Der Gärtner sah den jungen Mann zuerst, er kannte ihn nicht, weshalb er ihn ganz einfach ignorierte und weiterhin seiner Arbeit nachging. Als dann aber die Türglocke läutete wachte das Haus ein wenig auf. In der Küche hielten die zwei Damen innen und sahen sich an, welche von ihnen würde wohl zur Tür eilen, um aufzumachen? Kurzer Blickwechsel und die mit den langen braunen Haaren nickte. Midori hatte schon beim letzten Mal dem Dragonslayer geöffnet und würde wahrscheinlich überrascht über den bekannten Besuch sein. Doch nicht nur sie reagierte auf das Klingeln. Der weißhaarige Hüne, dessen Weg zur Tür deutlich kürzer war horchte auch auf, doch zur Tür zu gehen fiel ihm nicht ein. Er blieb im Gang stehen, sodass er die Tür sehen konnte, aber das Öffnen sollte doch wer anderes übernehmen. Leicht ging er sich durch das wahrscheinlich ebenso wüste Haar, wie das des Dragonslayers und wartete darauf, dass die Dame herbei geeilt kam. Akira hingegen ignorierte die Vorgänge im Haus, er hatte heute frei und das würde er sich von keinem zunichtemachen lassen. Besonders erfreut wäre er über ein Wiedersehen mit dem Dragonslayer sicher nicht gewesen, immerhin hatte ihn das Blondchen einmal an ihn verschenkt. Keine nette Geste, aber wahrscheinlich hätte er mit einer solchen Aktion rechnen müssen. Also schlug er in seinem Buch einfach die nächste Seite auf.
Im Arbeitszimmer des Hausherren horchte Jonathan auf. Er erwartete heute noch Besuch und wollte deshalb gleich zur Tür stürmen, doch der Vater hielt ihn zurück, er sollte sich noch die letzten Sätze seines Vortrags anhören, bevor er wieder mit den schlechten Einflüssen herumlungerte, die sein Sohn Freunde nannte. Welche eigentlich wirklich gute Jungs waren und dem verzogenen Knaben gezeigt hatten, was es ausmachen konnte eine Freund zu sein. Inzwischen hatte Midori die Tür erreicht und öffnete diese: "Entschuldigen sie, dass sie warten mussten", ein wenig außer Atem verneigte sie sich vor der Person, welche sie noch gar nicht wirklich registriert hatte. Dann allerdings nahm sie sich die Zeit zu erkennen wen sie dort vor sich hatte. Wenn sie ihre Erinnerung nicht veralberte, dann war diese junge Mann doch einer der Freunde des Mädchens gewesen. Leicht blinzelte sie ihn an, was sollte sie ihm sagen. Das was sie jedem sagen sollte, der sich nach Naomis Verbleib erkundigte, oder die Wahrheit. Was fürchtete sie mehr? Den Groll des Arbeitgebers, der gezeigt hatte, dass ihm sehr schnell und sehr bösartig die Hutschnur platzen konnte, oder das Wohl des Mädchens, welches sich sicher über diesen Besuch freuen würde?
Innerhalb weniger Sekunden entschied sich die Maid dann doch für den Text, welchen man ihr eingebläut hatte, immerhin war es nicht so einfach eine Anstellung mit dieser Bezahlung zu finden, auch wenn die Bedingungen nicht immer die allerbesten waren und der Arbeitgeber ein Monster, aber wo war es denn nicht so? "Wenn Sie zu Lady Naomi wollen, muss ich Ihnen leider sagen, dass die junge Lady uns bereits verlassen hat. Sie ist auf dem Städtischen Friedhof neben ihrem Vater beigesetzt worden. Wenn Sie dort nachfragen wird man Sie sicher dort hin führen." Damit sollte sich das Problem doch gegessen haben, oder? Nervös nestelte sie an ihrer Schürze herum und senkte betreten ihren Blick, hoffentlich fraß er diese Lüge einfach und ging.

