Schließlich waren sie am Bahnhof angekommen, wo sie Seraphim rasch und gezielt zu dem richtigen Zug führte. Im Gegensatz zu dem anderen Magier hätte Maenor nichts gegen eine lange Zugfahrt gehabt, denn dann hätte er die Schrift weiter studieren können, welche er vorhin nicht vollends abschließen konnte. Dabei handelte es sich nämlich keineswegs um langweiligen und zähen Theoriestoff, sondern interessante Techniken, die er hoffentlich bald meistern würde. Er ließ sich nach Seraphim auf den gegenüberliegenden Sitz fallen, wobei er den Rucksack und sein Schwert selbstverständlich vorher in das Gepäckabteil über ihren Köpfen verstaute. Selbstverständlich hatte er auch verstanden, was ihm Seraphim gesagt und wie er mit ihm gesprochen hatte. Ziemlich unverschämt der alte Knabe, fand Maenor säuerlich. Und mit diesem würde er noch die ganze Zeit rumhängen und die Quest erledigen. Tja, manche hatten eben nicht sonderlich viel Glück im Leben, das passierte nun mal. So nicht mein Freund, nicht mit mir. Nun bildete sich ein kleines Lächeln in Maenors Gesicht, mit dem er den weißhaarigen jungen Mann bedachte. "Das mein Bester, geht dich leider nichts an. Versuch es doch mal mit besseren Manieren, vielleicht erfährst du ja dann mehr über persönlich-private Themen von Leuten." In diesem Moment schoss ihm auch ein Gedanke durch seinen Kopf. Irgendwie schien Grandine auch in ihrer Erziehung versagt zu haben, wenn man an Seraphim dachte. Selbstverständlich würde er das niemals laut aussprechen, denn dann würde Seraphim wohl ziemlich aggressiv reagieren, immerhin hätte er selbst auch so reagiert, wenn man so etwas über seine eigene Mutter gesagt hätte. Er hatte auch keine Angst vor Seraphim, keinesfalls, doch was der Zug jetzt wohl am Wenigsten brauchte, war ein Duell zwischen zwei Magiern, die stark genug waren, um wohl den ganzen Zug zu demolieren.
Und dann fragte sein Gegenüber etwas, was ihn vollends aus der Bahn warf und ihm beinahe wieder den Mund aufklappen ließ. Was? Hatte er wirklich Interesse für seine Verfolgerin? Meine Fresse, hat der Typ nerven. Man musste wahrlich ein sorgloses Leben führen, wenn das Interesse auf solch einem Gebiet lag. "Sie ist in meinem Alter.", fing er an. "Aber ich würde mich auf keinen Fall mit ihr anlegen, wenn ich an deiner Stelle wäre. Warum denkst du denn, bin ich auf der Flucht vor ihr, wenn sie nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügen würde, mich zu überwältigen?" Mehr würde Seraphim auch nicht erfahren, schließlich hatte er nicht wirklich etwas gegen Zara, sodass sie ihm diesen Kerl hier auf den Hals hetzen wollte. Es war das unglückliche Schicksal gewesen, welches die einstigen Freunde getrennt und auf verschiedene Seiten gestellt hatte. Aus diesem Grund kannte er sie ziemlich gut und hätte sie dementsprechend auch relativ gut beschreiben können, aber er wollte nicht. Auch wenn er sie seit zwei Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen war, sicher war eins: Sie war bestimmt noch attraktiver und weiblicher geworden, als sie es zu seiner Zeit war. Schade, dabei waren das bestimmt die Informationen gewesen, auf die der junge Mann gehofft hatte. "Was erhoffst du dir denn? Ein Date?"

