Eigentlich, und das sollte doch auch der Kettenmagier wissen, entging ihm gar nichts. Seit wann hielten sich auch gerade diese beiden Magier an diese ganz besonders altmodischen Konventionen, die verboten, dass man vor der Ehe mit jemandem die Nächte verbrachte? Wenn es in dieser Richtung unorthodoxe Menschen gab, dann waren sie es doch, insofern würde es gar keinen Unterschied machen, wenn sie nun plötzlich in einem Anflug von Blödheit beschließen würden, so eine Verbindung einzugehen - bis auf diese nervige Bindung eben. Seraphim ließ sich nicht gerne fesseln und auch wenn er wusste, dass er diesen jungen Mann über alles liebte, würde er niemals auf die Idee kommen, so einen Schwachsinn zu begehen. Er war der Dragonslayer des Himmels, des Windes und genauso frei wie dieser wollte sein, losgelöst von allen Zwängen. Das einzige, was er sich entgehen ließ, würde die Gesellschaft des Einäugigen sein, weil der sich seine abendliche Beschäftigung ja schon an Land gezogen hatte. „Ja… ich fürchte, ich werde mir für heute Abend jemand anderes suchen müssen…“, murmelte er und überlegte, ob ihm spontan noch jemand einfiel. Er kannte ein paar Einwohner dieser Stadt und mit einem Bruchteil davon verstand er sich sogar noch einigermaßen gut, genug also, um sie aufzusuchen. Er war recht gut darin, solche Besuche auszuweiten – und es würde sicherlich nicht schaden, vorher die Stadt zu retten, immerhin konnte man dann mit dem Dankbarkeitsbonus rechnen. Das war zwar eigentlich Ausnutzen seiner Person und von Schutzbefohlenen noch dazu, aber er würde sicherlich nicht noch anfangen, moralische Überlegungen anzustellen – so weit würde es nicht kommen. „Es ist das Meer, meine kleine Landratte… kein See~“, meinte er zu Souta, als dieser eine Idee vorbrachte, die seiner Meinung nach niemals funktionieren würde und legte seine Hände zu beiden Seiten an sein Gesicht. „Das ist zu tief für alle Bäume, die in einem ansatzweise vernünftigem Umkreis wachsen, außerdem kann zumindest ich die nicht ausreißen.“ Einen Kuss auf die Wange des jungen Mannes später, der irgendwie gar keinen Grund hatte, drehte er sich wieder zum Meer um und versuchte den Felsen doch noch irgendwie auszumachen. Die Bezeichnung Landratte passte mal gar nicht so schlecht auf Souta, nicht nur weil er es nicht so sehr mit dem Meer hatte, sondern auch, weil er manchmal Dinge mit ihm anstellte, die sich von diesem Tier ableiteten. „Wir können höchstens versuchen, eine Art Aufsatz zu zimmern, den wir dann mit Steinen füllen und ihn so beschweren.“ Die Frage war nur, wie sie das in so kurzer Zeit anstellen sollten, wenn sie keine Hilfe, kein Werkzeug und kein Material hatten… oder würden sie sich das beschaffen können? Seraphims Bekannte in dieser Stadt verstanden sich eher nicht auf diese Art von Handwerk, aber Souta war hier aufgewachsen. Er musste doch eigentlich wissen, wen man um Hilfe fragen konnte, auch wenn er sich natürlich nicht sicher war, inwiefern er wirklich um Hilfe fragen wollte. Er war sich ja auch immer noch nicht sicher, ob er die Leute im Hafen wirklich gewarnt hatte, weil es immer noch möglich war, dass er sich einfach nur seine Süßigkeiten besorgt hatte, in Sorge darum, dass man ihn wieder angreifen könnte. Vielleicht war es auch sein eigenes Bedenken, das hier in ihm widerhallte, sodass er ihn erst einmal fragen sollte, ehe er voreilige Schlüsse zog. „Weißt du jemanden, der uns bei so etwas helfen könnte? Wir brauchen zumindest mal Material dafür…“

Es war schon merkwürdig, dass Seraphim in einem Moment jeglichen Besitzanspruch auf Souta verwerfen konnte, um im nächsten auch schon einen Kosenamen (?) abzulassen, den er mit einem besitzanzeigendem Pronomen versah. Das größte Problem an der Sache war aber natürlich, dass dem Rothaarigen das überhaupt erst auffiel. Vielleicht hatte er Probleme damit, wenn man ihm Tiernamen gab, zumal Ratten ja nicht die erotischten Viecher waren, die er sich vorstellen konnte, aber er bezweifelte, dass es das war. Allgemein war der Gegensatz nicht positiver Natur. Grundlegend war es Souta ja egal, wie man ihn nannte – deshalb sagte er zum Beispiel nichts gegen das '-chan', was der Ältere konsequent an seinen Vornamen anhängte – weil Namen nichts über die Persönlichkeit aussagten, die bekam man im Normalfall von seinen Eltern, während man noch im Bauch seiner Mutter herumschwomm und niemand ahnen konnte, ob man denn einmal ein Cyrus oder ein Hans-Dieter Typ werden würde. Kosenamen hatten diesen Beigeschmack nicht, denn sie wurden ausgewählt, um Zuneigung und Zusammengehörigkeit auszudrücken, daher besaßen sie eine gewisse Bedeutung. Weshalb nannte Seraphim ihn also eine kleine Landratte, wo doch nur der Teil mit dem Land auf ihn zutraf, da sich besonders im begossenen-Pudel-Modus seines besten Freundes zeigte, dass er ein klitzekleines bisschen größer war? Rätselhaft war das Ganze, vor allem hätte da sicher auch schmeichelhaftere Dinge gegeben, wobei er ja auf 'Sahnetörtchen' und 'Schatzileinchen' verzichten konnte, das grenzte nämlich schon an verbale Kastration. Souta hatte erst