Er nahm sie auf den Arm, wieso tat er das? War es jetzt schon wieder zu Ende? Doch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte war er tiefer ins Wasser gegangen und dann warf er sie von sich. Ihr Körper klatschte auf der Oberfläche auf und sank in seine Tiefen hinab. Endlose Schwere legte sich auf ihren Körper und für einen kleinen Moment lang glaubte sie es wäre wirklich schön einfach nichts weiter zu tun als sich sinken zu lassen, immer tiefer, doch er würde sie wahrscheinlich zurückholen. Wahrscheinlich hatte sie all seinen Hohn und seinen Spott verdient, aber konnte er sie nicht ein einziges Mal einfach auffangen. Doch das musste man sich wahrscheinlich verdienen und sie hatte nichts verdient. Mit leichten Schwimmzügen brach sie durch die Wasseroberfläche und paddelte vor ihm, er konnte stehen, gerade so, aber sie musste vor ihm schwimmen. Es war erniedrigend und dann kam die Predigt. Die Augen waren nass vom Wasser, aber Tränen sollte es nicht geben, obwohl sich ihr Magen unbequem zusammenzog. Stumm nickte sie ab, was er ihr vorhielt, was sollte sie schon großartig dazu sagen. Dass sie Angst hatte, dass ihr wahrscheinlich niemand glauben würde, dass jemand von dieser Abstammung zu so etwas fähig war? Dass es ihr peinlich gewesen war, unter welchen Umständen sie gelebt hatte. Dass sie nicht einmal gewusst hatte, ob er sie nicht lieber hatte loswerden wollen, immerhin hatte sie ihn eine lange Zeit nicht zu Gesicht bekommen. Für ihn mochte die Zeit vielleicht nicht so lang gewesen sein, weil er sie mit einem geliebten Menschen hatte verbringen können. Aber Wenn Wochen zu Monaten Werden und Monate einem wie Jahre vorkommen, dann gewöhnt man sich daran. Wahrscheinlich war es so gedacht, dass es für sie nichts zu gewinnen gab in diesem Spiel, damit sie an irgendeinem Punkt keine Sorge haben musste etwas zu verlieren. So musste es sein.
Dann zog er sie plötzlich zu sich heran, doch sie fühlte sich nicht wohl dabei. Es war zwar seine Art erst eine Standpauke zu halten und dann doch den Kopf zu tätscheln, doch jetzt gerade war einfach alles nur kalt. Das war wohl dem Wasser zu verdanken an welches sie sich noch nicht gewöhnt hatte. Dann verkündete er die Anwesenheit einer guten Nachricht, doch würde das sie auch aufheitern? Was würde er ihr wohl sagen wollen? Wollte sie es überhaupt wissen? "Wenn es wieder eine merkwürdige Bemerkung über meinen Körper ist, will ich sie nicht hören, aber danke ich weiß du meinst es nett", dabei sah sie ihn nicht einmal an, sondern mehr auf das bisschen Wasser zwischen ihnen. Doch schon im nächsten Moment taten ihr die Worte leid: "Tut mir leid, aber ich kann inzwischen bösartigste Foltern ertragen, glaube ich, aber wenn es um dich geht bin ich aus Glas und jedes kleine Wort reißt mir tiefe Risse. Ich hab dich sehr lieb, aber das ist auch ein Problem, du bist der einzige Mensch auf dieser Welt der mir überhaupt noch etwas bedeuten kann, aber du bist ein Vogel, ich kann dich nicht in einen Käfig zwängen und dich für immer behalten!", ihre Stimme war von Schluchzen und Schliefen erschüttert, "Natürlich bist du nicht der letzte Mensch auf der Welt, aber du bist der letzte Rest eines schönen Traumes den ich mal hatte, von einem Kind was in deinen Armen sicher schlafen konnte. Doch ich schlafe nicht mehr und wenn ich doch schlafe, dann rastlos mit den schrecklichsten Alpträumen. Bitte, lass es führ heute sein, morgen höre ich mir gerne wieder an, wie schlecht meine Entscheidungen gewesen sind, aber ich kann nicht mehr." Nun hielt sie sich schon selbst die Hände vor den Mund bevor sie noch weitere Dummheiten von sich gab.