Seraphim horchte auf, als die Worte ihn erreichten und irgendwo in seinem Hinterkopf bimmelte eine Alarmglocke. Es war keinesfalls die Nachricht selbst, die das vermochte, weil er sich nicht von hanebüchenen Lügen verunsichern ließ, sondern die einfache Tatsache, dass er das, was das Dienstmädchen soeben gesagt hatte, bereits gehört hatte. Bis eben war er sich nicht sicher gewesen, ob Naomi einfach nur Quatsch geredet hatte, weil sie ihm sein Weiterkommen nicht gönnte oder ob sie irgendeinen Grund dafür gehabt hatte, doch nun stand da diese braunhaarige Frau und redete davon, dass die kleine Blondine verstorben war. Das war exakt das, was Naomi ihm prophezeit hatte, also konnte man davon ausgehen, dass ihre Intentionen andere gewesen waren. Dies wiederum ließ darauf schließen, dass er gut daran getan hatte, heute hier her zu kommen... was ihm allerdings neu war, war der scheinbare Tod von Naomis Ziehvater, der zuvor im Koma im Krankenhaus der Stadt gelegen hatte. Er wunderte ihn nicht, weil sie schon einmal jemanden hatten davon abbringen müssen, ihn zu ermorden, aber es kam ein wenig plötzlich. Trauer oder ähnliches empfand Seraphim sicherlich nicht, da ihn nichts mit dem Rothaarigen verbunden hatte, aber er konnte sich vorstellen, dass Naomi über seinen Verlust sicherlich traurig war. Falls sie denn noch lebte, sollte man dazu sagen, aber da er nicht an Vorhersehung glaubte, würde das wohl noch der Fall sein. Selbst Naomi hätte sich sicherlich nicht nach Plan ermorden lassen, das glaubte er dann doch nicht. "Och nein, seit wann ist denn der Alte tot...", seufzte er ohne die Spur von Betroffenheit und lehnte sich danach an den Türrahmen. Violette Augen musterten die junge Dame und er schmunzelte. Wer auch immer der Hausherr hier war, er hatte ja schon ein Auge dafür, Schönheiten in seinem Haus anzustellen. Wahrscheinlich konnte man sich so etwas mit genug Geld leisten. "Aber gut, dann werde ich direkt sein, ja?" Er kratzte sich am Kopf und richtete sich wieder auf, spreizte die Füße ein wenig mehr und lächelte auf unheilverkündende Weise - oder zumindest wusste jeder, der ihn kannte, dass man sich nun in Acht nehmen sollte. "Ich habe das starke Gefühl, dass du mich belügst, Schätzchen." Eine kurze Pause und ein Blinzeln später musste er den Fuß in die Tür stellen, damit sie ihm diese nicht vor der Nase zuschlug, eine Tatsache, die ihn in seinem Glauben nur noch mehr bestärkte. Mit einer Hand drückte er dagegen und öffnete sie erneut, immer noch dieses Lächeln auf den Lippen. Dummes Mädchen... Als wäre nichts geschehen, setzte er die bisher recht einseitige Konversation fort: "Siehst du, entweder gehe ich nun zum Friedhof oder ich trete einfach ein und sehe nach, ob ich Naomi-chan nicht irgendwo finde... und der Friedhof ist nicht nur weiter weg, ich habe auch nur mäßig Interesse daran, im Dreck zu buddeln. Du kannst gerne noch einmal versuchen, die Tür zu schließen, aber dann werdet ihr sie ersetzen müssen." Er ließ sich hier nicht verarschen und wenn es sein musste, dann durchsuchte er eben das ganze Haus. Man würde ihn sowieso nicht aufhalten können und eine Klage wegen Hausfriedensbruch war ihm persönlich ziemlich egal, wenn es um das Wohl seiner Freunde ging.

Eingeschüchtert stand die junge Frau vor dem Mann mit dem fast schon bestialischen Grinsen. Man konnte das Tier, welches seinem Herzen inne wohnte wahrscheinlich fast in seinen Augen glühen sehen. Nun kam Hauro, der bisher weiter hinten gewartet hatte, doch langsam näher. Immerhin hatte sich gerade jemand gewaltsam Eintritt ins Haus verschafft und dafür war er dann doch wieder zuständig. Irgendwoher kam ihm diese Gestalt auch bekannt vor, hatte er vielleicht eine Beschreibung erhalten? War dies einer von Naomis Freunden? Bisher hatte er zwei von ihnen kennengelernt, aber beide hatten dunkelblaues Haar, doch in seinem Briefing war von jemandem mit weißen Haaren die Rede gewesen, der einmal hier gewesen sein soll und den jungen Herrn sogar aus dem Fenster befördert hatte. Diesen Menschen wollte in diesem Haus sicher keiner mehr sehen. Da kam er auch schon, der junge Herr. Aus dem Zimmer seines Vaters. Ihn musste er aufhalten, er sollte nicht in Kontakt mit seinem Peiniger treten, immerhin war dies nicht positiv für ihn. Der Riese stellte sich also in den Weg des Sprosses, der gerade um die Ecke treten wollte, um an die Tür zu gehen. "Geh aus dem Weg Hauro", brummte Jonathan ein wenig genervt. Der Riese schüttelte den Kopf: "Keiner deiner Freunde an der Tür, geh besser auf dein Zimmer."
Nun wagte es auch noch der dusselige Muskelprotz ihm Vorträge zu halten, irgendwann hörte seine Geduld wirklich auf, weshalb er sich trotzdem an ihm vorbeidrängte. Ihm wehzutun war für Hauro keine Option, immerhin war er hier der Erbe und ihn zu verletzten wäre tragisch. Dann allerdings sah sich der Rotschopf dem einen Magier gegenüber, den er eigentlich ungern wiedergesehen hätte. Doch in dem kurzen Moment den Jonathan brauchte, um festzustellen wer dieser Kerl war, hatte sich auch schon eine weitere Idee in seinem Kopf breit gemacht. Klar war er in jungen Jahren nicht der beste Verbündete seiner Cousine gewesen, aber inzwischen waren sie so etwas wie Freunde, oder Verbündete gegen den Stress der Familie. Dieser Gildenmagier konnte ihre Rettung sein, bevor sie vielleicht doch noch lebendig begraben wurde. Doch so dumm wie er sich meistens gab, schien Hauro nicht zu sein. Vielleicht hatte der erfahrene Kämpfer den Verrat in den Augen des jungen Sprossen aufblitzen sehen. "Im KE...!", kaum hatte er angefangen zu sprechen schlug der Leibwächter ihm schon die Hand vor den Mund. Der Junge sträubte und wehrte sich, doch der Kerl war in der Tat recht Kraftvoll. Mit Händen und Füßen versuchte nun der Kerl dem anderen die Kellertür zu weisen.
