Tatsächlich gab Natascha ihm eines ihrer Brote ab, das war sehr nett von ihr, weswegen er ihr gebührend seinen Dank aussprach – ein einfaches “Danke“ sollte reichen. Allerdings konnte er schon beim ersten Bissen sehen, wie sehr es sie schmerzte, dass er nun ihr Brot hatte, und da er nun wirklich nicht die Art Mensch war, die ihr Essen herunterschlang, sondern eher langsam aß, entschied er sich dafür, nur hinter ihrem Rücken zu essen. Daher versteckte er das Brot hinter seinem Rücken, als sie mit ihrem Beutel zu ihm kam, und schnappte sich schnell den kleinen Rucksack, der unter dieser Bank lag – da er quasi immer hier war und diese Bank seit einem Vorfall vor einigen Monaten, an den man sich lieber nicht erinnern möchte, immer leer, hatte er sich entschieden, diese Bank als „seine“ zu nehmen, und damit hatte auch keiner ein Problem. Entsprechend hatte er dort inzwischen auch immer einen kleinen Rucksack stehen, wenn er nicht gerade auf Quest unterwegs war, für den Fall, dass er auf Quest gehen würde. Darin befanden sich nur ein paar Klamotten und etwas Nachschub an Kaugummi, Geld würde er niemals achtlos in der Gilde herumstehen lassen, ebenso wenig wie daheim oder sonstwo. Es gab nur einen einzigen Platz für sein Geld, der nicht direkt an seinem Körper lag, und den kannte außer ihm keiner.
Jedenfalls wurde er sogleich aus der Gilde geschleift von der Eismagierin, sie zog ihn mit sich, ohne das Brot hinter seinem Rücken zu bemerken, und da er hinter ihr war und eine Hand frei hatte, konnte er es auch relativ problemlos aufessen, während sie Essen kaufte. Es stimmte wohl, dass jede Frau für ihr leben gerne das Hobby „Shoppen“ betrieb, auch wenn nicht jede sich dabei nur nach Schuhen und Klamotten richtete. Natascha war ja wirklich ein herzensguter Mensch und alles, aber sie hatte wirklich Probleme, was das Essen anging. Das merkte er vor allem, als die Uhr eins schlug und sie noch immer einige Straßen vom Bahnhof entfernten, dabei hatten sie nur noch zehn Minuten! Auch seine Begleiterin schien das zu merken, jedenfalls riss sie so stark an seinem Handgelenk, dass es sich anfühlte, als hätte es abreißen können, und rannte in ihrer Höchstgeschwindigkeit in die Richtung, in der ihr Ziel lag. Dort ließ sie ihn stehen, sagte, sie suche ein Abteil und er solle sich um die Karten kümmern. Innerhalb von drei Minuten sollte er sich um die Karten kümmern! Also machte er sich auf, rannte zum Schalter – glücklicherweise war heute eher wenig los – und schaffte es noch rechtzeitig, die Tickets zu bekommen, als der Zeiger von 13:09 Uhr auf 13:10 Uhr überging. Laut hallte die Aussage über die Köpfe der Anwesenden hinweg, der Zug nach Rekishi würde nun abfahren, letzter Aufruf für den Zug nach Rekishi. So flink er konnte raste er über den Bahnhof und schlüpfte noch in letzter Sekunde gerade so durch die schon fast geschlossenen Türen der Bahn, sein Körperbau hatte ab und an auch seine Vorteile. Während er “In drei Minuten Karten holen, was denkt sie sich eigentlich…“ vor sich hin murrte, suchte er den Zug nach dem Abteil ab, in dem Natascha sich befand, immerhin gehörten sie zusammen. Allerdings war der Zug ziemlich leer, und in dem ersten besetzten Abteil, an dem er vorbeikam, saßen ein paar Männer. Während er vorbeischritt hörte er auch eine weibliche Stimme und erstarrte. Das klang schwer nach Natascha. Er setzte zwei Schritte zurück und blickte hinein, tatsächlich, sie nahm einen der vier Plätze ein und war umgeben von den drei Männern. Hatte sie etwa vergessen, dass er auch noch da war, nachdem sie ihn so angebettelt hatte, mitzukommen? Wahrscheinlich bekam sie von den dreien Essen, einen anderen Grund für ihr Verhalten konnte Emaru nicht finden. Er machte einen Schritt in das Abteil hinein, gleich darauf wandten sich ihm alle vier Köpfe zu und er machte gleich einen Schritt zurück, das war ihm doch etwas unangenehm. “Äh… ähm, Natascha-san…“, begann er etwas stockend, da ihm die Anwesenheit dreier Fremder eher unangenehm war. “D… das hier ist nur ein Abteil für vier Personen, und ihr seid schon zu viert… Es wäre besser, wenn wir uns ein größeres Abteil suchen, wenn du sie unbedingt mit uns reisen lassen willst.“ Nein, noch hatte er nicht gemerkt, dass diese Leute ihr nicht wohlgesonnen waren, und ebensowenig, dass sie sich unwohl fühlte. Doch das würde sich sicher noch herausstellen…

War es Schicksal oder Glück, das Emaru dann doch noch auftauchte? Eigentlich war es egal, aber dass er da war, ließ einen schweren Stein von Taschas Herzen fallen. Doch kehrte er schwerer als zuvor zurück, merkte Emaru etwa nicht, was hier vor sich ging? Dass der Magier müde war, wusste sie, aber so müde, es schien fast schon lächerlich. Da ließ sich aber nichts dran ändern, Tascha musste wohl das Problem selbst umschiffen, dass Emaru aber sogar angeboten hatte ein neues Abteil zu suchen, nur damit die drei schmierigen Kerle dabei bleiben konnten, machte alles nur schwieriger. “Ein neues Abteil wird nicht nötig sein, diese Herren wollten sicher gerade gehen und uns alleine lassen, Emaru.“ Wenn sie Glück hatte würden die Kerle keinen Widerstand leisten und einfach abrücken. Sind diese Wunschträume nicht niedlich? „Ich weiß nicht, Jungs wollt ihr die kleine denn alleine lassen?“ „Nee, Boss.“ „Nicht wirklich.“ Okay, gar kein Problem, sie wollten also nicht abziehen, dann war Plan B angesagt, wenn Tascha nur wüsste, wie der aussehen sollte. Improvisieren war angesagt. Nun musste sie wohl die Magier Karte ausspielen und hoffen, dass die Kerle dadurch eingeschüchtert werden würden. “Leider müssen wir aber noch etwas für diese Quest besprechen, weil wir Magier von Blue Pagasus sind. Als würdet ihr uns bitte in Ruhe lassen?