"Eigentlich...", Seraphim verstummte und musterte Naomi. Erst jetzt schien ihm aufzufallen, dass dieselbe Person bei ihm war, die er erwartet hatte, als er sie besuchte. Er hatte das kleine Mädchen sehen wollen, mit dem er bereits auf Quest gegangen war, als sie noch gefühlt winzig und zierlich gewesen war, als sie noch nichts gekonnt hatte, als durch Fenster in Häuser einzusteigen und Beweise in den Schlafzimmern anderer Leute zu finden. Er hatte ach ihr schauen wollen und statt ihrer hatte man ihm eine junge Frau präsentiert, die sich als Naomi ausgab, aber überhaupt nicht wie sie aussah. Natürlich hatte er angenommen, dass sie es dennoch war, weil sie Naomis Stimme, ihre Sprache und ihr Wissen besaß, aber erst jetzt wurde ihm so richtig klar, dass sie das auch wirklich war. Erst jetzt wurde offenbar, dass es sich um dieselbe Person und keinen Doppelgänger handelte, weil sich das Wesen des Mädchens ebenso nicht verändert hatte. Es war nun einmal Seraphims Art, auf den Menschen herumzuhacken und selbst seinen Freunden gegenüber ließ er mehr Spitzen verlauten, als man erwarten würde. Es passierte oft, dass sich Leute über seine Art beschwerten, umso seltener dafür, dass das Leute taten, die ihm etwas bedeuteten - vielleicht schon aufgrund ihrer hoffnungslosen Unterzahl. Er war es also nicht gewohnt, dass man gut gemeinten Spott oder Tadel abwies, weswegen das hier eine neue Erfahrung war, wenn auch eine, die er nach kurzem Grübeln verstehen konnte. Natürlich war es nicht besonders sensibel von ihm, dass er Naomi gleich derart bestürmte, aber er hatte die Notwendigkeit dazu gesehen. Er war in Sorge gewesen, dass das Mädchen in alte Muster zurückfallen könnte und das könnte gefährlich werden - für sie. Allerdings hätte er wohl damit warten sollen, bis sich alles wieder ein bisschen beruhigte... war es gerade im Moment nicht eher seine Aufgabe, sie zu erheitern? "...wollte ich dir etwas zeigen, was ich neu gelernt habe." Hatte sie wirklich so große Probleme mit seinen Kommentaren über ihren neuartigen Körperwuchs? Er war ein Mann, was erwartete sie bitte? Wenn man ihm Brüste vorsetzte, konnte er kaum anders, als über ihnen zu sabbern, das war beinahe genetisch. Gerade sie wusste doch, wie er war, oder? Um die leicht peinliche Stille zu durchbrechen, stupste er ihr auf die Nasenspitze und lächelte. Er hob die Hand und legte sie ganz vorsichtig auf das große A auf ihrer Schulter, streichelte leicht über die vernarbte Haut, ehe er sich konzentrierte und langsam Mana hinein fließen ließ. Seine Haut begann leicht grünlich zu schimmern, während der Heilzauber seine Kraft entfaltete. Dieser neue Zauber verbrauchte deutlich mehr Mana als seine bisherigen Zaubertricks, aber dafür war er auch deutlich effektiver.
Seraphim schmunzelte und blickte Naomi in die Augen, die sich auch nicht verändert hatten. Wenn er sich anstrengte, konnte er darin das kleine süße Mädchen sehen, das sie einmal gewesen war - jetzt war sie nur noch süß. "Weißt du, wenn du mal nicht schlafen kannst... komm vorbei, ja?" Vielleicht würde er ja sogar da sein und Nächte durchmachen war für ihn wirklich kein Problem. Gäbe es irgendeine Möglichkeit, anders in Kontakt zu bleiben, würde er ja auch gerne vorbei kommen, aber die gab es ja nicht. "Dann verjage ich deine Albträume."

Natürlich waren die Kommentare eigentlich nicht unangebrachter als sonst auch. Es war seine Art und eigentlich hatte sie sich schon darauf vorbereitet, dass sie diese Dinge hören würde, aber gerade war es in der Gesamtpackung schwerer zu ertragen, als sie es sich erhofft hatte. Doch er schien es gesehen zu haben oder gehört. Sein Ton wurde etwas weicher und auch der Blick, den er auf sie richtete füllte sich ein wenig mehr mit der Wärme die sie bei ihm finden wollte. Gerade hatte sie sich dazu entschieden sich an ihn zu schmiegen da legte er seine Hand auf ihre Schulter und berührte die Narbe. Kurz erstarrte sie, wieso fasste er dieses ekelhafte Ding auch noch an? Doch dann passierte etwas anderes, seine Hand begann zu leuchten. War es das was sie glaubte, dass es war? Jetzt umarmte sie ihn definitiv und legte ihr Gesicht gegen seine Brust. Es war gerade total egal was dies implizieren würde, aber sie wollte seine Nähe, sie hatte es immer gemocht in seiner Nähe zu sein. Auch seine Worte hatten sich geändert. Er lud sie ein, dass sie zu ihm kam, wenn sie nicht schlafen konnte. Was für eine merkwürdige Idee, aber jetzt konnte sie das tun. Wenn es nicht ging, konnte sie Nachts einfach das Haus verlassen und zu ihm fliegen.