Oh ja, hätte Meanor nun auch noch Grandine beleidigt, so hätte sich Cyrus wahrscheinlich auf den Jungen gestürzt, Zug hin oder her. So aber verzog sich sein Gesicht nur kaum merklich, was der Junge aber wohl kaum sehen konnte, weil er seinen Kopf ja zurückgekippt hatte. Wollte Maenor etwa Gegenwehr leisten? Ein schwacher Versuch des kleinen Wurms, sich gegen ihn zu stellen? Das war dermaßen lächerlich, dass der Weißhaarige ein leises Kichern nicht unterdrücken konnte. Auch hörte er der Beschreibung Maenors zu, als er dieses Mädchen beschrieb - vollkommen unzureichend natürlich. Als er geendet hatte, herrschte eine Sekunde Pause, ehe der Dragonslayer den Kopf zurückkippte und dem braunhaarigen Jungen in die goldenen Augen sah. Zeit für Gegenfeuer. "Dass deine kleine Freundin - oder eher Feindin? - über die nötigen Fähigkeiten verfügt, dich zu überwältigen, macht sie wohl kaum zu einer ernsthaften Bedrohung~", grinste er und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, während er den anderen Arm über die Kopfstütze des Sitzes neben sich legte und die Beine überschlug. Seine ganze Gestalt drückte trotz seiner schmerzenden Schultern eine gewisse Entspannung und Ruhe aus, auch wenn er gerade auf dem besten Wege war, sich mit seinem kleinen Partner zu streiten. Ob er ihn gekränkt hatte? Aber nie im Leben, er war selbstzufrieden und -sicher genug, als dass man ihn mit einer solchen Lapalie aufregen könnte. Sein Grinsen wurde sogar noch etwas breiter, eher er auch auf die zweite Frage des Jungen reagierte. "Ein Date? Wer weiß... ist sie mit dir verwandt? Wenn nicht, warum denn nicht~." *Schließlich hätte die Ische dann wahrscheinlich seine Hackfresse... das könnte ich nicht über mich bringen, wirklich nicht.* Und ja, es wären tatsächlich die Informationen über ihr Aussehen gewesen, die ihn interessiert hätten, aber genau diese behielt der Junge ihm vor. So eine Schande aber auch. Er richtete sich etwas mehr auf und legte den Kopf dann schief - und einen kurzen Moment wurde sein Gesicht ernst. Das war man nun wirklich nicht von ihm gewöhnt, wo er doch meistens lächelte oder grinste, auf eine mehrdeutige, spöttische Art und Weise. "So, Spaß beiseite, Maenor." Wow, kein "Gechane", kein "Kleiner" oder sonstiger despektierlicher Spitzname, vielleicht wäre es nun angebracht, dem Magier zuzuhören. "Aus deinen Beschreibungen kann ich genau nichts herauslesen. Nichts. Männer mit Kapuze oder Masken und ein Mädchen, das einen halben Kopf kleiner ist als du... Weißt du, auf wie viele Menschen diese unglaublich differenzierte Beschreibung zutrifft?" Viele, sehr viele und das sollte dem Jungen auch klar sein. "Es gibt Bezirke in Magnolia Town, in denen man nicht ohne Kapuze auf die Straße geht - und was soll ich da deiner Ansicht nach tun? Jeden halben Meter eine verdächtige Person gegen die Wand matschen, ja? Es wäre in deinem eigenen Interesse, mir wenigstens ein wenig über deine Probleme zu erzählen - glaubst du, ich bin besonders geil darauf, mir die Sorgen eines Kindes anzuhören? Wohl kaum." Das war eindeutig die Wahrheit, Cyrus empfand Kinder eher als nutzlose, nervige Wesen ohne Verstand, war es da nicht geradezu aufopfernd, was er dem Jungen anbot? Natürlich wollte er etwas über ihn wissen, andererseits log er nicht: Die Ankündigung, dass sein Partner offenbar damit rechnete, angegriffen zu werden, war schon nervig genug, aber dann auch noch zu verschweigen warum oder von wem genau... das war ja wohl eine Zumutung.