“ Ein Fehler war in diesem Satz, doch fiel er Natascha erst auf, nachdem sie ihn ausgesprochen hatte. Sie hätte die Kerle nie duzen dürfen, hätte sie gesagt 'würden Sie uns in Ruhe lassen' würde alles viel einfacher sein, aber mit dem du fühlten sich die Kerle sicher noch mehr eingeladen. „Oho, eine Magierin und was kannst du? Ein paar Häschen herbei zaubern oder einen Strauß Blumen? Oder kannst du dich in einem sexy Fummel selbst zersägen?“ Die letzte Aussage wurde von lüsterndem Kichern der beiden Kumpels vom 'Boss' begleitet. Hatte Emaru bis jetzt immer noch nichts bemerkt? Wie dem auch sei, jetzt formte sich gerade eine Idee, die Tascha die Freiheit schenken konnte und dabei war sie nicht einmal auf Emaru angewiesen. Langsam beugte sie sich zu dem 'Boss', sie wusste seinen Namen nicht und wichtig war es ihr auch nicht, und flüsterte ihm verführerisch ins Ohr. “Nein, meine Magie ist eine ganz andere. Wenn du willst demonstriere ich sie dir gerne.“ Langsam wurde das Verführerische in ihrer Stimme zu etwas Undefinierbarem, das fast jedes Tier verschreckt hätte. “Ich weiß sogar wie ich es dir demonstrieren kann. Ich könnte einfach dein bestes Stück einfrieren und es dann mit einem gezielten Schlag abbrechen, na wie wäre das?“ Das war fies, sehr fies. Konnte Tascha das rechtfertigen, wenn sie gefragt werden würde, wahrscheinlich nicht. Aber niemand fragte sie und die Kerle würde sie wahrscheinlich nicht wieder sehen. Denn kaum waren diese Worte ausgesprochen, verließ der Kerl fluchtartig das Abteil und zerrte seine Freunde mit. Das war es wohl gewesen. Wieso war ihr das nicht sofort eingefallen, so einfach und so effektiv, kaum ein Mann würde dem Widerstehen können. Wenigstens waren die Kerle weg und Emaru konnte sich hinsetzen. “Hast du nicht bemerkt, dass ich die Kerle weg haben wollte? Aber da du nichts gemacht hast, musste ich mir was einfallen lassen. Wenigstens können wir jetzt nach Rekishi fahren, ohne von diesen Kerlen bedrängt zu werden.“ Ein wenig erleichtert kramte Natascha ein weiteres Sandwich aus ihrem Beutel und tat etwas, das sie sonst nie getan hätte, sie teilte es und reichte eine Hälfte an Emaru weiter, dennoch ließ sie mit einem Blick unmissverständlich klar werden, dass es sich hierbei um eine Ausnahme handelte. Kurz darauf setzte sich der Zug in Bewegung und die Fahrt in den hohen Norden Fiores begann

Kam man in ein Abteil, in dem ein Mädchen mit drei jungen Männern saß, dann war der erste Gedanke nicht, dass diese sie bedrängten, zumindest galt das für Emaru. Wer natürlich immer zuerst das Schlimmste in allem sah, ja, so jemand hätte die Situation sofort verstanden, in den meisten anderen jedoch war es eher hinderlich. Man musste wissen, wie man die Welt sah, und wenn man sich einmal entschieden hatte, dann blieb man so lange dabei, bis sich ein Grund ergab, es zu ändern. Emaru sah die Welt nicht als einen bedrohlichen Ort an. Finster, aber nicht wirklich gefährlich, wenn man wusste, wie man Schwierigkeiten regeln konnte. Und gerade er konnte das an einem so finsteren Ort; dieser finsteren Welt entnahm er seine finsteren Kräfte. Hätte Natascha nur einmal gesagt, dass sie diese drei loswerden wollte, er hätte sich sofort ans Werk gemacht – als Magier von Blue Pegasus verbot es ihm sein Stil, drei Leute, die ein hübsches Mädchen belästigten, einfach in Ruhe zu lassen, doch er verbot es ebenfalls, willkürlich auf Leute loszugehen, von denen er nicht wusste, dass sie eine Missetat begangen oder begangen hatten. Oder auch begehen wollten… In jedem Fall hätte ein Wort seitens seiner Partnerin gereicht, um die drei loszuwerden. Doch stattdessen tat sie weiterhin so, als hätte sie kein Problem mit diesen Leuten, auch wenn die Antworten darauf etwas… verdächtig waren. “Entschuldigt, aber die Dame möchte, dass ihr geht, und ich würde euch nur ungern-…“, setzte der Weißhaarige an, wurde jedoch auffällig schnell von Natascha unterbrochen, sie schien weiterhin zu versuchen, die Situation so zu klären, als hätte sie kein Problem mit den Eindringlingen. Sie erklärte, dass sie und ihr Begleiter Magier waren und bat um etwas Privatsphäre, um die Mission zu besprechen… hätte es Emaru nicht besser gewusst, dann hätte er ihr glatt abgekauft, dass sie das so meinte. Sie blieb ernst und tat, als wäre sie ruhig, sie sollte sich nicht wundern, wenn jemand ihre Probleme nicht bemerkte. Als die drei jedoch mit nichts weiter als einer Provokation antworteten, begann der Zauberer damit, etwas Mana in seine Rechte zu leiten, die Zugfahrt nach Rekishi würde reichen, um das bisschen Mana wieder zu regenerieren, das er brauchen würde, um diesen Leuten Benehmen einzuprügeln. Natürlich nur für den Fall, dass sie weiternervten und Natascha nicht selbst mit ihnen fertig wurde, oder dass sie gar handgreiflich werden sollten, drei Grenzen, die man nicht überschreiten durfte, wenn man sich nicht mit dem Dargin anlegen wollte. Natascha konnte in diesem Beispiel auch durch „beliebiges hübsches Mädchen“ ersetzt werden, in diesem Fall sollte Natascha allerdings passender sein, außerdem hatte es nochmal eine andere Bedeutung, wenn man das hübsche Mädchen auch persönlich mochte. Irgendetwas sagte sie übrigens zu dem ihr gegenüber Sitzenden, leise, vorgebeugt, und dieses Mal war es wohl nicht nur eine sachliche Bitte, denn eine derartige würde den Kerl nicht so zum flitzen bringen. Schnell verschwand er aus dem Abteil und lief hinfort über den Gang, kurz darauf folgten auch seine beiden Begleiter, die geradezu abhängig wirkten. Dieses Muster sah man recht häufig bei solchen Leuten, diejenigen, die sich stärker fühlen wollten als sie waren, schwächere quälten und ihre Gruppen um sich zu scharen, und dann besagte Gruppen, die ohne ihren Anführer völlig aufgeschmissen waren, wenn niemand da war, dessen Befehle sie befolgen konnten und der ihnen den Arsch rettete, wenn sie in eine schwierige Situation kamen. Jaja, waren sie nicht reizend, diese Unterdrückerbanden? Emaru für seinen Teil seufzte nur kurz und begab sich dann in das Abteil, in dem Natascha schon