Der Weißhaarige würde keine Entzugserscheinungen bekommen? Dann konnten die beiden Magier ja getrost mit ihrer Arbeit beginnen, und Leyla lächelte nur kurz freundlich. Wenn er problemlos arbeiten konnte und nicht ständig an eine gewisse Kellnerin denken musste, sollte die Mission machbar werden. Betrachtete man sich nur die Beschreibung des Auftrages, klang es nicht so, als ob der Auftrag wirklich körperlich anstrengend würde- eher musste man sich auf die eigene Intelligenz, Logik und Kombinationsfähigkeit verlassen. Die Magier mussten Tiere suchen, also hieß es zu Beginn Spuren suchen, Informationen sammeln und Indizien folgen. Bestimmt würden die beiden viel laufen müssen, aber wichtiger wäre es, dass beide auf ihrer geistigen Höhe waren- und wenn einer von ihnen oft abgelenkt wäre, da er sich danach sehnte, mit jemand bestimmten die Zeit zu verbringen, könnte die Suche nur unnötig erschwert werden. Ob es aber zu einer Auseinandersetzung zwischen den Magiern von Blue Pegasus und irgendwelchen Dieben kam, konnte nur die Zukunft zeigen. Zu dem Thema Stärke müssen natürlich alle Magier ihre Magie trainieren, doch der überwiegende Teil derer, die diesen Beruf ausüben, müssen sich ebenfalls trainieren. Durch ihre Magie können sie magische Angriffe starten oder sich selbst stärken, müssen aber auch, besonders zu Beginn ihrer Karriere, viel auf ihre körperlichen Voraussetzungen zurückgreifen. Ein Stellarmagier besaß den Luxus, andere für sich kämpfen lassen zu können, doch gibt es diesbezüglich einen kleinen Hacken: Bis man einen solchen Geist beschwören kann, muss man seine magischen Fähigkeiten lange trainieren. Der Espérance könnte sich problemlos einen Silber- oder sogar Goldschlüssel kaufen, der einen Kämpfer beschwören würde, am Geld sollte es nicht mangeln, doch selbst wenn der Stellarmagier über ein solches Exemplar verfügen würde, wäre er zu schwach und unerfahren, den Geist zu beschwören. Bisher konnte er nur die schwächsten Unterstützungsgeister beschwören und diese offensiv nutzen zu können, steht außer Frage. Maximal könnten sie sich für eine kurze Ablenkung eignen, mehr aber auch nicht. Ein Magier wie Emaru hatte es dann bereits einfacher, da er bereits auf niedrigem Niveau Zauber erlernen konnte, die man offensiv verwenden konnte. Welche Möglichkeit zum kämpfen wirklich besser war, sollte jeder für sich selbst entscheiden.

Nun befanden sich die beiden Magier also in dem Abteil und konnten komfortabel reisen. Der Zug war klimatisiert, also konnte die kurze Reise doch recht angenehm werden. Aber vor allem waren die beiden Magier ungestört, wodurch die Arbeit besser laufen könnte. Schließlich konnten sie sich so ungestört beraten- falls es überhaupt etwas zu bereden gab. Emaru würde gerne ein Nickerchen halten und Leyla würde sich wahrscheinlich ausmalen, wie die Quest werden konnte- um dann nur im Endeffekt enttäuscht werden, wenn es anders kommen würde. Der Dargin unterbrach die Stille, indem er einige neue Informationen preisgab. Das Dorf besaß verwunderlicher Weise keinen Bahnanschluss und man müsste einige Kilometer dorthin laufen, welche man theoretisch bereits nutzen konnte, um sich erste Eindrücke zu sammeln. Dann hätten die Magier möglicherweise ein Problem, eine Schlafstätte zu finden, wobei dies nicht unmöglich sein müsste. Vielleicht gab es ja irgendeinen Mirobianer, welcher von dem dortigen Standard abwich und ein Paar fremder Hilfskräfte beherbergte? Während der Finsternismagier berichtete, ereignete sich das, was normalerweise viel Öfters passierte: die Körperspannung und Emotionen veränderten sich langsam, um genau zu sein in das negative. Noah übernahm wieder die Kontrolle über den Körper, nachdem Leyla für einen längeren Zeitraum diesen Luxus besaß. Jetzt war es etwas anderes, da es keine großen Menschenmassen mehr gab, die der Espérance als störend empfand. „Eine Frage hätte ich noch.“, eröffnete Noah. Seine Voraussicht, erst wieder im Zug ansprechbar zu sein, bewahrheitete sich nun. „Weißt du zufällig, wie die geographische Lage von Mirobi ist? Gibt es beispielsweise viel Wald, indem sich Tiere oder andere gut verstecken könnten?“ Wenn es die dortige Natur viele Verstecke bot, würde die Suche nur unnötig erschwert. Handelt es sich bei der Umgebung aber primär um beispielsweise Wiesen, könnte sich Suche vielleicht erleichtern.