In dem Moment schien die Maid ihr Gewissen doch wieder zu finden. "Im Keller Sir...", sie huschte schnell hinüber zur Tür und verschwand dort die Treppe hinunter. Schnell musste sie den anderen Bescheid geben, der Herr dürfte hiervon nichts mitbekommen, sonst war es wahrscheinlich zu spät. Alleine würden sie niemals mit Hauro fertig werden, aber alle zusammen konnten sie ihn vielleicht davon ablenken Alarm zu schlagen. "Naomi, zieh dich an, du fliehst!", rief sie dem Mädchen zu, welches immer noch starr auf seiner Matratze lag. Ein wenig lethargisch hob sie den Kopf: "Seid ihr denn des Wahnsinns, wollt ihr etwa alle sterben? Vielleicht geschieht euch das auch Recht, immerhin nehmt ihr es genau so hin wie ich? Aber nein, ich bin da um Menschen zu beschützen, nicht um sie zu vernichten, hört ihr?" Ein wenig benommen rieb sie sich die Augen, irgendetwas war allerdings anders als sonst, das konnte sie klar und deutlich fühlen. Die Menschen um sie wahren aufgeregt, aber nicht weil irgendwelche Festlichkeiten anstanden, das hätte sie gemerkt. Ein wenig müde nahm sie das Kleid entgegen, welches Midori ihr zuwarf. Es war eigentlich nur zum Ausgehen gedacht, durfte sie etwa außerplanmäßig hinaus? Wenn das so war, gut.

Und dann geschah plötzlich vieles so schnell hintereinander, dass Seraphim erst einmal die Fakten ordnen musste. Akt eins begann mit dem Auftritt einer Person, die Seraphim kannte und nicht besonders schätzte. Wahrscheinlich ging es besagtem Jungen ähnlich, da er ihn bei seinem letzten Besuch reichlich unzeremoniell aus dem Fenster geworfen hatte (Eine Handlung, zu der er langsam aber sicher den Draht gefunden hatte...) und doch reagierte er nicht so, wie Seraphim das erwartet hätte. Vielleicht ängstlich, wütend oder sogar ein wenig beschämt, weil Seraphim ihn bei etwas erwischt hatte, was selbst der Himmels Dragonslayer nicht tat, aber keinesfalls so, wie er nun handelte. Sein Schritt wurde schneller - einen Moment dachte er, dass er in einem Anflug von Größenwahn versuche würde, ihn anzugreifen - und er öffnete den Mund, sagte einen halben Satz. Doch bevor er ihn beenden konnte, legte sich eine große Hand auf seinen Mund und hinderte ihn daran, woraufhin er wild gestikulierend in Richtung Kellertreppe deutete. Akt zwei beinhaltete die plötzliche Einsicht des Dienstmädchens, welches spontan ihre Meinung änderte und Naomi offenbar wieder zum Leben erweckte, indem sie den Satz Jonathans vollendete. *Im Keller?* Seraphim erstarrte einen Moment lang, denn irgendetwas schien hier extrem im Argen zu sein, wenn schon Naomis Cousin, mit dem sie seines Wissens nicht gerade gut auskam, ihm den Weg zu ihr weisen wollte. Ganz davon abgesehen, dass man Naomi als verstorben hingestellt hatte, was man in normalen Familien sicherlich nicht einmal zu Halloween machte. Jonathan rang noch immer mit dem Riesen, der bei näherem Hinsehen ebenso weiße Haare wie Seraphim selbst hatte. Es war sicherlich nicht die neu entdeckte Großmütigkeit des Dragonslayers (haha), welche ihn dazu brachte, statt der jungen Dame nach in den Keller zu stürmen, auf die beiden miteinander ringenden Gestalten zuzugehen, sondern die Tatsache, dass ein Keller einfach nicht nach der idealen Umgebung für ihn klang. Im Grunde klang das auch nicht nach dem Ort, wo man Naomi finden sollte, aber es machte keinen Sinn, sich selbst in die Falle zu begeben, wenn so ein großer Kerl hier herumrannte und offensichtlich gegen ihn agierte. Er war neu hier oder zumindest nicht dabei gewesen, als Seraphim das letzte Mal hier gewesen war, also kannte er nicht einmal seinen Namen. Sicher war nur, dass er zwar nichts dagegen hatte, wenn man Jonathan weh tat, aber dass es strategisch unklug war, diesen Mann aktiv zu lassen. Cyrus konzentrierte Mana in seinen Händen und übersprang die letzten paar Meter magieverstärkt, um dem Riesen keine Zeit zum Reagieren zu lassen. Seine Schläge mochten nicht besonders stark sein, wie sie den Nacken und das Handgelenk des Mannes trafen, aber der Zauber in ihnen ließ seine Muskulatur mit einem Mal nachgeben, sodass sein Kopf zur Seite sackte und er den Jungen loslassen musste. Während Jonathan sich losriss, ging der Dragonslayer wieder ein wenig auf Abstand und legte seine Handflächen zusammen. Es störte ihn nicht besonders, wenn er das Interior dieses Hauses zerstörte, immerhin baute sich hier gerade etwas auf, was man sonst nur aus besonders schlechten Romanen kannte. Durch Auseinander ziehen seiner Hände kreierte er zwei Wirbelsturmpeitschen, die er anschließend dazu nutzte, auf den Mann einzudreschen, der Dank seiner gelähmten Nackenmuskulatur sowieso reichlich eingeschränkt war. Der Wind pfiff ihm um die Ohren und schleuderte ihn schließlich gegen die Wand, wo Seraphim ihm eine Salve Windbälle mit voller Durchschlagskraft entgegen pfefferte, die ihn wohl fürs Erste außer Gefecht setzen würde. "Ganz im Ernst, was geht hier eigentlich vor sich...?", fragte Seraphim Jonathan und schüttelte den Kopf. Wenn er ein wenig mehr Sinn für Gerechtigkeit besitzen würde, müsste er es sich zur Aufgabe machen, dem Ganzen auf den Grund zu gehen, aber da er nicht aus seiner Haut herauskonnte, würde es wohl dabei bleiben, dass er nach der Erklärung Naomi suchen gehen würde, sollte diese nicht aufkreuzen, selbst wenn das hieß, dass sie in den Keller gehen mussten.

