Es störte ihn nicht, eigentlich wie erwartet. Das war es, was Naomi an Zugfahrten mit Seraphim so genoss. Die Nähe, welche sie dadurch bekam, wenn auch diesmal nicht ganz so großzügig wie sonst. Doch gerade als sie daran gedacht hatte hörte sie, wie er das Buch, welches er gerade zu lesen begonnen hatten, wieder schloss. War es denn so schlecht? Allerdings sollte sie nur Sekunden danach feststellen, was der eigentliche Grund für seinen Lesestopp war. Sanft hob er sie zu sich auf den Schoß. Scheinbar so eine Art Stammplatz für sie und sie genoss es. Tascha schien bereits irgendwo zwischen hier und Traumland verloren gegangen, doch das störte Naomi gerade gar nicht, nein es war ihr nur Recht. Das würde nämlich bedeuten, dass diese Fahrt genau so ruhig werden würde, wie jede andere. Genüsslich schmiegte sie sich an die Brust des Dragonslayers und atmete ein. Dieser hatte es sich etwas gemütlicher gemacht und hielt das Buch wieder in Händen. Sie brauchte momentan nicht lesen, sie saß einfach da, lag mit dem Kopf an seiner Brust und lauschte bedächtig. Ab und zu warf sie einen Blick aus dem Fenster, wo die Landschaft nur so vorbei raste, doch das konnte sie gerade nur geringfügig fesseln. Die kleine Welt des Mädchens hatte sich wohl gerade auf sie beschränkt und den jungen Mann, welches sie scheinbar so fürsorglich im Arm hielt. Einer Ihrer Arme legte sich vorsichtig über seine Schulter, sodass die kleine Hand Hinterkopf und Nacken berühren konnte. Dies war keine Showeinlage für all die gaffenden Weiber, auch wenn Naomi zugab, dass es spaßig sein konnte, sie vor Neid zergehen zu sehen. Dies war einzig und allein für ihn. Zart kraulten die Finger Blonden durch das weiße Haar. Es war eh struppig, da konnte sie kaum etwas dran zerstören. Allerdings glaubte sie zu erinnern, dass er es gemocht hatte, ja damals hatte er sich ihrer Hand wie ein Kätzchen entgegen gestreckt. Das war irgendwie sehr süß gewesen. Nun würde er sich wohl nicht so verhalten, nein er würde sich wahrscheinlich zusammenreißen, aber das war Naomi schon recht so. So lang sie glaubte, dass es ihm nicht missfiel, würde sie ihn gerne kraulen.
Hier und da hielt der Zug auf seiner Reise nach Oaktown, doch Naomi ging alles irgendwie viel zu schnell. Je eher sie ankamen, desto eher würde sie diesen Platz auf dem Schoß ihres Gildenkollegen wieder verlassen müssen. Es war ein Jammer aber nicht zu ändern. Immerhin mussten einige Räuber gefasst werden und die fassten sich in der Regel nicht von alleine. Wobei das natürlich eine gelungene Abwechslung gewesen wäre. Vielleicht gab es auch Leute, die sich einsperren ließen, weil es in Freiheit für sie noch schlimmer war, als in Gefangenschaft, aber so ging es den Wenigsten. Dennoch mit Seraphim und Natascha gemeinsam würde sie das Ganze schon überleben und wenn nicht, dann hatte sie es zumindest versucht. Diesmal war sie vorbereitet, nicht wie damals bei der Sache mit dem Affen, wenn sie daran dachte, wurde ihr leicht flau im Magen, denn dieser hätte sie locker zu einer Briefmarke machen können. Die Prellung hatte sie noch eine Woche danach deutlich gefühlt. Nun allerdings näherte sich der Zug ihrem Ziel. Das merkte man an der plötzlichen Unruhe, die aufkam, weil viele Leute sich anschickten, ihr Gepäck zusammenzuraffen und sich auf den Weg zu den Türen zu machen, obgleich noch genügen Zeit war, dies auch entspannt zu tun.

Obwohl es wohl ausgezeichnet zu dem unglaublich gutaussehenden Rotschopf gepasst hätte und vermutlich nur alle Leute Fiores, die schon einmal beobachtet hatten, wie es dem Kettenmagier möglich war, wirklich auf alles und jeden zu jeder Tages-oder Nachtzeit einzuschlafen, in ihrem Glauben bestätigt hätte, dass Souta unheimlich faul war, so war es tatsächlich eher so, dass der junge Mann alles andere als ein Langschläfer war. Und das war nicht nur seiner beinahe schon unterbewusst angesetzten Eigenschaft zu schulden, jeden Eindruck von Einschätzbarkeit seinerseits zu revidieren, sondern vor allem einfach eine Sache der Biologie. Aufgrund von Soutas unnatürlich hohem Stoffwechsel, der ihn beinahe stündlich zu Beutezügen in Speisekammerrichtung trieb und vermutlich irgendwie mit seiner abartigen Geschwindigkeit zu tun hatte, besaß er in etwa den Schlafrhythmus eines Babies, hieß also: Alle zwei Stunden weckte den Magier sein eigener Magen auf und befahl ihm, etwas einzuwerfen. Und wenn man so hyperaktiv wie er war und zudem noch in einem Hotel wohnte, wo man schlecht etwas zu essen horten konnte, war es ein Ding der Unmöglichkeit, wieder den Schlaf zu finden. Nebenbei gab es natürlich auch immernoch den Fakt, dass seine emotionale Verfassung es nicht unbedingt guthieß, dass er seine Gedanken schweifen lassen sollte, doch das trat wie immer hinter dem schwarzen Loch in der Körpermitte des Rothaarigen zurück, wie eigentlich alles, er hatte sich eben auf vielen Ebenen verändert, nur eben nicht auf dieser. Man könnte sogar sagen, dass sein Hunger mit steigenden Fähigkeiten noch gewachsen war, aber vielleicht war es auch einfach nur der Tatsache zu schulden, dass er mittlerweile gelernt hatte selbst die ein oder andere Sache zu zaubern. Besonders Pilze hatten es ihm angetan...