„Geographische Lage, hm...?“, wiederholte Emaru den Kern der Frage seines Partners. Die Veränderung hatte er natürlich bemerkt, und da Leyla ihr Leyla-Sein bereits bestätigt hatte, musste das jetzt wohl wieder Noah sein. Es war wesentlich einfacher, mit einem Jungen im Körper eines Jungen frei zu sprechen, als zwischen Körper und Persönlichkeit unterscheiden zu müssen – wie es wohl wäre, wenn er in Leylas Körper steckte und nicht andersherum? War es anders, mit einem Jungen im Körper eines Mädchens zu sprechen? Wahrscheinlich hing das davon ab, wie gut das Mädchen aussah, und wie deutlich ihre Weiblichkeit ausgeprägt war; und tatsächlich, Überraschung, dachte der Dargin dabei nicht nur an ihr Gesicht. Aber sich darüber den Kopf zu zerbrechen, war jetzt eher nicht angebracht, eher sollte er eine Antwort suchen. „Das ist eine gute Frage... Also, was die Lage Mirobis angeht...“ Innerlich durchforstete er noch einmal alle Informationen, die ihm sein Bruder dazu gegeben hatte, oder zumindest die, an die er sich erinnerte – bei seinem Gedächtnis war das wahrscheinlich nur ein Bruchteil dessen, was ihm tatsächlich gesagt worden war. Doch es kam einfach nichts zum Terrain. Vielleicht wusste er darüber wirklich nichts, vielleicht hatte er es auch einfach vergessen, aber zu diesem Zeitpunkt konnte er dazu einfach wirklich nichts sagen. Eine Antwort brauchte er natürlich trotzdem... „Informationen habe ich dazu noch nicht, aber ich schätze, wir werden uns auf dem Weg ins Dorf ein Bild darüber machen können. Ich meine, wir laufen ja lang genug...“ Jetzt konnte er ein Gähnen nicht mehr zurückhalten, schaffte es aber noch, sich die Hand vor den Mund zu halten und dabei sogar irgendwie elegant auszusehen. Da er seine Familie kannte, konnte er nicht sagen, es lag ihm im Blut, aber diese Eleganz war ziemlich natürlich für ihn... vielleicht unterstützten ihn ja auch seine weißen Haare dabei. Oder bei seiner Geburt hatte er alle guten Eigenschaften bekommen und sein Zwilling alle schlechten; ja, das wäre logisch, denn auch besagten Zwilling kannte er. Eleganz? Kein bisschen. Elan? Kein Stück. Talent? Fehlanzeige. Emaru und Jin Dargin, auch wenn sie sich sehr ähnlich sahen (abgesehen von etwa zwanzig Zentimetern Körpergröße), waren zwei völlig unterschiedliche Personen mit wenig, das sie verband. Eine Sache war wohl die häufige Müdigkeit, der Emaru jetzt schon fast wieder unterlag. Am Liebsten hätte er sich einfach zurück gelehnt und geschlafen, doch das ging nicht... er musste doch aufpassen, dass sie die richtige Haltestelle erwischten... und er war Noahs Ansprechpartner... und er war... müde...

Tbc: Mirobi und Umgebung

Heut war ein guter Tag. Heut war ein freier Tag. Warum? Erstens hatte Nia mittlerweile durch ihre Nebenaktivität genug verdient, um ihre Wohnung und den dazugehörigen Lebensstandard eine Weile zu unterhalten. Dadurch hatte sie sich eine kleine Auszeit als Kellnerin geleistet, damit sie ihrer eigentlichen Profession folgen konnte. Sie war Magierin, ein Mitglied einer großen Gilde und trotzdem hatte sie noch nie auch nur einen Auftrag erfüllt, der an der großen Korkwand hing. Dabei wurde sie doch erst dadurch zu einem echten Gildenmitglied. An diesem wundervollen Frühlingstag hatte sich das Mädchen also eingeredet etwas daran zu ändern, endlich ein aktives Mitglied der Gesellschaft zu sein. Und da das Wetter dies erlaubte, wollte Nia dies in einer etwas - man könnte sagen - bequemeren Kleidung erledigen. Sommerkleidung wäre dafür durchaus ein Begriff gewesen, wie die Blondine später vor dem Gildenhaus stand. Dunkle Hotpants mit knielangen Strümpfen in der gleichen Farbe, damit man das Gildenemblem noch gut erkennen konnte. Dazu eine passende, gelbe Bluse als Oberteil, halboffene, schwarze Schuhe und natürlich durfte nicht der obligatorische Haarreif auf dem Kopf fehlen. Etwas zu freizügig? Vielleicht. Nia störte sich aber nicht daran etwas Haut zu zeigen. In der fernen Vergangenheit hatten einige Völker durchaus noch weniger Kleidung am Leib. Dort störte man sich auch nicht an der Nacktheit des Anderen. Warum sollte man das heute also anstößig finden oder sich sogar dafür schämen? Die Natur hatte sie schließlich in dieser Gestalt erschaffen. Trotzdem musste man sich in der heutigen Zeit an einige soziale Normen halten. So konnte die Magierin plötzlich nicht einfach barbusig durch die Straßen der Stadt marschieren.