Tja, und da war es raus. Anscheinend hatte Seraphim tatsächlich kein sonderlich gutes Bild von ihm, was aber keinesfalls seine Schuld war. Vielmehr konnte man getrost sagen, dass der junge Mann so arrogant war oder zumindest ziemlich von seinen Fähigkeiten überzeugt zu sein schien, dass er sich als den Besten ansah. Maenor wusste jetzt nur nicht, ob das ein Nebeneffekt der Erziehung Grandines war oder vielmehr des gehobenen und elitären Postens, den das Weißhaar in der eigenen Gilde innehatte. Nur eines stand fest, nämlich dass es sich hierbei um das erste Mal handelte, bei dem die beiden miteinander zu tun hatten, sodass er pauschal eigentlich gar nicht wissen konnte, über welche Fähigkeiten er verfügte. Dies sprach wieder für die enorme Arroganz des Dragonslayers, der ihm von Minute zu Minute immer unsympathischer wurde. Dass er Zara dermaßen unterschätzte, war ein ziemlich großer Fehler, der sich bei einem Treffen mit ihr durchaus als sein Letzter erweisen könnte. Aber das wäre gar nicht mal so schlimm, da Seraphim dem Fice mittlerweile ziemlich egal war. Verdammt, wie er solche übermütigen Leute hasste, nichts als Probleme bescherten sie einem. Und gerade er hatte mal wieder den Joker gezogen, sodass er die nächste Zeit mit einer solchen Person verbringen konnte. In solchen Augenblicken wünschte er sich sein magisches Musikgerät herbei, welches wenigstens das dumme Geschwätz des jungen Mannes vor ihm austönen würde. Nach außen hin merkte man aber nicht wirklich etwas von den inneren Gedanken, die wie Raketen in seinem Verstand umherschossen. "Ich sag dir mal was, wer hoch steigt, fällt tief. Aber das musst du ja wissen. Wenn du es unversehrt bis zu deinem jetzigen Lebensjahr geschafft hast, musst du ja über mehr Glück als Verstand besitzen. Oder du hast einfach einen Glücksstern, wie man es nehmen will. Aber zu deinem Glück...", fuhr er fort. "Bin ich nicht mit ihr verwandt, also lass es knacken, wenn du sie siehst. Das wird ne scharfe Angelegenheit.", fügte er noch mit einem kleinen Lächeln hinzu. Scharf im Sinne von ihrer Klinge an seiner Kehle, natürlich.
Langsam aber sicher musste auch gesagt sein, hatte der junge Blue Pegasus Magier eindeutig die Schnauze voll. Was bildete sich dieser Typ ein, sich so weit in sein Privatleben einzumischen und dann auch noch Sachen zu fordern. Gewiss hätte er mehr über sein Leben erzählt, hätte man ihn nett gebeten und ihm etwas Empathie entgegengebracht. Doch so? Nicht wirklich, das feuerte nur den Trotz in seinem Inneren an, eine freche Antwort zu geben. Doch so gerne er diesem Impuls nachgegeben hätte, er würde sich zurückhalten, das war nicht seine Art. "Du musst rein gar nichts machen. Sofern du dich nicht auffälliger als jetzt verhältst, sollte es auch keine Probleme. Und oh, ja selbstverständlich auch dann, wenn du meinen Namen nicht laut hinausposaunen solltest. Ich bin doch mal gespannt, ob du dazu in der Lage bist." An das Können und den Stolz dieser Person appellieren, mal sehen, wie es klappen würde. "Und was dein Date angeht, ich lass es dich wissen, wenn ich sie sehe, ja?" Hoffentlich hielt er jetzt endlich die Klappe und ließ ihn in Ruhe, damit er sich weiter mit seinen Studien beschäftigen konnte.

Maenor wollte also einfach nur entspannen und seine interessante Lektüre studieren? Darauf würde er leider lange warten müssen, denn Cyrus war nicht gerade dafür bekannt, dass er schnell klein beigab. Erst recht nicht, wenn man ihm Dinge vorwarf oder ihn beleidigte, also nicht mitspielte. So etwas spornte ihn nämlich nur noch mehr an, weiter zu bohren. Ein wenig wie eine Schlinge, die sich immer fester zog, je mehr man dagegen ankämpfte. Und die patzigen Antworten Maenors waren wie Brennspiritus in die Glut - eine ganze Menge davon. Dabei hatte der Junge durchaus Recht: Es gab wohl nur wenige Menschen, die dermaßen von sich überzeugt waren, wie Cyrus, ebenso ließ sich eine gewisse Arroganz nicht leugnen. Dennoch waren es genau diese Eigenschaften, die ihn davon abhielten, aggressiv auf die Beleidigungen des Kleineren einzugehen, sondern sich sogar noch über diesen lustig zu machen und seinen Blutdruck langsam aber sicher in die Höhe zu treiben. Ja, und der Dragonslayer hatte sogar Spaß daran. Er hörte Maenor bei seinem schwachen Versuch einer verbalen Gegenwehr zu und grinste nur ein wenig breiter. *Ich und fallen? Wann bin ich das letzte mal hingefallen?* Ja, das war allerdings war. Zwar forderte Cyrus sein Glück öfter heraus, aber bisher hatte es ihn noch nie verlassen. Außerdem musste man schon sagen... die Metapher, die der Junge gewählt hatte, war wirklich die unpassendste, die er hätte auftreiben können. "Aber, aber, Chibi-chan~ Ich falle nicht, ich schwebe allerhöchstens sanft zu Boden...", meinte er mit schon fast verständnisvoller Stimme, während er den Jüngeren unvermittelt anblickte. Beinahe so, als verstehe er, warum er sich so aufregte. Er war ja schließlich noch klein, nicht wahr? Aber immerhin war dieses Mädchen nicht mit ihm verwandt.