...Und ob man es glauben wollte oder nicht, wenn Itasa Soutanobu von seinem Hunger nicht geweckt wurde, so träumte er einfach vom Essen. Aus diesem Grund musste er auch nicht lange überlegen, wieso er am Morgen seiner ersten Quest in der neuen Gilde mit dem Kissen im Mund aufwachte und kurz darauf zusammenzuckte, als sein Magen wie Donnergrollen über ihn kam. Benommen und mit einer Frisur, die aussah, als hätte eine Kuh über sie geleckt, torkelte der Rothaarige also anders als normale Menschen nicht in aller Frühe ins Badezimmer, sondern zu seinem Kleiderschrank, wühlte unter seinen recht wüst hineingeworfenen Boxershorts und leerte die dort befindliche halbe Tüte Chips, ehe er auch nur irgendetwas Sinnvolles tun konnte, wie beispielsweise auf den Kalender zu schauen. Mit veregntem Auge erkannte er, dass er heute wohl endlich mal zur Arbeit musste. Nicht, dass er es nicht schon vorher gekonnt hätte. Es war einfach immer etwas dazwischengekommen, doch langsam war der Preis des Hotels nicht mehr so erschwinglich, wie zu anfangs, das ließ ihn doch überlegen, ob es nicht an der Zeit war, sich eine Wohnung zu suchen. Dazu brauchte man Geld, und auch wenn er vieles konnte, so fiel dieses doch nicht in die Kloschüssel...

Da er aber leider nichts Anderes konnte, als zu kämpfen, auch wenn er vermutlich jedes Wettrennen gewonnen hätte, aber bezweifelte, dass man ihn zulassen würde, gab es nur eine Möglichkeit, wie er zu etwas Knete kommen konnte - und das war auch der Grund, weshalb sich Souta nach Kultivierung des Körpers und einem erneuten, nahrhafterem Frühstück (Chips waren nicht mehr als Lückenfüller) dazu bequemte, das Gildenhaus aufzusuchen, von welchem er geglaubt hatte, dass er es niemals von innen sehen würde. Als er sich damals für Lamia Scale entschieden hatte, war Blue Pegasus in etwa das gewesen, was er niemals gewählt hätte: Verklemmte Drachenfanatiker, eine Art Sekte, und das Gildensymbol war mal sowas von potthässlich, dass er sich immernoch schämte, es auf dem Körper zu haben. Aber wenn man nicht wusste, wo man hinsollte, musste man eben mit dem leben, was sich ergab, zudem hatte er ja etwas für Drachen übrig, nachdem eine von ihnen seinen allerbesten Freund erzogen hatte. Vielleicht war es irgendwie ja auch seine Intention gewesen, ein bisschen mit eben dieser Person anzugeben, um sich von Anfang an bessere Quests zu erschleichen, aber hey, er war Souta. Für etwas zu arbeiten war irgendwie noch nie sein Ding gewesen - sofern er es denn auch ohne Mühe erhalten konnte. Als er also auf das Haus zuhielt, begleitet von leichtem Wind, der ihm den Glanz eines Topmodels verlieh, war es ihm, als würden sich die Leute nach ihm umdrehen. Nun. Das war nicht unwahrscheinlich, hatte er doch in einem beliebten Café dieser Stadt schon einmal ziemlich auf den Putz gehauen, aber er genoss es dennoch, beachtet zu werden. Nichts wies darauf hin, dass er ein Anderer war als sonst: Goldene Ohrringe, eine Augenklappe, ein schwarzer Mantel und ein Waffengurt, an dem seine Peitsche baumelte, waren wie gehabt, sogar das obligatorische Stirnband trug er heute, damit seine Haare nicht in alle Richtungen wehten. Das Einzige, was anders war als sonst, war der flüchtige Flecken rot, den man ab und an erkennen konnte, wenn sich sein etwas zu kurzes Oberteil nach oben bewegte, was immer dann geschah, wenn er jemandem zuwinkte, oder eben auch, als er die Tür öffnete und sich in der Halle des üblen Geruchs wiederfand. Zielstrebig, wie er nun einmal war, konzentrierte sich sein Auge direkt auf das Questboard, nur unterbrochen von kurzen Zwischenstopps bei den weiblichen Mitgliedern der Gilde, die ihn beobachteten, weil er mit seiner strahlenden Persönlichkeit auch ein bisschen Kälte in das Haus gepustet hatte. War doch eigentlich toll, wenn man einmal lüftete, oder...?
