Ah, ah, ah, so redete man aber nicht mit Seraphim... und man stellte schon gar nicht seine Handlungen in Frage. Allerdings wäre es gelogen, zu behaupten, er habe diesen Satz noch nie gehört, weil er ihm praktisch dauernd entgegen geworfen wurde, da er gerne einmal seine Nase in derlei Dinge steckte. Dass ihn das daher von nichts abbringen oder ihn gar verschrecken würde, war also klar, sodass es sein Lächeln nur noch breiter werden ließ und er dem Blauhaarigen zunächst schweigsam bis zum Questboard folgte, ehe er sich rücklings dagegen lehnte, um ihm besser ins Gesicht schauen zu können. Da es bereits beschlossen war, dass er nicht rauchen würde, musste es ihm nun nur noch verständlich gemacht werden. Er hatte gemeint, es sei wohl auch nicht ohne möglich, sodass er annahm, dass er einfach so sehr davon abhängig war, dass er ohne das Nikotin zittrige Hände und Kopfweh bekam. Das allerdings war an sich nichts, was er nicht ändern könnte, immerhin war er der beste Heiler Fiores... wenn auch in spe. Er hatte einfach nicht das nötige Interesse an Heilzaubern, weil er nicht unbedingt der Typ fürs Helfen war und die Sprüche ja auch nicht auf sich selbst anwenden konnte, sodass es nur wenig Anreiz gab, sich damit zu beschäftigen. Seine Ziehmutter hatte sich zwar wirklich Mühe gegeben, ihm das nahe zu bringen, aber das bedeutete nicht, dass es auch angeschlagen hatte - ebenso, wie viele meinte, ihre Erziehung hätte auf ganzer Linie versagt. "Es gibt deutlich... gesündere Süchte als diese... Wenn ich dir helfen würde, den Nebenwirkungen eines Entzuges Herr zu werden, würdest du dann darauf verzichten?~", säuselte er vollkommen unbeeindruckt von dem Ausbruch des Kleineren und beäugte den Zettel, den er ihm schließlich entgegen streckte, mit interessierter Miene, bis er den Ort der Quest gelesen hatte und ein Grinsen über seine Lippen huschte.
Casinos waren... interessant. Wer einmal mit dem Dragonslayer ein Kartenspiel gespielt hatte, der wusste nämlich, dass das gar keine gute Idee war. Es lag nicht daran, dass er so vorausschauend war, dass er alle Möglichkeiten und Unmöglichkeiten einer Partie durchrechnen konnte, dass man im Regelfall gegen ihn verlor - Seraphim war ein Betrüger. Nicht nur im zwischenmenschlichen Verhalten schummelte er, hinterging Menschen und nutzte ihr Vertrauen darauf, dass er nach den Regeln der Gesellschaft spielte, aus, sondern auch bei solchen Spielen. Wenn er einen Stapel Karten mischte, war er dazu in der Lage, die Reihenfolge nach eigenem Gutdünken zu bestimmen, sich selbst das bessere und dem Gegenüber das schlechtere Blatt zu geben und auch noch während des Spiels das Glück zu seinen Gunsten zu wenden. Gegen den Dragonslayer konnte man nur dann gewinnen, wenn man ihn in flagranti ertappte oder noch besser betrügen konnte, als er. Es war wohl selbstverständlich, dass der Grund, aus dem er immer flüssig war, dieses Talent war, dieses und jenes, sich bei Frauen einzuschleimen. Er hatte sogar schon einmal kurzzeitig in einem Casino ausgeholfen, nur, um hübschen Frauen zum Sieg zu verhelfen, um sie im folgenden Rausch des Hochgefühls auf falschem Fuß zu erwischen... zusammenfassend, war der Dragonslayer auch in dieser Hinsicht kein unbeschriebene Blatt Papier. "Interessant... es scheint dich ja sehr anzusprechen, Ciel~ Liegt das am Ort?" Vielleicht hatte er da ja jemanden gefunden, der sich nicht nur von der Sucht nach Tabak, sondern auch von der nach dem Nervenkitzel des Glücksspiels angezogen fühlte... was ziemlich das Gegenteil von Seraphim war, der einfach gerne gewann, selbst wenn er dabei zu unlauteren Methoden greifen musste. Dennoch gefiel ihm die Quest, die der Junge ausgesucht hatte, wirklich recht gut, weil sie sich entspannter als seine letzte anhörte. In Casinos war es zwar auch meist brechend voll, aber immerhin musste er nicht gegen einen meterhohen Dschinn kämpfen, der ihm nicht nur ans Leder, sondern auch ans Herz wollte und dieses selbst nach seinem Verschwinden noch zu malträtieren schien. Souta hatte noch nie so panisch ausgesehen und das sollte bei dem schon etwas heißen... aber das waren eindeutig die falschen Gedanken. Er stärkte sein Lächeln wieder und richtete die ins Nichts abgetriebenen Augen auf Ciels.