Die letzten Worte trieben ihr dann doch leichte Röte ins Gesicht. Das klang wirklich wie in einem schlechten Schundroman, aber es war echt gerade hier ihr Leben. "Danke Seraphim-sama", sie blickte zu ihm hoch und lächelte ihn an. Auch wenn es noch viel zu tun und zu klären gab, fühlte das Mädchen sie nun ein wenig besser. Doch noch besser fühlte sie sich als sie merkte wie die Haut, welche wegen dem Mal immer so gespannt gewesen war, sich entspannte. War es wirklich weg? "Du bist schon so viel besser geworden, es überrascht mich immer wieder und ich bin dankbar, wenn du mir damit hilfst. Es hat mir wirklich sehr viel Unwohlsein bereitet dieses Mal, es war ein einfach schreckliches Gefühl zu wissen, dass es da war und ich selbst nichts dagegen tun konnte." Ihre Arme hatten sich um ihn gelegt und sie hatte ihre Augen geschlossen. Es war ein einfach wunderbares Gefühl sich wieder in den Armen eines lieben Freundes zu befinden. Wie damals als sie im Hotel auf ihn gewartet hatte, nicht wirklich schlaf gefunden hatte, bis er plötzlich an der Tür gestanden hatte und sich zu ihr gelegt hatte, das war ein schöner Abend gewesen.

Seraphim hatte schon ganz andere Zeilen in seinem Leben gebracht, welche direkt aus einem jener Bücher hätten geklaut sein können, die man Kindern nicht so recht anvertrauen wollte. Wäre die junge Dame an seiner Seite auch nicht Naomi, sondern jemand anders, so wäre das weder der erste, noch der letzte dieser Sprüche geworden, aber in diesem Fall konnte man wohl davon ausgehen, dass sie sich nicht gerade häufen würden. Seraphim neigte dazu, Frauen auf diese Art zu umgarnen, wenn er vorhatte, mit ihnen den nächsten Abend auszuschmücken, aber das war bei Naomi ja wohl eher nicht der Fall, wollte man doch meinen. Nichtsdestotrotz lächelte er sie an und verdrängte das bohrende Gefühl der Unsicherheit, das sie in ihm auslöste. Es war selten, dass so etwas geschah, aber immerhin war es auch noch nicht zuvor vorgekommen, dass er sich mit jemandem auseinander setzte, ohne ihn aus seiner Kleidung befreien zu wollen. In Naomis einzigartigem Fall wusste er also nicht so recht, wie er sich verhalten sollte und balancierte daher stets auf der Grenze zwischen angebracht und übertrieben. Immerhin sah Naomi wirklich niedlich aus, wenn sie errötete, was natürlich noch ein wenig prekärer wurde, wenn man bedachte, dass sie gerade einen sehr offenherzigen Bikini trug und sich an ihn schmiegte. Oh Gott, warum gleich war er auf die Idee mit dem schwimmen gekommen? Rückblickend war das wohl nicht so clever gewesen, wenn er seine Einstellung zu ihr behalten wollte... also würde sich früher oder später die Frage in seine Gedanken einschleichen, ob es das überhaupt wert war. Der Grund für sein Handeln ja nicht Zuneigung ihr gegenüber, sondern mehr ein neu entdeckter Funke von Anstand und Moral, der ihm einhämmerte, dass er nicht einfach ein emotional geprüftes, anhängliches und unheimlich liebes Mädchen ausnutzen durfte. Aber dann waren da auch noch seine normalen Antriebe, die ihm bewusst machten, dass besagtes Mädchen eigentlich eine junge Frau war, die einen recht hübschen, wenn auch leicht unterernährten Körper gesegnet war und doch wissen musst, wie es wirkte, wenn sie sich so an ihn schmiegte. Es war ein Kampf der Titanen, welcher gerade unter den weißen Haaren ablief und er sorgte dafür, dass er Naomis Worte ein wenig langsamer als gewöhnlich verarbeitete. erst nach einer kurzen Pause strich er ihr deswegen über die nassen Haare und watete noch ein wenig weiter in den See hinaus, sodass er den Boden unter den Füßen verlor und paddeln musste. Wenn sie schon in einem See waren, war schwimmen vielleicht schon deswegen eine gute Idee, weil es sein System wieder etwas herunterkühlen würde, ehe er noch etwas tat, was er bereuen würde. "Also erzähl mal...", meinte er und ließ sie los, sodass sie selbst Wasser treten musste - die plötzliche Kühle aufgrund des fehlenden Körpers tat gut "Wie macht es sich so als kleiner Dämon?" Vielleicht hätte er auch das nicht fragen sollen, denn sofort schossen ihm einige Bilder in den Kopf, die seinem Problem nicht gerade halfen. Es gab immerhin Dämonen, die ihre Nahrung gewann, indem sie arme, schwache Sterbliche verführten und von den Früchten ihrer Arbeit lebten... natürlich waren diese meist sehr ansehnlich und sich Naomi als ein derartiges Geschöpf vorzustellen, was er natürlich gerade tat, war seltsam verstörend. Man stelle sich einen Sukkubus vor, der einen umkuschelte und dabei schrecklich unschuldig wirkte... das war und blieb gruselig.

