Was war nur in den jungen Caelum gefahren? Warum tat er so etwas Überstürztes? Er selber stellte sich diese Frage mehrmals. Er hatte sich zu sehr von seinen Gefühlten leiten lassen, was er normalerweise niemals tat und das hatte seine Gründe. Seine Gefühle die dieses irrationale Handeln in ihm auslösten Verstand er selber nicht einmal. Was waren das für Gefühle und warum gerade bei Valerie? Er spürte einen leichten Schmerz auf seiner Unterlippe und daraufhin einen Ruck, der ihn einige Schritte zurückstolpern ließ. Valerie war sehr aufgebracht über das Verhalten von Noctis. „Es tut mir Leid“, sprach der Dunkelhaarige kalt und abweisend, aber auch mit einem traurigen Unterton. Warum hatte er dies getan? War es das Verlangen nach Zuneigung, das er seit Jahren nicht mehr spürte? Oder das sie, die erste Person war die ihn Verstand und ihm helfen wollte seinen Schmerz zu nehmen? Valerie war noch immer überaus empört über das Verhalten des Caelum. Sein Blick wandte sich von Valerie ab, seinen Kopf drehte er ein wenig nach links und ließ seine Augen Richtung Boden fallen. Das passierte also, wenn man seinen Gefühlen freien Lauf ließ. Endlich hatte er es geschafft sich nicht mehr allein zu fühlen, was ihm dann auch noch in einem Augenblick später wieder entrissen wurde, durch sein irrationales Handeln. Seine Gefühle waren ihm nur stets im Weg, sofort erinnerte er sich wieder an sein eigentliches Ziel, die dunklen Magier von dieser Welt auszulöschen. Gefühle würden ihm nur dabei im Weg stehen und das hatte ihm die Welt oft genug bewiesen. Bei seinen Eltern war es die Angst, hätte er diese Angst nicht gehabt hätte er sie retten können. Bei seiner Familie war er wieder nicht stark genug um sie zu beschützen und sah einem nach dem anderen, wie er von den schwarzen Blitzen der dunklen Magier verschlungen wurde. So beschloss Noctis seine Gefühle wieder tief in sich zu verschließen und keine Person mehr an sich heran zu lassen. Gefühle bedeuteten nur Schwäche und das Verstand der Caelum nun noch besser. Noctis blickte mit seiner kalten, desinteressierten Miene zu Valerie. Ein stechender Schmerz spürte er in seiner Brust woraufhin er sich mit seiner rechten Hand ruckartig an sie fasste. Danach drehte er sich auf der Stelle um und einige Tränen funkelten in seinen Augen. Gefühle zeigen bedeutete Schwäche, er hatte wieder einmal etwas getan was ihn Schwach wirken ließ und das sollte nie wieder geschehen. Noch immer mit der Hand am Herzen gefasst fragte er Valerie: „Ich denke, du möchtest nun gehen, soll ich dich noch zum Bahnhof begleiten?“ Wie bei seinen letzten Worten war seine Stimme wieder sehr kalt und abweisend. Als er noch bei seinem Onkel wohnte, hatte er viele Verehrerinnen für diese sich der Caelum aber nie interessierte und lediglich an sein Ziel arbeitete ein starker Magier zu werden, um seine Familie zu führen und Rache üben zu können. Doch warum interessierte er sich für Valerie und fühlte sich so stark zu ihr hingezogen, das seine Gefühle Oberhand über ihn ergriffen. Noctis löste langsam den Griff von seiner Brust und blickte wieder zu den Sternen, die nun unerreichbar für ihn waren. Lichtjahre von ihm entfernt. Wieder gefangen in seiner Dunkelheit. Jenes wovor er am meisten Angst hatte, war geschehen, er hatte wieder eine Person verloren, die wichtig für ihn war, durch seine eigenen Schwächen.

Valerie war nicht naiv genug, um Noctis seine Entschuldigung so einfach abzunehmen. Generell konnte sie sich einfach nicht vorstellen, dass es ihm tatsächlich leid tat. Viel mehr glaubte sie, dass er einfach nur die angespannte Stimmung zwischen ihnen in Ordnung bringen und sie beruhigen wollte. Doch diesen Gefallen würde sie dem Donnermagier mit Sicherheit nicht tun. Wer die Dreistigkeit besaß und sie küsste, der hatte es nicht anders verdient, als anschließend auch angemessen dafür zu bezahlen. Und zu allem Überfluss schaffte es der Schuft auch noch, ihr tatsächlich die Ansätze eines schlechten Gewissens zu verpassen. Der Schwarzhaarige wirkte nämlich so, als hätte man ihm so eben jede Energie aus dem Körper gezogen, so wie er geknickt vor der Finsternismagierin stand. Trotzdem fand Valerie nicht die Energie, sich sonderlich mit seinen Gefühlen zu beschäftigen oder auseinanderzusetzen. Viel zu sehr war sie mit ihrer eigenen inneren Unruhe beschäftigt, welche sie beinahe aufzufressen schien. Er hatte ihr ihren ersten, wahrhaftigen Kuss gestohlen. Was glaubte dieser Schuft eigentlich, wer er war? War ihm niemals die Idee gekommen, dass sie sich diesen besonderen Augenblick vielleicht auch für eine ganz besondere Person aufgehoben hatte? Oder war es ihm ganz einfach egal gewesen? Nun, vielleicht hatte er auch einfach gar nicht nachgedacht und das getan, was er in der Situation für angemessen gehalten hatte. Nicht, dass das die Tatsache irgendwie milderte. Im Gegenteil, dass machte ihn ja schließlich zu einem beinahe unberechenbaren Zeitgenossen. Schließlich bestand nach dieser Theorie immer die Gefahr, dass er Augenblicke falsch einschätzte und sie als eine Aufforderung zu körperlicher Zuneigung sah. Dementsprechend fühlte sich die Sakai auch gezwungen, seine Einladung sie noch bis zum Bahnhof zu begleiten auszuschlagen. "Ich denke nicht, dass das eine gute Idee wäre. Ich finde den Weg schon alleine.", zischte die Sechzehnjährige noch immer verstimmt und rauschte an dem Schwarzhaarigen vorbei. Wenn er glaubte, dass nun alles wieder in Ordnung war und sie einfach so weiter machen könnten wie zuvor, dann hatte sich der Magier gewaltig geschnitten. So leicht würde sie ihm diesen Ausfall mit Sicherheit nicht verzeihen und wenn der glaubte, dass ihre nächste Begegnung angenehm werden würde, dann hatte er sich auch geirrt.
Es dauerte nicht lange, bis Valerie ihren Weg aus dem Park hinaus gefunden hatte und auch den Bahnhof von Magnolia Town fand sie nach einigem Suchen schließlich. Als das Mädchen ein Ticket erstanden hatte und in einem der beheizten Abteile saß, ließ sie ihren Blick noch einmal aus dem Fenster gleiten. Was für ein ereignisreicher Tag es letztendlich doch geworden war. Und dennoch war sie mehr als froh, dass sie sich nun auf dem Weg nach Hause befand und gegen Mitternacht endlich wieder in ihrem warmen Bettchen liegen würde. In Hosenka Town, ihrer behüteten Heimat, wo sie nicht auf irgendwelche seltsamen Magier traf, die mit einem Mal beschlossen, sie ganz plötzlich zu küssen.