Ciel wusste, dass Seraphim den wahren Hintergrund hinter seiner Abhängigkeit nicht wissen konnte. Vermutlich machte er ihm daher keinen Vorwurf, als dieser das Thema dann doch nicht so schnell ruhen lassen wollte. Scheinbar war der Weißhaarige wirklich kein Fan von Zigaretten, denn er legte eine erstaunliche, beinahe bemerkenswerte Beharrlichkeit an den Tag. Das bedeutete jedoch nicht, dass Ciel so einfach klein beigeben würde. So verlockend das Angebot seines Gegenübers auf den ersten Blick auch war, so unmöglich würde es für ihn sein, eben jenes auch anzunehmen. Seiner Nervosität Herr zu werden war schon mit Zigaretten schrecklich schwer und Seraphims Anwesenheit trug auch nicht wirklich zu großer Entspannung bei, weshalb es einfach unsinnig war, seinen gesundheitlichen Zustand in die Hände des Weißhaarigen zu legen. Von seinem mentalen an diesem Punkt mal ganz zu schweigen. Außerdem fragte sich Ciel wirklich, wie genau sein Gegenüber das mit dem Helfen anstellen wollte. Über welche Fähigkeiten verfügte er, dass es ihm möglich war, Menschen gesundheitlich unter die Arme zu greifen? Soweit der Valentine informiert war, gab es keinerlei ausgereifte Heiltechniken mehr, die gelehrt wurden, da das Wissen dafür schon vor Jahrhunderten verloren gegangen war. "Es geht weniger um die Dinge, die durch den Entzug passieren, als...", begann Ciel nach einer kurzen Pause zögerlich und friemelte unruhig am Reißverschluss seiner Jacke herum. Aus einem seltsamen Grund heraus hatte er das dringende Bedürfnis, Seraphim wenigstens eine Erklärung abzuliefern, auch wenn diesen das Ganze nicht wirklich etwas anging. Andererseits spuckte da jedoch noch ein anderer Gedanke im Kopf des Dragonslayers herum. Sollten sie wirklich in einem Casino auf eine Quest gehen, dann würde es ihm sichtlich leichter fallen auf sein bevorzugtes "Heilmittel" zu verzichten. Schließlich waren Spielbänke eine der wenigen Orte, an denen er sich wirklich sicher fühlte. Und außerdem war es sehr schwer, überhaupt zu erklären, was genau mit ihm nicht stimmte, wo er es doch selber nicht einmal wusste. "...sagen wir, dass ich ohne sie ein wenig nervös werde und..." Ja, was eigentlich? Die Kontrolle verlor? Zu einem nervlichen Wrack wurde? "....sehr anstrengend bin.", schloss er schließlich ziemlich lahm und bemühte sich, dem Blick des Weißhaarigen auszuweichen. Es stimmte, ohne seine Zigaretten war mit dem Dragonslayer recht wenig anzufangen und er wurde nebenbei auch noch zu einer echten Belastung für sich und seine Umgebung. Und die Tatsache, dass ihn dabei ausgerechnet jemand wie Seraphim erleben würde, gefiel ihm alles andere als gut. Der Weißhaarige strahlte ohnehin schon einer derartige Überlegenheit aus, das er ihn in dieser Annahme nicht auch noch bestätigen wollte. "Außerdem wüsste ich ohnehin nicht, wie du mir helfen könntest. Also bringst du entweder eine Idee, die eine sinnvolle Alternative bildet oder aber du musst dich mit dem Kompromiss abfinden, dass ich darauf achte nicht in deinem Beisein zu rauchen." Genügend Orte dafür würde man sicherlich irgendwo finden und es würde Seraphim vielleicht in soweit milde stimmen, dass die Diskussion an dieser Stelle beendet war und ihm keine weiteren unangenehmen Fragen gestellt wurden, denn Ciel war sich nicht sicher, ob ihm eine glaubhafte Ausrede einfallen würde, wo bereits die Letzte so kläglich gescheitert war. Jedoch schien dieser Tag seine erste positive Wendung zu nehmen, was vor allem mit seinem Glücksgriff am Questboard zusammenhing. Es gab nichts, dass dem Valentine mehr Spaß machte, als ein netter Tag in einem gut gefüllten Casino. Anders als Seraphim ging der junge Mann dort nämlich nicht hin um zu gewinnen, sondern weil er sich dort wohl fühlte. Jedes Mal, wenn Ciel eine Spielbank betrat, hatte er dieses atemberaubende Gefühl nach Hause gekommen zu sein. Beinahe so, als würde man nach einem langen Tag in eine Welt voller Aufregung und Spannung abtauchen und endlich alle Sorgen der Welt vergessen können. Selbstverständlich war dem Valentine bewusst, dass die Realität anders aussah. Wenn man zwölf Jahre lang in einem Casino gelebt hatte, war einem bewusst, dass das Grundgerüst eines solchen Etablissements allein auf psychologischen Fakten aufbaute und nur einen Zweck hatte: Dem Besucher möglichst effektiv und schnell viel Geld aus den Taschen zu leiern. Nun, Ciel spielte mit einem Heimvorteil, weshalb er selten auf diverse Tricks der Betreiber herein fiel. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass er Seraphim eine gute Beobachtungsgabe zusprechen musste. Der Weißhaarige schien zu wissen, wie man eine Person richtig analysierte oder zu mindestens unauffällig Fakten über sie herausfand. "Da hast du wohl recht. Ich habe eine ganze Weile in einem Casino gelebt.", meinte er schließlich lächelnd, in der Überzeugung, nichts weltbewegendes über sich verraten zu haben. Andererseits...wer wusste schon, wie gut Seraphim bei der Analyse von Personen war?

Oh, hatten sie da etwa einen unterdrückten Neurotiker oder so etwas? Ciel behauptete, er würde nervös, wenn er nicht genug Nikotin im Blut hatte, sodass man davon ausgehen konnte, dass er diese Droge zur Stabilisierung seiner Persönlichkeit benötigte, wie andere zum Beispiel ohne ihren täglichen Kaffee unausstehlich waren. Seraphim hatte kein Problem mit derlei Abhängigkeiten, solange sie den Körper nicht beschädigten und ihm nicht in die Quere kamen, was bei Ciel nun aber leider gegeben war. Der Weißhaarige selbst konnte ja auch nicht verleugnen, dass er seine eigentlich basale Aggressivität auf eine Weise zurück hielt und ab und an auch auslebte, die ihm dabei half, die meiste Zeit ansonsten sehr entspannt zu sein. Seraphim aufzuregen war zwar nicht schwer, wenn man die richtigen Knöpfe drückte, aber diese zu finden, war nicht unbedingt einfach, zumal man sich das mehrfach überlegen sollte, weil er verdammt brutal werden konnte, wenn man ihn tatsächlich wütend bekam. Entsprechend musste man wohl all den armen Menschen danken, an denen er sich abreagierte, ehe so etwas passierte, nicht wahr? Rauchen war gegen diese Art von Sucht allerdings wirklich schädigend; er hatte schon einmal die Lunge eines Rauchers gesehen und war überrascht gewesen, wie sie so schwarz hatte sein können. Raucher bekamen weniger gut Luft... er selbst könnte das wahrscheinlich gar nicht überleben, weil er abhängiger von diesem Element war, als die meisten anderen, immerhin konnte er sich von Wind ernähren. Menschen, die sich nicht von Luft und (körperlicher) Liebe ernähren konnten, konnten einem da geradezu Leid tun, nicht wahr? "Anstrengend? Ich halte in der Hinsicht viel aus, wenn ich einen Grund dazu habe~", säuselte der Weißhaarige und grinste. Die Aussicht auf mögliche nächtliche Aktivitäten genügte ihm da meist, immerhin durfte man nicht vergessen, dass er es auch sonst schaffte, die blödesten Menschen auszuhalten, weil er sich sicher war, dass er dafür belohnt werden würde - und dabei wirkte Ciel nicht einmal so dumm, wie manche Damen, die er genau aus diesem Grund aber auch nicht länger als nötig in seiner Nähe ertrug. Solche Menschen sollten einfach nicht sprechen, sondern ihr hübsches Stimmchen in anderen Situationen nutzen. "Aber wenn ich das Recht verstanden habe, bist du einfach ein ziemlich unentspannter Zeitgenosse, nicht wahr? Das bedeutet, dass eine angemessene Therapie Entspannung wäre... chihihi..." Seraphim kicherte leise, ehe er den Satz unbeendet ließ und per Mimik das Thema wechselte. Er musste dem Blauhaarigen jetzt nicht sofort unter die Nase reiben, an was genau er dabei denken musste, auch wenn es ihm ganz bestimmt helfen würde. Davon abgesehen, dass Seraphim toll massieren konnte und nebenbei ein Heiler war - doch dieser Abschnitt seiner Kräfte war bekanntlich geheim. Das lag daran, dass der Dragonslayer ein Sozialschwein und Egozentriker war, der keine Lust hatte, die Caritas für irgendwelche kranken Menschen zu spielen, die hofften, ihn durch Belagerung dazu zu bringen, ihnen ihr unbeschwertes Leben wiederzugeben, obwohl er ihr Leid vielleicht sogar genoss. Fies und asozial, aber so war er nun einmal. Daher lieferte er Ciel keine sinnvolle Idee, sondern übte sich in einem bedeutungsschwangeren Schweigen.