auf ihn wartete. “Du hättest mir sagen müssen, dass sie dir Probleme machen, Natascha-san… ich hätte sie sofort entfernt“, sagte er nur kurz, aber weder tadelnd noch kalt oder unfreundlich, einfach nett, höflich, auf eine Art, die ihr zeigen sollte, dass er ihr gern zur Seite stehen würde, wenn sie Probleme hatte. Und was als nächstes geschah, das konnte er kaum glauben, sie nahm ein weiteres Sandwich heraus – nein, das war noch nicht der unglaubwürdige Teil – und gab ihm, ohne dass er fragte oder sie aussah, als wäre es ein Problem für sie, einfach die Hälfte ab. “Oh… vie… vielen Dank, Natascha-san“, brachte er überrascht hervor, es war wirklich eine unerwartete Aktion ihrerseits. Er überlegte kurz, ob er irgendetwas hatte, um sich zu revanchieren, doch nein, er besaß nur Kleidung, Kaugummi und Geld… Naja, während dem weiteren Verlauf der Quest würde sich sicher eine Möglichkeit ergeben, sich zu revanchieren. Und sobald es soweit war, würde er sie ergreifen, vorerst sollte es allerdings reichen, wenn er das halbe Brot aß, dass sie ihm gegeben hatte. Es wäre respektlos, das abzulehnen, außerdem war sie nicht die einzige im Abteil, die gerade Hunger verspürte…

Nun waren die Kerle endlich weg. Ruhe, hoffentlich für den Rest der Fahrt. Leider machte Emaru ihr Vorwürfe warum sie denn nichts gesagt hatte, als sie bedrängt wurde. Sie hatte es doch geschafft und das zählte. Genau, das sagte sie ihm, vielleicht ließ er sie dann etwas in Ruhe, schlafen wäre schön, die Fahrt würde schließlich bis zum Abend dauern. “Emaru, ich habe sie doch verscheucht und musste kein Mana verbrauchen oder etwa nicht? Ich habe gesehen, wie du schon Magie in den Händen konzentriert hast. Naja, auch egal, bis wir da sind müssen wir uns eigentlich um nichts kümmern, du darfst also gerne Schlafen, wenn du willst, ich geh einmal kurz ins Bordrestaurant und leg mich dann auch hin.“ Essen war das Stichwort, sie hatte ben ihr Sandwich geteilt und für die restliche Reise wollte sie die anderen Brote bewahren, wenigstens für ein, zwei Stunden. Also erhob sich die Eisalchemiemagierin und ging einen Waggon weiter. Natürlich hatte sich Natascha in weiser Voraussicht, vielleicht war es aber auch nur ihr Essensdrang, nahe an den Restaurantwaggon gesetzt. Das Restaurant war leer, wie der Rest des Zuges eigentlich auch und Tascha zweifelte nicht daran, dass zur Zeit mehr Besatzungsmitglieder als Passagiere an Bord waren. So waren zum Beispiel drei gelangweilte Kellner im Restaurant, die fast vergebens auf Kundschaft warteten, doch Natascha würde den Männern schon etwas Arbeit verschaffen. Ein solch leerer Zug bräuchte eigentlich kein Restaurant, aber da die Fahrt so lang und nur mit wenigen Stops war, hatte man dennoch einen Restaurantwaggon angekoppelt. Verblüfft blickte einer der Kellner die silberhaarige Magierin an und stieß mit dem Ellenbogen einen seiner Kollegen an, der schon eingeschlafen war. „Ohayo, was dürfen wir ihnen bringen?“ Dafür, dass sie eigentlich gedacht haben, dass niemand kommen würde, waren sie recht höflich und bereit zu arbeiten. Oder sie waren einfach gut ausgebildet worden. “Machen wir es einfach, ich nehme einmal die gesamte Karte bitte.“ Diese Aufforderung wurde von einem unschuldigen Lächeln begleitet, was nicht zu den verwirrten Blicken der Kellner passte. „Sind Sie sich wirklich sicher?“ Dass die Kellner unsicher waren, war kein Wunder, wenn eine schlanke junge Frau, nur für sich die gesamte Karte bestellte, musste etwas nicht stimmen, besonders, wenn sie die Karte noch nicht einmal kannte. Aber ein einfaches Nicken sollte dem Kellner seine Antwort geben. „Hey Mara, einmal die gesamte Karte und mach schnell!“ Unhöflich war es schon, aber das interessierte Natascha nicht, es ging um Essen und da durfte der Kellner so unhöflich zur Köchin sein, wie er wollte, solange das essen bald fertig war. Scheinbar war diese Köchin sehr überrascht, denn man hörte, wie sie scheinbar von einem Stuhl oder Hocker viel und dabei einige Pfannen mit zu Boden riss. „Musst du mich so wecken, Doro-chan?“ Moment, der Name des Kellners war Doro? Hoffentlich war das eine Abkürzung, sonst konnte es sehr peinlich werden. Das Lachen wollte schon bei Natascha herausrutschen, sie musste die Luft anhalten, damit sie nicht in Gelächter ausbrach. Doro? Wie lustig, der Name muss ja eine Qual sein. Kurz nach dieser Aussage und einem gequälten Blick des Kellners mit dem bescheuerten Namen, begann weiteres Töpfeklappern in der Küche des Bordrestaurants, doch dieses Mal waren es eindeutig Kochgeräusche. Endlich wurde Essen gemacht, wurde ja auch Zeit. Geduldig horchte Tascha auf jedes Geräusch, das aus der kleinen Bordküche des Zuges drang, das essen musste doch fast fertig sein, wenigstens die Vorspeisen. Der Erste Teller wurde durch ein kleines Fenster geschoben, zwar war es nur Salat, doch war es Tascha egal, sie begann zu essen, sobald der Teller vor ihr auf dem Tisch stand. Teller für Teller leerte sie so und langsam kamen die Kellner auch ins Schwitzen, normalerweise mussten sie nicht so viel arbeiten. Insgeheim freute es Tascha auch, das sie mal aus ihrem Trott gerissen wurde, sie war heute echt gemein aufgelegt. Kurz darauf hatte sie den letzten Teller leergefegt, satt war sie auch, wenn auch nur kurz. Das Bezahlen verlief problemlos, wie sollte es auch, auf ihr Essensbudget achtete Tascha mit Argusaugen, wenn da etwas nicht stimmte mussten Köpfe rollen. Fröhlich summend kehrt sie zu ihrem Platz zurück, Emaru würde bestimmt schlafen, also schlich sich auf Zehenspitzen ins Abteil, auch wenn es keinen Unterschied gemacht hätte, das Rumpeln des Zuges war so laut ihre Schritte wären nicht zu hören gewesen. Ebenfalls recht müde legte sich Natascha auf die noch freien zwei Plätze, die gegenüber von Emaru lagen, und bettete sich ebenfalls zum Schlafen. Bis zur Rekishi würde es noch etwa sechs Stunden dauern.