einmal auf eine solche Bezeichnung zurückgegriffen, nämlich vor KnackiMcStockpo, wo er Seraphim, um sie zu ärgern, 'Schatz' genannt hatte. Aber ansonsten hielt er sich von solchen Dingen fern, Spitznamen bekamen für gewöhnlich nur jene Leute, die er spontan nicht leiden konnte. Siehe Satz zuvor. Viel störender als den Namen an sich empfand Souta die Aktion mit den Händen und den Lippen, die auf offener Straße wirklich nicht unbedingt gut kam. Als er wieder losgelassen worden war, fühlte sich der Rothaarige irgendwie wie ein kleines Kind, das man gerade darüber belehrt hatte, dass das Meer tief war. Klar, hatte er kurz vergessen, aber … Dafür musste er ihn nicht küssen. Er konnte sich von Souta aus die Lippen abküssen, wenn sie in den sicheren Wänden ihres Hotelzimmers waren, aber auf dem Hafenbecken, wo alle möglichen Typen sie anstarren konnten, war das ein No-Go. Daher warf er auch einen Blick über die Schulter, während der Weißhaarige aufs Meer hinaus schaute und versuchte den Gesichtsausdruck eines alten Pärchens zu deuten, das sich ein paar Meter weiter auf eine Bank gesetzt hatte und tuschelte. Nicht der Rede wert, keine Mistgabeln und keine Fackeln unterwegs. Also konnte er sich nun der Quest zuwenden und mit seinem Wissen über die örtlichen Schreinereibetriebe glänzen, welches selbstverständlich nicht vorhanden war. Allerdings … „Wir können eine Werft hier aufsuchen, die sind nahe dran und arbeiten mit Brettern, die groß genug für uns sein sollten. Wenn wir das Gildenbanner schwingen können wir das Zeug ja einfach nehmen, dafür haben wir sicher Budget im Haus …“ Er machte ein paar Schritte in die angezeigte Richtung. „Fragen kostet ja nichts.“ Das Nächste, was er mitbekam, war das klackernde Geräusch von Bonbons und zerspringender Schokolade auf dem matschig-nassen Boden unter ihm, da die Einweichung seiner Wundertüte offenbar einen Durchriss der Papierwand verursacht hatte. Für einen Moment schaute Souta auf seine verloren gegangene Mahlzeit und hatte dabei einen Gesichtsausdruck aufgesetzt, der ein wenig an seinen Friedhofsbesuch erinnerte. Dann, nach etwa drei Sekunden stummer Trauer, schaute er zu Seraphim auf und runzelte die Stirn. „Meine Süßigkeiten ...“

Seraphim war ein großer Fan von Spitznamen. Die wenigsten davon benutzte er allerdings mehr als einmal und manchmal war der Grund für diese Bezeichnungen auch einfach in seinem schlechten Namensgedächtnis zu suchen. Er konnte sich kleine Details, die er für sich ausnutzen konnte, merken und verlor in den seltensten Fällen die Orientierung, aber wie eine Person nun genau hieß, ging erst dann in seinen Kopf herein, wenn er öfter etwas mit ihr zu tun hatte. Da sich der Kontakt mit den meisten Menschen aber auf einen Tag beschränkte, verdrängte er alle störenden Benennungen schon bald wieder, wohingegen er andere Dinge von ihnen noch genau wusste. Soutas Namen würde er niemals vergessen, das war sicher, aber er hatte es eben lustig gefunden, ihn so zu nennen – er würde nun sicherlich nicht damit beginnen, ihm dauerhaft solche Namen zu verleihen, obwohl er gerade eben wirklich zum Knuffen aussah. Souta, der seine Süßigkeiten auf dem Asphalt verteilt hatte und ihnen mit der Miene eines begossenen Hundewelpen nachguckte, hatte für den Dragonslayer ungefähr den Charme eines kleinen Pinguins oder etwas anderem, was normale Menschen halt niedlich fanden. Er hätte ihn dafür auch gleich nochmal geküsst, einfach weil er Lust drauf hatte, aber er hatte durchaus bemerkt, wie der Kettenmagier auf seine vorherige, spontane Zuneigungsbekundung reagiert hatte. Manchmal vergaß er im Überschwang einfach, dass Souta nicht so wie die meisten jungen Herren war, mit denen er sich ab und an umgab und ignorierte, dass es ihm nicht gefiel, wenn er in der Öffentlichkeit bei solchen Dingen gesehen wurde. Wie hatte er es gesagt - dazu fehlten ihm einfach die Brüste. Auch wenn er ja der Meinung war, dass ihm ein Vorbau nicht im Mindesten stehen würde... obwohl er natürlich wusste, was der Rothaarige damit meinte. Er war sich für sich selbst noch nicht komplett sicher, wie er bewerten sollte, dass Souta sich für ihre... Beziehung?... schämte, aber es war auch müßig, darüber nachzudenken. "Aw, Souta-chan... das Süßeste bist doch sowieso du. Selbst wenn du pitschnass bist.", grinste er und wurde danach mit einem Schlag wieder ernst. "Eine Werft aufzusuchen klingt gut. Ich denke, dass wir die Materialien schon noch bekommen, ich kann zur Not sehr überzeugend sein." Leider war das für die zu Überzeugenden unschön bis gefährlich, zumindest dann, wenn er es eilig hatte und die körperliche Versehrtheit der Menschen eher unwichtig war. Man erinnere sich an eine Quest, die er mit einem kleinen blonden Mädchen ausgeführt hatte... Er verzichtete auf weitere Reden und setzte sich in Bewegung, Richtung des ersten Gebäudes, das man recht einfach als eine Werft erkennen konnte und vertraute darauf, dass Souta ihm schon folgen würde. Er würde ja wohl kaum erst einmal seinen Naschkram restaurieren, ehe er sich wieder auf die Quest konzentrieren konnte, oder?