Jonathan hatte nach Luft gerungen, gezappelt wie ein Fisch an der Angel und nach ihm getreten, doch leider war der Diener, welcher ihn festhielt ein wenig zu stark gewesen. Zum Glück bekam er Hilfe von einer unerwarteten Seite. Seraphim war ihm zur Hilfe geeilt und hatte Hauro erst auf den Boden und dann an die Wand geschleudert. Die Zauber welche nachfolgten waren beeindrucken und nun wusste er auch wieder, wieso er den Dragonslayer eigentlich fürchtete. Doch jetzt war es an ihm, dem Gildenkollegen seiner Cousine zu erklären, was hier eigentlich lief. Genau wusste er es allerdings auch nicht. Er wusste das Nötigste, aber das reichte aus. "Also soweit ich weiß ist es so. Nach diesem komischen Examen, oder eher nachdem sie erfolglos heimkehrte, verstarb plötzlich Onkel Rio", so hatte alles begonnen, an diesem Tag hatte Gideon Naomi zusammen mit Hauro erlaubt Rio zu besuchen und das Mädchen kehrte mit der Nachricht vom Tod des Onkels zurück. Die ganze Nacht hatte sie geweint, er wusste es, das tat sie immer, wenn es ihr schlecht ging, leise mit dem Gesicht im Kissen, sodass dieses ihre Tränen aufnahm. Es war ganz nass gewesen, als er am nächsten Tag in ihrem Zimmer gewesen war. Leicht kratzte er sich am Kopf, bevor er mit seiner Erklärung fortfuhr.
"Danach hatten wir sehr bald ihre Beerdigung, zu dem Zeitpunkt wusste ich von nichts, mein Vater hatte mich nicht eingeweiht, aber sie war wohl nicht tot und die Beerdigung nur Show, um ihre Abwesenheit von Festen und Veranstaltungen zu erklären. Sie blieb im Keller, versteckt. Ich bin einmal über sie gestolpert, durch Zufall, ich war betrunken", das war nun wirklich peinlich, aber so war es eben gewesen, "Sie lebt seit dem auf einer Matratze unten im Keller und es wird dort immer dunkler. Sie verändert sich", und das war sogar ihm aufgefallen. "Sie darf auf Quests gehen und Vater hat irgendwas in der Hand, was sie dazu bewog hier her zurück zu kehren, vielleicht war es das Leben ihres Vaters. Ihre letzte Quest verlief auch nicht ganz so gut, scheinbar hat sie einen Freund verloren dabei. Meinungsverschiedenheiten von zwei Dickschädeln. Keine Ahnung, habe nicht wirklich alles verstanden was sie gesagt hat. Sie hat viel geweint", doch danach, eigentlich nicht mehr, sie hatte sich nur noch mit dieser schrägen Magie beschäftigt und sich in ihrem kleinen Keller verkrochen. "Ich kann so etwas schlecht beurteilen, aber ich denke sie stirbt hier jeden Tag ein wenig mehr, sie muss hier weg, aber sieht geht nicht, dass du kommst könnte sie retten."
Während Jonathan sich in seiner Einschätzung der Lage gut und gerne über ein paar Längen übertraf hatte Naomi ihr Kleid angezogen und wieder auf ihrem Lager platzgenommen. Wollte sie sehen war dort oben vor sich ging, oder wollte sie sich lieber hier unten verkriechen? Verkriechen klang plötzlich so wunderbar erleichtern. Ruhe und Frieden wollte sie haben, doch dazu musste sie wahrscheinlich erst einmal nachsehen, wieso diese Mädchen so unruhig waren. Also quälte sie sich doch auf die Beine hoch und machte sich auf den Weg zur Treppe. Davor blieb sie noch einmal stehen und wartete ab. Doch nichts passierte wirklich, weshalb sie sich auf die erste Stufe stellte, fast als müsste sie testen, ob diese sie noch hielt und dann ging sie langsam hinauf, hinauf ins Ungewisse. Nun, da sie in den hellen Flur trat musste sie blinzeln. Das Licht war so viel heller als das was sie von ihrem Keller kannte. Leicht rieb sie ihre Augen und im Licht von der Tür zum Garten konnte sie zwei Gestalten ausmachen. Diese eine davon, kannte sie viel zu gut, als dass sie den Magier nicht hätte erkennen können. Er war es, er war es wirklich, aber wieso war er hier, hatte sie ihm nicht gesagt er sollte wegbleiben? "Seraphim-sama?"