Naomi ließ sich einfach auf dem Rücken treiben, das ewige Paddeln war zu anstrengend. Zumindest hatte sie dies gerade beschlossen und entspannte mit geschlossenen Augen so gut es eben ging. Seraphim hatte sich von ihr zurück gezogen und setzte zu einer Frage an. Wie es sich so machte als Dämon? Wenn man nicht stark genug war, um sich selbst zu beschützen? Ein wenig holte sie Luft: "Auch nicht anders als zuvor, nur dass es befremdlich sein kann, wenn man plötzlich mehr Körperteile hat als zuvor." In der Tat es war sehr merkwürdig, wenn ihr die Flügel auf dem Rücken sprossen, sie waren so viel stärker als Naomi selbst und konnten sich durch unlogische Weise tragen, aber sie fühlte die Anstrengungen die es verursachte, sie in der Luft zu halten, als würde sie versuchen sich mit den eigenen Armen über Luft zu halten. Es war schon ein wenig befremdlich, aber man gewöhnte sich an alles. Ein Schatten legte sich über sie, als ein Wasserball mit dem ein paar Kinder gerade spielten zu ihr herüber gesegelt kam. Erst hatte sie es überhaupt nicht wahrgenommen, doch als sie Schon fast ihren Magieschutzzauber ausgeführt hatte wurde ihr klar, dass es nur ein simpler Wasserball war, gegen den sie sich verteidigen wollte. Das war schon ein wenig traurig.
Fehlte noch, dass sie ihn mit dem Schattenspeer einfach aufgespießt hätte. Gerade noch so schaffte sie es ihn zu fangen ohne ihm weiteren Schaden zu zufügen. Die Besitzer waren schnell auszumachen. Eine kleine Gruppe aus etwa vier Kindern, vielleicht war eines auch gerade unter Wasser von denen eines ganz schüchtern fragte, ob sie den Ball zurückwerfen konnte. Sicher, das sollte nun kein Problem sein. Die Ballgefahr wurde zurückgeworfen und so war alles wieder im Lot. Doch ihr Herz raste noch ein wenig, war sie wirklich so schrecklich paranoid geworden? Vielleicht sollte sie aus dem Wasser gehen, wer weiß ob da nicht pflanzen waren, die ausversehen ihr Bein streifen konnten, woraufhin sie wie wild Zauber um sich schleudern würde. Noch während sie nach einem normalen Grund suchte sich aus dem Nass zu entfernen näherte sich die nächste Gefahr, in Form von anderen Jugendlichen. Nun wollte sie eigentlich nur noch Luft sein, sie hatte gleichaltrige, die nicht die Reife durch Lebensbedrohliche Gefahren oder ähnliches genossen hatten. Vielleicht war es etwas, wie Seraphims Abneigung gegen Kinder, doch diese konnte man normalerweise noch erziehen, oder mit einem bösen Schnauben vertreiben, doch diese Riesenkinder hielten sich normalerweise für ganz tolle Leute und waren auf Konfrontationen getrimmt.