Fortsetzung bei: Nachts im Museum

Wer hat Angst vor'm bösen Wolf...? Cyrus schon einmal nicht!


Das Gildenhaus von Blue Pegasus konnte ein wahrhaft erschreckender Anblick sein, wenn es richtig in Szene gesetzt war. Bereits der ganzen Stadt sah man an, dass hier eine rege Verehrung der Drachen stattfand, überall fand man die Reptilien ähnlichen Verzierungen, wilde Augen, Krallen und Klauen. Kleine, in Stein gehauene, Drachen, die ihre schuppigen Leiber über Simse rekelten und feurige Zungen aus ihren Mäulern spien. Die Künstler, die hinter all diesen steinernen Denkmälern der wunderbarsten und fabelhaftesten Kreaturen Fiores steckten, hatten sich alle Mühe gegeben, ihre Pracht greifbar zu machen, aber das wahre Herzstück dieses Drachenkultes war ganz eindeutig das Hauptquartier der Magiergilde, welches sich im Zentrum der Stadt erhob und die Anbetung der Drachen noch deutlicher machte. Das ganze Gebäude machte den Eindruck eines lauernden Ungeheuers, groß und dunkel, mächtig, mit Krallen bewehrt und nur darauf wartend, all die vorüber hastenden Menschen zu fressen. Das Haupttor konnte auf ängstliche Menschen oft wie ein Schlund wirken, das Durchschreiten dieses wie der Eintritt in das Innere des Wesens. Begünstigt wurde diese Sicht des Gebäudes von der Kulisse, die sich dem aufmerksamen Beobachter am heutigen Tage zeigte, auch wenn es nur wenige davon gab, da der prasselnde Regen die meisten Menschen von der Straße vertrieben hatte. In langen, dicken Fäden schossen die Tropfen vom Himmel, verschleierten die Sicht bis auf wenige Meter und durchnässten alles, was sich unter ihnen bewegte. Das Wasser lief gurgelnd aus den Wasserspeiern des Gildenhauses und die Regenrohre hinunter, flutete über den Platz davor, sodass sich bereits tiefe Pfützen gebildet hatten. Es stürmte regelrecht, der Wind heulte durch die Straßen und riss jeden hoffnungsvoll aufgespannten Regenschirm von dannen, als wolle er die Menschlein verspotten, die sich damit hatten schützen wollen. Er pfiff durch Fensterritzen und Türspalte und machte den wenigen Spaziergängern, die dem Unwetter trotzen wollten, das Fortkommen schwer.
Mitten auf dem Platz vor der Gilde stand eine einsame Gestalt, die den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen hatte. Mit einem Lächeln genoss der junge Mann jeden einzelnen Regentropfen, der auf seine ebenen Wangen fiel und an ihnen hinunter glitt, sein weißes Haar durchnässte und es an seine Kopfhaut presste. Die Arme hingen locker und klitschnass an seiner Seite, während er sich ansonsten keinen Schritt bewegte; mochte der Wind noch so blasen, nur seine Haare flatterten im Wind, auch wenn sie durch die Feuchtigkeit inzwischen so schwer geworden waren, dass es mehr ein halbherziges Zucken, denn ein Wehen war. Violette Augen öffneten sich und blickten in den beinahe schwarzen Himmel, der von dunkelgrauen Wolken durchzogen war und das Lächeln wurde noch ein wenig breiter. Auch wenn er nass bis auf die Unterwäsche war, so fühlte sich Cyrus Ikaros Seraphim in sinnflutartigem Regen wie diesem ziemlich wohl, zudem es trotz der ungewöhnlich hohen Luftfeuchtigkeit relativ warm war. Es stürmte, aber Wind konnte dem Himmels Dragonslayer bekanntlich nichts anhaben, konnte ihn nicht umwehen, ihn stürzen lassen oder ihn anderweitig behindern, nein. Es war angenehm, ihn um sich herum wirbeln zu spüren, die unterschiedlichen Luftströmungen an seinem Körper vorbeiziehen zu lassen und ihn in sich aufzunehmen. Auch wenn das schwarze, langärmlige Shirt inzwischen an seinem Körper klebte und sich wie eine zweite, nasse, Haut auf die seine gelegt hatte, schien er keine Ambitionen zu haben, sich langsam unterzustellen. Auch wenn die weiße, gefütterte Weste, die seinen Körper zudem umhüllte, eine Kapuze hatte, so war sie inzwischen von innen ebenso nass wie von außen, da sie nur nutzlos hinter seinem Nacken baumelte, nicht aber auf seinem Kopf saß, wo sie ihn vielleicht hätte schützen können. Immerhin steckten seine Füße in schwarzen Stiefeln, die dafür sorgten, dass wenigstens diese trocken blieben.
Im Gegensatz zu vielen Menschen, die beinahe allergisch auf solche Stürme reagierten, liebte der Dragonslayer nicht nur das Geräusch des prasselnd niederfallenden Wassers auf die schutzlose Stadt, sondern auch den Geruch, der damit einherging. Er mochte das Gefühl der Tropfen auf seiner Haut und wusste, dass der Regen etwas gutes, etwas vorteilhaftes war, das der Natur nützte und ihr half. Auch wenn er nicht so wirkte und mitten in einer der größten Städte des Landes hauste, er verband etwas mit der Natur, schließlich war er in ihr aufgewachsen. Seine Ziehmutter war allein vom Äußeren ein Tier, wenn er das auch nie so sagen und jeden Frevler, der einen Drachen mit einem Tier vergleichen würde, angreifen würde, aber zumindest hatte sie etwas ganz und gar nicht menschliches. Warum sollte man Regen hassen, wenn er doch ein er der Faktoren war, die die Welt in der Balance hielten? Eigentlich hatte er ja nach einer Quest suchen wollen, aber war hier dann festgewachsen, einfach stehen geblieben und hatte sich durchnässen lassen; langsam schien es ihm aber an der Zeit, sich wieder in Bewegung zu setzen. Mit beschwingtem Schritt, auch wenn das Wasser dabei in seiner Kapuze herumschwappte und seine Kleidung über der nassen Haut spannte, schlenderte er durch das Tor der Gilde, leerte die Kapuze einem Eimer gleich aus und schüttelte den Kopf, dass das Wasser in alle Richtungen aus seinen Haaren schoss. Prompt stellten sie sich etwas mehr auf, als die niederdrückende Last von ihnen verschwunden war. Die Tatsache, dass er triefend nass war, vollkommen ignorierend, ging er leichtfüßig zum Questboard herüber und fuhr mit dem Finger über die ausgehängten Aufträge, während die violetten Augen die Zettel systematisch nach interessanten Aufträgen abscannten. Noch war er unschlüssig, alles schien eher langweilig zu sein, wenn auch manchmal nicht gerade schlecht bezahlt. Cyrus war nicht auf eine besonders hohe Belohnung aus, der Magier war eigentlich nie knapp bei Kasse – zur Not zog er ein paar Reiche beim Kartenspiel gehörig über den Tisch; nein, er suchte nach Spannung. Und vielleicht nach hübschen Wesen, aber momentan doch eher nach erstem. Immerhin würde ein wenig Grusel gut zu der Kulisse passen… und wie aufs Stichwort heulte der Wind durch die Halle, blies einige Zettel vom Board und Cyrus fand seine heutige Aufgabe. Ein Werwolf… wenn das nicht mal interessant war…

Es war eigentlich noch früh und im Gildengebäude war nicht so viel los, wie man es gewohnt war. Während einige Magier am Questboard standen und sich Arbeit suchten oder wenigstens so taten, andere an einer der Bars des Gebäudes saßen und sich ein Frühstück oder einen Drink genehmigten, stand Tascha klatschnass im Eingangsbereich der Gilde. Bisher war ihr Morgen wirklich schrecklich verlaufen, dabei wollte sie nur eine einfache Quest machen und ihre Miete plus etwas Geld für Essen verdienen. Mit einem Schnauben blies sich die Eisalchemiemagierin eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht und blickte sich um, wirklich viel los war heute nicht, vielleicht blieben viele wegen des Regens daheim. Geistesabwesend griff Tascha nach ihren Haaren und begann sie auszuwringen, obwohl ihre Haare nicht dazu neigten sich vollzusaugen, kam eine ordentliche Ladung Wasser aus ihnen heraus und hinterließ eine große Pfütze im Eingangsbereich. Während ihre Haare noch weiter tropften, dachte sie über den schlechten Morgen nach.