Die nächste Enthüllung war eher interessant, denn unterhaltsam, denn er hatte zwar schon von einigem gehört, aber eher selten von Leuten, die in Casinos aufwuchsen. Na toll, er selbst war in einem Wald nahe den Bergen aufgewachsen, weil er ab einem zarten Alter von sechs Jahren bei einer Drachendame gelebt hatte, aber ein Casino hörte sich auch nicht weniger exotisch an. Das erklärte allerdings durchaus, warum sich seine Augen freudig geweitet hatten, als er die Quest gelesen hatte, immerhin fühlte Seraphim sich in der Natur deutlich mehr Zuhause, als man ihm zutrauen würde. Nicht viele hielten ihn für ein Stadtkind, weil er deren Vorzüge schätzen gelernt hatte, aber im Grunde seines Herzens war er das eben doch nicht. "Interessant... ich nehme an, dass du dich deswegen mit Kartenspielen zur Genüge auskennst, hm?~", fragte er mit abschätzender Miene und überlegte, ob ihnen das von Vorteil sein konnte. Wenn der Junge nämlich gut spielte, wusste er jetzt schon, wie man einem möglichen Schummler richtig übel mitspielen konnte. "Ansonsten sollten wir uns auf den Weg machen, es dauert ein wenig bis Hargeon Town, immerhin ist so ein Zug nicht besonders schnell..." Und mit diesen Worten wandte er sich in Richtung Ausgang um und schritt langsam auf diesen zu, die Schritte leicht federnd. Wenn er alleine gewesen wäre, hätte er den Weg einfach fliegend zurück gelegt, selbst wenn ihn das einen Großteil seiner Manareserven gekostet hätte.

Aus irgendeinem Grund gefiel es Ciel gar nicht, welche Richtung das Gespräch zwischen ihm und Seraphim nahm. Wie bereits erwähnt war seine Nervosität nämlich etwas, auf das er ganz und gar nicht stolz war und die Tatsache, dass sein Gegenüber ihn in dieser Hinsicht nicht allzu Ernst zu nehmen schien, machte die Sache auch nicht wirklich besser. Oder aber er verstand die Situation von Grund auf falsch und Seraphim hatte nur eine sehr seltsame Art mit den Problemen anderer Leute umzugehen. In jedem Fall schien er sehr selbstsicher, dass ihn die nervliche Instabilität des Valentines nicht weiter stören würde und er durchaus damit umgehen konnte. Ciel hatte keine Ahnung, wie er zu dieser Annahme kam, doch wirklich beruhigen tat sie ihn nicht. Das lag wohl vor allem an dem Ton, den der Weißhaarige anschlug. Irgendetwas in seiner Stimme verriet dem Magier, dass er wohl doch eher vorsichtig im Umgang mit ihm sein sollte. Vorausgesetzt er wollte seine geliebte Unschuld noch ein bisschen länger behalten. "Irgendwie beruhigt mich das nur wenig...", murmelte er daher geringfügig überzeugt und in dem Wissen, dass das Thema letztendlich wohl doch noch einmal zur Sprache kommen würde. Nun, bis es soweit war sollte er sich vielleicht eher darauf konzentrieren, Seraphim besser kennen zu lernen. Es konnte schließlich nicht schaden, ein genaues Bild zu haben, mit wem man die nächsten Stunden oder Tage verbringen würde. Dieser schien da ähnlich zu denken, denn auch seine nächste Schlussfolgerung traf genau ins Schwarze. Es stimmte, Ciels Fähigkeiten an einem Pokertisch konnte man tatsächlich als überdurchschnittlich gut bezeichnen und dennoch war der Valentine niemand, der dies der nächstbesten Person leichtfertig auf die Nase band. Generell war er eher ein Mensch, der sich in seinen eigenen Fertigkeiten lieber bedeckt hielt und sie nur wenn nötig enthüllte. Schließlich konnte ihm immer mal wieder jemand begegnen, der sich aus diesem Wissen seinen Nutzen zog und das wollte der Dragonslayer wenn möglich vermeiden, war er doch ein strategischer Mensch durch und durch. Und dennoch war Seraphim bei der folgenden Aufgabe sein Partner, weshalb er es ihm wohl schuldig war, eine ehrliche Antwort zu geben. "Sagen wir ich habe ganz gute Kenntnisse in dem Bereich...", meinte er daher zögerlich und kippte nachdenklich den Kopf. Er konnte sich schon denken, worauf Seraphim da hinauswollte und im Grunde klang es eigentlich nach einer sehr einleuchtenden Idee, die man für später im Kopf behalten sollte.