Als sie merkte, wie sich langsam aber sicher der Focus auf sich richtete wurde ihr leicht übel. War ihr doch selbst gerade erst wieder bewusst geworden, dass sie einen Hauch von nichts trug. Am liebsten hätte sie sich sofort hinter Seraphim verkrümelt, obwohl es dafür noch keinen Anlass gab, denn bisher hielten diese Leute noch gebührenden Abstand und hatten sie nicht angesprochen, dennoch wäre sie dem Dragonslayer gerade am liebsten auf den Arm gekrochen und hätte sich nach dem, ich sehe dich nicht, also du mich auch nicht, Prinzip versteckt.

Seraphim schluckte ein wenig Wasser und hustete, als er Naomis Worte hörte. Das waren ungefähr seine Gedanken auf unschuldige Art und Weise ausgesprochen, auch wenn er natürlich etwas anderes damit gemeint hatte. Es war allerdings befremdlich, wenn man jemanden besuchen ging und diese Person hatte auf einmal ein Paar Körperteile mehr, vor allem natürlich, wenn einen diese sehr ansprachen, man aber gleichzeitig wusste, dass man besser die Finger davon ließ. Tatsächlich hätte es ihn nicht so sehr geschockt, wenn sie auf einmal mit einem Arm mehr erschienen wäre, weil man diesen nicht nur hätte entfernen können, er wäre auch kein größeres Hindernis gewesen. Diese fest angewachsenen Körperteile aber, die sich irgendwie immer wieder in sein Sichtfeld drängten, wuchsen für ihn zu einem immer größeren heran. Es war schon enorm, wie sich jemand in so kurzer Zeit ändern konnte und es war traurig, wie schwer es ihm fiel, diese Veränderungen zu ignorieren. Selbst wenn Naomi in kürzester Zeit auf seinem Index von "Zu jung und daher uninteressant" auf "Zu jung, aber...!" gesprungen war, sollte er eigentlich in der Lage sein, mit ihr ganz normal umzugehen, weil er das jahrelang durchgezogen hatte, ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Nun aber zeigte sich, dass er im Grunde doch ein recht oberflächlicher Mensch war: Kaum hatte eine junge Dame Brüste, verschoben sich seine Prioritäten auf urtümliche Weise, was seiner Ansicht, dass seine Genitalien ihn nicht kontrollierten, sondern er diese, ziemlich widersprach. Immer wieder huschten seine Augen zu Naomi, beinahe außerhalb seiner Kontrolle und das war wahrscheinlich auch der einzige Grund, warum ihm ihre Reaktion auf den Wasserball überhaupt auffiel. Es war nicht schwer zu bemerken, dass sie sich auf einmal unwohl fühlte, also nutzte er die Gunst der Stunde (Seraphim, wasch deinen Kopf mit Seife aus!) und näherte sich ihr wieder. Als sei es keiner Erwähnung wert, zog er sie in seine Arme und strich ihr eine blonde Strähne hinters Ohr, die durch das Wasser eine Nuance dunkler wirkte, bevor er ihr einen Kuss auf die Stirn drückte und danach sehr angestrengt in ihre Augen sah. Frauen verstanden selten, wie schwer das sein konnte, wenn etwas anderes einem schwarzen Loch gleich Blicke auf sich zog... aber zum Glück hatte Seraphim darin Übung, weil es nicht bei allen Vertretern des schönen Geschlechts gut ankam, wenn man seine Absichten so offensichtlich zeigte. Diejenigen, die das mochten, waren auch im Allgemeinen nicht diejenigen, die er bevorzugte... Menschen wussten im Allgemeinen, wenn sie begehrenswert waren. Meistens zumindest. "Alles in Ordnung, Engelchen?~", schnurrte er und vergrub seine Nase an ihrer Schläfe. So war seine Sicht in jedem Falle behindert und das war sicherlich besser als die Alternative. Er wollte sich gar nicht vorstellen, was Naomi denken würde, wenn er anfangen würde, sie auf diese Art anzustarren... so wie er das verstanden hatte, wollte sie bestimmt eher Abstand von solchen Dingen haben und das konnte er auch verstehen. Zudem nahmen es Frauen nicht selten schlecht auf, wenn ein vermeintlicher Freund auf einmal auf andere Weise an ihnen Interesse hatte...