Seraphim hatte mal irgendwo gehört, dass man erwachsen wurde, wenn man begriff, dass die Menschen Monster genug waren, als dass es noch zusätzlich welche geben würde. Er selbst hatte das immer ein wenig anders gesehen, weil er Menschen zu wenig zutraute, als dass er ihnen solche Namen geben würde, aber das was der kleine Rothaarige da zusammenbrabbelte, legte die Vermutung nahe, dass zumindest ein paar durchaus noch übrig waren. Es war beileibe nicht genug, um den Weißhaarigen zu verstören, da er ein viel zu dickes Fell besaß, aber dennoch guckte er ziemlich irritiert aus der Wäsche. Das, was Jonathan da sagte, machte keinen Sinn. Er war ein relativ vorstellungsfreudiger Mensch, auch wenn seine Fantasie so oft Realität geworden war, dass man ihm diese gerne absprach, doch er konnte sich keinen Reim auf das machen, was der Junge da brabbelte. Beim besten Willen, wie sollten diese Dinge alle zusammen passen? So weit er Naomi kannte, konnte niemand etwas gegen sie in der Hand haben, weil es nichts gab, das sie überhaupt noch hatte. Selbst Seraphim hatte mehr, an dem sein Herz hing, einfach weil er einen Freund hatte, der praktisch seine Familie darstellte. Gegen seine Mutter waren alle Aggressoren sowieso Staub, sodass er sich um diese keine Sorgen machen musste, aber Naomis Ziehvater war offenbar tot. Dieser Mann war ihre Familie gewesen, das, womit man einen Menschen noch am ehesten erpressen konnte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es etwa wehrloses gab, mit dem man die Blonde erpressen konnte - aber scheinbar gab es das. Nun gut. Weiter im Text: Dass sie im Examen versagt hatte, war ihm bewusst, immerhin hatte er es gewonnen, von einer Quest wusste er nichts, weil er nicht ihr letzter Begleiter gewesen war. Einen Sinn darin zu sehen, warum sie nicht mehr auf irgendwelche komischen Feste gehen durfte, aber dafür ihre Gildenarbeit zu erledigen hatte, verstand er auch nicht: Es musste doch ein leichtes für alle sein, ihr Überleben festzustellen, wenn sie noch auf Quests aktiv war... das war einfach absurd. Das bedeutete, dass ihr Cousin entweder log - und das wäre sehr dumm - oder dass die Person, die hinter all dem steckte, einfach vollständig bescheuert war. Offenbar handelte es sich dabei um Jonathans Vater, den Hausherren, dem er noch nicht begegnet war. Der Mann musste vielleicht nerven haben. "Natürlich konnte sie das Examen nicht gewinnen... ich habe mitgemacht...", murmelte er kopfschüttelnd und musterte den Jungen dann abschätzend, wie um eine potenzielle Lüge an seinen Wimpern abzulesen. Nichts an ihm deutete daraufhin, weil er sich anmaßte, seine Nervosität als natürliche Folge aus seiner Anwesenheit zu interpretieren. Er war sich nicht sicher, ob er die Meinung des Jungens bezüglich der Lösung des Problems teilte, weil er normalerweise solche Dinge durch festes Anpacken an der Wurzel löste und ihm seine Version viel zu schwächlich erschien. Egal, wer sich ihm in den Weg stellen würde, er hatte sicherlich keine Angst vor ihm.
"Seraphim-sama?"
Die Stimme, die diese Anrede sprach, kam ihm bekannt vor, sodass er sich in freudiger Erwartung umdrehte, aber die Person, aus deren Mund die Worte geschlüpft waren, war ihm seltsam fremd. Als er Naomi kennen gelernt hatte, war sie ein kleines, süßes Mädchen gewesen, knapp eineinhalb Köpfe kleiner als er selbst. Nachdem diese Familie sie adoptiert hatte, hatte man ihr nicht nur lange Haare verpasst, sie war auch mit der Zeit ein wenig gewachsen, auch wenn er sie wohl nach wie vor als flach und dürr beschrieben hätte. Die Person, die dort nun stand, in einem dunkelblauen, schlichten Kleid, war weder ein klein noch flachbrüstig, wenn auch nach wie vor blond und ziemlich dünn. Seraphim suchte geschlagene fünf Sekunden nach einem Wiedererkennen, das er schließlich in den erdfarbenen Augen fand. Wie machten die Weibchen der menschlichen Spezies es eigentlich immer wieder, in einem solchen Tempo ihr Erscheinungsbild zu ändern? "Naomi-chan?", fragte er langsam und ließ danach die violetten Augen einmal über sie wandern. Sollte dies Naomi sein - und davon ging er nun einmal aus - dann hatte sie sich eindeutig zu ihrem Vorteil verändert. Auch wenn sie ein wenig unterernährt aussah und irgendwie nicht besonders ausgeschlafen schien. Nachdenklich kreiselte sein Zeigefinger eine Ellipse in die Luft, während er sie nach wie vor betrachtete, "Engelchen, seit wann stopfst du deine Kleidung aus...?" Darf man vorstellen? Seraphim, Meister der angemessenen Sprüche. Es war unter Umständen einfach nicht möglich, ihm diesen Habitus auszutreiben.

