. Merkte man denn nicht, dass der junge Mann sein Leben manchmal wie ein Theater spielte, in dem er die Rolle eines Betrachters inne hatte? Wie dem auch sei, der braunhaarige Junge schien ein sehr misstrauischer Mensch zu sein, wenn nicht sogar paranoide – vielleicht eine ungesunde Mischung von beidem. Natürlich war Cyrus nicht gerade der geborene Empath und auch gewiss niemand, dem man sein Leben in die Hände legen sollte, aber immerhin war er einer der treusten Anhänger von Blue Pegasus und dieser Junge war sein Partner – also musste er ihm helfen. Zumindest konnte er ihn nicht einfach ans Messer liefern, dennoch schien der Kleine etwa diese Handlung von ihm zu erwarten, nicht wahr? „Aww, Chibi-chan~“, hauchte der Dragonslayer und beugte sich leicht zu Maenor herunter, damit er auf dessen Augenhöhe war, „Du scheinst wirklich ein wenig paranoid zu sein, oder? Welche Vierzehnjährigen – oder bist du schon fünfzehn? – bitten darum, nicht mit ihrem Namen genannt zu werden? Normalerweise befindet ihr euch doch in einem Entwicklungsstadium, das nicht selten auch eine gewisse Selbstherrlichkeit beinhaltet. Außerdem, meinst du nicht, dass du deine Wichtigkeit ein wenig zu hoch einschätzt? Du klingst, als fürchtetest du, dass jeden Moment haufenweise Assassinen aus dem Busch springen könnten, wenn sie nur deinen Namen hören, Maenor, dabei hast du ihn mir ohne zu zögern genannt – Wo ist da bitte schön die Logik?“ Er lachte spöttisch und richtete sich wieder auf, der Bahnhof war schon ein gutes Stück näher gekommen, nur noch wenige hundert Meter trennten die beiden Magier von ihrem vorläufigen Ziel. „Davon abgesehen, mein Lieber, je mehr du versuchst, darum herum zu argumentieren, desto klarer wird, dass das genau der Fall ist. Vor wem fürchtest du dich, Chibi-chan? Stell dir mal vor, deine Verfolger finden dich und ich bin nicht informiert…. Wie könnte ich dir denn dann helfen?“ Das hörte sich ja beinahe schon so an, als habe Cyrus entgegen seiner sonstigen Angewohnheiten vor, einem Menschen in Not zu helfen. Nein, aber dafür war er momentan recht interessiert an dem Schwertkämpfer oder zumindest an dessen Hintergründen. Also los, er sollte ihm gefälligst antworten, es war ja auch zu seinem Besten, denn wahrscheinlich wollte er dann doch lieber zwei gegen zehn kämpfen - als vollkommen alleine.

Auch wenn der gute alte Seraphim ziemlich scharfsinnig war, wurde er Maenor einfach nicht sympathischer. Das lag wohl einfach an der Art des jungen Mannes, damit musste man dann leben. Mittlerweile bereute es der Fice wirklich, dem weißhaarigen Magier neben sich seinen richtigen Namen verraten zu haben. Er war das Ganze viel zu unüberlegt angegangen und jetzt musste er den Preis dafür bezahlen. Aber eigentlich lag es an der Hand, warum er seinen Gildenbrüdern seinen richtigen Namen verraten hatte, immerhin handelte es sich bei der Gilde sozusagen um eine Bastion, welche zu ihm hielt und ihn hoffentlich vor seinem Clan schützen konnte. Und da sollte es schon wenigstens etwas Vertrauen geben, fand Maenor zumindest.