Schon lustig wie ähnlich die Gedanke über zwei verschiedene Dinge sein konnten. Das Naomi hierbei eigentlich ganz und gar von ihrer Takeovermagie sprach, schien ihrem Freund entgangen zu sein. Zum Glück bekam sie dies nicht mit, es wäre sicher wieder nur ein Grund gewesen peinlich berührt zu erröten oder Sonstiges. Als sie sich allerdings deutlich unwohler fühlte, durch die Anwesenheit Anderer war er sofort wieder etwas mehr bei ihr und das nicht nur gedanklich sondern auch körperlich. Sie konnte sie Warme fühlen, die sich wie ein schützender Wall um sie legten. Manchmal glaubte sie, hier drin in diesem Arm würde ihr überhaupt nichts passieren können. Dass sie damit sicherlich falsch lag, das war ihr im selben Moment auch immer klar geworden, aber zumindest niemand fremdes konnte sich hier einmischen, oder vielleicht doch? Ein Kuss traf ihre Stirn und Naomi blickte zu Seraphim hinauf. Wenn sie mitgezählt hätte, wäre ihr aufgefallen, dass sie an dem heutigen Tage schon mehr Küsse erhalten hatte, als in ihrem ganzen Leben. Was nichts Schlechtes war, dennoch wunderte sie sich ein wenig. Zart nickte sie auf seine Frage hin, eigentlich war alles in Ordnung: „Ich fühle mich nur unsicher, das ist alles.“ Seine Nase lehnte an ihrer Schläfe und irgendwie fand sie selbst dies recht süß, doch allein vom Erfahrungswert her, wollte dieser junge Mann selten wirklich süß sein.
Vorsichtig kämmte sie mit ihren Fingern durch sein Haar, war er noch nicht untergetaucht oder das Haar selbst einfach nur Wasserabweisen? Es fühlte sich immer noch so toll an wie immer. In kleinen Kreisen zogen sich ihre Finger über seine Kopfhaut und seinen Nacken. In ihrer Erinnerung war noch verankert, dass er dies eigentlich gut leiden konnte. Sie selbst hatte sich ein wenig enger an ihn gekuschelt. Ein bisschen blauäugig weil sie doch missachtete, wie er sich dabei vielleicht fühlen musste. Dennoch war gerade der einzige Wunsch den sie hatte, ihm näher zu sein und es zu genießen, dass er da war. Wer wusste schon, wie lange sie das nächste Mal warten musste, bis sie ihn wieder so in den Armen halten durfte. Vielleicht eine Ewigkeit. „Sag mal Seraphim, ist die eine Hälfte deines Betts heute Nacht schon vergeben?“ Eine wahrscheinlich nicht allzu seltene Frage, gestellt von einem doch sehr seltenen Menschen. Immerhin gehörte sie bisher noch nicht zu den Frauen und Dirnen, die im Bett des Dragonslayers ein und ausgehen durften. Bisher hatte sie er nur zweimal wirklich gesehen. Das eine Mal hatte sie auf dem Balkon gestanden und sich nicht ins Zimmer getraut und das Mal davor, hatte jemand darin gelegen.
„Denn ich würde gerne die Nacht mit dir verbringen“, es musste sich wirklich sehr merkwürdig anhören, das kam Naomi hoch, als sie sich quasi selbst sprechen hörte. In Gedanken hatte es ein wenig unschuldige geklungen. Nun sie war in Gedanken auch bei ihrer zweiten Aufgabe gewesen mit dem Affen im Hotel und nicht hier im Wasser.

Es gab Situationen, in denen man sich nicht sicher war, ob man richtig verstanden hatte und man sich im Zwiespalt befand, dass man das Gegenteil von dem für richtig hielt, was man erhoffte, aber nicht einmal komplett mit sich im Reinen war, ob man das überhaupt wollte. Weniger schwer ausgedrückt, wusste Seraphim gerade nicht so recht, was er denken sollte. Da hielt er eine hübsche junge Dame in den Armen, die zu allem Überfluss nicht mehr als einen knappen Bikini trug und sich an ihn schmiegte, was er wohl als recht positiv bewerten würde. Allerdings handelte es sich dabei um Naomi und dieses Wissen behinderte gewisse Körperteile, die sonst schon längst das Kommando übernommen hätten, enorm. In dieser Klemme äußerte sie dann auch noch eine Bitte, die so unglaublich eindeutig war, dass er gar nicht anders konnte, als sich zu fragen, wie um Himmels willen sie das nicht bemerken konnte - und er nahm stark an, dass ihr die Wirkung dieses Satzes nicht klar war, denn sonst hätte sie ihn bestimmt nicht so gesagt, oder? Naomi und seine abendlichen Vergnügen gehörten für ihn nämlich inzwischen zwei Welten an, wobei eine unschuldiger, freundschaftlicher Natur war und die andere körperlich, ungezügelt und ganz und gar nicht kompatibel mit dem Bild, das er von Naomi hatte. Sicher wusste er, dass sie schon auf Quests nebeneinander eingeschlafen - oder zumindest aufgewacht - waren, aber