Auf beinahe magnetische Weise lockte jedoch ein Detail seine Aufmerksamkeit auf sich: Eine schneeweiße, in alle Richtungen abstehende Mähne, noch wilder als die seine, welche nur einer einzigen Person gehören konnte. Für einen Moment verschwamm der Kettenmagier, tauchte - ohne sich an dem Gemurmel zu stören, welches sich erhoben hatte, hinter dem unerheblich kleineren, aber älteren Magier auf und legte ihm die Hände auf die Augen und wisperte mit geheimnisumwitterter Stimme: "Hallöchen. Was machst du grade?"
Natürlich hatte er eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was sein bester Freund machte, es war auch eher seine Art, jemanden zu begrüßen, unerheblich, ob einige Gildenmitglieder es vielleicht eigenartig finden mochten, was er da tat, doch Seraphim war Dragonslayer, der durfte sich alles erlauben und Souta - Na ja, er war eben Souta. Besser die fanden sich so schnell wie möglich damit ab.

Da streckte er gerade die Hand nach dem wohl viel versprechendsten Zettel des ganzen Raumes aus, doch bevor seine Fingerspitzen diesen auch nur streifen konnten, wurde es auf einmal dunkel, ein leichter Druck legte sich auf seine Augen und ein so charakteristischer Geruch übertünchte die sengenden Drachenschuppen, dass sich seine Hand wie automatisch zurück zog und eine der Hände berührte, die sein Sichtfeld einschränkten. Selbst wenn er seine Stimme nicht erhoben hätte, so wären die angenehmen Erinnerungen, die der Körpergeruch des Einauges wachrief, schon Grund genug gewesen, um sich zu freuen - nicht auf eine aufgedrehte, kindliche Art, sondern eher einer durchdringenden Zufriedenheit gleich. Er hatte so etwas in der Art bereits mitbekommen, aber richtig geglaubt hatte er nicht, dass seine Gilde auf unbekannte Weise Zuwachs von einer ihm sehr gut bekannten Person erhalten hatte, doch dass sich das so schnell bestätigte, hätte er dann doch nicht angenommen. "Elche jagen, nicht offensichtlich genug?~", lächelte er, umschloss die Finger der rechten Hand des Kettenmagiers mit den seinen und zog sie von seinem Gesicht, bevor er die linke Hand ausstreckte und sich doch endlich den begehrten Questbogen schnappte, sehr zum Ärger einiger anderer Mitglieder, die den Auftrag scheinbar auch ins Auge gefasst hatten. Da seine Beute erst einmal gesichert war, konnte er sich ja nun endlich umdrehen und, ohne sich an welchem Glotzen auch immer zu stören, das Einauge in eine feste Umarmung ziehen. Das war irgendwie wirklich überfällig, denn es war schon eine Weile her, dass er ihn gesehen hatte. Vor allem, da er sich ziemliche Sorgen gemacht hatte, denn als hobbymäßiger Stalker des Rothaarigen hatte er recht schnell bemerkt, dass dieser nicht Zuhause auftauchte, aber niemand, den er gefragt hatte, wollte ihm etwas über seinen Verbleib erzählen. Sorgen trafen es eigentlich kaum mehr, aber da er ja nun wieder vor ihm stand, war es ziemlich unmöglich, ihm dafür böse zu sein. Dafür fiel seine Begrüßung mit "Ich habe dich vermisst..." nicht nur sehr leise, sondern auch ziemlich untertrieben aus. Die durch das Stirnband reichlich abstehenden roten Haare kitzelten leicht an seiner Nase, als er sie darin vergrub, vorsichtig, beinahe bedächtig einatmete, als sei dies die erste Prise einer Droge, von der er auf unfreiwilligem Entzug gewesen war.
Wahrscheinlich hätte er eine geschlagene Stunde so stehen bleiben können, aber schon nach wenigen Sekunden löste er sich wieder von Souta und wedelte mit dem Stück Papier vor seiner Nase herum. Wenn der junge Mann hier war, bedeutete das höchst wahrscheinlich, dass er sich eine Quest suchen wollte und um ehrlich zu sein, so konnte er sich wenig schöneres vorstellen, als dieses Schätzchen mit ihm zu teilen... so eine bezahlte Kreuzfahrt bekam man nicht alle Tage vor die Füße geworfen, oder? "Du solltest dir die mal angucken, die hört sich gut an...", meinte er mit einem Grinsen und wartete darauf, dass Souta den Zettel an sich nahm. Lustigerweise startete das Teil sogar noch in Hargeon Town... er stockte kurz, da der Gedanke in ihm aufflammte, dass er gar nicht wusste, ob das ein Pro-Argument war, da er Souta selbst diese Information über seine Vergangenheit hatte aus der Nase hatte ziehen müssen. Na ja, er würde den Rothaarigen schon noch überzeugen, irgendwie bestimmt!