Die weiteren Worte Maenors regten ihn jedoch ein wenig mehr auf, als das irgendeine Bezichtigung aus seinem Munde geschafft hätte. Verstand das dumme Kind es denn nicht? Er hatte die Dreistigkeit, erst einen Angriff anzukündigen und damit auch sein Team - das in diesem Falle wohl oder übel aus Cyrus bestand - zu gefährden, wollte dann aber keine weiteren Informationen herausrücken? Das grenzte an fahrlässige Gefährdung der Quest und damit auch an eine potenzielle Schädigung des Rufs der Gilde... und das konnte er einfach nicht tolerieren. Es konnte nicht angehen, dass so ein kleiner Knirps Blue Pegasus durch den Dreck zog - oder dafür sorgte, dass sie nicht besonders toll aus dieser Aufgabe gehen würden - nur weil er offenbar in die Trotzphase zurückgefallen war. "Es würde die erfolgreiche Ausführung dieser Quest wirklich positiv beeinflussen, wenn du deine kindlichen Trotzgefühle für einen Moment auf Eis legen würdest und mir wenigstens eine Personenbeschreibung liefern würdest. Und da du offenbar nichts über die Kleine sagen willst, reicht es auch, wenn du mir mitteilen würdest, was deine Verfolger mit dir vorhaben - ob sie dich nur gefangen nehmen oder es auch möglich ist, dass sie dich einfach umbringen sollen. In diesem Falle müsste man wahrscheinlich mit der Gefährdung der Umstehenden rechnen, nicht?" Er lehnte sich noch etwas mehr in den Sitz hinein und wandte den Kopf zum Fenster, aus welchem man die Landschaft rasend schnell an den beiden Magiern vorbei ziehen sehen konnte. Das war fast ein wenig wie fliegen... es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er das können würde - fliegen... dieser Traum war so alt wie die Menschheit selbst. Und für ihn dennoch in Reichweite. "Wahrscheinlich meinst du, dass du mir meine - wie hast du es doch gleich ausgedrückt - schlechten Manieren, dadurch zurückzahlen kannst, dass du weiter den Unkommunikativen spielst, nicht wahr, Kleiner?" Maenor konnte gerne weiter nichts über sich preisgeben, aber zum Lesen würde er nicht kommen, so viel war sicher. Ebenso wie es sein könnte, dass Cyrus ihn mit einem Grinsen seiner ach so liebenswerten Freundin überließ, wenn er nicht langsam ein wenig Kooperation an den Tag legte. Aber das wusste er nicht... konnte er es erahnen?
Übrigens: Cyrus' Geringschätzung der Stärke anderer war keinesfalls ein Nebenprodukt der Erziehung Grandines, zumindest würde er selbst das verneinen. Wenn es die Drachin wäre, mit der er sich unterhielt und kein Dreikäsehoch aus seiner Gilde, dann würde er ganz anders sprechen - denn er hatte Angst vor der Drachin. Mochte Grandine noch so freundlich zu Hilfebedürftigen sein und ihnen medizinische Hilfe anbieten - gerade die Verzogenheit des Jungen war ihr sauer aufgestoßen. Wahrscheinlich ähnelte sie in diesem Punkt Maenor ein ganzes Stück mehr, als es diesem bewusst war. Wie ein Treffen der beiden Magier mit der Drachin des Himmels wohl ausgehen würde? Wahrscheinlich recht schmerzhaft für Cyrus, wenn Maenor nicht die Klappe halten würde. Aber das würde wahrscheinlich nie geschehen, welch ein Glück aber auch.