Es musste schon etwas heißen, wenn Souta eher über die Bezeichnung als "süß" nachdachte als darüber, womit Seraphim Leute wohl normalerweise überzeugte. Oder wie. Andererseits hatte der Kettenmagier bekanntermaßen ein ziemlich großes Talent dafür, unangenehme Dinge zu verdrängen, oder sie einfach zu ignorieren. Wie in diesem Falle. Wenn man es vermied, nachzuhaken, würde er auch nichts erfahren, was ihn eventuell verstören könnte, so einfach war das. Wenn er Seraphim als einen Engel sehen wollte, durfte er sich sein Trugbild eben nicht zerstören und würde so lange versuchen, die ominöse dunkle Seite in dem anderen daran zu hindern, das Steuer zu übernehmen, wie er es mit seinen Mitteln konnte. Bisher hatte Souta noch nie Probleme gehabt, bei irgendetwas an das gewünschte Ziel zu gelangen, also bezweifelte er, dass sich dies in näherer Zukunft ändern würde. Man durfte ihm zwar zurecht vorwerfen, dass er in gewisser Weise außer Übung war, aber das war nichts, was er nicht mit etwas Fronteinsatz überbrücken könnte, zumal das Retten von Menschenleben schon seit jeher eine nicht zu verachtende Motivationsquelle gewesen war, der sich ein Heldencharakter wie er natürlich nicht entziehen konnte. Aus diesem Grund sah es der Rotschopf als unnötig an, weiter herumzuplänkeln – außerdem brachte er es nicht übers Herz die verlorenen Süßigkeiten noch länger anzustarren – und gestikulierte stattdessen über seine Schulter hinweg, was vermutlich merkwürdiger wirkte, als wenn er versucht hätte, nach seiner Hand zu greifen, ihm aber in einem wiedereinmal ausgeprägtem Anfall von Homophobie nicht auffiel. Er führte die beiden Magier einmal parallel am Hafenbecken vorbei zu einer ziemlich beeindruckend aussehenden Fabrikhalle, die zwar ein wenig schmutzig war, aber selbst im Regen Arbeitsgeräusche von sich gab, was natürlich ein gutes Zeichen war. Es wäre vielleicht leichter gewesen, aber irgendetwas in Souta – vielleicht ein winziger, kläglicher Rest Moral – sagte ihm, dass er in seiner Heimatstadt keine Straftaten begehen sollte. Vielleicht wollte er auch einfach nicht in ein solches Gebäude einbrechen, weil das einzige, was gruseliger als sirrende Sägeblätter die verlassenen, nicht sirrenden Klingen der Sägeblätter waren. Nicht, dass er sich vor irgendetwas fürchten würde, aber er hatte genug Thriller gelesen, um zu wissen, in welche Richtung sich solche Besuche gerne entwickelten.
Nun würde ihnen soetwas allerdings erspart bleiben, denn die Umgebung war beriebsam und fleißig, ganz, wie es sich an einem Arbeitstag auch gehörte. Nicht unbedingt passend für den Weltuntergang, aber man konnte ja nicht alles haben. Der Großteil der Arbeiterschaft bestand aus Muskeln, Schweiß und dem Geruch von Sägespänen, wie man das eben bei einem Haufen Bauarbeiter erwartete. Souta roch außerdem die typische Paste, welche Bauarbeiter benutzten, um ihre Hände von hartnäckigen Flecken zu reinigen – er hatte einmal eine wirklich sehr muskulöse Frau gehabt, die als Holzfällerin arbeitete, seitdem ging ihm dieser Gestank einfach nicht mehr aus dem Gedächtnis, aber das würde er wirklich niemanden auf die Nase binden. Stattdessen achtete er lieber zielstrebig auf eine Nadel im Heuhaufen und wurde zu seiner eigenen Überraschung recht schnell fündig. Zunächst hatte er ja angenommen, dass er nach einer Person wie beim Hafenbecken fahnden müsste, groß und stämmig, doch es wurde schnell klar, wer der Chef war: Die einzige Person, die sogar noch schlanker als Souta war, durch die Gegend brüllte und natürlich weder Schweiß noch Dreck abbekommen hatte. Ah, diese Autoritätspersonen waren überall gleich.