Jonathan folgte Seraphims Blick und rümpfte die Nase über dessen Bemerkungen, aber so war er wahrscheinlich einfach und Naomi mochte ihn dennoch. Naomi allerdings stand erst mal wie erschossen da. Es war wirklich Seraphim, der dort stand? Nein das konnte nicht sein, ihr Geist spielte ihr einen Streich. Wieso sollte der Magier jetzt hier erscheinen, hatten sie sich doch so lange nicht gesehen. Nun gut eigentlich erst vor einiger Zeit beim Examen, aber sonst gar nicht. Es brauchte auch keine wirkliche Kunst um herauszufinden wieso, immerhin hatte er nun seinen Freund bei sich. Langsam ging sie zu ihm hinüber. Die Aussagen und Blicke welche von ihm kamen, die klangen wie der echte Seraphim, nicht wie der, den sie sich immer erträumte, den sie in halbwachen Momenten an ihr Bett wünschte. Nein diese Worte waren hart und echt. Dennoch hielt sie kurz vor ihm an und tippte mit einem Finger gegen seine Brust, er war echt, wirklich hier, wie schön es doch was einen alten Freund wieder zu sehen. "Oh seit ich gemerkt habe, dass mir dann die Kleider besser passen", war die Antwort auf seine eigentlich schon lächerliche Frage. Danach drückte sie sich in alter Manier an ihn. Er war immer noch groß genug, um sie wieder klein zu fühlen, wie das kleine Mädchen, was er damals mitnehmen musste.
Dann allerdings löste sie sich von ihm und sah ihn an. "Ich hatte doch gesagt, du solltest nicht mehr kommen", leicht schüttelte sie den Kopf und blickte in die Violetten Augen des jungen Mannes. So lange hatte sie diese nicht mehr gesehen. Es war ein wunder, dass es sie trotz allem noch gab. Wie es wohl für ihn war, mit seinem Souta zusammen zu wohnen. Auch jetzt wusste Naomi noch nicht, dass sie nur Wohnungen untereinander waren. Doch selbst das würde sie vermuten lassen, dass die zwei Jungen jede freie Minute miteinander verbrachten. "Wie geht es Souta, ich hoffe du bist lieb zu dem kleinen Rotschopf", leicht lächelte sie und erinnerte sich daran wie sie noch im grünen Gras neben ihm gelegen hatte. Wahrscheinlich hatte kein anderer die Zuneigung des Dragonslayers verdient, wieso war er also hier? Leicht legte sie den Kopf schräg und musterte ihren alten Gefährten. "Es tut mir leid, ich bin doch gewachsen, es ist, als wäre es eines Morgens plötzlich passiert und dann war ich groß", leicht zuckte sie mit den Schulter und grinste, "Gut, dass meine Bemühungen mich Personen anzunähern bisher von eher minderem Erfolg waren." Für Selbstmitleid war allerdings keine Zeit.
Auch wenn kurz der Schmerz in ihr wieder aufleuchtete, welche von der letzte Quest mit Ren immer noch irgendwo in ihr schlummerte. Der Hass in seinen Augen, gegen sie gerichtet, weil sie nicht auf seinen Stolz geachtet hatte, doch hatte er sich je für ihre Gefühle interessiert? Nein wieso sollte er auch, er wollte sie doch gar nicht um sich haben. -Klick- Ein Schloss öffnet sich und die Kette zerspringt. Was wollte Seraphim eigentlich hier? "Was führt dich zu mir Seraphim-sama? Ich hoffe doch, dass du frohe Kunde bringst und nun ein feiner Sephirot geworden bist." Es wäre eigentlich lächerlich zu glauben, dass er es nicht geschafft hatte, aber zumindest nachfragen würde wohl noch erlaubt sein, oder? Jonathan stand einfach nur schweigend da und beobachtete die Szene, welche ihm reichlich befremdlich vorkam.