Der Rothaarige, der ja grundsätzlich ein großer Fan von Umarmungen war, wehrte sich nicht sonderlich dagegen, von dem Weißhaarigen so umschlungen zu werden, konnte diese jedoch nicht sofort erwidern. Nicht, weil es ihm irgendwie gestört hätte, einfach so gedrückt zu werden, oder weil er vielleicht die durchdringenden Blicke der weiblichen Gildenmitglieder im Rücken spürte, die es vermutlich nicht fassen konnten, dass ihr Eisengel so herzlich zu jemanden sein konnte, nein. Er war einfach überrascht. Er hatte ja Vieles erwartet, vielleicht sogar eine Standpauke, aber normalerweise war er selbst derjenige, der Leuten die Arme um den Körper wickelte und sie an sich presste. Dass dies nun anders herum geschah, riss ihn für einen Augenblick von den Füßen, und so stand er kurz mit versetzten Beinen da, ehe er ebenso fest den Rücken des Weißhaares umfasste, denn auch wenn er es nicht so direkt zugab, auch er hatte seinen besten Freund vermisst. In der Zeit, die er durch Fiore geirrt war, war ihm das nicht so klar gewesen, doch nun traf es ihn dafür umso härter und wenn er nicht schon in einer Umarmung gesteckt hätte, dann hätte er das spätestens zu dem Zeitpunkt nachgeholt, an dem sein bester Freund eine so direkte Zuneigungsbekundigung von sich gab. Das passte so gar nicht zu ihm. Also war es ernst gemeint. Nicht, dass er geglaubt hätte, Seraphim würde ihn anlügen, aber es so direkt zu hören, wortwörtlich, ließ ihn ein bisschen schmelzen und überraschte ihn abermals. Doch darauf war er vorbereitet, und so lachte er nur leise sein herzliches, offenes Lachen und murmelte ein "Natürlich hast du das, wie hättest du auch nicht?", als er auch schon wieder auf Abstand ging - man musste es immerhin nicht übertreiben oder so, es stand ja Arbeit aus - und mit dem Auge dem Papierfetzen folgte, den das Weißhaar vor seiner Nase herumscharwenzelte. Nanu? Das sollte ihn also interessieren. Nun, eigentlich war es eher keine Frage, ob er mit Seraphim auf eine Quest gehen wollte, das war von Anfang an seine Intenstion gewesen...Trotzdem tat er ihm den Gefallen und las sich die Beschreibung durch, die jedoch entgegen seiner Erwartungen kein breites Grinsen, sondern eher eine steile Stirnfalte auf seinem Gesicht hervorrief. Eine Kreuzfahrt. Auf dem Wasser...Er konnte nicht schwimmen. Und er hasste Wasser im Allgemeinen, weil er davon leicht Nervenzusammenbrüche erlitt. Aber das klang ganz nach einem Luxusurlaub umsonst, und da er momentan keinen festen Wohnsitz hatte und das nicht unbedingt zugeben wollte, war eine ganze Woche zusammen mit Seraphim auf einem Schiff vielleicht gar nicht so schlecht..."Hargeon Town, huh?..." Er blickte auf, in die erwartungsvollen violetten Augen, schaute wieder auf den Zettel und seufzte dann ergeben. "Na ja. Ich komme zwar aus einer Hafenstadt, aber ich war noch nie auf einem Schiff. Ich glaube, mir wird da schlecht..." Ihm wurde sogar ziemlich sicher schlecht, nicht wegen dem Schiff, sondern, weil schlechte Erinnerungen ihm grundsätzlich auf den Magen schlugen, eine Art Gegensatz zum Frustfressen. "Aber okay. Wenn das Essen da gut ist..." Nur Souta konnte wohl im selben Satz von Erbrechen und Essen reden, ohne dabei irgendwie eklig zu wirken. Mit einem Achselzucken reichte er Seraphim den Zettel wieder zurück und fuhr sich schief lächelnd durch die Haare. Schnell leuchtete sein Gesicht jedoch wieder vom altbekannten Strahlen, als ihn eine Idee kam, die er mit der Begeisterung eines Fünfjährigen vortrug, der das erste Mal einen Riesenlolli erblickt. "Oh, heißt das, dass wir Zug fahren? Dann müssen wir ins Speiseabteil, ich bin nämlich am Verhungern!

Ja, es stimmte wohl, dass Cyrus einer der Menschen war, die sehr gerne an Zuneigungsbezeugungen sparten. Im Gegensatz zu anderen, nicht weiter nennenswerten, Gestalten, war er nicht der Typ dafür, ernst gemeinte Gefühle einfach auszusprechen, nicht einmal, besonders nett zu denen zu sein, die er wirklich mochte. Um genau zu sein kam es öfter vor, dass er sie bis hin zum beißenden Spott neckte und eine Standpauke hätte Souta unter Umständen auch erwartet, wenn er sich nicht so gefreut hätte, dass seine Sorge scheinbar umsonst gewesen war. Da überlappte der positive Effekt der Erleichterung den Ärger darüber, dass er einfach weg gegangen war, ohne auch nur ein Wort zu sagen, bei Weitem und er würde höchstens später noch einmal darauf zurück kommen, aber wahrscheinlich nur, sollte Souta ihn irgendwie aufregen. Was offenbar auch stimmte, war sein Zweifel gewesen, ob Souta die Nachricht mit Hargeon Town besonders gut aufnehmen würde, denn das Gesicht des Jungen war mit einem Mal ziemlich skeptisch geworden, die Spannung stieg, ob er sich dennoch dazu würde überreden lassen. Seraphim wollte schon den Mund öffnen, um zu argumentieren, aber da sagte er dann doch noch zu, wenn auch mit einer Erklärung für sein Zögern, die ihn schmunzeln ließ. Er war noch nie auf einem Schiff gewesen? Ernsthaft? Ein leises Kichern ließ seinen Kehlkopf vibrieren. "Och, Souta-chan... irgendwann ist immer das erste Mal... auf einem Schiff." *Natürlich.