Als seine Begleitung sich schließlich in Bewegung setzte, beeilte sich Ciel ihm zu folgen und musste wieder einmal daran denken, was Naomi ihm so alles erzählt hatte. Denn neben den Ausführungen über den schwierigen Charakter des Weißhaarigen war da doch noch etwas gewesen, was den Valentine ganz besonders fasziniert hatte und gerade jetzt bot sich hier doch eine wunderbare Gelegenheit, dieser Theorie einmal genauer auf den Grund zu gehen. "Sag mal Seraphim, stimmt es eigentlich, dass du ein Dragonslayer bist?" Denn sollte dem so sein, wäre er tatsächlich der erste andere Mensch, den Ciel traf, der wie er von einem Drachen aufgezogen worden war. Und wenn man Seraphim so musterte, dann konnte er einfach kein normaler Magier sein. Dafür wirkte er einfach viel zu...anders, vorausgesetzt man konnte dies als ein passendes Adjektiv werten. Ja, anders traf es in Ciels Augen eigentlich recht gut. Und wo sie nun gemeinsam questen gingen, blieb ihm hoffentlich genug Zeit, herauszufinden, was genau sich hinter diesem anders so alles verbarg.

Ohne, dass es hatte geplant sein können, hatte sich wohl das passendste Team auf diese Quest entsandt, das man sich hätte für diese Aufgabe vorstellen können. Einen Betrüger konnte man nämlich am besten aufhalten, in dem man ihn in seinem eigenen Fach schlug, wofür man diese beiden in Kombination noch vorzüglich würde einsetzen können. In diesem Moment formte sich die Idee dazu bereits im Kopf des Weißhaarigen und er musste feststellen, dass sie ihm sehr spaßig erschien. Bei einer solchen Quest sollte man zwar wohl auch erfolgreich sein, aber es kam doch auch darauf an, wie man sich dabei anstellte, oder? Einfach jemanden zu verdreschen und rauszuschmeißen war zwar einfach und effektiv, aber auch verdammt stillos. Zu so etwas ließ sich der Weißhaarige nur dann herab, wenn er wütend war, rasend gar, aber er bezweifelte, dass Ciel oder irgendein anderer das heute schaffen würde. Ganz gute Kenntnisse nannte der Blauhaarige seine Fähigkeiten, aber selbst wenn sie nur durchschnittlich wären, würde das sicherlich reichen, weil er immerhin ihn an seiner Seite hatte - und er traute sich selbst durchaus zu, die meisten anderen Betrüger aus dem Rennen schmeißen zu können. Wie gut sie nun wirklich waren, würden sie noch herausfinden, vielleicht forderte er den Kleineren ja zu einer Partie heraus oder so... solange die Spiele mit Karten zu tun hatten, war er aufgrund des Schummelns beinahe unschlagbar. Wenn es an solche Spiele ging, die zwar mit Taktik zu tun hatten, aber betrugsresistent waren (Schach zum Beispiel), war er nur noch gut, nicht aber genial, immerhin hatte er dieses Spiel erst mit sechzehn kennen gelernt und seitdem auch noch ganz viel anderes durchgemacht, sodass nicht allzu viel Zeit dafür übrig geblieben war. (Ganz davon abgesehen, dass man bei Schach schummeln konnte: Dazu brauchte es aber einen sehr unaufmerksamen Gegenspieler. Man mochte es kaum glauben, aber es hatte ja bereits doppelte Rochaden in Meisterspielen gegeben...)
Er wurde abgelenkt, als der Blauhaarige fragte, ob er wirklich ein Dragonslayer sei - Natürlich war er das. Und es gab wahrscheinlich keine Person, die offener mit ihrer Magie hausieren ging, als Seraphim, weil er wahnsinnig stolz darauf war. Vielleicht auch deswegen, weil er Dragonslayer über die normale Menschheit stellte, weil sie praktisch mit den Drachen verwandt waren, welche wiederum beinahe Götter waren - wenn nicht sogar tatsächliche. Es gab also keinen Grund, Ciel diese Information zu verschweigen, ganz im Gegenteil: "Richtig gehört, Ciel~", säuselte er und blickte auf seinen Gildenkollegen herab, ein breites Lächeln im Gesicht, dem man vielleicht eine Spur Triumph ablesen konnte, "Ich bin der Himmels Dragonslayer, Sohn von Grandine, der Herrin des Himmels..." Und was für eine Herrin sie war... es war pure Ironie, dass die wahrscheinlich menschenfreundlichste Drachin einen goldigen Jungen vor dem Tod gerettet hatte und ihn in etwas verwandelt hatte, was der Menschheit sicherlich nicht freiwillig helfen würde. Die Frage, wie das hatte passieren können, war sicherlich berechtigt, jedenfalls war er nun der Mann, der vor Ciel stand und nun neugierig war, mit was für einer minderwertigen Magie dieser wohl aufwerten würde... immerhin neigte er dazu, seine Mitmenschen zu unterschätzen. "Und welche Magie übst du aus?~"
Das Wetter entsprach dem Geschmack des Weißhaarigen - im wahrsten Sinne des Wortes, weil der Wind frisch durch die Straßen der Stadt wehte. Es waren zwar einige Leute unterwegs, aber immerhin keine erdrückende Menge und bis auf eine kleine, wahnsinnig süße, schwarze Katze, die von links nach rechts über die Straße hopste und sich an Ciels Bein zu schmiegen versuchte, wollte sie auch niemand aufhalten. Seraphim glaubte ja nicht an diesen ganzen abergläubischen Kram, weswegen er in dem kleinen Tier höchstens ein süßes Etwas sah - auch wenn er es ansonsten ja nicht so mit Tieren hatte. Oder Menschen. Oder Leben an sich... nun ja. Es versprach, ein interessanter Tag zu werden.