"Bingo", meinte er also und deutete in die Richtung, in die der Besagte gerade mit soldatenartigen Schritten davonspazierte, als hätte er einen der produzierten Bretter falsch eingeführt. "Das wird lustig."

Natürlich war Souta süß. Was für eine Frage, man musste ihn doch nur ansehen, wie er sich bewegte, wie er lachte und wie er ging, all das konnte im richtigen Augenblick die Definition von süß sein, wenn man Seraphim hieß. Der Dragonslayer sah die Dinge allerdings auch etwas anders als die meisten anderen Menschen, weil er es dafür eben mit süßen kleinen Kindern nicht so hatte. Selbst wenn es um solche Begriffe ging, so spielte bei ihm nämlich die Bewertung der Nützlichkeit einer Sache oder Person mit herein: Kinder brachten nichts, die heulten nur rum, waren laut und gingen ihm auf die Nerven, Souta dagegen war auch noch in ganz anderen Bereichen bezaubernd. Immerhin war nicht nur auffällig, wie wahnsinnig dehnbar der junge Mann war, sondern auch, wie gut er sich dabei halten konnte, was man ja an dem Handstand im Leuchtturm gesehen hatte. Das hatte wahrscheinlich auch den Professor gefreut, weniger aber wohl, dass der Rothaarige empfindlich auf beinahe jede Berührung reagierte - während gerade diese Tatsache Seraphim umso mehr mundete. Es wäre schließlich auch langweilig, wenn er zu seiner körperlichen Überlegenheit, die den Dragonslayer eher ärgerte als freute, auch noch hart wie ein Stein und ebenso wenig anregbar wäre, oder? Da im Hintergrund allerdings immer noch die Ankunft einer Monsterwelle in seinem Kopf herumschwebte, besann er sich eines besseren, als noch ein wenig in diese Richtung auf Souta einzudringen und folgte ihm einfach. Dass seine Augen dabei kurzzeitig gewisse Körperpartien streiften, die dank nasser Kleidung vielleicht sogar noch ein bisschen mehr betont waren als sonst, konnte er sich nicht verkneifen, aber das bekam ja eh keiner mit. Und selbst wenn Souta sich umdrehte und bemerkte, dass er starrte, würde er das schon irgendwie überspielen können, immerhin war er darin Profi und heute Abend war das ja eh nicht mehr verboten~ Seine Laune befand sich kontinuierlich im Steigen, bis ihm einfiel, dass Souta sich ja schon eine Verabredung an Land gezogen hatte und diese Möglichkeit daher wohl flachfallen musste. Hatte er das gerade wirklich nur beim Anblick seines... er war wohl einfach zu unkonzentriert. Es war in Ordnung, dass Souta sich dieses Mädel arrangiert hatte, also würde er ihm nicht dazwischen kommen, das wäre ja noch zu schön. Er selbst wurde immerhin grantig, wenn man das bei ihm tun würde, da musste er Soutas Wünsche in der Hinsicht wohl selbst dann akzeptieren, wenn er sich gerade nicht vorstellen konnte, Souta diesen Abend gehen zu lassen. Das Leben war ja so gemein!
In der Werft angekommen, flutete Seraphim erst einmal ein Cocktail aus Gerüchen entgegen, der ihn kurz innehalten ließ, ehe er seinen Weg zögerlich fortsetzte. Gegen den Duft von Holz hatte er noch nie etwas gehabt, schließlich war er in einer Umgebung mit vielen Bäumen aufgewachsen, aber Männerschweiß war da irgendwie etwas anderes. Es gab genau eine Situation, in der so etwas in Ordnung war, aber diese war es nicht, zudem die meisten Werftarbeiter einfach nicht in sein Beuteschema fielen. Sie waren zu groß, stämmig, muskulös vielleicht auch und aus zu grobem Material geschnitzt. Der Dragonslayer war immerhin ein Bewunderer der Kunst, er fand Schönheit anziehend, aber leider wirkten diese Männer im Vergleich zu Souta wie die Schmiererei eines Kindergartenkindes neben einem Da Vinci. Sie gefielen ihm nicht und wer ihm nicht gefiel, musste auch leider damit rechnen, dass er nicht besonders gut behandelt wurde, da war er ja bekanntlich eigen. Zum Glück würden die beiden Magier allerdings nicht mit diesen Klötzen sprechen müssen, sondern mit dem Chef des ganzen Unternehmens - und der sah tatsächlich etwas anders aus. Er belustigte Seraphim schon auf den ersten Blick, seine dürre Gestalt, die abgehackten Schritte, die blasierte Miene; alles was bei Souta fließend und natürlich kam, schien dieser Mann roboterartig zu tun. Wie eine Comicfigur kam er dem Weißhaarigen vor, dessen Lippen sich automatisch noch etwas dehnten. Der Kettenmagier hatte absolut Recht, wenn er behauptete, dass dieses Zusammentreffen wohl lustig werden würde. "Entschuldigen Sie~", rief er dem Dürren also nach und trat ihm nach einigen schnellen Schritten mit einem freundlichen Lächeln in den Weg, "Sie sind doch sicherlich der Chef dieser Werft, nicht wahr?" Der Blick, den er für diese Anrede erntete, zeigte noch keine Spur etwaiger negativer Emotionen, weswegen er einfach mal weiter redete. "Sie haben doch sicherlich vom herannahenden Tsunami gehört, der ihnen heute Abend ihre Werft zerstören wird..." Die Augen wurden ein wenig größer, gut, "Allerdings wären wir wohl in der Lage, etwas dagegen zu tun, wenn Sie uns ein wenig Unterstützung gewähren würden. Wir sind Magier der Gilde Blue Pegasus und wurden zum Schutz der Stadt engagiert, aber um unseren Plan durchzuführen, bräuchten wir etwas Holz und am besten tatkräftige Männer, die uns bei unserem Bauprojekt zur Seite stehen..." So musste er sich nicht die Hände schmutzig machen. Er konnte zwar grundlegend durchaus mit Werkzeug umgehen und seine Möbel hatte er selbst teilweise auch schon repariert (seinen Wohnzimmertisch zum Beispiel), aber wenn jemand anderes die Arbeit für ihn erledigte, war es ihm doch lieber. Zudem mussten die Muskeln dieser Leute doch für irgendetwas gut sein, wenn sie ihm schon nicht gefielen...