* Außerdem konnte er ihm zur Not medizinisch unter die Arme greifen, er würde schon nicht dauerhaft reihernd über der Reling hängen, denn das würde ihm persönlich auch den Spaß an der ganzen Sache nehmen. Nicht nur, dass Kotze wahrhaft widerlich roch, es war auch so, dass er sich nicht nur auf die Wellen und die, sicherlich allesamt reichen, Gäste freute - von Piraten mal ganz zu schweigen - sondern auch darauf, dass fünf Tage auf einem Schiff bedeuteten, dass er diese Tage durchgehend bei Souta sein konnte, ohne dass man ihn gleich Stalker schimpfte... dabei wusste der nicht einmal, dass er noch immer die Kopien seiner alten Haustürschlüssel hatte. Apropos... "Wo wohnst du eigentlich gerade?", fragte er mit Unschuldsmiene, faltete den Questbogen zusammen und steckte ihn in die Tasche seiner Jacke, bevor er langsam in Richtung Ausgang loszog. Wenn möglich, musste er wieder an die Schlüssel kommen... und hoffentlich war es nicht zu weit von ihm entfernt. Er war zwar gerade in der Nacht zu sehr schneller Fortbewegung in der Lage, bei der er keine Rücksicht auf Straßen, Häuser oder Menschen nehmen musste, aber näher war doch eindeutig besser... "Davon abgesehen sollten wir sicherlich besser ein paar Sachen packen, es sei denn natürlich, du willst fünf Tage dasselbe tragen... aber dann würdest du sicher zu stinken anfangen und das ist nicht ganz so wundervoll..." Immerhin waren Dragonslayer geruchsempfindlich und auch wenn er Soutas Geruch liebte... musste dieser ja nicht ekelig werden. Seraphim selbst brauchte für fünf Tage wahrscheinlich nur einen Beutel voll Sachen, denn er war daran gewöhnt, möglichst minimalistisches Gepäck mit sich herumzutragen. Es war nicht besonders sinnvoll, einen halben Zentner Kleidung und Sonstiges mit sich herumzuschleppen, wenn man jeden Moment wegrennen können musste - oder sowieso einen Drachen besuchte, was eine Unterkunft in Richtung Berghöhle mit sich brachte, wobei er dieses Opfer ja gerne einging. Wie stand es in der Hinsicht mit Souta?

Hm...Sollte Souta seinem Questpartner sagen, wo er wohnte? Als grundsätzlich unglaublich ehrlicher Mensch, der auch des Öfteren einmal deutlich mehr von sich preisgab, als andere vielleicht wissen wollten, war soetwas wie ein Wohnort ein Geheimnis, das er nicht als sonderlich hütenswert erachtete. Immerhin war er gastfreundlich, mochte es, wenn man ihn besuchte. Doch das galt alles nur dafür, dass er auch einen festen Wohnsitz besaß, an dem er ohne Skrupel irgendjemanden einladen konnte. Derzeit war dies nicht der Fall: Der Kettenmagier hauste in einem recht billigen Hotel, dessen Wände nicht schalldicht waren, dessen Wasser man entweder auf Eiswürfel oder Lava stellen konnte und dessen Bettwäsche die Heimat diverser kleiner Tierchen war. Er war dauerpleite, und das hatte man eben davon, wenn man sich spontan entschlossen hatte, dass die Verfolgung einer Person besser war als das regelmäßige Bezahlen von Miete...Eine Zeit lang hatte er ja in einer Waldhütte gelebt, zusammen mit einem weisen alten Mann, der ihm so Einiges beigebracht hatte, doch irgendwo in der Pampa zu leben kam selbst bei seiner Geschwindigkeit ob der mangelnden Mobilität einfach nicht in Frage. Sollte er also nun zugeben, dass er derzeit obdachlos war? Würde das Seraphim nicht verstören? Souta wusste natürlich, dass sein bester Freund es herausfinden würde, ob er nun wollte oder nicht, bei solchen Dingen war das Weißhaar sehr starrköpfig, andererseits bestand natürlich auch die Möglichkeit, dass er ihn vorübergehend zu sich einlud, und er wusste nicht so recht, ob er das wollte. Mit Bindungen hatte es Souta schließlich nicht so, ebensowenig mit Mitleid. Aber er musste es sagen, denn lügen konnte er ja auch nicht wirklich. "Na ja...Zurzeit lebe ich in einem Hotel. Hab mich noch nicht so richtig eingelebt, aber ich finde sicher demnächst eine Wohnung." Überzeugend nickte er einmal, grinste sein unnachahmliches Soutagrinsen, welches Herzen zu schmelzen vermochte und lauschte dem Hinweis mit dem Gepäck, während sie nach draußen schritten und der Wind leicht durch seine Haare säuselte. Gepäck...Nun, eigentlich trug Souta immer alles, was er brauchte, direkt am Körper, aber bei so einem Urlaub durften es doch schon etwas mehr sein als ein Hemd, eine Jacke und eine Hose. Irgendwo hatte er doch sogar noch ein Shirt mit riesengroßem Blumenmuster rumliegen..."Na ja, dann schlage ich vor, dass wir uns trennen und in einer Stunde wiedertreffen, hm? Oder wie lange brauchst du zum Packen?" Dass man sich bei ihm definitiv nicht nach Zeit richten musste, wusste Seraphim wohl genau, denn der Weg zu seiner Wohnung war nur ein Wimpernschlag für ihn. Und er würde dafür sorgen, so schnell zu verschwinden, dass sein Kumpel ihm nicht folgen konnte, nur für den Fall. Man musste schließlich nicht unbedingt bemerken, dass der strahlende Ritter des Lichts in einer unrühmlichen Baracke lebte...