die Worte, welche so nonchalant aus dem Mund des Mädchens kamen, klangen so gar nicht nach der Szene, an die er sich erinnerte. Es klang ganz eindeutig wie eine Aufforderung zu ganz anderen Dingen, was ihn wirklich maßlos verwirrte. Der Blick der violetten Augen würde seine Irritation sicherlich widerspiegeln, als er auf Naomi herunter blickte. Hübsch war sie ja wirklich geworden, aber... "Grundsätzlich stehe ich ganz zu deiner Verfügung, aber... Engelchen...?" Sein Gesichtsausdruck wurde eine Spur tadelnd, während er Naomi in eine etwas aufrechtere Position brachte und ihr danach auf die Nasenspitze stupste. "Ich kann mir vorstellen, wie du das gemeint hast, aber bedenke bitte, dass du hier mit mir redest. Kerle wie ich fehlinterpretieren solche Worte sehr gerne auch absichtlich. Darauf musst du Acht geben, alles klar?" Er wollte schließlich nicht, dass Naomi an die falschen Leute geriet. Das war ein sehr alberner Gedanke, denn wenn man ehrlich war, so gab es kaum jemanden, der für ein junges Mädchen ungeeigneter war als er selbst, aber immerhin hatte er nicht vor, ihr Böses anzutun. Gerade Naomi behütete er doch ganz besonders gerne, weil sie so etwas wie eine Cousine für ihn war - sein ganz persönliches kleines Goldlöckchen. Wahrscheinlich hatte sie auch nur gefragt, ob sie bei ihm übernachten durfte, weil sie eine Weile Ruhe brauchte und sie sich wenigstens einen kurzen Moment sicher fühlen wollte. Das konnte er verstehen und genau deswegen würde er sie darin auch unterstützen, egal wie sehr er sich dann zusammen reißen musste. Es war nämlich eine Sache, ein kleines Mädchen in den Schlaf zu wiegen, eine ganz andere, ein Bett mit jemandem zu teilen, den man unter anderen Umständen daran hätte festbinden können. "Aber wenn du es möchtest, passe ich natürlich auf dich auf."

Erneut hatte sie einen Fehler begangen, sie konnte es an der Art fühlen wie er sie behandelte. Er belehrte sie wie er es schon immer getan hatte, wenn sie etwas sagte, was in seinen Augen dumm, kindlich oder unüberlegt war. Vielleicht war es ein dummer Wunsch zumindest für eine Nacht das zu sein, was andere ständig für ihn waren. Eine leicht kühle Brise wehte über den See, oder fröstelte sie einfach nur so? Was auch immer es war, es machte die Situation nur noch unangenehmer für sie als zuvor. Was hielt sie eigentlich davon ab, einfach wieder davon zu fliegen, wegzurennen. Das war etwas was sie eigentlich ganz gut konnte. Vor dem was ihr Angst machte wegrennen, doch meist konnten ihre Ängste schneller laufen als sie und holten sie dennoch immer wieder ein. Er erklärte sich zwar dennoch dazu bereit für sie den Beschützer zu spielen. Klar war dies eigentlich eine der Hauptintentionen gewesen, aber war es nicht schade, dass sie dennoch immer noch das kleine Baby war? "Entschuldige Seraphim-sama, das ist natürlich nicht nötig. Jetzt gibt es nichts mehr, was mich erschrecken könnte, ich kann mich selbst beschützen, jetzt wo das Monster weg ist", sie löste sich langsam aus seiner Umarmung und schenkte ihm eines dieser wirklich strahlenden, aber deutlich falschen Lächeln, die er bereits kennen dürfte.
"Ich werde hungrig und es wird kalt, ich denke ich gehe raus. Vielleicht solltest du dich noch ein wenig umsehen. Hier gibt es sicher eine Menge junger Damen, die eine bessere Gesellschaft abgeben würden", wie konnte man die wunderbare Freiheit, welche man gerade bekommen hatte, mit so viel Depression ruinieren. Eigentlich hätte sie doch einfach nur danke sagen können und dann wäre alles wunderbar geworden. Die Chance zumindest noch einmal in seinen Armen liegen zu können, vielleicht ein wenig gekuschelt werden, doch das war wahrscheinlich weit in der Vergangenheit. Langsam hatte sie sich auf den Weg aus dem Wasser gemacht, ob er ihr folgte, oder ob er ihrem Vorschlag folgte war ihr nicht bewusst, sie fühlte sich ein wenig taub, aber was hatte sie eigentlich erwartet? Wie im Märchen, der Ritter rettet die Prinzessin, sie verlieben sich und alles wird gut? Nichts war wirklich jemals gut, jede gute Seite hatte ihren Schatten und sie hatte das Talent diesen Schatten zu finden und sich direkt hinein zu stellen. Ein wenig entkräftet ließ sie sich auf das Handtuch sinken, mit dem Gesicht nach vorne der ganzen Welt einfach nur den Rücken zudrehend. Nichts mehr sehen und nicht gesehen werden.