Noch ein paar Minuten zuvor hatte Souta sich gesagt, dass er Seraphim davon abhalten würde, mit dem Typen zu reden, von dem sie etwas wollten, aus Angst davor, am Ende der Katastrophe mit leeren Händen trotzen zu müssen. Traurigerweise hatte seine Konsistenz bei solchen Ideen in etwa die Lebensdauer von Erinnerungen in einem Goldfischgehirn, weswegen er dem Weißhaarigen auch gleich gestattete, das Ruder in die Hand zu nehmen und sich auf die aufgetauchte Aufgabe zu stürzen, was natürlich darin bestand, dem langen, dürren Typen anzusprechen. Erstaunlich höflich für den Anfang, also folgte Souta dem Himmelsmagier ohne weitere Bedenken und platzierte sich gerade so weit von ihm entfernt, um wenn nötig noch in ein Handgemenge eingreifen zu können – nur für den Fall. Für den weiteren Verlauf des seraphimischen Monologs begnügte er sich damit, möglichst ernsthaft auszusehen, während der Ältere über den drohenden Tsunami referierte und dabei Andeutungen von Schock im Gesicht des Baumeisters hervorrief, die gekoppelt mit ihrer Autorität als Gildenmagier – welche dieser Typ ihnen hoffentlich auch so abkaufte, er wollte nicht komplett durchnässt und frierend auch noch sein Shirt hochschieben – mit etwas Glück dafür sorgen würde, dass er ihnen kommentarlos zu Material und Arbeitskräften verhalf. Interessanterweise schien irgendetwas im Blick des Weißhaarigen den Mann davon zu überzeugen, dass sie hier keine Komödie aufführten, sondern in heiliger Mission kamen, um die Stadt zu retten – wo auch immer dieser Eindruck herkam, er sah nicht sonderlich heldenhaft aus und Seraphim war sowieso der Teufel höchstpersönlich, trotz der himmlischen Frisur. Letztendlich schaffte der Baumeister es sogar, sich aus seiner Schockstarre zu befreien, zu nicken und ein paar Arbeiter zu sich herzuwinken, denen er auftrug, Material zu besorgen, ehe er sich bekümmert zu ihnen umdrehte. „Ich hoffe, sie haben Recht. Was wollen sie bauen?“
Souta, der das Wort für ihre Konstruktion schon wieder vergessen hatte und sich sowieso nicht wirklich vorstellen konnte, dass ein mit Steinen gefüllter Aufsatz irgendetwas Positives gegen eine Naturkatastrophe bewirken würde, wandte sich daraufhin ab und näherte sich den mit Kisten zurückkehrenden Männern, um sich mit Werkzeugen und Nägeln ausstatten zu lassen. Da er Seraphim mit dem Baumeister alleine gelassen hatte, konnte er ungestört durch das ihm angebotene Sortiment schweifen und sich dabei fragen, wie man es wohl schaffen sollte, einen Aufsatz zu bauen. Zunächst einmal brauchten sie ein paar einfache Dinge, also schnappte er sich ein Maßband und kehrte damit zurück zu dem Weißhaarigen, der hoffentlich alles Nötige mit dem Herren geregelt hatte. „Hier, du solltest den Felsen ausmessen, damit wir wissen, wie groß das Ganze sein soll. Außer du hast das ungefähr im Kopf.“ Das konnte natürlich sein, dann konnte er das Ding vielleicht als Gürtel tragen, was traurigerweise möglich sein sollte. Was brauchten sie noch? Die Steine sollten sie alleine transportieren können, also mussten sie sich nur darum kümmern, dass das Holz die geeignete Länge bekam und sie die Dinger so fest wie möglich aneinandernageln konnten, denn sonst würde das Konstrukt einfach ineinander zusammenbrechen und die Stadt ins Verderben stürzen. „Danach können wir richtig anfangen. Du kannst doch mit einem Hammer umgehen, oder?“ Und das war wieder ein Kandidat für die schlechteste Wortwahl aller Zeiten, aber hey, er konnte sich solche Patzer ja leisten. Abgesehen davon musste er das wissen …