Ohne es wohl selber wirklich zu wissen, hatte sich Seraphim bei seiner Antwort einen kleinen, tief versteckten Platz in Ciels rauchig schwarzem Herzchen ersäuselt. Denn, sind wir mal ehrlich, wie könnte der Valentine den weißhaarigen Schönling schon jemals hassen, wenn dieser doch tatsächlich zu seiner Art gehörte. Ein Dragonslayer. Ein richtiger, echter Dragonslayer. In Anbetracht der Tatsache, dass Ciel selber einer war hätte ihn diese Erkenntnis wohl nicht so sehr begeistern dürfen und dennoch schaffte sie es, den Blauhaarigen völlig aus den Latschen zu hauen. Was für Möglichkeiten boten sich denn nun, wo sich seine Vermutung bestätigt hatten? Er würde sich endlich mal mit jemandem unterhalten können, der in genau der selben Situation wie er gewesen war. Auch ihn hatte ein Drache aufgezogen und unterrichtet, wen gab es also als einen besseren Gesprächspartner für genau dieses Thema? Niemanden, weshalb Ciel auch gar nicht lange zögerte und Seraphim mit seiner eigenen Magie konfrontierte. Leider gelang es ihm nicht ganz, das mit der gewohnten Coolness und analytischer Selbstsicherheit rüber zu bringen, wie man es vielleicht von ihm gewohnt war. Die Begeisterung hatte einfach Überhand über seinen Körper gewonnen und nichts würde sie davon abhalten können, sich auch ja bemerkbar zu machen. "Das ist der Hammer!", rief der Valentine begeistert und wäre in seiner Euphorie beinahe über die eigenen Füße gestolpert. In seiner Eifer wusste er überhaupt nicht, wie genau er dem Himmels Dragonslayer nun von seiner Entdeckung erzählen sollte. Es war, als hätten sich mit einem Mal Wortfindungsstörungen bei ihm eingeschlichen, was ihn auf gewisse Weise fast noch ungeduldiger machte. "Dann sind wir wohl beide Dragonslayer, ich bin nämlich auch einer. Der Metalldragonslayer um genau zu sein." Im Gegensatz zu Seraphim verkündete er dies jedoch ohne besonders stolz darauf zu sein. Vermutlich war es das, was die beiden jungen Männer am meisten unterschied. Wo der Weißhaarige wohl die Zeit bei seiner Ziehmutter genossen hatte, hatten sie für Ciel nicht schnell genug vorbei gehen können. Metallicana hatte ihm nicht viel mitgegeben, außer einer mächtigen Portion Magie und einem gehörigen Respekt vor allem, dass auch nur im Entferntesten schuppig oder geflügelt aussah. Außerdem hatte das mächtige Reptil auch keinerlei Verständnis für den Aberglauben des Valentines gezeigt, was das Zusammenleben der zwei nicht wirklich angenehmer gemacht hatte. Generell hatte Ciel schon feststellen müssen, dass viele Menschen seine Angst vor allem Übernatürlichen nicht wirklich teilen konnten. Seraphim schien zu seinem Unglück mit in diese Sparte zu gehören, denn im Gegensatz zu Ciel blieb er mit dem Erscheinen des personifizierten Teufels nicht auf der Stelle wie angewurzelt stehen.
Der junge Dragonslayer vermochte nicht einmal die Augen von dem kleinen, schwarzen Vierbeiner abzuwenden so starr war er in seiner Angst. Was war das noch gleich mit dem Unglück gewesen? War etwa eines dieser Ungeheuer am Morgen nicht genug gewesen? Musste nun auch noch ein zweites auf ihn warten? Was würde wohl nun geschehen, wo ihn nun das doppelte Unglück verfolgte? Zumal dieser Schrecken auch noch wirklich Gefallen an ihm gefunden zu haben schien, jedenfalls bewegte er sich bedenklich schnell sehr nah auf den Blauhaarigen zu. Es kostete Ciel all seine Willenskraft, ein Fiepen zu unterdrücken, als die Katze schließlich in Kontakt mit seinem Bein kam. Kurz verspürte er das Verlangen auszuholen und das Viech mit einem gut platzierten Tritt in eine sichere Entfernung zu befördern. Auf der anderen Seite war er jedoch Starr vor Angst, weshalb ihm vermutlich nicht einmal das gelungen wäre. "Seraphim...?" Nicht einmal die Scham über seine seltsam hohe Stimme konnte ihn jetzt noch sonderlich treffen, genauso wenig wie die Tatsache, dass er den Weißhaarigen nicht einmal Minuten nachdem sie das Gildenhaus verlassen hatten bereits um Hilfe bitten musste. "Entweder du entfernst das da jetzt, oder wir haben hier gleich ein mittelschweres bis großes Problem." Was das anschließende Unglück anging würde ihm schon etwas einfallen, nur musste er den Teufel erst einmal loswerden. Denn sollte Seraphim ihm nicht helfen, würde er das kleine, heimgesuchte Geschöpf wohl in seiner Panik ganz versehentlich umbringen und das würde den doch eigentlich recht schönen Morgen wohl ein wenig trüben.

Innerhalb von Sekunden hatte Ciel in Seraphims Kopf die Schublade gewechselt, wobei er sich bei dem Tempo eigentlich hätte den Schädel anschlagen müssen. Dieser junge Mann war also der Metall Dragonslayer? Auf einmal sah der Weißhaarige ihn in etwas anderem Licht, weil er ihn zum ersten Mal wirklich musterte. Es gab gewisse Dinge, die ihm an einem Menschen zuerst auffielen und diese waren ziemlich auf gewisse Gebiete fixiert. So hatte er bemerkt, dass der Blauhaarige recht hübsch war, schmal und beinahe ein wenig schmächtig; dass seine Fingernägel wahnsinnig männlich lackiert und dass seine Ohren gepierct waren - und dass er insgesamt recht hübsch aussah. Das hatte natürlich sofort dazu geführt, dass er sich mit ihm beschäftigt hatte, auch wenn er den Platz in seinem Herzen wahrscheinlich sofort gegen einen solchen in seinem Bett getauscht hätte. Dennoch führte dieser Satz des Jungen dazu, dass er unbewusst einen Schalter umlegte und versuchte, sich darüber klar zu werden, was für einen Menschen er vor sich hatte, was für ein Charakter hinter der hübschen Fassade steckte. Bei normalen Menschen dauerte es lange, bis er sich über so etwas abwegiges Gedanken machte, bei Dragonslayern war das etwas anderes - obwohl er noch nicht besonders viele davon getroffen hatte. Da war diese eindeutige Ex-Blondine gewesen, die inzwischen mit einem pinken Schopf durch die Gegend lief, das wohl... aber ansonsten gab es da nicht viel zu verzeichnen. Das war auch vollkommen normal, immerhin gab es nicht viele von ihnen - und sie waren einzigartig. Das machte sie so besonders, zu einfach besseren Menschen, weswegen er auch gar nicht erst anfing, den Blauhaarigen für seine etwas krasse Reaktion auf das schwarze Kätzchen aufzuziehen, sondern dem Tierchen mit einem Schwenk seiner Hand wortlos einen Schuss Luft vor den Bug knallte. Natürlich hatte er darauf geachtet, dass das Fellknäul die Aktion überleben würde, weil sein Genick eine volle Dosis seiner Magie unter Umständen nicht überstanden hätte, aber der Zauber führte immerhin dazu, dass es mit einem fauchenden Maunzen durch die Luft segelte, um auf allen Vieren aufzukommen und davon zu jagen.