Nun war Maenor etwas verwirrt und starrte sein Gegenüber leicht fragend an. Was meinte er denn jetzt bitte damit? War das wieder eine seiner arroganten Redeweisen oder hatte er hier gerade tatsächlich etwas über die magischen Fähigkeiten Seraphims erfahren? Passen würde beides, einerseits konnte er sich ja als zu erhaben sehen, als dass er jemals stürzen könnte. Andererseits konnte er sich auch auf einen ihm bekannten Zauber beziehen, mit dem das Schweben möglich war. Das wäre durchaus praktisch aber in seinen Händen auch eine relativ gefährliche Technik. Das war das Problem mit diesen verlorenen Magien, besonders der Dragonslayermagie, es war einfach zu wenig über sie bekannt. Aus diesem Grund würde er wohl einfach abwarten müssen, bis er Seraphims Fähigkeiten zu sehen bekam, denn er wollte ihn nicht wirklich danach fragen. Dieses Gefühl in ihm wurde vor allem durch Lustlosigkeit und verlorenem Interesse gebildet. Eigentlich war er anfangs relativ interessiert an Seraphim gewesen, das Verhalten, welches er an den Tag legte, war nicht unbedingt langweilig und normal. Spätestens als er schließlich zugegeben hatte, dass es sich bei ihm um einen Dragonslayer handelte, war der wissbegierige Fice Feuer und Flamme gewesen. Kein Wunder, das war ja praktisch die Chance, etwas über die omniösen Drachen zu erfahren, von denen gesagt wurde, dass es durchaus vorkam, dass sie einen menschlichen Schützling zu sich nahmen. Doch dann war der Charakter seines Gegenübers dazwischengekommen, der ihm wieder alle Laune verdorben hatte, auch nur weiter nachzufragen.
Würde es den Verlauf dieser Quest wirklich positiv beeinflussen, wenn sein Questpartner mehr über seine Verfolger wusste? Das bezweifelte Maenor wirklich, doch es würde die Reise gewiss nicht negativ beeinflussen, das stand fest. Zudem war die Gefahr ja allgegenwärtig, dass sie gefunden wurden, weshalb er wenigstens Bescheid wissen sollte, um entsprechend reagieren zu können. Deshalb, aber auch nur deshalb, entschloss er sich den anderen Magier über seine Umstände zu unterrichten. "Das Alter und die Größe von Zara hast du ja bereits mitbekommen, weshalb du bestimmt etwas über ihr Aussehen wissen möchtest. Sie hat langes, braunes Haar und grüne Augen. Ihre Augenfarbe ist auch relativ einzigartig, da sie die Farbe von Moos besitzen, während sie an der Innenseite mit goldenen Sprenklern durchsetzt ist." Ja, das war sie, ein wirklich hübsches Mädchen. Irgendwie vermisste er sie schon etwas, jahrelang waren sie beste Freunde gewesen und es hätte sich durchaus mehr entwickeln können, doch all das war von diesem Schicksal verhindert worden. Jetzt war sie mit dem Auftrag unterwegs ihn gefangen zu nehmen, in dem Wissen, dass ihn bestenfalls der Tod erwartete. Sozusagen als Exempel, für alle weiteren potenziellen Clanverräter. Das Zeichen würde selbstverständlich ziemlich deutlich ausfallen, die Macht des Clans war groß und es gab einfach keinen Ort, an dem man sich vor ihm verstecken könnte, nicht mal eine der mächtigen Magiergilden. Oh ja, das würde dem Ego des Clanoberhaupts und der arroganten Clanleute wirklich einen ordentlichen Boost geben. Aber er schweifte schon wieder ab, er sollte wenigstens zu Ende erzählen, ehe er in seinen Gedanken woanders war. "Ich denke nicht, dass mit einem öffentlichen Aufruhr zu rechnen ist, denn sie werden vielmehr versuchen mich zunächst zu isolieren, ehe sie mich einkassieren. So weit ich weiß, lautet ihr Auftrag meine lebende Gefangennahme. Hast du noch weitere Fragen?" Maenor hoffte von tiefstem Herzen, dass er es endlich war, er hatte einfach keine Lust mehr auf die unnötigen Provokationen und Sticheleien des Dragonslayers. Aber bei seinem Glück würde das Gespräch die ganze Zugfahrt übergehen. Hurra!