Genug aber von der kleinen Exkursion um Kleidung. Nia hatte immerhin dringendere Angelegenheiten, um die sie sich kümmern musste. Zielgerichtet durchschritt sie also die Eingangstür, steuerte direkt auf das große, lange Korkbrett zu und blieb dann erstmal einige Zeit lang stehen. Mit großen Augen musterte sie jeden einzelnen Zettel vor sich, schüttelte dann jedoch enttäuscht den Kopf und seufzte einmal laut. Laut den Beschreibungen gab es keine Einzelaufträge. Es waren immer mindestens zwei Magier angegeben, die den Job erledigen sollten. Das Problem daran war nur leider, dass sie alleine war. Nia kannte leider noch keine anderen Magier in der Gilde gut genug, um diese nach einem Gefallen zu fragen. Demnach blieb ihr erster, echter Auftrag wohl weiter ein Traum. Recht geknickt setzte sich das Mädchen auf eine nahe Bank und stützte den Kopf auf beide Hände. Was sollte sie jetzt nur mit ihrer freien Zeit anfangen? Sie hatte keine anderen Pläne für heute gemacht, damit sie sich ganz ihrer Gildenschaft hätte hingeben können. Daraus wurde nun ja aber leider nichts. So hatte sie zumindest gedacht. Tatsächlich wurde ihr Wunsch heute aber doch noch erfüllt. Man hätte es einen Wink des Schicksals nennen können, aber gerade, als sich entschied wieder nach Hause zu gehen, fragte eine Stimme in Raum wirklich nach, ob sie jemand auf einen Auftrag begleiten würde. Zwar kannte Nia nicht die Details, das war für sie in diesem Augenblick allerdings völlig egal. Diese Gelegenheit durfte sie sich nicht entgehen lassen. Sofort hob sie ihren Arm in die Höhe. "Hier! Ich." Zusätzlich erhob sich die Blondine nun und schaute sich in der Halle um. Wo war das Gesicht zur Stimme?

Noch immer wedelte Tascha mit dem Aufgaben zettel in der Höhe herum und versuchte das Interesse von anderen Mitgliedern der Gilde zu wecken. Leider sah sie nur in desinteressierte Gesichter, die alles andere, als willig waren mit ihr diese Aufgabe zu bestreiten. Gerade als sie aufgeben und sich in der Stadt irgendwie Geld beschaffen wollte, sah die silberhaarige Magierin eine Hand, die sich erhob. Also würde sie doch noch jemanden finden, der sie begleiten würde, innerlich atmete Tascha auf, denn ehrlich gesagt hatte sie keinen Schimmer, was sie hätte tun können, um an Geld zu kommen. Daher freute sich Tascha ehrlich, als sie an der Hand herunter blickte und ein blondes Mädchen in gelber Bluse erblickte. Es stand zwischen einer Gruppe Magier und sah sich etwas um. Suchte sie etwa Tascha? Wenn dem so war, würde sich de silberhaarige Magierin natürlich sofort vorstellen und dem Mädchen etwas über die Quest erzählen. Vorsichtig schob sich Tascha an einer schwarzhaarigen Magierin vorbei, die ihr, mit ihren viel zu langen und scharf manikürten Fingernägeln brennende, rote Striemen auf den rechten Oberarm zeichnete. Als sie endlich das blonde Mädchen erreicht hatte waren die Striemen zum Glück nur noch als schwache Rötung zu erkennen und es brannte nicht mehr. Mit einem freundlichen Lächeln blickte die Eisalchemistin in die grünen Augen des Mädchens und begrüßte sie. „Hallo, ich bin Tascha. Du willst mich also nach Hosenka Town begleiten? Das ist wunderbar, heute scheinen viel hier keine Lust auf Arbeit zu haben, aber ich brauche das Geld.“ 'Für Essen.' So sah es nun einmal aus, Tascha brauchte das Geld nicht für ihre Miete, das hatte sie schon längst zurückgelegt, nach jedem Auftrag legte sie einen Teil zurück, damit sie wenigstens drei Monatsmieten daheim liegen hatte, bei ihrem Lebensmittelbudget sah es leider anders aus, da konnte es nie genügend Geld geben. Aber Tascha kam über die Runden indem sie einfach ein paar Aufträge mehr erledigte. Und dieser Auftrag hier schien so verlockend, es reichte, dass Buletten erwähnt wurden. Ohne zu fragen ergriff Tascha die Hand des Mädchens und zog sie in die Richtung eins freien Tisches. „Komm mit, wir können uns dahin setzen und über die Aufgabe reden. Das ist doch wesentlich angenehmer, als es im Stehen besprechen zu müssen.