Aber dennoch sagte Seraphim etwas, was den jungen Fice belustigte. Und zwar hatte er ihn ein oder zwei Jahre jünger geschätzt, als er tatsächlich war. Ob er dies jedoch mit Absicht gemacht hatte, um ihn zu provozieren, oder ob er tatsächlich so jung aussah, konnte er aber beim besten Willen nicht sagen. Verbessern würde er ihn jedoch nicht, sollte er einfach denken, was er wollte. Zudem er bestimmt noch etwas nervtötender werden würde, sollte ihn sein jüngerer Questpartner kleinlich korrigieren. Um genau zu sein, spielte es ja auch keine sonderlich große Rolle, wie alt er nun wirklich war. Aber zunächst einmal galt es, Seraphim wahrheitsgemäß zu antworten. "Nun ja, wir sind doch beides Mitglieder derselben Gilde, oder etwa nicht?. Und zwischen solchen Leuten sollte wenigstens etwas Vertrauen herrschen, was der Hauptgrund dafür war, warum ich dir meinen Namen verraten habe. Aber du hast recht, ich sollte dich wenigstens etwas aufklären, damit du auch Bescheid weißt, sobald etwas passiert." Immerhin bestand die ziemlich hohe Wahrscheinlichkeit, dass Seraphim ebenfalls angegriffen werden würde, sollte er sich bei einem Angriff auf Maenor einmischen. Im Moment wusste er auch nicht, wie er ihn einschätzen sollte. Meinte er das ernst, dass plötzlich ein Haufen Auftragsmörder aus einem nahen Busch springen würden, um sie anzugreifen? Viel wahrscheinlicher war es jedoch, dass sie ihn, sofern sie ihn erst mal gesichtet hatten, verfolgen und isolieren würden, bevor sie ihn einkassierten. Es sollte ja möglichst keine Erregung der Öffentlichkeit geben, alles würde geheim und verdeckt geschehen. "Meine Verfolger werden wahrscheinlich ihr Gesicht verdeckt haben, damit man sie nicht erkennt. Ich würde auf eine Kapuze über dem Kopf schätzen, aber es kann natürlich auch sein, dass sie maskiert sind. Um eben nicht in der Öffentlichkeit erkannt zu werden." So, was musste er noch wissen? Ah ja, genau. Die Anzahl der Verfolger und um wen es sich dabei handelte. "Es werden wohl mehrere Erwachsene dabei sein, die von einer jungen Frau dieser Größe geleitet werden." Dabei zeigte er auf seine Augenhöhe, denn so groß war Zara ungefähr. Verdammt, er wollte sie keinesfalls treffen, denn das würde so oder so böse enden.

Inzwischen hatten sie den Bahnhof erreicht und Cyrus suchte sich recht schnell ein Abteil aus, in welchem sie ungestört waren. Einen der vielen kleinen Abschnitte des Wagons, der ziemlich gen Ende des Zugs lokalisiert war. Dieser eignete sich im Notfall nicht nur gut zum abspringen, sondern war auch am weitesten von der doch eher lauten Lokomotive entfernt, das einzig störende Element konnten somit nur noch die Bremsen sein. Mit einem leichten Seufzen setzte sich der Dragonslayer bequem in einen der Sitze und stützte das Kinn in die Hand, nur um kurz darauf das unterbrochene Gespräch wieder aufzunehmen. "Chibi-chan... du scheinst mich nicht richtig verstanden zu haben - mich interessieren auch weder Unterhosenfarben noch Schuhgrößen der Personen. Viel mehr will ich den Grund wissen, warum jemand hinter einem Knirps wie dir her sein sollte." Apropos Knirps - Cyrus hatte nicht einen Moment angenommen, dass Maenor so jung war, er hatte ihn vielmehr ärgern wollen, was leider daneben gegangen war. Aber man konnte eben nicht alles haben. Währenddessen bedeutete er dem Jungen, ebenfalls Platz zu nehmen, denn die ganze Fahrt bis nach Magnolia zu stehen war wahrscheinlich keine gute Idee. Magnolia Town, die Stadt, die doch eigentlich von Fairy Tail dominiert werden sollte, stand heute auf ihrem Fahrplan. Zum Glück hatte Cyrus sich eine Verbindung gesucht, die nicht in ganz so vielen unwichtigen Käffern hielt. Diese waren wirklich nach Bremsenlärm das unangenehmste einer solchen Fahrt, kleine Dörfer, die niemanden auch nur die Bohne interessierten - ihn erst Recht nicht. In Magnolia war er derweil schon mehrfach gewesen, da das städtische Theater nicht gerade uninteressante Inszenierungen zeigte, auch wenn sie manchmal ein wenig gewagt waren. Cyrus streckte sich kurz, bevor er seine Jacke komplett öffnete und den Kopf in den Nacken legte. So langsam bemerkte er, dass er sich verlegen haben musste, da seine Nackenmuskulatur verspannt war - kein Wunder, wenn man bedachte, dass seine gestrige Nacht wirklich alles gewesen war... außer besonders erholsam. "Davon mal abgesehen, Kleiner... wer ist diese junge Frau, von der du gesprochen hast? Erzähl mir mal was über sie..." Oh, ja, manche Gewohnheiten konnte man nicht ablegen.