Ah, ging doch. Braver Junge, hier hast du dein Leckerli. Also hatte Maenor es endlich geschafft, seinen Stolz zu schlucken und ihm die Informationen zu geben, die er benötigte. Und sogar noch mehr als das... das Mädchen, das er da beschrieb, hörte sich doch tatsächlich nicht schlecht an, wahrlich nicht. Aber nun gut. Der Junge bestätigte, dass sie ihn wahrscheinlich nicht umbringen würden, nicht sofort - das war doch schonmal etwas. Da man nie sicher sein konnte, ob unter seinen Verfolgern keine wahrlich starken Magier - außer dem niedlichen Geschöpf, welches er Zara genannt hatte - waren, wäre der Tötungsbefehl auch gleichzeitig Cyrus' Ende gewesen, da so eine Explosion beispielsweise auch nicht vor ihm halt gemacht hätte. Nicht, dass er vermutete, dass so etwas passieren würde, aber manchmal war es doch besser, auf Nummer sicher zu gehen. "Einkassieren" war übrigens auch eine nette Wortwahl, aber er hatte jetzt keine Lust mehr, noch weiter auf den Jungen einzudringen. Das würde er sich aufheben. Stattdessen nickte er knapp und sein gewohntes Lächeln auf den Lippen, ehe er "In Magnolia Town steigen wir aus, verpass die Station nicht~" meinte und kurz darauf in seiner Jackentasche nach etwas fischte, ein kleines Büchlein herauszog und es beim Lesebändchen aufschlug. Es war ein wirklich hervorragend geschriebenes Drama, welches sich gerade der Peripetie näherte, dem Höhe- und Wendepunkt. Cyrus hatte vor, eine Aufführung eben jenes Stückes (Mit dem Titel "Der schuppige Baum") nächste Woche zu besuchen und hatte sich im Vorhinein die geschriebene Version des ganzen besorgt, da sich das für einen Theaterfan so gehörte. Er wollte gerade zu lesen beginnen, als ihm noch etwas einfiel, weswegen er das Heft kurzum wieder zuklappte und ohne sich daran zu stören, dass Maenor gerade wahrscheinlich auch beschäftigt war, fragte: "Magst du diese Zara eigentlich? Deine Beschreibung lässt darauf schließen..." Niemand, der einen Menschen hasste, würde ihn dermaßen vorteilhaft beschreiben, nicht wahr? Obwohl, vielleicht war sie wirklich so wunderschön, dass es gar nicht anders ging, in diesem Falle musste er wohl darauf hoffen, dass sie sich über den Weg liegen. Es interessierte ihn, ob der Junge etwas für sie empfand, da er diese Information unter Umständen noch nutzen konnte. Gegen sie, aber vielleicht auch gegen ihn. Oder gegen beide... aber damit würde er sich wahrscheinlich selbst gefährden. Zwei gegen einen und der eine dann auch noch sein Team"kamerad"... das war schon bitter. Vielleicht war er ja heimlich in diese Zara verliebt... Er selbst war noch nie verliebt gewesen, er hatte seine Beziehungen - die allesamt gewollt kurz gewesen waren - stets auf rein körperlicher Ebene gehalten.