Zuerst war dort die Tatsache, dass sie bemerkt hatte, dass sie keinerlei Geld im Haus hatte, die 50.000 Jewels unter ihrem Bett zählte sie nicht mit, die gingen für die nächste Miete drauf. Wie sollte sie sich also ihr Essen kaufen? Sie brauchte eine Quest, die wenigstens etwas einbrachte. Also fällte sie den Entschluss heute in der Gilde nach etwas passendem Ausschau zu halten. Schön und gut, so etwas verdarb jemandem, nicht einmal Tascha den Tag, doch das war ja auch nicht alles gewesen. Das Nächste, was Taschas Laune sinken ließ passierte genau in dem Moment, als sie das Haus verließ. Sie knallte ihre Tür wie so oft kräftig ins Schloss, bei ihr würde niemand etwas klauen wollen und selbst wenn, ihre 50.000 Jewels für die Miete konnten leicht wieder beschafft werden. Doch diesen Tag war es anders, es hatte so kräftig geregnet, nun es regnete immer noch, dass die Dachrinne völlig überlastet war, es brauchte nur einen kleinen Impuls um die Metallrinne abbrechen zu lassen. Das Metall verfehlt Tascha zwar, aber das Wasser nicht, es kam mit seiner gesamten Wucht herunter und machte die Eismagierin noch nasser, als sie es schon durch den Regen war. Das war Nummer zwei. Nun das Nächste, was Tascha vollends nervte, war die Tatsache, dass sich niemand außer ihr scheinbar um diese Zeit ein Frühstück kaufen wollte, kein Laden hatte geöffnet, nicht einmal die kleine Bäckerei in der süßen Nebenstraße. Also musste sie hungrig zur Gilde gehen, die Höchststrafe für die siebzehnjährige Magierin.

Und nun? Nun stand sie noch immer in der Gilde, sie würde sich sicherlich noch etwas an einer der Bars kaufen können oder von ihrer Wegzehrung, die für die Zeit der Quest geplant war, naschen. Doch erst einmal hieß es sich eine Quest aussuchen, noch während sie an den Sitzbänken und Tischen vorbei schritt und auf das große Questboard zuhielt, nahm sie ihren Schal ab und wrang auch ihn aus, ihre Kleidung war schwer und jedes Gramm, Wasser, dass sie loswerden konnte, war eine Wohltat. Dabei enthüllte sie kurz ihre Brandnarbe und das Gildenzeichen, dass sich in der Mitte selbiger befand, eigentlich etwas wofür sie sich schämte, doch seit sie eine Blue Pegasus beigetreten war, zeigte sie es öfter in der Öffentlichkeit. Doch jetzt sollte sie sich endlich eine Quest aussuchen, irgendetwas, das recht einfach war und nichts mit nachts wach bleiben zu tun hatte. Da musste sich doch was finden lassen. Dort zum Beispiel, ein älteres Ehepaar wollte, dass sein Dachboden aufgeräumt wurde. Gut, jetzt wo Tascha darüber nachdachte klang es sehr langweilig, etwas Action durfte schon dabei sein. Aber der Zettel daneben klang doch perfekt, dort stand irgendetwas von einem Werwolf. Das versprach Spannung, doch gerade als sei nach dem Zettel greifen wollte, betrat scheinbar eine weitere Person das Gildengebäude, denn ein kräftiger Windzug riss einige Quests vom Board, darunter auch die mit dem Werwolf. Nun musste sie die Quest aus dem Blätterhaufen heraussuchen, nur weil da jemand nicht intelligent genug gewesen war, die Tür richtig festzuhalten. Nun, da konnte man nichts machen, also durchwühlte Tascha die ganzen Quests auf der Suche nach ihrer, dabei fiel ihr ein junger Mann auf, etwa in ihrem Alter, der einen zettel in der Hand hielt, die umgeknickte Ecke kannte sie doch, das war die Quest, die sie eben nehmen wollte. Langsam erhob sich Natascha vom Boden und blickte den jungen Mann an, er war recht gutaussehend, mit seinen weißen Haaren, die sie irgendwie an Emaru erinnerten und seinen violetten Augen. „Ohayo, die Quest, die du da gerade in der Hand hältst wollte ich mir eigentlich gerade nehmen. Würdest du sie mir bitte wieder geben? Oder besser, wollen wir sie nicht gemeinsam bestreiten? Das macht sicherlich mehr Spaß.“ Wenn sie mit ihm die Quest bestritt würde sie zwar weniger Belohnung erhalten, aber Gesellschaft war auch etwas Schönes. Ein freundliches, aber recht kindliches Lächeln breitete sich auf Taschas Gesicht aus. Aber erst einmal sollte man sich kennenlernen, da fiel ihr ein, sie hatte ihren Namen noch gar nicht genannt. „Ach ja, ich heiße Natascha, aber du kannst mich Tascha nennen und wie lautet dein Name?“

Heute an diesem Tag, als Naomi auf dem Weg zum Gildenhaus war, schüttete es wie aus Eimern. Nicht, dass das schlimm gewesen. Über den Schultern lag ihr Regenmantel. Ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie ihn heute trug, nachdem er die Wolkenbildung gesehen hatte und siehe da, die Intuition des Vaters war richtig gewesen. Kaum war sie drei Schritte aus dem Haus gegangen, begann es wie wild zu regnen. Allerdings konnte sie sich davon nicht abhalten lassen, immerhin war wieder ein Arbeitstag angesagt. Dieser stand an, ganz egal was für ein Wetter herrschte. Auf dem Weg zum Gildenhaus wurde sie dadurch schön nass. Das beschränkte sich zum Glück auf ihre Haare, denn der Rest blieb vom Regenmantel bedeckt. Wieso sie nicht die Kapuze aufsetze? Nun es wäre vergebene Liebesmüh gewesen, denn der Wind hatte diese zu Beginn, schon einige Male, von ihrem Kopf geholt und deshalb hatte sie beschlossen, es nicht weiter zu versuchen. So war sie also zu ihrem Zielort gelangt und hatte schmunzelnd feststellen müssen, dass es heute aussah, als würden die Drachen alle weinen oder Wasser statt Feuer spucken. Es gab wohl immer solche Tage, an denen die Dinge nicht so schienen, wie sie eigentlich waren, aber das war eigentlich, recht amüsant, wenn man sich vorstellte, dass man Blupegasus aus heulenden Drachen erbeut hätte. Als sie durch den Drachenkopf eingetreten war, schüttelte sie sich energisch das Wasser vom Körper und den Haaren zu schütteln, allerdings klappte das nicht ganz so gut, wie sie vielleicht gehofft hatte, aber immerhin etwas. Dann sah sich um.