Oh ja, Naomi hatte gesagt, dass er nicht mehr kommen sollte, das stimmte. Allerdings hatte sie diese nervige Angewohnheit, die bei ihr sicherlich eine Vorwehe ihrer Verweiblichung gewesen war, da viele Frauen genau dieses Problem hatten: Sie sagten etwas und man bekam sehr schnell das Gefühl, dass sie eigentlich etwas ganz anderes meinten, auch wenn sie auf dem Gegenteil beharrten. Naomi hatte ihn ins nächste Stockwerk geschupst und behauptet, sie wolle ihn nicht noch einmal bei sich sehen und doch wirkte sie nicht gerade unglücklich, dass er gekommen war. Solche Sätze, das wusste er von vielen beispielhaften Damen, waren unterbewusst oder einfach nur aus Sinn für Dramatik dazu da, das genaue Gegenteil von dem zu erreichen, was sie sagten. Wenn eine Frau meinte, dass alles okay sei, musste man sich erst einmal Gedanken darüber machen, ob man irgendetwas vergessen hatte. Und wehe sie lobte anderer Frauen Aussehen, dann durfte man dem bloß nicht beipflichten... Seraphim fand Frauen ungemein kompliziert, wenn man sich länger mit ihnen beschäftigen musste, weswegen er das gar nicht erst versuchte. Kurze, klar definierte Beziehungen waren da doch etwas feines, wer hatte schon das Bedürfnis nach mehr? "Ach Engelchen, seit wann höre ich denn auf dich?~", schmunzelte er und streichelte ihr über den Rücken. Auch wenn sie immer noch dieselben Maschen aufzog, wie sie das als kleines Mädchen gemacht hatte, wäre es falsch zu behaupten, dass sich das immer noch gleich anfühlte. Früher hatte er ihr nicht nur bequem den Kopf streicheln können, er hatte auch nicht innerlich entscheiden müssen, ob er sich nun eher darauf konzentrierte, ein Gespräch mit ihr zu führen oder festzustellen, dass sie sich ganz anders anfühlte, wie sie sich an ihn drückte... doch mit einem Ruck brachte er sie wieder auf Armeslänge, als sie nach Souta fragte. So langsam ergaben auch ihre anderen Worte damals im Examen Sinn, doch er fragte sich, wie sie solchen Vermutungen kam: Sie hatte den Kettenmagier und ihn doch nie zusammen gesehen, oder? Souta hatte auch schon berichtet, dass er sie kannte, aber offenbar war das eine rein platonische Sache zwischen ihnen, wenn da überhaupt etwas war. "Als Souta erzählte, er würde dich kennen, befürchtete ich schon, dass er dich flachgelegt hätte... das macht er nämlich gerne. Aber zum Glück war dem doch nicht so..." Er lächelte und blickte sich danach um. So großzügig und fesch diese Villa auch war, er konnte sich einen wirklich besseren Ort vorstellen, um sich zu unterhalten. Am Ende tauchte der Riese noch wieder auf und er musste ihm erneut eine über den Schädel geben. Vielleicht könnte er auch sein Inneres nach Außen kehren, damit es sich ein für alle mal hatte, weil man aufhören musste, ihn zu unterschätzen... "Hast du etwas anderes von mir erwartet, Engelchen?", fragte er und nahm sie bei der Hand, "Wir gehen an die frische Luft, da haben wir immer noch massig Zeit, uns zu unterhalten..."

Noch nie, er hatte noch nie wirklich auf sie gehört, was wahrscheinlich sogar die bessere Variante war, mit ihr umzugehen. Keiner hörte auf sie, das bedeutete, keiner wurde von ihr irgendwie fehlgeleitet. Eine wunderbare Mischung, die man ausprobiert haben sollte. Nun allerdings zurück zu der merkwürdigen Konversation. Klar kannte sie Souta und natürlich hatte sie die zwei nie offiziell zusammen gesehen, aber sie hatte gesehen, dass Seraphim ihn damals geküsst hatte, bevor sie auf Puristenjagd gegangen waren und dann hatte Souta erzähl, dass sie zusammen lebten. Wen sonst würde der Dragonslayer so nah an sich heran lassen als jemanden den er wirklich von Herzen mochte? Doch wieder das einzige was den weißhaarigen Kerl kümmerte war, Körperlichkeit. Ob er sie flachgelegt hätte, Was für ein Witz war dies. Leicht schüttelte Naomi den Kopf und sah ihren Freund tadelnd an: "Als wüsstest du nicht besser als jeder andere, das mich keiner auf diese Weise betrachten würde." Erneut dieses Knacken und rasseln in ihr. Dinge die sie nicht geben konnte, Dinge die auch niemand von ihr wollte bis auf, kurz wanderten die leeren Augen hinüber zu Jonathan, doch auch das war vorbei. War es nicht schön weitestgehend unberührt zu sein? Nein, war es nicht in einer Welt in der Liebe scheinbar hauptsächlich dadurch definiert wurde. -Klick- Die zweite Kette verabschiedete sich und das Grollen im Innere des Mädchens wurde lauter.
Er wollte mit ihr hinaus gehen? Sich mit ihr unterhalten? Herausfinden was für ein erbärmlicher Mensch sie doch war? Unbedingt, doch wie konnte sie nein sagen, zu einem Menschen, der ihr doch so lieb und teuer war? "Sicher können wir das...", sie nickte zustimmend, doch etwas sollte sie heute daran hindern einfach weg zu gehen, etwas wogegen keiner in diesem Haus etwas tun konnte. Onkel Gideon verließ sein Arbeitszimmer und ließ seinen Blick über das Szenario gleiten, welches ihm gerade geboten wurde. Sicherlich hatte er gehört wie der Wind den Wächter seines Hauses an die Wand geworfen hatte, es war natürlich nicht besonders leise gewesen. "... aber es ist zu spät..." Mit langen Schritten kam er auf die Gruppe zu und sein Blick, der bösartige Blick, welcher aus seinen Augen heraus stieß und Naomi fast schmerzlich ins Herz stach sagte alles, er war sauer. "Was soll das hier werden, wenn es fertig ist? Aufstand der Zwergin oder was? Naomi wie oft habe ich dir gesagt, du ziehst dieses Kleid nur zum Ausgehen an, du verlässt den Keller nur wenn ich es anordne oder gestatte, du sollst keinen deiner kleinen Freunde mehr hier her einladen und du sonst diese Regeln auch befolgen und nicht konsequent missachten, muss ich wirklich zum Äußersten gehen", grollte er im Zorn.