“ 'Außerdem kann ich mir eines meiner letzten Sandwiches genehmigen.' Immer diese Hintergedanken, aber so war Tascha nun einmal, essen ging über alles. Mit einer schnellen Bewegung nahm Tascha auf einem der Stühle platz und wartete darauf, dass das blonde Mädchen sich ebenfalls gesetzt hatte. Währenddessen kramte die Magierin bereits ein in Butterbrotpapier eingewickeltes Sandwich aus ihrem Beutel, das sie sogleich aus seiner Verpackung löste. Der Duft von frischem Schinken und einer Lage Cheddar steig Tascha in die Nase und ließ ihr das Wasser wieder einmal im Mund zusammenlaufen. Doch bevor die Magiern wirklich hinein beißen konnte, musste sie wenigstens damit beginnen die Aufgabe mit dem blonden Mädchen, vielleicht sollte Tascha mal nach ihrem Namen fragen, zu beginnen. „Ah, schon viel besser. Im Sitzen redet es sich doch viel angenehmer. Also, wie ist dein Name? Ich heiße, wie ich schon gesagt habe, Tascha und wo ich schon dabei bin mich vorzustellen, ich benutze hauptsächlich Eisalchemiemagie. Aber ich bin gerade dabei zu lernen, wie man Papier manipuliert. Wie sieht es bei dir aus?“ Ob sie gerade zu sehr mit der Tür ins Haus fiel? Eigentlich war es ja nicht viel, was sie gesagt hatte, ihren Namen und ihre magischen Fähigkeiten, noch nicht einmal ein Wort über die Quest war gefallen. Zum Glück hatten sie noch etwas Zeit, der nächste Zug nach Hosenka Town würde noch nicht abfahren. Wäre Emaru heute hier gewesen, würde er ihr den gesamten Plan aufzählen können, hinsichtlich des Fahrplanes war ein Gedächtnis ungeschlagen. Aber Emaru war nicht nötig, damit Tascha wusste, dass sie noch etwas Zeit hatten.

Vielleicht war es den noch vielen unbekannten Gesichtern im Raum geschuldet, allerdings konnte Nia immer noch nicht den Ursprung der Stimme ausmachen. Nach dem vergangenen Klang zu urteilen, musste sie ungefähr nach einer anderen Magierin in ihrem Alter Ausschau halten. Aus Aufregung vor ihrem ersten Auftrag oder schlicht einer gewissen Unaufmerksamkeit gestaltete sich diese simple Aufgabe jedoch als unlösbar. Was konnte sie also tun? Eigentlich nichts. Einzig Geduld konnte ihr nun in diesem Moment helfen und glücklicherweise wurde sie auch recht bald von ihrer zukünftigen Partnerin von selbst erlöst. Sie hatte eine wirklich interessante Erscheinung. Langes, silbernes Haar, einen recht schlanken Körper - es schien Nia fast so, als wäre sie in diesem Augenblick dicker geworden, nur aufgrund der Anwesenheit ihres Gegenübers - und ein schickes, rotes Kleid. Alles in Allem machte sie zudem einen wirklich freundlichen Eindruck auf sie. Zumindest verlor sie keine großen Worte und setzte ihr Handeln gleich in die Tat um. "Äh.. Hallo. Nett dich kennen zu lernen, Tascha.", fing die Blondine an. "Ja, das hast du richtig verstanden. Ich will dich nach Hosenka Town begleiten." Den Stadtnamen hatte Nia zwar jetzt das erste Mal gehört, aber ihr war es ja eh egal, worum es sich hier handeln sollte - vorerst. Natürlich wären ein paar kleine Höhlen oder möglicherweise sogar Ruinen in der Nähe ihres Arbeitsplatzes nämlich von Vorteil, um ihren Durst nach Beschäftigung anderweitig zu stillen. "Jeder braucht Jewel. Wer kann da schon einem kleinen Nebenverdienst widerstehen?" Sie lächelte die Silberhaarige warm an. Kurz darauf wurde die Blondine weggezerrt. Tascha hatte einfach so ihre Hand ergriffen und zog sie wie ein kleines Kind hinter sich her. Erst war Nia aufgrund des plötzlichen Geschehens ziemlich perplex, lies sich dann aber ohne Widerstand führen. Eine direkte Handlungsweise war ja nichts schlechtes und außerdem sollte ihre neue Bekanntschaft kein schlechtes Bild von ihr bekommen. An einem leeren Tisch angekommen, setzten sie sich beide dann hin. Nun konnte das eigentliche Gespräch beginnen, auch wenn Tascha