Natürlich wäre es durchaus möglich gewesen, dass Seraphim Souta auf der Stelle dazu anhielt, für eine gewisse Zeit einfach bei ihm zu wohnen, die sich auch gerne bis zur Unendlichkeit strecken durfte, schließlich hatte zumindest er überhaupt nichts dagegen, wenn der Einäugige in seiner Nähe war. Ob das anders herum auch der Fall war, bezweifelte er ja irgendwie, aber das interessierte ihn auch nicht halb so sehr, wie er wollte, dass Souta nicht schon wieder am anderen Ende von Fiore wohnen würde. Es hatte sein Schlafpensum jedes Mal arg reduziert, wenn er ihn besuchen gefahren war, oft ohne dass er es überhaupt wusste. Stundenlang hatte er nur da gesessen und ihn im Schlaf beobachtet, ihn nur in den seltensten Fällen überhaupt berührt, ohne sich je darüber klar zu werden, warum er das eigentlich tat. Es gab keinen handfesten Grund dafür, es beruhigte ihn nur ungemein, zu wissen, dass es ihm gut ging und einfach bei ihm zu sein… auch wenn er das nie im Leben zugeben würde. Der Gipfel der Offenbarung war wohl zu erklären, dass er das Einauge vermisst hatte, mehr würde eindeutig nicht rausspringen. Dennoch wurde der Gedanke, Souta bei sich wohnen zu lassen, nur kurz in Betracht gezogen, bevor sich ein Unheil verkündendes Lächeln auf seinen Zügen ausbreitete, sie einen Moment beinahe diabolisch verzogen und dann wieder verblassten. Zurückgelassen hatten sie eine Idee, die einer bestimmten Person sicherlich überhaupt nicht gefallen würde, einem Mann, der noch gar nicht von seinem Pech wusste und hier noch gar nicht anwesend war. "Ich werde mich mal umhören~", säuselte er deswegen nur und verengte kurz genüsslich die Augen, als er wieder frischen Wind über sein Gesicht streichen spürte. Das war eine Lüge – er würde es nicht dem Zufall überlassen, wo Souta eine Wohnung finden würde, er würde ihm eher ein wenig auf die Sprünge helfen. Warum darauf warten, dass in einer Stadt mit Wohnungsmangel eine solche frei wurde, wenn man auch einfach dafür sorgen konnte, dass eine bestimmte rein zufällig mieterlos wurde? Sollte Souta vorher ein Angebot finden, so konnte er zur Not sicherlich dafür sorgen, dass es in letzter Minute abgesagt wurde, schließlich vertraute man eher ihm – Frauengeschichten hin oder her – als einem immer noch halb Fremden, oder? Gerecht war sein Vorhaben sicherlich nicht, aber wann spielte der Dragonslayer schon fair, wenn er etwas Verlockendes wie Souta in unmittelbarer Nähe haben wollte? "Irgendwelche Ansprüche an die Wohnung?", fragte er noch hinterher, nur der Tarnung halber, schließlich sollte es nicht so aussehen, als wolle er ihn am Ende noch zwingen, eine bestimmte Residenz anzupeilen – auch wenn er das im Grunde genommen vorhatte.
"Eine Stunde? So langsam bin ich nun auch wieder nicht. Eine halbe sollte reichen, wenn wir uns beim Bahnhof treffen…", meinte er stirnrunzelnd und streckte nebenbei die Hand aus, um gegen Soutas Ohrläppchen zu piksen. Ohrringe und eine Augenklappe, wie passend, wo sie doch ein Schiff gegen Piraten verteidigen würden. Seine Handlung blieb unkommentiert, er hatte keine Lust, seine Gedanken, die ihm mit einem mal irgendwie ein wenig unpassend vorkamen, in Worte zu fassen, stattdessen räusperte er sich leise und wich wieder ein bisschen zurück, nachdem er bemerkt hatte, dass er, ohne es selbst richtig zu bemerken, schon wieder ziemlich nahe an dem Rothaarigen stand. "Achso…", kam ihm noch eine fixe Idee, die er mit leicht gedehnter Stimme und scheelem Blick zu ihm vortrug, "Wollen wir wetten, dass ich nach unserer Ankunft keine drei Tage brauche, um dir eine Wohnung zu besorgen?" Wetten waren immer eine tolle Sache, wenn man sich nämlich sicher war, dass man sie gewinnen würde und danach auf einen Einsatz beharren konnte, der ihm hoffentlich gefallen würde. Und wenn er nicht wetten wollte, dann eben nicht, er würde sich trotzdem beeilen. Wie er sich auf das Schiff freute!