Seraphim mochte die typisch männliche Unfähigkeit für Subtext besitzen, aber ganz blind war er dann doch nicht. Gerade wenn er eine Person schon länger kannte, war es für ihn selten schwer, sie zu durchschauen und in diesem Falle war er es ja vor allem selbst, der ihm im Weg stand. Naomi hätte aber auch wahrscheinlich einem sozialen Stein den Weg mit dem Zaunpfahl gewiesen, als sie ihn darauf hinwies, dass es hier sicherlich hübsche junge Damen gebe... spätestens dann hätte er bemerkt, dass seine Interpretation der Dinge vielleicht doch nicht richtig gewesen war. Obwohl, ein Teil von ihm hatte ihre Worte somit wohl von Anfang an richtig interpretiert, was ihn kurzzeitig verwirrte, ehe er beschloss, dass er auch einfach fragen konnte. Das war eine Strategie, die Frauen zum Beispiel verdammt selten fuhren, da lief immer alles über sechs Ecken, ehe man eine einfache Frage stellte, sollte diese leicht peinlichen Inhalt besitzen. Er seufzte und beobachtete, wie Naomi aus dem Wasser stiefelte und sich wenig später auf einem der Handtücher niederließ. Wäre sie nun nicht mit ihm befreundet, hätte er ihren Rat wahrscheinlich knallhart befolgt. Was ihm nichts brachte, das ließ er im Allgemeinen los und vergnügte sich lieber mit dem, was sich ihm gerade anbot, aber in diesem Fall waren die Prioritäten nun einmal verschoben. Kurze Zeit, nachdem ihm sein blondes Engelchen entflohen war, schlenderte er ihr hinterher. Mit kritischem Gesichtsausdruck zupfte er an seiner Badehose herum, während er auf ihr Handtuch zuhielt und legte sich, kaum war er angekommen, mit dem seinen neben sie. Einen kurzen Moment zögerte er, ehe er sich zu ihr drehte. Vielleicht machte er es sich auch einfach zu schwer, indem er davon ausging, dass er irgendetwas kaputt machen würde, wenn er einfach das tat, was in seiner Natur lag. Mit Ciel verstand er sich doch auch noch, oder? Und überhaupt... konnte man doch auf keinen Fall davon sprechen, dass er sie ausnutzte, nicht wahr? Andere wurden von ihm überrumpelt, nicht aufgeklärt und dann einfach sitzen gelassen und Naomi kannte er schon so lange, dass sie genau wusste, wie er war. Das hier war eine vollkommen andere Chose, die auf keinen Fall mit der Normalität vergleichbar war... und er tat sich selbst doch auch keinen Gefallen damit, wenn er sich quälte - denn das tat er inzwischen definitiv. Es war nicht normal für ihn, mit einer hübschen Dame baden zu gehen und sich dabei so hart am Riemen reißen zu müssen. Zwar war der Geist der Herr des Körpers, aber das war auch eher ein relativer Ausspruch. Er verdrehte innerlich die Augen und senkte sich auf die Ellbogen, damit er eine blonde Strähne von einem zierlichen Öhrchen heben konnte. Seine Stimme hatte einen warmen, wenn auch ein wenig neckenden Klang, als er hineinhauchte: "Oder war es das, worauf du hinauswolltest, Engelchen?~" Einfache Frage - einfache Antwort? Frauen waren manchmal so kompliziert, aber Naomi hatte es andererseits ganz eindeutig nicht gut aufgenommen, als er sie auf die Zweideutigkeit ihres Satzes hingewiesen hatte... er wich ein paar Zentimeter zurück, damit er keinen möglicherweise schnell herumdrehenden Kopf ins Gesicht bekommen konnte und wartete gespannt ab. Dabei war er sich nicht einmal sicher, welchen Ausgang er nun präferieren würde.