Der Weißhaarige wandte sich wieder dem kleineren Dragonslayer zu und legte den Kopf schief. Zum einen war es sicherlich faszinierend, einen anderen Dragonslayer zu treffen, zum anderen fand er diese Aktion gerade sehr seltsam. Er fragte sich, was um alles in der Welt eine Person, die von einem so mächtigen Wesen wie einem Drachen aufgezogen worden war, dazu bewegen konnte, vor einem so kleinen und unbedeutenden Etwas wie einer Katze - die zudem sogar noch komplett harmlos war - Angst zu haben... denn das war hier wohl eindeutig der Fall gewesen. Seraphim selbst behauptete gerne, er habe keine Angst vor irgendetwas, selbst wenn das nur zur Hälfte der Wahrheit entsprach: Tatsächlich gab es nichts menschlich oder tierisch gefährliches, das ihm einen Schauer über den Rücken laufen ließ, weil er einfach alles mental erniedrigte, bis es unter ihm stand. Dennoch gab es zwei Personen, die durchaus Furcht in ihm auslösen konnten, auch wenn eine davon das wahrscheinlich entweder nicht wusste oder ignorierte. Nummer eins war natürlich seine Mutter, denn auch wenn er sie verehrte und geradezu anbetete, schwelte da immer ein leichter Konflikt zwischen ihnen, der daraus erwachsen war, dass er sich nicht so verhielt, wie sie es gerne hätte. Sie hatte zu spät damit angefangen, ihm Manieren beizubringen, sodass es nicht wirklich gewirkt hatte. Das sollte allerdings nicht bedeuten, dass er nicht regelmäßig ihren Zorn auf sich zog, was selbst dann passierte, wenn er sie besuchen ging. Sie wollte eigentlich einen Heiler, der sich um das Wohl der Menschen kümmerte, was sie bekommen hatte, war einen der größten Egoisten Fiores. Der Zorn eines Drachen war angsteinflößend, selbst für ihn... und nicht unbedingt schmerzfrei. Die zweite Person, die es geschafft hatte, ihn in Sorge zu versetzen, war ein rothaariger Mann, der irgendwie in das kalte Herz des Himmelsmagiers eingedrungen war, wobei dieser Angst vor Entdeckung eben jener Tatsache gehabt hatte. Die Wahrheit war, dass er vor ihm geflohen war, nachdem er es tatsächlich herausgefunden hatte, wodurch sich Seraphims Ängste in der Hinsicht bestätigt hatten. Ciel nun schien vollkommen anders als er zu sein, auch in dieser Hinsicht. Aber er würde das wohl einfach akzeptieren müssen, auch wenn er sich fragte, was zur Hölle... "Was war so schlimm an dieser Katze?", fragte er mit neutraler Stimme, den Kopf immer noch schief gelegt, mit deutlich interessierterem Blick, als er zuvor zur Schau getragen hatte. Das waren wohl noch die Nachwehen der Enthüllung, dass Ciel ein Dragonslayer war... "Aber ansonsten freue ich mich, einen der unseren gefunden zu haben... das passiert viel zu selten~"

Seraphim hatte es geschafft, innerhalb eines einzigen Augenblickes für Ciel zum Helden des Tages zu werden. Nicht nur, dass er das Ungeheuer ganz einfach aus dem Weg gefegt hatte (unter anderen Umständen hätte der Valentine über diese Tatsache wohl eventuell geschmunzelt) nein, er machte sich noch nicht einmal über ihn lustig, was der Achtzehnjährige ihm sehr hoch anrechnete. Er war sich nicht sicher, wie er reagiert hätte, wenn er neben seiner Angst nun auch noch mit einer gehörigen Portion Spott zu kämpfen hätte. So jedoch blieb dem jungen Mann ganz viel Zeit, sich in ersterem auch ja ordentlich zu suhlen, während er mit immer noch zitternden Fingern fahrig nach seinen heißgeliebten Siegelringe und einem Amulett fischte. Irgendwie musste es ihm schließlich gelingen, dem Unglück wenigstens für diese Quest ein wenig zu entkommen und was half da schon besser als in Hühnerblut geweihtes Metall? Nichts, zu mindestens nicht, soweit der Valentine informiert war, weshalb er umso glücklicher war, als er die Objekte seiner Begierde endlich in seinen Händen hielt. Rasch wurden die schlichten Ringe über seine beiden hübsch lackierten Daumen gestrichen, während er kurz darauf geistesabwesend mit fahrigen Fingern am Lederband seiner Kette herum friemelte. Wie gut, dass er sich letztendlich doch dafür entschieden hatte, wenigstens ein wenig Schutz mitzunehmen und das Haus nicht vollkommen hilflos verlassen hatte.