sich zuerst um ihr Sandwich kümmerte. "Sitzen ist wirklich angenehmer." Sie nickte zustimmend ihrem Gegenüber zu. "Du.. kannst mich Nia nennen, Nia Mel Mata. Meine Magie? Nun.. ich übe mich in der Kunst des Solid Script aus, wenn sie dir bekannt ist. Man könnte es als eine Art magischer Schrift bezeichnen. Leider bin ich aber noch nicht allzu gut darin meine Kräfte zu kanalisieren. Im Gegensatz zu dir, bin ich wohl eine blutige Anfängerin." Sie kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Ihre potentielle Partnerin hatte schon angefangen ihre zweite Magie zu lernen, dagegen sah sie wirklich nicht gut aus. Hoffentlich würde das aber die Entscheidung sie mit auf diesen Auftrag zu nehmen nicht negativ beeinflussen. Wobei, Nia kannte immer noch keine großen Details ihres bevorstehenden Abenteuers. Es wurde also Zeit mal in dieser Richtung nachzufragen. "Was unseren Auftrag in Hosenka Town betrifft... worum geht es da eigentlich genau?" Voller Neugier blickten die grünen Augen ins Gesicht der Silberhaarigen.

Die blonde Magierin hatte, wie Tascha es sah, die richtige Einstellung, zu einem Nebenverdienst nicht nein sagen war doch immer gut. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass die Eisalchemistin genau das gleiche tat, gezwungenermaßen, denn ihre Lebensmitteleinkäufe rissen das eine oder andere Loch in ihr Portemonnaie. Auf jeden Fall war Tascha das Mädchen sehr sympathisch. Nun nachdem Tascha sich vorgestellt hatte und die andere an die Reihe kam, hielt sie beinahe nichts mehr von ihrem Sandwich ab, leise das Papier abfummelnd, versuchte sie noch zuzuhören, wie das Mädchen sich vorstellte. Nia Mel Mata? Ein recht ungewöhnlicher Name, wie Natascha fand, aber jedem das seine und vielleicht mochte sie ihren Namen ja besonders, weil er nicht so gewöhnlich war, wie andere. Aber es war nicht der Name, der Tascha aufhorchen ließ, immerhin war die Ablenkung durch das Sandwich riesig, es war ihre Magie. Zum Glück hatte Tascha noch nicht hinein beißen können, sie hätte sonst hundertprozentig mit vollem Mund geredet. Kein sehr damenhaftes Benehmen, aber wenn es bei Tascha um die Frage ging Höflichkeit oder Essen, gewann das Essen immer. „Solid Scirpt? Ich habe schon davon gehört und mal versucht es mit meiner Eisalchemie zu imitieren. Hat nicht gut geklappt, selbst einfache Buchstaben sind schwerer, als man denkt. Da finde ich Skulpturen, wie ich sie verwende angenehmer zu erzeugen. Obwohl einer meiner Zauber wenigstens ein Kreis ist, das O kann ich schon einmal.“ Passend zu ihrer letzten Aussage kicherte Tascha ein kurzes Mal, bevor sie sich dem Questzettel in ihrer Hand widmete, genau wie Nia, wollte sie nämlich wissen worum es ging. Bisher war sie nicht über das Wort Bulette hinaus gekommen. Das Papier raschelte leise, als das silberhaarige Mädchen den Zettel auf dem Tisch ausbreitete, so würde Nia den Text vielleicht auch lesen können. Denn Tascha war sich fast sicher, dass sie das Wort Bulette wieder ausbremsen würde. 'Und wenn ich einfach den nächsten Satz lese?' Langsam las die Magierin den zweiten Satz still vor sich hin, aber auch hier kam sie nicht weiter, denn ein Besitzer eines Hamburgerladens … und weg war sie. Fast so, als wäre Tascha Analphabetin, sobald es ums Essen ging oder sie hatte einfach nur Hunger. Das konnte nicht so weiter gehen, nicht, dass Nia Tascha für unfähig hielt einen einfachen Text zu lesen. Unbewusst blickte Tascha zu ihrem Sandwich, konnte das eine Möglichkeit sein? Eine Ablenkung durch eine andere Ablenkung ersetzen? Nun, selbst wenn diese Idee nicht helfen würde, hätte Tascha wenigstens etwas im Magen. Deswegen nahm sie das Sandwich aus dem Papier und biss ein großes Stück davon ab. Der rauchige Geschmack des Schinkens ließ die Magierin leise stöhnen, zum Glück nicht so laut, dass Nia sie hätte hören können. Kaum hatte sie den ersten Bissen getan, schweiften ihre Gedanken auch schon ab, dennoch versuchte sich das Mädchen darauf zu fixieren wenigstens die Questbeschreibung zu verstehen. An sich stand nicht viel auf dem Stück Papier, aber da mindestens fünf Mal Essen erwähnt wurde, wäre Tascha hungrig nie ans ende des kurzen Textes gekommen. Mit vollem Mund wandte sie sich an Nia. „Hier fteht etwaf von Fabotage in einem Reftaurant in Hofenka. Leider erklärt der Auftraggeber nift wirklich, waf genau unfere Aufgabe fein wird.