Sofort, oder als Allererstes, bemerkte sie die, ihr sehr wohl bekannte Gestalt, des Dragonslayers, mit dem sie bisher immer auf Quests gegangen war, Seraphim. Es schien irgendwie gang und gäbe zu werden, dass sie ihre Quests mit ihm gemeinsam hatte. Keine besonders schlechte Eigenschaft, wenn sie ehrlich war, hatte sie sich schon sehr an ihn gewöhnt und war eigentlich recht dankbar dafür, dass er ebenfalls zugegen war. Langsam kam sie also auf ihn zu und registrierte dabei das Mädchen neben Seraphim, irgendwo hatte sie dieses doch auch schon gesehen. Ihr Gehirn suchte gerade nach der Begebenheit, in der sie dem Mädchen begegnet war. Doch dann leuchtete es vor ihren Augen auf. Dies war Natascha oder auch Tascha. Auf dem Kirschblütenfest war sie der nimmersatten Eisalchemistin begegnet und danach waren sie gemeinsam im Zug zurückgefahren, wobei sie eher geschlafen und gegessen hatte und das gleichzeitig. Das hatte Naomi doch schon in Staunen versetzt, dass man Essen so lieben konnte, dass man nicht mal zum Schlafen damit aufhören wollte. Nun da sie festgestellt hatte, dass sie die zwei Magier kannte, die dort am Questboard standen entschied sie sich, zu ihnen zu gehen.
Vielleicht würden sie die kleine Blonde ja mitnehmen, zu ihrem Abenteuer? Auf jeden Fall hielt Seraphim schon einen Zettel in der Hand, welcher eine Beschreibung darstellen könnte. Also trat sie schnell näher und hob die Stimme: „Guten Morgen Seraphim-sama, es ist schön, dich zu sehen.“ Dann ließ sie ihr Blick zu Natascha schweifen und schenkte auch ihr ein Lächeln: „Und es ist auch schön, dich zu sehen Tascha-san.“ Alle beide waren mindestens ebenso nass geworden wie sie, Seraphim schien sogar bis auf die Haut durchnässt zu sein, allerdings schien den Magier das Recht wenig zu stören. Wahrscheinlich genoss er es richtig, denn die Luft würde nach einem Regenschauer so richtig rein sein, wie als hätte man sie frisch gewaschen. Nach ihrem letzten Ausflug hatte sie feststellen dürfen, dass er sich in stickigen Höhlen nicht so wohl fühlte, da war die Regenfrische doch genau das Richtige für ihn? „Könnte ich dich auch dieses Mal begleiten Seraphim-sama?“, natürlich erhoffte sich das Mädchen ein Ja, sonst würde sie alleine durch die Gegend stolpern müssen oder gar mit einem Fremden und das behagte ihr nicht. Nun gut Seraphim war auch irgendwann mal ein Fremder gewesen, aber wenn sich schon so eine Chance bot? Wieso sie dann nicht ergreifen?

Milde überrascht drehte Cyrus sich um, als mit einem mal eine unverkennbar weibliche Stimme fragte, ob sie ihm ihre Quest zurückgeben könnte. Nein, natürlich nicht, was er sich einmal unter den Nagel gerissen hatte, das war sein, da konnte man machen was man wollte. Schnell huschte sein prüfender Blick die Gestalt vor sich herunter, wobei ihm das Wasser, welches ihre Kleidung an den Körper presste, deutlich in die Hände spielte, und landete nach weniger als einer Sekunde bei ihrem Gesicht und den ockerfarbenen Augen, schließlich wollte er ja auch nicht, dass sie sich unwohl fühlte - denn warum sollte er sich die Chancen bei einer recht hübschen jungen Dame so schnell verspielen? Dennoch - ganz so einfach würde es das Tascha sicherlich nicht machen, was diese Quest anging. "Deine Quest?", fragte er mit einem Grinsen und wendete das eingeknickte Blatt einmal, um es prüfend anzusehen, "Also dein Name steht hier schon einmal nicht drauf, wenn ich das richtig sehe~". Dabei nahm er das Blatt zwischen zwei Finger und wedelte damit neckend vor ihrer Nase herum, bevor er es wieder zu sich zog und einrollte, während er sie breit anlächelte, als sie den Vorschlag machte, sie könnten diese Quest doch auch zusammen machen. Das traf sich doch wunderbar, eigentlich arbeitete er ja lieber zusammen, aber wenn er ein kleines Mädchen eskortieren sollte, dann war ihm weibliche Unterstützung sicherlich nicht gerade wenig genehm. Vor allem aber würde sich dann bestimmt reichlich Gelegenheit bieten, um vielleicht ein wenig Kontakt anderer Art zu Tascha zu bekommen... solange sie ihm das Kind jedoch vom Hals hielt, war ihm auch ein Verzicht darauf fast schon recht. Er war ja eh nur wegen des Werwolfs hier, nicht wegen einem kleinen Kind. "Das ist wiederum ein annehmbarer Vorschlag, Tascha-chan~", lächelte er und streckte ihr die Hand entgegen, um sich in angemessener Weise vorstellen zu können. Er war zwar eigentlich der Meinung, dass jedes Mitglied der Gilde die wenigen Dragonslayer in ihren Reihen kennen sollten, aber er hatte schon oft genug erfahren, dass dem nicht so war - also würde er es zuerst einmal nicht kommentieren. "Mein Name ist Seraphim~" Nicht mehr und nicht weniger, eben genauso viel, wie er jedem anderen von sich preisgab. Es gab ulkigerweise nur wenige, die sich bewusst waren, dass der wohl klingende Name der seiner Familie gewesen war, bevor der Rest davon verstorben war und dazu würde Tascha wohl nicht so schnell gehören.