Felsen ausmessen... aber sicher würde er das machen... es machte ja auch so unglaublich viel Spaß, bei Wind und Wetter durch eine Bucht zu fliegen, um irgendeinen blöden Felsblock mit einem Maßband zu umspannen, das dafür nicht einmal lang genug war. Dass er jetzt schon nass bis auf die Knochen war und fror, war in diesem Zusammenhang ja nur nebensächlich, ebenso wie die Tatsache, dass er langsam Hunger bekam. Na ja, was sollte es, den Hunger würde er während seines Spazierfluges ja ausreichend stillen können, auch wenn der Wind dank des Regens verwässert sein würde und er damit wahrscheinlich auch seinen Wasserhaushalt wieder ins Lot bringen würde - gefühlt für die nächsten Tage zumindest. "Natürlich nicht genau genug... ich werde versuchen, das so schnell wie möglich zu erledigen.", meinte er lustlos, schnappte sich das Maßband und stapfte zurück in den inzwischen peitschenden Regen. Der Wind pfiff durch die Straßen und hatte die meisten Passanten schon längst in ihre kuschelig warmen Häuser zurückgedrängt, nur noch wenige beobachteten, wie der Dragonslayer mit wehendem Haar, aber ansonsten scheinbar überhaupt nicht vom Wind ergriffen, mit in den Taschen seiner Hose bibbernden Händen auf das Hafenbecken zustapfte und dabei herumzufluchen schien, auch wenn niemand verstehen würde, was er da sagte. Insgesamt waren die Worte sicherlich nicht besonders schön und drehten sich vor allem um die Kälte und die Tatsache, dass er gerade die Aufgaben übernehmen musste, die er im Allgemeinen eher den niederen Handlangern aufbürdete. Er hatte sich schon vorher darauf eingestellt gehabt, dass er das Konstrukt dann wohl zum Felsen transportieren musste, weil bei dem Wetter und den inzwischen durchaus hohen Wellen kein Schiff mehr fahren konnte, aber dass er diesen Weg nun zweimal hinter sich bringen musste, ärgerte ihn so sehr, dass er ganz vergessen hatte, Souta für die Frage nach seinen Hammerfähigkeiten einen spitzen Kommentar zukommen zu lassen. Natürlich konnte er mit so etwas umgehen, was glaubte sich dieser Rothaarige eigentlich? Jeder Steinzeitmensch konnte das, ohne auch nur annähernd eine Intelligenz zu besitzen, die der seinen nahe kam und er war doch kein kleines Mädchen, bei dem man nie so sicher sein konnte, ob sie sich nicht den Fingernagel dabei abbrach oder sich sonst wie verstümmelte! Reichlich brummig stieß er sich schließlich vom Boden ab und umrundete nach einigen Minuten mit zitternden Armen den Fels, während er versuchte, ihn irgendwie mit dem Maßband zu umspannen, das sich dafür als nicht ganz perfekt herausstellte. Es dauerte deswegen länger, als der Dragonslayer gehofft hatte, bis er mit bibbernden Zähnen zurückgeschossen kam und tropfend nass in die Werft einkehrte, wo es zumindest etwas wärmer war. Beim Rückflug hatte er seinen Magen wenigstens etwas füllen können, sodass seine schlechte Laune sich zumindest etwas gebessert hatte und er Souta nicht nachträglich die Löffel dafür lang zog, dass er offenbar annahm, er sei motorisch minderbemittelt.
Nachdem er sich einem Hund gleich geschüttelt hatte und dabei nicht nur seine Haare wieder in eine einigermaßen seraphimtypische Position gebracht, sondern auch einige Arbeiter nass gemacht hatte, überbrachte er dem Werftleiter die Maße, die der Fels hatte und schritt dann auf Souta zu. Das Maßband hatte er doppelt genommen, sodass es ein wenig mehr Rückhalt bot, als er es dem Rothaarigen um den Nacken warf und ihm anschließend ins Gesicht hauchte: "Wie meinst du, habe ich sonst meinen Wohnzimmertisch repariert, wenn nicht mit einem Hammer, Souta-chan?~" Das sollte Rache genug sein und war gleichzeitig subtil genug, damit die Umstehenden es nicht verstanden. Es war ja nichts dabei, wenn er sein Mobiliar wieder auf Vordermann brachte - wenn man nicht wusste, wie es denn zu Bruch gegangen war.