“ Endlich schluckte Tascha den Bissen herunter und sprach wieder normal, ob Nia das von eben verstanden hatte? „Ich denke wir müssen den Mann selbst fragen, wenn wir in seinem Restaurant sind.“ Damit faltete die Magierin das papier zusammen und schob es in ihre Tasche, die Aufgabe klang nach etwas detektivischem. Herausfinden, der das essen sabotierte und den Übeltäter schnappen.

Obwohl Maenor aufgrund seiner seltenen Besuche ein ungewöhnlicher Blickfang in der Gilde war, schlenderte er dennoch relativ sorglos umher, nachdem er lang genug in den Sesseln am Kamin gesessen hatte. Es war wirklich mal abwechslungsreich, sich komplett entspannen zu können. Dies war nämlich einer der wirklich wenigen Orte, an dem er sich nicht verkleiden oder Erkennung durch seine Feinde fürchten musste. Weitere Ausnahmen waren sein eigenes kleines Appartement und die diversen Kampfschulen und Orden, die er in den letzten dreieinhalb Jahren besucht hatte. Doch warum handelte es sich überhaupt um einen seltsamen Anblick, den Schwertkämpfer mal in dem Gildenhaus zu Gesicht zu bekommen? Um genau zu sein, reiste der Fice die meiste Zeit des Jahres umher und ließ sich nur alle ein, zwei Monate mal in der Gilde blicken, um einen Auftrag zu erledigen. Und das wiederum ließ nur einen logischen Schluss zu … Maenor war pleite – wieder mal. Die Miete stand aus, und da er dem alten Vermieter keine Aufregung und hohen Blutdruck zumuten wollte, schien es das Beste für alle Parteien zu sein, wenn er seinen Geldbeutel ordentlich füllte. Außerdem benötigte er ein wenig Kleingeld, für etwas anderes, das er vorhatte, doch dies ist weder Zeit noch Ort, um darüber zu sprechen.
So kam es also, dass der junge Mann das Questboard der Gilde eingehend studierte, um einen möglicherweise interessanten Auftrag zu finden. Ohne großen Erfolg jedoch, wie er enttäuschend feststellen musste. Die vorhandenen Aufträge sprachen ihn entweder nicht wirklich an oder ließen sich nicht alleine erledigen. In diesem Augenblick bereute Maenor es fast ein wenig, dass er überhaupt keinen Kontakt zu den meisten Mitgliedern seiner Gilde hatte. Und den einen unter ihnen, den er am besten kannte, wollte er möglichst schnell wieder vergessen. Vielleicht war es an der Zeit, neue Freundschaften zu schließen. Gesagt, getan. Und wie es der Zufall so wollte, befanden sich zwei junge Frauen an einem nahen Tisch und besprachen etwas über eine Quest. Genaueres ließ sich nicht vernehmen, da der Fice einfach zu weit entfernt war, um das ganze Gespräch mit anhören zu können. Aber schließlich lauschte man auch nicht, oder? Keine von ihnen war ihm jemals über den Weg gelaufen, und obwohl er schon seit gut drei Jahren in Blue Pegasus tätig war. Von daher konnte er auch nicht feststellen, ob es sich hierbei um alteingesessene Veteranen handelte oder doch eher Frischfleisch. *Na dann mal los, wer nicht wagt, der nicht gewinnt.* Gemächlich näherte er sich dem Tisch und hoffte, dass es nicht allzu unhöflich war, mitten in ihre Unterhaltung zu platzen. Ein entwaffnendes Lächeln seinerseits würde die Situation – hoffentlich – ein wenig auftauen lassen. „Hallo, ich heiße Chibi und habe mitbekommen, dass ihr auf eine Quest gehen wollt. Deshalb wollte ich fragen, ob ihr denn noch Platz für eine weitere Person habt?“ *Ich brauche ganz dringend Jewel!* Jetzt galt es nur noch die Daumen zu drücken und auf eine positive Antwort zu hoffen.