Erst als auch dieses Amulett, welches von einem recht hübschen, schwarzen Pentagramm geschmückt wurde, schließlich kühl auf seiner Brust auflag, fühlte sich der Valentine wieder in der Lage mit Seraphim zu sprechen. Seine Frage fand er jedoch bestenfalls überflüssig, sollte doch wirklich jedem klar sein, welches Unheil schwarze Katzen mit sich brachten und das sie nichts anderes als die Vorboten von düsteren Hexen waren, welchen Ciel mit einer noch größeren Abneigung gegenüber stand. Nun, er war in jedem Fall ein zuvorkommender Mensch und sollte er Seraphim mit seinem Wissen bereichern können, würde er mit Sicherheit nicht zögern, eben jenes guten Gewissens zu tun. "Katzen sind die bösen Vorboten von Hexen. Und ich rede nicht von Magiern, sondern von richtigen Hexen. Anwender der dunkelsten und grausamsten Magien. Manche sagen sogar, dass sie sich in Katzen verwandeln können, doch das möchte ich mir gar nicht vorstellen...", der junge Mann schüttelte sich, als wäre er so eben mit seinem schlimmsten Albtraum konfrontiert worden. "Jedenfalls...klingt es dann nicht sinnvoll, dass gerade die schwarzen Katzen einer großen Macht von dunkler Magie ausgesetzt sind? Das macht sie für mich als ein eindeutiges Zeichen von Unglück und Pech." Ganz zu schweigen von ihren mit Sicherheit mehr als bösartigen Motiven, die sie immer wieder wie von Magie angezogen auf die Fährte des Blauhaarigen brachten. Er konnte sich wirklich nicht erklären, warum gerade er ein solchen Unglück mit den Vierbeinern hatte und sie ihn einfach nicht in Ruhe lassen wollten. Andererseits...vielleicht lag das immer noch an den starken Rückständen der Magie, die auf ihm lasteten seit der sich von Metallicana getrennt hatte. Die Zeit bei seinem Drachenziehvater schien eine derartige Fährte auf ihn gelegt zu haben, dass sich alles böse Gesindel davon magisch angezogen fühlte und auch all die Besuche bei seiner Lieblingswahrsagerin hatten ihm nicht geholfen, eben jene Rückstände endgültig loszuwerden. Nun, jetzt wo seine Nerven in jedem Fall wieder halbwegs ruhig lagen, blieb ihnen ja genug Zeit, sich auf die kommende Aufgabe zu konzentrieren. Vorausgesetzt natürlich ihnen würden nicht noch andere Missgestalten ganz zufällig über den Weg laufen. Andererseits...so groß konnte sein Pech doch gar nicht sein, dass ihm ein derartiges Missgeschick gleich dreimal an einem Tag passieren konnte, oder? Obwohl...vielleicht lag es zu einem bestimmten Grad auch an Seraphims Anwesenheit, denn Ciel hatte eben schon feststellen müssen, dass dieser keinerlei Schutz gegen eventuelle Erscheinungen trug. Ob er ihn wohl zur Annahme eines ganz spontanen Geschenkes seinerseits würde überreden können...?
"Sag mal Seraphim, trägst du Schmuck?" Musste man nur irgendwie an Weihwasser oder Opferblut kommen...

Seraphims Wissensstand war eine kleine Erklärung wert, weil er nämlich nicht ganz den Vorstellungen entsprach, die man vielleicht von ihm haben konnte. Der Weißhaarige war ziemlich erpicht darauf, dass man ihn für gebildet hielt, weil er Menschen, die dieses Attribut besaßen, für eben dies beneidete. Es wäre zwar auch falsch, zu behaupten, dass er ungebildet sei, aber es gab doch einige, die gerade auf gewissen Gebieten mehr wussten, als er selbst. Das lag an seiner etwas speziellen Geschichte und daran, dass er im Gegensatz zu Ciel einen Großteil seines bewussten Lebens bei einer Drachin gelebt hatte. Zwar hatte man ihm sicherlich schon früher einiges erklärt, aber da sein Gehirn es irgendwie fertig gebracht hatte, seine ersten sechs Lebensjahre aus seinem Gedächtnis zu streichen, hatte er alles neu lernen müssen. Grandine hatte ihm sicherlich einiges erzählt, aber als göttliches Wesen legte sie nun einmal auf andere Dinge Wert als jene, die ihm menschliche Eltern vielleicht beigebracht hätten. Für sie triviales hatte er nie oder erst sehr spät gelernt, anderes beinahe mit der Muttermilch eingesogen. So wusste er zum Beispiel einiges über die Drachen und natürliche Phänomene, Krankheiten und Schuppenflechte, aber hatte erst mit vierzehn Jahren gelernt, dass es auch Menschen gab, die keine körperlichen Ausstülpung zwischen den Beinen besaßen und dafür lustig wabbelige Brustfortsätze. Wenn man sich dies in Erinnerung rief, war es wahrscheinlich auch sehr verständlich, warum Seraphim das Geschlecht einer Person recht egal war... jedenfalls hatte er wirkliche Wissenslücken gehabt, als er in die Welt der Menschen zurückgekommen war. Das hatte er allerdings recht schnell gemerkt und weil es sich nicht recht mit seinem Ego vereinbaren ließ, hatte er sich emsig daran gemacht, sie zu füllen. Das war der Grund, weswegen er klassische Dramen las, Bücher, welche die Bezeichnung Literatur verdienten und Theater besuchte, Sachbücher lieber zur Hand nahm als spannende Romane. Es gab so vieles, was er nachzuholen hatte - oder schon nachgeholt hatte, denn er war in dieser Hinsicht schnell gewesen.
Die seltsame Eigenheit mancher Menschen, auch Aberglauben genannt, sich vor praktisch allem zu fürchten, was sie als sogenanntes Omen kannten, gehörte weder zu dem, was ihm Grandine beigebracht hatte, noch zu dem, womit er sich ausführlich beschäftigt hatte. Bis vor wenigen Sekunden hatte er das allerdings auch nicht gemusst, weil er sich eher für handfeste Dinge interessierte, wie er zum Beispiel Taktiken, mit denen er hübsche Menschen dazu bringen konnte, ihm das Leben zu versüßen. Das war nun aber wahrscheinlich damit zu kombinieren, dass er scheinbar mit dem Aberglauben des Metall Dragonslayers auskommen musste, immerhin war es wahrscheinlich antiproduktiv, wenn er ihn dafür verspottete, dass er Angst vor solchen Dingen hatte. Allerdings war Ciel eben doch ein Dragonslayer und damit aus der Sparte der reinen Spielzeuge ausgeschlossen, sodass er nicht drum herum kommen würde, ein mehr oder minder ernstes Wörtchen mit ihm zu reden. Zuerst aber beobachtete er leicht irritiert, wie er alle möglichen metallenen Schmuckstücke aus seinen Taschen klaubte und sie sich überstreifte, woraus er schloss, dass das wahrscheinlich irgendwelche Schutzgegenstände oder so etwas sein mussten. Das wenige, was er vom Aberglauben gehört hatte, reichte für diese Schlussfolgerung aus, immerhin friemelte er sie doch ziemlich bald, nachdem die Katze verschwunden war, heraus. Ob er Schmuck trug... Seraphim blickte auf den Ring an seinem rechten Mittelfinger herunter, dessen filigrane Flügel über die Kontur des Fingers hinaus reichten. Ja... er gehörte wohl auch ansonsten zu den Herren, die man ab und an mit solchem antreffen konnte. Früher hatte er sogar Stachelhalsbänder getragen, auch wenn er das heutzutage eher nicht mehr tat. Momentan lief er häufiger mit Krawatte herum, als solche Dinger abzuziehen, weswegen er kurz mit seiner Hand vor seinem Gesicht herum winkte und danach antwortete: "Ansonsten eher selten." Jeder, der schon einmal seine Schränke durchforstet hatte, war neben diversen anderen Dingen, die einem prüden Geist sicherlich die Schamesröte ins Gesicht steigen ließen, sicherlich auch auf einige Ketten und Anhänger gestoßen, die besonders oft Schwingen als Motiv besaßen, aber er trug sie eben nicht ständig. Er besaß auch durchaus einige Armbänder, seien sie aus Leder oder mit Nieten besetzt oder sonst etwas, auch wenn er heute ganz ohne aus dem Haus gegangen war. Wer den Nerv hatte, sich ein Tattoo mitten ins Gesicht stechen zu lassen, der schreckte doch auch vor so etwas nicht zurück! "Ich weiß zwar nicht, warum du fragst, Ciel, und ich verstehe wirklich nicht viel von diesen Hexen, aaaber..." Er blickte den Blauhaarigen mit ernstem Gesicht an und legte ihm schließlich beide Hände auf die Schultern, "Du bist ein Dragonslayer. Selbst wenn die dich überfallen würden, könntest du ihnen die Leviten lesen - vergiss das nicht, Ciel~" Wahrscheinlich war er noch nicht besonders stark, wenn er erst vor kurzem der Gilde beigetreten war, aber das änderte nichts an seiner Magie und auch nichts an seinem Potenzial. "Zur Not beschütze ich dich vor ihnen~" War er nicht so etwas wie ein Engel? Ein Himmelsmagier eben - was gab es schon besseres, um dem Unglück auszuweichen?