Souta, dessen Hand reflexartig zu seinem Ohr gefahren war, als Seraphim ihn dort berührt hatte, runzelte für einen kurzen Moment die Stirn, als er die Worte des Weißhaarigen vernahm. Eigentlich hatte er mit seiner Verschwiegenheit seine Obdachlosigkeit überspielen wollen und eben nicht darum gebeten, dass sich irgendjemand in seine Angelegenheiten einmischte. Der Beste darin sein Leben zu führen war ja mal so davon abgesehen, dass er wirklich großartig und einfach umwerfend und im Allgemeinen ziemlich cool war, er selbst. Es hatte ihn noch nie wirklich behagt, seine Art zu existieren in die Hände irgendwelcher Leute zu geben, die dachten, es besser zu wissen als er. Natürlich hätte Souta ohne mit der Wimper zu zucken den Himmelsmagier sein Leben anvertraut, aber wie er dieses zu führen gedachte, war zumindest nach seiner Ansicht doch seine eigene Sache. Nun war aber das Letzte, was er wollte, dessen Gefühle dadurch zu verletzen, dass er seine Hilfe ablehnte, weshalb er sich entschloss, nicht weiter auf irgendwelche Angebote einzugehen, und stattdessen in den blauen Morgenhimmel zu blicken, seine von einer Sorgenfalte gezeichneten Stirn, die Seraphim sicher bemerkt und registriert hatte, wie er jede seiner Bewegungen genauestens beobachtete und auf mysteriöse Weise ständig näher kam, zu glätten und den Kopf plötzlich, mit einigem Schwung zu seinem besten Freund zu drehen, ihn mit dem strahlenden grünen Auge anzustarren, in welchem der Schalk saß wie eine lauernde Katze. Der Rothaarige lachte einmal kurz, schnell, dann streckte er den Arm aus und umfasste mit seiner schlanken Hand die Größere des Anderen, zog diesen mit keinen Widerstand duldenden Kraft vor sich hin und kicherte leise, während sich seine lächelnden Lippen für ein paar Worte trennten: "Erst machst du eine Kreuzfahrt mit mir und dann suchst du mir eine Wohnung? Wir hätten unsere Flitterwochen schon viel früher planen sollen~" Seine Stimme ging in die Höhe, als er begann den Hochzeitsmarsch zu summen, sich einmal im Takt um 360° mit Seraphim drehte - und dann nur noch einen Lufthauch zurückließ, ein kurzes Verschwimmen in der Luft, das einmal ein Rothaariger mit Augenklappe gewesen war.

Der schnellste Magier Fiores "materialisierte" sich etwa zehn bis fünfzehn Minuten später mit einem Seesack über der Schulter und beträchtlich legerer Kleidung wieder im Bahnhof von Oshibana Town, dem einzigen Gebäude, was er in der Stadt wirklich kannte und schon öfter besucht hatte. Aber das würde sich vermutlich ändern, nachdem er nun in der Großstadt lebte, in der es sicherlich viele hübsche Frauen gab. Ob Seraphim wohl etwas dagegen hatte, wenn es nun zwei Casanovas auf Beutefang gab, oder hatte er nichts dagegen, sein Revier zu teilen? Souta persönlich störte das ja nicht, doch er hatte auch kein Problem damit in einem lächerlich weitem Hemd mit riesengroßen Blumen und einer Khakihose sowie Fliflops an einer der Bahnhofswände zu lehnen, weil er eben Souta war. Ein Paradiesvogel auf dem Weg in eine wundervolle Kreuzfahrt, bei der sie einfach nur herumliegen und fressen konnten, war sowas von sein Ding, da störte es ihn nicht einmal, dass Seraphim wohl dafür sorgen würde, dass sie nur ein Zimmer oder nur ein Bett zur Verfügung hatten, wahlweise vermutlich beides, und er sich nicht ganz sicher war, womit er die Nächte verbringen würde. Oder wie er es anstellen sollte zu duschen. Abgesehen davon, dass er Wasser hasste und in seiner Heimatstadt nicht sonderlich willkommen war. Rückblickend betrachtet war es vielleicht keine allzu kluge Idee sich dermaßen grell und auffällig zu kleiden, aber er war ja nicht unbedingt dafür bekannt seine Entscheidungen zu überdenken. Damit musste er leben und bisher klappte das ausgezeichnet. Ich bin ein Überlebenskünstler, dachte er vor sich hin, während er in einen Donut biss, den er sich zusammen mit seinem fünf anderen Geschwistern um die Ecke gekauft hatte. Er war gerade beim Dritten und fühlte sich eher hungriger statt gesättigt, was vermutlich daran lag, dass er sich schon wahnsinnig auf den Speisewagen freute. Vielleicht war sein Magen heute aber auch einfach nur ein besonders großes, schwarzes Loch, das alles einsaugte, was sich ihm bot. Es war bestimmt doch nicht so dumm gewesen ein dermaßen großes Hemd anzuziehen, denn wenn es auch noch um seine schlanke Statur schlotterte, hatte er ja die Angewohnheit regelmäßig zu einer Kugel zu mutieren, falls Seraphim das nicht irgendwie zu unterbinden musste. Da fragte er sich doch, wo sein Weißhaar eigentlich blieb ... war es am Ende etwa doch femininer als angenommen und würde einen ganzen Haufen Koffer anschleppen?