Souta hatte den Anwesenden natürlich Voraus, dass er sehr genau wusste, worauf Seraphim mit seiner Bemerkung anspielte. Und hatte er es noch zuvor mit seinem kitschigen Plastikring so gehandhabt, sich aufgrund der Situation zu schämen, konnte er das nun nicht tun, denn das Ganze zielte auf einen Bereich ab, in dem der Rothaarige sich so absolut sicher fühlte, dass sich dort überhaupt keine Scham entwickeln konnte. Er wusste beispielsweise, dass die Zerstörung des Wohnzimmertisches nicht sonderlich negativ von Seraphim aufgenommen worden war, daher bekam er im Nachhinein auch kein schlechtes Gewissen. Wenn Souta sich wegen jedem Gegenstand, den er jemals kaputtgemacht hatte, weil er eben Souta war, schlecht fühlen würde, wäre er nämlich noch ein ganzes Eck gebrochener als ohnehin schon. Daher verfehlte diese ganze Aktion leider ihr Ziel, den Rotschopf zur Errötung zu bringen, wobei man das nicht genau einschätzen konnte, weil sich sein Kopf im nächsten Moment doch etwas dunkler verfärbte, allerdings mochte das auch daran liegen, dass er in die Knie ging und sich zwei Bretter auf einmal auf die Schultern warf, um sie zu der frei gewordenen Fläche zu transportieren, die bereits mit Planen bedeckt worden war. "Dann ist ja alles gut", presste er hervor, warf die Holzstücke auf den Boden und hob eine Säge auf – zunächst, als würde er damit jemanden erstechen wollen, ehe er sich erinnerte, dass er hier Werkzeug anfasste und alles etwas entspannter angehen ließ. Die Umstehenden achteten kaum auf ihn, vermutlich, weil er sich ganz genauso benahm, als wäre er einer von ihnen. Einäugig zwar, aber offensichtlich dadurch nicht in den grundlegenden motorischen Fähigkeiten eingeschränkt, die er Seraphim ja eigentlich gar nicht abgesprochen hatte. Er hatte einfach eine Bestätigung gesucht, die er ja nun bekommen hatte, in einer nicht unerwartet störrischen, spöttischen Manier, aber wann bekam man schon eine direkte Antwort von Seraphim? Der Kettenmagier nahm die ganze Sache mit der Grimasse des Älteren nicht sonderlich ernst, da er bezweifelte, dass dieser böse auf ihn war. Schließlich war er auf sein Gebot hin freiwillig in den Regen hinausgeflogen, obwohl das sicher das Letzte gewesen war, was er wollte. Beschweren würde sich Souta also ganz sicher nicht für das warme Gefühl, das die Erkenntnis bei ihm auslöste, dass er egoistischte Mensch aller Zeiten gerade vor IHM gekuscht war – zumindest wollte er es so auslegen, weil alles andere ihn vielleicht zu sehr verstörte. Andererseits hatte es nicht viele Dinge gegeben, die ihn die letzten Tage nicht verstört hatten, daher ... "Hey, Seraphim. Leih mir hier mal ne Hand. Entweder du hälst mir den Nagel oder das Brett da – keine Sorge, ich schlage nicht daneben." Das war vollkommen ausgeschlossen. Vermutlich hätte er es nicht einmal gekonnt, wenn er sich angestrengt hätte. Und natürlich gab es neben ihm ungefähr zehn Arbeiter, die ihm das Teil halten konnten, aber ... Er wollte den Himmelsmagier eben einfach einbinden. Das war der einzige Grund, warum er sich die feuchten Haare mit dem Unterarm aus der Stirn wischte und aufblickte, so breit grinsend, als wäre draußen der strahlendste Sonnenschein aller Zeiten. Wirklich. "War es sehr kalt draußen? Sagmal, du kannst doch nicht krank werden ... oder?" Immerhin musste er da mindestens noch einmal raus und Souta konnte sich vorstellen, dass ein Himmelstrip etwas unangenehmer war als eine Wanderung auf dem Boden. Und es wurden schließlich viele Menschen schon von Letzterem krank. Zudem war der Ältere ja immer so blass. Daher war der besorgte Unterton in seiner Stimme auch absolut gerechtfertigt, selbst wenn er das anders sah und sich zur Prävention weiterer Peinlichkeiten ein paar Nägel zwischen die Lippen klemmte.

Natürlich konnte Seraphim krank werden, der einzige Grund, warum er meistens quietsch fidel war, lag an seinem ungewöhnlich guten Immunsystem. Ob dieses schon immer so gewesen war, wagte er zu bezweifeln, er selbst führte diese Eigenschaft eher auf den Einfluss der Magie seiner Ziehmutter zurück, die es irgendwie nachhaltig gestärkt hatten. Tatsächlich musste es sich um etwas derartiges handeln, denn früher war der kleine Cyrus öfter mal krank gewesen, hatte eine verstopfte Nase oder die Windpocken gehabt. Wahrscheinlich gab es kaum eine Kinderkrankheit, die ihn nicht erwischt hatte, aber dank aufopfernder Pflege seiner leiblichen Mutter war er immer recht schnell genesen. Da er sich daran aber nicht mehr erinnern konnte, stellte sich diese Frage für ihn erst gar nicht, er nahm es einfach als gegeben an und freute sich darüber. Momentan war ihm aber wirklich kalt, er schlotterte, auch wenn er sich große Mühe gab, sich das nicht anmerken zu lassen. Zwar hatte der Wind ihm nichts zu Leide getan, aber der kalte Regen war da schon ein ganz anderes Kaliber. Ein leichtes Kribbeln war in seiner Nase aufgetaucht, das ihn ermahnte, sich unter die Dusche zu stellen und sich danach in warme Decken einzumummeln, aber dazu hatte er nun keine Zeit. Schon seit einer Woche war er für seine Gilde ziemlich durchgängig auf Achse gewesen und langsam