Es war eine interessante Erfahrung sich mit einer mehr oder weniger gleichgestellten Person über Magie zu unterhalten. Natürlich hatte sich Nia in all den Jahren viel mit Lehrern, besonders mit einem bestimmten Hauslehrer, Professoren oder mit Experten auf dem Gebiet der Magie unterhalten, aber es war einfach kein Vergleich, wenn der Gesprächspartner nicht auf einen herabsah, sondern das Gegenüber sogar lobte. Ja, wirklich. Tascha hatte die Worte nicht direkt ausgesprochen, da sie allerdings meinte, dass Solid Script nicht leicht zu meistern sei, pinselte sie indirekt doch schon den Bauch der Blondine. Möglicherweise interpretierte Nia aber auch allzu viel in diese Sache hinein. Es war schließlich immer besser das Gespräch mit einem positiven Erlebnis zu beginnen. Sie hatte ja adurchaus ähnlich gehandelt. "So schwer ist Solid Script eigentlich auch wieder nicht, wenn man sich mit der Materie beschäftigt, aber ja, diese Magie zu imitieren würde immer in Fehlschägen resultieren. Sie ist in ihrer Form und Wirkungskraft recht einzigartig." Schmunzelnd strich sich Nia eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ein O ist doch schonmal etwas. Sind Skulpuren aus Eis aber nicht eigentlich schwieriger zu modelieren? Immerhin hat das Material je nach Aggregatszustand eine feste Form und dann noch diese ganzen Details.. Ich kann mir das nicht vorstellen." An diesem Punkt verebbte das Gespräch zwischen den beiden jungen Magierinnen etwas. Die eine wusste nicht mehr, was sie noch ansprechen sollte und die andere wurde magisch von ihrem Sandwich angezogen. Bei näherer Betrachtung wurde sie von diesem Stück Brot nicht nur angezogen, sondern fast schon hypnotisiert. Erst konnte sie ihren Blick nicht mehr davon lösen und dann war es zudem noch interessanter als die eigentliche Quest. Naja, wenigstens schob Tascha den Zettel mit der Beschreibung in die Mitte des Tisches, wodurch Nia währenddessen die Worte studieren konnte. Insgesamt war es doch ein recht kurzer Überblick über ihre folgende Aufgabe. Angegeben war nur der Ort, der Auftragssteller selbst und sein Anliegen. Anscheinend sollen seine Speisen - oder besser gesagt Buletten - sabotiert werden. Es stellte sich zwar die Frage, warum dies überhaupt lohnenswert war, allerdings ging es nicht darum die Sinnhaftigkeit des Verbrechens zu hinterfragen, sondern selbiges zu verhindern. Mittlerweile schien die Weißhaarige sich auch etwas von ihrem Sandwich losreißen zu können und wiederholte die Worte noch einmal. Hätte sie das jedoch ohne vollen Mund getan, hätte das Nia sicherlich besser gefallen. So war erstens ihre Aussprache schwer zu verstehen und zweitens spuckte sie auf diese Weise Speichel und Essenreste auf den Tisch. Instinktiv hatte die Mel Mata aus diesem Grund auch sofort ihre Hände zurückgezogen. Sie war zwar nicht wirklich empfindlich, eklig war es nichtsdestotrotz. Wenigstens erlöste Tascha sie recht bald von diesem überraschendem Bombardement, indem sie den Rest runterschluckte und den Zettel in ihre Tasche steckte. "Äh.. ja, das müssen wir wohl machen. Wann sollen wir denn aufbrechen?" Eine einfache Frage, eine einfache Antwort. Das hatte Nia zumindest erwartet. Was jedoch folgte, kam etwas unvorbereitet. Ihre Unterhaltung hatte anscheinend das Interesse eines anderen Magiers auf sich gezogen. Ihr Besucher mit den kastanienbraunen Haaren und seinem auffälligen, goldenen Augenpaar wollte sie auf jedenfall begleiten. "Hallo Chibi." Nia drehte sich zum Neuankömmling um und begrüßte ihn mit einem warem Lächeln. "Ich hätte nichts dagegen, wenn du uns begleiten willst. Mein Name ist übrigens Nia. Das ist Tascha."