Ciels Augen fingen das Glänzen des geflügelten Ringes rasch ein und mit geübtem Blick ließ er seine Augen über das filigrane Muster des Schmuckstückes wandern. Seraphim hatte einen guten Geschmack, aber das war ihm schon aufgefallen, als er das erste Mal einen Blick auf ihn geworfen hatte. Die Figur des Weißhaarigen schrie beinahe vor gefährlicher Eleganz und Ciel wusste, dass er seinen Gegenüber besser nicht unterschätzen sollte. Schade nur, dass dieser die hohe Kunst der Symmetrie offensichtlich nicht wirklich zu schätzen wusste, denn seine andere Hand wurde nicht von einem Ring geschmückt, wie der Blauhaarige kritisch feststellen musste. Nun ja, er mochte Seraphim, weshalb er sich über mögliche Konsequenzen seines Handelns keinerlei Gedanken machte, als er noch einen Schritt näher auf ihn zu trat um einen besseren Blick auf seine Hand zu haben. Ja, ein Ring wäre möglich, aber irgendwie nicht die optimal Lösung. Eine Kette gefiel Ciel da deutlich besser und je nachdem wie lange diese Quest dauerte, würde er vielleicht sogar die Gelegenheit haben, sich da etwas passendes einfallen zu lassen. Wo einem doch allein zu dem Stichwort "Himmels Dragonslayer" schon so viele interessante Möglichkeiten einfielen und Seraphim zu dem auch noch aussah, als wäre er so eben vom Firmament gestürzt. Mit seinen weißen Haaren könnte man ihn beinahe für einen Engel halten, sinnierte Ciel und überlegte kurz, wie man diese Eigenschaften in schlichtem Metall einfassen konnte. Kurz ließ der Valentine ein wenig Metall über seine Fingerspitzen gleiten und rollte es nachdenklich zwischen zwei Fingerkuppen, ehe er wieder die Faust ballte und die kühlte Substanz verschwinden ließ. Im Laufen war es schwieriger sich zu konzentrieren, vielleicht sollte er es einmal versuchen, wenn sie bereits im Zug saßen. Vorausgesetzt ihm war bis dahin ein Muster eingefallen, natürlich. Als sich jedoch plötzlich die Hände seines Gegenübers auf seine Schultern legten zuckte der Valentine erschrocken zusammen und blinzelte überrascht zu dem Weißhaarigen hoch. Wie viel ein paar Zentimeter doch in manchen Situationen ausmachen konnten. In diesem Fall fühlte er sich mit einem Mal schlagartig unterlegen. Seraphim hatte eine schrecklich dominante und irgendwie überwältigende Ausstrahlungen bei der es schwierig war, sich zu entspannen, vor allem für jemanden der wie er ohnehin schon an einer Schwäche in diesem Bereich litt. Hinzu kam, dass es ihm gar nicht behagte zu sehen, dass Seraphim so viel Vertrauen in die Kräfte der Dragonslayer steckte. Wie er schon selbst erkannt hatte, der Weißhaarige wusste nicht zu welcher Macht diese Dämonen fähig waren und Ciel war sich nicht sicher, ob einfache Magie ausreichen würde um diese Kreaturen der Nacht zu vertreiben. Außerdem wusste der Valentine, dass er bei weitem nicht zu den stärksten Magiern gehörte und noch einen weiten Weg vor sich hatte, wenn er das mit der vollkommenen Perfektion denn irgendwann mal hinbekommen wollte, was wohl auch der Grund war, weshalb er es stark bezweifelte irgendetwas gegen eine Hexe ausrichten zu können. Und auch wenn Seraphims Versicherung nach Schutz etwas beruhigendes hatte, war er dennoch erleichtert den bösen Kreaturen der Unterwelt nicht vollkommen Schutzlos gegenüber zu stehen. Seine hübschen Talismane sorgten nämlich ganz wunderbar für sein leibliches Wohl und wussten was im Falle eines akuten Notfalls zutun war. "Danke...", murmelte er und versuchte dem stechenden Blick aus einem Paar fliederfarbender Augen zu entkommen. Ihm war nicht wirklich wohl dabei abhängig von Seraphim zu sein, denn irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, dass dieser seine Hilfe auch wirklich ohne eine Gegenleistung anbot. Außerdem musste er sich nun auch endlich mal richtig auf die bevorstehende Quest konzentrieren, denn die musste wirklich gut laufen, brauchte der Valentine das Geld doch schließlich dringend. Leider war Ciel bisher allerdings auch nicht wirklich zu einer Stadttour gekommen, weshalb er keinerlei Ahnung hatte wo genau nun der Bahnhof lag und wie sie dort hin kamen. "Sag mal, du weißt wie wir von hier aus zum Bahnhof kommen, nicht wahr?" Sollte man schließlich meinen, schien dies hier doch eindeutig nicht Seraphims erste Quest zu sein. Außerdem wäre es wirklich übel, wenn die zwei bereits auf dem Hinweg vom Weg abkommen würden.