merkte er, dass es an seiner Substanz zu zehren begann, auch wenn er wusste, dass gerade nicht der Zeitpunkt für einen Durchhänger war. Da drohte immer noch ein Tsunami alle zu überrollen, wenn das mal nicht Grund genug war, um noch ein wenig durchzuhalten - selbst wenn es ihn herzlich wenig gekümmert hätte, wenn die ganze Stadt absoff. Souta allerdings hatte hier wohl noch eine Verwandte, die er seines Wissens nach sehr schätzte, weswegen die Alternative, einfach aufzuhören, praktisch nicht vorhanden war. Die Tatsache, dass Souta sich schon beinahe besorgt anhörte, ließ es ihn allerdings beinahe sofort etwas wärmer ums Herz werden und veränderte seine Reaktion auf diese Frage beträchtlich. Normalerweise hätte er nun verneint und gemeint, dass es durchaus mehr als den kleinen Sturm brauchte, um ihn aus der Bahn zu werfen, jetzt aber nickte er stattdessen und brachte ein "Ziemlich..." zwischen leicht klappernden Zähnen hervor. Natürlich hätte er diese schwache Regung unterdrücken können, aber warum sollte er, wo sein Ziel doch war, so etwas wie Mitleid von dem Kettenmagier zu erlangen? Der hatte sich für heute Abend zwar mit dieser... wie hatte sie gleich geheißen?... verabredet, aber das bedeutete ja noch lange nicht, dass er nicht versuchen konnte, sie auszustechen, oder? Wenn er nun um seine Aufmerksamkeit buhlte, dann könnte es doch sein, dass er lieber bei ihm war, als bei ihr. Aber dann musste er das schlau anstellen, weil er sich sicher war, dass Souta selbst ein Profi darin war, sich von denen bemuttern zu lassen, die er sich gerade dafür ausgesucht hatte. War er nicht sogar einmal mit einem Baby zu ihm gekommen und hatte ihn mit Leichtigkeit dazu gebracht, ihn mit Essen und einer warmen Dusche zu versorgen? Da durfte er wahrscheinlich nicht so dick auftragen, immerhin würde das etwas sehr auffällig sein. Dennoch konnte er ja dafür sorgen, dass seine ohnehin schon blassen Hände etwas zitterten, als sie das Brett festhielten, immerhin war das ja nicht allzu übertrieben, oder?
Am liebsten hätte er ja nun eine warme Decke und einen warmen Souta neben sich gehabt, aber ein paar schöne Worte oder noch ein Lächeln würden ihm ja auch fast reichen... aber auch nur fast. Immerhin sollte sich diese Quest doch auch für ihn lohnen, oder?

Da Souta sich durch die schweißtreibende Arbeit des Bretterschleppens in der Abwesenheit von Seraphim mittlerweile schon wieder etwas aufgeheizt hatte und somit kein Grund bestand, dass er frieren könnte, wäre sein nächster Impuls natürlich gewesen, sein Hemd auszuziehen und es dem Weißhaarigen über die Schultern zu werfen. Leider hatte das eher den Effekt eines nassen Waschlappens, und außerdem bezweifelte Souta, dass es ebenso um den Körper des Weißhaarigen flattern würde, wie es um den seinen tat, schließlich war es ja von diesem als Oberteil und nicht als Zelt gekauft worden. Übrigens hatte Souta besagtes Hemd zu Beginn der Arbeit an den unteren Enden um seine Taille verknotet, damit es ihn nicht bei der Arbeit störte, daher konnte er nichts für den zitternden Himmelsmagier tun, den er im Moment gerne aufgewärmt hätte. Er hatte seine Frage zwar nicht beantwortet, aber allein die Tatsache, dass er zugab, zu frösteln, machte es ziemlich wahrscheinlich, dass der Ältere nicht immun gegen alles Schädliche war, wie Souta angenommen hatte. Und natürlich machte es den Kettenmagier auch misstrauisch, denn wenn Seraphim nicht spontan dazu übergegangen war, alle Schutzhüllen Souta gegenüber fallen zu lassen, war es durchaus merkwürdig für ihn, soetwas zuzugeben, wo er doch sonst immer darauf plädierte, dass er derjenige war, der die Stahleier in der Hose spazieren trug. Na ja. Der Kettenmagier lächelte dennoch so aufmunternd, wie er konnte, und tätschelte flüchtig die blasse Hand am Brett – die war wirklich ziemlich kalt – ehe er sich auch schon wieder von den Körperteilen des Anderen entfernte und mit ein paar kräftigen, gezielten Schlägen einen Nagel zwischen die beiden schlug, der hoffentlich keine Symbolkraft hatte. "Wenn wir Feierabend haben, sollten wir ein heißes Bad nehmen. Ich will diese rosa Kugeln ausprobieren, die ich im Hotelzimmer gefunden habe ...", meinte er unschuldig, während er unter die Bretter griff und eine Seite des Konstruktes aufstellte, das vom Rahmen her schon recht stabil aussah. "Halt das mal oben." Bevor er irgendetwas anderes tat, warf er erst einmal einen Blick zu seinen Arbeitskollegen, aber die schienen sich nicht daran zu stören, dass einer von ihnen über Schaumbäder plauderte – andererseits hörten sie ihn auch gar nicht, da sie selbst quasselten und hämmerten. Das war gut. Der Rotschopf griff sich eines der kürzeren Bretter, tauchte durch den Rahmen hindurch und hockte sich zwischen die ausgestreckten Arme des Älteren, um das erste festzunageln. Für den oberen Nagel musste er leider aufstehen, wie ihm kurz darauf bewusst wurde ... Und er bezweifelte, dass Seraphim auch nur einen Zentimeter Platz machen würde, das war natürlich ... kompliziert. Na ja. Notfalls konnte er sich ja damit herausreden, dass er einfach nur jemanden brauchte, der das Ganze hielt.