Offenbar hielt Nia die Magie der Eisalchemistin ebenfalls für recht komplex.Komplexer, als Solid Script sogar. Das konnte Tascha gar nicht wirklich verstehen. Schon früher, als sie mit Jason geübt und die ersten Skulpturen erschaffen hatte, schien es eigentlich ganz einfach, wenn man es erst einmal vollbracht hatte das Eis zu erzeugen. Jedenfalls hatte Tascha noch nie wirklich ein Problem damit gehabt ihre Vorstellungen nicht in Eis zu erfassen. Die eigentliche Herausforderung, die die Magie ihr gerade stellte, war eher die Papiermagie, die keine Ähnlichkeit mit dem Eis, das sich schon lange kannte, hatte. „Ich glaube kaum, dass meine Magie komplizierter ist. Du musst es dir ja so vorstellen, ich brauche nur ein Bild in meinem Kopf und die Statue wird durch meine Magie erschaffen, bei dir werden Worte gebildet, das ist wesentlich komplexer, da man sich unter Buchstaben nichts Plastisches vorstellen kann. Als Kleinkind kann man ja auch ein Bild von einem Hund malen und sagen, dass es ein Hund ist, aber das heißt nicht, dass man es schreiben kann. Aber eigentlich ist es recht unerheblich, wie komplex unsere Magien sind, immerhin haben wir sie ja gemeistert und bauen sie nun immer weiter aus.“ Man merkte, dass Tascha das Thema lieber schleifen ließ. Solche Gedanken konnten ganz schnell Konkurrenzkampf erzeugen und das konnte die Magierin auf der Quest nicht gebrauchen. Wenn sie schlechte Arbeit leisteten, würden sie ja weniger Geld bekommen und sie musste hungern. … Hatte hier eigentlich irgendjemand daran geglaubt, dass es Tascha um die Ehre der Gilde oder einen ordentlich ausgeführten Job ging? Es ging eben immer alles um die nächste Mahlzeit der jungen Frau, das ließ sich nicht abstreiten.
Nachdem die Magierinnen sich den Zettel angesehen hatte, der sie darüber informieren sollte, was sie zu tun hatten, fragte Nia, wann sie denn aufbrechen würden. Zwar kante Tascha den Fahrplan der Züge Nicht unbedingt auswendig, aber es schien ihr angebracht langsam los zu gehen, immerhin war es besser, wenn sie im Bahnhof warten mussten und nicht den Zug verpassten, weil sie hier die Zeit vertrödelten. „Ich denke wir sollten langsam los gehen, der Zug müsste auch bald ankommen und dann sind wir in Null Komma Nichts in Hosenka.“ So souverän, wie sie über das Zugfahren sprach, schien es beinahe so, als würde sie schon lange in einer Stadt mit Bahnhof leben und ständig unterwegs sein, dabei war ihre erste Begegnung mit einem Zug kaum mehr als ein Jahr her. Noch immer war es alles andere, als gewöhnlich für die junge Magierin und eigentlich hat sie kaum eine fahrt normal verbracht, die meiste Zeit war sie mehr im Speisewagen zu finden. Gerade als sich Tascha erheben wollte, um mit Nia zum Bahnhof zu gehen, erschien ein braunhaariger junger Mann an ihrem Tisch und fragte, ob er sie begleiten konnte. Er stellte sich mit dem Namen Chibi vor und bevor Tascha überhaupt etwas sagen konnte, hatte Nia schon zugesagt und auch ihre Namen genannt. „Also Chibi, du willst uns also nach Hosenka Town begleiten? Dann kannst du gleich mal mitkommen, wir sind gerade auf dem Weg zum Bahnhof.“ 'Was ist Chibi überhaupt für ein Name? Besonders klein ist er doch nicht.' „Sag mal, wollten deine Eltern dich bestrafen oder warum heißt du Chibi?“ Während Tascha dies sagte stand sie nun völlig auf und griff nach ihrer Tasche, die neben ihr auf der Bank gelegen hatte, jedenfalls seitdem die Magierin das Sandwich heraus gekramt hatte. Und auch jetzt blickten sie die Reste des Sandwichs, die sie nicht mehr hatte essen können, an, als wollten sie die Magierin verspotten. Mit der linken Hand griff sie deswegen wieder in ihren Beutel und holte die letzten Bissen hervor, die sie sogleich verschlang. So undamenhaft es auch aussah, wenigstens ließ sie kein Essen verkommen. Man musste eben immer das Positive im leben sehen.