Hm. Schon zum zweiten Mal an diesem Tag fühlte er sich ein wenig vor die Stirn geschlagen, nicht weil ihm jemand Unrecht getan hatte, sondern weil er das Gefühl hatte, dass seine Handlungen nicht gerade die Resonanz erwirkten, die er sich gewünscht hätte. Erst hatte er sich eigentlich gedacht, dass eine Kreuzfahrt doch eine feine Sache war - zudem hatte er die Quest damit einigen anderen wegschnappen können, das war auch immer lustig - dann hatte er erwartet, dass sein Angebot doch eher angenommen werden würde. Das Gesicht des Rothaarigen sprach allerdings von anderen Dingen, selbst wenn er es nicht ausformulierte, so zeigte sich ein Zweifel, den Cyrus sich nicht erklären konnte. Es verunsicherte ihn ein wenig, schließlich war er eigentlich davon ausgegangen, dass er gerade etwas nettes getan hatte. Wenn er schlechte Dinge tat, so war er sich darüber vollends im Klaren, darin hatte er Erfahrung, das machte er nicht zum ersten Mal. Wirklich freundlich war er wiederum zu so wenigen Leuten, dass er sich manchmal fragte, ob er sich mit seinen Handlungen nicht vertat. Es dauerte aber nicht lange und er hatte sich seiner Sorgen entledigt, ja, es war eine nette Geste von ihm gewesen, ganz eindeutig. Insofern überraschte es ihn eher positiv, als Souta doch noch irgendwie darauf antwortete, wenn auch auf eine Art und Weise, die Seraphim nur müde lächeln ließ. Wahrscheinlich konnte Souta nicht einschätzen, wie sehr genau er sich freute, dass er nun hier in seiner Nähe war, nicht mehr durch so viele Kilometer von ihm getrennt und er musste nur noch die Hand ausstrecken, um in diese warmen, roten Haare zu greifen, den betörenden Geruch des Jungen zu riechen und... weg war er. Aw. Seraphim, der dem letzten Manöver des Anderen nur noch auf Autopilot gefolgt war, schüttelte leicht lächelnd den Kopf, streckte sich und ging zügigen Schrittes in Richtung seiner eigenen Wohnung davon, während er sich darüber ärgerte, dass Souta so schnell einen Abgang gemacht hatte, dass er keine Chance gehabt hatte, ihm zu folgen. Natürlich war ihm klar, dass das Einauge deutlich schneller als er war, aber inzwischen konnte auch er sich recht schnell bewegen, auch wenn das nichts mit seiner körperlichen Verfassung, sondern eher mit seiner Magie zu tun hatte. Er hätte wirklich gerne gewusst, wo er wohnte, aber er würde das schon irgendwie herausfinden, schließlich gab es nicht allzu viele Hotels in der Stadt, die kein Vermögen kosteten und als Absteige für jemanden, der tendenziell eher immer blank war, dienen konnte. Wer so viel aß wie Souta, durfte sich aber auch nicht wundern, wenn da wenig für solche Belange übrig blieb. Mal sehen, seine eigene Vermieterin hatte ihm die Wohnung günstiger überlassen, weil sie seine Eltern gekannt hatte - zumindest hatte sie das behauptet. Auch machte er keinen Ärger, der direkt mit seiner Wohnung zu tun hatte, sodass sie ihm vielleicht denselben Dienst noch einmal erweisen würde...? Er würde versuchen, etwas rauszureden. Unten am Haus angekommen, ging er leicht in die Knie und sprang scheinbar bis auf seinen Balkon, auf dem er mit landete und langsam durch die wie immer offene Terrassentür in seine Wohnung schlenderte. Wozu sollte er sich auch sputen, das lohnte es doch nun wahrhaftig nicht...

Die Sohlen der schwarzen Schuhe, in denen die Füße des Dragonslayers steckten, kamen mit einem leisen Geräusch auf dem Boden auf, als er sich wieder vom Balkon fallen ließ. Seit er seine Wohnung so schnell verlassen konnte, wurde seine Eingangstür bedeutend seltener benutzt, aber es störte ihn nicht. Die weiße Jacke, die er zuvor getragen hatte, hatte er Zuhause gelassen, schließlich neigten so empfindliche Sachen nicht gerade zu besonders sinnvoller Verwendung auf Quests, in denen es schmutzig zugehen konnte. So war seine Gestalt nun nur noch in das schwarze T-Shirt, das er schon zuvor getragen hatte, gehüllt, während er den Schal durch ein blaues Tuch mit dunklen Karos und lustigen Fransen ersetzt hatte. Zumindest er empfand es ansonsten als zu kalt, aber vielleicht wurde er auch krank oder so... wie albern! Er wurde nicht krank, zumindest nicht ernsthaft. Als er den Bahnhof betrat, baumelte der Leinenrucksack über seiner Schulter leicht gegen seinen Rücken, wenn man bedachte, dass er ansonsten großen Wert auf die Ordentlichkeit seiner Sachen legte, kam einem dieser ziemlich alt und abgenutzt, geradezu zerschlissen vor. Es würde keines großen Genies bedürfen, um festzustellen, dass er sehr oft in Benutzung gewesen war, auch wenn diese Tage schon länger hinter ihm lagen. Er hatte ihn einmal in einem kleinen Dorf mitgehen lassen, als Grandine ihn dort absetzte und seit dem mit sich herumgeschleppt. Dennoch war er noch intakt, sodass er nicht einsah, sich einen neuen zu besorgen, schließlich klebten an diesem viele gute Erinnerungen. Suchend wandte er den Kopf nach Souta um und hatte ihn innerhalb weniger Augenblicke gefunden: Auffälliger wäre es wohl nicht gegangen. Wahrscheinlich kündigte ihn das leise Klatschen, das von einer flachen Hand an seiner Stirn herrührte, ebenso sehr zuverlässig an. "Du musst auffallen, nicht wahr?" Er seufzte, blickte kurz auf den Fahrplan und stellte sich neben sein Rothaar, das tatsächlich mehr wie ein Farbklecks im grauen Drumherum wirkte.