Das Mädchen löste sich gänzlich von ihrem Gildenkollegen, der sie eigentlich schon längst von sich gedrückt hatte und ging in die Knie, den Rumpf so weit nach vorne gebeugt, dass die Stirn den Boden berührte. "Ich habe jede Strafe verdient, die ihr zu verhängen wünscht Onkel, nur bitte straft nur mich. Keiner in diesem Haus hat mir dabei geholfen, ich habe sie dazu genötigt mich gewähren zu lassen", eine demütigende Art und Weise jemandem vorzuspielen man sei ihm in Angst und Schade erlegen, aber was sollte sie tun, es tat ihr mehr weh, wenn andere für ihre Taten leiden musste, als wenn man sie dafür strafte. "Du kleines....", ihm blieb mal wieder vor Zorn das Schimpfwort im Halse stecken, "Ich sollte dich anketten, auspeitschen! Wie man es früher mit Sklaven gemacht hat, vielleicht verstehst du dann endlich was Loyalität heißt!" Loyalität, Naomi war Loyal, bedingungslos loyal zu ihrem Freunden, Menschen die sie achtete und mochte, aber niemals in ihrem Leben zu ihm. Zumindest wenn es nach ihr ginge.

Seraphim war ein Mensch, der wahnsinnig gerne im Mittelpunkt stand. Das bedeutete oft, dass er anderen dieses Scheinwerferlicht nicht gönnte und beinahe schon unterbewusst etwas gegen jede Dramatik, die sich neben ihm aufbaute, tat. Wenn Drama dazu diente, ihn in den Augen eines potenziellen Stelldicheins irgendwie interessanter wirken zu lassen, hatte er wirklich nichts dagegen und würde sich sogar noch anstrengen, einen solchen Eindruck zu erwirken, aber wenn er eine Sache nicht leiden konnte, dann waren das Leute, die sich gerne reden hörten. Eigentlich albern, weil das ebenso auf ihn zutraf. So kam es, dass Seraphim Naomi noch bei der abwärts gerichteten Bewegung unter der Achselhöhle griff und nicht zuließ, dass sie auch nur irgendetwas tat, was er für unter ihrer Würde befand. Er schoss ihr einen warnenden Seitenblick zu, der ihr untersagen sollte, auch nur irgendetwas in dieser Art jemals wieder zu tun und wandte sich dann dem Neuankömmling zu. Rotes, langes Haar, offenbar Jonathans Vater und damit der Hausherr - als würde das Seraphim auch nur irgendwie kümmern. Um genau zu sein, fühlte er sich ein wenig beleidigt von diesem Mann, der es wagte, ihn als einen von Naomis kleinen Freunden abzustempeln und der sich anmaßte, so mit ihm zu reden, ihm, dem Sohn von Grandine selbst! Sein Blick wandte sich erneut zu dem blonden Mädchen an seinem Arm und er zog sie ein wenig mehr zu sich. Damit war jetzt ein für alle mal Schluss. Es regte ihn auf, dass er hier den Helden spielen musste, weil der Rest der Welt mit all ihren Gutmenschen und moralisch Wertvollen offenbar zu nichts taugte und was ihn noch ärgerlicher machte, war die Tatsache, dass er Naomi offenbar würde umerziehen müssen. Leicht resignierend atmete er seufzend aus und bedachte den Hausherren danach mit einem abwertenden, gelangweilten Blick, dass man kein Genie sein musste, um seine überhebliche Verachtung daraus heraus lesen zu können.
"Du solltest besser auf deine Zunge Acht geben, niederes Menschlein... am Ende verlierst du sie noch..." Er schnalzte mit seiner eigenen und machte eine weitschweifende Geste um sich herum, mit dem Arm, welcher nicht dazu benutzt wurde, Naomi bei sich zu halten. "Nur weil du hier dein eigenes, kleines, wertloses Stückchen Welt zu haben glaubst, solltest du nicht vergessen, wo dein Platz ist. Ich bin nicht einer von Naomis kleinen Freunden, wie du so schön gesagt hast, ich bin der Freund dieses Mädchens, der dir dein erbärmliches Leben zum Alptraum machen und dein kleines Reich in Schutt und Asche legen kann. Ich bin einer der Dragonslayer, die die allmächtigen Drachen zu den Menschen geschickt haben und ich bin ein Sephirot der Gilde dieser Stadt. Naomis Gilde. Diese... Familie...", er spie das Wort beinahe aus, so viel Geringschätzung lag in seinem Ton, "hat ab sofort nichts mehr mit diesem Mädchen zu schaffen. Sie braucht euch nicht, weil sie uns hat." Während der ganzen Ansprache war seine Stimme nicht lauter, nicht agitierter, nur schneidender und kälter war sie mit jeder Silbe geworden. Mit einer abgehackten Bewegung drehte er den Kopf zu Naomi und blickte sie an, mitten in das Gesicht, das sich bei näherer Betrachtung in ihren Grundzügen wohl doch wenig verändert hatte. Seine Miene hatte sich verhärtet, war ernster geworden, was man von ihm wahrhaftig nicht gewohnt war. "Naomi Kagekami!" Die dunkle Stimme hatte nichts von ihrer Intensität, aber einiges von ihrem Frost eingebüßt, als sie sich an sie gewandt hatte, "Ich verbiete dir, dich jemals wieder den Wünschen, Befehlen oder sonstigen Worten dieses Mannes zu beugen. Sei es im übertragenen Sinne oder sogar wortwörtlich." Seraphim schüttelte den Kopf und rollte leicht mit den Augen, setzte aber noch nach: "Das ist weit unter deiner Würde."