Eine der wenigen, die es wussten, war übrigens auch das kleine Mädchen, welches noch bevor er sie zum Aufbruch bewegen konnte, in das Gildenhaus schneite und sich sofort an ihn dran zu heften schien. Kurz, wenn auch nicht viel kürzer als Tascha, die ja auch selbst keine besonders große Persönlichkeit war, blond und mit großen braunen Augen watschelte Naomi auf ihn zu und sah mal wieder so zuckersüß aus, dass ihm fast schlecht wurde. Da war es mal wieder eine Wohltat, zu bemerken, dass sie wenigstens nicht kindisch war, denn ein Zusammentreffen mit einem kleinen Kind auf einer Quest, bei der es um die Eskorte eines Kindes ging, hätte ihm wohl den letzten Nerv zersägt. Offenbar kannte sie die junge Frau mit den silbernen Haaren bereits, da sie sie beim Namen nannte, und fragte im selben Atemzug, ob sie auf die Quest in seiner Hand mitkommen könne. Reichlich mutig von Naomi, wo sie doch noch nicht einmal wusste, worum es sich überhaupt handelte. "Einen schönen guten Tag, Engelchen~", säuselte Cyrus und beugte sich leicht zu ihr herunter, um ihr mit dem Finger auf das nasse Näschen zu tippen. "Du erkältest dich noch, wenn du so achtlos herumläufst.", grinste er und ignorierte dabei vollkommen die Tatsache, dass er es war, der hier aussah, als sei er mit seinen Sachen baden gegangen. Er wurde nicht so schnell krank und wenn, dann würde ihn das nur dazu bringen, ein wenig besser heilen zu lernen, so gut nämlich, um seine Krankheit abzutöten. "Aber natürlich kannst du mitkommen, ich glaube kaum, dass Tascha-chan etwas dagegen haben wird, wenn ihr euch doch praktischerweise schon kennt...", meinte er und blickte schnell in Richtung des silberhaarigen Mädchens, ehe er sich wieder zu voller Größe aufrichtete und sich die nassen Strähnen, bereits wieder in die Höhe strebenden, weißen Haars aus dem Gesicht strich. "Wo wir das geklärt hätten...", begann er und entrollte den Questbogen, um ihn an die beiden Mädchen zu geben, "Solltet ihr euch das mal durchlesen, Naomi-chan weiß ja bisher nicht einmal, worauf sie sich da einlassen wird.", vollendete er mit melodischem Unterton, der ich ein Kichern überzugehen schien. Er verließ sich so oft darauf, dass die Menschen nicht wussten, worauf sie sich einließen, dass es fast schon wieder lustig war, diese Formulierung in solch einem Zusammenhang zu gebrauchen.

Der weißhaarige Junge war in Taschas Augen einer der beste Scherzbold, nicht ihre Quest, das war schon irgendwie lustig, dass es dem Magier ernst war, kam ihr gar nicht in Gedanken, warum auch? Aber wenn er jetzt schon so lustig war, wie sollte es dann auf der Quest werden? Sie musste einfach mit ihm gehen, daher passte es sich gut, dass er es für akzeptabler hielt, dass sie mitkam. Problem gelöst, sie hatte wen lustiges kennengelernt, würde sich bald etwas zu essen kaufen können und ein wenig Action haben, der Tag wurde doch noch schön. Gerade streckte er ihr die Hand entgegen und wollte ihr aufhelfen, war er nicht höflich? Sogleich ergriff sie die ihr dargebotene Hand und zog sich an ihr hoch, ein Gentleman war er also auch noch. Er sah gut aus, war witzig und höflich, wenn er jetzt noch kochen konnte und es für Tascha tat. Allein der Gedanke ließ Tascha einen wohligen Schauer über den Rücken fegen. War sie gestorben und im Himmel gelandet? Nun, er sah wirklich wie ein Engel aus, das reinweiße Haar, die kräftige Statur und dieses ebenmäßige Gesicht. Und als er sich auch noch vorstellte, sie musste tot sein, denn sein Name war der eines Engels; Seraphim. Fast überhörte Tascha in ihrer kleinen Schwärmerei, die Begrüßung, die plötzlich laut wurde, wann war das Mädchen denn an die beiden heran getreten? Moment, sie kannte ihren Namen, woher? Es hatte irgendetwas mit Essen zu tun, sie spürte es förmlich, gut, alles hatte bei ihr irgendwie mit Essen zu tun, selbst bei einem Tischbein assoziierte sie essen, aber dieser Fall lag anders. Woher kenne ich sie nur? Plötzlich kam ihr der Geistesblitz, das Kirschblütenfest, wo sie von Taki ein Essen ausgegeben bekommen hatte, daran erinnerte sie sich noch in allen Einzelheiten, also nicht an das Fest, aber an das Essen und Taki. Sie hieß Naomi oder so in der Richtung, Tascha war sich nicht ganz sicher, hätte sie ihr etwas zu essen gegeben wüsste sie es bestimmt noch, aber so, war es nur eine weitere Person, die zufällig dabei war. Doch sie begrüßte Tascha so herzlich, da musste sie wenigstens so tun, als würde sie sich noch vollständig an sie erinnern, immerhin war sie ja auch so zuckersüß, also umarmte sie das Mädchen ganz herzlich und drücke sie kräftig an sich. „Ohayo, Naomi-chan.“ Doch löste sie ihre Umarmung schnell, denn scheinbar war für das Mädchen Seraphim viel interessanter. Er beugte sich gerade zu ihr herunter und meinte, dass sie sich erkälten könnte, bei diesem Wetter. Fürsorglich war er also auch noch, das war zu viel des Guten. Gab es eine heiligere Person als ihn? Vermutlich waren sehr viele heiliger als er, nur Tascha wusste eben nicht wie er wirklich war. Doch Taschas Träumereien wurden jäh unterbrochen, als sie Seraphims Stimme in Verbindung mit ihrem Namen vernahm. "Aber natürlich kannst du mitkommen, ich glaube kaum, dass Tascha-chan etwas dagegen haben wird, wenn ihr euch doch praktischerweise schon kennt..." Was sollte sie darauf antworten, sie mochte Naomi und sie war ja auch so niedlich, dass man ihr eigentlich keine Bitte abschlagen konnte. „Sicher darf Naomi-chan mitkommen, die Quest macht dann bestimmt mehr Spaß wenn sie auch mitkommt, ...“ zwar sinkt dadurch mein Geld, das ich für Essen ausgeben kann, aber ... „sie ist ja so niedlich, ihr kann man doch nichts abschlagen.