Ja, es gab Momente, in denen man einfach seinen Zorn herunterschlucken musste, um weiter zu kommen. Und dies war eben solch ein Fall, denn Maenor würde zwar nicht alles, aber dennoch ziemlich viel dafür geben oder tun, damit Seraphims loses Mundwerk endlich versiegelt wurde. Und dann, ganz plötzlich, als hätte ihn der Himmel erhört, kündigte sein Gegenüber an, dass sie ja nicht die Haltestelle verpassen durften. Als ob er so eine bekannte Haltestelle wie Magnolie Town überhören würd, zudem sie bestimmt mehrfach angekündigt werden würde, immerhin handelte es sich um eine der bekanntesten und größten Städte in ganz Fiore. Während also Seraphim – ganz zum Erstaunen des anderen Magiers im Abteil – ein Buch rausholte, und begann darin zu lesen, griff er in einer seiner Taschen und zauberte wieder die Schriftrolle hervor. Endlich hatte er wieder Zeit, sie in Ruhe zu studieren: Sofern Seraphim nicht die Angewohnheit hatte, laut zu lesen, was ihn keinesfalls verwundert hätte. Wenn irgendjemand so eine nervtötende Angewohnheit besitzen konnte, dann konnte das nur er sein. Es vergingen einige Momente, in denen sein Gegenüber wirklich nicht den Mund aufmachte. Was ein Glück, dann war heute doch nicht alles und jeder gegen ihn. Dann konnte er ja beruhigt anfangen, die Schriftrolle zu lesen. Ehe er sich jedoch wirklich ausführlich dieser Tätigkeit widmen konnte, stellte ihm Seraphim eine Frage, die ihn zumindest etwas überraschte. Ob er seine Verfolgerin mochte? Natürlich, immerhin war sie einst seine beste Freundin gewesen, und er empfand ihr gegenüber immer noch auf diese Art, auch wenn er nicht wusste, wie sie das Ganze nun sah. Wahrscheinlich nicht ganz so wie er, wenn man bedachte, dass sie mit seiner Gefangennahme beauftragt worden war. "Ja, kann man so sagen. Sie war einst meine beste Freundin, aber das hat sich mittlerweile geändert. Immerhin jagt sie mich ja." Der Fice würde auf keinen Fall zugeben, dass da noch etwas zwischen ihnen war, denn dann wäre Seraphim gewiss unglaublich nervtötend geworden. Höchstwahrscheinlich hätte er sich dann an Zara rangemacht, einzig aus dem Grund, um ihn zu ärgern und ihm eins auszuwischen. "Solange du sie mir vom Hals hältst, ist alles gut. "

Maenor hatte einen kleinen Grammatikfehler in seinen Gedanken, war er doch der Meinung, Cyrus hätte sich an diese Zara herangemacht, wenn er ihm erzählt hätte, dass er wohl mal mehr für sie empfunden hatte. Tatsache war wohl eher, dass der Weißhaarige sich so oder so an dieses Mädchen heranmachen würde, ob Maenor nun mit ihr liiert war oder nicht. Es war nicht Cyrus Art, eine solche Chance ungenutzt vergehen zu lassen, wenn er den Jungen damit ärgern konnte, dann war das nur ein Bonus, die Kür sozusagen. Aber jetzt würde er sich wieder seiner Lektüre zuwenden und da er zu Maenors Glück nicht die Angewohnheit hatte, laut zu lesen, bedeutete das wohl ein Weilchen Ruhe für den Jungen mit dem Schwert. Zumindest fast, da er erst einmal das Fenster öffnete und den Fahrtwind genoss, der ihm ins Gesicht wehte. Mahlzeit.
Ein paranoides Kämpferlein, eigentlich war die Vorstellung doch recht nett. Schmunzelnd richtete er seine violetten Augen auf die Seiten des Buches und vertiefte sich ganz in die wohlklingenden Verse des Stückes. Was hatte Maenor denn eigentlich erwartet? Dass er Analphabet war, nur weil er bei einem Drachen aufgewachsen war? Oder dass er einer dieser ungebildeten Banausen war, die freiwillig kein Buch in die Hand nahmen? Oder eine Kombination aus beidem? Zudem noch, dass es ein klassisches Stück war, von dem er gerade die Seiten umblätterte? Keine Schundromane schlechter Qualität... hätte Chibi-chan das erwartet? Wahrscheinlich, war ja auch naheliegender als die Wahrheit, denn mit Sicherheit stufte der Jüngere den Dragonslayer als ungehobelten Rüpel ein oder so etwas ähnliches. Kein Wunder, da er ihn auch noch nicht besonders lange kannte.