“ Somit wäre auch diese Situation geklärt und Tascha konnte sich anderem zuwenden, zum Beispiel dem Questbogen, den ihr Seraphim nun aushändigte, die Einzelheiten interessierten Tascha nicht so wahnsinnig brennend, denn sie wusste es ging um eine Eskorte und dass in der Gegend ein Werwolf herumlief. Die Sache mit der Eskorte war der Teil, der sie an ihre erste Quest erinnerte, nicht gut, aber wenigstens versprach der Werwolf Action. Sie hatte über diese mystischen Kreaturen gelesen und sie erinnerte sich sogar noch an den Wortlaut, sie musste dabei gegessen haben, anders wäre es nicht zu erklären. In ihrem Kopf zählte sie die wichtigsten Fakten erneut auf. Sie kamen nur des nachts hervor, Verdammt! sie waren in den meisten Erzählungen verwandelte Menschen und schneller, stärker und widerstandsfähiger, als normale Wölfe. Zudem besaßen sie wahrscheinlich auch eine gewisse magische Resistenz, aber wie gesagt, das waren nur Vermutungen, denn diese Wesen zeigten sich nicht sehr oft und wenn, dann wurden die Zeugen meist gefressen. Doch genug der Gedanken über den Wolf, sie wollte Action und die würde sie bekommen, egal wie. Daher reichte sie den Zettel an Naomi weiter, damit sie sich die Informationen, die sich darauf befanden zu Gemüte führen konnte. „Hoffentlich gefällt dir die Quest, Naomi-chan, ich wollte sie machen, weil sie ein wenig Aufregung mit sich bringt und warum Seraphim-kun sie machen wollte, weiß nicht.“

Herzliche Begrüßung? Hier zeigte sich, dass sich die zwei Mädchen eigentlich noch überhaupt nicht kannten, denn dieses simple Hallo, als eine sehr herzliche Begrüßung zu werten, war nur möglich, wenn man die kleine Blonde nicht kannte. Nun gut, dafür tat Tascha ihren Teil und drückte sie sogar, was Naomi doch sehr überraschte, denn mit einer Knuddelattacke seitens der Eisalchemistin, hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Eigentlich war es ja nicht so schlimm geknuddelt zu werden, allerdings hatte sie es lieber, wenn sie selbst genau einschätzen konnte, wann es passierte. Nun gut, an so was musste sie sich wohl gewöhnen. Von Seraphim gab es eine mehr als typische Begrüßung, durch einen Stups auf die Nase und dem Hinweis, dass sie doch nicht so achtlos sein sollte, sonst würde sie sich erkälten, es war eigentlich lustig, dass ausgerechnet derjenige sie darauf hinwies, der von oben bis unten durchnässt war. „Das gleich würde ich dich bitten, Seraphim-sama, es sieht aus, als hättest du gerade ein Bad genommen“, ihre Stimme mischte sich mit etwas Amüsiertheit. Wie sie gehofft hatte, war der Dragonslayer nicht abgeneigt sie mitzunehmen und meinte auch, dass Natascha sich sicherlich mitnehmen würde, wo sich die Zwei doch zu kennen schienen. Diese bestätigte diese Aussage damit, dass sie meinte, Naomi wäre zu niedlich, um ihr etwas abzuschlagen. Dabei verzog die Magierin kurz das Gesicht. Nun gut, magietechnisch hatte sie nicht viel zu bieten und auch sonst war an ihr nicht viel zu holen, außerdem war sie klein und schmächtig, aber war Niedlichkeit ihre einzige Stärke? Schrecklich, daran musste sie wirklich arbeiten. Eigentlich wollte sie schon längst einige neue Zauber gelernt haben, aber irgendwas kam ihr immer dazwischen und die Zwei, welche sie beherrschte, hatten ihr bisher gute Dienste geleistet. Oder eher nur der eine der beiden, den anderen hatte sie bisher einmal und das erfolglos verwendet. Gut, durch die dicke Fettschicht des Affen wäre nicht mal ein Rammbock aus Schatten gedrungen. Da kam es ihr in den Sinn, ohhhh dieser Blick, das konnte ja nicht gut werden, oder? Diese Quest würde wohl sehr gut dafür sein, endlich mal einen neuen Kontakt zu knüpfen und zu testen, wie angenehm es war mit Seraphim zu reisen, wenn man eine attraktive junge Dame dabei hatte. Sie würde es allerdings gerade jetzt unterlassen sich mit Natascha zu vergleichen, einzig und allein, um sich nicht noch weiter zu deprimieren, denn das würde es deutlich werden. Inzwischen war die Quest herumgereicht worden und die weißhaarige Magierin meinte, dass sie hoffe, Naomi würde sie gefallen, nun gut, wenn es nicht um lebendige Wäschewagen ging, würde das Mädchen mit den Bernsteinaugen schon irgendwas finden, was sie daran mögen würde. Ihre Augen huschten kurz über die Beschreibung. Die Eskorte eines kleinen Mädchens zu seiner Großmutter. Wieso begab sich ausgerechnet der Magier auf die Quest, der Kinder doch nach eigener Aussage nicht leiden konnte? Ein weiteres Rätsel, was Naomi nicht zu lösen gedachte, denn irgendwie glaubte sie, dass es hier um den Wolf ging, der sein Interesse weckte. „Nah toll, wieder ein Tier. Wahrscheinlich wie dieser lästige Affe. Die Frage ist nur, verwandelt er sich wirklich in einen Menschen wie ein Werwolf oder ist es einfach ein Mensch der sich in einen Wolf verwandelt“, dachte die Magierin laut, nachdem sie einen großen Affen gesehen hatte, der sich eine Menschengestalt hatte zulegen können, glaubte sie, dass so ziemlich alles möglich war. „So lang keine Wäschewagen im Spiel sind bin ich gerne dabei“, mit diesen Worten reichte sie die Beschreibung an Seraphim zurück, „Immerhin war die Arbeit mit dir bisher immer wirklich schön.“ Dabei lächelte sie dem Weißhaarigen entgegen, ja die Arbeit mit ihm war wirklich schön, doch diesmal würde wahrscheinlich alles anders werden. Allerdings musste man ja auch an das Wohl des Magiers denken, wahrscheinlich konnte er nicht anders, als zu versuchen von der Eisalchemistin zu naschen. Allein diese Weise zu denken erschreckte Naomi. Es war ja nicht wirklich so, als hätte sie allzu große Ahnung davon, aber sie hatte es zu spüren bekommen. Wie wichtig es für den Himmelsmagier war, doch am Ende hatte er doch Ruhe gesucht und für sie war alles perfekt geworden, doch nicht alle Märchen endeten perfekt.