Etwa zwanzig Minuten herrschte beinahe Ruhe im Abteil, nur ab und zu hörte man das Rascheln der Seiten oder das Brausen des Fahrtwindes, ansonsten kam kein Wort über Cyrus Lippen, er war viel zu konzentriert auf das Buch in seiner Hand. Die andere hatte sich unbewusst in sein Haar verirrt und war offenbar damit beschäftigt, die wirr abstehenden Haarsträhnen zu sortieren - eine fruchtlose Arbeit. Die andächtige Stille wurde erst unterbrochen, als eine Stimme aus dem Lautsprecher verkündete, dass sie nun wohl in Magnolia Town angekommen waren. Sofort festigte sich das Lächeln auf Cyrus Gesicht, er aktualisierte die Position des Lesebändchens und steckte das Büchlein zurück in seine Jackentasche. Dann stand er ohne ein weiteres Wort auf und schlenderte den Gang des Zuges herab, bis er an der nächsten Tür ausstieg und die fremden Gerüche dieser fremden Stadt auf ihn eindringen ließ.

Tbc: Magische Streetworker

Wew, war es mal wieder voll im Gildenhaus von Blue Pegasus! So viele unterschiedliche Gerüche strömten auf ihn ein, dass er ernsthaft Probleme damit hatte, sie alle auseinander zu halten. Das war ja eigentlich gar kein Problem, da verließ er sich eben komplett auf seine Augen, aber diese erspähten auch nicht gerade das, was er sich gewünscht hätte: Das Questboard war vollkommen überlaufen. So etwas von dicht, aber wirklich. Die Leute standen ja schon beinahe ineinander, so sehr keilten sie sich darum. Es mutete ein wenig wie ein Rugbyspiel an, bei einem offenen Gedränge, nur dass das Ei in diesem Falle viele Blätter Papier war. Dummerweise waren diese endlich und Cyrus hatte eigentlich noch vorgehabt, eines dieser Blätter zu erhaschen, weswegen der weißhaarige Dragonslayer sich mit einem Seufzen ins Getümmel stürzte und sich per Ellbogen und Ducken einen Weg ans Brett erkämpfte. Dort riss man ihm noch gut dreimal einen Zettel vor der Nase weg, ehe er endlich einen erhaschen konnte...! Aber zu früh gefreut, in genau diesem Moment hatte sich ein anderer offenbar für exakt dieselbe Quest entschieden, da sich noch eine Hand um den Zettel schloss, auf dem irgendetwas von einem Goldschatz stand. Naaa toll, wer mochte das wohl sein? Noch stand ein recht beleibter Riese zwischen den beiden Händen, sodass er nicht sehen konnte, wer das wohl sein könnte... aber das brauchte er auch gar nicht, denn dieser durchdringende Geruch nach Öl... Maenor! Der kleine braunhaarige Schwertkämpfer, der auf dieser Quest mitgewesen war, bei der sie einen weggelaufenen Jungen wieder hatten einfangen dürfen. Nicht gerade eine seiner Sternstunden... aber warum sollte er auch nicht mit Maenor einen Garten umbuddeln...? Vielleicht lief ihnen Zara ja über den Weg, das wäre doch etwas, oder? Schließlich sah sie nicht nur gut aus, sondern hatte auch noch Temperament und roch so wunderbar... doch, doch, das hätte sicherlich etwas! Also warum nicht "Maenor-chan~ So ein Zufall aber auch.", grinste Cyrus und zog noch etwas stärker an dem Papier. Es würde sicherlich nicht ganz so schnell reißen, oder? "Würdest du mal so freundlich sein, zurück zu gehen, du stehst mir im Weg...", meinte er zu dem Riesen, der, ohne den Blick von dem Board zu nehmen, einen Schritt zurücktrat, sodass Maenor ihn spätestens jetzt bemerken sollte. Der heute ganz in schwarz gekleidete Dragonslayer ließ das Blatt los und schnappte sich stattdessen Maneors Hand, sodass er ihn zu sich ziehen konnte, da der Riese nicht so wirkte, als könne er sich noch daran erinnern, dass da andere vor ihm standen, die er unter Umständen platt matschen könnte. "Okay, Chibi-chan, ich glaube wir haben ein kleines Problem. Scheinbar wollen wir beide auf diese Quest gehen... also entweder arbeiten wir zusammen oder du musst dir eine neue suchen..." Klare Ansage, oder? Er jedenfalls würde sie nicht aufgeben.